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Haido-chan im Wunderland

von

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Der Alptraum beginnt

Kapitel 1: Der Alptraum beginnt...
 

„Für Ihr Alter haben Sie wirklich tolle Haut“, plapperte die Stylistin, die Hyde gerade für seinen Auftritt nachschminkte. Das normale Gelaber mit den Moderatoren hatten sie zum Glück schon hinter sich, jetzt würden sie nur noch ein Lied zum Besten geben müssen. „Wie machen Sie das nur, obwohl Sie sogar rauchen?“

Es gab Momente, in denen Hyde sich wünschte, Mitarbeiter knebeln zu dürfen. Dies war ein solcher. Wenigstens war es aber auch bald vorbei und er konnte sich endlich mit Gackt zum Essen treffen. Da er gerade jedoch der geschwätzigen Stylistin ausgeliefert war, schloss er genervt die Augen und hoffte, dass sein Martyrium bald vorüber sei.
 

„FUCK!“, brüllte eine bekannte Stimme an Hydes Seite, sodass dieser erschrocken die Augen aufriss und sich umblickte:

Yoshiki rannte wie ein aufgescheuchter Flamingo durch den Raum, immer wieder auf seinen Katzenwecker starrend.

„Ich komme zufucking spät.“

Dieser Ausbruch veranlasste den Sänger dazu, den anderen ungläubig und mit offenem Mund anzustarren. Nachdem der Schlagzeuger, die Uhr noch immer mit beiden Händen umklammernd, eine weitere Runde gedreht hatte, hatte Hyde sich endlich soweit erholt, dass er seinem Erstaunen Ausdruck verleihen konnte:

„Yoshiki? Was machst du denn auf einmal hier?“ Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, dass der andere ebenfalls zu der Show eingeladen war. So weit er wusste, waren es nur Dir en grey, Kra, Miyavi, The GazettE und Laruku gewesen. Von Gackt hatte er erfahren, dass derzeit kein Auftritt irgendwo mit S.K.I.N. anstand und X Japan hatte doch erst vor wenigen Tagen in Paris einen Auftritt gehabt. Den hatte er sich sogar in der Übertragung angesehen. Außerdem hätte er Yoshiki schließlich vorhin treffen müssen!

Der andere Musiker hatte auf seine Frage hin endlich angehalten, trat jedoch nervös von einem Bein auf das andere und erklärte gehetzt:

„Ich komme zu spät! Immer komme ich zufucking spät!“

Schon wieder warf er hektisch einen Blick auf seine seltsame Uhr, machte dann auf dem Absatz kehrt und stürmte davon.

„He, warte! Wo willst du denn hin?!“

Sein plötzliches Auftauchen war schließlich eine willkommene Abwechslung und Hyde hatte nicht die Absicht, ihn einfach ohne jede Erklärung davonkommen zu lassen. Dafür war er nun auch viel zu neugierig.
 

Ohne groß nachzudenken sprang er von seinem Stuhl auf – die erschrocken quietschende Stylistin vollkommen ignorierend – und beeilte sich, dem anderen zu folgen. Als er auf den Gang trat, sah er noch den weißen Mantel Yoshikis um eine Ecke flattern und so rannte er in diese Richtung. Etwas irritiert starrte er auf einen Gang, der scheinbar immer kleiner und düsterer wurde. Wo kam der so plötzlich her? Vorhin war der definitiv nicht da gewesen, oder? Aber Yoshiki hatte den immerhin genommen, also würde Hyde das auch tun.

Es war schon merkwürdig, wie die Wände immer dunkler wurden und irgendwie so ein Tapetenmuster aus den Fünfzigern hatten, mit hässlichen Teekannen darauf. So in die Betrachtung der Wände versunken bemerkte er die Treppe zu spät, sodass er alsbald das Gleichgewicht verlor und etliche Stufen hinunter purzelte. Unten angekommen sah er noch, wie eine weiße Mantelecke durch eine Tür verschwand, die dann zugeschlagen wurde. Auch wenn er gerne direkt hinterher gestürmt wäre, musste er sich erst einmal aufrappeln und rieb sich den schmerzenden Hintern. Nicht einmal Gackt konnte ihn so... den Gedankengang wollte er lieber nicht fortsetzen, also humpelte er zu der Tür.

Dahinter befand sich... eine weitere Tür, nur diesmal etwas kleiner. Dieses Spiel ging noch dreimal so, bis endlich ein Durchgang sichtbar wurde, der in einen kleineren Raum führte. Dort war niemand zu erkennen. Wo war Yoshiki nur hin? Um in alle Ecken spähen zu können, krabbelte er durch den Durchgang. Nirgendwo ein Zeichen des anderen. Er sah nur blanke Wände und fragte sich unwillkürlich, wohin der Pianist verschwunden war.

So in seine Überlegungen versunken, zuckte er heftig zusammen, als sich plötzlich jemand räusperte.

„Was...?“

„Hier unten.“

In die Knie gehend, sah er sich um, als er eine weitere Tür ausmachte, deren Knauf verdächtige Ähnlichkeit mit Kaoru von Dir en grey hatte. Noch nie hatte er einen Türknauf mit Bartstoppeln gesehen. Soweit er wusste, hatte er die letzten Tage keinen Alkohol angerührt und auch sonst war nichts anders gewesen. Um seine Unsicherheit zu überspielen, beschloss er, sich auf ein Gespräch einzulassen:

„Sag mal, Kaoru, hast du zufälligerweise Yoshiki gesehen?“

„Der ist gerade vorhin in mich eingedrungen.“

„Das wollte ich jetzt eigentlich nicht wissen...“, meinte der Sänger ein wenig blass um die Nase.

„Durch mich hindurch gegangen...“ Der Knauf rollte mit den Augen. „Also bitte, was denkst du denn von mir?“

„Entschuldige...“

Hyde versuchte, sich wieder auf sein eigentliches Ziel zu konzentrieren.

„Ähm, dürfte ich dann auch mal in...durch...auf die andere Seite?“, fragte er und griff noch im Reden nach dem Knauf.

„Hey! Nimm die Griffel aus meinem Gesicht! Außerdem bist du viel zu groß!“

„Zu groß?“

So etwas hatte er sich wirklich noch nie sagen lassen müssen, doch als er noch einmal die Tür betrachtete, wurde ihm klar, dass er dort wohl wirklich nicht hindurch passen würde. Frustriert guckte er an sich hinunter und dachte an seinen gestrigen Nachtisch. Aber nein, er war nicht zu dick, die Tür war definitiv zu klein!

„Ja, und was machen wir jetzt?“

Der Knauf blickte zunehmend genervt drein und entgegnete nur patzig:

„Was du machst, weiß ich nicht. Ich geh mich jetzt erst mal einölen. Guck weg!“

Hyde sah jedoch nicht weg, da er ohnehin der Meinung war, dass das Einölen mangels Händen schwierig werden würde.

„Ich will aber da rüber!“

„Renitentes Ding“, knurrte der Kaoruknauf, „versuch mal die Flasche auf dem Tisch.“

„Welcher...-Oh.“

Vielleicht lag es an der Müdigkeit, jedenfalls musste Hyde eben direkt an dem kleinen Beistelltisch vorbeigegangen sein, ohne ihn auch nur zu bemerken. Schulterzuckend griff er nach dem kleinen Fläschchen, das darauf stand, und setzte zum Trinken an.

„Halt! Doch nicht das!“

„Wieso?“

Verwirrt und ärgerlich drehte er den Kopf

„Du hast doch eben gesagt...?“

„Die andere Flasche. Das ist mein Haarwuchsmittel.“

„Wozu braucht eine... ach, vergiss es.“

Er hatte genug von diesem absurden Gespräch, außerdem bekam er langsam Angst, dass er Yoshiki nicht mehr finden würde, wenn er jetzt zu lange zögerte. Beherzt griff er nach der anderen Flasche, die er zuvor ebenfalls nicht gesehen hatte, und nahm einen großen Schluck.

Zunächst war nichts zu bemerken, bis auf den etwas seltsamen Geschmack nach Pfirsicheistee.

Doch dann schoss auf einmal der eigentlich harmlos wirkende Tisch gen Decke und nahm immer gewaltigere Ausmaße an.

„Was passiert hier?!“

Entsetzt drehte er sich wieder zur Tür um und erstarrte vor Schreck, als er sich mit Kaorus nun mehr als mannshohen, messingglänzenden Gesicht konfrontiert sah.

Dieses setzte nun ein süffisantes Grinsen auf:

„Du bist klein.“

„Und? Das weiß ich selbst.“, murrte der Fragesteller.

„Na, du bist geschrumpft“, sagte der Knauf, „Muss man dir denn alles fünfmal erklären?“

„Oh... vielleicht ein bisschen zu sehr...“

„Du bist immer so klein...“

„Das ist nicht fair!“, befand Hyde und spürte, wie die Tränen in ihm aufstiegen.

„Ich weiß ja, dass ich klein bin. Wieso müssen alle darauf herum hacken? Immerhin habe ich mir extra Nippelpiercings stechen lassen, um zu beweisen, dass ich männlich bin! Und nur, weil ich Gackt erlaubte... Das ist doch alles nicht richtig! Ich bin immerhin einer der Größten im japanischen Musikgeschäft!“ Immer mehr Tränen rannen ihm über die Wangen, während er der Türklinke sein Leid klagte. Diese schien davon nicht sonderlich angetan und rollte mit den Augen.

„Was bist du denn für eine Tussi?“, maulte Kaoru „Jetzt hau endlich ab, das Geweine ist ja nicht zum Aushalten.“

Damit hatte sich die Tür geöffnet und Hyde konnte endlich Yoshiki weiter hinterher eilen.

Märchenstunde

A/N: jaja - zufucking spät... der liebe hime ^^ - das ist bei ihm normal ^^
 

Kapitel 2 Märchenstunde
 

Am Horizont war ein Wald zu sehen, während er gerade auf einem Strand stand und sich verwirrt umblickte. Nirgends war ein Zeichen von Yoshiki zu erhaschen, wo sollte er also nur hin? Außerdem brauchte er so langsam eine Kippe. Die Nikotinsucht meldete sich gerade zu Wort, als er seine Rettung am Horizont erblickte. Mit einem breiten Lächeln rannte er auf Ken zu, der genüsslich an einer Pfeife zog, aus der Seifenblasen drangen. Dabei sang er sehr emotional ein Lied vor sich hin.
 

„nomasete kudasai mou sukoshi

konya wa kaeranai kaeritakunai

dare ga matsu to iu no ano heya de

sou yo daremo inai wa ima de wa

utawanaide kudasai sono uta wa

wakareta ano hito wo omoidasu kara

nomebayake ni namida mo rokunaru

konna watashi yurushite kudasai

soto wa fuyu no ame mada yamane kono ude wo nurasu you ni

kasa ga nai wake janai keredo kaeritakunai

motto youhodo ni nonde ano hito wo wasuretai kara“
 

Mit großen Augen sah Hyde seinen Kollegen an.

„Ken?“, fragte er unsicher und betrachtete dabei das eigenwillige Rauchutensil. Nach einer ergiebigen Nikotinquelle sah das nun wirklich nicht aus.

„Oh, hallo. Haben Sie Feuer?“

„Was? Für das Ding? Du bist ja mal wieder lustig heute.“

Zwar fragte er sich, wie der andere denn ebenfalls hier heraus gefunden hatte, aber seine Mission war ihm zunächst wichtiger.

„Hast du gesehen, wo Yoshiki hin ist?“

„Wie meinen?“

„Er ist in so einem weißen Flattergewand herum gerannt. Müsste eigentlich hier vorbeigekommen sein.“

„Ach, von ihm sprechen Sie. Der ist da lang.“

Ken mümmelte weiterhin an der Pfeife und zeigte in Richtung des Waldrandes. Hyde bedankte sich hastig und machte sich dann grübelnd auf den Weg. Wollte Yoshiki etwa das Rotkäppchen spielen? Dafür war er nun wirklich nicht passend angezogen. Jedenfallls verhielt er sich wirklich sehr seltsam.
 

Am Wald angekommen, schlich er er sich aufmerksam umsehend hinein, angestrengt versuchend, einen weißen Stofffetzen zwischen den Baumreihen auszumachen. Sein Bemühen war jedoch zunächst nicht von Erfolg gekrönt, dafür schienen sich ihm die Baumwurzeln immer heimtückischer

vor die Füße zu werfen.

Wieder einmal hatte er sich gerade noch durch ein paar spektakuläre Ausfallschritte aufrecht halten können, als er auf einmal schadenfrohes Gekicher vernahm. In Stereo.

Noch bevor er sich fragen konnte, seit wann Bäume einen so bösartigen Humor hatten, traten die Urheber der Geräusche aus ihren Verstecken hervor. Einmal breites Grinsen auf Augenhöhe, einmal ein ganzes Stück weiter oben.

„Keiyuu? Miyavi? Wo kommt ihr denn jetzt her? Und warum habt ihr... Matrosenanzüge an?“

„Matrosenanzüge? Wo?“

Hyde runzelte die Stirn.

„Ja, guckt euch doch mal an!“

Die beiden musterten sich gegenseitig eingehend und fragten dann unisono:

„Wusstest du, dass wir Matrosenanzüge tragen?“

„Wa... na wenigstens tragt ihr irgendwas.“ Selbst für Miyavis Ohren sollte das leichte Grausen in seiner Stimme eigentlich nicht zu überhören gewesen sein. Zu Hydes Pech schien der das aber ignorieren zu wollen.

„Es ist sexy, nicht wahr? Aber nichts zu tragen ist auch toll. Besonders Keiyuu steht das gut.“

„Sag doch nicht sowas“, meinte der Kleinere des Pärchens errötend und Hyde fragte sich, wie der es mit Miyavi aushielt. Aber der Sänger hatte ja sogar mit Miyavi verkuppelt werden wollen. „Dir steht es doch viel besser, nichts zu tragen, dann hast du immer so einen schönen roten Schimmer auf den Wangen, und wenn du dann willig vor mir kniest, sodass ich...“

„STOP!“ Hyde wedelte mit den Händen in der Luft und versuchte das Bild zu verscheuchen, was der andere gerade in seinem Kopf heraufbeschworen hatte. Es gab einfach Dinge, die wollte er sich nicht vorstellen, ein williger Miyavi gehörte dazu. Deswegen hatte er ihn ja vor gut einem halben Jahr an den Billardtisch gefesselt. „Habt ihr Yoshiki hier gesehen?“

„Wen?“

„Na deinen Bandleader.“

„Keine Ahnung, was du meinst, lass uns spielen!“ Miyavi hüpfte um ihn herum, wie ein Rinozeros auf Dope.

„Ja spielen!!!!“, jubelte auch Keiyuu und sprang mit. Irgendwie irritierte Hyde das um ihn Herumgerenne, sodass ihm leicht schwindelig wurde. Schwankend versuchte er, sich irgendwo fest zu halten, bis er von den beiden einfach auf einen umgefallenen Baum gedrückt wurde.

„Ich kann jetzt nicht spielen, ich muss Yoshiki finden.“ Er versuchte sich aufzurappeln, spürte aber, wie sich wieder alles um ihn drehte.

„Du kannst so nicht gehen, du würdest umfallen“, befand Keiyuu und musterte ihn kritisch, während Miyavi hektisch nickte.

„Dann lass uns dich unterhalten! Wir erzählen dir etwas.“

„Aha – und das soll helfen?“ Hyde fragte sich, wo er einen Knebel her bekam.

„Ja natürlich! Wir erzählen dir von Dr. Yasuno.“ Miyavi schien ganz begeistert von seiner Idee zu sein, immerhin dotzte er auf und ab und klatschte dabei vergnügt in die Hände.

„Wieso willst du ihm von Nottei erzählen?“

„Dummkopf, wegen der Therapie natürlich. Das sollte er auch einmal mitmachen.“

Hyde beschloss, einfach nichts mehr zu sagen.

„Also“, begann Miyavi. „Vor einigen Wochen kamen Mai und Yuura zu Dr. Yasuno in die Therapie.“

„Du solltest ihm erklären, was für eine Therapie, sonst versteht er nichts.“

„Ach so, ja, das war eine Paartherapie. Sie hatten sich nämlich in der letzten Zeit auseinander gelebt und irgendwie wollte es nicht mehr so recht funktionieren, da Yuura meinte, Mai wäre zu dominant, er würde immer zu sehr im Hintergrund stehen. Aber Mai war da anderer Meinung, der glaubte nämlich, dass Yuura den Ton angab und Mai nur schmückendes Beiwerk sei.“

Irritiert nickte Hyde einfach einmal, bevor Miyavi in seiner Erzählung fort fuhr.

„Dr. Yasuno hörte sich natürlich alles in Ruhe an, indem er mit den Einzelnen sprach, ohne dass der andere dabei war. Dann ging er hin und bat sie beide mitten in der Nacht, als Vollmond war, zu sich. Er hatte dutzende Kerzen und Räucherstäbchen entzündet und saß im Schneidersitz auf seiner Matte. So fanden ihn die beiden, die sich auf zwei bereit liegende Matten setzten, die im rechten Winkel zu Dr. Yasunos standen und somit saßen sich die beiden gegenüber. Es fiel ihnen sehr schwer, sich gegenseitig in die Augen zu blicken. Aber auf die Weisung ihres Therapeuten hin, taten sie es, während er jedem einen Zweig Kirschblüten in die Hand drückte. 'So, dieser Zweig symbolisiert eure Gefühle füreinander. Ich möchte, dass ihr jetzt jeweils ein Blatt abreißt und zu dem Blatt sagt, was euch am anderen so verletzt hat, immer mit den dem Wunsch, was ihr verändert haben wollt. Yuura fang bitte an.' Mit hochrotem Kopf kam der natürlich der Aufforderung nach und erklärte, dass er sich wünsche, mit Mai gleichberechtigt zu sein. Mai wollte natürlich gleich dazu etwas sagen, aber Dr. Yasuno hielt ihn davon ab. Jeder der beiden sollte ausreden dürfen.“

Irgendwie erinnerte ihn das von der Art der Unterhaltung an ein Gespräch, dass er einmal mit Gackt und Megumi geführt hatte. Damals, als sie zum Moonchild Dreh gekommen war, nur das Megumi die Rolle des Dr. Yasuno inne gehabt hatte...

„Also wartete Mai, um dann, als er endlich dran war, nur sagen zu können, dass er sich das Gleiche wünschte, und er ohne Yuura nichts wäre. Überglücklich fielen die beiden sich in die Arme, und Dr Yasuno schlug einfach vor, dass beim nächsten Lied, dass sie komponierten auf ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Bass und Gitarre geachtet werden sollte, dass so was nie wieder passieren konnte.“

Hyde sah die Beiden, nachdem sie geendet hatten, fassungslos an. War er nur von Idioten umgeben? Und seit wann waren so viele Musiker schwul?

„Ihr solltet auch einmal einen Therapeuten aufsuchen!“

„Wieso? Wir sind glücklich zusammen!“ Damit begann Keiyuu seinen Freund abzuknutschen.

„Man sollte euch in die Klapse stecken“, murmelte der Sänger L'Arc~en~ciels.

„Du kannst mit uns reden, wie mit vernünftigen Menschen!“

Hyde enthielt sich dazu lieber jeglichen Kommentars und schlich sich von dannen, als die anderen beiden wieder damit anfingen über einander herzufallen. Nicht, dass ihn das stören würde, doch galt es Yoshiki zu finden.
 

Er wusste zwar nicht so recht, wo er lang laufen sollte, aber es konnte bekanntlicherweise ja nicht schief gehen; hoffte er zumindest. Also marschierte er einfach in gerader Richtung auf die Sonne zu, die er ab und an durch die Baumwipfel erspähen konnte.

house sitting

Danke für den Kommentar ^^
 


 

Kapitel 3: house sitting
 

Als Hyde einige Zeit über den federnden Moosboden gestapft war und die Quietsch- und sonstigen Geräusche - da waren zwei wohl schlecht geölt - hinter ihm langsam verklungen waren, vergrößerte sich der Abstand zwischen den Bäumen und mit einem Mal trat er auf eine in grelles Sonnenlicht getauchte Lichtung. Geblendet kniff er die Augen zusammen und musste heftig blinzeln, bis sich seine Sicht wieder geklärt hatte.

„Wer hat hier bitte diese Hütte hingestellt?“, wunderte er sich, als er die riesige, weiße Villa mit dem Charme einer Bahnhofshalle erblickte. Sie war genauso groß, kühl und abweisend, wies aber sehr klare Strukturen auf. Vermutlich war der Bewohner das genaue Gegenteil und versuchte somit, etwas zu kompensieren.

„Ich komm zufucking spät!“, fluchte es plötzlich hinter ihm und schon rannte ein weißgewandeter Yoshiki an ihm vorbei. „Wo sind meine verfickten Schoner!“

„Yoshiki?!?“

„Meido!“, brüllte es ihm entgegen. „Wo hast du meine Schoner versteckt? Ich brauche sie doch so dringend für den Besuch bei der Königin.“

„...?“ Hyde wusste nicht so recht, was er davon halten sollte.

„FUCK! Beweg dich verfuckingfickt nochmal, Meido! Ich brauche meine fucking Schoner!“

Damit hatte er den Kleineren auch schon bei den Schultern gepackt und ihm einen kräftigen Schubs in Richtung der Eingangstür – oder eher des Tores – verpasst.

„Yoshiki ist eindeutig überarbeitet.“, murmelte er und rieb sich seine schmerzende Nase, die unsanft Bekanntschaft mit dem Holz gemacht hatte. Es war bestimmt besser, ihn nicht noch weiter warten zu lassen, er wollte dem Weißkittel schließlich keinen Anlass für einen Wut- oder Herzanfall geben.

Das Tor hatte er schnell aufgeschoben, stand dann jedoch etwas ratlos da. Das war ja von innen noch riesiger als von außen! Und hier sollte er diese komischen Schoner finden? Dabei war schon sein kleiner Sohn im Ostereiersuchen immer besser als er.

Er beschloss, einfach Mal im Schlafzimmer anzufangen...wo auch immer das sein mochte. Immerhin waren diese Dinger auch so etwas wie Kleidungsstücke.

Nach einer kleineren Odyssee und diversen Zusammenstößen mit hinterlistigen Glasflächen hatte er den Raum dann auch endlich gefunden.

War er jetzt in einen Schwarzweißfilm geraten? Im Schlafzimmer mangelte es Yoshiki ganz offensichtlich an Kreativität. Das war doch ungemütlich!

Aber er war schließlich nicht hier, um den Innenarchitekten zu spielen, er hatte eine Mission!

So fing er dann an, das Zimmer nach seinen Zielobjekten zu durchforsten. Dabei fiel sein Blick durch das Fenster auf die Rasenfläche vor dem Haus.

Dort wetzte Yoshiki hin und her, machte immer wieder abrupt kehrt, um dann in eine andere Richtung zu hasten. Gedanklich fügte er den Schlagzeuger ebenfalls seiner Liste der schleunigst Einzuweisenden zu.

Er drehte sich um und betrachtete das angerichtete Chaos. Anscheinend waren die Schoner weder hier, noch im angrenzenden Bad. Na wunderbar! Da konnte er ja noch lange suchen.

Außerdem vermeldete ihm sein knurrender Magen, dass er besser nicht ohne eine ausreichende Stärkung weitermachte. Yoshiki hatte doch bestimmt leckeres Curry da!

Mit einem Mal wieder sehr motiviert stiefelte er zurück zur Küche, in die er zuvor schon einen Blick geworfen hatte. Dort stand sogar ein recht großer, dampfender Topf auf dem Herd. So einfach wollte er sich aber nicht davon nehmen, sonst würde der Hausbesitzer noch einen Schreikrampf bekommen, also sah Hyde lieber noch einmal nach Besagtem.

Dieser tigerte noch immer auf dem Rasen herum, starrte regelmäßig auf den Katzenwecker und hatte in der Zwischenzeit einen deutlichen Trampelpfad geschaffen. In Form eines Pentagrammes. Er hatte es immer gewusst! Yoshiki war das Böse mit dem Engelslächeln und dem weißen Mantel! Immerhin schaffte es außer dem Schlagzeuger keiner, seinen Ga-chan so sehr an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Zwei Perfektionisten auf einem Haufen, das konnte nunmal nicht gut gehen.

„Wieso braucht diese verfuckt langsame fucking Meido nur so lange um diese fucking Handgelenksschoner zu fuckingfinden“, drang es durch das Fenster herein. So wie der drauf war, würde er ihn kaum bemerken, daher konnte er in Ruhe etwas essen.

Händereibend schlich er auf den Topf zu, aber als er hineinblickte, musste er enttäuscht feststellen, dass der Inhalt wohl nicht sonderlich wohlschmeckend sein würde. Der andere hatte es doch tatsächlich fertig gebracht, seine Schoner zu kochen.

Was hatte der sich dabei nur gedacht? Was ging in diesem verdrehten Gehirn nur vor sich? Also blieben nur die Pfirsiche übrig, die in einer Schale auf dem Tresen standen.

Seufzend schnappte er sich einen besonders knackig aussehenden und warf einen sehr versonnen Blick darauf.

Herzhaft biss er hinein und schwelgte ein wenig in Erinnerungen. Aus diesen wurde er jedoch auf recht schmerzhafte Weise wieder zurückgeholt, als eine recht scharfkantige Tischkante seinen Hintern malträtierte. Hatte der Tisch nicht vorhin noch da hinten...?

„Oh nein, nicht das schon wieder!“, keuchte er, als ihn die Erkenntnis erschlug. Oder die Zimmerdecke, je nachdem, wie man es sehen wollte, aber Hyde plädierte eher für seinen Verstand als für das Haus.

„Fuck Meido! Deine fucking Gefuckhaltserhöhung kannst du dir sofuckingstwohin schieben! Komm jetzt fuckingnochmal in fucking Gang und bring mir meine Fuckschoner! Und-...“

Für weitere Flüche fehlte Yoshiki die Luft, als er vom Fuß des rasend schnell wieder Normalgröße annehmenden Sängers in den Magen getroffen und aus dem dem Haus katapultiert wurde.

„Ein... ein Riese!“, stammelte er und betrachtete voll Entsetzen sein fast aus den Nähten platzendes Eigenheim. Hyde grinste hocherfreut. Endlich erkannte man seine wahre Größe!

Trotzdem wurde es ihm langsam ungemütlich, die wenigen Möbel pieksten doch ganz schon und überhaupt war das ganze Haus nicht wirklich figurbetont geschnitten. Außerdem wurde ihm gerade ein weiteres Problem bewusst. So ein winziger Pfirsich konnte seinen nun gewachsenen Magen unmöglich ausfüllen. [1]

Yoshikis Hysterie hatte unterdessen nur noch zugenommen; haareraufend sprang er vor dem Haus hin und her und trat dabei weiterhin seinen Rasen kaputt.

„Mein schönes Haus! So tu doch einer was! Der Riese zerstört mein Haus! Und meine fucking Schoner hat er auch nicht dabei!“

„Kann man Ihnen helfen?“ Ken hatte sich dem zeternden Schlagzeuger gemütlich schlendernd genähert. „Wollen Sie vielleicht auch Mal einen Zug? Könnte Ihnen gut tun.“

„Ich brauche keinen Zug, ich brauche einen fucking Kampfjet! Sehen Sie sich das an!“

Gelassen betrachtete Ken Yoshikis bis zum Bersten mit Hyde gefülltes Haus und kratzte sich dann nachdenklich am Kinn.

„Wie ist der da reingekommen?“

„Wen verfuckingdammt interessiert denn das? Er soll da fucking wieder raus!“

„Wir könnten ihn ausräuchern?“, schlug Ken vor und begann begeistert alles mögliche an Holz zusammen zu tragen, als plötzlich eine weitere vertraute Gestalt um die Ecke kam. „Yukkie! Gerade rechtzeitig.“

Hyde, der das ganze aus einem Fenster heraus beobachten konnte, fühlte sich äußerst unwohl in seiner Situation. Irgendwie musste er da heraus kommen, nur wie? Derweil sah er, wie sein Gitarrist dem zierlichen Schlagzeuger etwas zuflüsterte. Der schien erst einmal begeistert davon zu sein, doch als er einen Blick auf das Haus richtete wurde er schlagartig blass um die Nase. Was hatte Ken nur vor?

„Ich soll das wirklich..?“, hörte er Yukkie unsicher fragen.

„Ja, du bist klein und schmal genug, du kannst das.“

„Nagut...“ Der andere war immer noch reichlich blass und zitterte, als er sich vorsichtig dem Haus näherte. Immer wieder sah er zu den Fenstern, hinter denen Hydes Augen auf ihn herabstarrten. Es kitzelte etwas, als sich Yukkie durch die Tür hinein drängte, und dabei mit seinen Haaren über Hydes Haut strich, sodass der derzeit Größere lachen musste. Sein ganzer Körper erbebte. Dadurch wurde Yukkie mehrfach an die Wand gedrückt. Hyde merkte das zwar, konnte aber wenig tun, denn immer und immer wieder, kitzelten ihn die Haare.

„Haido-chan... bitte“, wimmerte der Schlagzeuger, ehe er sich durch die Tür wieder in Sicherheit brachte. „Vergiss es, Ken! Ich kann den unmöglich rausschieben!“

Dem anderen noch einen Vogel zeigend haute der Kleine ab.

„Also doch ausräuchern“, stellte Ken hocherfreut fest und sah sich dann suchend um, „Wo haben wir denn hier geeignetes Brennmaterial?“ Gleich darauf hatte er auch schon etwas Brennbares hervorgezaubert und kippte grinsend den Eimer vor der Eingangstür aus. Yoshiki schien allerdings weniger begeistert zu sein:

„Was soll denn das? Doch nicht meine Drumsticks!“

Der andere zeigte sich unbeeindruckt und bastelte weiterhin an dem kleinen Scheiterhaufen.

„Warum denn nicht? Sie schmeißen die Dinger doch sowieso immer weg.“

„Ja aber… das ist was ganz anderes!“

„Wollen Sie den Riesen nun loswerden, oder nicht?“

„Schon…“Seufzend gab der Hausbesitzer seinen Widerstand auf und sah zu, wie Ken mit Feuereifer begann, auch noch seine schönen, teuren Gartenmöbel in ihre Einzelteile zu zerlegen und aufzuschichten. Hoffentlich würde das auch wenigstens funktionieren!

Hyde, der das Ganze beobachtet hatte wurde immer unruhiger. Was, wenn es Ken tatsächlich gelang, ein Feuer zu entzünden? Er konnte sich beim besten Willen einfach nicht mehr bewegen, aber gebraten werden wollte er auch nicht! Bei diesem Gedanken meldete sich wieder lautstark sein Magen zu Wort. Richtig! Mit leerem Magen konnte er noch nie besonders gut denken, wie sollte er denn so auf eine rettende Idee kommen? Mühsam drehte er den Kopf und sah sich um. Das würde ihn retten!

Auf einem der Gartentische, den Ken noch nicht zu Kleinholz verarbeitet hatte stand eine Schale mit Schokolade. Sogar unverpackt und in seiner Reichweite. Mit einem erleichterten Seufzen griff er danach, nur um im nächsten Moment Yoshiki an seiner Hand hängen zu haben.

„Wehe du FUCKING Wicht isst meine Schokolade!“, blökte ihn der Schlagzeuger an und versuchte seinen Schatz aus Hydes Fingern zu entwinden. Leider hatte er keine Chance. Bereits kurz später saß er wieder auf dem Boden und starrte mit Tränen in den Augen zu der Hand, die die Schokolade an Hydes Mund führte.

Der Geschmack explodierte förmlich in seinem Mund und der Sänger schloss ekstatisch die Augen. Was auch immer Yoshiki da für Zeug hatte, es war verteufelt gut. Genüsslich ließ er seine Zunge an der Süßigkeit entlang gleiten, erzitterte immer wieder unter diesen herrlichen Sinneseindrücken. Alles in ihm schrie nach mehr, doch als er die Augen wieder aufschlug um nach Nachschlag zu greifen war da plötzlich eine haushohe Wand vor ihm.

„Was zum…“ Erschrocken schlug er die Hand vor den Mund. Das war doch eben nicht seine Stimme gewesen, oder? Seit wann piepste er denn so? Nach ein paar Schrecksekunden wurde ihm klar, was soeben geschehen war. Konnte man hier denn gar nichts essen, ohne dass man sofort absurde Größen annahm? Wütend und frustriert, aber zumindest halbwegs satt, betrachtete er die nun überdimensional großen Überreste des Küchentischs. Aber zumindest einen Vorteil hatte seine Winzigkeit. Er würde viel leichter ungesehen an Yoshiki vorbeikommen.

Auf den war er nun gar nicht mehr gut zu sprechen, und von diesem ganzen Herumgerenne hatte er auch die Schnauze voll. Er wollte eigentlich nur noch eines: Seinen Auftritt hinter sich bringen und sich dann in sein gemütliches Bett fallen lassen.

Vorsichtig schlich er auf die Eingangstür zu, die einen kleinen, für ihn jedoch ausreichend großen Spalt offen stand. Yoshiki hatte sich inzwischen aufgerappelt, blickte jetzt wieder mit weit aufgerissenen Augen zwischen seinem Wecker und seinem ziemlich in Mitleidenschaft gezogenen Haus hin und her. Man konnte ihm die innerliche Zerrissenheit ansehen, doch dann schien er seinen Entschluss gefasst zu haben, denn er drehte sich ruckartig um und marschierte von dannen. Auch Ken schien keine Gefahr zu sein, denn er stand geistesabwesend vor seinem Holzhaufen und war gerade dabei, seine Taschen zu durchwühlen. Hyde, der auf Zehenspitzen an ihm vorbeitrippelte, hörte ihn noch „Feuer, ich brauche Feuer“ murmeln, bevor der Geschrumpfte von der Lichtung eilte und somit den rettenden Waldrand erreichte.
 

[1] [Kommentar Fiz: Dafür kann Gackt ihm jetzt wortwörtlich in den Arsch kriechen...] [nova: *tot*]

Blümchensex

Zur Erklärung bei diesem Kapitel: Aoi von the Gazette schreibt sich mit dem Kanji für Malve, was eine in Rot- und Blautönen blühende Pflanze ist, eine Unterart ist recht bekannt: Hibiskus.
 


 

Kapitel 4: Blümchensex
 

Halb erleichtert, halb unsicher stolperte er zwischen den gewaltigen Baumstämmen vorwärts. Über sein Ziel dachte er nicht nach, er wollte vorerst nur aus Kens Reichweite gelangen, da dieser offenbar sehr schlechten Tabak geraucht hatte. Er wusste schon gar nicht mehr, wie weit er nun gelaufen war, als auf einmal wenig liebliche Stimmen an sein Ohr drangen.

„Oh mein Gott, eines deiner Blätter hat ja Läuse! Pfui!“

Kaum dass er zwei Schritte weiter gegangen war, entdeckte er auch schon eine recht angeekelt dreinschauende, im schönsten Lila leuchtende Blume mit einem wohlbekannten Gesicht. Ein paar Liliputschritte entfernt, befand sich eine zweite, die gerade entsetzt an sich heruntersah.

„Oh nein, ich glaube du hast Recht, Uruha!“

„Bei wem hast du dir die eingefangen? Sag schon!“

„Ich kann nichts dafür! Das war Windbestäubung!“

„Dabei habe ich dir immer wieder den Safer Sex gepredigt!“ Uruhas Gesicht hatte einen eindeutig tadelnden Ausdruck angenommen, während die blaue Malve errötete.

„Ja, schon… aber ich will auch nicht den ganzen Tag unter so einer hässlichen Plastiktüte stecken!“

„Eitles Ding“

„Als ob du besser wärst! Übrigens, wo ist denn bitte deine Tüte?“

Uruha guckte nur trotzig:

„So etwas brauche ich nicht. Ich lasse mich schließlich nicht mit jedem dahergelaufenen Windstoß ein!“

Die blaue Blume sah etwas betreten drein, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf einmal auf, als sie in Hydes Richtung blickte. Hatte sie ihn entdeckt?

„He du, was versteckst du dich denn da? Komm doch mal her!“ Offensichtlich ja. Da ihm auch eine übergroße Blume nicht besonders gefährlich erschien, wagte sich Hyde aus seiner Deckung, trat zu den beiden Gewächsen hin und begrüßte sie mit einem neugierigen Blick und einem „Guten Morgen“. Uruha sah nicht besonders wohlgesonnen aus, Aoi blickte jedoch ebenso neugierig zurück:

„Und was machst du hier?“

Das war eine gute Frage.

„Ich weiß nicht. Ich guck mir nur die Gegend an. Und was treibt ihr so?“

Es interessierte ihn wirklich, ob die beiden noch etwas anderes taten, als den ganzen Tag am selben Fleck zu stehen und gegenseitig aneinander herumzunörgeln.

„Eigentlich warten wir auf Reita.“, antwortete die blaue Blume.

„Der hat schon wieder mindestens dreißig Minuten Verspätung!“, meldete sich Uruha giftig zu Wort, „Nie kann dieser Kerl seine Termine einhalten!“

„Termine?“ Hyde war verwirrt. War Reita denn eine Pflanze, die laufen konnte? Etwa ein rollender Busch?

„Bestimmt ist er wieder am Sonnentau kleben geblieben. Dabei sag ich es ihm ständig, dieser Schleimer ist nichts für ihn.“

„Ach, bist du etwa deshalb so angespannt?“ Aoi präsentierte nun wieder ein breites Grinsen, als er bei Uruha nachhakte.

„Natürlich! Guck dir das mal an, ich hab schon Pollenüberschuss.“ Bei diesen Worten schüttelte er sich einmal heftig, woraufhin eine kleine, gelbliche Staubwolke aufstieg. Aoi verzog das Gesicht:

„Doch nicht vor unserem Gast! Also wirklich, du hast einfach keinerlei Anstand.“

„Du bist mal lieber ganz ruhig. Wer von uns beiden hat denn bitte die Läuse?“

Doch bevor sich erneut ein Streitgespräch entwickeln konnte, beschloss Hyde einfach einzugreifen.

„Wie wäre es mit einem Lied?“, fragte er mit einem entwaffenden Lächeln. Erst einmal sahen die beiden Blumen sich irritiert an, ehe sie begeistert nickten.

„Ja, singen wir Vanilla!“

„Das von Gackt?“ Hyde war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Andererseits, so wie die beiden sich benahmen war es wohl nicht ganz unpassend. Seufzend grübelte er, wie denn der Text ginge, als auch schon Uruha und Aoi in einer etwas zu hohen Tonlage anfingen:

„Kimi wa seijitsu na moralist

Kireina yubi de boku wo nazoru

Boku wa junsuina terrorist

Kimi no omou ga mama ni

Kakumei ga okiru ..“

Auf einmal war ein lautstarkes Surren zu hören, das an Tonstärke auch noch zunahm. Suchend sah sich Hyde um und duckte sich dann erschrocken, als auf einmal etwas dicht über seinen Kopf hinwegzischte. Die beiden Blumen schien das nicht zu beeindrucken, denn sie sangen einfach weiter.

„...Ai shitemo ii kai? yureru yoru ni

Aru ga mama de ii yo motto fukaku

Kuruoshii kurai ni nareta kuchibiru ga

Toke au hodo ni

Boku wa...kimi no...vanilla....“

Was dann geschah ließ den Sänger, der leise mit gesungen hatte, nach Luft schnappen: da landete doch glatt eine Biene zwischen den beiden Pflanzen und begann fröhlich mitzusingen, während sie gleichzeitig diese doch sehr eindeutigen Bewegungen von Gackt aus der Marstour nachahmte, mal an Uruha, mal an Aoi. Diese nahmen das scheinbar mit Freude zur Kenntnis und sangen noch ein wenig lauter.

„...Ai shitemo ii kai? yureru yoru ni

Aru ga mama de ii yo I've seen a tail

Kuyashii kurai ni

Kimi ni hamatteru no ni

A crew sees crying knees

I wanna need. Not betray!

Ai shitemo ii kai? yureru yoru ni

Aru ga mama de ii yo motto kimi wo

Kuruoshii kurai ni nareta koshitsuki ga

Toke au hodo ni

Kimi wa...boku no...bannin da.“

Als sie geendet hatten, flatterte das Insekt auch schon wieder los und umrundete sie applaudierend.

„Was zum Teufel war das denn?!“

„Das war Reita“, stellte Aoi fest, „und wenn er nicht nur dumm um uns herumfliegen, sondern endlich mal herkommen würde, könnte er sich auch selbst vorstellen.“

„Ich bin ja schon da.“ Gerade als dieser seinen Satz beendet hatte, hatte sich eine Biene auf einem von Aois Blättern niedergelassen. „Also Kleiner, ich bin R-Hatschi!“ Hyde sah ihn nur perplex und wortlos an, als Reita auch schon zu schimpfen begann.

„Das gibt’s doch nicht! Wer von euch beiden konnte schon wieder seinen Pollen nicht bei sich behalten? Ihr wisst doch, dass ich allergisch bin!“ Grummelnd zauberte er ein Nasenband hervor und rückte es mit zwei seiner Beinchen zurecht. „Ich sollte das Ding einfach immer tragen…“

So sehr Hyde sich über die für eine Biene doch recht seltsame Pollenallergie wundern mochte, so sehr freute er sich, endlich den Grund für das Nasenband gefunden zu haben. Daran hatte er schon lange herumgerätselt.

„Also ich war das nicht.“, meinte Aoi währenddessen selbstzufrieden. „Aber warte bitte noch, bevor du anfängst, ich habe mein Androgynophor heute noch nicht geputzt.“

„Aoi! Wie schamlos!“

Hyde verstand wieder einmal nur Bahnhof.

„Er hat sein was nicht geputzt?“

Uruha seufzte:

„Naja, das ist eben sein-…“

„Uruha! Das ist was sehr Intimes!“

„Dann hör bitte auf, herumzuposaunen, wie es um deine Intimpflege bestellt ist!“

Selten waren ihm so übellaunige Blumen begegnet.

Reita krabbelte derweil ungeduldig auf Aoi herum.

„Beeil dich gefälligst, ich muss heute noch mehr Besuche machen.“ Auf einmal hielt er inne und musterte Hyde kritisch. „Muss ich dich eigentlich auch bestäuben?“

Irgendetwas in Hyde sagte ihm, dass er besser geschickt vom Thema ablenken sollte.

„Wie wäre es mit noch einem Lied?“, fragte er ungeschickt, doch dich beiden Pflanzen schüttelten synchron ihre Blüten

„Bestäuben ist wichtiger! Immerhin haben wir seit Stunden auf Reita gewartet. Und keiner macht das so gut wie er. Er ist dabei immer so sanft und einfühlsam“, erklärte Aoi und wurde einen Tick röter, während Uruha begeistert nickte.

„Also, was ist jetzt“, kam Reita dann wieder auf das vorige Thema zurück. „Wo hast du denn deine Staubblätter?“

Angestrengt dachte der Sänger nach, scheinbar würde er nicht darum herum kommen. Also musste er sich eine Antwort einfallen lassen.

„Ich glaube, so etwas habe ich nicht.“

„Was?!“ Uruha war sichtlich entsetzt. „Bist du etwa steril?“

„Ich-…“

„Oder bist du auch ein Bestäuber?“

„Also, bis jetzt hab ich nur ein Mal… und das war keine Blume.“

Reita und die beiden Pflanzen stellten mittlerweile alle den selben, angewiderten Gesichtsausdruck zur Schau, wobei sich Uruha wieder einmal zum Sprecher aufschwang.

„Ich gehe also richtig in der Annahme, dass du keinerlei Nutzen hast?“

„Naja, also so würde ich das jetzt nicht-…“

„Ich sehe schon“, nickte Uruha grimmig, „Ein Parasit!“

„Igitt! Geh bloß weg!“

„Denk daran, ich habe einen Stachel… such dir lieber jemand anderen zum Schmarotzen.“

Langsam wurde es wirklich lächerlich, doch auf der anderen Seite war da noch die erwähnte Waffe, die Hyde ziemlich einschüchterte. Außerdem waren diese drei nun wirklich nicht die angenehmsten Zeitgenossen und bei ihren merkwürdigen Aktivitäten, die sie anscheinend geplant hatten, wollte er sie auch nicht unbedingt beobachten. So hob er dann abwehrend die Hände und zog sich, vorsichtig rückwärts gehend, wieder in den Wald zurück.

Magic Mushroom

Kapitel 5: Magic Mushroom
 

Hier war der Wald irgendwie wilder, andererseits glaubte er sich hier ein wenig sicherer vor gewissen Stacheln.

Da bekam der Ausdruck „Ich popp dich bis du blühst“ eine ganz neue Bedeutung. Eine, die er sich lieber nicht vorstellen wollte.

Leider wurde gerade das Bedürfnis nach einer Zigarette immer stärker. Ein Hoch auf die Sucht... aber er würde kaum etwas finden, was er gefahrlos rauchen konnte. Zudem, wie sollte man etwas rauchen, dass einen womöglich auch noch anmaulte, während man sich ein Blatt abriss.

Im Endeffekt war aber auch sein Bedürfnis nach Nikotin zweitrangig. Eigentlich wollte er nur einen Ausweg finden und wieder zurück, um seinen Auftritt hinter sich zu bringen. Wenn er Yoshiki das nächste Mal sah, konnte er ihn immer noch zur Sau machen, dafür, dass er ihn hierher geschleift hatte. Nur wie sollte er einen Weg nach Hause finden? Und wie zum Henker konnte er seine normale Größe zurück bekommen?

Mit einem tiefen Seufzen suchte er sich Durchgänge zwischen den Pflanzen, die weniger eng waren und ihn weniger ins Straucheln brachten. Es kam ihm ewig vor, wie er sich so auf den schmalen Pfaden lief, als plötzlich eine vertraute Stimme seine Aufmerksamkeit auf sich zog:

„Kawaii kimi no mune sono inochi itoshii

Hageshiku setsunaku motomete mitai hageshiku hageshiku motomete

Tsumetaku yasashiku motomete hoshii tsumetaku tsumetaku motomete...“, sang es und Hyde blieb abrupt stehen, als er Tetsu erblickte. Das durfte nicht wahr sein: Da lag sein bester Freund auf einem Pilz mit seinem Bass auf dem Schoß und in Neonorange und Neongrün gekleidet, wie damals bei dem Konzert 1999. Außerdem hatte er ein paar Beine zuviel - mit Plateauschuhen an den Füßen - und sang dieses absolut anstößige Lied von BUCK-TICK. Sowas zu singen war Gackts Job!
 

Andererseits erkannte er noch etwas, das neben Tetsu stand und vielleicht einiges erklärte: eine Wasserfpeife, aus der der Bassist immer mal wieder einen Zug nahm. Seit wann rauchte Tetsu, der sonst immer total dagegen war?

„...itoshii kimi no mune sono inochi nikurashii

hageshiku setsunaku aishitemitai hageshiku hageshiku aishite

tsumetaku yasashiku aishitehoshii yasashiku yasashiku aishite...“

Er schaffte es dabei sogar, wirklich wie eine meckernde Ziege zu klingen. Fasziniert lauschte Hyde, bis er die dunklen Augen des anderen auf sich spürte.

„Nanana, was kann ich denn für Sie tun?“, fragte die gemütliche Stimme schleppend.

„Also Tetsu! Wieso so förmlich?“

„Kenne ich Sie?“

„Natürlich! Aber was tust du hier überhaupt?“

„Chillen!“ Mit diesen Worten blies er etwas von dem Rauch in Hydes Gesicht, der diesmal von pinker Farbe war und angenehm nach Vanille roch. Trotzdem wollte er den jetzt nicht in den Lungen haben, wer wusste schon, wie die Welt dann aussah. Dieses Risiko erschien ihm dann doch zu hoch. Also hustete er und kletterte auf einen Pilz, sodass er mit Tetsu halbwegs auf Augenhöhe war. Der zupfte derweil in aller Ruhe ab und an an seinem Bass und blies verschiedenfarbigen Rauch in die Luft.

Nach einer Weile des Zupfens und gegenseitigen Anschweigens hob Tetsu schließlich den Kopf und meinte gedehnt:

„Sag mal Kumpel, glaubst du, das ist eine Gratisvorstellung?“

„Hä...?“ Hyde sah in etwa so verständnislos drein wie in dem Moment, in dem ihm damals aus dem Hintergrund zugerufen wurde, er solle Megumi nach ihrer Telefonnummer fragen.

Die Raupe rollte daraufhin nur mit den Augen, ehe sie einen ihrer vielen Arme hob und mit dem Finger auf die Brust des Sängers tippte.

„Tu etwas...“

„Und was?“ Noch immer blickte der Sänger nicht ganz durch das durch, was Tetsu ihm versuchte zu sagen.

„Sing etwas für mich.“ Naja, das sollte er doch können. Fragte sich nur was. Er grübelte ein wenig, bis er meinte, das passende Lied gefunden zu haben. Er wollte gerade Luft hohlen, als ihm die Raupe das Mundstück der Wasserpfeife in den Mund steckte. „Nimm einen Zug, dann bist du entspannter.“

An sich wollte er nicht, aber seine Nikotinsucht nahm überhand und so nahm er einen tiefen Zug und spürte, wie sich der Rauch wohlig in seiner Lunge ausbreitete. Das tat einfach nur gut, auch wenn er nun ein wenig den Eindruck hatte, zu schweben. Vielleicht sollte man das Zeug einmal Yoshiki geben, dass er nicht immer so unentspannt war. Mit einem Lächeln auf den Lippen begann er:

„So where do I sail?

A ship losing control

My cries swallowed up, lost in the raging sea...“

„Stop!“, meinte Tetsu und sah ihn aus nur halb geöffneten Augen an. „Das ist viel zu... anspruchslos.“

„Was?“ Aus großen Augen sah er seinen besten Freund an, der gemächlich den Kopf schüttelte. „Wie kannst du das sagen?“ Tränen traten in die Augen des Kleineren.

„Indem ich den Mund aufmache und Luft durch meine Stimmbänder presse.“

„Aber...“

„Nichts aber. Diesem Lied fehlt jeglicher Stil. Nimm noch einen Zug.“ Und wieder musste er an der Wasserpfeiffe ziehen. Hatte er nicht schon Flügel? Mit einem debilen Grinsen sah er der Raupe wieder ins Gesicht, strich sich durch die Haare und machte einen Schritt auf Tetsu zu, nur um sich im nächsten Moment auf dem Boden wieder zu finden. Lachend sah er auf.

„Und wie komm ich heim?“

„Was fragst du mich das? Ich bin nur eine Raupe.“

„Kein Flamingo?“

„Wie kommst du denn... aaa~h“

Aus großen Augen sah er zu, wie Tetsu sich zu winden begann und immer wieder laut stöhnte. Was tat er da nur? Und wieso wollte er da mitmachen? Der Körper des Bassisten wand sich, und weitere Laute verließen die Kehle. Er zuckte und zitterte, bis er sich mit einem lauten Stöhnen... in einen Schmetterling verwandelte. Auch in Neongrün und Neonorange.

„Das war guuhuu~t“, seufzte Tetsu, als er sich in die Lüfte erhob. „Endlich kann ich die Welt von oben sehen.“

„Und ich bin immer noch winzig“, heulte Hyde, der sich irgendwie minderbemittelt vorkam. Immer mehr Tränen quollen aus seinen Augen.

„Iss den magischen Pilz“, lachte Tetsu noch und flatterte von dannen.
 

„Magischer Pilz?“, murmelte Hyde. Das klang doch schon wieder nach Drogen! Und dabei war er erst gerade dabei, sich von den Auswirkungen des bunten Rauchs zu erholen. Nachdenklich betrachtete er das Gewächs, auf dem er eben noch gesessen hatte. Besonders magisch sah dieses Ding eigentlich nicht aus. Aber das hatte der Pfirsich ja schließlich auch nicht getan. So beschloss er, seinem extrem entspannten Freund einfach mal zu glauben und hangelte sich wieder am rauen Stiel des Pilzes hoch.

Sollte er nun einfach den Hut annagen? Nein, so etwas wie Tischmanieren besaß er doch noch, also riss er unter großer Anstrengung zwei Stückchen aus dem zähen Pilz. Herzhaft biss er in eines hinein.

Schon im nächsten Moment prasselten dicke Äste auf seinen Schädel ein und als er die vor Schmerz zusammengekniffenen Augen wieder öffnete, fand er sich mit dem Kopf mitten in einer Baumkrone wieder. Hatte sich denn alles gegen ihn verschworen?

Bevor er jedoch dazu irgendwelche Theorien entwickeln konnte, wurde er durch aufgeregtes Gezeter erschreckt:

„Das gibt es doch nicht! Musst du ausgerechnet in meinen… denk bloß nicht dran, dich zu bewegen!“ Hyde bewegte sich aber doch, er wollte schließlich wissen, wer da etwas zu meckern hatte, und so drehte er sich zu dem Schimpfenden um. Wieder einmal konnte er nur staunen.

Toshi sah ziemlich zerzaust aus, war aber in einen eleganten, roten Frack gekleidet und trug zudem eine überdimensional große, ebenfalls rote Schleife um den Hals. Das Merkwürdigste war jedoch, dass er im Schneidersitz auf einem riesigen, grau marmorierten Ei hockte. Und noch dazu, ziemlich giftig guckte.

„Sag mal, hörst du schlecht? Nicht bewegen hab ich gesagt! Du machst noch mein Ei kaputt!“

„Dein. Ei.“ Hyde war einmal mehr fassungslos. „Seit wann beschäftigst du dich denn eingehender mit Eiern?“

„Seit wann?“ Toshi begann hysterisch zu lachen. „Seit… seit Wochen, Monaten, nein, seit Jahren brüte ich an meinem Forumsei! Und jetzt, wo es fast schlupfreif ist, kommt irgend so ein dahergelaufener Idiot und schmeißt mein Baby fast vom Baum!“

Das musste er sich ja nun wirklich nicht bieten lassen! Am liebsten hätte er dieses blöde Ding jetzt wirklich heruntergeworfen, doch er glaubte nicht, dass er einen wütenden Toshi mit Mutterinstinkt überleben würde. Hoffnungsvoll musterte er die beiden jetzt winzigen Pilzstückchen in seiner Hand. Vielleicht würde ihn das andere ja endlich auf die richtige Größe schrumpfen lassen. Ohne sich zu verabschieden verschlang er das weniger angebissen aussehende Stück und schon schoss ihm der Waldboden entgegen.

„Das gibt es doch nicht!“ Frustriert und wütend versetzte er dem Pilz, der ihn nun wieder um einige Zentimeter überragte, einen Tritt. Zusammen mit dem Schmerz in seinen Zehen durchzuckte ihn aber auch eine Idee. Vielleicht kam es auf die Dosierung an? Zwar war er nie jemand gewesen, der sich beim Essen zurückhielt, doch nun löste er vorsichtig ein winziges Eckchen vom Vergrößerungspilz ab und steckte es in den Mund.

Wieder begann sich der Boden zu entfernen, doch dieses Mal stoppte das Wachstum viel früher und als er seine Umgebung betrachtete, kam er zu dem Schluss, dass er ziemlich genau seine Originalgröße erreicht haben musste. Schade, so ein paar Zentimeter mehr hätten es schon sein dürfen. Auf weitere Experimente wollte er dann aber doch lieber verzichten, denn das Wichtigste war jetzt, zurück ins Studio zu finden. Mittlerweile hatte er allerdings keinerlei Ahnung mehr, wo er sich befand. So stiefelte er auf gut Glück los, in der Hoffnung, jemanden zu finden, der ihm den Weg würde weisen können.
 

~~~*~~~

Anmerkung: das Lied, dass Tetsu singt ist *Kimi no vanilla* von BUCK-TICK

Teeparty

Kapitel 6: Teeparty
 

Wieder hieß es also für Hyde auf gut Glück durch den Wald zu stapfen, um Yoshiki zu finden, der ihm den Rückweg würde weisen können. Hoffte er zumindest.

„Wer hat sich denn den Müll überlegt?“, murmelte er, als er plötzlich vor Dutzenden von Wegweisern stehen blieb, die rein gar nichts aussagten. Irgendwie erinnerte es ihn an Terry Pratchett.

„Schauen sie nach links“, stand auf einem und wenn man dann nach links sah, war da ein Schild, das einen aufforderte, nach Rechts zu schauen. Das war noch mit eines der Harmlosesten. Bei einem, das auf den Boden zeigte und auf dem „Direkter Weg zur Hölle“ stand musste Hyde sogar schmunzeln. Trotzdem half ihm das einfach nicht weiter. Es war zum aus der Haut fahren.

„Wie bitte, soll ich so heim kommen?“, murrte er, ehe er gegen einen der Bäume trat.

„Hey, die haben auch Gefühle“, erklang plötzlich eine fröhliche Stimme über ihm und der Sänger reckte sich, um zu sehen, wer ihn da ansprach.

„Ga-chan?“, fragte er irritiert, als er das gelbrote Katzenkostüm sah, doch Gelächter antwortete ihm. Die Maske wurde abgenommen und er starrte in Kais Gesicht, das ein riesiges Grinsen zierte.

„Falsch geraten! Du hast noch einen Versuch“, lachte der Schlagzeuger.

„Kai? Was machst du in Ga-chans Kostüm? Willst du darin U+K tanzen?“

„Kostüm?“

„Das Katzending...“

„Das ist doch kein Kostüm! So laufe ich immer rum.“ Wieder dieses umwerfende Lächeln, das sein Hirn ein wenig leer fegte. „Ich bin doch eine Katze.“

Hydes Augenbrauen zuckten ein wenig. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Eigentlich wusste er gar nichts mehr, außer dass er nach Hause wollte.

„Kai, hast du zufälligerweise Yoshiki gesehen?“

„Nein. Aber wenn du ihn suchst, versuch es mal auf der Teeparty bei den verrückten Hutmachern.“

Dass der Großteil der Menschheit inzwischen wohl verrückt geworden war, überraschte ihn nach seinen bisherigen Erlebnissen nicht mehr, und so fragte er nur nach einer Wegbeschreibung.

„Erst mal in die Richtung.“ Kai hob etwas unbeholfen die Plüschpfote und deutete auf einen Hohlweg. „Und dann immer der Nase nach.“ Mit einem erneuten Grinsen und einem leisen „Plopp“ verschwand er daraufhin. Eine Fähigkeit, die Hyde in so mancher Situation auch gerne besessen hätte.
 

Jetzt aber rümpfte er nur die Nase und murmelte etwas mürrisch vor sich hin:

„Immer der Nase nach, was soll ich denn bitte damit anfangen?“ Verdrießlich setzte er sich in Bewegung und zockelte den Weg hinunter.

Schon nach kurzer Zeit wurde ihm klar, dass Kais Anweisung vielleicht doch nicht so nutzlos gewesen war.

„Meine Güte, wie kann man eine solche Fahne haben?“ Etwas angeekelt wedelte er sich vor der Nase herum, was allerdings auch nicht besonders viel half.

Aber zumindest hatte er nun einen geruchlichen Wegweiser, dem er lautstark schnüffelnd folgte. Sein Riechorgan führte ihn schließlich aus dem Wald heraus, zu einem etwas heruntergekommenen, schindelbedeckten Haus mit umzäuntem Garten. Aus diesem drangen laustarker Gesang, aber auch seltsames Gekicher und hin und wieder markerschütterndes Gebrüll, sodass Hyde zögerte, das Gartentor zu öffnen und erst einmal vorsichtig lauschend die Hand auf der Klinke liegen ließ.

Letzten Endes kam er jedoch zu den Schluss, dass dort wahrscheinlich gerade doch kein Massaker stattfand, und wagte sich in den ziemlich verwilderten Garten. Er musste sich durch viel Gestrüpp und anhängliche Brombeerbüsche kämpfen, bis er schließlich an einem Tisch ankam, um den eine ganze Menge von Stühlen gruppiert war, die überhaupt nicht zusammenpassen wollten. Erschöpft ließ er sich einfach in einen eiförmigen Sessel plumpsen und schloss die Augen. Mit seinem Auftreten waren die Stimmen verstummt, doch der Frieden währte nicht lange.

„Buh!“

Erschrocken fuhr er zusammen und sah sich hektisch um. Er saß am Kopfende des großen Holztisches, zu seiner Linken, an einer der langen Seiten, saßen Ruki, im roten Anzug und mit Zylinder, und Kyo, der die gleiche Kleidung in einem leuchtenden Türkis trug, dicht beisammen und beugten sich mit wölfischem Grinsen in seine Richtung. Ihnen gegenüber saß Toshiya, dessen Haupt ein paar Hasenohren aus schwarzem Plüsch zierten und der ihn begeistert angrinste.

„Das war jetzt schon…“

„…Nummer 10 001.“, beendete Kyo Rukis Satz, während Toshiya begeistert applaudierte.

„Ich bin eine Nummer?“

„Nummer 10 001…“

„..unserer Opfer.“

„Wollt ihr ihm darauf nüsch einen au… ausgeben?“ Er jetzt entdeckte Hyde die vierte Person, die sich am Tisch befand. Pata war aber auch leicht zu übersehen, denn er hing in ziemlich winziger Form, alle Viere von sich gestreckt, über einer getigerten - diesmal echten - Katze und schlürfte durch einen langen Strohhalm eine Flüssigkeit aus einer Porzellantasse auf dem Tisch.

„Also, dagegen hätte ich nichts einzuwenden.“ Schließlich hatte er seit dem Verkleinerungstrank bei der Türklinke nichts mehr getrunken!

„Fein!“, meinte Kyo „Also, wir hätten da Tee mit Rum, Rum mit Tee…“

„…Tee mit Rum und Honig, Honig mit Rum, Rum mit Tee und Rum…“

„… Rum mit Honig und Rum; Rum mit Tee, Honig und Rum….“

„…. Tee mit Rum, Rum Honig und Rum; sowie Rum mit Tee, Rum, Honig, Rum und Rum.“

„Ähm… habt ihr nichts ohne Rum?“ fragte Hyde und setzte, als ihm einfiel, dass dieser ja von Bienen produziert wurde, hinzu: „Und ohne Honig? Tee vielleicht?“

„Tee haben wir leider nicht.“, sagte Ruki und grinste ungeniert. „Wir haben nur Tee mit Rum, Rum mit Tee…“

„Jaja, ich hab‘s verstanden!“, wurde er hastig unterbrochen. Alkohol stillte nicht wirklich den Durst, außerdem wollte er später nicht ganz so herumhängen wie Pata jetzt, also musste er sich etwas überlegen, wie er darum herum kommen konnte, etwas trinken zu müssen. Zusätzlich spürte er auch immer noch die Nachwehen von der Wasserpfeife.

Er sollte wohl lieber von den Getränken ablenken.

„Gibt es eigentlich einen speziellen Anlass für die Party?“

„Natürlich.“ Das gruselige Grinsen schien in Kyos Gesicht festzementiert zu sein. „Das 10 000ste Opfer,…“

„…sagte ich doch vorhin schon.“

„Opfer?“, murmelte Hyde irritiert.

„Denk dir nichts dabei.“ Toshiya war näher an ihn herangerückt und hatte eine verschwörerische Miene aufgesetzt. „Bei seiner Behinderung findet er einfach keinen richtigen Job, deshalb vertreibt er sich jetzt die Zeit damit, irgendwelche Leute zu erschrecken. Nicht sehr sinnvoll, aber immerhin gibt er deshalb regelmäßig einen aus, wenn er irgendein Jubiläum zu feiern hat. Was glaubst du, was beim 666sten Erschreckten los war?“

Das wollte er sich eigentlich gar nicht vorstellen, außerdem hatte er noch immer nicht alles verstanden.

„Welcher von Beiden? Kyo? Und was für eine Behinderung?“ Wenn damit die Körpergröße gemeint war, so hatte er in diesem Moment beschlossen, würde er Toshiya mit seinen Ohren strangulieren.

„Der Hutmacher leidet unter inverser Persönlichkeitsspaltung.“

„Bitte was?“

„Naja…das sind zwar zwei,“, er deutete auf Kyo und Ruki, „die müssen sich aber leider eine Persönlichkeit teilen.“

„Ahja.“ Er hatte immer weniger Lust auf den ganzen Schwachsinn, der ihm hier erzählt wurde. „Und du bist ein notorischer Lügner, oder?“

„Was?“ Der andere war sichtlich empört. „Nein, ich bin das März-Playmate!“

Kopfschüttelnd musterte ihn der Kleinere und schwor sich, niemals auch nur einen Blick in den Playboy zu werfen. Leider waren die Bilder, die sein Kopf gerade produzierte auch nicht viel besser. Er musste seine Gedanken ablenken, auf irgendetwas anderes konzentrieren.

„Ruki, wieso rennt dein Leader im Katzenkostüm rum? Ich dachte, nur meiner hat einen Tick was bescheuerte Klamotten angeht.“

Die rote Hälfte des Hutmachers schien sich nicht angesprochen zu fühlen, jemand anderes dafür um so mehr.

„Katschenkoschtüm?“ Pata hatte den Kopf gehoben und blinzelte ihn unter schweren Augenlidern heraus an. „Wer träscht ein Katschenkoschtüm?“

„Kai. Der meinte auch, dass ihr vielleicht wüsstet, wo ich Yoshiki finden kann.“

Pata ging nicht darauf ein, ließ sich jedoch von der Katze rutschen und torkelte über den Tisch auf Hyde zu, wobei er mit sichtlicher Anstrengung seine Tasse hinter sich herschleifte. Bei dem Sänger angekommen, ließ er sich wieder auf den Tisch plumpsen.

„Mein Freund, ertschähl mir von dieschem Kai. Aber vorher, nimm erschtmal nen Schluck.“ Damit stopfte er Hyde seinen Strohhalm in den Mund, was beim dritten Versuch auch wirklich gelang.

Zweifelnd betrachtete dieser das bräunliche Gesöff, gab dann jedoch Patas treudoofem Blick nach und nahm einen kräftigen Zug durch dem Halm. Hoffentlich war der andere nicht durch sein Getränk so klein geworden. Es schmeckte gar nicht so schlecht wie erwartet, doch dann begann sich Pata auf einmal zu vervierfachen und wilde Kreise um ihn zu drehen. Entsetzt krallte Hyde sich um die Tischkante, bevor er aufsprang und zu dem Gebüsch zurückstürzte, um sich nicht direkt auf den Tisch übergeben zu müssen.

Drogenrausch

Kapitel 7: Drogenrausch
 

„Lebt er...“

„... noch?“, fragten Kyo und Ruki hinter ihm, während Hyde nur auf dem Boden lag und versuchte, diesen festzuhalten. Es sollte endlich aufhören sich zu drehen!

„Zumindest atmet er noch“, stellte Toshiya gerade fest, warf sich den Sänger über die Schulter und platzierte ihn wieder auf seinem Stuhl. „Patas Zeug ist schwer zu vertragen.“

Hyde nickte nur erschöpft. Er wusste nichts zu antworten. Noch immer fuhr die Welt Karussell mit ihm.

„Ich komm zufucking spät!“, meckerte es plötzlich von der Gartentür her und ein aufgescheuchter Yoshiki wuselte in den Garten.

„Nicht so schnell“, lallte Hyde, der versuchte, aus den vielen Schlagzeugern einen zu machen. So ganz gelang ihm das nicht.

„Wieso kommst du zu spät?“ Toshiya sah von Hyde auf.

„Die Königin erwartet mich!“ Bei diesen Worten rannte er um den Tisch, schien irgendwas zu suchen. „Ich brauche mein Horn!“

„Horn? Wer hat dich denn gehörnt?“, lachte Hyde völlig dicht und stellte sich Yoshiki mit zwei Steinbockhörnern auf dem Kopf vor, was ihn dezent kichern ließ.

„Niemand hat mir Hörner aufgesetzt!“, beschwerte sich der Komponist und schüttelte verärgert den Kopf, bis er erschrocken aufquietschte. Ruki hatte ihm den Katzenwecker aus der Hand gerissen und besah ihn sich jetzt mit Kyo zusammen genauer.

„Stimmt... kann ja auch keiner... so chronisch, wie du untervögelt bist, hast du sicherlich keine Beziehung“, stellte Hyde fest und lachte noch mehr, besonders, als der Ältere ihn mit Blicken schier zu erdolchen versuchte.

„Du kommst...“

„... bestimmt nicht zu spät. Denn,...“

„... der Wecker ist defekt. Wir sollten...“

„... ihn reparieren.“

Kyo öffnete einfach die Klappe und begann fröhlich diverse Zahnräder und Drehdinger – Hyde wusste nicht mehr, wie diese seltsam aufgerollten Drähte hießen – aus dem Gehäuse zu rupfen. Yoshikis aufgelöstes Wimmern überhörte er.

„Das hier...“

„... wirkt viel besser“, stellten die zwei fest und Ruki begann Rum in den Wecker zu kippen.

„Aber...“ Wie ein kleines Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug kaputt in die Hand gedrückt hatte, starrte Yoshiki auf seinen Wecker. Tränen sammelten sich in seinen Augen.

„Wie konntet ihr nur! Die arme Katze!“, fauchte Pata, der sich mit einem Schraubenzieher bewaffnet auf die Uhr stürzen wollte. Doch bevor er sie erreichen konnte, drehte sein Leader sich um und rannte plärrend aus dem Garten. Pata, der zu einem beherzten Sprung angesetzt hatte, drohte daraufhin auf dem Boden zu zerschellen, konnte von seiner Katze aber gerade noch so in der Luft aufgefangen werden, sodass er weich landete. Mit einem Seufzen kuschelte er sich in das weiche Fell und dämmerte selig weg.

Hyde hielt sich den Bauch vor Lachen und so langsam begann dieser zu schmerzen. Tränen kullerten aus seinen Augen und er jappste immer wieder nach Luft.

„Vielleicht sollten...“

„... wir ihm helfen.“

Damit hatte Ruki ihn an den Schultern gepackt und Kyo begann ihm mehr von dem Zeug einzuflößen, das sie auch in die Uhr gekippt hatten. Um nicht daran zu ersticken stellte er das Lachen ein und schluckte artig.

Es dauerte nicht lange und er spürte wieder diesen unsagbaren Reiz, das nächste Gebüsch heimzusuchen. Vor lauter Panik riss er sich los und stolperte aus dem Garten direkt in den Wald hinein, um sich erstmal lautstark zu übergeben.
 

Der Boden rollte sich ihm entgegen, drehte sich unter seinen Füßen und brachte ihn dazu Pirouetten zu machen, mit dem Bein sogar elegant zur Seite gestreckt. Er hatte das Gefühl, Flügel zu haben und sich durch Watte zu bewegen. Alles war so herrlich hell, bunt und fröhlich.

Ab und an konnte er die Tiere des Waldes sehen, die ihn neugierig beäugten, während er an ihnen vorbeitanzte, wie die Prinzessin im Nussknacker.

Eine regenbogenfarbene Schildkröte flog an ihm vorbei, deren Geruch seine Nase zum Zucken brachte. Sie schmeckte grün.

Mit einem debilen Grinsen sah Hyde ihr nach und flatterte ein wenig um sie herum, bis sie mit einem beleidigten Pfeifen hoch in die Wolken glitt. Hoch und immer höher, sodass er ihr nicht länger folgen konnte. Das war zwar bedauerlich, aber eigentlich nicht wichtig. Beschwingt schwang er sich auf den nächsten Baum, angelte sich eine Liane und zischte daran – laut brüllend – auf die andere Seite. Einen Baum zu umarmen war vielleicht nicht ganz so angenehm, aber in seinem momentanen Zustand merkte er das nicht. Noch immer lachend ließ er sich auf den Boden gleiten und schaute der Sonne dabei zu, wie sie durch die Blätter hindurch eine pinke Farbe annahm und ihn dann freundlich anlächelte, ehe sie sich über ihn erbrach.

Kreischend rollte er sich zur Seite, sah, wie die Wurzeln auf ihn zukrochen. Panisch sprang er auf, versuchte den Bäumen, die mit ihren Ästen nach ihm griffen, zu entgehen, versuchte irgendwie einen Weg zu finden, der ihm einen Ausgang aus diesem Wald wies.

Sein Herz blieb fast stehen, als sich ihm etwas Überdimensionales in den Weg stellte. Aus großen, leuchtend roten Augen sah es ihn an, Speichel lief aus seinem Mundwinkel und die riesigen Zähne sahen ungemein bedrohlich aus.

„Kuscheln!“, brüllte das Häschen und sprang auf seinen Arm.
 

Mit Tränen in den Augen setzte Hyde sich ruckartig auf und starrte in Kais breites Grinsen. Das Häschen hatte er noch immer im Arm und kraulte ihm den Nacken.

„Na, Haido“, wurde er begrüßt. „Was machst du denn hier so alleine im Wald?“

„Meine Großmutter ist krank, und ich soll ihr Kuchen vorbei bringen.“

„Ist das nicht der falsche Text?“

„Auch wieder wahr... ich habe mich verlaufen und suche einen Weg nach Hause.“

„Na, das klingt doch schon besser. Wo ist Yoshiki?“

„Der sitzt noch bei der Hexe im Ofen.“

„Ah gut, dann ist er ja in Sicherheit. An ihm ist so wenig dran, das will eh keiner essen.“ Kai streckte sich genüsslich und schnurrte ein wenig. „Und wo willst du jetzt hin?“

„Nach Hause! Aber ich finde keinen Weg.“ Wieder tropften ein paar Tränen aus seinen Augen auf das Kaninchen, das nun erschrocken weghoppelte. Kais grüne Augen verfolgten es interessiert.

„Kommt wieder her“, wies er sie an, trotzdem wirkten die Augäpfel etwas enttäuscht, als sie in die Höhlen zurückschlüpften. Sie brauchten ein wenig, bis sie sich wieder auf ihn fixiert hatten. „Also...“

Wieso fingen sie jetzt an sich so seltsam zu drehen?

„Hör... auf mich...“, sang Kai plötzlich „... vertraue mir... Augen zu...“

„Kai...“

„Ja...?“

„Du bist eine Katze, keine Schlange.“

„Oh, das ist mir gerade entfallen. Entschuldige. Soll ich mich in einen lila Drachen verwandeln?“

„Das wäre gegen die Regeln.“

„Ich dachte, die schließen nur rosa Drachen aus.“ Kai war sichtlich betrübt darüber, akzeptierte aber, dass er sich nicht transformieren durfte. „Zurück zum Thema: Du suchst also einen Weg.“

„Ja, meinen Weg nach Hause.“

Weise nickte der Schlagzeuger.

„Da liegt genau das Problem“, diagnostizierte er und grinste wieder einmal bei Hydes verdattertem Blick. „Hier gibt es keinen Weg, der dein ist. Alle Wege gehören der Königin.“

„Aha...?“

„Also musst du zu ihr und sie bitten, dich einen ihrer Wege nutzen zu lassen.“

„Und wo finde ich die Königin?“

„In ihrem Schloss.“

„Hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen?“

„So in etwa.“

„Und wie lange werde ich brauchen, um dahin zu gelangen?“

„Tausend und eine Nacht.“

„Na toll... geht das nicht auch schneller?“

Hyde fand dieses Gespräch irgendwie irreal.

„Du kannst den direkten Weg nehmen.“

Um zu demonstrieren, was Kai meinte trat er auf einen der umstehenden Bäume zu, und klopfte einmal an. Als keine Reaktion kam, trat er einmal kräftig gegen die Rinde und mit einem lauten „Plopp“ öffnete sich eine Tür, die den Blick auf einen dahinter liegenden Rosengarten offenbarte, an dessen Horizont ein Schloss zu sehen war.

„Danke...“

„Nichts zu danken, ich wünsche dir viel Spaß. Wir sehen uns sicherlich wieder.“

Ohne sich noch einmal umzudrehen huschte Hyde durch die Tür, die hinter ihm wieder verschwand.

Sport ist Mord

Wir würden uns schon über Kommentare freuen.
 

Kapitel 8: Sport ist Mord
 

Der Boden unter seinen Füßen fühlte sich schon viel fester an, als er die sorgsam gestutzte Rasenfläche betrat, auf der die Buchsbaumhecken und Rosenbüsche geometrisch arrangiert waren. Hyde kniff die Augen zusammen und schirmte sie mit der Hand gegen die Sonne ab, um das in einiger Entfernung liegende Schloss besser erkennen zu können. War er jetzt total verrückt geworden, oder sah das Gebäude aus wie ein riesiger…?

Fröhliches Pfeifen, welches hinter einer Hecke hervordrang, ließ ihn seine Aufmerksamkeit von dem Turm abwenden. Neugierig umrundete er das Gebüsch und traf auf der anderen Seite auch prompt auf den Urheber der Flöterei.

Die saß im Schneidersitz vor einem Rosenstöckchen und schien intensiv mit einer der Blüten beschäftigt zu sein. Seltsam, Hyde war sich sicher, dass der andere vorhin keine roten Haare gehabt hatte.

„Was machst du denn da?“, fragte er interessiert und ging neben Die in die Hocke. So konnte er erkennen, dass dieser ein Fläschchen Nagellack in der Hand hielt, und mit dem kleinen Pinsel nach und nach die Blütenblätter in leuchtendem Rot anmalte. Das sah doch verdächtig nach Beschäftigungstherapie aus.

„Sag mal, hat das irgendeinen tieferen Sinn?“

Der Angesprochene zuckte erschrocken zusammen, hörte auf zu pfeifen und fuhr ihn an:

„Was schleichen Sie sich so an?! Mist, jetzt hab ich auf die Blätter getropft! Wenn sie das sieht…“

„Wer was sieht?“

„Na, die Königin! Die wollte nen Tapetenwechsel im Garten und… ohje, ich sollte ja noch die Leichen aus den Brunnen entfernen.“

„Die…Leichen?“ Er musste schlucken. Langsam wurde das doch ziemlich unheimlich. Er spielte schon mit dem Gedanken, das mit der Königin lieber sein zu lassen und sich dafür bei Yoshiki häuslich einzurichten, als auf einmal zwei Menschen mit wichtigen Mienen auf sie zu kamen.
 

Sugizo und Heath waren beide sehr merkwürdig gekleidet, in etwas, dass auf Hyde wie eine Mischung aus Star Trek Uniform und den knallbunten Aufzügen der Schweizer Garde wirkte.

„Oh nein!“, hörte er Die neben sich keuchen. „Die tägliche Parade geht schon los! Und ich bin doch noch gar nicht fertig!“

In diesem Moment hielten die beiden Uniformierten an und Sugizo ließ einen bellenden Befehl ertönen. Daraufhin marschierte eine ganze Horde von Menschen im Gleichschritt auf Sugizo und Heath zu und somit auch auf Hyde und Die, die sich mehr schlecht als recht hinter dem Rosenstämmchen versteckt hatten. Mit Skepsis betrachtete der Sänger das ebenfalls seltsam uniformierte Heer. Wer hatte nur einen so schlechten Modegeschmack? Waren das wirklich Cowboyhüte?

Einen Großteil der Leute, die dort auf ihn zu exerzierten, kannte er nicht, dennoch meinte er, einige ehemalige Mitglieder von Luna Sea erkennen zu können, dieses eine Pärchen samt pinkhaarigem Therapeuten, die heute extrem gewöhnungsbedürftig gekleideten Musiker von Nightmare, sowie eine ihm seltsam bekannt vorkommende, schwarzgekleidete Gestalt, die extrem missmutig dreinblickte.
 

Wie auf Kommando kam die militärische Parade vor Sugizo und Heath zum Stehen, als auch schon jemand auftauchte, auf den Hyde mittlerweile gar nicht mehr gut zu sprechen war. Er war schließlich Schuld an dieser Misere! Trotzdem erfüllte es ihn mit diebischer Freude, dass er offenbar schneller als Yoshiki an dessen Ziel angekommen war. Dieser wirkte noch sichtlich gehetzt, tupfte sich mit einem weißen Tüchlein den Schweiß ab, zog dann Stück für Stück ein riesiges Horn aus der Hosentasche und ließ eine halbstündige Alphornfanfare ertönen. Nachdem er seine Improvisation beendet, das Ohrenklingeln bei allen Anwesenden etwas nachgelassen hatte und alle wieder aufgewacht waren, rief er seine Ankündigung aus:

„Ihre Majestät, die Königin, hat das Gebäude verlassen. Achja, und der König kommt übrigens auch mit.“

Und schon tauchte jemand am Ende der aus seinen Untertanen gebildeten Gasse auf. Die Person war in ein hautenges Etwas aus hellem, glänzenden Stoff gehüllt, das im Schritt mit einem leuchtend roten Herz verziert war, trug dazu ein lächerlich kurzes Rüschenjäckchen und ein etwas schief sitzendes Krönchen auf dem Kopf.

Hyde blieb einen Augenblick der Mund offen stehen, dann sprang er aus seiner Deckung hervor und jodelte los:

„Ga-chan! Was machst du denn hier? Und wie siehst du überhaupt aus?!“

Gackt, oder viel mehr die Königin, wandte ihm den Kopf zu und musterte ihn ernst.

„Ein Gnom. Wie niedlich. Und wie nennt er mich?“

Währenddessen war auch der König aufgetaucht, dessen Schritttempo von der Geschwindigkeit seines winzigen Hündchens doch sehr eingeschränkt wurde. Ansonsten hatte man den femininen Schlagzeuger in einen viel zu großen Mantel gesteckt, der um seine schmale Gestalt schlackerte und die weiten Pluderhosen sahen eindeutig lächerlich aus.

Was jedoch irgendwie verunsichernder war, war das Hündchen, das gerade zu den Rosen ging und sich davor setzen wollte um sein Geschäft zu erledigen.

„Shinya! Halte Miyu sofort...“ Ohne weiter auf den König zu achten, war Gackt zu den Rosen gestürmt und besah sie sich kritisch.

„Diese Blüte…weiße Flecken. Und… ein roter Klecks auf dem Laubblatt.“ Seine Augen wurden gefährlich schmal. „Wer hat das zu verantworten?!“

Die roten Haare hätten Die vielleicht vor einem flüchtigen Blick verborgen, doch Gackts prüfender Musterung entging er nicht.

„Aha! Wache, man ergreife ihn!“ Er zeigte er auf den zusammengekauerten Rothaarigen.

Heath und Sugizo standen jedoch nur da und kratzten sich am Kopf, bis Heath zögerlich fragte:

„Den Busch?“

„Nein, nicht den Busch, sondern das Gekröse dahinter!“ Gackt war sichtlich erzürnt über sein unfähiges und überbezahltes Personal.

„Er verdient eine gerechte Strafe“, stellte er fest, als die beiden Wachen Die aus der Hecke gepflückt hatten, „Ertränkt ihn im königlichen Bierfass.“

Als er weggezerrt wurde, schlug der Bedienstete noch ein wenig um sich, fügte sich dann jedoch mit einem „Mhm, Bier“ in sein Schicksal.
 

Doch Gackt schien noch Angestellte mit etwas mehr Geschick und Diensteifer zu besitzen, denn gerade kam eine junge Frau mit manischem Grinsen und einem etwas sperrigen Handrasenmäher herangehoppelt und fragte aufgeregt:

„Eure Majestät! Soll ich den Busch für euch mähen? Darf ich euch bitte den Busch mähen?“

Die Hoheit guckte erst überrascht, dann misstrauisch und lächelte schließlich selbstzufrieden.

„Tue sie das. Den dort drüben.“

Unter fröhlichem Geträller wurde daraufhin die Pflanze niedergemetzelt.

Unterdessen wandte Gackt seine Aufmerksamkeit wieder Hyde zu:

„Kann er Polo?“

„Was?“

„Ich wiederhole mich nicht. Bringt Pferde, mir und meinem Gast verlangt es nach Polo.“

„Aber…Nein, ich…“

„Widerspreche er nicht. Er wird jetzt gegen mich Polo spielen.“

Ehe er sich versah, stand Hyde vor einem dieser für seinen Geschmack viel zu groß geratenen Tiere und sah sich vor seinem inneren Auge schon zermatscht und mit Hufabdrücken auf dem Rücken im Rasen kleben. Wenn er es vorher überhaupt auf den Rücken dieses Viehs schaffte.

Doch schon packten ihn hilfreiche Hände an Hintern und Oberschenkeln, um ihn dann aufs Pferd zu hieven, wo er sich erst in eine sitzende Position strampeln musste. Das war eigentlich recht bequem, vielleicht würde es ja gar nicht so schlimm werden.

Diese Einschätzung änderte sich aber schlagartig, als ein Startsignal ertönte und das Tier sich in Bewegung setzte. Immer wieder machte sein Allerwertester schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Sattel und er musste sich krampfhaft festkrallen, um nicht sofort vom Pferd zu rutschen. Die Königin hämmerte unterdessen mit diebischer Freude auf den Ball ein, während ihr Pferd auf Hydes Tor zu galoppierte. Bis dieser sich wieder einigermaßen auf seinem Reittier gefangen hatte, hatte ihre Majestät schon 4 Bälle hineingezimmert, wobei jeder Treffer sowohl von den Umstehenden als auch von Gackt selbst frenetisch gefeiert wurde. Jetzt, wo er sich endlich auf das Spiel konzentrieren konnte, fiel Hyde auch dessen seltsamer Schläger auf. Der hatte doch tatsächlich die Form eines Flamingos! Gackts Geschmack wurde in letzter Zeit wirklich immer merkwürdiger.

Doch als er nun schließlich seinen Schläger in die Hand gedrückt bekam, fielen ihm wirklich fast die Augen aus dem Kopf. Der bewegte sich ja! Das Federvieh flatterte wie wild und versuchte sogar, mit seinem gekrümmten Zinken nach ihm zu hacken. Auf einigen Gesichtern im Publikum zeigte sich sichtliche Belustigung, Hyde war allerdings so gar nicht nach Lachen zu Mute. Wie sollte er das widerspenstige Ding nur unter Kontrolle bringen, nicht vom Pferd fallen und gleichzeitig auch noch den Ball treffen?

Gackt schien das Spiel ohne Gegner inzwischen zu langweilen, denn er hatte sein Pferd gezügelt und rief mit säuerlicher Miene herüber:

„Ich habe ihm befohlen, dass er Polo spiele! Was spielet er nicht?!“

„Ich versuch’s ja! Aber dieser Schläger…“

„Hat er etwas gegen meine königlichen Schläger einzuwenden?!“, empörte sich Gackt, während Hyde noch immer mit dem Tier kämpfte.

„Rubbel mal am Schnabel“, raunte ihm auf einmal Sugizo von der Seite zu, „Dann wird er steif.“

Der Sänger sah ihn etwas peinlich berührt an, begann dann jedoch mit hochrotem Kopf an dem Flamingo zu rubbeln, woraufhin dieser tatsächlich erstarrte.

Wieso er ausgerechnet jetzt an die Gerüchte über Gackts NasenOP denken musste, wusste er nicht so recht, aber er konnte den Gedanken recht schnell abschütteln. So gab er seinem Pferd die Sporen, das sogar recht willig antrabte und versuchte, den Ball zu erhaschen. Der wich ihm wohl gerade einfach so aus, was den Kleinen regelrecht empörte. Mit vor Wut aufgeblähten Wangen riss er sein Pferd herum und versuchte erneut an den Ball zu kommen.

Dies gelang ihm jetzt tatsächlich, doch er war kaum drei Meter weit gekommen, als Gackt ihm den Ball auch schon wieder abgejagt hatte und aufs Tor zu preschte.

Doch mittlerweile hatte Hyde der Ehrgeiz gepackt und so schaffte er es, den anderen zu überholen und sich vor dem Tor aufzubauen, bevor dieser zum Zielschuss ansetzte. Leider war er etwas zu gut positioniert.

Der Ball flog hoch in die Luft, traf ihn hart an der Schulter und rollte dann aus dem Spielfeld.
 

Wutentbrannt schleuderte Gackt seinen bemitleidenswerten Flamingo hinterher.

„Was fällt ihm ein“, geiferte er, „Einfach in meinen Ball zu springen?!“

„Aber die Regeln…“

„Die Regeln mache ich! Basta! Und ich verlange Wiedergutmachung! Ab mit dem Kopf!“

„Ach, Liebes?“

„Was?!“ Gackt fuhr herum und blaffte seinen Gatten an, der sich und sein fiependes Anhängsel während des Spiels lieber in Sicherheit gebracht hatte.

„Können wir ihm nicht erst einen Prozess machen?“

„Wozu das denn?“

„Naja, Menschenrechte und…“

„Schwachsinn. Du willst doch nur wieder mit deinen Hämmerchen rumklopfen!“

„Ich klopfe eben gern auf Sachen rum…“, murmelte Shinya kleinlaut und rückte nervös seine Krone zurecht.

„Das kostet alles viel zu viel Zeit! Ich will aber jetzt Genugtuung!“

„Ach bitte, können wir nicht? Dann zieh ich auch für dich wieder diese Ringelleggins an…“

„Na gut.“, knurrte Gackt. „Wachen! Nehmt den Wüstling in Gewahrsam! Wir machen ihm einen Prozess!“

Hyde protestierte zwar, als er von Heath und Sugizo bei den Schultern gepackt wurde, doch es half alles nichts. Erbarmungslos wurde er Richtung Schloss geschleift, während die mordlüsterne Menschenmenge folgte.

Kapitel 9:
 

Der Saal, in den er geführt wurde hatte verdächtige Ähnlichkeit mit dem Toyko Dome und es wunderte ihn nicht mehr, als plötzlich ein paar Körbe von der Decke fielen, in denen Bananen waren. Scheinbar war das Gerichtsgebäude außerhalb des Turmes, in dem Ga-chan wohnte, denn den konnte er aus einem der riesigen Fenster erkennen, die hinter der Bühne, beziehungsweise dem Richterpult zu sehen waren. Von hier aus wirkte die Kuppel auf der oberen Spitze noch mehr wie ein... Pilz.

Für Gackt stand seine Schrankcouch da und Shinya hatte hinter einem Drumset Platz genommen, auch wenn seine „Königin“ noch fehlte.

Yoshiki hatte etwas seitlich als Chronist platz genommen und packte wieder einmal sein Horn aus.

„Die Geschworenen.“

Auf diese Ankündigung hin betraten Ju-ken, Jun-ji, Chachamaru und YOU den Raum um sich am Rand auf eine Bierzeltgarnitur zu setzen. Allesamt trugen sie dazu bayrische Lederhosen, beziehungsweise alle außer Chacha: der trug doch tatsächlich ein Dirndl. Gut, er schaffte es nicht, es obenherum auszufüllen, trotzdem stand es ihm, zusammen mit der Hochsteckfrisur und den eingeflochtenen Gänseblümchen erschreckend gut.

Wo sollte das nur hinführen?

Er wollte doch nur noch nach Hause! Das würde Gackt aber wohl kaum zulassen, so gehässig wie er gerade grinste, als er den Raum betrat. Hyde fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er den anderen sah, der sich jetzt scheinbar extra noch einmal umgezogen hatte. Er trug jetzt keine Jacke mehr, dafür klebte über jeder Brustwarze ein rotes Herz und den Schritt verdeckte nun ein echter String in Herzform. Nur wieso er dazu rote Overkneestiefel trug verstand Hyde nicht so ganz, wollte es auch nicht verstehen, genauso wenig wie die roten Straußenfedern, die in seine Haare geflochten waren.

„Nun denn, Wir können beginnen.“

Die darauffolgende Stille wurde von Shinya durchbrochen, der geräuschvoll auf sein Drumset einhämmerte und dann verlauten ließ:

„Ich möchte um Ruhe bitten!"

"Mein Kopf....", jammerte es plötzlich von der anderen Seite und überrascht drehte sich Hyde nach hinten, wo er Pata erkannte, der sich an seiner Katze festklammerte. Alles warf ihm irritierte Blicke zu, doch keiner kommentierte Patas Zustand.

„So, mögen die Zeugen nun sprechen. Kaoru sei dran.“

Da hatten sie wohl die gesamte Tür ausgehängt, und Heath und Sugizo durften sie jetzt gegen den schmalen Stuhl lehnen, der etwas unterhalb des Sofas stand. Mit einem britischen Blick sah Kaoru sich um, sodass Hyde den Eindruck hatte, dass nur noch das Riechsalz und der Tee fehlten. Er wollte wohl sogar etwas sagen, doch warf er ersteinmal Gackt einen fragenden Blick zu, der ihm mit einem äußert schwulen Handwedeln zu verstehen gab, dass er anfangen dürfe.

„Er wollte in mich eindringen! Einfach so! Dabei war er da sogar noch viel zu groß“, jammerte der Türknauf mitleidheischend.

„Aha, er hat sich also der Belästigung schuldig gemacht“, stellte Gackt grinsend fest, ehe er sich an seine Supportband wandte: „Merkt euch das!“

Hyde wollte schon empört protestieren, doch ein erneuter Trommelwirbel seitens Shinya stoppten ihn. Außerdem sah es etwas merkwürdig aus, wie Yoshiki gerade unheimlich schnell kritzelte, ehe er aufsprang und dann selbst zu dem Stuhl peste. Sugizo und Heath schafften es gerade so noch die Tür von dannen zu schleppen. Wieso trugen die beiden eigentlich plötzlich Strapse? Hyde war verwirrt.
 

„Also, möge nun mein hoheitlicher Hornbläser sprechen. Was hat er zu berichten?“

Mit einem schüchternen Lächeln räusperte dieser sich, ehe er mit seiner Aussage begann.

„Er hat seine Arbeit nicht verrichtet! Und er war ein Riese, der mein Haus demoliert hat!“ Oh weh, da blitze aber die Wut in Yoshikis Augen kurz auf. Aber immerhin hatte er noch nicht angefangen 'Fuck' zu brüllen. So schlimm konnte es also nicht sein. Außer natürlich er traute sich das nicht vor Gackt, aber der neigte ja selbst auch zum Fluchen, wie Hyde sehr genau wusste. In diesem Moment nickte aber Gackt nur verstehen und wandte sich dann wieder seiner Supportband zu:

„Vandalismus, Befehlsverweigerung und das Vorspiegeln falscher Tatsachen werden ihm also auch zur Last gelegt.“

Die vier Musiker machten sich eilig Notizen, während Hyde sich innerlich fragte, wann er etwas zu seiner Verteidigung sagen durfte. Und vor allem, wie sollten bitte die 4 dort unvoreingenommen urteilen, wenn sie von Gackt bezahlt wurden. Korruption war hier sicher an der Tagesordnung! Oder wurde er langsam paranoid?

Wie lächelte Yoshiki, als er sich auf seinen Platz zurück ziehen durfte. Scheinbar waren ihm so öffentliche Auftritte, die nichts mit Musik zu tun hatten unangenehm. Oder er hatte Verstopfungen oder einen Stock im Arsch.

Da fiel Hyde etwas auf.

„Wieso Vorspiegelung falscher Tatsachen?“, fragte er laut.

„Er hat sich als Riese ausgegeben, ist aber offensichtlich eher das Gegenteil.“ Gackt grinste schon wieder so gehässig und der Sänger musste an sich halten der 'Königin' nicht ins Gesicht zu springen.
 

So begnügte er sich damit, die Hoheit mit vernichtendem Blick anzustarren, bis auch schon der Nächste in den Zeugenstand bugsiert wurde. Zumindest Ken würde mit Sicherheit für ihn aussagen! Zuerst jedoch blinzelte der einige Male umher und versuchte scheinbar zu begreifen, wo er war.

„Er möge sprechen“, teilte ihm Gackt gelassen mit.

„Worüber?“ Ken verstand es offensichtlich nicht, so zuckte er auch erst einmal unter dem grimmigen Blick der Königin zusammen. Zu seinem Glück ergriff jedoch Shinya das Wort.

„Erzähl von deiner Begegnung mit dem Angeklagten.“

„Ah...“ Ken musterte Hyde eindringlich, ehe er in seiner Tasche zu kramen begann, die Pfeife herauszog und sich in den Mund steckte. Wieder stiegen ein paar Seifenblasen auf. „Ich begegnete ihm zweimal. Beide Male half er mit nicht.“

Gackt schien schon aufjauchzen zu wollen, sowie Hyde protestieren wollte, doch Ken redete einfach weiter, nicht beachtend, dass die Augenbraue der Königin gefährlich zuckte.

„Er wollte mir kein Feuer geben! Hätten sie Feuer für mich?“

Während er dies fragte hielt er Gackt die Pfeife unter die Nase, was Hydes Instinkt anschlagen ließ. Das war gefährlich, das wusste er.

„Wie kann er es wagen hier rauchen zu wollen?“, brüllte Gackt aufgebracht, ehe er die beiden Wachen heranwinkte. „Man nehme ihn in Gewahrsam, es solle ihm das gleiche Schicksal blühen wie dem Angeklagten.“

Ken schien ernsthaft entsetzt zu sein, doch wurde er mit einem gezielten Schlag auf den Hinterkopf seitens Heaths zum Schweigen gebracht. Innerlich fluchte Hyde, doch so langsam bekam er wirklich Angst. Alles hatte sich wohl gegen ihn verschworen. Als er dann auch noch zu denen blickte, die als nächste aussagen sollten stöhnte er nur noch auf. Das durfte nicht war sein. Nicht diese beiden. Nicht Miyavi und Keiyuu.

Ein paar Schläge auf der Hyat begleiteten sie, als die beiden es sich auf dem Stuhl bequem machten, Keiyuu auf Miyavis Schoß.
 

„Sie dürfen sprechen.“ Langsam aber sicher wünschte Hyde sich einen Knebel für den Solisten auf dem Sofa. Dieses ständige Genäsel und arrogante Gehabe ging ihm gehörig auf den Zeiger.

„Er wollte nicht mit uns spielen! Und nicht mit uns reden, wie mit vernünftigen Menschen!“

„Genau! Er meinte, wir gehören in Therapie!“

Die beiden, die noch immer diese hässlichen Matrosenanzüge trugen, deuteten empört auf Hyde, der nicht verhindern konnte, dass er mit den Augen rollte.

„Das war nicht freundlich. Aber wieso hat er das getan?“ Das seltsame Lauern in den Augen und der Stimme der Königin ließ einen eiskalten Schauer über den Rücken des Sängers rieseln.

„Wissen wir nicht.“

„Aber er hat damit angefangen, nachdem er von unserer Beziehung erfuhr.“

„Rassismus also. Das sieht nicht gut aus für ihn.“ Gackt grinste Diabolisch und Shinya trommelte voller Begeisterung ein kleines Solo, während die Supportband eifrig Notizen machte.

„Da wird er wohl so schnell nicht wieder heraus-… He , ihr beiden! Höret sofort mit der Grabbelei auf! Das ist ja widerwärtig!“

„Ja, aber eben haben eure Majestät doch noch gesagt-…!“

„Und außerdem sieht er in seinem Strampelanzug immer so zum Anbeißen aus!“

„Nichts da!“ Gackt schien nicht von seinem Standpunkt weichen zu wollen und funkelte das Pärchen an. „Ich stehe über dem Gesetz! Man entferne das Gewürm!“

Wieder rückten Heath und Sugizo an, die mittlerweile sichtlich genervt waren und sich bestimmt auch eine angenehmere Beschäftigung vorstellen konnten. Doch ihr Job war mit Sicherheit angenehmer, als dieser Farce als Angeklagter beizuwohnen, dachte Hyde, als die beiden unwilligen Willigen hinaus eskortiert wurden. Da Mivayi etwas schmollte, musste er von Sugizo erst ein wenig mit der Hellebarde in den Hintern gepiekst werden, bis er sich in Bewegung setzte und aus dem Gerichtssaal trollte.
 

Der nächste Zeuge musste förmlich in den Saal geschleift werden und saß dann ziemlich eingeschüchtert auf seinem Stuhl, zumal Gackt sich nicht die mühe gab, einen halbwegs freundlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen, sondern nur nüchtern fragte:

„Was hat er vorzubringen?“

„Also…nun ja…“ Vielleicht würde wenigstens Yukkie zu ihm halten? Hyde begann, wieder etwas Hoffnung zu schöpfen und nickte dem Zeugen ermutigend zu. „Er… Ich wäre beinahe zerquetscht worden!“

„Versuchter Mord?“ Gackts Augen funkelten vor boshafter Begeisterung, also er sich Hyde zuwandte und ihn musterte.

„Vielleicht eher fahrlässige Körperverletzung?“ Yukkies Stimme zitterte leicht, als er seinen Einwand äußerte, doch dieses Mal zeigt sich Gackt gnädig.

„Meinetwegen. Davonkommen wird er ohnehin nicht.“

„Dürfte ich dann vielleicht…?“

„Entferne er sich.“ Die Königin wedelte abfällig mit der Hand und erleichtert rutschte der Kleine von seinem Sitz und wuselte dem Ausgang entgegen. Während seines Abgangs spielte die Königin ein wenig an ihren Nippelherzchen, warf dann dem Angeklagten abermals einen herablassenden Blick zu und verkündete:

„Untertanen, eure Königin ist angeödet. Schreiten wir also zur Verurteilung…“

Kapitel 10:
 

„Aber Liebling!“

Shinya zeigte sich auf einmal ganz aufgeregt und zog hektisch an einem der dünnen Bändchen, die den String der Königin auf jugendfreier Höhe hielten. Diese wandte sich unwirsch zu ihm um.

„Was?“

„Es ist kein richtiger Prozess, wenn wir nicht alle Zeugen angehört haben!“ der Schlagzeuger warf einen sehnsüchtigen Blick auf sein Schlagzeug, und sah dann Gackt mit großen Welpenaugen, die er sich augenscheinlich von seinen kleinen Kläffer abgeschaut hatte, bettelnd an.

Offensichtlich kannte der König die Schwachstellen seiner Gemahlin gut, denn diese rollte zwar mit den Augen, gab dann aber nach und rief den beiden Wachen zu:

„Wachen! So höret auf mit dem Saukram und bringt mir die nächsten Zeugen herbei!“

Heath und Sugizo taten, wie ihnen geheißen, ließen die Spielkarten fallen, und während Heath sich wieder in seine Hose strampelte, verschwand Sugizo aus dem Saal, um schwer beladen wieder zurückzukehren. Er drückte dem inzwischen wieder vollständig Bekleideten einen der Tontöpfe in die Hand und als sie die beiden eingetopften Gitarristen zu ihrer Aussage schleppten, folgte ihnen unauffällig ein Insekt, dessen leises Surren Hyde jedoch bemerkte, und das ihn nichts Gutes ahnen ließ.

Die Pflanzen wurden auf dem Stuhl arrangiert und kaum hatte Gackt ihnen zugenickt, begann auch schon die erste zu nörgeln:

„Dieser rüde Umgang mit uns! vollkommen unangemessen! Ich habe mir beim Umtopfen eine Wurzel umgeknickt!“, empörte sich Uruha. Gackt schien seinen Beschwerden jedoch nichts abgewinnen zu können, denn seine Augenbrauen wanderten skeptisch Richtung Haaransatz.

„Komme er zum Thema, so es ihm nicht beliebt, zurückgeschnitten zu werden.“

Ob Uruha mit Espenlaub artverwandt war, wusste Hyde nicht, auf jeden Fall schauderte die violette Blume ein wenig, bevor sie zu sprechen anhob:

„Er hat versucht, uns zu beobachten. Bei sehr intimen Vorgängen. Und dass obwohl er überhaupt nicht dazu beitragen wollte, dass-…“

„Aha!“ Auf dem Gesicht der Königin machte sich ein selbstzufriedenes Lächeln breit. „Ein Voyeur also!“ Das Lächeln verschwand jedoch sofort, als plötzlich ein lautes Quietschen erscholl.

„Iiiek! Reita, du kannst doch nicht…oh, das ist gut,… in der Öffentlichkeit…“

Aller Augen waren nun auf die zunehmend errötende Malve gerichtet, in deren Blüte sich eine Biene mit winzigem Nasenband anscheinend mit großem Vergnügen tummelte. Hyde konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er dem geschehen eigentlich nicht zuschauen sollte, als Aoi auch noch begann, wieder einmal laut zu singen:

„Nomihoshite okure…amai mitsu wo…shita wo togarasete…Embrace meAkaku nijimu tsubomi ni…atsuku atsuku…sex fou youSou koshi wo tsukidase …oh oh oh - sex for you“
 

Kaum hatte er geendet, ließ sich das sichtlich erschöpfte Insekt auch schon aus der Blüte rollen und streckte sich auf der Blumenerde aus, während die Pflanze nun schlapp die Blätter hängen ließ.

Der gesamte Saal war in peinliches berührtes Schweigen gehüllt und solange unter den Anwesenden noch betretene Blicke ausgetauscht wurde, dämmerte es Hyde, dass er soeben eine gute Gelegenheit verpasst hatte, unbemerkt zu verschwinden. Aber nein, er hatte sich ja unbedingt eine Blumenpeepshow ansehen müssen. Innerlich war er gerade dabei, sich in Grund und Boden zu ohrfeigen, als Gackts interessierte frage die Stille durchbrach:

„Singt er dabei immer?“

„Natürlich – in den höchsten Tönen“, schnaufte Reita mit einem glücklichen Lächeln, während Uruha empört nach Luft schnappte.

„Und was ist mit mir?“, verlangte er zu wissen.

„Nicht jetzt.“ Die Biene Lehnte sich zurück. „Ich bin völlig… überarbeitet.“

„Pah! Du bist nicht die einzige Biene in der Gegend.“, entgegnete Uruha und zog einen Schmollmund, was bei einer Blume sehr eigenwillig aussah.

Die Königin betrachtete das Geschehen, schien sich dann jedoch nichts weiter Unterhaltsames von dem Grüppchen zu versprechen, gähnte ungeniert und bedeutete seinen Untergebenen mit einer müden Handbewegung, die beiden Topfpflanzen zu entfernen.
 

Der nächste Zeuge jedoch entlockte sogar ihrer gelangweilten Majestät einen überraschten Blick. Welcher allerdings nicht mit dem Hyde vergleichbar war. Tetsu war offenbar als Schmetterling keineswegs aktiver geworden, dafür um einiges dekadenter. Jedenfalls trug Heath nun einen vor prallen, orientalisch bestickten Kissen beinahe überquellenden Diwan in Miniformat herein. auf den sich Tetsu mit ausgebreiteten Flügeln drapiert hatte, seine winzige Wasserpfeife neben sich, an deren Mundstück er genüsslich nuckelte.

Gackt rümpfte die Nase als er dies sah, war aber anscheinend Willens, der Zeugenaussage wegen über des Schmetterlings Fauxpas hinwegzusehen. Auf die Aufforderung hin, zu sprechen, räkelte sich dieser auf seinem Lager, gähnte herzhaft und meinte dann schleppend:

„Also… der Kerl hat mal so gar keine Ahnung von Kunst. Wenn der singt… Digga, da bluten dir die Fühler.“

Hyde wartete schon darauf, dass Gackt triumphierend „schwere Körperverletzung“ diagnostizierte, doch stattdessen sprang dieser nun entsetzt auf und starrte Tetsu an.

„Digga?! Ich habe doch nicht zugenommen?! Sagt, dass ich nicht zugenommen habe!“

„Majestät, ihr seht großartig aus“, tönte der hoheitliche Hornbläser, beziehungsweise, der hoheitliche Arschkriecher, wie Hyde soeben beschlossen hatte, ihn insgeheim zu nennen. Misstrauisch beäugte die Königin ihren Bauch, konstatierte dann jedoch:

„Er hat Recht. ich sehe großartig aus.“ und setzte sich sichtlich befriedigt wieder hin.

„Na, glaubst du, du kommst hier nochmal raus?“

Erschrocken führ der Sänger herum und starrte auf zwei blendendweiße Zahnreihen. Kai saß neben ihm auf der Anklagebank, hielt den Plüschkopf seines Katzenkostüms auf den Knien und trommelte fröhlich darauf herum.

„Was grinst du eigentlich so blöde?“, zischte Hyde. „Hol mich lieber hier raus! Du bist schließlich der Geheimtürexperte!“

„Wieso sollte ich?“, fragte Kai amüsiert, und lachte leise, als Tetsu sichtlich schluckte und dann zur Königin flatterte.

"Want a banana?", bot der Schmetterling das Objekt an.

„Was will er mir damit sagen?“ Gackt blickte misstrauisch drein.

„Ähm… eure Majestät kann sich das leisten.“

Die Königin zog eine Augenbraue hoch, akzeptierte dann aber die Entschuldigung in Bananenform und klemmte sich die Frucht seitlich in die Unterwäsche. Währenddessen wurde Hyde langsam laut:

„Wieso solltest du? Weil du mir den ganzen Mist hier eingebrockt hast! Du wusstest doch bestimmt, dass Gackt völlig-…“

„Mit wem spricht er da?“

„Na mit der Arschlochkatze!“, fauchte es dem stirnrunzelndem Gackt entgegen.

„Mit wem?“ Die Regentin war sichtlich irritiert.

„Mit…“ Hyde hatte sich zu dem hinterhältigen Strippenzieher umdrehen wollen, starrte nun jedoch verblüfft auf einen ganzen Haufen… Luft. „Eben saß er noch hier!“, wandte er sich empört an Gackt, der verständnislos dreinblickte, indes der Schmetterling fröhlich kicherte und ein paar Saltos in der Luft drehte.

„Ach, sowas kenn‘ ich. Der Kleine hat die falschen Pilze gegessen.“ Auf Gackts Gesicht breitete sich daraufhin ein sanftes Lächeln aus.

„Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Da hat er ja wirklich kaum etwas ausgelassen.“ Irgendwie war Hyde die hinterhältige Freundlichkeit der Königin noch mehr zu wider, als deren bisherige Boshaftigkeit. Am liebsten hätte er ihr Yoshikis Alphorn übergezogen. Und zwar kräftig. Allerdings legte er nicht viel wert darauf, von Sugizo oder Heath aufgespießt zu werden, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als brav auf seinem Bänkchen sitzen zu bleiben und mit den Zähnen zu knirschen. Tetsu hatte sich wieder auf seiner luxuriösen Chaiselongue breit gemacht, sich in seine Flügel gewickelt und schnarchte leise vor sich hin.

Doch ein erholsames Schläfchen sollte ihm nicht vergönnt sein, denn Shinya begann auf einmal begeistert auf sein Schlagzeug einzuhämmern. Als er nach seinem kleinen Solo statt Beifall nur verständnislose Blicke, ein „Mensch, Alter, ich war am Pennen!“ und ansonsten schweigen erntete, lief er ein wenig rot an und murmelte:

„Die…nächsten Zeugen bitte.“

Das kleine Möbelstück samt dem immer noch leise vor sich hin stänkernden Tetsu wurde entfernt und die nächsten zu Vernehmenden wurden, im wahrsten Sinne des Wortes, herbeigeschleppt. Heath und Sugizo stützten Ruki und Kyo, die sich offenbar extra für diesen Anlass in Schale geworfen hatten. Ruki trug einen abgenutzten Anzug in knalligem grün mit dazu passendem, zerfledderten Dreispitz, Kyo hatte einen farblich auf seine Kleidung abgestimmten, grellpinken Zweispitz auf dem Kopf und eine Hand in seinem ebenfalls pinken Westchen verborgen, während Ruki eine nur noch viertelvolle Flasche umklammert hielt. Dennoch sangen beide zwar schief aber voller Innbrunst:

„17 Mann auf des toten Mannes Kiste, ahoi…“

„…und die Buddel voll Rum.“

„17 Mann auf der Totenfähren Kiste, ahoi…“

„…und die Buddel voll Rum!“

Die beiden Wachen hatten Mühe, ihre gröhlenden Anhängsel aufrecht zu halten und wankten im Schneckentempo auf das Stühlchen zu. Dort löschten sie ihre Fracht und stapelten sie auf dem fragilen Möbel, wo die beiden Sänger gefährlich hin und her schwankten – Ruki auf Kyos Schoß sitzend – und sich um die Flasche balgten.

Gackt betrachtete das Geschehen befremdet, sagte jedoch nichts, sondern nickte seinen Bediensteten, die sich ermattet gegen die Zuschauerbänke gelehnt hatten, auffordernd zu. Die Aufmerksamkeit der Geschworenen schien unterdessen bereits nachzulassen, Ju-Ken hatte sich zurückgelehnt, seinen Seppelhut ins Gesicht gezogen und schnarchte leise vor sich hin, was die Königin aber nicht weiter zu stören schien. Chachamaru beäugte die Hutmacher neidisch, machte sich dann unter seinem Dirndl zu schaffen und zog schließlich einen silbern glänzenden Flachmann hervor und tat sich am Inhalt gütlich.

Heath winkte derweil jemanden von außerhalb des Saales herein, während Sugizo aufmunternd auf Patas Reittier, das sich faul auf einer der Bänke ausgestreckt hatte, einredete. Nach einem verachtungsvollen Blick stand das Tier mit dem leise vor sich hin stöhnenden Pata auf, schlich behände zu dem Sitzmöbel, sprang dort auf Rukis Schoß und rollte sich ein, ohne dass die Hutmacher von ihr Notiz nahmen.

Toshiya, der als einziger der Partygesellschaft mehr oder weniger nüchtern und bei Sinnen zu sein schien, war inzwischen Heaths Aufforderung gefolgt und hatte den Saal betreten. Zu Hydes Erleichterung, entschied er sich dagegen, sich auch noch auf den Stuhl zu werfen, denn das fragile Möbel schien bereits akut einsturzgefährdet zu sein. So bezog der Bassist daneben Stellung und verschränkte nervös die Arme, während Hyde langsam der Schweiß ausbrach, da er kaum noch eine Möglichkeit sah, wie sich der Prozess zu seinen Gunsten wenden sollte.

Shinya malträtierte wieder einmal sein Schlagzeug, woraufhin die beiden Streithähne innehielten und sich nach der Lärmquelle umsahen.

„He, erschreck einen doch nicht so…“

„… das ist mein Job!“, lallten sie entrüstet.

„So mäßigen sie sich im Ton, wenn sie zu meinem Gemahle sprechen!“ Gackt war von den beiden wohl wenig angetan, sah außerdem zunehmend gereizt und gelangweilt aus. „Was haben sie nun voruzubringen?“ Er wedelte ungeduldig mit der Hand.

„Er hat in unsere Büsche gekotzt.“

Soweit ihnen dies noch möglich war, engleisten die Gesichtszüge der Königin, die entsetzt auf die beiden Trunkenbolde stierte.

„Ich… ich hoffe, sie haben in der Zwischenzeit geduscht?!“

Rukis tiefrote Gesichtsfarbe kontrastierte nun wunderbar mit seinem Anzug, bemerkte Hyde, der wieder einmal dabei war, gedanklich abzuschweifen.

„Ich meine doch…“

„… die Brombeergebüsche!“

Gackt seufzte halb erleichtert, halb entnervt und meinte dann:

„Gut, also notieren sie sich, dass… schlafen sie etwa?!“

Erschrocken fuhr die Jury aus ihrem kollektiven Nickerchen hoch, wobei Ju-ken seinen Hut verlor und beinahe von der Bank stürzte, während Chachamaru sich hektisch an seiner Frisur zu schaffen machte und You mit seinem widerspenstigen Notizblock kämpfte.

„Fügen sie einen weiteren Fall von Vandalismus der Liste hinzu“, forderte die Regentin daraufhin äußerlich ruhig, während eine Ader auf ihrer Stirn jedoch offensichtlich unter Hochdruck stand. Ein plötzlicher Herzanfall könnte seine Rettung sein, sinnierte Hyde, als sich Gackt barsch an Pata und Toshiya wandte: „Und ihr? Noch irgendwas zu sagen?“

„Ich bin hier nur zur Dekoration.“ stellte Letzterer fest und gab sich sichtlich Mühe, elegant zu wirken, was jedoch unweigerlich an seinen Plüschohren scheitern musste.

„Sein Kopf hängt bald al Dekoration über meinem Kamin“, knurrte Gackt, blickte dann auf den leise vor sich hin wimmernden und sich den Kopf haltenden Pata hinab, bevor er ein entschlossenes „Schluss jetzt!“ bellte und sich grinsend zurücklehnte. „Untertanen, eure Königin ist angeödet und zudem fertig mit den Zeugen. Schreiten wir also zur Verurteilung.“
 

1] Please swallow the sweet honey

Point your tongue, embrace meIn a red, spreading flower bud, hotly, hotly, sex for you

Yes, thrust your hips, oh oh oh sex for you

Kapitel 11:
 

Mit einem süffisanten Grinsen lehnte Gackt sich zurück und blickte Hyde eindringlich an, der sich am liebsten irgendwo versteckt hätte. Leider konnte er sich im Moment nicht schrumpfen.

"Also... liebe Geschworene, was denkt ihr?" Die funkelnden blauen Augen wandten sich von dem Sänger zur Supportband, die kollektiv zusammenzuckte und eilig etwas auf einen Zettel kritzelte, ehe sie in Streit darüber ausbrach, wer Gackt den Zettel bringen sollte.

Shinya schien schon einschreiten zu wollen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Irritiert sah die Königin auf und nickte dann Heath und Sugizo zu, dass sie doch bitte nachschauen würden, wer da schon wieder störte. Ergeben stellte Sugizo das Schnapsglas beiseite, ehe er öffnete. Da stand doch tatsächlich ein komplett duchnässter Toshi vor der Tür, noch immer in dem komischen Frack und mit dem Ei unter dem Arm.

Der Anblick schien auch Gackts Interesse zu wecken, denn er winkte den anderen hinein.

"Was will er?"

"Ich möchte mit Euch über Gott sprechen."

Alles starrte Toshi fassungslos an. Das hatte er gerade nicht wirklich gesagt, oder doch? Zumindest wirkte er sehr bestimmt.

"Seht ihr das Ei, den Ursprung allen Lebens?", fragte er mit bedeutungsschwangerer Stimme. "Das höchste Symbol der Göttlichkeit! Er ist unter uns, er wandelt zwischen uns!"

Mit seinem watschelnden Gang sah er in Hydes Augen etwas lächerlich aus, doch der Rest schien von der Vorstellung mehr als gefesselt zu sein. Vielleicht lag es auch an dem Singsang seiner Stimme.

"Wir werden alle erleuchtet werden! Es wird unseren Geist klären und wenn es denn geschlüpft ist, uns unsere Sünden vergeben!"

Selbst Gackt wirkte fasziniert und so schaute Toshi stolz umher, bis er Hyde in der Menge ausmachte.

"Dir aber nicht!", sabbelte er plötzlich. "Du hast versucht, es zu töten! Du Kreatur des Bösen!"

Mit schnellen Schritten stürmte er auf Hyde zu, der sich fragte, ob er im falschen Film gelandet sei, als Toshi über seine eigenen Füße stolperte. Kreischend stürzte er vorwärts, strauchelte und hampelte, nur um im nächsten Moment das Ei in einem hohen Bogen durch den Raum segeln zu sehen, wie in Zeitlupe. Alles starrte gebannt darauf, und ein erschrockener Aufschrei ging durch die Menge, als es vor Gackts Füßen zerschellte.

"Das gibt..."

"... eine Menge Omelette", stellten die Hutmacher fest, während Toshi in haltloses Wehklagen ausbrach. Noch immer wagte keiner, sich zu rühren, nur Yoshiki stapfte auf seinen Sandkastenfreund zu, um ihn zu umarmen.

"Toshi, sorg das nächste Mal, wenn du brüten willst, auch dafür, dass das Ei befruchtet ist."

Der Sänger sah mit Tränen in den Augen auf, ehe er sich an den Hals seines Leaders warf und lauthals losplärrte.

"Du warst aber nicht da zum Befruchten."

"Das wollte hier jetzt niemand wissen, Toshi. Auf, beruhig dich wieder." Doch der Aufgeforderte schien das nicht zu wollen, noch immer heulte er lauthals. "Eure Majestät, dürfte ich mich kurz um meinen Sänger kümmern?"

Die Königin nickte bestätigend. So langsam tat ihr das Gejammer in den Ohren weh.

In der Zwischenzeit hatten sich die Supportmusiker geeinigt, beziehungsweise You, Chacha und Ju-Ken hatten sich einfach zusammengetan, so dass nun Jun-Ji zitternd nach vorne tappte, um Gackt den Zettel in die Hand zu drücken, auf dem das Urteil verzeichnet war.

„Sehr schön“, meinte Gackt grinsend. „Eure Königin ist zufrieden. Der Angeklagte ist für schuldig befunden worden.“

Hyde fühlte sich beschissen. Er wollte einfach nur noch weg von diesem Ort. Weg von all diesen Verrückten. Leider sah er keine Chance, so wie Sugizo und Heath ihn gerade im Auge behielten. Wieso konnten die nicht wieder Strippoker spielen? Dann würde er sich vielleicht heraus schleichen können.

„Man verurteile ihm zum Tod durch die Bütte.“

„Bitte...?“ Hyde war verwirrt

„Er solle besser zuhören. Die Bütte. Führet den Verurteilten ab.“

Schon standen Heath und Sugizo an seiner Seite und Hyde wusste, dass er keine Chance hatte, also folgte er lieber brav den beiden hinaus auf die Wiese vor dem Dome. Dort bliebt er erschüttert stehen. Das durfte einfach nicht wahr sein! Nein! Auf keinen Fall! Dies war ein dummer Scherz! Ganz sicher! Er wollte nicht auf diese Art und Weise sterben.

Und auch Ken schien dieser Ansicht zu sein, denn der klammerte sich gerade an Hyde und wimmerte etwas von „nicht schon wieder...“, was Hyde aber gekonnt ignorierte, da er immer noch auf den Stuhl starrte, über dem die guseiserne Waschbütte hing. An einem Faden um genau zu sein. Er erkannte es wieder, er erinnerte sich daran, wie er die zehn Fäden damals hatte durchschneiden müssen, zusammen mit Ken und Mathew, bis der letzte das Ding auf seinen Kopf hatte fallen lassen. Diese grausige Erinnerung! Er wollte hier weg! Er konnte das einfach nicht!

Mit einem leisen Aufschrei packte er Ken am Kragen und rannte einfach los, was das Zeug hielt. Hinter sich konnte er hören, wie Gackt einige Befehle bellte und er wusste, dass Heath und Sugizo sich jetzt an die Verfolgung machen würden, zusammen mit dem Rest.

Panik kroch durch jeden Teil seines Körpers, als er die Meute hinter sich rufen hörte, sie verlangte regelrecht nach seinem Blut, außerdem machte Ken seine Raucherlunge zu schaffen. Wie sollten sie bei einem Menschen wie Gackt nur die Verfolgung durchhalten? Sie hatten doch keine Chance, schon jetzt holten die anderen gefährlich auf, während Ken bei jedem Schritt röchelte.

„Verdammt! Ich habe eine Laufmasche!“, hörte er es hinter sich, und als er einen Blick zurück warf konnte er sehen, wie alles besorgt um Gackt stehen blieb um der Königin bei diesem Malheur zu helfen. Gut! Das würde ihm zu einer Pause verhelfen, in der er Ken in Yoshikis Haus verstecken konnte, dass er in der Ferne sah. Schnell raste er mit dem anderen darauf zu, der hinter ihm herflatterte wie ein Fähnchen im Wind, während Hyde sich kurz fragte, wo Gackt die Strapsen plötzlich her hatte. Aber darüber nachzudenken hatte er keine Zeit. Eilig stopfte er den röchelnden Ken in Yoshikis Besenkammer auf das Sofa und hetzte dann auch schon wieder weiter.

Es dauerte nicht lange, da konnte er die Meute schon wieder hinter sich hören. Nunja, immerhin war sein Gitarrist in Sicherheit. Er würde das auch noch schaffen, seine Lunge war ja nicht ganz so zugeteert.

Immer weiter rannte er, spürte jeden einzelnen Atemzug wie ein Messer, seine Beine wurden schwer, schmerzten bei jedem Schritt, aber noch würde er nicht aufgeben!

In der Ferne konnte er schon den Durchgang ausmachen, in dem Kaoru gehangen hatte. Er kam immer näher! Nur noch wenige Meter, die anderen waren zwar dicht hinter ihm, aber wenn er es durchhielt würde es es schaffen! Er musste einfach!!

Plötzlich surrte etwas genau vor seinem Gesicht vorbei und ein Blumentopf krachte an seinen Hinterkopt.

„Wer wagt es, mich zu werfen?!, protestierte Uruha hinter Hyde, der gefährlich ins Straucheln geriet. Sein Geleichgewicht versagte, der Boden kam immer näher, sprang ihm regelrecht entgegen. Er hatte verloren! Und über allem schwebte Kais riesiges Grinsen.
 

Sein Schädel pulsierte und sein Arsch tat verdammt weh, als Hyde die Augen aufschlug und in zwei besorgte, blaue schaute.

„Alles in Ordnung?“, fragte ihn Gackt, was den Sänger dazu veranlasste kreischend nach hinten zu weichen, nur um im nächsten Augenblick an den Stuhl zu stoßen. „Haido...?“

„Bleib weg von mir! Hexe!“, kreischte der Kleinere, rappelte sich auf und brachte etwas Abstand zwischen Gackt und sich.

„Hexe? Haido, was ist los?“ Der andere kam ein paar Schritte näher, streckte die Hände nach ihm aus.

„Bleib gefälligst weg! Ich will nicht durch die Bütte sterben!“

„Wovon redest du?“

„Tu nicht so, du weißt es ganz genau!“

„Ich habe keine Ahnung... Haido... bitte...“

Erst jetzt viel dem Älteren auf, dass Gackt völlig normal in Jeans und Hemd gekleidet war und auch das Lächerliche Krönchen nicht länger auf seinem Platz war. Konnte es etwas sein, dass...?

„Ich bin doch eben erst hier angekommen, da hast du auf deinem Stuhl gelegen und geschlafen... bis du herunter gefallen bist...“

„Geschlafen...“ Voller Erleichterung ließ er sich auf eben jenen Stuhl sinken. „Also war alles nur ein gottverdammter Traum. Ich werde nie wieder mit meinem Sohn Filme von Walt Disney gucken. Egal wie sehr er darauf besteht.“

„Muss ich das verstehen?“

„Nein, Ga-chan... versprich mir nur eines...“

„Was denn?“

„Heirate niemals Shinya.“

Der andere nickte etwas verwirrt, wusste noch immer nicht so recht, was er davon halten sollten, als die Tür geöffnet wurde und Tetsu seinen Kopf hereinsteckte.

„Sag mal, Digga, endlich fertig gepennt? Wir müssen los!“

Fassungslos starrte Hyde den anderen an, sah den Haarreif mit den angebrachten Fühlern und rannte kreischend in Richtung der Bühne.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Earu
2008-11-07T18:16:47+00:00 07.11.2008 19:16
Waha~ hier hast du es auch hochgeladen XD Das nehm ich hier dann auch gleich unter meine Favoriten.

Ich find die Story echt zu geil. Die ganzen Versche einmal komplett durch x3
Von: abgemeldet
2008-10-30T21:27:07+00:00 30.10.2008 22:27
"Immerhin habe ich mir extra Nippelpiercings stechen lassen, um zu beweisen, dass ich männlich bin! Und nur, weil ich Gackt erlaubte... Das ist doch alles nicht richtig! " XDDDD

Haha das Kappi is kuuhl XD!
Kaoru als Türknauf wtf XD?
Und Yoshiki kommt "zufucking spät" lool das war das beste.
Schreib schnell weiter!


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