Der Anfang
So, ein zweiter Versuch, ich hoffe, jetzt klappt alles. Der folgende Songtext ist von In Extremo "Nur ihr allein".
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In Extremo - Nur ihr allein
Hinter mir könnt ihr sie sehn
die Strolche lernen aufrecht stehen
auf unsrer Vagabundenreise
regeln wir's auf unsre Weise
Wir prassen bis die Nacht zerronnen
bis Blut und kleine Knochen kommen
danach in dunkles Ecken weilen
und wie die Diebe Beute teilen
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
ihr könnt vor eurem Leben fliehen
und mit uns um die Häuser ziehen
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
aus diesem Grund sind wir erschienen
wir sind verehrt und angespieen
Herausgeputzt an hohen Tafeln
hört man uns vom Reichtum schwafeln
zu dienen ist uns eine Qual
denn ein Strick am Hals der kratzt nun mal
Und dafür hassen uns die Neider
doch nachts da klauen wir ihre Weiber
wir machen's wie die Sonnenuhr
wir zählen die heitren Stunden nur
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
ihr könnt vor eurem Leben fliehen
und mit uns um die Häuser ziehen
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
aus diesem Grund sind wir erschienen
wir sind verehrt und angespieen
Zarte Liebe ist uns heilig
doch wir haben's meistens eilig
denn wer nicht kommt zur rechten Zeit
der muss sehn was übrig bleibt
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
ihr könnt vor eurem Leben fliehen
und mit uns um die Häuser ziehen
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Ganzen sein
aus diesem Grund sind wir erschienen
wir sind verehrt und angespieen
Ihr nur ihr allein
könnt ein Teil des Gazen sein
auferstanden, ausgespieen
werden wir verehrt und angespieen
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Die Sonne ging gerade über den Dächern der Stadt unter. Die Normalen, Erwachsenen, Guterzogenen und Vernünftigen, kurz gesagt all jene, die nichts von den Geheimnissen der Finsternis wussten, waren in ihren Häusern. Doch es gab einige, die nicht wenig zahlreich waren und nicht brav in ihren Häusern warteten, bis der Morgen wieder graute. Erwartungsvoll sammelten sie sich im Untergrund der Stadt, denn in der Nacht sollte Geschichte geschrieben werden. Doch das wusste zu jenem Zeitpunkt noch niemand.
Die Stimmen der Anwesenden hallten in den niedrigen Gängen vielfach verstärkt wider. Hunderte Gänge führten zu diesem Zentrum, doch sie waren so verschlungen, dass nur wenige den richtigen Weg kannten. Doch an diesem Abend sammelten sich mehr Menschen als je zuvor in den alten, unterirdischen Gängen. Sie hatten alle nur ein und denselben Grund, aus welchem sie hier unten waren. Sie wollten ihn sehen.
"Wann sind wir denn endlich da?", fragte ein kleines Mädchen, an der Hand eines älteren. Die große beugte sich hinab und flüsterte kaum hörbar: "Gleich, Emmelie. Es dauert nicht mehr lange." Dann richtete sich die rothaarige wieder auf und sah zu ihrem Führer. Schweigend folgte er einem bestimmten Muster der Gänge, welches die rothaarige noch nicht erkannt hatte. Neben ihr wurde ihre jüngere Schwester von Schritt zu Schritt ungeduldiger. "Reiß dich zusammen, wir sind gleich da und das ist das letzte Mal dass du mitkommen musst."
Etwas in den Worten ihrer Schwester machte der kleinen Angst, sträubte sich gegen die rothaarige. Doch bisher war nichts geschehen, bei keinem der bisherigen Treffen. Und doch, es gab da etwas, das anders war als sonst, irgendetwas noch unzubestimmendes. Unruhig sah die kleine hoch. Das Gesicht ihrer Schwester konnte sie nicht erkennen, nur schwarze Schatten. Eine Gänsehaut jagte über ihren zierlichen Körper. Sie zwang sich, wieder nach vorne zu sehen.
Die rothaarige hatte bemerkt, dass ihre Schwester sich unwohl fühlte, doch es würde wirklich das letzte Mal sein, das hatte sie sich geschworen. Plötzlich hielt der hochgewachsene Mann an, mit rauer Stimme sagte er: "Wir sind da, Lady Asteriske." Die rothaarige nickte leicht und ließ die Hand ihrer Schwester los. Mit schnellen Schritten verschwand sie in der Menge. Das kleine Mädchen sah ihr traurig und verängstigt nach.
Die vielen Gesichter stürzten wie eine Flut auf sie ein, rissen sie mit. Nur mit äußerster Kraft gelang es ihr am Rande der Menge zu bleiben. Doch so kam sie schneller voran, als mitten in der Menge. Ihre Gedanken waren auf einen Punkt fixiert, genau wie ihr Blick.
Stolz und starr stand er auf einem erhöhten Podest, die Augen geschlossen, die edlen Züge entspannt. Das schwarze Haar fiel glatt bis zum Kinn hinab. Über der rechten Augenbraue verlief eine schmale Narbe, die sein Gesicht jedoch nicht im Geringsten verunstaltete. Im Gegenteil, es verlieh ihm etwas Erwachsenes. Er trug ein weißes Leinenhemd und eine schwarze Hose, damit zählte er zu den wenigen, die sauber hier unten angekommen waren.
Die rothaarige hatte sich bis in die erste Reihe vorgekämpft und sah nun hinauf zu dem schwarzhaarigen. Sie hatte ihn nun so oft schon gesehen, doch es war jedes Mal überwältigend, fand sie. Keine Regung war an dem schlanken Körper zu erkennen. Die rothaarige versuchte zu erkennen, ob er auf etwas wartete. Um sie herum war es laut, doch das bekam sie kaum mit, sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt.
Langsam hob der schwarzhaarige den Kopf, seine Augen waren jedoch noch geschlossen. Schlagartig kehrte Ruhe ein, ohne dass er groß etwas dafür getan hatte. Einmal holte er tief Luft, dann öffnete er seine Augen und blickte in die Menge. Die Stille, die sich daraufhin ausbreitete, war gespenstig. Kaum einer wagte zu atmen, so erschrocken und erstaunt waren sie. Der Blick dunkelroter Augen schweifte über die Menge.
"Ich heiße euch herzlich Willkommen in den dunklen, kalten Gemäuern der unterirdischen Gassen. Wir alle wissen, warum wir uns heute hier versammelt haben. Wir werden uns ein für alle Male aus den Fängen der Reichen befreien. Wir wollen nicht mehr unterdrückt und gezwungen werden, einem jedem von uns steht ein freies Leben zu, in welchem wir glücklich werden können. Hinterhältig halten uns diese miesen Ratten hier in den dunklen, feuchten Gemäuern von Arrakehna gefangen, eingepfercht wie Vieh, sodass wir an den Folgen unseres ungewürdigten Lebens sterben. Ich will sagen, das geht son nicht weiter. Heute Nacht schlagen wir zu. Sollen sie doch ihre reichen, faulen Ärsche bewegen, wenn sie sich retten wollen. Heute Nacht wird niemand da sein, der seine Hand für sie ins Feuer legt, um sie zu retten. Sollen sie alle den Flammen zum Opfer fallen!"
Kaum hatte er geendet, brach lautstarker Jubel aus. Dieser schwoll nach und nach zu einem beschwörenden Gesang an. "Freiheit! Frieden! Dorian!" Diesem lief eine Gänsehaut über die Arme. Solch eine überwältigende Reaktion hatte er nicht erwartet. Doch das konnte ihr Vorhaben nur noch bestärken. Mit einem kalten Lächeln auf den feinen Zügen verließ er das Podest und zog sich in seinen geschützten Bereich zurück. Dort wartete einer seiner längsten Freunde und Mitstreiter. Er reichte Dorian seinen schwarzen Mantel, den dieser sich eilig überstreifte. "Danke, Jano." Der dunkelblonde lächelte in den Mundwinkeln. "Kein Problem. Eindrucksvolle Rede, wie lange hast du sie geübt?" Dorian brach in einen Lachanfall aus. "Gar nicht. Ich stand, seitdem die ersten hier unten angekommen waren, da oben auf der Bühne und hatte ein richtiges Blackout. Ich habe wirklich nicht darüber nachgedacht." Auch Jano lächelte nun mit dem ganzen Gesicht. Und sein Blick wurde plötzlich noch ein wenig breiter. "Was ist?", fragte Dorian verwirrt. "Ich denke, du hast Besuch.", grinste Jano und verschwand im Dunkeln.