Festgehalten
Sam war allein.
Nach ein paar Stunden hatte er genug geschlafen. Verwirrt sah er sich erst um
und dann auf die Uhr. Wo war Dean nur?
Schnell stand er auf, doch für seinen Kopf etwas zu schnell.
Durch die Sternen, die vor
seinen Augen tanzten, und dem flauhen Gefühl im Magen setzte er sich kurz wieder.
Mit einer Hand am Kopf stand er etwas langsamer auf und ging ins angrenzende
Badezimmer, um sich etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen. Er machte kein
Licht, fand aber trotzdem zielsicher das Waschbecken. Er machte den
Wasserhahn an und hielt seine Hände darunter. Kühl sammelte sich das feuchte
Nass in ihnen. Verträumt beobachtete Sam wie das Wasser in seinen Händen
hoch stieg und dann über den Rand hinweg darüber lief.
Ein dumpfes Geräusch im Nebenraum lies ihn zusammen zucken. Es hörte sich
an, als hätte jemand einen schweren Rucksack auf den Boden fallen lassen.
Das war sicher Dean. Schnell wusch er sich mehrmals das Gesicht und trocknete
es sich mit einem Handtuch vom Hacken.
„Ich hoffe du hast was zu Essen mitgebracht! Ich hab einen Bärenhunger!“,
schrie er nach nebenan, erhielt aber keine Antwort. Stirnrunzelnd warf er das
Handtuch auf den Toilettensitz und ging hinüber. Als er durch die Tür trat
konnte er gerade noch sehen, wie die Tür ins Schloss gezogen wurde und ein
Schlüssel umgedreht wurde. Entsetzt hetzte er durchs Zimmer und schlug gegen
die Tür, während er gleichzeitig versuchte den Griff umzudrehen, der jedoch
nicht nachgab.
„Dean? Was soll das?? Mach auf!!“, schrie er. Wieder keine Antwort. Sam ging
ein bisschen zur Seite und spähte aus dem kleinen Fenster an der rechten Seite.
Doch es war zu klein, um jemanden zu sehen, der sich an die Tür lehnte. Wie
diese Person, die ihn hier eingesperrt hatte. Er wusste, dass Dean ihm sowas nie
antun würde. Aber wer hatte sich diesen miesen Scherz ausgedacht. Sam ging
einen Schritt zurück und besah sich das Fenster genauer. Ein ganz normales
Fenster, dachte er und schnappte sich einen Stuhl. Er schlug ihn frontal auf das
Glas, dass jedoch nicht nachgab. Was für ein Motel hatte denn Panzerglas,
fragte er sich, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung war nahm.
Unter der Tür wurde ein weißer Briefumschlag durch geschoben. Irritiert bückte
er sich danach.
Der Unbekannte hinter der Tür klopfte noch einmal gegen diese. Dann konnte
Sam Schritte hören, die sich von der Tür fort bewegten. Schnell sprang er
wieder zum Fenster, konnte jedoch wieder niemanden entdecken.
Jetzt war er vollends verwirrt.
Was sollte das?
Wollte der Fremde ihn verarschen? Warum kam er ohne Probleme in ihr
Zimmer? Hatte Dean es vor seinem Gehen nicht abgesichert, so wie sie es
immer taten? Wer war der Fremde und was wollte er von ihnen?
Wütend über die vielen Fragen strich er sich mehrmals durchs Haar und ging
schließlich zum Tisch. Den Stuhl, mit dem er das Fenster einschlagen wollte
hatte er sich mitgenommen und setzte sich nun darauf.
Erst jetzt bemerkte Sam den schwarzen Rucksack auf dem Tisch. Fragend griff
er danach und öffnete den Reissverschluss zu dem größten Fach. Hier drin fand
er Essen und Trinken für mehrere Tage. Drei große Flaschen mit Wasser, viele
Fertiggerichte, Süßkram und ein bisschen Obst.
Entsetzt riss Sam die Augen auf. Der Fremde hatte vor ihn für mehrere Tage
hier einzusperren!
Panisch stand er auf und lief zu den Betten, zwischen denen ein kleiner
Nachtschrank mit dem Telefon stand. Schnell hob er den Hörer ans Ohr und
wollte wählen, als er bemerkte das die Leitung tot war. Wütend schmiss er das
Telefon von Tisch und sah sich um. Was sollte er nur tun? Er würde sich sicher
nicht so einfach für mehrere Tage hier einfach einsperren lassen! Ganz sicher
nicht!
Sam überlegte. Was sollte er tun? Sein Computer! Schnell suchte er nach seiner
Tasche, die er auf der anderen Seite neben seinem Bett stand, doch sie war leer.
Verwirrt sah er sich im übrigen Zimmer um. Auf dem Tisch, auf Dean´s Bett,
unter den Betten. Nichts. Sein Computer blieb verschwunden. Dieses
verdammte Arsch hatte seinen Computer gestohlen. Den würde er fertig
machen, salzen und verbrennen.
Ruhig ein und ausatmend beruhigte er sich wieder. Pläne schmieden konnte er
später, jetzt musste er erstmal überlegen wie er sich hier befreien konnte, dann
diesen Fremden finden, aus ihm herauskriegen was mit Dean war und dann
konnte er weiter denken.
Also das Telefon und seinen Computer konnte er schon mal vergessen.
Sein Handy war höchstwahrscheinlich auch weg, aber vorsichtshalber sah er
doch lieber mal nach. Er suchte nach seiner Jacke und durchstöberte sie nach
seinem Treo und fand es. Lächelnd sah er auf das kleine Gerät und wollte schon
los jubeln, als er auf dem Display das Zeichen für kein Netz sah. Alles und jeder
war gegen ihn. Sogar das dämliche Handy.
Er hätte sich eigentlich denken müssen, das der Fremde es ihm sicher nicht so
leicht gemacht hätte zu entkommen.
In Gedanken setzte er sich wieder an den Tisch. Sam´s Blick fiel auf den
Umschlag, den der Fremde ihm gegeben hatte. Es war ein völlig weißer
Umschlag kein Name, kein Adressant. Nichts. Genervt öffnete er ihn und
entnahm einen Zettel, der mit royal blauer Tinte beschrieben wurde. Verwundert
hob Sam eine Augenbraue, begann aber zu lesen:
Hey Schlafmütze,
tut mir Leid, dass ich etwas stürmisch war und mich nicht erst vorgestellt habe,
bevor ich deinen süßen Arsch festsetzten musste.
Aber du bist im Moment nicht in der körperlichen Verfassung, das zu tun was
du tun müsstest.
Keine Angst ich bin bald zurück und lass dich wieder raus. Mach bitte
währenddessen nichts unüberlegtes! Es würde Dean sicher nicht gefallen, wenn
du verletzt bist, wenn er zurück kommt!
Ich beeile mich!
P.S.: du siehst zum Anbeissen aus, wenn du schläfst!
R.
Mit weit aufgerissenen Augen lass Sam den Brief gleich zwei mal.
Er wurde von einem irren Perversen hier festgehalten, der jetzt hinter Dean her
war?
Und was hieß hier nicht in der körperlichen Verfassung? Er war fit genug, wenn
es ein musste! Dem würde er es zeigen!
Wer war dieser R.?
Und wo zum Teufel war Dean? Ob ihm irgendwas passiert war oder er in
Schwierigkeiten steckte?
Sam mochte den Gedanken nicht weiter führen und sich nicht noch schlimmere
Szenen auszumalen.
Er sah verzweifelt auf den Rucksack. Was sollte er nur die ganze Zeit tun? Er
hätte doch helfen können! Plötzlich erblickte er eine spitze Kante, die an der
Seite aus der Tasche schielte. Er zog es zwischen Zeigefinger und Daumen
heraus. Der Pferdeflüsterer.
Er gab ihm das Buch `Der Pferdeflüsterer? Dieser verdammte Idiot. Wollte er
ihn verarschen?
Missmutig warf er es zur Seite und betrachtete den restlichen Inhalt genauer.
Neben dem Essen und dem Buch lagen noch ein paar DVD´s drin: Dirty
Dancing, Titanic, Wedding Planer, Stirb langsam 4.0.
Nur Schnulzen, bis auf den letzten Film.
Der Typ war so was von Tot!
Sam drehte sich auf dem Stuhl weg vom Tisch und legte den Kopf in seine
Hände. Langsam massierte er sich die Schläfen und atmete tief durch. Dean war
also in Gefahr und er konnte sich schon denken, dass das mit ihrem derzeitigen
Fall zusammen hing.
Der, der die ganzen Kinder entführt hatte, musste irgendwie auf sie aufmerksam
geworden sein. Warum sonst sollte er Dean auflauern? Und Dean war ganz
sicher nicht auf dem Weg zum Einkaufen über den Täter gestoßen, denn dann
hätte er ihm doch Bescheid gesagt und es nicht allein versucht. Obwohl Dean
war es zuzutrauen, so ein Alleingang.
Sam wusste nicht mal was hier umging und Kinder entführte. Er erinnerte sich
an gestern und diese merkwürdige Alte. Sie hatte genau die gleiche Brandnarbe
wie das vermisste kleine Mädchen, aber wie konnte das sein? Außer die Alte
und die Kleine waren ein und die selbe Person. Sam dachte zurück. Ihm war
noch nie ein Dämon oder Wesen überhaupt unter gekommen, dass Menschen
altern ließ.
Sam stand auf und ging neben sein Bett, um an seine Tasche zu kommen in der
das Tagebuch ihres Vaters lag. Er setzte sich aufs Bett und blätterte schnell alles
durch, konnte aber nichts vergleichbares entdecken. Aufseufzend legte er es zur
Seite und streckte sich nun selbst wieder auf dem Bett aus.
Selbst wenn er wüsste was für ein Wesen hinter Dean her war, er war immer
noch hier eingeschlossen und konnte nicht eingreifen.
Was sollte er nur tun? Die Tür ein treten, wie im Film? Blinzelnd hob Sam den
Kopf und sah zur Tür. Das war’s! Er musste nur irgendwie die Tür ausheben.
Schnell erhob er sich, sein Taschenmesser gezückt und besah sich die
Scharniere.
Mit der Spitze wollte er sich gerade daran machen den Stift zu ziehen, als er sah,
das die Scharniere verschweißt waren. In was für einem verrücktem Motel
waren sie denn hier gelandet? Wie sollte man denn da fliehen können, aber
keiner würde an so was denken. Warum hatten die Besitzer dann geschweißt?
Vielleicht um zu verhindern, dass jemand die Tür klaut?
Kopfschüttelnd ging Sam zurück und schmiss sich wieder aufs Bett. Er griff
neben sich und tastete nach der Fernbedienung neben sich. Das würde verdammt
langweilig werden. Sam dachte nicht mal daran einen der Filme, bis auf Stirb
langsam zu gucken oder das Buch auch nur einmal noch anzufassen.
Wo war Dean?
Warum musste der fast immer dann in Schwierigkeiten geraten, wenn er ihm
nicht helfen konnte. Verzweifelt dachte er daran was alles passiert sein kann,
während er hier saß und so wie es aussah nichts machen konnte.
Laut gähnend lehnte er sich zurück und streckte sich aus. Gelangweilt sah er auf
den Bildschirm des Fernsehers. Eine Talkshow würde er sich sicher nicht an tun.
Er schaltete weiter, wieder eine. Auf jedem verdammtem Sender lief eine. Was
war denn heute nur los? Waren alle gegen ihn?
Warum konnte es nicht wie jeden Tag sein?
Sein Kopf schmerzte und fühlte sich an als sei sein Gehirn mit Watte umhüllt.
Aber nicht mit der Normalen aus dem Supermarkt, sondern mit einer die mit
Nadeln und anderen spitzen Dingen gefüllt war.
Ächzend öffnete er die Augen. Wo war er? Er spürte einen schneidenden
Schmerz an seinen Handgelenken. Vorsichtig, um seinen Kopf nicht zu sehr
anzustrengen drehte er sich etwas und erblickte seine Arme, die an langen
Stricken an einem Balken über ihm angebunden waren. Okay, er war also nicht
wieder im Motel...
Dean drehte den Kopf wieder ein bisschen und versuchte in der Dunkelheit des
Kellers, wie er vermutete zu sehen wo genau er war.
Der Raum war nicht besonders groß, konnte er nach einem Moment erkennen,
indem sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten.
Außer ihm befand sich nicht viel hier. Gegenüber befand sich ein Stuhl, auf dem
er seine Autoschlüssel, seine Waffe und sein Portemonnaie erkennen.
Dean versuchte sich zu erinnern, wie er in diese Situation geraten war. Ihm kam
das kleine Kind in den Sinn. Dieses Miststück!
Wütend zog und rüttelte er an seinen Fesseln. Verdammt er musste hier frei
kommen! Wie lange er hier wohl schon so angebunden hing? Sam machte sich
sicher schon Sorgen um ihn. Dean sah sich um. Rechts hinter ihm konnte er ein
kleines Kellerfenster erblicken, doch was er da sah gefiel ihm ganz und gar
nicht. Es war schon dunkel und das hieß Sam machte sich schon mehr als große
Sorgen. Hoffentlich beeilte sich der andere, fand ihn und erledigte den der ihn
hier festhielt.
Langsam aber sicher wurden seine Finger taub.
Ein leises Kichern ließ ihn erschrocken aufsehen.
„Du kommst hier nicht raus!“, kicherte eine weibliche Frauenstimme aus dem
dunkel einer Ecke gegenüber von ihm.
„Wer ist da?“, fragte Dean und legte den Kopf leicht schief. Die Stimme kam
ihm irgendwie bekannt vor. Aber woher denn? So lange waren sie ja noch nicht
in der Stadt. Er dachte an die Mutter, die sie bis jetzt befragt hatten, aber die
hatte eine viel höhere Stimme. Wer war das bloss?
Sosehr Dean seine Augen auch anstrengte, er konnte einfach nichts in er Ecke
entdecken.
Erneut vernahm er das leise, angst einflössende Kichern aus dem Dunkel.
„Was willst du von mir?“ Dean versuchte weiterhin die Fesseln um seine
Gelenke durch rütteln und ziehen zu lösen, doch sie waren fest zugeknotet.
In der Dunkelheit konnte er plötzlich zwei rot aufglühende Augen ausmachen,
die in spöttisch betrachteten.
„Ich will spielen!“