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Nightmare

Märchengeschichten mal anders...
von

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Second Laughter: Hansel and Grethel

Second Laughter: Hansel and Grethel
 

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Nachdem Ren und HoroHoro auf mysteriöse Weise in die Welt des halben Waldes gezogen worden waren, hatten Hänsel und Gretel die beiden vor BloodyMary gerettet, die den Chinesen beinahe umgebracht hätte. Nun sind die beiden dem Geschwisterpaar in ihre Welt gefolgt und versuchen einen Weg zu finden, um wieder in ihre eigene Welt zurückzukehren...

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Ein Vogel - HoroHoro schätzte, dass es eine Nachtigall war - zwitscherte lautstark und trieb den Ainu fast zur Weißglut. Seit geschlagenen drei Stunden saß er nun auf dem eiskalten Stein und wartete darauf, dass Ren und Hänsel wiederkamen, doch noch immer rührte sich nicht der kleinste Zweig. Am liebsten wäre der Ainu einfach aufgestanden und umhergelaufen, um sich selbst ein Bild der Lage zu verschaffen, doch Ren hatte ihm dies in weiser Voraussicht verboten, schließlich konnte BloodyMary hinter jedem Strauch auf sie warten.

Gretel hatte sich längst hingelegt und schlief nun tief und fest, doch der Blauhaarige war zu unruhig, um auch nur ein einziges Auge zuzutun. Er blickte sie stirnrunzelnd an und lies seinen Blick anschließend schweifen, um - wie auch bei den letzten Dutzend Malen - nichts verdächtiges hinter den Ästen der Büsche und Bäume zu finden. Sie befanden sich in einem Wald, indem es vor Tieren nur so wimmelte und man ständig den Geruch von frischen Tannen in der Nase hatte. Die gesamte Umgebung war wieder in Farben zu bestaunen und auch die Bäume hatten wieder ihre bekannte dreidimensionale Form. Wieder einmal zeigte sich, dass man als Schamane auf vieles vorbereitet war, denn HoroHoro nahm kaum Notiz von dem Umstand, dass dieser Ort trotzallem nicht normal war. Der Umstand sich zu fragen, ob dies alles nur ein Traum sei, hatte sich gewandelt in den eines stummen Bewunderns und auch seine innere Unruhe wurde gekonnt von ihm zurückgedrängt ohne bewusst von den vielen Missständen in diesem Wald Notiz zu nehmen.

Seufzend legte er seinen Kopf in den Nacken und starrte nach oben in den von Ästen verhangenen Himmel. Die wenigen Sonnenstrahlen, die sich durch das Astgeflecht kämpften, blendeten den Ainu zwar, jedoch spürte er keinerlei Wärme von ihnen ausgehen, vielmehr waren sie kalt. HoroHoro fragte sich, warum dem so war, doch wollte er das Mädchen nicht extra wecken, um ihm diese Frage zu stellen, er konnte ja genau so gut noch einige Minuten warten. Oder Stunden.

Wie lange wollte sie denn noch schlafen? Mit der Zeit wurde es dem Ainu wirklich zu öde nur dazusitzen und nichts zu tun. All das Herumlaufen hatte ihm nichts gebracht und ihn nur noch mehr gelangweilt, doch nun stand er erneut auf und lief langsam im Kreis um seinen Stein und das Mädchen.

Noch einmal vergingen etliche Minuten - HoroHoro hätte es nicht gewundert, wenn es sogar Stunden gewesen wären - ehe er ein Rascheln vernahm und erleichtert aufatmen konnte, als er sah, wie Ren und Hänsel aus dem Gestrüpp hervorkamen. "Na, endlich!", rief HoroHoro genervt und verschränkte demonstrativ - und zugleich reflexartig - die Arme vor der Brust, um seine Unzufriedenheit deutlicher zum Ausdruck zu bringen. "Als wärst du schneller gewesen!", herrschte Ren ihn an und lies sich ebenso genervt auf den Stein nieder, auf dem HoroHoro die meiste Zeit über gesessen hatte. "Sicherlich!"

Hänsel sagte gar nichts, auch nicht, als HoroHoro ihn darauf ansprach, was die beiden denn nun herausgefunden hatten. "Ren... Was hast du mit dem armen Kerl gemacht, dass er nicht mehr mit mir reden will!?", herrschte der Ainu seinen Kumpel an und beobachtete Hänsel, wie er sich zu seiner Schwester kniete. Zwar konnte HoroHoro nicht genau erkennen, was er tat, doch als er sich wieder erhob, öffnete Gretel ihre Augen und stand langsam auf.

"BloodyMary ist hier", murmelte Hänsel nun doch noch und starrte den Blauhaarigen aus seinen eisblauen Augen an. Komisch, HoroHoro war sich eigentlich recht sicher gewesen, dass Hänsel vor wenigen Stunden noch passend zu seinen Haaren braune Augen gehabt hatte. So konnte man sich täuschen.

"Dann müssen wir weg...", sagte Gretel und riss den Ainu somit wieder aus seinen Gedanken. "Weg? Wohin denn?", fragte HoroHoro verwirrt und deutete in einer weitausholenden Geste um sich herum. "Hier ist nur Wald!"

Gretel lächelte, doch auch ihr Lächeln wirkte auf eine Art und Weise so kalt, dass es HoroHoro schaurig den Rücken herunter lief. Wie machte sie das nur? "Es gibt ein kleines Häuschen hier in der Nähe. Do-" "Das Knusperhäuschen?", warf Ren ein und verschränkte auf eine Art, die ihm selbst schier zu selbstverständlich vorkommen musste, die Arme vor der Brust, wie HoroHoro es bis vor kurzem noch getan hatte. "Genau" "Und die Hexe?" Nun wurde Rens Blick eindeutig lauernd. Doch anstatt sich wirklich auf das Gespräch zu konzentrieren, begann HoroHoro vielmehr in den gelben Augen seines Freundes zu versinken. Er war so froh gewesen, dass Rens Augen vollständig ausgeheilt waren, als sie diese neue Welt betreten hatten. Es hatte nicht einmal wirklich lange gedauert, bis Ren wieder aufgewacht war und mittlerweile schien es ihm wieder so gut wie eh und je zu gehen. Möglicherweise gab es in dieser Märchenwelt ja doch so etwas ähnliches wie Schamanenkräfte und dergleichen.

Seufzend senkte HoroHoro seinen Blick und spürte kurz darauf einen kleinen Druck an seiner Schulter. Als er sich umdrehte, um zu sehen, wer ihn eben gepiekst hatte, sah er in Hänsels Gesicht, das ihn fragend musterte. "Hm?", meinte der Blauhaarige verwirrt und blieb ungewöhnlich lange auch an Hänsels Augen kleben. Irgendetwas passte ihm nicht an Hänsels Gesamtbild, doch er wurde nicht schlau daraus, was es war.

Für einen kurzen Moment verfestigte sich der Gedankenblitz der Schamanenkräfte, bis ihm einfiel, dass weder Kororo noch Bason hier zu finden waren. Anscheinend bildete er sich Hänsels wechselndes Äußeres einfach ein, da er ein anderes Bild von dieser Märchenfigur gehabt hatte.

"Können wir jetzt zum Knusperhäuschen gehen?", fragte Hänsel und nickte in die Richtung, die sich hinter dem Ainu erstreckte. "Hä? Ich dachte die Hexe seie dort..." "Und wiedereinmal hast du nicht zugehört, Baka!", tadelte Ren den anderen und seufzte. "Die Hexe ist längst verbrannt" Den letzten Satz hatte Hänsel mit einem Seitenblick zu Ren eingeworfen. Kam es dem Ainu nur so vor, oder hatte sich Hänsel ein wenig säuerlich angehört?

Ohne noch ein weiteres Wort und damit noch mehr Zeit zu verlieren, begab sich die ungleiche Gruppe in die Richtung, in der das sagenumwobene Knusperhäuschen zu stehen schien. Stille durchzog den gesamten Wald, selbst die Nachtigall hatte aufgehört zu zwitschern und HoroHoro fragte sich mit der Zeit, ob sie die Tiere nur verscheucht hatten oder ob sie mit einem Schlag alle gestorben waren. Mehr als einmal verletzte HoroHoro sich an den Ästen der Sträucher und einmal brachte er es sogar fertig in seinen kurzen Hosen durch ein Feld Brennesseln zu laufen, woraufhin ihn ein vehement starker Juck- und Brennreiz nicht mehr losliess, sodass er immer herzzerreissender zu Quängeln begann, bis sie an einen Fluß gekommen waren, an dem er sich wenigstens ein wenig hatte abkühlen können.

"Boah... Tut das gut...", stöhnte HoroHoro erleichtert, während er durch den Fluß stakste. "Was bist du auch so blöd und trittst in diese Brennesseln?!", meinte Ren augenverdrehend. "'Tschuldigung, der Herr, dass ich diese Brennesseln nicht als solche erkannt habe!", verteidigte sich der Ainu und begann mit den Händen das Wasser zu Ren zu schaufeln und ihn so nasszuspritzen. "H-Hey! Lass das!", rief dieser leicht erschrocken und umso wütender aus und hob abwehrend seine Arme vors Gesicht.

Zwischen den beiden entwickelte sich eine kleine Wasserschlacht, nachdem Ren ebenfalls ins Wasser gesprungen war, um es dem Blauhaarigen heimzuzahlen, doch diese Schlacht endete jäh, als Hänsel plötzlich bei ihnen war, um ihnen beiden den Mund zuzuhalten. "Psssst!", mahnte er, "..Sie ist nah..."

Mit einem Schlag waren die beiden still und das letzte Geräusch, das noch ertönte, war das leise Rauschen des Flußes. Gretel, die sich noch immer am Flußufer befand, drehte sich langsam im Kreis und lies ihren Blick aufmerksam schweifen. "Hänsel..." "Gut.. Ich bringe die beiden zum Knusperhäuschen...", antwortete Hänsel ohne auch nur zu warten, bis seine Schwester ausgeredet hatte. "Pass auf dich auf"

HoroHoro hatte den Sinn des Wortwechsels noch nicht einmal verstanden, als Gretel schon zwischen den Bäumen und Büschen verschwunden war. "Beeilt euch, sie wird BloodyMary nicht ewig irreführen können", mahnte Hänsel monoton, während er so schnell er konnte durch den Fluß zu waten begann. Ren folgte dem Braunhaarigen ohne zu Zögern und ohne ein Wort zu verlieren, während der Ainu noch einige Sekunden brauchte, um zu realisieren, dass auch er sich in Bewegung setzen musste, was er schlußendlich auch tat.

"Wie weit ist es noch?", fragte HoroHoro leise, nachdem sie den Fluß hinter sich gelassen hatten und sich nun wieder durch eine Vielzahl an Gestrüpp kämpfen mussten. "Nicht mehr weit", murrte Hänsel zur Antwort, blickte jedoch weiter gerade aus und schien nicht einmal darauf zu achten, dass die anderen beiden hinterherkamen. "Und wie weit ist nicht mehr weit?", hakte HoroHoro nach und legte einen Zahn zu, um zu Hänsel aufzuschließen, während Ren etwas weiter hinten blieb. Komisch, denn Ren war normalerweise nicht der Typ, der hinter anderen herging, doch HoroHoro hatte keine Zeit und keine Lust sich weiter damit zu befassen, da er seine Zeit lieber damit verbrachte sich über die Tatsache aufzuregen, dass Hänsel ihm keine weitere Antwort gab. Auch nicht nach mehrmaligem Fragen.

"Klar, schweig mich halt an!", beschwerte HoroHoro sich sarkastisch und wand sich dann schnaubend an Ren. "Jetz' weiß ich, wieso du so gereizt warst, als ihr wiederkamt!" Zwar sah sich Ren nicht zu einer wirklichen Antwort verpflichtet, doch hob er teilnahmslos die Schultern, um den Ainu wenigstens etwas zu beruhigen.

"Spürt ihr das...?", fragte Hänsel urplötzlich und blieb ebenso abrupt stehen. "Hm? Nein", antwortete HoroHoro wahrheitsgetreu und blieb ebenfalls stehen. Aus den Augenwinkeln heraus sah der Blauhaarige, dass auch der Chinese angehalten hatte und sich nun umsah. "Ist sie das?" "Ja, sie ist nah... Anscheinend will sie sich ihr Opfer zurückholen", antwortete Hänsel dem Chinesen, "Schnell!" Mit einigen großen Sätzen rannte der Braunhaarige voraus und verschwand durch eine Mauer aus Ästen und Blättern. HoroHoro und Ren sahen sich einen Augenblick lang an, ehe sie ebenso schnell hinter dem anderen herstürzten und vor Schreck fast zurückprallten, als sie hinter den Blättern der Bäume eine kleine Wiese vorfanden, in deren Mitte eine Person scheinbar leblos am Boden lag.

"Gretel!", schrie Hänsel aufgebracht und rannte so schnell er konnte zu dem Körper des Mädchens. Die beiden anderen verharrten erst an ihrem Beobachtungsposten, der ihnen schlechten Einblick auf Gretel gewährte, ehe sich Ren als erster traute näher hinzugehen. "Gretel? Gretel, hörst du mich!?", hörte man den Braunhaarigen schreien, während er an der Schulter des Mädchens rüttelte. "Gretel!.... Bitte!"

Schwer schluckend versuchte auch HoroHoro sich den anderen zu nähern, doch je näher er ihnen kam, desto mehr Angst verspürte er. Das Mädchen schien tot, denn es rührte sich nicht und soweit HoroHoro von weitem erkennen konnte, war es zumindest im Gesicht voller Blut. "Gretel!!!", kreischte Hänsel verzweifelt und der Ainu hörte, wie der Junge zu schluchzen begann, als er sich über den Körper seiner Schwester beugte. "Sie ist tot"

Es mochte sein, dass es der Wahrheit entsprach, doch als Ren diese Worte aussprach, schien es, als würde der Tod des Mädchens erst Wirklichkeit werden und HoroHoro konnte nicht verstehen, wie er es einfach so hatte aussprechen können. Schließlich wäre er wenige Stunden zuvor selbst fast umgekommen und Gretel war diejenige gewesen, die dies verhindert hatte - in erster Linie zumindest.

"Hänsel...", wollte HoroHoro anfangen, um den Braunhaarigen zu trösten, doch dieser erhob sich tonlos und sah den Ainu mit einem so traurigen und so tiefgründigen Blick an, dass HoroHoro keine Worte mehr fand. Es war, als würde der Blick des anderen alle Gedanken in sich aufnehmen und verschlingen, so verrückt dies auch klingen mochte. "Geht in diese Richtung", wies Hänsel ihnen, "...Nach einigen Metern solltet ihr einen Weg erreichen. Folgt ihm... bis zum Knusperhäuschen"

"Und du?", fragte Ren scheinbar ungerührt, während er in die ihm gewiesene Richtung sah. Gerade als HoroHoro seinen Freund zurechtweisen wollte für seine rüde Art, konnte er sehen, wie Ren krampfhaft versuchte seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten, doch es schien ihm nicht zu gelingen, denn seine Mundwinkel zuckten stetig und seine Augenbrauen konnten sich nicht entscheiden, ob sie die Stirn kraus ziehen, oder doch nur böse wirken sollten.

"Ich werde meine Schwester rächen"
 

Das Knusperhäuschen sah ganz anders aus, als HoroHoro sich das vorgestellt hatte. Er hatte sich viele kleine Lebkuchen vorgestellt, die backsteinähnlich aufeinander geschichtet worden waren, um eine Behausung zu bilden, doch die vier Grundwände bestanden aus vier riesigen Lebkuchenscheiben und nur das Dach bestand aus vielen Lebkuchen, die nebeneinander gelegt worden waren. Die Türe schien mit Lebensmittelfarbe gemischt worden zu sein, denn sie war schwarz und über ihr hing türkise Zuckerwatte, welche man auch als Verbindung der Wände zum Dach finden konnte. Geschmückt war das Haus mit grünen und rosanen Zuckerstreuseln, die fast größer als HoroHoros Kopf waren.

"Woah!", staunte der Ainu als er den Kopf in den Nacken lehnte, um sich das Haus von oben bis unten ansehen zu können. "Das kannst du laut sagen...", pflichtete der Chinese dem anderen bei und musterte das übergroße Haus aus Süßigkeiten genauer. HoroHoro nutzte die Zeit, in der Ren abgelenkt war, um kurzerhand an den großen Zuckerstreuseln hochzuklettern und es sich auf dem Dach bequem zu machen, um von einem gemütlichen Platz aus die Zuckerwatte essen zu können. "Hmmm!", machte er, während ihm die Zuckerwatte auf der Zunge zerlief und er sich nach hinten gegen die Lebkuchen lehnte.

Verdutzt sah sich der Lilahaarige um, als er HoroHoros Laute vernahm, konnte ihn jedoch nicht sehen, ehe er den Kopf anhob und erkannte, dass HoroHoro es tatsächlich gewagt hatte, sich auf das Knusperhäuschen zu begeben. "Baka!", schrie er, "Komm sofort von da runter!"

Erschrocken verschluckte HoroHoro sich an dem Bissen in seinem Mund und wäre beinahe gestürzt, hätte er sich nicht rechtzeitig an einem der Lebkuchen festgehalten. "Was denn?!", murrte HoroHoro beleidigt und schielte herunter zu Ren. "HoroHoro! Du kannst doch nicht einfach an dem Haus knabbern!?" "Wieso denn nicht? Ist doch ein Lebkuchenhaus!", verteidigte sich der Ainu, kletterte jedoch widerwillig nach unten, da er wirklich keine Lust hatte noch weiter von Ren getadelt zu werden.

"Na und!? Das soll fürs erste unser Versteck sein! Und nicht unsere Nahrungsquelle!", stauchte Ren den anderen weiter zusammen, während er wütend zur Tür stampfte. "Entschuldige, Mr. Ich-gönn-niemandem-ein-bisschen-Spaß! Ich dachte ja nur, da-", versuchte der Ainu seinen Standpunkt zu vertreten, doch brach er mitten im Satz ab, als er glaubte jemanden im einzigen Fenster des großen Hauses zu sehen, doch als er sich vergewissern wollte und genauer hinsah, war dort nichts mehr. "Was dachtest du?", fragte Ren genervt nach und hielt inne, um den Blauhaarigen anzusehen, ehe er den Kopf schüttelte und die Türe aufriss.

Ein unendliches Schwarz schien sich vor ihnen zu erstrecken, indem die beiden nichts sehen konnten - bis Ren den Lichtschalter fand und das Häuschen von einem matten Schein erleuchtet wurde. Die beiden staunten nicht schlecht, als sie in dem übergroßen Haus nur einen Backofen, einen kleinen Holztisch und die dazu passenden Stühle fanden und zwei kleine Kerzen, die mit ihrem flackernden Licht das gesamte Haus zu erleuchten versuchten. Stirnrunzelnd lief Ren zu einer der beiden Kerzen und hob ohne zu Zögern einen Finger in die kleine Flamme. "Ren!?", rief HoroHoro erschrocken und erstaunt aus und wurde von Ren ausgelacht, als dieser seinen Finger wieder zurückzog und die Schultern hob. "Sie sind eiskalt"

"Hö?", machte HoroHoro verwirrt und lief zu Ren, um ebenfalls in die Flamme zu fassen. Tatsächlich war die kleine Flamme eiskalt und HoroHoro erinnerte sich an etwas. Hänsels eiskalte Augen kamen ihm wieder in den Sinn und für einen Moment musste HoroHoro sich wirklich schütteln, um den Gedanken wieder loszuwerden, was Ren stirnrunzelnd hinnahm. "Kalte Kerzen, die man mit einem Lichtschalter anbekommt... das kann ja wirklich nur ein Märchen sein...", witzelte der Chinese leise und setzte sich auf einen der vier Holzstühle, die ungleichmäßig verteilt im Haus standen.

"Sagmal Ren...", fing der Ainu leise an, "Was ist los mit dir?" "Los mit mir?", fragte Ren verwirrt und legte den Kopf schief, als HoroHoro auf ihn zukam. "Ja, los mit dir. Du verhälst dich... merkwürdig" "Naja.. wir sind auch in einer merkwürdigen Welt, oder nicht?" "Schon, aber du.. Du bist selbst dafür noch merkwürdig", erläuterte HoroHoro seine Gedanken und setzte sich dem Lilahaarigen gegenüber auf einen zweiten Stuhl. "Ganz ehrlich?" Verwirrt legte nun auch HoroHoro den Kopf schief und nickte. "Ich fühle mich beschissen. Ich habe den beiden nicht geglaubt. Sie hatten wirklich Widersprüche aufzuweisen in ihren Erläuterungen! Aber sie haben uns geholfen... Mir das Leben gerettet... Und Gretel ist tot... Ich..." Ren brach ab und sah zur Seite. "Ren..."

"Ich wünschte, BloodyMary hätte mich umgebracht..."

Schlagartig fuhr HoroHoro hoch und verpasste dem Chinesen eine Ohrfeige, die in dem großen und leeren Haus noch eine Weile nachhallte. "Sag soetwas nie wieder! Hörst du!?", kreischte HoroHoro den anderen an, während er leise schnaubte und sich die schmerzende Hand rieb. Ren, der geschockt zur Seite sah, fühlte, wie sich der Schmerz auf seiner Wange ausbreitete und er konnte sich denken, dass sie auch schon rot anlief, doch er rührte sich nicht. Er sagte nichts und wagte es nicht mehr dem Blauhaarigen ins Gesicht zu blicken.

"Sag das... nie wieder!", wiederholte der Ainu noch einmal genau so energisch, wenn auch etwas leiser als zuvor. "Ich... brauche dich doch!" Langsam drehte Ren seinen Kopf doch wieder zu seinem Freund, wenn er ihm auch nicht in die Augen sah. "...du brauchst mich..?", fragte er fast lautlos und in einem Ton, der anmerken lies, wie sehr er daran zweifelte. "Mehr als irgendetwas sonst..."

"Gut! Dann kann ich dir ja alles andere nehmen, oder nicht?", erscholl es plötzlich und erschrocken drehten sich die beiden in Richtung Ofen, aus der die Stimme kam. "Wer...?", fragte HoroHoro wütend, als er die Person erkannte, der er sich gegenüber sah und zu grinsen begann. "Ach, du bist es! Erschreck uns doch nicht so!" "Verzeiht... Ich wollte euch nicht erschrecken...", meinte Hänsel eine Spur leiser und lief langsam auf die beiden zu.

"Hast du BloodyMary denn...?", wollte HoroHoro weiter wissen, doch Hänsel lächelte ihn nur an und schlagartig fiel es dem Ainu auf. Diese eisblauen Augen. Endlich fiel ihm ein, was ihm an Hänsels Gesamtbild missfallen hatte, als sie beschlossen hatten zum Knusperhäuschen zu gehen; zu diesem Zeitpunkt waren Hänsels Augen braun gewesen.

"Was soll das, Hänsel..?", fragte HoroHoro leise und wich einen Schritt zurück, wobei er mit einem Fuß an den Stuhl stieß, auf dem er bis vor kurzem noch gesessen hatte. "Was soll was...?", gab der Braunhaarige unschuldig zurück. "Deine Augen... Sie ändern ihre Farbe" "Sei doch nicht weibisch, HoroHoro-kun...", murmelte Hänsel und deutete auf die merkwürdigen Kerzen. "Das muss an der Beleuchtung liegen"

"Wo ist die Hexe?", meldete sich nun auch Ren zu Wort und HoroHoros Blick flog automatisch zu seinem Freund. Es vergingen nur wenige Augenblicke, doch diese genügten dem Braunhaarigen, um den letzten Abstand zwischen sich selbst und dem Ainu zu überwinden und den Arm um HoroHoros Hals zu schlingen, um ihn so in den Schwitzkasten zu ziehen. "Wuah!?", stieß HoroHoro hervor und versuchte sich zu befreien, doch Hänsels Griff war eisern und lies ihm keine Chance. Erschrocken war der Chinese aufgesprungen, doch hielt er sich zurück, als Hänsel ihm klarmachte, dass er HoroHoros Genick jederzeit brechen könnte.

"Verbrannt, das sagte ich doch", antwortete Hänsel trotzdem nach einigen Sekunden und lies seinen Griff sogar wieder etwas lockerer, wenn er den Ainu auch nicht freigab.

"Sie kann nicht sterben, nicht wahr?", hakte der Chinese leise nach. Schulterzuckend schüttelte Hänsel den Kopf und grinste. "Ist doch egal, ihr werdet sie sowieso nie zu Gesicht bekommen" "Ja, ihr werdet jetzt nämlich sterben!!", fügte eine Ren und HoroHoro bekannte Mädchenstimme hinzu. Geschockt drehte Ren sich herum und stolperte einige Schritte rückwärts, als er Gretel wiedererkannte - unverletzt.

Sie lächelte ihn zuckersüß an und sprach in einer genau so gezuckerten Stimme: "Was ist, Ren-kun? Hast du mich vermisst?" Langsam kam sie auf den Lilahaarigen zu und strich ihm sanft über die Wange. "Wehrst du dich, stirbt dein Freund", flüsterte sie ihm ins Ohr, woraufhin sie fast zärtlich in dieses biss und belustigt zusah, wie Ren rot anlief. Ob nun vor Scham oder Wut war dem Ainu nicht ganz klar.

"Was wollt ihr..!?", presste Ren hervor und reckte den Hals so weit er konnte, um sich wenigstens ein wenig von Gretel zu entfernen. "Hm... Mein Bruder wollte eigentlich nur mit euch spielen... Ich aber... Ich will euren Tod!", erklärte Gretel seelenruhig und begann schallend zu lachen. Das Echo, das von den Lebkuchenwänden zurückprallte lies den Kopf den Chinesen dröhnen und er fühlte sich, als würde sein Schädel jeden Moment zerplatzen, doch er tat es nicht.

"Reicht es euch denn nicht, dass BloodyMary und jagt!?", knurrte HoroHoro wütend und versuchte erneut sich zu befreien, doch war dieser Versuch ebenso zum Scheitern verurteilt, wie der erste. "Euch jagen soll sie?", fragte Hänsel belustigt, "Achso... Stimmt ja... Wir haben euch da ja was verheimlicht: BloodyMary kann nicht in unsere Welt" Gretel nickte bestätigend und fuhr fort: "Sie hat die Macht in die Welt der Menschen zu gehen, doch dafür musste sie ihre Macht aufgeben in unsere Welten zu können. Wir wiederum können zwar in die Welten der anderen 'Märchen', wie ihr sie nennt, doch können wir nicht in die Welt der Menschen" "Ja! Darum freuen wir uns auch immer, wenn BloodyMary wieder ein neues Opfer anschleppt und wir es entführen können!"

Die Informationen sickerten nur langsam in HoroHoros Kopf, doch er verstand, was sie zu bedeuten hatten. "Ihr habt uns reingelegt!?" "Bravo, HoroHoro-kun! Du bist ja wirklich schlau!", bemerkte Gretel hämisch und stieß Ren vor die Brust, sodass er erneut nach hinten taumelte und gefallen wäre, wäre er nicht gegen den Ofen gestoßen. "Und weil du so schlau bist, wirst du auch der erste sein, den wir verbrennen!", freute sich Hänsel und schleppte den Blauhaarigen ebenfalls zum Ofen. Doch Ren stellte sich ihm in den Weg, nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden und seinen Puls einigermaßen unter Kontrolle hatte.

"Ach, komm schon! Verschwinde!", bat Hänsel und verstärkte den Griff um HoroHoros Hals wieder. "Lass ihn los!", forderte der Chinese, doch ihm war klar, wie wenig seine Forderung bringen würde. Trotzdem versuchte er HoroHoro etwas zu signalisieren, was dieser anscheinend nicht verstand. "Nein, Mann! Ich hab mir solche Mühe gegeben ihn zum Affen zu machen!", murrte der Braunhaarige und grinste wieder. "Meine Augen haben bisher jeden umgeworfen!" "Ja, weil sie deinen Gemütszustand anzeigen, nicht wahr? Sie waren immer dann braun, wenn du versucht hast uns etwas zu verheimlichen, sobald du aber deine wahren Gefühle nach außen hin gezeigt hast, wurden sie eisblau, stimmts?", erklärte Ren ihm, während er unauffällige Handbewegungen machte, von denen er hoffte, dass HoroHoro sie sehen und verstehen würde. "Hui... Ich bin erstaunt... Es stimmt nicht ganz, aber so im Groben könnte man es wohl so erklären", erwiderte Hänsel und blinzelte. Bisher hatte niemand sein Geheimnis so schnell erkannt.

"Gott, Hänsel... Halt dich doch nicht so lange mit diesem Geschwätz auf! Bring ihn schon um!", drängelte Gretel, die begierig darauf war die beiden im Feuer schmoren zu sehen.

"Ey... Zu sowas gehört auch immer ein Vorspiel! Das ist wie beim Sex! Ohne Vorspiel macht es nur halb so viel Spaß", erläuterte Hänsel, bedeutete Ren aber trotzdem mit einer Kopfbewegung, ihm nun endlich den Weg freizumachen. "Du und deine ewigen Vergleiche!" Gretel und schüttelte den Kopf, "Dabei hattest du noch nicht einmal Sex!" Hänsel äffte seine Schwester lautlos nach, trat jedoch gleichzeitig einen Schritt nach vorne und schob den Chinesen mit einem Fuß zur Seite - zumindest versuchte er dies. "Warte!", bat Ren. Zögerlich deutete er auf sich selbst. Eigentlich hatte er nie soetwas wie Freunde gewollt, trotzdem fühlte er, dass er alles in seiner Macht Stehende tun musste, um HoroHoro zu helfen. "...Verbrenn zuerst mich!"

Stirnrunzelnd betrachtete Hänsel den Chinesen und dann den Ainu in seinen Armen. Während Gretel sich weiter über ihren Bruder aufregte, beschloss dieser der Bitte des Lilahaarigen nachzugehen. Kurzerhand ließ er HoroHoro los und war drum und dran den Chinesen zu schnappen, als dieser schrie: "Horo!"

Alles weitere geschah binnen weniger Augenblicke, in denen HoroHoro - endlich befreit - durch eine geschickte Drehung hinter Hänsel kam, während Ren von ihm gepackt und halb zu Boden gedrückt wurde. Doch so leicht gab sich Ren nicht geschlagen, er hob sein Knie so wuchtvoll an, wie es ihm möglich war und traf die Märchenfigur direkt in ihren Kronjuwelen. Hänsel fiepte gequält auf und ließ den Chinesen los, um sich seine schmerzende Stelle zu halten, während ihm kleine Tränchen in die Augen schoßen. Schnell drehte Ren sich ab und öffnete den Ofen, wonach er zur Seite sprang, um es HoroHoro zu ermöglichen ihren Peiniger in den Ofen zu stoßen. Längst hatte dieser seine Flammen nach außen geschlagen, um sein Opfer gebührend zu empfangen. Hänsels markerschütternder Schrei erfüllte das ganze Haus, als die Flammen sich über seine Kleidung und seine Haut verteilten und immer mehr davon auffrassen. Sofort versengten seine Haare und seine Haut bildete immer schneller Brandblasen, die zerplatzten, als Hänsel sich gequält in der Asche wälzte.

"Nein! Hänsel!", kreischte Gretel entsetzt und stürzte herbei, um ihren Bruder aus den Flammen zu ziehen, doch Ren versperrte ihr den Weg, während HoroHoro die Ofentüre schloß. Trotz massiver Türe konnte man Hänsels Todesschreie laut und deutlich vernehmen und HoroHoro wurde übel, als er daran dachte, was gerade im Inneren des Ofens geschah.

"Wie konntet ihr nur!?", schrie das Mädchen die beiden Jungs an und Ren erkannte die Wuttränen in ihren Augenwinkeln. Ein Gefühl machte sich in ihm breit, das ihm deutlich signalisierte, dass Gretel ein hartnäckigerer Gegner sein würde, als ihr Bruder es gewesen war. Normalerweise hatte ihm dies nicht sein Instinkt sondern Bason gesagt. Es half nicht den Ainu rechtzeitig zu warnen. "HoroHoro, pass auf!", rief Ren noch aus, als er sich zur Seite drehte, um sich schützend vor HoroHoro zu stellen, als dieser von Gretel mit einem kleinen Messer attackiert wurde. "Ahh...?", stöhnte der Ainu leise als er spürte, wie etwas Flüssiges aus seinem Mund lief und er sich sicher war, dass er sich nun übergab, doch Rens entsetzter Blick jagte ihm einen Angstschauder über den Rücken, den er sich erst erklären konnte, als er auf seine Hand sah, die er reflexartig vor den Mund gehoben hatte. Sie war rot.

Als er nun an sich hinabsah, konnte er das Messer sehen, dass sich tief in seine Brust gebohrt hatte und seine Augen weiteten sich vor Schreck. "Ah-!", stieß er aus, bevor er in die Knie sackte und das Mädchen anstarrte, das ihm das Messer reingejagt hatte. "Für Hänsel!", wimmerte sie leise und zog ein weiteres Messer unter ihrem Kleid hervor. Gretel weinte bitterlich und die Tränen verschleierten ihr die Sicht, während sie weit über dem Kopf ausholte und auch das zweite Messer in HoroHoros Brust rammen wollte, doch Ren reagierte schneller, riss ihr das Messer aus der Hand und stieß es dem Mädchen in den Hals. Mit einem Ruck riss er das Messer zur Seite und enthauptete das Mädchen zur Hälfte, ehe er von ihr abließ und einen Satz zurücktat.

Gurgelnd torkelte Gretel ebenfalls zurück und fiel schließlich rücklings zu Boden. Nach kurzer Zeit rührte sie sich nicht mehr und die riesige Blutlache um sie herum, ließ Ren wissen, dass sie tot war. Dieses Mal wirklich.

Nichts desto weniger blutete HoroHoro weiter aus seiner Wunde, wenn auch nicht so stark wie Gretel es getan hatte. "Horo!", presste Ren entsetzt hervor und kniete sich zu seinem Freund, um ihn zu stützen. "...R-Ren...", murmelte HoroHoro leise und drehte den Kopf zu dem Chinesen, erkannte jedoch nur vage den Umriss des anderen. "Ich bin da... Keine Angst... Ich lasse dich nicht sterben", versuchte Ren vielmehr sich selbst als den Ainu zu beruhigen und half HoroHoro sich vorsichtig auf den Rücken zu legen.

"Mir ist... so schlecht... Ren...", nuschelte HoroHoro noch leiser, während sich langsam seine Augen schloßen. "Das ist okay, das geht wieder weg... Aber Horo... Horo, du musst wach bleiben! Hörst du mich? Bleib wach!" Ren schüttelte den Ainu sachte, um ihn wach zu halten, ehe er sich der Wunde widmete. Ohne zu Zögern zerriss er HoroHoros Hemd, um einen besseren Blick auf die Verletzung zu haben und er sog die Luft scharf zwischen den Zähnen ein, als er sah, wo genau das Messer steckte. Wie es aussah, hatte Gretel zwar das Herz des Ainus verfehlt, doch schien sie einen Lungenflügel erwischt zu haben, sodass HoroHoro über kurz oder lang entweder am Blutverlust starb, oder aber daran, dass sich seine Lunge mit seinem Blut gefüllt hatte.

Panisch überlegte der Chinese, was er tun konnte. Er hatte weder Medizin noch Ausrüstung zur Hand, mit denen er den Ainu hätte behandeln können, geschweige denn, dass er eine Ahnung von solchen Verletzungen hatte. Doch irgendetwas musste er tun. Ihm kam eine so sinnlose Idee, das sie möglicherweise sogar helfen konnte, entschied er. Schließlich waren sie in einer Märchenwelt, und in einer solchen mussten doch auch Wunder und dergleichen möglich sein!?

Hastig sah Ren sich um, doch alles was er sah waren der Ofen, der Tisch, auf dem die Kerzen standen, die Stühle, Gretels Leiche und ein Sack, der in der Ecke stand. Moment, hatte der Sack dort schon die ganze Zeit über gestanden? Schnell hastete Ren in die Ecke und griff nach dem staubigen Etwas und öffnete es. Zu seiner Überraschung befanden sich darin Lebkuchen mit Beschriftung. Auf dem Stück, das Ren herausholte war mit zittriger Hand 'Potenz' geschrieben worden. Stirnrunzelnd legte der Chinese den Lebkuchen neben sich und griff erneut in den Sack.

'Haschkeks' stand auf dem nächsten, den der Lilahaarige ebenfalls zur Seite legte und als er wieder zugriff, zog er einen Lebkuchen mit der Aufschrift 'Medizin' heraus. Rens Augen weiteten sich und seine Kinnlade klappte herunter, als er des Wortes gewahr wurde und er zögerte nicht lange, sondern stand hastig auf und lief zurück zu HoroHoro. Schnell lies er sich auf die Knie sinken und biss ein kleines Stück des Lebkuchens ab, um sicher zu gehen, dass es den Ainu nicht umbringen würde. Als er sich plötzlich ruhig und voller Kraft fühlte, beugte sich der Chinese weiter hinunter und hob dem Blauhaarigen den Lebkuchen an den Mund. "Iss!", forderte er HoroHoro leise auf, sah zu, wie dieser den Lebkuchen zwar in den Mund nahm, es aber nicht schaffte ihn zu kauen; ihm fehlte schon die Kraft. "Oh, Horo... Du musst das essen!", stammelte Ren verzweifelt und ballte seine Hände zu Fäusten, die dabei leicht zitterten. Er biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. "Bitte!" Als HoroHoro noch immer keinerlei Anstalten machte die Süßigkeit zu kauen, nahm Ren den Lebkuchen wieder an sich und biss ein Stück davon ab.

Er kaute es gut durch und beugte sich zu HoroHoro herunter, um es ihm durch eine Art Kuss in den Mund zu schieben. "Schluck das!", forderte Ren energisch und hob den Kopf des Ainus ein wenig an, um es ihm zu erleichtern. Tatsächlich schaffte HoroHoro es den Bissen in seinem Mund hinunterzuschlucken und Ren wagte es das Messer aus dessen Brust zu entfernen. HoroHoro schrie lauthals vor Schmerz und Ren beobachtete einen neuen Schwall Blut, der sich über HoroHoros Brust ergoss. Schnell kaute er ein neues Stück für den Ainu vor und übergab es ihm auf dieselbe Weise, wie eben.

Der Ainu klammerte sich an Rens Schultern und sah ihn aus schmerz- und angsterfüllten Augen an. "Es wird alles gut", murmelte der Chinese, als er dem Blauhaarigen noch ein drittes Mal die Lebkuchenmedizin verabreichte. Langsam beruhigte sich HoroHoro wieder und sein Klammergriff löste sich, während sich seine Wunde erstaunlich schnell schloß. Vorsichtig strich Ren durch die blauen Haare seines Gegenübers und lächelte ihn matt an. Beide waren schweißgebadet. HoroHoros Hautfarbe glich der einer Leiche. "Ah...", keuchte HoroHoro leise, als er sich wieder zurücksinken ließ und seinen Kopf auf den Holzboden legte. "Du wirst wieder gesund", meinte Ren leise mehr zu sich selbst als zu HoroHoro, legte den Kopf in den Nacken und atmete einmal kräftig durch, während er die Augen schloß und sich die Szene noch einmal durch den Kopf gehen ließ.

"Danke", hörte Ren den Blauhaarigen murmeln und sah wieder zu diesem, wobei ihm ein Lächeln über die Lippen huschte. "Behalt deinen Dank für dich. Wenn du nocheinmal so eine Scheiße baust, rette ich dich garantiert nicht mehr", meckerte Ren und lachte leise. Zumindest für den Moment schienen sie gerettet.
 

"Komm schon, HoroHoro! Sie könnten uns jederzeit einholen!", wisperte Ren, während er einen Ast nach dem anderen zur Seite schob, um so elegant wie möglich daran vorbeizugleiten. "Ja, doch... Ich kann nicht schneller...", schnaufte der Blauhaarige und man sah ihm an, dass seine Lungen viel zu Tun hatten, damit er nicht umkippte.

"Wir sind ja fast da!", flüsterte der Chinese und bahnte sich weiter seinen Weg durchs Gestrüpp.

Sie hatten keine lange Rast im Knusperhäuschen gemacht, doch eine Weile waren sie noch dagelegen und hatten sich ein wenig erholt. Schließlich waren sie zu dem Schluß zu kommen, dass die Gute in diesem Märchen die Stiefmutter sein musste. Also hatten sich die beiden auf den Weg zu eben dieser gemacht, um sie darum zu bitten ihnen den Weg in BloodyMarys Welt zu zeigen.

Den Weg glaubten sie durch den Pfad zu kennen, der sie ursprünglich zum Knusperhäuschen geführt hatte. Ren war der Meinung, dass dies der ausgebaute Pfad des einstigen 'Brotkrumenwegs' war und seine Vermutung stellte sich als richtig heraus, als sie noch eine letzte Buschreihe hinter sich liessen und ein großes Herrenhaus zu Gesicht bekamen.

"Das muss es sein!", zischte Ren und hielt den Ainu zurück, als dieser gerade heraus darauf zustürmen wollte. "Was denn!?", fragte HoroHoro genervt und trat einen Schritt zurück. "Wir wissen nicht, ob sie schon dort sind"

Augenverdrehend begann der Blauhaarige abzuwinken, während er meinte: "Ach, komm! So schnell können sie nicht sein! Wir wissen ja nicht einmal, wie schnell sie... wieder unter den Lebenden wandeln. Wenn es denn wirklich geht und sie uns nicht nur eine weitere Lüge aufgetischt haben, als sie sagten, BloodyMary würde nicht sterben können" "Genau darum müssen wir auf alles gefasst sein, okay?"

Seufzend stimmte der Ainu zu und wartete darauf, dass Ren ihm seinen Plan erläuterte. Natürlich war es riskant, doch HoroHoro verstand Rens übergroße Sorge einfach nicht, immerhin hatten sie noch immer die Reste des 'Medizinlebkuchens' und konnten diesen zur Not einsetzen. "Also... Ich werde anklopfen und du hälst dich hinter der Regentonne versteckt, okay? So kannst du, wenns brenzlig wird noch entkommen", erklärte der Chinese, deutete auf eine Tonne neben der Treppe vor ihnen und lief los, ohne HoroHoros Antwort abzuwarten. "W-Warte!", rief der Ainu und hastete dem anderen schnell hinterher, wollte auch gleich seinen Protest loswerden, wurde jedoch mit einer Geste zum Schweigen gebracht.

"Einmal fast sterben reicht für einen Tag, oder nicht?", fuhr Ren ihn an. Er schubste den Ainu neben die Treppe, ging selbst die drei Stufen hinauf und klopfte an die Tür. Es dauerte seine Zeit, ehe die beiden Schritte vernehmen konnten und sich die Türe schließlich öffnete. Eine hübsche junge Frau stand im Türrahmen und lächelte den Chinesen munter an. "Was kann ich für Sie tun?", fragte sie mit wohlklingender Stimme. Ren lief bei ihrem Anblick rot an.

"Ähm... Nunja.. Sind sie.. Sind Sie die Dame des Hauses?", fragte er um seine Fassung bemüht und räusperte sich leise. HoroHoros wütendes Knurren fiel ihm gar nicht auf. "Ja, die bin ich. Was kann ich für Sie tun, mein Herr?", antwortete die Frau und Ren kratzte sich verlegen an der Wange. "Nunja... Ich... Ich bin auf der Suche nach dem Weg in BloodyMarys Welt"

"WAS!?", schrie die Frau ihn auf einmal an und Ren wich erschrocken einen Schritt zurück, wobei er beinahe rücklings die Treppe hinunter gestolpert wäre. "Was fällt dir ein, du Wicht?!", brüllte sie weiter und drängte den Lilahaarigen nun die Treppe herunter, indem sie faustballend auf ihn zu schritt. "Niemand darf diese Welt verlassen! Das ist meine Welt! Alles hier gehört mir!! Dieses Haus, der Herr und die kleinen Kinderchen sowieso! Ich kann mit ihnen tun und lassen, was ich will! Genau wie mit dir!", herrschte die Frau Ren an und zog eine Peitsche aus ihrer Handtasche, die sie um die Schulter trug.

"W-Was!?", stotterte der Chinese überfordert und wich immer weiter zurück, bis er schließlich gute drei Meter vom Treppenansatz entfernt war und sehen konnte, wie HoroHoro sich hinter der Frau aufbaute. "H-Halt!", rief Ren noch aus, doch HoroHoro ignorierte ihn und verpasste der Dame einen so wuchtigen Schlag auf den Hinterkopf, dass sie augenblicklich in sich zusammensackte und zu Boden ging. "Die Frau ist gefährlich!", verteidigte HoroHoro sein Handeln und zog Ren am Handgelenk weg.

"Sie ist nicht die, die wir suchen!", erklärte HoroHoro aufgebracht und folgte wieder dem ausgebauten Brotkrumenweg. "Wie.. Wie meinst du das?", hakte Ren verständnislos nach. "Na, überleg doch mal! Hänsel und Gretel waren die Bösen, obwohl sie eigentlich die Guten sind. Die Stiefmutter, die zwar böse war, aber niemals jemanden umgebracht hatte, ist hier eine Diktatorin mit Sockenschuß! Wer also bleibt da noch übrig für die Rolle der Guten?" "Die böse Hexe!?", entfuhr es dem Chinesen und mit einem Schlag wurde es auch ihm klar. Warum auch immer die Figuren ihre Rollen getauscht hatten, die Hexe musste die Person sein, die ihnen helfen würde.

"Und wo finden wir sie?", fragte Ren leise, "Hänsel sagte, sie wäre verbrannt und im Knusperhäuschen war sie nicht!" HoroHoro zuckte mit den Schultern. "Hänsel hat gelogen. Die Hexe hat sich nur vor den beiden versteckt, immerhin muss sie wissen, dass die beiden ihre Opfer immer wieder hinters Licht führen!", führte der Ainu aus und verließ urplötzlich den markierten Weg, um sich wieder einmal durch mehrere Bäume und Büsche zu kämpfen. "Aha...?", machte Ren, da er zwar verstand, was der Ainu meinte, jedoch nicht wusste, was ihnen das bringen konnte. "Sie musste sich also ein Versteck suchen!" "Und?" "Und zwar eines, an dem sie niemand vermuten würde! Eines, in dem niemals jemand suchen würde... Zum Beispiel in einem Brennesselfeld", antwortete HoroHoro grinsend und deutete auf eben dieses, das sich nun vor ihnen erstreckte.

"Was? Du glaubst, dass sie dort drin ist?!", fauchte Ren aufgebracht und riss sich los. "Nein... Ich glaube es nicht, ich weiß es!", erwiderte der Ainu noch breiter grinsend und deutete auf einen Baum, der inmitten der Brennesselpflanzen stand. "Und.. woher?", fragte Ren nun verwirrt und starrte auf den Baum. "Sagen wir so... Ich bin halt gut!", lachte der Ainu und lief (so vorsichtig er konnte) durch das Brennesselfeld zu dem Baum hin.

"Hexe? Bist du da?", rief HoroHoro, während er sich dem Baum näherte und ihn von oben bis unten musterte. "Ich hab dich gesehen, du hast uns beobachtet, als wir beim alten Herrenhaus waren, nicht wahr?" Wenigstens wusste der Chinese nun, woher HoroHoro so genau gewusst hatte, dass sie die Hexe hier finden würden. "Wir wollen dir nichts tun... Wir brauchen deine Hilfe!"

Einige Momente lang war es still, und als sich Ren gerade dazu entschlossen hatte, ebenfalls durchs Feld zu laufen, hörten sie eine alte, zerrüttete Stimme: "Knusper, Knusper, Knäuschen... Wer knabbert an meinem Häuschen?"

Verwirrt sahen sich Ren und HoroHoro an, ehe der Ainu antwortete: "Zwei Reisende, die deine Hilfe benötigen"

"Seid ihr wirklich hier, um meine Hilfe zu erbitten?"

"Das sagte ich doch", antwortete HoroHoro blinzelnd und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er würde doch niemals lügen! Notlügen ausgenommen, außerdem war diese Hexe komischer als sie selbst, immerhin brachte sie einen uralten Spruch, der nicht einmal zur Situation passte. "Gut... Ihr wurdet von Hänsel und Gretel gejagt... und die böse Stiefmutter hat euch versklaven wollen... Ich will euch Glauben schenken"

In dem Moment, in dem die Stimme verstummt war, hatten sich die Brennesseln in Gänseblümchen verwandelt und Ren staunte nicht schlecht, als der Baum sich vor ihnen auftat und eine ältere Frau aus ihm stieg. "Verzeiht meine Vorsicht", begann sie, doch HoroHoro unterbrach sie: "Ach, kein Ding. Solange du uns nicht auch töten willst" "Nein...", antwortete die Hexe, "Sicher nicht. Ich verabscheue Gewalt und die Greueltaten, die Hänsel und Gretel begehen. Ich will euch helfen - sofern ich das kann"

HoroHoro nickte fröhlich und zeigte auf Ren, während er ihr die Situation erklärte, wie sie hier gelandet waren, was Hänsel und Gretel ihnen erzählt hatten und wie sie nun zu der Hexe selbst gefunden hatten.

"So... Ihr wollt also zurück in die Welt der Menschen? Ja... Da kann ich euch helfen", meinte die alte Hexe, während die beiden Jungs große Augen machten. "Doch bevor ich euch von hier fortschicken kann, müsst ihr einer kleinen Geschichte lauschen", fuhr die Hexe fort und grinste mit ihren alten, eingefallenen Wangen. "Geschichte lauschen?", hakte HoroHoro nach, "Klar! Kein Problem!" Die Hexe nickte und bedeutete den beiden sich in das Meer aus Gänseblümchen zu setzen. Die beiden leisteten Folge, ließen ihr Gegenüber dabei jedoch nicht aus den Augen. Langsam begann sie mit den Fingern Zeichen in die Luft zu malen und Ren wollte gerade fragen, was das sollte, als sie mit rauer Stimme sprach:

"Seid gewarnt... Die Geschichte einer Hexe wird nicht einfach erzählt... sie wird gelebt!"
 

The End of my second laughter



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  HoroHoro
2009-12-27T21:54:18+00:00 27.12.2009 22:54
Ohje~
Ich hatte echt Angst >///////<
Das kommt mir alles so echt vor v_v
ich glaub, ich hab sogar gezittert /D

Man, aber endgeil!!!
Von: abgemeldet
2009-02-02T22:16:40+00:00 02.02.2009 23:16
hehe,anfangs dachte ich hänsel is die hexe,wegen den augen und so,aba dass er in seine schwester verliebt ist,gluab ich stimmt!xD
Irgenwie hab ich mir aba gedacht,dass die beiden böse sind,denn was würden die denn in der welt der bloody mary wollen?=)
die stiefmutter war ja voll psycho,aba lustig...
und horo war ja plötzlich so schlau,voll unnormal!xD
obwohl er am anfang dumm war,weil ihm die augen aufgefallen sind und noch irgenwas (ich glaub dass hänsels gesamtbild nich gepasst hat)!xD
ren war ja wohl voll schlau,hat den lebkuchen als ausrede benutzt um horo zu küssen,stimmts?!>=D
freu micih jedenfalls schonma aufs nächste kapitel,bin gespannt!^^

lg,-MoonDragonGirl-
Von:  Renny15
2009-02-01T19:40:28+00:00 01.02.2009 20:40
O_O *blinzel*
huii 5 seiten ich glaubs net <_<
aba hey das is subba :D hast es ja doch noch geschafft^^
ich fand des voll süß als ren und horo allein im häuschen waren^^ und als ren den lebkuchen vorgekaut hat *___*
ach das is alles so toll
und der potenzlebkuchen XDD
ajee ich freu mich auf des nächste kappi :D und versuch des ma net in den letzten 8 stunde zu tippen ne ^^
Von:  Akanesam
2009-02-01T17:06:09+00:00 01.02.2009 18:06
Wow, das nenn ich ne Überraschung. Hänsel und Gretel sinn die Bösen. XDD
Da will ich wohl erst gar net wissen, was die anderen Märchen zu bieten haben. X________________x
Wenn Hexen schon zu Guten werden. ûu
Ich hätte es aber auch net schlecht gefunden, wenn die beiden ein paar Reisegefährten finden würden. XD
Unn ihnen auch mal was erklären. ûu
Auch wenn das jetz erst mal die Hexe übernimmt.
Dann heißt sie ja jetz Baumhexe oder? *gacker*

Ob Hänsel unn Gretel wirklich wieder kommen werden... Hm, man wird gespannt sein dürfen. ^^
Deadlines sinn schwer einzuhalten.... deswegen setz ich mir nie eine. XDD
Ich weiß sowieso, dass ich mich net dran halten werde. ûu
Nyo, ich hoffe, dass Kapitel 3 auch wieder so lang wird, vielleicht schlägt es ja auch das 2. Kap mit der Länge? :D
Wer weiß?
Dann warten wir erst mal nen Monat (wenigstens is der Februar der kürzeste Monat XD).
So ende des unnötigstens Kommis der Welt. XD
Von:  Rici-chan
2009-02-01T13:12:40+00:00 01.02.2009 14:12
potenzlebkuchen xDD das ist gut xD
mir hat die geschichte gefallen,obwohl sie mir manchmal etwas sehr durcheinander war. nicht abstrakt, sondern eher durcheinander...
aber das wird schon noch ^^
bis zum 1.3
Von:  LittleSara
2009-02-01T12:05:32+00:00 01.02.2009 13:05
*_______________________*
Das Kapitel ist sooo endgeil geworden! *___________________*
Huuuu! *_* Und ich hatte richtig vermutet! XDDD Hänsel und Gretel sind böööse! xDDDDD *freu* xDDDDDDDDD wobei ich der Hexe jetzt auch noch nicht so ganz traue, aber naja... ôo'' mehr als den beiden am ende von pitel 1! XDDDDDDDD
Und die Haschkekse! XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD ich wette Ren hat sich den heimlich eingesteckt! ûu' xDDDDDDDDDDD
Aber der Humor mit diesen etwas .... anderen xD Lebkuchen kam echt gut! XDDD Ich fands passend! |D~ xDD
Und das kapitel ist auch so endgeil lang geworden! *___________*
Auch wenn ichs schade finde jetzt wieder nen Monat auf das nächste Pitel warten zu müssen uu'' Es war toll so viel zu lesen zu haben! *Q*

Besonders cool fand ich die Idee mit Hänsels Augen! :3 Und mir hat die Szene im Pfefferkuchenhaus auch besonders gefallen! *_* Ist richtig schön spannend geworden! X333

N paar Tippfehler haste zwar leider (noch xD) drinne, aber wenn man bedenkt wann du das ganze geschrieben hast und alles, ist es noch enorm wie wenig Fehlerchen es sind! ôô *pat* xD

Also moi freut sich auf jedne Fall jetzt schon total auf den 1.3. und fang diesmal eher mit weitertippen an, gel? xDDDDDDD

*knuddelknutsch*
Dei Sarachen x3


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