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Der Feuerhahn

von

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...wertvoll...

So und hier das 3. Kapitel^^ Viel Spaß beim Lesen
 

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Es war der Elfte des Monats. Immer, wenn ich meine Mutter sah, wie sie in einer Ecke saß und mit ihren Fingern rechnete, wusste ich, dass sie versuchte, den Elften des Monats zu ermitteln und nach einigen komplizierten Berechnungen ausrufen würde: „Morgen ist der Elfte.“

Der Elfte jedes Monats war immer der schönste Tag für mich. Ich wusste, dass mich an diesem Tag, immer vor Sonnenaufgang, der süße Duft von Zucker und gebranntem Mehl aufweckte. Ich wusste, dass meine Mutter in der Küche war und das spezielle Gericht(*) vorbereitete. Abends wurde es in kleine Portionen aufgeteilt und auf Brotscheiben auf einem großen Tablett von meinem Vater nach draußen gebracht und dort vor der Tür an Passanten verteilt, die es dankbar annahmen. Wenn meinem Vater am Ende die Portionen ausgingen, machte er aus den kleinen Resten, die noch auf dem Tablett lagen, ein Kügelchen und gab es mir zu essen. Das versüßte mir den Abend.
 

****
 

Ich wusste, dass immer am Elften des Monats ein blinder Mann an unsere Tür klopfte, und wir liefen eilig, um ihm die Tür zu öffnen. Der Blinde, der einen weißen Turban und einen weißen Bart, einen weißen Stock in der Hand hielt und weiße Kleidung trug, erfreute uns immer mit seinem Besuch. Er bewegte seine Hand mit ausgestreckten Fingern in der Luft und er schaute in die Ferne, als suchte er unsere Köpfe. Mein Bruder und ich bogen unsere Köpfe in die Richtung seiner Hände, er streichelte unser Haar und noch immer in die Ferne schauend, murmelte er: „Unschuldige Kinder... unter Gottes Schutz gestellt... Gottes Schutz...“

Der blinde Mann ähnelte einer weißen Marmorstatue, deren Bild wir hie und da gesehen hatten. Immer, wenn er uns besuchen kam, bat ihm meine Mutter respektvoll und liebevoll Platz zu nehmen, gab ihm ein schönes Kissen, an das er sich lehnte, setze sich ihm gegenüber, entspannt und gelassen, wie sie nur sehr selten zu sehen war und plauderte über Gott und die Welt mit ihm. Sie versteckte ihren Mund nicht mehr mit der Ecke ihres Kopftuches und achtete nicht besorgt darauf, ob ihr Kopftuch herunterrutschte und man ihr schwarzes, glänzendes Haar sehen würde. Auch war sie nicht ängstlich, dass ihre Hände und Füße mehr als vorgeschrieben hervorschauten. Ihre Blicke wanderten nicht hilflos und unruhig hin und her. Ihre Worte flogen nicht eilig davon und sie brachte ihre Sätze nicht schweratmig, stotternd und hastig hervor.

Manchmal wünschte ich mir mit kindlicher Boshaftigkeit, alle Männer der Welt würden erblinden, damit meine Mutter immer so furchtlos und unbesorgt reden könnte, damit sie ihren Mund nicht mehr mit der Ecke ihres Kopftuches verdecken musste, sondern ihr Lachen mich und unser Haus erhellte.

Manchmal wünschte ich mir mit kindlicher Boshaftigkeit, alle Männer der Welt würden erblinden, damit meine Mutter nicht vor jedem Mann ihre Haare unter dem Kopftuch verstecken müsste, damit ihre Hände und Füße nicht versteckt bleiben müssten, damit ihre Blicke nicht hilflos nach den ihr aus dem Sinn geflohenen Worten suchten, damit sie entspannt, schön und langsam reden könnte.

„Unschuldige Kleine... unter Gottes Schutz ... Gottes Schutz.“ Und dann sprach er über Gott, über seine Barmherzigkeit. Er sprach darüber, wie vergänglich und bedeutungslos die Welt sei. Der Gedanke an seinen gütigen barmherzigen Gott faszinierte uns. In uns erblühte der Wunsch, diesem guten Gott näher zu sein.

Manchmal setzte ich mich neben den blinden Mann und zeigte ihm meine Zeichnungen. Während er in die Ferne schaute, tastete er sie mit seinen Fingern ab und fragte: „Was ist das?“ Freudig antwortete ich: „Ein Reh...ein Reh...“

„Was ist das?“

„Eine Katze...eine Katze...“

Und der Blinde erzählte die Geschichte von einem Reh. Er erzählte die Geschichte eines heiligen Mannes, der an einem heißen Tag in der Sahara ein Reh vor einem Jäger gerettet hatte und das Tier zu seinen hungrigen Kindern schickte...

Er erzählte die Geschichte eines guten Mannes, auf dessen Gewand eine Katze eingeschlafen war und der, um die Katze nicht im Schlaf zu stören, als er zum Gebet musste, das Stück aus seinem Mantel schnitt, auf dem die Katze saß. Ich stellte mir den guten Mann vor und liebte ihn von ganzem Herzen.

Meine Mutter brachte immer den Topf mit dem Gericht, das sie am Morgen zubereitet hatte und stellte ihn vor den blinden Mann. Er setzte sich dann auf die Knie, schloss seine farblosen Augen und erhob seine Stimme. Er sang etwas, dessen Sinn ich nicht verstand, aber auch ich schloss die Augen und ließ mich von seiner Stimme davontragen. Sie machte meinen Körper und Geist ganz leicht. Seine Stimme trug mich empor und ich wünschte, sie klänge bis ans Ende der Welt. Nachdem er verstummt war und seinen Gesang mit einem „Amen“ beendet hatte, kostete er ein wenig von dem Gericht. Während er in die Ferne schaute, konzentrierte er sich ganz auf dessen Geschmack und sagte zu meiner Mutter: „Gott sei mit Ihnen, Sie haben ausgezeichnet gekocht.“ Meine Mutter, die es nicht gewohnt war, etwas Gutes über sich zu hören, lächelte freudig erregt und antwortete: „Vielen Dank...vielen Dank...“

Während der ganzen Zeit kam es mir vor, als käme die Stimme des blinden Mannes aus meinem Inneren; ich lauschte ihm erregt.
 

****
 

Es war der Elfte des Monats. Als der blinde Mann seine abgemagerte, weiße Hand in eine seiner Taschen steckte und ich ihm gierig mit meinem Blick folgte, lächelte er und sagte: „Kinder, ich habe euch was mitgebracht.“ Mein Bruder und ich sprangen auf, setzten uns näher zu ihm und fragten erwartungsvoll: „Was haben Sie uns mitgebracht? Was haben Sie uns mitgebracht?“ Er zog seine Hand aus der Tasche und sagte: „Ich habe euch einen zweifarbigen Stift mitgebracht.“ Und während er in die Ferne schaute, hob er den Stift und sagte: „Eine Seite ist grün, die andere rot.“

Er sagte: „Mach deine Zeichnungen farbig.“

Ich weiß nicht, was für eine Vorstellung er von Farben hatte. Er stotterte vor Aufregung: „Wenn es in der Welt keine Farbe geben sollte...Aber Gott hat die Farben geschaffen.“ Und meinte Mutter stimmte enthusiastisch, was man von ihr nicht gewohnt war, ja fast schreiend ein: „Zweifelsohne...zweifelsohne...“
 

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(*) Dieses Gericht, welches man Halwa nennt, muss nicht imemr am 11. eines Monats gebacken werden. Es wird zu den meisten religiösen Tagen im Islam gekocht und es gibt verschieden Zubereitungsarten. Wirklich sehr lecker ;)
 

Hoffe, es hat euch gefallen xD



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-01-11T16:48:58+00:00 11.01.2009 17:48
Endlich geht es mal weiter ;)

Wirklich wunderbar geschrieben und Feler habe ich bis jetzt auch nicht gefunden (wollte ich dir schon die ganze Zeit sagen xD)
lyb dia
Von: abgemeldet
2009-01-11T16:26:31+00:00 11.01.2009 17:26
Hey^^
Wirklich gut beschrieben die ganze Szenerie.
Und ja *nick* Halwa schmeckt wirklich sehr gut...und in diesem Zusammenhang... das Süße vor dem Bitteren (o.s.ä.)
<3
Von: abgemeldet
2009-01-10T12:39:41+00:00 10.01.2009 13:39
Lalihooooooooooo

ERSTÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ xP

Das Kapitel war ja mal geil!
Ich finde die ff immer interessanter...
frag mich schon, was im nächsten Kappi kommt ^-^

Sag bitte Bescheid!

*schon drauf freuZ*
Du schreibt wirklich gut =D

hdgdl


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