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A Reflection of the Past

Marluxia/Larxene
von

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About Losing and Finding

A Reflection of the Past
 

Das Leben eines jeden Wesens ist vorherbestimmt, irgendwann einmal zu enden. Mit der Geburt kommt automatisch der Tod, an dieser Tatsache gibt es nichts zu rütteln, auch wenn der Mensch sie oft nicht akzeptieren möchte.
 

Durch seine eigenen destruktiven Gewohnheiten zerstört der Mensch seinen Körper, nur um dann alles zu versuchen, die Trümmer so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Natürlich verfährt er nicht nur bei sich selbst so, sondern auch bei den Tieren, die er von ihren Familien getrennt hatte, damit sie ihm ‚Gesellschaft’ leisten können – eine Art der Sklaverei über deren Schwere natürlich niemand auch nur ein Wort verliert –, und bei den Blumen, die er gewaltsam der Erde entreißt, nur um sich dann zu wundern, weshalb sie – trotz seiner ‚guten Fürsorge’ – nach kurzer Zeit verwelken.
 

Gerade Blumen, so fand Marluxia, waren der Innbegriff der Vergänglichkeit. Und so hielt er es nur für passend, dass er ausgerechnet über einen Friedhof schritt, dabei die verwitterten Gräber betrachtete und über den Sinn des Daseins sinnierte, um Vergängliches zu Vergangenem zu bringen.
 

*
 

In jedem Reiseführer wurde Midgar als Stadt angepriesen, die einem die Erfüllung seiner Träume versprach, einer Stadt der Hilfsbereitschaft und der Freundlichkeit, in der jeder jeden kannte, und selbst ein Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen konnte.
 

Die Wahrheit sah wie immer ganz anders aus, denn Midgar bestand einzig und allein aus den Aspekten, die keine Broschüre jemals ansprechen würde. Die Stadt war kalt, nicht nur in ihrer Farbe – einem schicken Grau mit subtilen Variationen in hell und dunkel –, sondern auch in ihrer Atmosphäre. Die Menschen scherten sich einen Dreck um das Wohlergehen anderer, in den Slums herrschten die Armut und der Hunger, Krankheiten und Gewalt – und die Reichen, die auf der Platte lebten, die den Himmel verdeckte und den Menschen wie den Pflanzen das Sonnenlicht und die Wärme nahm, interessierte es einen Dreck.
 

Was ihn selbst hierher geführt hatte? Nun, diese Frage ließ sich leicht beantworten: Er, Lu Mirã war Forscher und hatte vor kurzer Zeit eine Dissertation über die Auswirkungen von Makoenergie auf die Pflanzenwelt verfasst.

Kurz nach der Veröffentlichung hatte sich Professor Faremis Gast, Leiter der wissenschaftlichen Abteilung Shin-Ras, bei Lu gemeldet und um seine Mithilfe bei Gasts Jenova-Projekt gebeten, da sich ihre Studien ‚doch teilweise überschneiden’ würden.
 

Er wäre ein Idiot gewesen, abzulehnen. Professor Gast war als Koryphäe bekannt, und jeder seiner Mitarbeiter würde über kurz oder lang an dessen Ruhm teilhaben. Gerade dieser Fakt reizte ihn, denn er wollte diese Anstellung als Sprungbrett benutzen, um die Karriereleiter so rasant wie möglich zu erklimmen.
 

Macht, Ruhm und Reichtum waren schließlich drei Dinge, die er schon immer am meisten begehrt hatte.
 

Allerdings musste er herausfinden, dass der Begriff ‚Mitarbeiter’ wohl ein wenig zu hoch gegriffen war. Er kam sich vor wie Gasts Laufbursche, und dadurch, dass seine ständige Präsenz in der Nähe des Professors verlangt wurde, blieb ihm kaum Zeit für seine eigenen Studien.
 

Eigentlich spielte er schon seit längerem mit dem Gedanken, wieder nach Nibelheim zurückzukehren, und an diesem speziellen Tag hatte er auch endlich den Mut aufgebracht, dem Professor seine Entscheidung mitzuteilen.
 

Doch gerade, als er dies tun wollte, schrillte die Türklingel. Er verfluchte denjenigen, der zu einem solch ungüstigen Zeitpunkt aufzutauchen gedachte, und öffnete.
 

Der Anblick, der sich ihm bot, verschlug ihm den Atem.
 

Ihm kam es vor, als wäre er in der gnadenlosen Hitze der Wüste auf die rettende Oase gestoßen; auf die Rose, die selbst auf totem Land noch blühte.
 

Die Frau vor ihm trug einen eng anliegenden dunkelblauen Anzug mit passender Krawatte, dazu eine weiße, zugeknöpfte Bluse. Ihr weißblondes Haar, das in der Sonne golden schimmerte, verlieh ihr den Ausdruck des Übernatürlichen, aus ihren stechend blauen Augen sprachen Intelligenz und Verschlagenheit. Sie sah nicht aus wie ein Engel, ganz im Gegenteil, eher wie ein Dämon in Menschengestalt. Ein Succubus, vielleicht sogar der Teufel selbst. Das spöttische Lächeln auf ihren Lippen verstärkte diesen Eindruck nur.
 

Und dennoch würde er keine Sekunde zögern, ihr seine Seele zu verkaufen.
 

Sie neigte den Kopf leicht schief und musterte ihn erstaunt. „Professor Gast?“
 

Er schüttelte den Kopf. „Ich bedaure.“ Und bei Gott, das tat er in diesem Moment wirklich.
 

„Schade.“ Sie wurde kalt und abweisend, als sie versuchte, sich an ihm vorbei ins Haus zu schieben. „Wenn Sie mich dann zu ihm bringen könnten?“
 

Er dachte ja gar nicht daran. Schön oder nicht, niemand sprang so mit ihm herum. Deshalb hob er nur eine Augenbraue. „Würde es nicht die Höflichkeit gebieten, dass Sie sich zuerst vorstellen?“ Es war keine Frage, sondern ein Befehl, auch wenn er ihn nett verpackt hatte.
 

„Arlene. Von den Turks. Zufrieden?“
 

„Mehr als Sie ahnen.“
 

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg durch das Haus bis ins oberste Geschoss, wo Gast sein Laboratorium eingerichtet hatte, wobei er sich ständig dabei ertappte, Arlene zu beobachten. Jede ihrer Bewegungen war anmutig und grazil wie die einer Katze, und doch merkte man, wie tödlich diese Frau sein mochte.
 

Die Turks waren nicht umsonst die Eliteeinheit Shin-Ras, offiziell dazu beordert, neue Kandidaten für SOLDIER – Shin-Ras neues, noch in den Kinderschuhen steckendes Projekt – an Land zu ziehen, doch in Wahrheit für ihre Skrupellosigkeit bekannt. Keine Arbeit war ihnen zu schmutzig, sie betrachteten nichts als ‚heilig’. Fähig zu Mord, Raub und Erpressung, dazu trainiert in einer Vielzahl von Kampfsportarten und mit dem Umgang mehrerer Waffen vertraut, waren die Turks eine Truppe, die man nicht verärgern sollte.
 

Ausgerechnet eine von ihnen war es, die ihn zu verhöhnen schien, die ihn ansah, als sei er nicht mehr wert als der Schmutz unter ihren Stiefeln. Ehrlich gesagt konnte er es ihr nicht einmal verübeln. Wer war er denn schon? Ein unbekannter Forscher, dessen Name noch lange nicht auf einer Stufe mit dem Gasts stehen würde. Und dennoch schwor er sich in diesem Moment, dass sich das ändern würde. Dann wäre er es, der lachend über allen anderen stehen würde.
 

Als er die Tür zu Gasts Labor öffnete, war der Professor gerade über ein Mikroskop gebeugt, einen Mundschutz vor dem Gesicht, eine Spritze in der einen, eine Pinzette in der anderen Hand. Damit wollte er wohl Mako in eine menschliche Zelle injizieren, kein Zweifel. Er sah von seinem Experiment hoch und blickte die beiden Neuankömmlinge verwundert an. „Womit habe ich die Ehre?“, fragte er, wobei seine Stimme durch den Mundschutz leicht verzerrt klang.
 

Arlene salutierte. „Professor Gast, Sir, Professor Hojo und Dr. Crescent schicken mich. Sie warten auf die neusten Ergebnisse.“
 

Gast stieß einen Laut der Missbilligung aus und rückte seine Nickelbrille zurecht. „Das kann ich mir denken! Glaubt dieser Stümper Hojo denn, ich bemerke seinen Trick nicht? Er versucht, meine Erkenntnisse als seine eigenen auszugeben, aber da hat er sich getäuscht. Sagen Sie ihm das!“
 

Sie lächelte kühl. „Wünschen Sie, dass ich es in genau diesem Wortlaut weitergebe?“
 

„Von mir aus können Sie ihm zusätzlich sagen, dass es morgen grün schneit!“ Er wandte sich wieder dem Mikroskop zu. „Und jetzt raus hier – ich brauche äußerste Ruhe!“
 

Sie salutierte ein weiteres Mal und verließ den Raum.
 

Lu musste sich beeilen, um mit ihr Schritthalten zu können. „Ist es nicht eigentlich meine Aufgabe, Sie zur Tür zu begleiten?“
 

„Gebietet das auch die Höflichkeit?“, spottete sie und nickte ihm zum Abschied zu. „Viel Spaß noch mit Ihrem Boss.“
 

„Oh, er ist nicht mein ‚Boss’. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich niemanden, dem ich in den Hintern kriechen muss.“
 

Sie bedachte ihn nur mit einem Blick, der ihn mitten ins Herz zu treffen schien. Einem Blick, der sagte ‚Du bist ein Nichts. Und du wirst nie etwas Anderes sein.’ Ohne ein weiteres Wort schritt sie zur Tür hinaus.
 

Damit hatte sie ohne es zu wissen ein Feuer in ihm entfacht. Er war besessen von ihr und dem Wunsch, sie eines Besseren zu belehren. Noch in dieser Nacht stürzte er sich wieder auf seine Studien – und er wusste genau, wo er ansetzen sollte.

Seine Dissertation hatte sich mit der Tatsache befasst, dass sich, sollte weiterhin Mako aus den Pflanzen gezogen werden, Gaia sich innerhalb kürzester Zeit in eine einzige Wüste verwandeln würde. Nun würde er untersuchen, welche Auswirkungen es auf Pflanzen hätte, direkt die natureigene Makoenergie gespritzt zu bekommen.
 

Es kostete ihn ein kleines Vermögen, die Pflanzen für seine Experimente einfliegen zu lassen, doch seine Mühen waren schnell von Erfolg gekrönt: Die von ihm genetisch manipulierten Pflanzen beschleunigten ihr Wachstum und ihre Fortpflanzung, die Setzlinge reiften früher, Blumen verwelkten nicht, sondern schienen mit ewigem Leben gesegnet zu sein.

Das musste Shin-Ra einfach auf ihn aufmerksam werden lassen, schließlich würde es die Importkosten um ein Vielfaches senken – und niemand konnte bestreiten, dass Geld das war, was die Reichen am meisten schätzten.
 

Alles kam so, wie er es sich vorgestellt hatte. Es dauerte nicht lange, bis er vor die Kommission gerufen wurde, um seine Theorien praktisch zu veranschaulichen und zu erörtern. Sie schickten ihn wieder nach Hause, ließen ihn wochenlang auf glühenden Kohlen sitzen.
 

Dann endlich tauchte Heidegger vom Komitee für nationale Sicherheit bei ihm auf. Der breite Mann strich durch seinen kurzen, langsam ergrauenden Bart und lächelte. „Shin-Ra möchte Sie in seine Dienste stellen. Sie werden alles bekommen, was Sie benötigen. Ein eigenes Treibhaus? Exotische Pflanzen? Alles kein Problem – Shin-Ra übernimmt die Kosten. Und Ihr Gehalt wäre auch nicht ohne.“
 

Er war natürlich nicht dumm, er wusste, dass die Kompanie nichts tat, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. „Und was“, begann er vorsichtig, „wird dafür von mir erwartet?“
 

Heidegger brach in pferdeähnliches Gelächter aus. „Wir kommen also gleich zur Sache, wie? Nun …“ Er pausierte, schien zu überlegen, wie er Shin-Ras Anliegen ausdrücken sollte. „Sie wissen, dass wir uns momentan im Krieg mit Wutai befinden?“
 

„Das ist ja nicht gerade ein Geheimnis.“
 

Tatsächlich bekämpften sich die beiden Nationen schon seit einiger Zeit. Wie immer ging es bei einem solchen Krieg einzig um Ressourcen, denn Wutai war ein fruchtbares Land, voll mit Mako, dessen Energie Midgar brauchte, um weiterhin Waffen und Materia herstellen zu können. Deshalb wurde SOLDIER überhaupt gegründet, als Kanonenfutter, das man in diesem Krieg opfern würde. Den willigen jungen Männern wurden natürlich alle möglichen Versprechungen von Ehre für das Vaterland und finanziellem Wohlstand gemacht, doch im Endeffekt waren sie nur Marionetten, deren Fäden Shin-Ra zog.
 

„Der Krieg zieht sich schon seit einigen Jahren hin, und der Präsident verliert langsam die Geduld. Er will die Aufsässigen auf einen Schlag ausradieren.“
 

„Das ginge nur mit einer Waffe von unbeschreiblicher Kraft“, führte er den Gedanken Heideggers fort.
 

„Korrekt. Oder mit einer Waffe, die sämtliche Wutaianer aus dem Hinterhalt in den Tod schickt.“
 

„Eine Art Gift?“
 

Heidegger lächelte. „Ich sehe, wir verstehen uns.“
 

Das also war das Angebot, das ihm gemacht werden sollte. Sein Ruhm, sein Ansehen sollte er sich mit dem Tode tausender unschuldiger Menschen erwerben. Er überlegte kurz, doch seine Antwort stand schon fest. Was kümmerten ihn diese Leute? Es ging um ihn, um sein Leben. Das war ihm um einiges wichtiger.

„Ich bin dabei.“
 

Mit dieser Entscheidung hatte er seine Seele an einen wirklichen Teufel verkauft, aber er hatte wenigstens einen guten Preis herausgeschlagen.
 

~*~
 

Es gab eine Festlichkeit zu seinen Ehren, während der er unter großem Brimborium den Doktortitel verliehen bekam. Hier fand sich alles ein, was Rang und Namen hatte – natürlich nicht seinetwegen, aber auf solchen Veranstaltungen konnte man immer die lukrativsten Geschäfte abschließen –, und obwohl es ihn bei den strengen Sicherheitsvorkehrungen nicht hätte verwundern dürfen, war er doch überrascht, als er sie wieder sah.
 

Arlene trug dieselben Kleider wie bei ihrer ersten Begegnung, scheinbar handelte es sich um eine Art Uniform, und doch stellte sie mit ihrer Schönheit einen jeden anderen weiblichen Gast, egal, wie aufgetakelt, in den Schatten. Sie erhob ihr Glas und stieß mit ihm an. „Ich hatte doch gewusst, dass in Ihnen viel Potential steckt, Herr Professor.“
 

Er lächelte, als sie sich bei ihm einhakte. „Und doch haben Sie mich keines Blickes gewürdigt.“
 

„Was nützt mir denn der schönste Mann – beziehungsweise Ihnen die schönste Frau –, wenn er oder sie keine Macht oder wenigstens die Ambitionen dazu besitzt?“, fragte sie geradeheraus.
 

„Wissen Sie überhaupt, wie sehr Sie mir damit aus der Seele sprechen?“
 

„Nein, aber“, sein Herz setzte einen Moment aus, als ihre Finger über seinen Arm wanderten und ihre Lippen sein Ohr streiften, „ich würde es nur zu gerne herausfinden.“
 

Es schien die Erfüllung all seiner Träume zu sein. Nicht nur hatte er endlich das Ansehen, das er verdiente, ein Labor, das seine kühnsten Erwartungen übertraf, und die Frau, die er … liebte? Nein, er liebte Arlene nicht, aber er begehrte sie.
 

Und immer, wenn sie in den kommenden Monaten miteinander schliefen, wenn sie dabei seinen Namen schrie, während sich ihre Fingernägel in seinen Rücken bohrten und blutige Striemen hinterließen, wenn sie von einer Mission zurückkam – blutverschmiert und voller Adrenalin – und der Geruch von Blut und der Angst ihrer Gegner sie beide so sehr erregte, dass sie gegenseitig ihre Kleidung zerrissen, um schneller ihrer beider nackte, verschwitzte Haut zu spüren, zu riechen und zu schmecken – ja, dann wusste er genau, weshalb er nicht mehr ohne sie konnte.
 

Seine Studien wurden ein voller Erfolg. Er hatte es geschafft, ein Pflanzengift zu entwickeln, dass sich mit der Atmosphäre vermischte und innerhalb weniger Minuten jeden dahinraffte, der es einatmete. Bald war er in Midgar als der Forscher, der Held bekannt, der für den Sieg über Wutai verantwortlich zu machen war.
 

So war es wenig erstaunlich, dass eines Tages ein Mann sein Labor betrat, von dem er schon viel gehört hatte – das Meiste zwar negativ, aber immerhin. Die Gestalt war schlank und früher mit Sicherheit einmal hoch gewachsen gewesen, doch jahrelanges Einnehmen der typischen Pose eines Wissenschaftlers, der sein Experiment studierte, hatte ihn zu einer leicht gebeugten Haltung gezwungen. Das fettige schwarze Haar war in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und auf der Hakennase saß eine schmale Brille. Professor Hojo höchstpersönlich.
 

Lu reichte dem Professor die Hand. „Ich glaube, wir hatten das Vergnügen noch nicht“, bemerkte er leicht anklagend.
 

„Was ich sehr bedaure.“ Hojos Finger schlossen sich um den linken Bügel seiner Brille, um diese zurecht zu rücken. „Und ich bedaure es auch, dass unser erstes Zusammentreffen gleich aus einem Gefallen resultiert, den ich mir erbitte.“
 

„Fahren Sie nur fort.“
 

„Ihre Leistungen auf dem Gebiet der Biologie und der Botanik sind zweifellos unbestritten. Dementsprechend dürfte es Ihnen wohl leicht fallen, mir zu helfen.“ Er verschränkte nachdenklich die Arme auf dem Rücken. „Ich benötige ein Gift, das nach Einnehmen zum sofortigen Tode der Zielperson führt. Nicht gasförmig, sondern flüssig. Man sollte in der Lage sein, es der Zielperson unbemerkt ins Essen zu mischen.“
 

„Probleme mit Ihrer Frau?“, scherzte er und verzog innerlich das Gesicht über Hojos gekünsteltes Lachen, seine schmierige und schleimige Art.
 

Der andere Forscher lächelte nur. „Eher mit der Konkurrenz, wenn Sie verstehen.“
 

Aha. Da lief also der Hase. Hojo wollte jemanden aus dem Weg räumen, der seine Stellung gefährdete. Nach kurzem Überlegen fiel ihm nur Professor Gast ein – und sofort erloschen jegliche Skrupel, Hojo seinen ‚Gefallen’ zu erfüllen. Gast verdiente eine Quittung für seine herablassende Art.

„Geben Sie mir eine Woche Zeit.“
 

~*~
 

Als er Arlene am selben Abend davon erzählte, beäugte sie ihn kritisch. „Du traust diesem Hojo doch hoffentlich nicht über den Weg.“
 

„Natürlich nicht, ich bin doch kein Idiot.“ Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen und er zog seine Geliebte an sich, um ihr seinen Plan ins Ohr zu flüstern. „Aber stell dir nur vor, was wir mit dem Wissen von Hojos Tat alles erreichen könnten.“
 

„Eine Erpressung?“ Sie lachte und grub ihre Nägel fest in seine Arme, presste ihre Lippen zustimmend auf die seinen. „Du bist so wundervoll ruchlos.“
 

„Das habe ich alles von dir gelernt.“
 

~*~
 

Eine Woche später trafen er und Arlene sich wie verabredet mit dem Wissenschaftler in dessen Haus, um das bestellte Gift abzuliefern.
 

Hojo bot ihnen an, Platz zu nehmen, als er die Phiole in Empfang nahm. „Und das“, fragte er mit kritischem Blick auf die klare Substanz, „soll genügen, um einen Menschen zu töten?“
 

„Sicher. Es ist ein spezielles Nervengift, hergestellt aus Rinden und Blättern einer seltenen Lianenart. Es lähmt die Muskeln und Atemwege und führt damit zum Tod durch Ersticken. Nicht schmerzhaft, aber wirkungsvoll.“
 

Der Wissenschaftler lächelte. „Sie wissen gar nicht, wie sehr Sie mir damit helfen.“ Er ließ die Phiole in einer der Taschen seines Laborkittels verschwinden. „Darauf stoßen Sie beide doch mit mir an, oder? Ich hole nur schnell den Champagner.“ Mit diesen Worten ließ er die beiden allein.
 

Arlene lächelte hämisch. „Wenn dieser Dummkopf nur wüsste, dass er sich damit sein eigenes Grab schaufelt.“
 

„Lassen wir ihn seinen Triumph genießen, solange er kann.“
 

Hojo kam mit drei gefüllten Gläsern zurück, von denen er zwei an die beiden weitergab. „Auf unsere Zusammenarbeit.“
 

Sie stießen an und leerten die Gläser mit dem edlen Getränk. Arlene stellte ihr Glas auf den Tisch und grinste. „Professor Hojo, wir sind hier doch unter Freunden. Verraten Sie uns, wer ihr Opfer sein wird?“
 

Hojo lächelte geheimnisvoll und legte die Fingerspitzen aneinander. „Die Antwort liegt doch auf der Hand, meine Liebe. Sie beide natürlich.“
 

Das war ein äußerst geschmackloser Scherz, was er dem Professor gerade mitteilen wollte, als Arlene neben ihm zu röcheln begann und verzweifelt die Hände um ihren Hals legte.
 

„Die Reaktionszeit ist also abhängig von Gewicht und Geschlecht der Zielperson. Sehr interessant.“
 

Das konnte nicht …! Das durfte nicht …! Lu spürte, wie seine Beine langsam starr wurden, als sich das Gift in seinem Körper ausbreitete. Das durfte nicht das Ende sein! Mit letzter Kraft zog er das Messer, das er immer zum Schneiden von Gewächsen an seinem Gürtel trug, und stürzte sich auf den Wissenschaftler, fügte ihm eine kritische Wunde zu, indem er das Messer in seiner Brust versenkte.
 

Leider war es ihm nicht vergönnt, den Moment, in dem Hojos schwarze Seele dessen Leib verlassen würde, mitzuerleben, denn er selbst wurde von all dem Hass in seinem Herzen, von all der Dunkelheit, die nur auf einen Augenblick wie diesen gewartet hatte, um endlich aus ihrem Gefängnis auszubrechen, konsumiert. Ihm wurde schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein.
 

~*~
 

Als er erwachte, hielt er den Schmerz in seiner Brust zunächst für eine natürliche Reaktion seines Körpers, der versuchte, sich gegen den Tod zu wehren, doch als er die Augen öffnete und sich umsah, musste er sich unwillkürlich die Frage stellen, ob Hojos Gift – nein, sein Gift –ihn selbst bereits dahingerafft hatte und ihm sein sterbender Geist nun Illusionen vorspielte.
 

Der Ort, an dem er sich befand, erinnerte teilweise recht stark an Midgar. Die schwarz gestrichenen Häuser ragten bis in den Himmel hinauf und als er sich umblickte, konnte er die Rohre erkennen, die wohl für die Stromversorgung zuständig waren. Doch dieser Platz besaß etwas, das Midgar eindeutig fehlte: Am nachtschwarzen Himmel prangte ein herzförmiger Mond, eine Laune der Natur, die ihm gänzlich unbekannt war, von der er in keinem Buch Gaias jemals auch nur ein Wort gefunden hatte.
 

Er erhob sich schwankend. Seine Beine fühlten sich an, als seien sie aus Gummi gemacht. Er kam nicht weit, nach ein paar unsicheren Schritten sackte er auf die Knie, wobei sein Blick auf eine Pfütze fiel, die der Regen hinterlassen haben musste.
 

Was zum …?
 

Das Gesicht, das ihm aus dem schmutzigen Wasser entgegenstarrte, war nicht sein eigenes. Oder möglicherweise doch, nur scheinbar stark verändert. Seine Haare, seine Augen … was war hier nur los?
 

„Nett von dir, dass du gleich vor unserer Haustür erscheinst. Damit ersparst du mir die Arbeit, dich zu suchen.“
 

Er drehte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme erklang. Ein Mann stand mit verschränkten Armen vor ihm und betrachtete ihn. Anzumerken wären wohl nicht nur das amüsierte Grinsen, sondern auch die lange Narbe, die sich über seine linke Wange zog, und die Augenklappe, die sein rechtes Auge verdeckte.
 

„Wer zum Teufel bist du?“, fragte er den Fremden.
 

„Die Frage könnte ich nur zurückgeben, mein Freund.“ Der Mann zeigte mit dem Finger auf ihn und neigte den Kopf ein wenig. „Weißt du noch, wer du bist?“
 

Er senkte den Blick und brach in bitteres Gelächter aus. „Ein Mann, der alles verloren hat, was ihm wichtig war.“
 

„Weißt du … damit liegst du der Wahrheit wahrscheinlich näher, als du denkst.“
 

*
 

Er brachte noch immer Blumen an ihrer beider Grab, Jahr für Jahr, obwohl er wusste, dass es sich um eine rein symbolische Geste handelte. Denn mit dem Leben kam der Tod, und jener war der Auftakt zu neuem Leben.
 

Arlene und er waren nicht mehr, sie waren unwiederbringlich verloren. Doch mit dem Verlieren kommt auch immer das Finden – so war Larxene in sein Leben getreten.
 

Und obgleich sie nicht mehr die waren, die sie einst gewesen sein mochten, hielten sie noch immer an ihrem gemeinsamen Traum von Macht und Herrschaft fest. Dass die Umstände sich geändert hatten, und sie mit ihren Kräften bereits mehr Macht besaßen, als sie es je zu wünschen vermocht hätten, beachteten sie in ihrer Gier nach mehr nicht.
 

Denn wie wir alle waren sie noch immer von den Ketten ihrer Erinnerung gefesselt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Syjana
2011-07-17T16:41:20+00:00 17.07.2011 18:41
echt ginial ich liebe deinen Schreibstiel
Die Story ist echt
klasse
Von:  Lumaria
2010-02-24T13:17:02+00:00 24.02.2010 14:17
also das ist liebe für die ff..
das ist wirklcih liebe..
sehr schön...
aber auch irgendwie rührend...
nja.. liebe halt o_o
*keks knabber*
Von:  Vauvenal
2009-03-24T18:25:40+00:00 24.03.2009 19:25
°_°
Ui.
Wau.
Hojo an sich war tatsächlich ne Warnung wert. XD
*stimmt vexen und purpurwoelfin ansonsten vollends zu*
Es war SO offensichtlich, dass Hojo Marly loswerden wollte XD
...
Ich glaub, ich lass Marly als Botaniker in meiner FF auftreten.
Von:  Purpurwoelfin
2009-01-30T23:18:36+00:00 31.01.2009 00:18
GENIAL. *_________* was du aus marly gemacht hast, bzw, seinem jemand... das ist so durchtrieben genial *^* *luv* das passt so UNGLAUBLICH gut... und ich wusste doch immer schon, dass larxene bei den turks war XDDDD *rofl* *_* diese 'tatsachen' lasse ich nun in mein eigenes kh-universum einfließen und mache sie dort zur realität û__u unumstößlich >3~ solange nicht die >wirkliche< vorgeschichte der beiden veröffentlicht wird (ich bezweifle, dass das jemals passieren wird ûu) ist DAS jetzt das, woran ich glaube >x<"
aber das mit dem gift,,, omg T__T" ich dachte mir schon, als er den auftrag bekommen hat "MARLY (oder besser lu >3) MACH DEN SCHEISS NICHT!!! ICH HAB'S IM URIN, DASS DAS BÖSE ENDEN WIRD!!!" D: und dann liest man weiter und schreit innerlich auf und denkt sich "TRINKT NICHT!!!!" und sie trinken. natürlich tun sie das T__T ach...man kann bei deinem zeug so mitfiebern... und achja,....

WIEDERERKENNUNGSEFFEKT!!!! *____* als marluxia von xigbar gefunden wird! alles fügt sich zusammen.... >3 *schmacht*

hab ich was vergessen? O_o hoffe nicht :3"
Von:  Amariyali
2008-12-21T19:56:57+00:00 21.12.2008 20:56
*___________*
+anfangirl+
Oh Baby, du machst mich glücklich. Ich lie~be deinen Schreibstil und dein In-Character und... die Story insgesamt. Holla, auf sowas muss man erstmal kommen (warum komme ich nie auf sowas <<"")
Nein, wirklich Respekt, ich muss schon sagen. Das ist mal eine "Organisations Vorgeschichte" die mich wirklich überzeugt o,ov +überzeugt ist+ Und ich weiß jetzt wieder, warum ich Hojo so mag xD"" Weil er ein widerliches Arschloch ist. Lu mit seinem eigenem Gift umzubringen ist schon irgendwie hart, aber SO Hojo xD Gratulation dazu.

Konstruktive Kritik kannst du dir von mir gerade abschminken, ich fangirle lieber noch ein wenig 8D +rumfangirl+


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