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Noch eine Liebesgeschichte

von

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Prolog

„Und du bist sicher, dass du hier zur Schule gehen willst? Das hier ist eine Jungenschule.“ Der Rektor sah die Person vor sich mit kritischem Blick an. „Mach dir keine Sorgen, Papa. Wenn ich auffliege, dann wechsle ich eben die Schule.“ Der Rektor seufzte. „Selbst wenn du das sagst, ändert das nicht die Tatsache, dass du meine Adoptivtochter bist, Ruri.“ Ruri lächelte. „Hab´ doch Vertrauen in mich. Ich bin seit fast 10 Jahren deine Tochter und es sind ja nur 3 Jahre, die ich hier verbringe. Niemand wird etwas merken. Ich werde mich natürlich auch nicht mit meinem richtigen Namen, Ruri Aoi, eintragen. Ich setze meinen Namen aus meinem früheren Nachnamen und dem Mädchennamen meiner Mutter zusammen. Das ergibt dann: Yuki Hio. Das geht doch allemal als Jungenname durch.“ Der Rektor seufzte erneut. „Also gut, aber komm nicht zu weiblich rüber. Sonst denken meine Schüler noch alle, sie wären schwul.“ Ruri verbeugte sich. „Vielen Dank, Papa. Ich meine natürlich: Sehr freundlich von Ihnen, Rektor Aoi.“ Sie richtete sich auf, dreh sich um und verließ das Zimmer des Rektors, um ihr neues Zimmer zu beziehen.

Teil 1 Kapitel 1

Die Prozedur jeden morgen war sehr aufwendig für Ruri. Sie band zuerst die langen Haare zu einem Zopf und ließ die schulterlangen offen. Anschließend nahm sie einen Verband, mit dem sie ihre Brust flach drückte und ihre hüftlangen Haare an den Körper band. Darüber zog sie ein enges Top, damit nichts durchschien. Nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren, zog sie ihre Schuluniform an. Sie hatte ein 2er-Zimmer, in dem sie alleine wohnte. Es blieben ihr noch 20 Minuten, bis der Unterricht begann. Sie packte ihre Schulsachen und ging zur Tür. Sie drehte sich noch einmal um und sagte lachend zu einem Foto: „Ich gehe jetzt Mama, Papa, Ryoé. Sorgt auch heute wieder dafür, dass ich nicht auffliege.“

Sie warf dem Foto einen Handkuss zu und verließ das Zimmer. Es waren ungefähr 4 Minuten vom Wohnheim zum Schulgebäude. Sie lief alleine, denn sie hätte in den ersten beiden Stunden Sport gehabt. Ruri war vom Sportunterricht befreit, weil sie ein Herz hatte, mit dem sie höchstens 3 Minuten joggen konnte.

„Wenigstens das Problem war von Anfang an gelöst.“

Dachte sie sich immer wieder. Sie ging mittlerweile seit fast 5 Monaten auf diese Schule und niemand hatte Verdacht geschöpft. Sie hielt sich immer im Hintergrund, aß in den Pausen alleine und ging auf keine Partys. Aus diesem Grund hatte Ruri auch keine Freunde. Sie schlenderte gemütlich zum Schulgebäude und hing ihren Gedanken nach.

„Bekommen wir heute nicht einen neuen Schüler? Papa meinte, dass er seine vorherige Schule verlassen musste. Was er wohl getan hat?“

Sie dachte noch bis zum Klassenzimmer über den Neuen und seinen seltsamen Wechsel nach. Als sie eintrat, war es erstaunlich still. Nur hier und da wurde getuschelt und manchmal nickte jemand in die Richtung einer mir unbekannten Person.

„Ich dachte ich wäre hier auf einer Jungeschule. Sie tuscheln ganz sicher über den Neuen.“

Ruri behielt ihre Gedanken für sich und ging zu ihrem Platz. Der Neue stand am Fenster und sah, ein wenig traurig dreinblickend, nach draußen. Schließlich kam der Lehrer und alle verstummten. Er sah den Neuen und lächelte, wenn auch etwas gequält, bevor er sagte:

„Du bist ja schon da, Myabi- kun. Du solltest doch erst übernächste Stunde kommen.“

Ohne den Blick vom Fenster zu nehmen antwortete der Neue:

„Ich bin früher angekommen und wusste nicht, was ich sonst tun sollte.“

„Nette Stimme“, dachte sich Ruri.

„Nun“, sagte der Lehrer,

„Willst du dich dann nicht kurz vorstellen, Myabi- kun?“

Der Neue verbeugte sich und sagte:

„Mein Name ist Kakeru Myabi. Bitte seid nett zu mir.“

Er richtete sich wieder auf und der Lehrer meinte:

„Gut, dann setz dich doch auf einen freien Platz. Neben Ryouichi- kun ist noch ein Platz frei. Ihr könnt euch seine Bücher tei…“

„Niemals!“

Alle sahen auf. Ryouichi hatte mit der Faust auf den Tisch gehauen und stand auf.

„Ich werde meine Bücher doch nicht mit einem Schwulen teilen. Meine Unschuld ist mir zu wichtig, als dass ich sie so aufs Spiel setzen würde.“

„Ach daher weht der Wind“,

dachte sich Ruri missbilligend. Sie stand auf und ging zu Ryouichi.

„Da du ja eh schon stehst, können wir auch die Plätze tauschen.“

Er schaute sie erstaunt an und fragte:

„Was? Du setzt dich freiwillig neben ihn? Bist du am Ende auch anders?“ Insgeheim musste Ruri lachen, weil er im Grunde Recht hatte. Sie verliebte sich ebenfalls in Jungs, aber das war für ein Mädchen typisch. Natürlich gab es auch hier Ausnahmen, aber allgemein… Sie seufzte und antwortete:

„Denk doch, was du willst. Tauschen wir jetzt, oder nicht?“

Er nickte und ging. Ruri holte ihre Sachen und stellte sie an ihren neuen Platz. Als Kakeru vorsichtig näher kam und sich setzte, schob sie ihren Tisch näher an seinen heran. Er schaute verwirrt, aber Ruri lächelte.

„Wie willst du denn aus der Entfernung sehen, was in den Büchern steht? Ach ja, ich heiße übrigens Yuki, Yuki Hio.“

Sie reichte ihm die Hand und er nahm sie zögerlich.

„Ja! Da das geklärt wäre sollten wir anfangen. Ich vermute, dass du Kakeru-kun die Schule zeigst, oder, Yuki- kun?“

Ruri nickte nur und holte die benötigten Bücher heraus. In der Pause versuchten alle so schnell wie nur möglich aus der Klasse zu kommen. Ruri und Kakeru waren die letzten. Kakeru ging zu Ruri, die gerade den Tisch an seinen Platz zurückstellte, und sagte:

„Danke, dass du mir vorhin geholfen hast, aber ich brauche kein Mitleid.“

Sie sah ihn erstaunt an.

„Das war kein Mitleid. Ich fand ihr Verhalten einfach kindisch. Du bist auch nicht anders, als sie. Ich weiß von einem, der am Lautesten getuschelt hat, dass er sich einmal in einen Transvestiten verliebt hat, ohne zu wissen, dass er es mit einem Typen zu tun hatte. Also was soll ´s. Freunde?“

Sie lächelte ihn an, aber er errötete und sah weg.

„Findest du es wirklich ratsam mit mir Freundschaft zu schließen? Was ist, wenn… wenn ich mich in dich verlieben sollte? Wäre dir das nicht unangenehm?“

Sie musste laut lachend und sagte nach Luft schnappend:

„Das ist dein Problem? Da brauchst du dir keine Gedanken drüber zu machen. Das wird nie passieren.“

Als er sie verwirrt ansah fügte sie hinzu:

„Das musst du nicht verstehen. Ich werde es dir bei unserem Abschluss erklären.“ Sie grinste und er schenkte ihr immerhin den Ansatz eines Lächelns.

„Gut, wenn du das sagst. Dann versuche ich bis zum Abschluss hier zu bleiben.“ Ruri schlug ihm auf die Schulter und sagte:

„Das schaffen wir schon. Wir haben jetzt frei, also kann ich dir die Schule zeigen.“

Sie verließen den Raum und Ruri zeigte ihm die ganzen Räume und die Sporthalle. Sie holten sich einen Snack am Automaten und gingen zurück in die nächste Stunde. Kakeru war nach und nach aufgetaut und sie unterhielten sich schließlich fast ungezwungen.
 

Der Rest des Tages verlief ohne größere Probleme. Die meisten gingen Kakeru einfach aus dem Weg. Nach dem Unterricht gingen sie zusammen zum Wohnheim.

„In welchem Zimmer bist du eigentlich?“ fragte sie.

Kakeru überlegte und antwortete:

„Ich glaube es war Zimmer 805. Das wird bestimmt spaßig.“

Er schaute traurig in die Luft.

„Dein Zimmer ist weit von meinem entfernt. Ich bin in Nummer 819. Das ist am anderen Ende des Flures.“

Sie lächelte.

„Das wird schon irgendwie.“

Sie waren die ersten, die zurückgekommen waren. Sie verabschiedeten sich voneinander und gingen in ihre Zimmer. Ruri setzte sich an ihren Schreibtisch und begann mit ihren Hausaufgaben. Als sie gegen neun damit fertig war, hörte sie Lärm auf dem Flur. Sie öffnete die Tür und sah, dass sich alle vor Zimmer 805 versammelt hatten. Sie erinnerte sich, dass das Kakerus Zimmer war und sie zwängte sich durch die Menge, um nach dem rechten zu sehen. Ryouichi hielt Kakeru am Kragen und beschimpfte ihn. Kakeru zeigte keine Anzeichen von Gegenwehr. Ryouichi ließ ihn los und holte zum Schlag aus. Ruri konnte das nicht mit ansehen, denn Kakeru war offensichtlich schon mehrmals geschlagen worden, und ging dazwischen. Der Schlag traf sie härter als erwartet und sie war einen Moment lang benommen. Doch sie riss sich zusammen und richtete sich wieder auf. „Was hat er denn jetzt schlimmes getan? Hat er euch dumm angemacht?“

Sie sah, dass Kakeru bei dieser Frage zusammenzuckte und sie bereute es, sie gestellt zu haben. Einer seiner Mitbewohner nickte.

„Er hat mich angefasst, als ich etwas aus dem Schrank geholt habe.“

„Ich wollte nur vorbei gehen.“

Hörte sie Kakeru hinter sich murmeln. Sie seufzte und hakte weiter nach:

„Und das nehmt ihr als Grund, um ihn zusammenzuschlagen? Er sagte, er wollte nur vorbei. Warum glaubt ihr ihm nicht einfach?“

Nun meldete sich Ryouichi zu Wort:

„Ist doch klar, warum wir ihm nicht glauben. Er ist schwul!“

Jetzt platzte Ruri endgültig der Kragen. Sie holte aus, schlug Ryouichi mitten ins Gesicht und schrie:

„DAS ist euer Grund? Er hat genauso Geschmack wie ihr auch. Du springst doch auch nicht mit jeder X-Beliebigen in die Kiste, wenn überhaupt mal eine einen Vollidioten wie dich wollte!“

Sie drehte sich um, nahm Kakerus Hand und zog ihn weg. Die anderen ließ sie einfach, verdutzt wie sie waren, stehen. Als sie aus dem Wohnheim waren, ließ Ruri Kakeru los und trat gegen einen Baum.

„Diese Mistkerle!“

Sie drehte sich zu ihm um und fragte:

„Deine Sachen kommen erst morgen, oder?“

Er nickte nur.

„Gut, dann gehen wir jetzt zum Rektor und sagen, dass du das Zimmer wechseln willst. Bis wir wieder kommen sind alle wieder ruhig in ihren Zimmern.“

Sie war bereits auf dem Weg in Richtung des Büros, aber Kakeru blieb stehen und fragte:

„Woher willst du wissen, dass er mich wechseln lässt? Wo soll ich denn hingehen? Es gibt kein freies Einzelzimmer und alle anderen sind auch voll besetzt.“

Ruri sah ihn an, lächelte und ging weiter. Da er nicht zurück wollte, folgte er ihr. Im Sekretariat angekommen bat Ruri ihn zu warten. Sie klopfte an die Tür und ging hinein. Kakeru tat wie ihm befohlen und setzte sich auf einen Stuhl. Ruri schloss die Tür leise hinter sich und schlich zum Schreibtisch, an dem Kisuke Aoi eingeschlafen war. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und sagte: „Aufwachen, Papa, ich habe eine Bitte an dich.“

Langsam öffnete er die Augen und lächelte.

„Du warst schon länger nicht mehr da. Was kann ich für dich tun?“

Sie wurde ernst.

„Ich will, dass du Kakeru Myabi in mein Zimmer ziehen lässt.“

Er erblasste.

„Du willst WAS? Ruri, er ist ein Junge. Denkst du ich werfe meine Tochter den Löwen zum Fraß vor? Warum willst du das denn überhaupt?“

Sie fiel vor ihm auf die Knie.

„Ich bitte dich, Papa, du müsstest ihn doch am Besten verstehen.“

Er sah sie fragend an.

„Und warum sollte ich ihn sm Besten verstehen?“

Ruri stand wieder auf und sah ihrem Vater in die Augen, als sie antwortete: „Weil er genau wie du schwul ist! Sie behandeln ihn wie dich früher. Er wurde heute, an seinem ersten Tag, zusammengeschlagen, weil er an jemandem zu dicht vorbeigegangen ist. Ich bin die einzige, die er hier hat. Alle behandeln ihn wie Abschaum. Er wird mein Geheimnis niemandem erzählen, also bitte. Ich flehe dich an, tu ihm nicht noch einen Schulwechsel an.“

Kisuke schwieg eine Weile und dachte darüber nach. Schließlich seufzte er und sagte:

„Also gut, ich erlaube es. Ich weiß, wie hart die Schulzeit für Menschen wie uns sein kann und ich war nicht einmal auf einer reinen Jungenschule. Aber wehe du lässt dich noch einmal wegen ihm schlagen. Denk nicht, dass mir das nicht aufgefallen ist.“

Ruri strahlte und fiel ihm um den Hals.

„Du bist der Beste, Papa. Dafür hast du was gut bei mir.“

Er lächelte und sagte:

„Es würde mir schon reichen, wenn du ab und zu vorbei kommst und mir von deinem Tag erzählst. Von mir aus kannst du auch Kakeru mitbringen. Ich werde ihn schon nicht auffressen.“

Sie musste lachen.

„Ich weiß, dass du ihm nie etwas antun würdest. Dafür habe ich schließlich meine Hand ins Feuer gelegt. Ich denke ich sollte jetzt gehen. Lässt du seine Sachen morgen bitte auf mein Zimmer bringen? Ich werde ihm eine von meinen Schuluniformen geben, dann hat er wenigstens etwas zum Anziehen. Mit Unterwäsche kann ich ihm allerdings nicht dienen.“

Sie mussten beide lachten. „Lass ihn nicht noch länger warten, sonst schläft er noch ein.“

Kisuke hauchte seiner Tochter einen Kuss auf die Stirn.

„Schlaf gut, Ruri.“

Sie lächelte.

„Du auch, Papa. Mach nicht mehr so lang. Ich komm morgen wieder vorbei.“

Sie schickte ihm noch einen Handkuss und verließ das Zimmer. Kakeru sah auf, als sie herauskam und fragte:

„Wie ist es gelaufen? Wann muss ich die Schule verlassen?“

Ruri sah ihn erstaunt an.

„Warum denn die Schule verlassen? Davon war doch nie die Rede. Natürlich bekommst du ein neues Zimmer. Wir sollten uns auch langsam auf den Weg machen, sonst kommen wir morgen früh nicht aus den Federn.“

Sie lächelte.

„Lass uns gehen, Kakeru, sonst schläfst du mir noch hier ein.“

Sie lachten und gingen zurück zum Wohnheim. Es waren tatsächlich wieder alle wieder in ihrem Zimmer, aber bestimmt nicht alle schliefen auch, weswegen sie über den Flur schlichen. Vor Zimmer 819 blieben sie stehen und Ruri schloss auf. Sie ging hinein, aber Kakeru blieb draußen stehen. Sie drehte sich um und fragte:

„Was ist denn? Willst du nicht reinkommen?“

„Willst du mir nicht mein neues Zimmer zeigen? Oder ist es dafür zu spät?“

Ruri lachte und antwortete:

„Dummerchen. Das hier ist dein neues Zimmer. Du wirst bei mir wohnen. Deine Sachen werden morgen gebracht. Ich denke du solltest erst einmal reinkommen.“ Als er sich nicht rührte, nahm sie seine Hand, zog ihn herein und schloss die Tür hinter ihm. Er ging durch das Zimmer und sah das Foto, auf dem ein Ehepaar mit seinen zwei Töchtern zu sehen war. Kakeru nahm das Foto in die Hand und fragte:

„Wer ist das auf dem Foto?“

Ruri lächelte und antwortete:

„Das ist meine Familie. Sie sind seit 10 Jahren tot.“

Er sah auf das Foto und sagte:

„Das tut mir Leid. Warum bist du nicht mit auf dem Foto? Warst du an diesem Tag krank?“

Ruri lachte unsicher und antwortete:

„Ich bin auf dem Foto. Ich bin das Mädchen, das von der Mutter gehalten wird.“ Er drehte sich erstaunt zu ihr um.

„Haben dich deine Eltern als Mädchen verkleidet?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein, das haben sie nicht. Eigentlich wollte ich es dir erst bei unserem Abschluss erzählen, aber ich denke jetzt ist es sinnvoller. Der Grund, warum du dich nie in mich verlieben würdest ist der, dass ich kein Junge bin. Ich bin von meiner Geburt an bis heute und in Ewigkeit eine Frau.“

Kakeru stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Während er sich vom Schock erholte begann Ruri sich umzuziehen. Als sie ihre langen Haare aus dem Verband zog und öffnete, schien er wieder normal zu sein.

„Du bist tatsächlich ein Mädchen. Aber wie bist du dann auf diese Schule gekommen?“

Sie lachte.

„Der Rektor ist mein Adoptivvater. Er war der beste Freund meines Vaters. Die Freundschaft zwischen den beiden war etwas Besonderes. Die beiden und meine Mutter kannten sich seit der Mittelschule. Sie waren unzertrennlich. In der Highschool standen sie felsenfest hinter Kisuke, als herauskam, dass er wie du schwul ist. Sie überstanden die Highschool mit Mühe und Not, da sie von allen geschnitten wurden. Meine Eltern heirateten und zwei Jahre später wurden ich und meine Zwillingsschwester Ryoé geboren. Kisuke war für uns wie ein zweiter Vater. Meine Mutter bat ihn für uns zu sorgen, wenn ihnen etwas zustoßen sollte. Wir dachten nie, dass er diese Bitte jemals annehmen musste. Als ich 6 Jahre alt war, bekam ich Probleme mit dem Herzen. Kisuke war der erste, der bei mir im Krankenhaus war. Mama, Papa und Ryoé mussten von zu Hause kommen. Um schneller zu sein nahmen sie das Auto. Wir hörten später, dass sie verunglückt waren und noch an der Unfallstelle gestorben sind. Kisuke adoptierte mich zwei Wochen später. Ich gewöhnte mich schnell an ihn und nannte ihn schon bald Papa. Er freute sich immer sehr darüber, weil er nie eigene Kinder haben würde. Ich legte vor 5 Jahren meine Hand für ihn ins Feuer, als er diese Schule übernahm. Wenn du Probleme hast, dann ist er wohl der Beste Therapeut für dich.“

Sie lachte und Kakeru lächelte sie an.

„Das ist ja eine ganz verrückte Geschichte. Meine ist da ein bisschen simpler. Ich habe in der zweiten Klasse der Mittelschule gemerkt, dass ich schwul bin. Meine Eltern waren geschockt, aber verständnisvoll. Ich bin seitdem auf sechs verschiedenen Schulen gewesen. Nirgendwo, außer hier, wurde ich akzeptiert. Ich frage mich, ob ich jemals einen Freund finde.“

Ruri legte ihm aufmunternd die Hand auf die Schulter und sagte:

„Ich bin mir sicher, dass auch irgendwo jemand auf dich wartet. Gib nicht gleich auf. Ich wette hier auf der Schule gibt es mehr Jungs wie dich, als du denkst. Sie trauen sich nur nicht es zuzugeben. Ich weiß von mindestens drei, die Papa eine Liebeserklärung gemacht haben. Ich war im Nebenzimmer.“

Sie zwinkerte ihm zu, drehte sich um, nahm den Verband ab und zog ihr Nachthemd an.

„Sollte ich jemals krank werden, dann lasse ich nur Papa und dich an mich heran. Ach ja, irgendwie fühle ich mich erleichtert. Wir haben morgen Sporttag. Ich habe eine Untersuchung im Krankenhaus, aber danach kann ich dich anfeuern. Du kannst dich hier umziehen und duschen. Dieses Zimmer hat als einziges ein eigenes Bad. Sogar mit zwei Duschen. Wir sind also völlig unter uns.“

Sie grinsten.

„Und was soll ich zum schlafen tragen? Bloß weil ich schwul bin, muss ich ja nicht gleich im Nachthemd schlafen, oder?“

Sie lachten, dann ging Ruri zum Schrank und holte ein weites T-Shirt heraus. „Ich würde sagen da heißt es bis auf die Unterwäsche ausziehen und das anziehen. Du kannst in meinem Bett schlafen. Wir holen dir dann morgen Bettwäsche.“

Er schüttelte den Kopf, um zu sagen, dass sie ruhig in ihrem Bett schlafen konnte. Sie stiegen in ihre Betten und Ruri dreht sich in seine Richtung.

„Ich bin froh, dass du gekommen bist, Kakeru. Jetzt muss ich mein Geheimnis nicht mehr alleine tragen. Außerdem war er immer sehr einsam in diesem Zimmer. Besonders, wenn man das Gelächter aus einem anderen Raum hört. Naja, aber jetzt bist du ja da und ich bin nicht mehr allein. Gute Nacht, Kakeru.“

Damit löschte sie das Licht.

„Weißt du was?“

Sie sah ihn im Dunkeln an.

„Was denn?“

„Wenn ich normal, in Anführungszeichen, wäre, dann hätte ich mich mit Sicherheit in dich verliebt. Auch, wenn ich nicht erfahren hätte, dass du ein Mädchen bist. Schlaf gut.“

Zu ihrem Glück war es dunkel, sodass er die rote Färbung in ihrem Gesicht nicht sehen konnte. So etwas hatte ihr noch niemand gesagt. Sie schloss ihre Augen und schlief sofort ein.

Teil 1 Kapitel 2

Die Nacht schien nie zu enden. Ruri schaltete den Wecker aus und gähnte. Sie hatte tief geschlafen und war vom Wecker unbarmherzig geweckt worden. Sie rieb sich dir Augen und sah sich im Zimmer um. Als sie Kakeru erblickte erschrak sie, erinnerte sich aber sofort wieder an den Vortag und murmelte ein leises

„Guten Morgen“.

Kakeru lächelte und meinte:

„Dir sollte ich wohl eher noch einmal Gute Nacht sagen. Du siehst aus, als könntest du noch etwas Schlaf vertragen. Wann hast du denn deinen Krankenhausbesuch?“

Langsam kam Ruri zu sich und antwortete:

„Um halb elf. Ich habe einen Schlüssel für den Hintereingang, also sollte ich irgendwie unbemerkt entschwinden können.“

Sie stockte, weil ihr etwas einfiel.

„Hab ich dir eigentlich schon meinen richtigen Namen gesagt?“

Er schüttelte verwundert den Kopf.

„Habe ich das nicht? Na dann eben jetzt. Mein wirklicher Name ist Ruri, Ruri Aoi. Freut mich dich auch in meiner weiblichen Zottel-Gestalt kennen zu lernen.“ Sie lächelten sich an. Erst jetzt bemerkte sie, dass er schon fertig angezogen war. Und zwar trug er das gleiche, wie am Vortag.

„Ihr habt heute Sporttag, wie ich bereits gesagt hatte. Du kannst mein Sportzeug haben. Es ist mir zu groß und ich benutze es eh nie. Tu damit was du willst.“ Sie stand auf und ging Richtung Bad.

„Ich gehe jetzt erst einmal duschen. Du wirst weg sein, wenn ich wieder rauskomme, deswegen wünsche ich dir jetzt schon viel Glück. Ignorier die anderen einfach. Ich komme so schnell, wie ich mir diesem herz kann, zurück.“

Sie lächelte und verschwand im Bad. Kakeru zog sich um und machte sich lustlos auf den Weg zum Sportplatz.
 

Nach einiger Zeit kam Ruri wieder aus dem Bad.

„Was soll ich nur anziehen?“ dachte sie sich, als sie vor ihrem Kleiderschrank stand.

Sie entschied sich für ein weißes, knielanges Kleid mit Ärmeln, die kurz vor den Ellbogen endeten und auffächerten. Der Weg zum Krankenhaus war nicht weit, weswegen sie lief. Kakeru konnte sich in der Zwischenzeit unendlich viele Orte denken, an denen er lieber wäre. Er war froh, dass er wenigstens nicht mit ihnen duschen musste. Er ahnte schlimmer, als Ryouichi auf ihn zukam und den Mund öffnete:

„Na Kakeru, wie geht es dir? Dein Gesicht sieht gar nicht so schlimm aus, wie erwartet. Wo ist denn dein kleiner Schutzengel hin?“

Kakeru verdrehte die Augen und murmelte ein leises „Krankenhaus“. Er fasste genug Mut, um sich umzudrehen und wegzugehen. Er hörte Ryouichi noch etwas sagen, verstand aber nicht, was es war. Er würde erst wieder in zehn Minuten dran sein, wenn es um Freiwürfe beim Basketball ging. Er war bei allem eingeteilt, wo er niemanden berühren konnte. Ruri war mittlerweile mit ihrer Untersuchung fertig. Alles war okay. Der Weg zurück zur Schule würde ungefähr fünf Minuten dauern. Sie beeilte sich und kam gerade an, als Kakeru sich vor den Korb stellte. Sie zwängte sich durch die Jungs und feuerte ihn an. Zuerst schaute er etwas verwirrt, weil er sie nicht erkannte, aber dann grinste er, ging in die Knie und traf den Korb. Er ging zu ihr und sie lobte ihn.

„Musst du noch irgendwas hier machen, oder überhaupt im ganzen Sportfest?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein, hier muss jedes Mannschaftsmitglied nur einen Korb werfen und alles andere, was jetzt noch kommt birgt eine Berührungsgefahr mit mir für die anderen. Ich würde sagen ich bin hier fertig. Warum fragst du?“

Sie lachte.

„Ihr habt danach frei und könnt machen, was ihr wollt und ich dachte wir könnten in die Stadt gehen.“

Sie lächelte und zog in weg.

„Aber du solltest vorher lieber duschen.“

Sie hörten hinter sich das Getuschel sämtlicher Schüler, die sich immer wieder die gleichen Fragen stellten:

„Wer ist das Mädchen?“

und

„Was hat sie mit der Schwuchtel zu tun?“

Sie mussten lachen, nahmen sich an den Händen und rannten zum Wohnheim. Allerdings nur um die nächste Ecke, damit Ruris Herz nicht streikte. Als sie zu ihrem Zimmer kamen, standen die Kisten mit Kakerus Sachen bereits da und wurden von Kisuke bewacht. Als er die beiden sah lächelte er. Er ging zu Ruri und umarmte sie. Dann fragte er:

„Wie geht es dir? Ist mit deinem Herz alles in Ordnung?“

Sie lächelte und nickte.

„Alles in Ordnung, Papa. Er meinte es sei sogar etwas kräftiger geworden. Wenn ich mich weiterhin schone, dann könnte der Muskel wieder so erstarken, dass er fast so stark wie ein gesunder Herzmuskel ist. Das bedeutet ich könnte bis zu meinem 20. Geburtstag wieder gesund sein. Ist das nicht toll?“

Sie strahlte ihn an und erntete einen Kuss auf die Stirn als Lob.

„Das ist wunderbar, Ruri. Ach übrigens, wie läuft euer Zusammenleben so? Irgendwelche größeren Ereignisse?“

Kakeru und Ruri sahen sich an und schüttelten den Kopf.

„Nichts, wegen dem du dir Gedanken machen müsstest, Papa. Das einzige, was wir jetzt noch überstehen müssen ist die Erkenntnis der anderen, dass wir zusammenwohnen. Aber das überstehen wir auch.“

Ruri lächelte siegessicher. Kakeru starrte Kisuke fragend an. Als er das bemerkte fragte er:

„Was denn? Hab ich irgendwas an mir?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein. Ich hab mich nur gefragt, wie Sie es auf Ihrer Highschool ausgehalten haben. Hat es Ihnen wirklich gereicht nur von Ruris Eltern unterstützt worden zu sein?“

Kisuke dachte nach und antwortete schließlich:

„Ich denke wir sollten dieses Gespräch wann anders und an einem anderen Ort halten. Warum kommt ihr nicht mal in den nächsten Tagen in mein Büro? Da sind wir ungestört. Wolltet ihr nicht weggehen? Außerdem müssen die beiden Kisten noch ausgeräumt werden. Wir sehen uns dann in den nächsten Tagen.“

Er winkte ihnen zu und ging. Ruri drehte sich zu Kakeru um und sagte:

„Er wird dir deine Frage ehrlich beantworten. Er wollte sich ganz sicher nicht rausreden. Er wollte dir nur keine halbherzige Antwort geben.“

Kakeru nickte.

„Ich hatte keinen Augenblick daran gedacht, dass er sich drücken wollte.“

Sie lächelten sich an. Jeder nahm eine Kiste und stellte sie ins Zimmer. Kakeru sah Ruri an und sagte:

„Ich denke wir sollten sie in den nächsten Tagen auspacken. Ich bin dann mal schnell duschen.“

Ruri gab ihm eines ihrer Handtücher und er betrachtete kritisch das Herzchenmuster. Ruri grinste und hob abwehrend die Hände. Als Kakeru im Bad verschwunden war, beschloss Ruri schon mal die Kisten auszuräumen. Sie legte seine Kleidung ordentlich sortiert nach langärmlig, kurzärmlig, Unterwäsche und Hosen auf sein Bett. Sie holte Bettwäsche aus dem Lagerraum und legte sie ebenfalls aufs Bett. Anschließend räumte sie die Schulsachen auf den Schreibtisch. Damit war die erste Kiste leer. Aus der zweiten holte sie die Sommer- und Winteruniform, das Schwimmzeug und die Sportkleidung heraus und räumte alles ordentlich in den Schrank. Der Rest waren persönliche Dinge. Sie holte ein Portmonee, einen Wecker, etlichen Kleinkram und ein Bild heraus. Das Bild zeigte zwei Jungen, die jeweils den um die Schulter des anderen gelegt hatten und in die Kamera grinsten.

„Das bin ich mit meinem besten Freund aus der Mittelschule. Ich bin übrigens der linke.“

Ruri fuhr erschrocken herum. Sie hatte nicht bemerkt, dass Kakeru aus dem Bad gekommen war.

„Entschuldigung. Ich habe einfach in deiner Privatsphäre geschnüffelt. Es tut mir so leid.“

Er kam zu ihr und legte ihr tröstend die Hand auf den Kopf.

„Ist schon okay. Ich habe ja auch einfach fragen über das Bild deiner Familie gestellt.“

Er nahm ihr das Bild aus der Hand und lächelte es traurig an.

„Er war der erste Junge, in den ich mich verliebt habe. Ich wollte unsere Freundschaft nicht zerstören und versuchte meine Gefühle zu unterdrücken. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und sagte es ihm. Er lächelte und meinte das würde nichts an unserer Freundschaft ändern, aber er ging mir danach offensichtlich aus dem Weg. Die anderen verstanden nicht, warum er das plötzlich tat, aber sie machten es ihm nach. Am Ende erzählte er ihnen den Grund und von da an war mein Leben die Hölle. Auf einmal wussten es alle und gingen mir aus dem Weg. Sogar die Mädchen drehten sich angewidert weg und tuschelten.“

Ruri kam auf ihn zu und legte ihre Arme um ihn. Er stellte das Bild zur Seite, schloss seine Arme um sie und weinte. Sie wollte stark bleiben, aber auch ihr flossen Tränen über das Gesicht. Sie fand das Verhalten seines ehemaligen besten Freundes einfach nur grausam.
 

Als er sie wieder losließ schaute sie besorgt zu ihm auf, aber er lächelte wieder und wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht.

„Warum weinst du denn?“ fragte er.

„Du bist doch gar nicht davon betroffen.“

Sie schüttelte den Kopf und antwortete:

„Natürlich bin ich davon betroffen. Du bist mein Freund. Ich weiß, was du durchmachen musstest. Ich hatte eine Freundin in meiner vorherigen Highschool, die ich schon aus der Middle-School kannte. Einer Tages sagte sie mir, wie du damals deinem Freund, dass sie sich in mich verliebt hatte. Ich sagte, dass es okay sei und dass es mir leid täte, dass ich ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Für mich hatte sich nichts verändert, aber sie ist nach und nach daran zerbrochen. Eines Tages ist sie dann weggezogen. Man kann als derjenige, in den sich jemand des gleichen Geschlechts verliebt hat nur Fehler machen. Aber ich hoffe bis heute, dass Chiharu glücklich ist, dass sie jemanden gefunden hat, der ihre Gefühle erwidert. Das wünsche ich dir übrigens auch.“

Sie lächelte und drückte ihn noch einmal fest.

„Bei uns wird das bestimmt keine Auswirkungen auf die Freundschaft haben. Zum einen, weil ich ein Mädchen bin und zum anderen, weil ich dich nur so kenne und akzeptiert habe.“

Sie boxte ihn und grinste, dann drehte sie sich um und sagte:

„Bevor wir allerdings in die Stadt gehen solltest du dir etwas anziehen.“

Er sah an sich herunter und bemerkte, dass er nur im Badehandtuch im Zimmer stand. Er schnappte sie Sachen von den Stapeln auf dem Bett und zog sich an. „Soll ich meine Haare fönen, oder kann ich sie feucht lassen?“

Sie drehte sich wieder zu ihm um und fühlte nach, wie feucht seine Haare waren und meinte:

„Du solltest sie lieber fönen. Ich mache das schnell für dich. Setz dich auf den Stuhl da drüben am Fenster, da ist eine Steckdose.“

Er ging zum Stuhl und sie holte ihren Fön. Als sie anfing ihn zu fönen, fiel Kakeru etwas auf und er sagte:

„Du hast vorhin von deiner früheren Highschool gesprochen. Warst du nicht von Anfang an auf dieser?“

Sie lächelte ein wenig traurig und antwortete:

„Nein, ich bin erst vier Wochen nach Schulbeginn hier her gekommen. Nachdem Chiharu weggezogen war, lief es fast wie bei dir. Die anderen verstanden ihr Handeln nicht, gaben aber mir die Schuld und mieden mich. Man könnte fast meinen wir wären Seelenverwandte. Ich wurde von den Mädchen besonders schlimm geschnitten, deswegen bin ich hier, auf einer Jungenschule. Das Lustige ist, dass ich Chiharu nie die Schuld daran geben konnte, weil die in meinen Augen die schwerere Last zu tragen hatte.“

Sie lachte, aber es klang nicht besonders überzeugend. Sie fönte seine Haare schweigend trocken. As sie fertig war seufzte sie und meinte:

„Ich denke jetzt wissen wir wirklich alles über den jeweils anderen. Mir ist auch egal, wofür die anderen unsere Freundschaft halten. Wollen wir dann gehen?“ Kakeru nickte und stand auf. Er ging zur Tür, drehte sich zu ihr um, grinste sie an und hielt ihr seine Hand hin. Sie lachte, lief zu ihm und nahm seine Hand. Sie verließen das Wohnheim Hand in Hand und lachten dabei.

„Wohin wollen wir eigentlich gehen? Ich kenne mich hier doch gar nicht aus.“

Sie überlegte und meinte:

„Dann wird es wohl das Beste sein, wenn wir überall mal vorbeischauen. Wir haben 6 Stunden Zeit.“

Sie waren schon fast vom Schulgelände, als sie von hinten Pfiffe hörten. Hinter ihnen standen ungefähr zehn Jungs und grinsten. Einer davon war natürlich Ryouichi. Er trat vor und sagte spöttisch:

„Na, Neuer? Ist das deine Freundin? Weiß sie etwa gar nichts von deinem kleinen Geheimnis?“

Ruri zwinkerte Kakeru unauffällig zu und fragte völlig bestürzt:

„Welches Geheimnis denn, Kakeru-kun?“

Sie musste sich sehr zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Kakeru schaffte mit Mühe und Not ein einigermaßen peinlich berührtes Gesicht. Ryouichi fühlte sich dadurch bestärkt und machte weiter:

„Scheinbar weißt du es wirklich noch nicht, meine Liebe. Ich sage es dir ja nur ungern, aber dein Freund liebt dich nicht. Er kann dich gar nicht lieben, denn er ist schwul.“

„Wenn du das ungern sagst, dann fresse ich einen Besen“, dachte sie sich.

Ruri schaute Kakeru an und sagte völlig übertrieben:

„Das ist nicht wahr. Ich will das nicht glauben, aber dein Gesichtsausdruck erklärt alles. Es kann so nicht weitergehen, Kakeru. Ich mache Schluss.“

Sie drehte sich um und rannte davon. Allerdings nur aus dem Schultor. Sie stellte sich gleich daneben an de Wand und wartete. Sie hörte Ryouichis triumphierende Stimme;

„Tja, Schwuchtel. Jetzt bist du such deine Freundin los. Dein kleiner Schutzengel hält es bestimmt auch nicht mehr lange mit dir aus. Hey, wo willst du hin?“

Kakeru war ebenfalls losgerannt. Er sah Ruri an der Wand stehen und zog sie mit sich. Als sie weit genug entfernt von der Schule in einem Park waren, brachen sie in schallendes Gelächter aus. Sie lachten mindestens zehn Minuten. Als sie sich wieder beruhigt hatten sagte Kakeru zu ihr:

„Ich kann nicht glauben, dass sie darauf reingefallen sind. Du bist eine miserable Schauspielerin.“

Sie lachte ihn an und erwiderte:

„Du bist auch nicht viel besser. So etwas nennst du einen gekränkten Blick? Den hätte ich dir nie abgekauft.“

Sie mussten wieder lachen. Ruri sah sich um, ums eich zu orientieren und sagte schließlich:

„Hier in der Nähe gibt es ein nettes Café, wollen wir dahin gehen? Das Eis dort ist der Hammer. Zur Feier des Tages lad ich dich ein.“

Er nickte und sie zogen los.
 

Wenig später saßen sie bequem in gepolsterten Stühlen, tranken leckeren Milchkaffee und aßen ein Eis. Als Ruri auf die Uhr sah, bemerkte sie, dass sie bereits eine Stunde hier saßen. Sie aßen ihr Eis und sie bezahlte. Kakeru streckte sich und fragte:

„Wo gehen wir als nächstes hin? Gibt es irgendwo ein Einkaufszentrum oder etwas anderes, durch das man schlendern kann?“

Sie überlegte und sagte;

„Es gibt eines, aber das ist ein gutes Stück von hier entfernt. Wir könnten ins Kino gehen. Was meinst du?“

Er nickte und sie liefen los. Am Kino angekommen hatten sie Probleme sich für einen Film zu entscheiden. Sie beschlossen heute den Einen und an einem anderen Tag den Anderen zu sehen. Der Film ging zweieinhalb Stunden, das heißt sie hatten noch genug Zeit etwas anderes zu machen. Sie entschieden sich durch den Park zu schlendern und setzten sich schließlich an den Teich, den es dort gab. Ruri sah auf den Teich und sagte:

„Kisuke ist, nachdem meine Familie gestorben ist, oft nachts mit mir hierher gekommen. Das ruhige, leise Geplätscher hat mich immer aufgemuntert. Er meinte, dass ich immer mit einem Lächeln in seinem Arm eingeschlafen bin. Ich komme auch heute noch ab und zu hier her, um mich zu beruhigen. Manchmal kommt Kisuke auch mit und dann sitzen wir hier nebeneinander, so wie wir beide jetzt, und schauen auf das Wasser. Besonders bei Vollmond ist der Anblick unbeschreiblich. Das muss ich dir irgendwann mal zeigen.“

Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück.

„Ja, das musst du mir wirklich mal zeigen. Wir kommen dann immer hier her, wenn es die Anderen mal wieder übertrieben haben.“

Sie blieben noch eine Weile schweigend sitzen. Schließlich stand Ruri auf und sagte:

„Wir sollten langsam zurück gehen, sonst werde ich noch mit dir gesehen. Dann wäre unser ganzes Schauspiel ganz umsonst gewesen.“

Er nickte und sie gingen los. Sie alberten noch auf dem Rückweg herum und verstummten erst, als sie wieder auf dem Schulgelände waren. Alle Schüler mussten jetzt beim Abendessen sein, wenn sie noch etwas haben wollten. Kakeru sagte er würde vorgehen und ihr Essen mit abholen. Ruri schlich zurück in ihr Zimmer und „verwandelte“ sich wieder in den Jungen Yuki Hio.
 

Als sie in die Kantine kam, saß Kakeru wie erwartet alleine an einem großen Tisch, während sich die anderen an die übrigen Tische quetschten. Als sie an einem Tisch vorbeikam, hielt sie einer der Jungen fest und zog sie neben sich. Er legte ihr den Arm um die Schulter, um zu verhindern, dass sie abhaute. Sie erkannte in ihm einen der Jungen, die heute Mittag dabei waren, als sie mit Kakeru „Schluss gemacht“ hatte. Sie anderen Jungs am Tisch grinsten. Sie ahnte nichts Gutes. Er zog sie noch näher an sich heran, sodass er ihr ins Ohr flüstern konnte:

„Du bist in Gefahr, mein Kleiner. Kakeru hatte die ganze Zeit eine Freundin, wusstest du das?“

Sie nickte langsam und er fuhr fort:

„Ach ja? Du wusstest es? Dann weißt du sicher auch, dass sie ihn verlassen hat?“ Sie nickte wieder.

„Das ist nicht gut für dich, weißt du? Er wird Trost suchen. Höchst wahrscheinlich körperlichen. Was denkst du, wer sich am Besten dafür eigenen würde?“

Ruri erstarrte. Sie konnte sich denken, was dieses Grinsen zu bedeuten hatte und es gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie versuchte sich loszureißen, aber er hielt sie unnachgiebig fest und sprach weiter:

„Das erste Mal ist es immer sehr schmerzhaft, weißt du. Wir dachten wir sollten dich darauf… vorbereiten. Wie er wohl reagiert, wenn er dich so sieht?“

Langsam bekam sie es mit der Angst zu tun.

„Lass mich los!“

Eigentlich sollte es selbstbewusst klingen, aber das gelang ihr nicht. Ihr stiegen die Tränen in die Augen, sodass sie kaum noch etwas sah. Plötzlich wurde der Griff gelockert und sie wurde sanft auf die Beine gezogen. Sie erkannte, dass der Typ, der sie festgehalten hatte von der Bank fiel. Sie sah sich um und sah, dass sich Kakeru schützend vor sie gestellt hatte.

„Er hat gesagt, dass du loslassen sollst. Hat dir deine Mutter nicht beigebracht auf andere zu hören? Ich habe übrigens alles gehört, was du gesagt hast. Sei dir sicher, dass ich dir jeden Knochen einzeln gebrochen hätte. Mal davon abgesehen, dass deine Sorgen unbegründet waren. Das war gar nicht meine Freundin, sondern nur eine Bekannte, die mitgespielt hat.“

Der Typ auf dem Boden rieb sich den Kiefer und sah wütend zu Kakeru auf.

„Warum bist du so stark? Du wirkst doch so schwächlich.“

Kakeru grinste selbstzufrieden und antwortete:

„Bloß, weil ich schwul bin, ändert das nicht den Fakt, dass ich ein Junge wie du bin. Ich gehe genauso wie viele hier ins Fitnessstudio.“

Er drehte sich zu Ruri um und sagte:

„Wir gehen noch schnell zum Supermarkt und holen uns etwas zu essen. Hier gefällt mir die Gesellschaft nicht.“

Er nahm ihre Hand und zog sie weg. Die Pfiffe hinter ihnen ignorierten sie einfach. Kakeru wollte noch schnell aufs Zimmer gehen und sein Geld holen. Ruri bot an hier auf ihn zu warten, aber er wollte sie nicht mehr aus den Augen lassen.
 

Sie liefen den ganzen Weg schweigend nebeneinander her, aber Ruri konnte sich denken, dass Kakeru vor Wut kochte. Als sie sich Fertiggerichte geholt hatten und auf dem Rückweg waren, fragte sie ihn:

„Warum hast du dich nicht früher schon zur Wehr gesetzt? Du bist doch stark genug. Du hättest Ryouichi damals locker zum Schweigen bringen können.“

Er lachte.

„Damals hatte ich keinen Grund. Er war nur wie die anderen von den vorherigen Schulen. Ich hätte ihnen am Liebsten allen die Nase gebrochen. Das sie so weit gehen und dir so etwas antun würden. Ich war fassungslos. Ich wüsste nicht, wie ich diese Schule ohne dich überstehen soll.“

Er sah zum Himmel und schnaubte. Ruri fühlte, dass er jedes seiner Worte ernst gemeint hatte.

„Weißt du, was mir aufgefallen ist?“

fragte er plötzlich und sie schüttelte überrascht den Kopf.

"Mir ist aufgefallen“,

fuhr er fort,

„dass Ryouichi bisher nur mich als Ziel für seine Sticheleien genommen hat. Du wurdest nur von den andern angegriffen, aber nicht von ihm. Mir war heute auch, als hätte ich gesehen, wie er aufstehen wollte. Ich bin mir sicher, dass er dir geholfen hätte, wenn ich nicht vorher dazwischen gegangen wäre. Vielleicht mag er dich ja.“

Ruri lachte.

„Ist das dein Ernst? Ryouichi soll mich mögen? Nie im Leben. Wir haben das erste Mal miteinander gesprochen, als ich ihn gebeten habe mit mir die Plätze zu tauschen.“

Kakeru gab nicht auf.

„Vielleicht hackt er nur auf mir herum, weil er eifersüchtig auf mich ist. Er denkt wahrscheinlich, dass er selbst schwul ist. Er weiß schließlich nicht, dass du ein Mädchen bist. Glaub mir, ich verstehe das Herz eines Jungen.“

Sie sah ihn skeptisch an. Ryouichi sollte in sie verliebt sein? Das schien ihr mehr als unmöglich, aber sie dachte auf dem Rückweg trotzdem über die Wahrscheinlichkeit nach.

Teil 1 Kapitel 3

Ruri hatte in dieser Nacht schlecht geschlafen. Kakerus Behauptung, dass Ryouichi sie mögen könnte, hatte ihr schließlich doch keine Ruhe gelassen. Sie erschrak fast, als sie sich im Spiegel sah. Kakeru schlief noch. Kein Wunder, denn es war gerade mal fünf Uhr morgens. Sie beschloss sich anzuziehen und zu Kisuke zu gehen, der ganz in der Nähe wohnte. Sie würde sich erst dort umziehen. Sie packte ihre Schuluniform und ihre „Zauberaccessoires“ ein und zog sich ein leichtes Kleid an. Sie schrieb Kakeru eine Nachricht und legte ihm den Schlüssel dazu. Dann schlich sie so leise, wie sie konnte vom Schulgelände. Kisukes Haus war nicht groß, aber gemütlich. Sie schloss auf, huschte hinein und wurde sofort von seiner Katze Marielle begrüßt. Marielle wusste immer, wann Ruri zu Besuch kam und freute sich. Ruri nahm sie auf den Arm und ging mit ihr die Treppe hoch, denn Kisukes Schlafzimmer war im ersten Stock. Sie schlich leise ins Zimmer, setzte Marielle ab, zog ihre Schuhe aus und kroch unter seine Decke. Dieser zuckte daraufhin zusammen und murmelte:

„Du hast kalte Füße.“

Ruri lachte und kuschelte sich an ihn.

„Guten Morgen, Papa.“

Sie bekam zunächst nur ein Grunzen als Antwort, aber Kisuke legte seine Arme um sie und zog sie zu sich heran. Er antwortete schläfrig:

„Du bist schon länger nicht mehr morgens zu mir gekommen. Ist etwas passiert?“ Er legte sich auf den Rücken und sie legte ihren Kopf auf seine Brust. Sie lächelte, auch wenn er das nicht sehen konnte und antwortete:

„Nicht so wichtig. Das hat Zeit bis nachher.“

Und damit schlief sie ein.
 

Kisuke weckte sie zwei Stunden später und sie stand widerwillig auf. Sie zog sich ihre Schulsachen an und schwankte müde nach unten. Auf der vorletzten Stufe rutschte sie ab und wurde gerade noch so von Kisuke aufgefangen.

„Wenn du weißt, dass du noch nicht richtig wach bist, dann lauf auch keine Treppen.“

Sie hörte an seiner Stimme, dass er verärgert war. Er nahm sie kurzer Hand hoch und trug sie in die Küche, wo bereits Frühstück auf dem Tisch stand. Er setzte sie auf einen Stuhl und Ruri lächelte.

„Wir haben auch schon länger nicht mehr zusammen gefrühstückt. Wusstest du, dass Kakeru wirklich stark ist? Er sieht gar nicht danach aus.“

Kisuke lachte amüsiert und antwortete:

„Es hat sich wirklich nichts verändert. Es denkt immer noch jeder, dass „Unseresgleichen“ schwach sind. Du musst schon jemandem ins Gesicht schlagen, damit sie es verstehen. Das hast du ja gestern gesehen.“

Ruri blickte weg.

„Ich kann mir denken, was sie zu dir gesagt haben. Ich werde es nicht wiederholen, denn das ist es nicht wert. Ihr habt euch also wirklich getrennt?“ Ruri lachte:

„Ja. Sie haben uns zusammen am Schultor erwischt und mir eröffnet, dass Kakeru schwul sei. Ich habe total übertrieben reagiert und bin weggerannt. Die Typen haben versucht Kakeru noch mehr nieder zu machen, aber das hat nicht geklappt. Irgendwann ist er auch weggerannt, weil er sein Lachen nicht mehr unterdrücken konnte. Danach waren wir Eis essen, im Kino und im Park. Ich habe ihm „unseren“ Teich gezeigt.“

Er lächelte. Sie frühstückten, räumten den Tisch ab und machten sich auf den Weg in die Schule. Sie verabschiedeten sich aber vorher noch von Marielle, indem sie sie kraulten. Auf dem Weg erzählte sie ihm von Kakerus Vermutung, aber er lachte nur und meinte:

„Das wirst du früher oder später selbst bemerken.“

Ruri konnte den seltsamen Unterton in seiner Stimme nicht deuten, also beließ sie es dabei. Am Schultor wartete bereits Kakeru auf sie und lächelte ihnen entgegen. Erst, als sie näher kam sah sie, dass seine Backe geschwollen war. Sie lief zu ihm und fragte aufgeregt:

„Wer hat das getan? Tut es sehr weh?“

Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie Richtung Schulgebäude und rief ihnen zu: „Ich hole etwas zum Kühlen aus dem Sanitätsraum.“

Damit war sie verschwunden. Kisuke stellte sich neben Kakeru und fragte wie selbstverständlich:

„Ryouichi Karasuma?“

Kakeru sah ihn an und lachte:

„Sie wissen es also auch?“

Kisuke nickte.

„Ja, er kam doch tatsächlich vor einiger Zeit zu mir in mein Büro und bat mich um Hilfe. Er meinte, dass ich die einzige Person sei, mit der er darüber reden konnte. Da wusste ich schon in etwa, worum es ging. Warum hat er dich eigentlich geschlagen?“

Kakeru seufzte:

„Erzählen Sie mir dann, was er zu Ihnen gesagt hat?“

Kisuke nickte und er fuhr fort:

„Ich habe es gewagt aus „Yukis“ Zimmer zu kommen. Ich erklärte ihm, dass ich jetzt bei ihm im Zimmer wohnen würde. Darauf sagte er mir mit gedämpfter Stimme, dass ich es ja nicht wagen sollte, „Yuki“ anzurühren. Um sicherzustellen, dass ich es auch tat, hat er mich geschlagen. Danach ist er gegangen und ich bin hier her gekommen, um zu warten. Wenig später seid ihr dann gekommen. Was wollte er bei Ihnen?“

Kisuke lachte und sagte:

„Lass uns schon mal losgehen, sonst denkt sie noch du wärst gestorben. Ihre Mutter war genauso. Du darfst mich auch ruhig duzen, sonst komme ich mir so alt vor.“

Sie gingen los und Kisuke begann zu erzählen:

„Es ist ungefähr einen Monat her, als er plötzlich in meinem Büro stand und mit mir reden wollte. Es war Wochenende, deswegen wunderte ich mich, dass er hier war und nicht mir Freunden unterwegs. Er setzte sich und sagte mir nach unten gerichtetem Blick, dass er meine Hilfe bräuchte. Er hätte einen Klassenkamerad, mit dem er nicht nur befreundet sein wollte. Ich fragte ihn, wer es denn sei und er antwortete mit hochrotem Kopf „Yuki Hio“. Ich hatte damit gerechnet, seit sie auf diese Schule gehen wollte. Ob sie will oder nicht, aber sie kann nichts daran ändern, dass sie eine Frau ist. Bei allem, was sie tut ist immer etwas Weibliches dabei. Darauf reagieren Jungs nun einmal instinktiv. Es würde mich nicht wundern, wenn es noch anderen Jungen so geht, wie Ryouichi. Sollte es noch weiter ausarten, muss ich sie wohl oder übel von der Schule nehmen.“

Sie waren am Schulgebäude angekommen.

„Hier trennen sich unsere Wege. Ruri wartet bestimmt im Sanitätsraum auf dich. Ihr solltet es noch locker zum Unterricht schaffen.“

Er lächelte und Kakeru lächelte ebenfalls, als er sagte:

„Also wenn die anderen gesehen hätten, wie wir uns normal unterhalten, dann wäre das Vorurteil, dass wir nur übereinander herfallen können auch aus der Welt geschafft.“

Sie verabschiedeten sich und Kakeru suchte nach Ruri. Kisuke hatte Recht behalten. Ruri stand im Sanitätsraum und wartete. Der Arzt war scheinbar nicht da. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn erleichtert an. Sie kam zu ihm und legte ihm eine in ein Handtuch gewickelte Kompresse auf die Backe. Sie sah ihn an und fragte vorwurfsvoll:

„Wo warst du? Warum hat das so lange gedauert? Ich dachte es wäre etwas passiert.“

Kakeru musste lachen, weil Kisuke auch damit Recht behalten hatte. Er kannte sie wirklich in und auswendig. Nachdem seine Backe fast eingefroren war, nahm er die Kompresse vom Gesicht und lächelte.

„Ich denke, wir sollten gehen, sonst stirbt meine Backe noch ab.“

Er nahm sie und zog sie aus dem Raum. Er seufzte und sagte:

„Ich bin okay, wirklich! Ich habe mich nur mit Kisuke unterhalten. Niemand hat uns angesprochen. Es kam uns nicht einmal jemand entgegen. Also schau nicht so, als würdest du vor Sorge sterben.“

Sie lächelte und er ließ ihre Hand los, um nicht für einen Aufruhr zu sorgen. Natürlich kamen sie auch pünktlich zum Unterricht. Kisuke hatte wirklich in allem richtig gelegen. Niemand sprach sie an, als sie das Zimmer betraten, aber sie spürten alle Blicke auf sich ruhen. Kakeru spürte besonders Ryouichis Blick auf sich.
 

Die Stunde verging relativ schnell. In der nächsten Stunde waren alle aufgeregt. Ruri erklärte ihm, dass das an den nächsten beiden Stunden lag. Da hatten sie Kochen und das wurde von einer LEHRERIN unterrichtet, die scheinbar nicht schlecht aussah. Ruri warnte Kakeru vor ihr:

„Nimm dich in Acht, Kakeru. Die nimmt alles männliche, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Egal ob schwul oder nicht. Mit mir hat sie es auch einmal versucht, aber ich bin ihr irgendwie entkommen. Wenn du beim aufräumen helfen sollst, dann mache ich freiwillig mit.“

Nachdem sie, während dem Unterricht, alle Sicherheitsmaßnahmen durchgesprochen hatten, gingen sie fast entspannt in die nächste Stunde. Der Klassenraum erinnerte eher an einen Schlussverkauf. Alle kämpften um die Plätze in den ersten Reihen. Immer drei Leute waren an einem Tisch, also machte das sechs Plätze in der ersten Reihe. Mit Kakeru waren sie genau 27. 24 davon kämpften vorne um die sechs Plätze. Ryouichi hatte sich als einziger alleine an einen der hinteren Tische gesetzt und schaute desinteressiert aus dem Fenster. Da sich wohl niemand freiwillig einen Tisch mit ihnen teilen würde, beschlossen sie sich zu Ryouichi zu setzen. Ruri stellte sich neben ihn und fragte:

„Ryouichi? Macht es dir was aus, wenn wir uns zu dir setzen?“

Er sah zu ihnen und schüttelte den Kopf.

„Als ob ihr eine andere Wahl hättet.“

Ruri und Kakeru glaubten sich verhört zu haben. Nicht er hatte keine andere Wahl, sondern sie. Der absurdeste Gedanke, der ihnen kam, war, dass er sich absichtlich alleine an einen Tisch gesetzt hatte. Nicht aus Desinteresse am Kampf, sondern um ihnen zu helfen. Der Gedanke war zu unwahrscheinlich, deswegen verwarfen sie ihn schnell wieder. Als die Lehrerin in den Raum kam, war der Kampf vorbei. Jeder setzte sich an den Platz, an dem er stand. Alle grüßten sie freundlich. Nur Ryouichi murmelte:

„Wem raubt sie heute die Unschuld?“

Ruri war durch Kisuke natürlich darüber informiert, was sie mit dem ausgewählten Schüler während des „Aufräumens“ tat. Doch solange sich niemand beschwerte, waren sie machtlos. Ruri stellte fest, dass weder Kakeru noch Ryouichi Talent zum Kochen und Backen hatten. Sie sollten nur harmlose Pfannkuchen machen, aber die beiden scheiterten schon kläglich beim Eier öffnen. Kakeru wusste nicht einmal, dass man die Eier aufschlagen musste. Er dachte, dass sie aufgestochen werden müssten. Ryouichi kam mit der Waage nicht zurecht, deswegen bereitete er schon einmal die Pfanne vor. Dass hier noch nichts explodiert war, musste ein Wunder sein. Ruri seufzte, nahm Kakeru die Eier und Ryouichi die Pfanne ab. „Setzt euch besser hin und schaut zu, sonst verletzt ihr euch noch. Oder jemand anderen.“

Sie taten gehorsam, was ihnen befohlen worden war und Ruri machte sich an die Arbeit. Sie wog alle Zutaten ab, öffnete sie Eier in Null Komma Nix und verrührte alles. Außerdem hatte sie unbemerkt sie Pfanne vorbereitet. In einer Viertelstunde war der Teig leer und die Pfannkuchen dampften auf dem Teller. Ruri setzte sich zufrieden hin und grinste.

„Habt ihr euch alles gemerkt?“

Ryouichi und Kakeru sahen sich an, grinsten und schüttelten synchron den Kopf. Sie war erstaunt und fragte:

„Seit wann versteht ihr euch so gut?“

Kakeru antwortete:

„Er sagte, dass ich gar nicht so übel wäre, wenn ich es schaffe ihn die ganze Stunde über nicht anzumachen und da sie fast vorbei ist, habe ich gewonnen.“ Ryouichi nickte nur zustimmend. Er sah die Pfannkuchen an und fragte:

„Wenn wir die behalten dürfen, wollen wir sie dann zusammen in der Pause essen?“ Ruri war skeptisch und fragte:

„Meinst du das ernst? Du wirst wahrscheinlich zum Außenseiter werden. Das ist dir klar, oder?“

Ryouichi nickte. Sie seufzte und lächelte schließlich.

„Gut, dann essen wir sie in der Mittagspause.“

Die Lehrerin kam und betrachtete kritisch die Pfannkuchen. Nach einiger Zeit entschied sie:

„Das sind die Besten Pfannkuchen. Dafür sollte mir einer von euch beim Aufräumen helfen. Wen nehme ich denn da?“

Sie sah die drei an. Den Gedanken Ruri zu nehmen verwarf sie sofort wieder. Sie musste sich also zwischen dem Neuen und dem Abgeneigten entscheiden. Sie lächelte und sagte:

„Ich denke wir sollten Kakeru-kun noch etwas Zeit geben, um sich einzugewöhnen, deswegen hilfst du heute Ryouichi-kun.“

Da sie nur ein widerwilliges Knurren bekam fügte sie hinzu:

„Du weißt ja, dass es Punktabzug gibt, wenn du dich weigerst. Die Stunde ist vorbei. Packt eure Sachen und geht. Wir sehen uns nächste Woche.“

Sie schenkte allen ein zuckersüßes Lächeln und Ruri hätte sich am Liebsten übergeben. Sie packten die Pfannkuchen ein und waren schon fast an der Tür, als Ruri sich noch einmal umdrehte. Sie sah, dass Ryouichis Gesicht weiß wie die Wand hinter ihm war. Sie kämpfte mit sich, drehte sich aber schließlich zu Kakeru um und sagte:

„Geh du schon mal vor. Ich komme dann nach.“

Kakeru schüttelte den Kopf und seufzte:

„Ich wusste, dass es so kommen würde. Ich habe versprochen dich nicht mehr allein zu lassen. Erst recht nicht bei so einer Person.“

Er lächelte und Ruri drehte sich wieder in Richtung Lehrerin. Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie sprach:

„Wir helfen mit. Das Chaos ist für zwei Personen viel zu groß.“

Die Lehrerin lächelte engelsgleich, als sie antwortete:

„Ist schon in Ordnung. Ryouichi-kun und ich schaffen das schon. Ihr habt jetzt doch sicher Unterricht.“

Sie wollte die beiden unbedingt loswerden, dass war nicht zu übersehen, aber so schnell gab Ruri nicht auf. Das Lächeln prallte an ihr ab und sie gab mit einem überfreundlichen Lächeln zurück:

„Wir haben jetzt eine Freistunde, weil unser Mathelehrer krank ist. Wir haben also mehr als genug Zeit.“

Sie ließ keine weiteren Widersprüche zu, denn sie begann einfach aufzuräumen. Kakeru lachte und tat es ihr nach. Die Lehrerin war kurz vor dem Wutausbruch, aber sie musste sich geschlagen geben. Sie packte wütend ihre Sachen und verließ den Raum mit einem:

„Wehe ich finde noch irgendwo Schmutz.“

Ruri und Kakeru klatschten sich ab und lachten.

„Du bist der Hammer, Yuki. Niemand hätte sie so in die Flucht schlagen können.“ Ruri zwinkerte und meinte:

„Tja, was soll ich sagen. Ich verstehe eben das Verhalten von Frauen.“

Sie mussten wieder lachen. Ryouichi, der das Geschehen bisher nur stumm beobachtet hatte, meldete sich zu Wort:

„Warum habt ihr das getan?“

Sie drehten sich zu ihm um und Kakeru antwortete:

„Na um einem Freund zu helfen. Du magst das vielleicht nicht so sehen, aber wir rechnen dir deine Freundlichkeit uns gegenüber hoch an. Du hast das ja offensichtlich nicht gewollt.“

Ryouichi blickte zu Boden und murmelte ein leises, aber verständliches:

„Danke.“

Ruri stemmte die Hände in die Hüfte und sah sich im Raum um.

„Wie kann man nur so eine Unordnung hinterlassen?“

Sie sah die Jungs an.

„Wollen wir anfangen?“

Sie nickten widerwillig und die drei begannen aufzuräumen. Nach einer halben Stunde waren sie fertig und Ruri meinte spöttisch:

„Das wollte sie nach der Haupttätigkeit mit einem mitgenommenen Jungen noch aufräumen? Sehr selbstbewusst die Frau. Das hätte sie nie geschafft.“

Die Jungs nickten nur, da sie Hausarbeit scheinbar nicht gewohnt waren. Ruri bot ihnen als Friedensangebot an die Pfannkuchen jetzt schon zu essen. Der Vorschlag wurde mit voller Begeisterung angenommen. Sie holten das nötige Geschirr, setzten sich an einen Tisch und aßen gemütlich. Als es klingelte packten sie alles zusammen und gingen zusammen zur nächsten Stunde. Alle kamen auf Ryouichi zu und fragten, wie das „Aufräumen“ gewesen wäre. Die drei sahen sich an und Ryouichi antwortete grinsend:

„Also ich weiß ja nicht, wie ihr aufräumt, aber wir haben lediglich die Sachen weggeräumt und sauber gemacht, oder?“

Ruri und Kakeru nickten zustimmend. Sie lachten und ließen ihr völlig perplexen Klassenkameraden einfach stehen. Sie wussten, nicht, ob das daran lag, dass nichts passiert war, oder daran, dass er einen Schwulen und seinen „Schutzengel“ einer Frau vorgezogen hatte. Aber es konnte ihnen eigentlich egal sein. Sie waren nun schon zu dritt und nicht mehr nur zu zweit. Das würde alles erträglicher machen.
 

Der Tag ging recht schnell vorbei. Als sie auf dem Rückweg waren sah Ryouichi zu Kakeru und sagte:

„Entschuldigung!“

Als Kakeru ihn verwirrt ansah, fuhr er fort:

„Ich entschuldige mich für alles, was ich dir bisher angetan habe. Besonders für die Schläge. Nach allem, was ich dir angetan habe, habt ihr mir heute trotzdem geholfen. Du bist gar nicht so übel, wie ich anfangs gedacht habe… Freunde?“

Er hielt Kakeru seine Hand hin und dieser schlug grinsend ein. Ruri lachte und legte ihre Hände oben drauf.

„Vergesst mich nicht.“

Jetzt lachten sie alle drei. Als sie sich wieder beruhigt hatten, schlug Ryouichi vor, dass sie sich umziehen und danach in die Stadt gehen könnten. Sie stimmten zu. Ruri und Kakeru gingen in ihr Zimmer und Ryouichi in seines. Sie wollten sich in zehn Minuten am Schultor treffen. Kakeru war als erster fertig und ging vor. Ruri schaffte es gerade noch so rechtzeitig am Treffpunkt zu erscheinen. Kakeru grinste und fragte:

„Was hat denn da so lange gedauert?“

Sie funkelte ihn an und zischte:

„Idiot.“

Ryouichi verstand nicht, was sie meinten, aber er wollte auch nicht nachfragen. Vielleicht würden sie es ihm irgendwann erklären. Stattdessen fragte er:

„Können wir dann los, oder wollt ihr das lieber noch einmal ausdiskutieren?“

Sie lachten und liefen los. Sie kamen pünktlich zum Abendessen wieder zurück. Ryouichi wurde wider Erwarten nicht zum Außenseiter. Man ließ sogar Ruri und Kakeru mit am Tisch sitzen. Manche fingen auch ein Gespräch an und merkten, dass man sich mit ihnen ganz normal unterhalten konnte. Ruri lächelte, als sie sah, wie sich Kakeru mit jemandem um das Salz stritt. Alle Vorurteile schienen wie weggeblasen. Zumindest an diesem Tisch. Andere Tische warfen ihnen fast tödliche Blicke zu. Ein Junge aus ihrer Klasse beugte sich zu ihr und meinte:

„Ignorier sie einfach. Solange sie nur zu uns schauen und nichts tun, habt ihr nichts zu befürchten. Wenn Ryouichi euch als vertrauenswürdig einstuft, dann tun wir das auch. Von unserer Klasse habt ihr nichts mehr zu befürchten. Aber ich kann natürlich nicht für alle Klassen sprechen. Nicht überall wird Ryouichi wie ein Gott behandelt.“

Ruri sah ihn verwundert an und fragte:

„Wie meinst du das?“

Er grinste und antwortete:

„Viele aus unserer Klasse kennen ihn noch aus der Middleschool. Im dritten Jahr war er Schulsprecher und hat vielen aus der Patsche geholfen. Er hat sich immer für andere eingesetzt. In meinem Fall hat er meine Prügel bezogen. Er ist kein schlechter Mensch. Ganz und gar nicht.“

Ruri sah zu Ryouichi und lächelte. Mit jeder neuen Sache, die sie über ihn erfuhr, fand sie ihn ein bisschen sympathischer. Es war ihr fast schon peinlich so zu denken. Selbst wenn sie Gefühle für ihn entwickeln würde, musste sie diese bis zum Abschluss unterdrücken, wenn sie ihm keine Probleme bereiten wollte. Sein perfektes Ansehen sollte nicht wegen ihr zerstört werden. Allein dieser Gedanke zeigte, dass sie Gefühle für ihn hatte, aber das wollte sie sich nicht eingestehen. Sie freute sich jetzt lieber darüber, dass er dafür gesorgt hatte, dass Kakeru aufgenommen wurde. Nachdem sie zu Ende gegessen hatten, verabredeten sie sich, um am nächsten Tag (Samstag) etwas zusammen zu unternehmen. Einer der Jungs boxte Kakeru in die Seite und meinte:

„Du kannst ja deine Bekannte mitbringen. Da sie nicht deine Freundin ist, findet sie ja vielleicht Gefallen an einem von uns.“

Kakeru hatte wohl schon damit gerechnet, denn er schüttelte sofort den Kopf und antwortete:

„Das geht leider nicht. Sie kommt aus meinem Heimatort und der ist weit von hier entfernt. Sie hat mich nur besucht, um zu sehen, ob es mir gut geht. Vielleicht wann anders.“

Er lächelte und der Junge, der ihn gefragte hatte, tat so, als würde er schmollen. Ruri war von seiner Lüge beeindruckt. Wann hatte er sie sich wohl ausgedacht? Doch sie hatte jetzt keine Zeit darüber nachzudenken. Sie wollte gerne als Mädchen mit den Jungs weggehen, deswegen sagte sie zu ihm:

„Lad sie doch ein. Sie kann meinen Platz füllen. Meine Eltern hätten mich gerne mal wieder zu Hause, deswegen bin ich am Wochenende nicht da. Sie kann ja in meinem Bett schlafen.“

Kakeru sah sie skeptisch an, aber sie machte ein bettelndes Gesicht und so hatte er keine Wahl. Er seufzte und stimmte zu. Er würde sie noch am Abend anrufen und einladen. Nachdem sie alles geklärt hatten gingen sie zum Wohnheim, verabschiedeten sich voneinander und gingen in ihre jeweiligen Zimmer. Als sie alleine waren fragte Kakeru:

„Du willst wirklich als Mädchen mit ihnen weggehen? Willst du dich nicht gleich den Löwen zum Fraß vorwerfen?“

Sie verstand seine Sorge, aber sie antwortete dennoch etwas trotzig:

„Genau das hat Kisuke auch gesagt, als ich ihn gefragte habe, ob du bei mir wohnen darfst. Du passt doch auf mich auf. Ich werde nicht von deiner Seite weichen. Versprochen! Ich will nicht immer nur ein Junge sein. Ich bin nun mal ein Mädchen und ich will manchmal auch ein Kleid oder einen Rock tragen. Das musst du doch verstehen. Ich weiß, dass ich mich freiwillig als Junge verkleide, aber…“

Sie wusste nicht warum, aber sie spürte Tränen in ihren Augen. Kakeru nahm sie in den Arm.

„Entschuldige. Ich wollte nur nicht, dass sie dich die ganze Zeit dumm anmachen. Wie hat meine Klassenkameradin immer gesagt? So was wie sie sei eine Perle unter Steinen. Das trifft deine Situation morgen wohl am Besten.“

Sie sah zu ihm hoch und lächelte zustimmend. Sie zogen sich um und fielen sofort in ihre Betten.

Teil 1 Kapitel 4

Ruri stand am nächsten Tag bereits um halb neun auf, um zu Kisuke zu gehen. Dort würde sie sich umziehen und anschließend wieder zurückkommen. Kakeru war mit ihr aufgestanden, da er eh kein Langschläfer war. Als sie an der Tür standen drehte sie sich noch einmal um und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Sie zwinkerte und streckte ihm die Zunge heraus. Er lachte und gab ihr zur Strafe ein

„Mach, dass du wegkommst“.

Sie lachte ebenfalls und machte sich auf den Weg. Sie wollten sich alle um elf am Schultor treffen. Bis dahin würde Ruri bei Kisuke bleiben. Darauf freute sie sich besonders. Endlich mal wieder normal frühstücken, über alltägliche Dinge reden und sich schließlich verabschieden, weil sie sich mit Freunden traf. Es war fast wieder wie früher.
 

Kisuke freute sich, als sie kam. Sie begrüßte ihn und huschte gleich ins Bad, um sich umzuziehen. Sie trug jetzt ein himmelblaues Top und einen knielangen, weißen Rock. Dazu trug sie Schuhe mit nicht allzu hohen Absätzen, die mit Blumen verziert waren. Außerdem trug sie milchfarbene Ohrringe, eine mit Steinen besetzte Kette und ihre heißgeliebte silberne Uhr. Ihre Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden. Sie sah sich zufrieden im Spiegel an und ging in die Küche, wo Kisuke gerade den Tisch deckte. Als sie herein kam sah er auf und sie drehte sich einmal um sich selbst.

„Denkst du das ist okay?“

Er lächelte sie an und nickte.

„Das ist perfekt. Sollte dich Kakeru auch nur eine Minute aus den Augen lassen und dir passiert was, dann komme ich persönlich vorbei und hau ihm eine rein. Da kann er sich sicher sein.“

Kisuke stellte sich wie ein Türsteher hin und machte ein grimmiges Gesicht. Ruri lachte und begann den Tisch weiterzudecken. Als sie damit endlich fertig waren frühstückten sie und räumten wieder ab. Anschließend gingen sie ins Wohnzimmer und packten die Karten aus. Sie liebten es Karten zu spielen und sich dabei zu unterhalten. Ruri erzählte ihm von der Sache mit der Kochlehrerin und Ryouichi und wie sie danach von allen aus ihrer Klasse akzeptiert worden waren. Sie erzählte ihm auch, dass sie anfing Ryouichi zu mögen und dass sie das durcheinander brachte. Kisuke hörte geduldig zu und meinte schließlich:

„Du kannst deine Gefühle nicht bis zum Abschluss unterdrücken. Das würde dir mehr schaden, als ihm deine Liebe zu gestehen und abgewiesen zu werden. Ich bin mir sicher Kakeru hat genau so gehandelt und hat damit alles nur noch schlimmer gemacht. Hab ich Recht?“

Ruri nickte erstaunt. Sie sah auf ihre Uhr und bemerkte, dass es bereits viertel vor elf war. Sie beendeten die Runde und Ruri stand auf. Sie gab ihm einen Abschiedskuss auf die Wange und sagte:

„Danke für deine Hilfe“, bevor sie ging.

Der Weg war ja nicht besonders weit, deswegen musste sie sich auch nicht sonderlich beeilen. Die Jungs standen bereits am Schultor, als sie kam. Kakeru kam sofort auf sie zu und sie flüsterte ihm zu:

„Kisuke schlägt dich, wenn du nicht auf mich aufpasst.“

Er lachte leise und sie gingen das letzte Stück zu zweit. Die Jungs begrüßten sie freundlich und versuchten sich alle gleichzeitig vorzustellen. Ruri lachte: „Immer mit der Ruhe. Wir haben zwei Tage Zeit. Ich kann mir ja auch nicht zwanzig Namen auf einmal merken. Wollen wir nicht erst einmal losgehen?“

Die Jungs schauten ein bisschen enttäuscht.

„Stellt euch mal nicht so an. Ihr könnt nicht erwarten, dass sie euch sofort um den Hals fällt. Benehmt euch mal ausnahmsweise wie Gentlemen.“

Kaum hatte Ryouichi das gesagt erhellten sich ihre Mienen wieder und sie entschuldigten sich bei ihr für ihr unhöfliches Verhalten. Sie schüttelte den Kopf und sagte:

„Ist schon okay. Macht euch nicht so viele Gedanken. Seid einfach wie immer.“ Sie nickten und schließlich gingen sie los. Sie wollten zuerst mit dem Bus in eine größere Nachbarstadt fahren und dort in einen Freizeitpark gehen. Glücklicherweise wollten sie Ruri einladen, denn sie hatte nicht übermäßig viel Geld dabei. Als sie im Bus saßen fiel ihr etwas auf und sie fragte:

„Hab ich mich eigentlich schon vorgestellt?“

Als alle, bis auf Kakeru, die Köpfe schüttelten sagte sie mit einem Lächeln:

„Ich bin Ruri, Ruri Aoi. Freut mich euch kennen zu lernen.“

Die Jungs grinsten sie freundlich an. Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde. Ruri lehnte sich an Kakerus Schulter und nickte ein. Er weckte sie kurz vor ihrer Ankunft und sie fühlte sich ein bisschen gestärkt. Der Freizeitpark war riesig. Sie kauften die Karten und Ruri rannte völlig begeistert hinein. Sie war noch nie zuvor in einem solchen Park gewesen. Als sie an den ersten beiden Attraktionen vorbeikamen, gab es die ersten Probleme. Ein Teil wollte Achterbahn fahren und der andere in die Geisterbahn. Kakeru war in der Gruppe für die Achterbahn und Ruri in der für die Geisterbahn. Als Kakeru sah, dass Ryouichi in der gleichen Gruppe war, wie Ruri, ging er zu ihm und fragte:

„Könntest du ein Auge auf sie werfen?“

Ryouichi nickte und er atmete auf. Wenigstens darum musste er sich keine Sorgen machen. Sie trennten sich und wollten sich an der großen Uhr wieder treffen, wenn sie fertig waren, damit sie weitergehen konnten. Ruri lief voller Begeisterung auf die Geisterbahn zu. Noch bevor jemand den Versuch unternehmen konnte, saß Ryouichi bereits neben ihr. Sie wusste, dass er das wahrscheinlich nur tat, weil Kakeru ihn darum gebeten hatte, aber sie freute sich trotzdem. Als sie wieder aus der Geisterbahn ausstiegen, war Ruri die einzige, die noch lachte. Den Jungs war das Blut in den Adern gefroren und sie waren gefährlich blass. Sie lotste sie alle auf die nahe gelegenen Bänke, auf denen sie sich erholen konnten. Einer sah sie an und fragte:

„Warum bist du eigentlich so entspannt? Hattest du keine Angst?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Natürlich hatte ich Angst. Ich erhole mich nur sehr schnell davon. Außerdem war ich zum ersten Mal in einer Geisterbahn. Die Aufregung und die Freude haben die Angst verdrängt.“

Sie lachte und die Jungs lachten schwach mit. Die Achterbahn-Gruppe kam wenig später entdeckte sie. Sie grinsten, als sie die blassen Gesichter der andern sahen und sie mussten lachen, als sie sagen, dass Ruri quasi unberührt geblieben war. Sie halfen ihnen auf und sie gingen weiter. Kakeru lief links von Ruri und Ryouichi rechts, was es für die anderen unmöglich machte näher als nötig an sie heran zu kommen. Sie fühlte sich durch diesen Schutz geschmeichelt.
 

Sie fuhren fast alle Attraktionen, die der Park zu bieten hatte. Ab und zu teilten sie sich auf. Einmal war Ruri in einer anderen Gruppe, als Kakeru und Ryouichi. Sie überredete sie, dass sie gefälligst fahren sollten, was ihnen Spaß machte, sie könne auch eine Zeit lang alleine überleben. Es passierte auch nichts, aber sie waren trotzdem froh, als sie wieder zwischen ihnen lief. Ryouichi wusste nicht warum, aber er konnte sie nicht aus den Augen lassen. Als sie an einer Uhr vorbeikamen, sahen sie, dass es bereits fünf Uhr war.

„Warum vergeht die Zeit nur so schnell, wenn man Spaß hat? Wir sollten jetzt lieber wieder zurückgehen, oder?“

Sie bekam niedergeschlagene Zustimmung und sie verließen den Park. Auf der Rückfahrt erzählten sie sich alles, was sie erlebt hatten. Als sie wieder in der Nähe der Schule waren fragte einer plötzlich:

„Wer ist das?“

Alle blieben stehen und sahen nach, wen er meinte. Am Schultor stand ein junger Mann. Vielleicht 19 Jahre alt. Er hatte dunkelbraune, längere Haare, die er zu einem Zopf gebunden hatte. Er trug eine Jeans, ein Hemd und eine Sonnenbrille. Ruri trat vor und rief:

„Kiichi?“

Der junge Mann drehte sich zu ihr um, nahm die Sonnenbrille ab und grinste sie an. Sie strahlte und rannte auf ihn zu. Er nahm sie an den Hüften und hob sie ohne Schwierigkeiten hoch und sie lachte. Anstatt sie wieder auf den Boden zu setzen, setzte er sie auf seinen Unterarm. Sie strahlte immer noch.

„Was machst du denn hier? Ich dachte du wärst gar nicht im Land.“

Kiichi grinste und antwortete:

„Ich bin schon längst wieder zurück, wie du siehst. Darf ich denn nicht meine allerliebste Freundin besuchen?“

Sie lächelte.

„Natürlich darfst du das. Warum hast du nicht vorher Bescheid gesagt? Du stehst doch bestimmt schon länger hier, oder?“

Er setzte sie wieder auf den Boden und schüttelte den Kopf.

„Ich bin erst vor zehn Minuten gekommen. Ich dachte erst ich wäre zu spät, aber dann sah ich euch kommen.“

Er sah zu den anderen Jungs und fügte hinzu:

„Das hast du dir aber einen hübschen Harem zugelegt. Gehen die alle hier zur Schule?“

Ruri nickte und bemerkte, dass sein Blick auf Kakeru gerichtet war. Sie stupste Kiichi an und flüsterte:

„Mund zu, sonst könnten Fliegen hineinfliegen.“

Er errötete und sah zu Boden. Ruri lachte und fragte:

„Bleibst du eine Zeit lang hier, oder fährst du gleich wieder weg?“

Er lächelte und antwortete:

„Ich gehe hier zur Uni. Du wirst mich noch häufiger in dieser Stadt antreffen. Wenn du willst, kann ich auch mal hier vorbeischauen.“

Er sprach leiser, als er hinzufügte:

„Wie heißt du denn hier als Junge?“

Ruri grinste.

„Ich heiße Yuki Hio. Der Junge, den du eben fixiert hast ist mein Zimmergenosse und heißt Kakeru Myabi.“

Er errötete wieder und piekste sie in die Seite. Sie quiekte und boxte ihn an den Oberarm.

„Es wird Zeit, dass du endlich erwachsen wirst. Für deine 19 Jahre bist du ziemlich kindisch. Du musst auch mal den ersten Schritt machen.“

Kiichi hielt ihr schließlich den Mund zu und atmete laut aus.

„Es ist gut, Ruri. Ich habe verstanden, was du angedeutet hast. Du hast ja Recht. Wie immer bei solchen Dingen. Ich komme einfach die Tage noch mal vorbei oder du besuchst mich, ich wohne bei Kisuke. Bis dann.“

Er nahm seine Hand von ihrem Mund, winkte und ging. Einer der Jungs kam mit Tränen in den Augen zu ihr und fragte panisch:

„War das dein Freund?“

Ruri lachte.

„Nein, nein. Kiichi ist nur ein ganz normaler Freund. Ich war ein paar Mal seine Alibi-Freundin, aber sonst war da nichts.“

Er seufzte erleichtert und rief den anderen zu:

„Entwarnung Jungs. Nur ein ganz normaler Freund.“

Sie konnte das Aufatmen hören und musste lachen. Die anderen kamen jetzt endlich auch zum Eingang und sie gingen hinein.
 

Alle waren erschöpfter, als sie gedacht hatten. Jeder schlurfte in sein Zimmer und fiel aufs Bett. Manche schliefen sofort ein, andere standen sofort wieder auf und unterhielten sich. Ruri und Kakeru gehörten zur gesprächigen Gruppe. Ruri erzählte ihm wie ein Wasserfall, was sie alles gefahren und wie toll das gewesen war. Kakeru lächelte und hörte geduldig zu. Als sie fertig war fragte er völlig unabhängig vom eben gehörten:

„Läuft zwischen dir und Kiichi wirklich nichts oder hast du das nur gesagt, um die anderen zu beruhigen?“

Sie sah ihn erstaunt an und fragte:

„Da läuft wirklich nichts. Glaubst du mir etwa nicht? Ich kenne Kiichi seit ich denken kann. Er ist drei, bald nur noch zwei Jahre älter, als ich. Nach dem Tod meiner Familie und der Sache mit Chiharu hat er sich immer um mich gekümmert. Er ist wie ein großer Bruder für mich und das wird auch immer so bleiben. Ich konnte ihm schon immer alles erzählen. Er kennt mich in- und auswendig und ich ihn auch. So, jetzt weißt du das auch. Erklärst du mir jetzt mal, warum du so einen besorgten Blick hattest, als du die Frage gestellt hast?“

Er errötete und das reichte Ruri schon als Antwort. Vielleicht würde es bei den Beiden zu einem glücklichen Ende kommen und sie könnten endlich glücklich sein. Ruri hatte Kakeru nicht erzählt, dass Kiichi ebenfalls schwul war und umgekehrt genauso. Wenn sie in Zukunft glücklich sein wollten, dann mussten sie lernen zu ihren Gefühlen zu stehen. Auch solcherlei Beziehungen halten oft nicht für immer. Dass sie sich damit im Grunde nicht viel geschickter anstellte, war ihr nicht klar. Sie sah Kakeru an.

„Und? Deine Antwort?“

Sein Gesicht war schon fast ungesund rot, als er antwortete:

„Meinem Verhalten nach zu urteilen kannst du es dir doch denken, oder? Ich glaube ab heute an Liebe auf den ersten Blick, aber das wird eh sinnlos sein.“ Ruri wurde sauer. Sie stand auf, ging zu ihm und verpasste ihm eine Ohrfeige. „Sag doch nicht gleich, dass es sinnlos ist! Du hast es doch noch nicht einmal versucht. Vielleicht wirst du abgewiesen, aber dann versuchst du es eben wieder. Renn nicht so einfach davon.“

Kakeru rieb sich die Backe und schwieg. Nach einer Weile sagte er:

„Du denkst also, dass ich davon renne? Hab ich denn eine andere Wahl? Weißt du wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass er so ist wie ich? Wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ich jemals jemanden wie mich finde?“

Ruri sah ihn missbilligend an und gab zurück:

„Wenn du so durchs Leben gehst, dann ist sie gleich Null. Du hast zwar eine kleinere Wahrscheinlichkeit, als zum Beispiel ich, aber sie ist nicht gleich Null.“

Er stand auf und verließ das Zimmer um nachzudenken. Ruri seufzt und ließ sich aufs Bett fallen. Plötzlich klopfte es an der Tür.

„Darf ich rein kommen?“

Sie erkannte Ryouichis Stimme. Sie räumte schnell alle Mädchensachen, die sie unmöglich mitgebracht haben konnte, weg, schloss die Schränke und legte die Bilder hin. Erst, als es einigermaßen jungenhaft aussah ging sie zur Tür. Sie lächelte und ließ ihn herein. Er trat ein und setzte sich auf ein Bett.

„Ich hoffe ich darf mich setzen.“

Als sie nickte sprach er weiter:

„Habt ihr euch gestritten? Ich habe gesehen, wie Kakeru aus dem Zimmer kam. Er sah aus, als würde er mit sich kämpfen.“

Ruri überlegte, wie sie es ihm am Besten erklären sollte. Sie entschied sich für die direkte Art.

„Er ist verliebt.“

Ryouichi sah sie fragend an.

„Ja und? Aus unserer Klasse hat ihn jeder akzeptiert. Warum sollte er also so hadern? Ist es denn jemand aus unserer Klasse?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein, es ist mein Freund Kiichi, der Junge, den ihr vorhin gesehen habt. Er sagte, dass es Liebe auf den ersten Blick war, aber er sieht es von Anfang an als sinnlos an. Ich wollte es ihm eigentlich nicht sagen, aber wenn ich ihn so sehe.“

Ruri seufzte und Ryouichi sagte:

„Kiichi ist ebenfalls schwul.“

Sie sah ihn lächelnd an.

„Ja, das ist richtig. Er schien sogar Interesse an ihm zu haben, aber sieht die Sache wie Kakeru. So werden sie es nie alleine schaffen. Manchmal frage ich mich, ob ich an ihrer Stelle genauso denken würde.“

Sie sah ihn immer noch an und er sagte:

„Ich kann sie irgendwie verstehen. Ich habe ein ähnliches Problem, aber das tut jetzt nichts zur Sache. War das der Grund, warum ihr euch gestritten habt?“

Sie nickte und setzte sich neben ihn. Sie lächelte traurig als sie sprach:

„Ich ziehe diese Art von Menschen irgendwie an. Der beste Freund meiner Eltern ist auch schwul. Die drei waren immer zusammen. Sie unternahmen alles gemeinsam. Es störte meine Eltern nicht, dass er schwul war, sie hielten trotzdem immer zu ihm. Ich denke er hat mehr darunter gelitten als meine Eltern ein Paar wurden, als er gezeigt hat. Er hat bis heute nicht die für ihn bestimmte Person gefunden. Ich bin so oft ich kann bei ihm, damit er nicht so alleine ist. Ich hoffe, dass sie alle irgendwann die für sie bestimmte Person finden, aber nachdem ich mich mit Kakeru gestritten habe denke ich, dass ich alles falsch gemacht habe. Ich komme mir so hilflos vor.“

Bei den letzten Worten brach sie in Tränen aus. Ryouichi fühlte sich jetzt ebenfalls ein wenig hilflos und legte ihr vorsichtig den Arm um die Schulter. „Es ist in Ordnung sich manchmal hilflos zu fühlen. Du darfst nur nicht denken, dass du nutzlos bist. Sei einfach weiterhin nett zu ihm und lächle ihn an. Ich denke, dass du ihm damit am meisten hilfst. Vielleicht hat deine Strafpredigt ja geholfen und er schafft es alleine.“

Ruri lächelte und lehnte sich an seine Schulter.

„Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen. Vielleicht hast du ja recht, aber ich schreibe ihm trotzdem einen Zettel. Ich hoffe ich trete dir jetzt nicht zu nahe.“

Er sah sie verwirrt an. Sie lächelte und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er errötete und sie stand auf.

„Entschuldige, aber das ist meine Art Danke zu sagen. Ich hoffe du bist mir nicht böse.“

Er schüttelte den Kopf und sagte:

„Du erinnerst mich an einen Klassenkameraden von mir. Er wirkt so zerbrechlich und du denkst sofort du müsstest ihn beschützen. Du gibst mir das gleiche schutzbedürftige Gefühl, wie Yuki. Wenn du also irgendwann mal Hilfe brauchst, dann komm einfach zu mir.“

Er stand auf und ging zur Tür.

„Ich sollte jetzt gehen. Sollte noch etwas sein, dann komm einfach zu mir. Vertragt euch wieder.“

Sie nickte lächelnd und er verließ das Zimmer. Ruri ging zum Fenster und sah raus. Sie sah Kakeru unter einem Baum sitzen und die nach und nach erscheinenden Sterne beobachten. Sie fragte sich, woran er jetzt wohl denken mochte. Ob sie ihn sehr verletzt hatte? Sie konnte jetzt nichts mehr an der Situation ändern. Sie setzt sich an ihren Schreibtisch und schrieb den Zettel. Als sie fertig war legte sie ihn auf Kakerus Kopfkissen, zog sich um und ging ins Bett, wo sie fast sofort einschlief.

Kakeru kam spät in der Nacht ins Zimmer zurück. Er sah den Zettel und las ihn:
 

Lieber Kakeru,

es tut mir Leid, dass ich dir vorhin eine

Ohrfeige verpasst und dich angeschrieen

habe. Ich hoffe ich habe dich nicht zu sehr

verletzt. Ich wollte dir nur klar machen,

dass deine Chance nicht gleich Null ist.

Besonders nicht bei Kiichi.

Was das bedeutet, kannst du dir

selbst zusammenreimen.

Ruri
 

Er lächelte und ging zu ihrem Bett. Er kniete sich neben sie und tippte ihr auf die Backe. Sie lächelte aus Reflex und er flüsterte:

„Du bist unmöglich. Ich war nicht verletzt. Nur mein Stolz war ein bisschen angekratzt. Du bist eine wirklich gute Freundin.“

Danach verstaute er den Brief, zog sich um und ging ebenfalls ins Bett.

Teil 2 Kapitel 5

Das erste Jahr der Highschool war ohne weitere Probleme zu Ende gegangen. Ruri war immer noch unerkannt geblieben. Mittlerweile hatte sie auch eingesehen, dass sie sich in Ryouichi verliebt hatte, aber sie weigerte sich es ihm zu sagen. Weder als Ruri Aoi, noch als Yuki Hio. Kakeru war über die Ferien mit ihr zu Kisuke gekommen. Dass Kiichi auch dort wohnte, wusste er vorher noch nicht und dass es zu Ruris Plan gehörte auch nicht. Dadurch, dass sie eine ganze Weile im gleichen Haus wohnten, kamen sie nicht Drumherum miteinander zu reden. Deswegen dauerte es auch nicht lange, bis sie dann schließlich zusammen waren. Sie versuchten es mit allen Mitteln zu verstecken, aber die Anderen waren ja nicht blind. Sogar Ryouichi, der nur ein paar Mal gekommen war, hatte es bemerkt. Ob ihnen das bewusst war wussten sie nicht, aber es war Ruri auch egal. Hauptsache Kiichi und Kakeru waren endlich glücklich. Die Klasse war nach den Ferien im groben und Ganzen noch die Gleiche. Einige hatten gewechselt, weil sie überfordert waren. Dafür waren Neue, von andern Schulen, gekommen. Ruri, Ryouichi und Kakeru waren die Klassenbesten gewesen. Sie waren sogar unter sie Besten 10 der Schule. Ruri war für ihr zweites Jahr dem Koch-Club beigetreten. Dafür mussten die Mitglieder an eine andere Schule. Sie konnte sich, wenn auch nur als Junge, wieder mal mit Mädchen unterhalten. Kakeru war im Schwimm-Club und Ryouichi im Basketball-Club. Ruri hatte wegen ihrer Krankheit und ihrem Geheimnis ohnehin von Anfang an eine kleinere Auswahl gehabt. Sie war froh, dass sie wenigstens kochen und backen durfte. Zwei ihrer neuen Klassenkameraden waren ebenfalls in diesem Club, da er noch dazu an ihrer alten Schule stattfand. Sie machten sich gleich nach dem Unterricht auf den Weg. Sie mussten mit dem Bus fahren, wenn auch nur zehn Minuten. Sie winkte Ryouichi und Kakeru vom Schulhof aus zu und grinste. Einer der beiden Jungs, Chiaki, fragte:

„Ihr seid wirklich gut befreundet, oder?“

Ruri lachte und nickte.

„Wir hatten ein paar Startprobleme, aber jetzt sind wir unzertrennlich. Warum fragst du?“

Er lächelte und antwortete:

„Einfach nur so. Es ist mir ur aufgefallen. Kannst du eigentlich gut kochen?“ Ruri überlegte:

„Ich glaube das können nur diejenigen beurteilen, die mein Essen probiert haben. Ich finde es lecker. Kannst du denn Kochen?“

Er nickte.

„Ja, ich bin quasi der Koch in der Familie. Ich lebe mit meinen vier Brüdern und meinem Vater zusammen. Ich hoffe sie überleben ohne mich. Sie konnten nicht einmal eine Fertigsuppe kochen.“

Ruri lachte, weil sie sich vorstellen konnte, dass es Kakeru und Ryouichi nicht besser ergehen würde. Sie unterhielten sich auf dem Weg über alles Mögliche. Irgendwann gesellte sich auch der zweite Junge, Makoto, zu ihnen und es war richtig lustig. Als sie ankamen führten sie sie zum Kochsaal. Sie waren etwas zu früh dran, deswegen nutzten sie die Zeit, um nachzusehen wo alles stand. Nach und nach trudelten die anderen Mitglieder ein. Fünf Mädchen und zwei Jungen. Als sie Ruri, Makoto und Chiaki entdeckten kam ein Mädchen, das in ihrem dritten Jahr sein musste, auf sie zu und sagte:

„Ihr müsst die Jungs von der N-Highschool sein. Chiaki-kun, Makoto-kun und Yuki-kun. Darf ich euch die anderen Mitglieder vorstellen? Die beiden Jungs heißen Chris und Eriol.“

Sie nickten sich zur Begrüßung zu.

„Die Mädchen heißen Marielle“,

Ruri musste sich ihr Lachen verkneifen,

„Sakura und Hinata. Mein Name ist Sayori.“

Ruri zählte in Gedanken nach und fragte verwundert: „Fehlt nicht ein Mädchenname?“

Sayori seufzte und antwortete:

„Hoppla, das hab ich ganz vergessen. Das Mädchen, das da hinten in der Ecke steht heißt Chiharu. Mit ihr könnt ihr nichts anfangen, außer sie soll euch etwas holen. Sie macht sich nichts aus Männern.“

Ruri erstarrte, als sie in Chiharu IHRE Chiharu erkannte. Das gleiche Gesicht, die gleichen Haare. Sie war nie weggezogen. Sie hatte nur die Schule gewechselt. Chiharu sah traurig aus, aber ihre Augen weiteten sich vor Erstaunen, als sie Ruri ansah. Sie hatte Ruri sicherlich durchschaut, denn sie sah, wie Chiharus Lippen ihren richtigen Namen formten. Das schien allerdings niemandem aufzufallen, denn Sayori fuhr unbehelligt fort:

„Wir sind genau 10 Leute und davon ist eine Hälfte männlich und die andere weiblich. Ich denke es ist am Besten, wenn immer ein Junge und ein Mädchen zusammen an einem Tisch kochen. Jeder sucht sich seinen Partner selbst.“

Kaum hatte sie das ausgesprochen war Chiharu auch schon bei Ruri und hielt sie am Arm fest.

„Ich koche mit Yuki-kun.“

Dass es seltsam war, dass sie wusste, dass sie Yuki-kun war, fiel niemandem auf. Sayori hatte den drei Jungennamen nie Gesichter zugeordnet. Sayori nickte verblüfft. Chiharu nahm Ruri an der Hand und sagte:

„Wir holen auch die Kochbücher aus der Bücherei.“

Bevor jemand etwas erwidern konnte, hatte Chiharu sie bereits aus dem Raum gezogen. Sie hielt bis zu Bücherei nicht an und schwieg den ganzen Weg über. Erst, als sich die Türen hinter ihnen schlossen und sie sich vergewissert hatte, dass sich niemand in der Bücherei befand, begann sie zu reden.

„Was machst du hier, Ruri? Warum bist du als Junge verkleidet und heißt Yuki?“ Ruri seufzte. Sie hatte ein Jahr unerkannt in einer Jungenschule gelebt. Jetzt kam sie einmal an eine an eine andere Schule und schon wurde sie durchschaut. Sie sah Chiharu an und antwortete:

„Ich sehe aus wie ein Junge, weil ich seit einem Jahr auf eine Jungenschule gehe. Ich konnte mich ja schlecht mit einem Mädchennamen einschreiben. Ach und um deine erste Frage zu beantworten: Ich bin hier, weil ich im Koch-Club bin. Das einzige, was ich mit diesem Körper machen kann. Noch irgendwelche Fragen?“ Chiharu war einen Moment sprachlos. Als sie sich wieder gefasst hatte sagte sie: „Ja, eine Frage hätte ich noch. Warum gehst du auf eine Jungenschule? Du warst doch vorher auf einer gemischten Schule. Warum also?“

Ruri überlegte, wie sie es am undramatischsten erzählen konnte. Schließlich sagte sie:

„Weißt du , wie sich Mädchen gegenüber unerwünschten Personen verhalten?“ Chiharu überlegte kurz, schüttelte dann aber unsicher den Kopf.

„Du kannst mir glauben, es ist die Hölle auf Erden. Sie lästern über dich, wenn du nur vorbeigehst, sie beschimpfen dich, wenn du ihnen zu nahe kommst und schlagen manchmal sogar nach dir aus. Im Sportunterricht werfen sie dich „versehentlich“ mit Bällen ab, auch wenn du nur auf der Bank sitzt. Du wirst behandelt wie eine minderwertige Person. Alle schauen von oben auf dich herab und warten nur darauf, dass du endlich zusammenbrichst.“

Ruri verzog bei diesen Erinnerungen das Gesicht. Chiharu schaute sie entsetzt an und schüttelte den Kopf.

„Hat man dir das angetan? Warum? Als ich noch da war hast du doch immer so gut mit allen verstanden.“

Erst jetzt kam Chiharu ein beunruhigender Gedanke und sie fragte vorsichtig: „Ist es meine Schuld gewesen?“

Ruri lächelte traurig und antwortete ruhig:

„Ich sag dir gleich, dass ich dich nie dafür gehasst habe! Ich kann verstehen, dass du es damals nicht mehr in meiner Nähe ausgehalten hast. Die anderen haben mir zu Recht die Schuld an deinem Verschwinden gegeben. Du kannst ja nichts dafür, dass sie den Grund nicht wussten. Hättest du ihnen den Grund gesagt, dann hätten sie wahrscheinlich dich so behandelt. Also wage es ja nicht dir jetzt deswegen Vorwürfe zu machen, okay?“

Sie lächelte fröhlicher und nahm die mittlerweile schluchzende Chiharu in den Arm. Die anderen mussten sich schon fragen, wo sie blieben. Ruri ließ Chiharu los und kramte in ihren Taschen, bis sie endlich das Päckchen Taschentücher fand. Sie nahm eines heraus und gab es ihr, dann drehte sie sich zu den Bücherregalen um und fragte:

„Wo stehen die Kochbücher?“

Chiharu zeigte auf ein Regal und Ruri fand nach einer Weile die Kochbücher. Sie nahm einfach mal ein paar heraus und nahm sie mit. Chiharu hatte sich mittlerweile wieder beruhigt und fragte:

„Soll ich die Bücher nehmen? Du bist noch nie besonders kräftig gewesen.“

Ruri lächelte und schüttelte den Kopf. Chiharu erwiderte das Lächeln und sie machten sich auf den Weg zurück zum Kochsaal. Sayori kam auf sie zugelaufen, als sie den Raum betraten.

„Ihr habt ganz schön lange gebraucht. Hast du dich etwa wieder irgendwo verlaufen, Chiharu? Du bist einfach zu tollpatschig.“

Sie nahm Ruri die Bücher ab und blätterte eines durch.

„Wir machen heute etwas einfaches, was nicht so lange dauert. Ich kopiere euch schnell das Rezept.“

Damit verschwand sie aus dem Zimmer.

„Besonders freundlich ist sie ja nicht zu dir. Wieso bist du trotzdem hier?“ Ruri sagte das alles flüsternd, damit es nicht jeder hören konnte. Chiharu errötete, lehnte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr:

„Sie ist seit der Mitte meines ersten Jahres meine Freundin.“

Ruri strahlte sie an.

„Das ist doch super. Ich habe dir immer gewünscht, dass du irgendwann dein Glück findest.“

In diesem Moment kam Sayori zurück und verteilte die Kopien. Chiharu und Ruri gingen zu einem der hinteren Tische. Das Gericht waren kleine Croissants mit variabler Füllung. Sie würde ein paar für Kakeru und Ryouichi mitnehmen.
 

Während sie backten unterhielten sie sich über alles Mögliche. Vor allem was sie im letzten Jahr gemacht hatten. Es war fast wieder wie früher. Sie füllten die Croissants mit Marmelade und Vollmilchschokolade. Ruri machte auch noch ein paar mir Zartbitterschokolade für Kisuke und Kiichi. Insgesamt machten sie 46 Croissants, die sie sich aufteilten.

„Du kannst das wirklich gut, Ru… Yuki-kun.“

Ruri lachte.

„Ich backe hin und wieder für meinen Adoptivvater und meine Freunde. Du bist aber auch nicht schlecht.“

Sie lachten beide, dann fragte Chiharu leise:

„Darf ich mal zu dir auf die Schule kommen, oder würdest du dann Ärger bekommen?“

Ruri schüttelte den Kopf und antwortete:

„Das wäre kein Problem. Kisuke ist schließlich der Schulleiter. Du könntest dort sogar schlafen. Kakeru, mein Mitbewohner, störst du bestimmt nicht. Vielleicht kannst du mal am Wochenende kommen.“

Chiharu strahlte und fragte:

„Kann ich auch heute mitkommen? Ich habe Kisuke schon ewig nicht mehr gesehen und wir haben morgen frei. Wir könnten etwas zusammen unternehmen. Ich muss nur meine Eltern anrufen.“

Ruri war ein bisschen skeptisch.

„Willst du morgen nicht lieber etwas mit Sayori unternehmen? Was willst du ihr denn sagen?“

Chiharu lächelte.

„Sie ist morgen bei ihrem Vater und der wohnt ein gutes Stück von hier entfernt. Ich sage ihr, dass ich bei einem Freund schlafe. Sie weiß, dass ich sie nie betrügen würde. Ich habe viel zu große Angst vor der Einsamkeit. Also was sagst du? Darf ich?“

Ruri seufzte ergeben:

„Na gut. Ruf du deine Eltern an und ich Kisuke. Kakeru wird überrascht sein.“ Chiharu sah glücklich aus und darüber freute sich Ruri sehr. Sayori beendete das Treffen und sie packten zusammen. Chiharu verabschiedete sich von Sayori, nahm ihr Handy und rief ihre Eltern an. Als alles geklärt war, rief Ruri Kisuke an. Er war nicht ganz so leicht herumzukriegen, stimmte am Ende aber doch zu. Chiaki und Makoto waren schon vorgegangen. Ruri und Chiharu hatten sich bereit erklärt aufzuräumen. Als sie alleine waren setzte sich Ruri hin und atmete durch.

„Du hast keine Ahnung, wie anstrengend das Leben eines Jungen ist. Glücklicherweise ist mein Herz nicht in Ordnung, sonst müsste ich mich im Sport immer mit ihnen messen. Das wäre echt lästig.“

Chiharu lachte und sie räumten schnell auf. Als sie den Raum abgeschlossen hatten und auf dem Weg nach draußen waren, fragte Ruri:

„Wie machst du das eigentlich mit dem Schlafzeug? Holst du noch etwas von zu Hause oder soll ich dir was von mir geben?“

Chiharu sah sie erstaunt an.

„Du hast Mädchenzeug in deinem Schrank? Ich dachte du gibst dich als Junge aus. Schlafen die nicht nur mit einer Shorts bekleidet? Aua!“

Ruri hatte ihr an den Arm geboxt und streckte ihr die Zunge heraus. Chiharu lachte.

„Ich nehme natürlich etwas von dir. Jetzt noch nach Hause zu fahren wäre viel zu umständlich. Habt ihr eigentlich Abendessen?“

Ruri nickte.

„Ja, wir haben genau dann Abendessen, wenn wir ankommen. Du wirst die Attraktion schlechthin sein. Wir könnten uns auch etwas aus dem Supermarkt holen, wenn dir das lieber ist.“

Doch Chiharu schüttelte den Kopf und antwortete:

„Nein, nein, das ist schon in Ordnung. Ich habe kein Problem mit Jungs. Sollen sie mich doch anstarren. Das stört mich nicht. Sind wir bald da?“

Ruri seufzte.

„Nur noch zwei Minuten laufen nach dem Bus.“

Als sie schließlich ankamen gingen sie sofort in die Kantine. Wie erwartet richteten sich alle Blicke auf sie. Einer pfiff und rief:

„Ist das deine Freundin, Zwerg? Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Du wirkst so unreif.“

Ruri lächelte ihn an und gab schnippisch zurück.

„Tja, scheinbar bin ich trotzdem noch eine Stufe über dir.“

Er verstummte und sie gingen weiter. Als sie endlich den Tisch erreichten setzten sie sich hin.

„Jungs, das ist Chiharu eine Freundin aus der Middleschool.“

Chiharu winkte und lächelte. Sie wurde sofort von allen freundlich aufgenommen. Kakeru beugte sich zu ihr und flüsterte:

„Was macht sie hier? Sie hat den gleichen Namen wie das Mädchen, das wegen dir weggezogen ist.“

Ruri lächelte und antwortete:

„Sie hat nicht nur den gleichen Namen. Sie ist die Chiharu, die wegen mir weggezogen ist. In Wirklichkeit hat sie nur die Schule gewechselt. Sie ist bei mir im Koch-Club. Sie hat mich sofort durchschaut. Aber sie ist jetzt glücklich. Sie hat jemanden getroffen, der ist wie sie und ist mit ihr seit einem halben Jahr zusammen. Wir gehen nachher noch mal zu Kisuke und Kiichi. Ich muss wohl nicht fragen, ob du mitkommen willst, oder?“

Er grinste sie breit an und sie verstand es als „Ja“.

„Gehen wir gleich nach dem Essen? Wir müssen auch noch ein Gästebett für Chiharu holen.“

Kakeru wollte etwas erwidern, ließ es dann aber doch. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie ihnen Croissants mitgebracht hatten.

„Ich hab euch was mitgebracht.“

Sie holte die Croissants raus und gab jedem eines. Nur die für Kiichi und Kisuke hatte sie nicht verteilt. Alle mampften fröhlich die Croissants. Wie aus einem Mund antworteten sie:

„Danke, Yuki!“

Ruri musste lachen, weil sie schauten wie kleine Kinder, die zur Belohnung einen Keks bekommen hatten. Chiharu hatte beschlossen ihren Teil ebenfalls zu verteilen. Sie hielt aber auch ein paar für ihre Eltern zurück. Nach dem Essen verabschiedeten sie sich und gingen los. Als sie weit genug vom Schulgelände entfernt waren und ihnen sicher niemand folgte, zog Ruri ihre Jacke aus und zog ihre langen Haare heraus.

„Ah, es tut gut mal wieder den Wind in den Haaren zu spüren. Ach ja, Kakeru kennt übrigens mein Geheimnis. Das ist auch einer der Gründe, warum er mit mir in einem Zimmer schläft.“

Chiharu ging an Ruri vorbei und reichte Kakeru die Hand.

„Freut mich dich kennen zu lernen, Kakeru. Ich bin Chiharu.“

Er lächelte und antwortete:

„Ich weiß. Ich habe schon von dir gehört. Willkommen am anderen Ufer.“

Chiharu schaute ihn überrascht an.

„Du auch? Ist das der zweite Grund, warum Kisuke es erlaubt hat, dass du in ihrem Zimmer schläfst?“

Ruri nickte.

„Das ist außerdem auch der Grund, warum er mit kommt. Kiichi wohnt momentan bei Kisuke. Die beiden sind…sehr gute Freunde.“

Beim letzten Satz zwinkerte sie Chiharu zu und grinste. Kakeru errötete tiefrot und fragte:

„Seit wann weißt du das? Wissen noch mehr davon?“

Ruri überlegte.

„Eigentlich war es mir von Anfang an klar. Außer mir wissen es noch Kisuke, Ryouichi, meine Familie und jetzt auch Chiharu. Wir dachten es uns, weil ihr euch so „unauffällig“ aus dem Weg gegangen seid.“

Kakeru sah zu Boden und Chiharu fragte neugierig:

„Wie weit seid ihr eigentlich schon gegangen? Habt ihr schon miteinander geschlafen?“

Ruri lachte und Kakeru versuchte, die Frage zu ignorieren. Sie ließen das Thema erst einmal in Ruhe und redeten über etwas Anderes. Schließlich kamen sie gut gelaunt bei Kisuke an und Ruri klingelte. Kiichi öffnete, aber bevor er etwas sagen konnte, war Kakeru neben ihm und murmelte:

„Sie wussten es die ganze Zeit.“

Kiichi errötete sogar noch schlimmer, als Kakeru und Ruri grinste. Sie ging an ihnen vorbei ins Haus und zog Chiharu mit sich. Es dauerte einen Moment, bis Kiichi sie erkannte. Er drehte sich verwirrt zu ihr um:

„Chiharu? Was machst du denn hier? Wie? Warum?“

Chiharu grinste und antwortete:

„Kein Hallo, wie geht’s dir? Nicht mal ein Händeschütteln? Wie unhöflich. Aber naja. Du hast ja auch allen Grund auf mich sauer zu sein. Ich bin schließlich der Grund, warum Ruri in der Schule nicht gerade freundlich behandelt wurde. Und das, obwohl sie mir gegenüber so verständnisvoll war.“

Ruri wollte etwas sagen, aber Kiichi kam ihr zuvor:

„Das stimmt und ich war wirklich wütend auf dich. Ich kann dein Handeln nachvollziehen, aber ich habe Ruri in dieser Zeit, in diesem einen Monat, immer wieder aufgebaut. Ich wollte schon nach dir suchen und dir die Meinung sagen, aber Ruri sagte, ich solle dir nicht die Schuld daran geben, also tue ich es auch nicht. Wie kommt es, dass du wieder hier bist? Bist du damals nicht weggezogen?“

Sie schüttelte den Kopf und Ruri antwortete:

„Sie hatte nur die Schule gewechselt und ausgerechnet auf dieser Schule findet mein Koch-Club statt. Ich hab euch übrigens das Ergebnis mitgebracht. Wo ist Kisuke?“

Damit war das Thema beendet. Kisuke war, mal wieder, in der Küche. Er reagierte völlig anders, als er Chiharu sah. ER kam zu ihr und drückte sie.

„Chiharu. Wir haben uns ja lange nicht gesehen. Was verschafft uns die Ehre? Wie geht es dir?“

Chiharu lachte und antwortete:

„Ruri und ich sind beide im Koch-Club und der findet auf meiner jetzigen Schule statt. Ich habe sie sofort gefragt, ob ich mich mal bei ihr einnisten darf, deswegen bin ich hier. Ich habe außerdem seit einem halben Jahr eine Freundin.“ Die beiden schienen alles um sich herum zu vergessen, denn sie redeten ununterbrochen weiter. Ruri ging zum Tisch und holte die restlichen Croissants heraus. Als sie sich umsah war sie doch ein bisschen traurig. Kisuke hatte letztens jemand kennen gelernt, wo mehr draus werden konnte, Chiharu war mit Sayori glücklich und Kiichi mit Kakeru. Sie war die Einzige, die nicht offen zu ihrer Liebe stehen durfte. Kiichi und Kakeru hatten sich leise davongestohlen und so stand sie quasi alleine in der Küche. Sie nahm ihre Tasche und verließ das Haus. Es würde eh niemandem auffallen, wenn sie weg wäre. Sie ging zu „ihrem“ Teich im Park, denn all die Erinnerungen an den Monat in der Hölle waren wieder hoch gekommen. Da jemand vorbeikommen könnte, steckte sie ihre Haare ins Hemd und zog die Jacke darüber. Ihr kamen die Tränen und sie vergrub ihr Gesicht in ihren Armen. Plötzlich hörte sie ihren Jungennamen und drehte sich um. Hinter ihr stand Ryouichi und sah sie besorgt an. Er wusste nicht, was er tun sollte, also setzte er sich einfach neben sie. Sie lehnte sich an seine Schulter und weinte.
 

Als sie später zusammen zur Schule zurückgingen, ging es Ruri besser. Im Wohnheim brannte kein Licht mehr.

„Diese Idioten sind einfach schlafen gegangen. Dafür bekommen sie morgen eine Strafpredigt. Es ist doch erst kurz nach acht.“

Ryouichi tat so, als wäre er wütend und Ruri lachte. Sie verabschiedeten sich und gingen in ihre Zimmer. Ruris Zimmer war leer. Genauso wie in der Zeit, als Kakeru noch nicht da war. Vielleicht würde er irgendwann in ein anderes Zimmer ziehen. Ruri seufzte und lächelte das Foto, das sie mit ihrer Familie zeigte, an. Sie gab ihm einen Kuss, zog sich um und ging ins Bett.

Special 1: Chiaki und seine Familie

Warnung! Diese Familie ist der Inbegriff der Dummheit. Alle Intelligenz wurde auf Chiaki übertragen. Das diese Familie 18 Jahre überlebt hat, lag daran, dass Chiaki schon mit 1 ½ Jahren, was ein Apfel ist und das eine Kartoffel nicht zum Auspuff verstopfen gedacht ist. Leute mit einem mittelmäßigen bis hohem IQ sollten dieses Special meiden.
 

Ein scheinbar ganz normaler Tag. Chiaki sitzt am Schreibtisch und macht seine Hausaufgaben. Auf einmal ein Knall, die Tür fliegt auf und herein kommt Bruder 1.

„Chiaki ich hab Hunger!“

Chiaki sieht auf und dreht sich zu ihm um.

„Ähm, ich muss Hausaufgaben machen.“

„Aber ich hab doch so Hunger!“ jammert Bruder 1.

Chiaki seufzt und meint:

„Dann iss doch eine Banane. Weißt du was das ist?“

Bruder 1 nickt und verlässt das Zimmer. Chiaki widmet sich wieder seinen Hausaufgaben. Die Tür fliegt erneut auf. Die Türklinke rammt ein Loch in den Putz und weiße Bröckchen fallen auf den gerade frisch gesaugten Boden. Chiaki sieht auf und er schaut in die Neandertalerfratze von Bruder 2. Sein riesiger Unterkiefer, verziert mit den dümmlichen Augen, die ständig auf eine unsichtbare Person unmittelbar hinter Chiaki zu sehen scheinen, bringt nur ein einziges kurzes Wort hervor:

„Hunger!“

Chiaki rollt mit den Augen.

„Ich habe es Bruder 1 schon gesagt. Iss eine Frucht, oder so.“

Bruder 2 sieht aus, als ob er sich in „Wer wird Millionär“ befindet und sich einer kniffligen Quizfrage stellen muss. Chiaki vermutet, dass er keinen blassen Schimmer hat, was eine Frucht überhaupt ist, also sagt er:

„Zum Beispiel ein Apfel. Der ist rund und oft rot, aber manchmal auch gelb oder grün. So was liegt unten in der Küche.“

Bruder 2 dreht sich um und stampft aus dem Zimmer.

„Und übrigens: Gern geschehen.“

Als er sich gerade wieder seinen Hausaufgaben widmen will, kommt Bruder 1 zurück.

„Ist das eine Banane?“

fragt er und hält ihm eine Karotte hin. Chiaki kann seinen Augen kaum trauen und sagt voller Bewunderung:

„Wow, diesmal hast du sogar etwas essbares angeschafft.“

Chiaki holt sein Tagebuch und hält dieses denkwürdige Ereignis fest. Er sieht wieder zu Bruder 1.

„Das hast du wirklich toll gemacht, aber das ist leider eine Karotte und keine Banane. Eine Banane sieht fast genau so aus, aber sie ist gelb und gebogen.“ Bruder 1 dreht sich um und macht sich auf die Suche nach einer Banane. Chiaki seufzt und denkt sich:

„Ich hätte ihm sagen sollen, dass er einfach die Karotte hätte essen können.“ Während sich Chiaki noch ärgert kommt Bruder 2 wieder in sein Zimmer und hält ihm stolz einen Pingpong Ball entgegen. Chiaki haut seinen Kopf gegen den Tisch, nachdem sein Bruder

„Ich habe einen Bapfel gefunden“

geknurrt hat.

„Erstens heißt es Apfel und nicht Bapfel. Zweitens ist das ein Pingpong Ball und Drittens, seit wann kannst du in vollständig, grammatisch richtigen Sätzen reden.“

Chiaki sieht, wie der Kopf seines Bruders anfängt zu rauchen.

„Okay, bevor du mir hier völlig kaputt gehst, beschränken wir uns lieber wieder auf die Apfel Frage. Also, ein Apfel ist größer.“

Bruder 2 war gerade dabei in den Pingpong Ball zu beißen, doch dann realisierte er Chiakis Erklärung und verließ den Raum. Nach kurzer Zeit tauchte Bruder 1 wieder auf. Chiaki, der mittlerweile leicht genervt war, sagte:

„DAS ist KEINE Banane, sondern ein BUMERANG. Und wenn du nicht gleich von hier verschwindest, dann werfe ich dir das Teil an den Kopf.“

Bruder 1 sieht ihn entsetzt an und sagte:

„Aber dann kann ich es ja gar nicht mehr essen.“

Chiaki schmeißt ihn aus dem Zimmer raus und knallt die Tür zu. Als er schließlich wieder an seinem Schreibtisch sitzt, kommen sowohl Bruder 1, als auch Bruder 2 herein. Bruder 1 hält einen Apfel und Bruder 2 eine Banane in der Hand. Sie sehen ihn voller stolz an und Bruder 1 sagt:

„Ich habe eine Banane gefunden.“

Bruder 2 ist weniger gesprächig und bringt nur ein „Apfel“ hervor.

Chiakis Geduld war am Ende und er schrie:

„Seid ihr bescheuert oder was? Es kann doch nicht so schwer sein etwas tu essen zu finden.“

Während seiner Raserei kam Bruder 3 ins Zimmer. Chiaki fuhr fröhlich fort: „Bewegt eure dümmlichen Körper aus meinem Zimmer. Ich muss Hausaufgaben machen. Wagt es nicht noch einmal mich mit euren dummen Fragen zu stören.“

Bruder 3, der sich angesprochen fühlte, verließ stumm das Zimmer. Bruder 1 und Bruder 2, die dachten, dass Bruder 3 gemeint war, blieben stehen und sahen ihn dümmlich an. Chiaki nahm den Briefbeschwerer und rief:

„Entweder ihr verschwindet sofort oder ich…“

Damit warf er den Briefbeschwerer nach ihnen. Beide duckten sich und der Briefbeschwerer traf den Vater, der soeben in das Zimmer gekommen war, um zu verkünden, dass er Hunger hatte. Er fiel zu Boden und war sofort ausgeknockt. Chiaki war völlig am Ende der Nerven. Diese Menge an Dummheit konnte niemand überstehen. Stille trat ein in seinem Zimmer. Plötzlich kam Bruder 4 lächelnd ins Zimmer und fragte:

„Was gibt ´s zu Essen?"
 

(Jaaa, dieses Special ist auf dem Mist von mir und meiner besten Freundin Flo [Moonie-chan] entschtanden xDD Wir haben die Brüder etwas sehr dümmlich aussehen lassen, aber wir konnten uns net mehr fangen, also hab ich ´s jetzt doch hochgeladen xDD Ich hoffe ihr habt wenigstens ein bisschen gegrist xD)

Teil 2 Kapitel 6

Chiharu kam in den nächsten Wochen öfters mal vorbei. Seitdem Kiichi und Kakeru „öffentlich“ entlarvt worden waren, unternahmen sie fast jeden Tag etwas zusammen. Chiharu war meistens bei Kisuke und sie unterhielten sich darüber, wie schwer sie es doch heutzutage hatten. Ruri saß fast jeden Abend an ihrem Teich und wie durch Zufall traf sie dort fast immer Ryouichi. Irgendwann machten sie es zu ihrem Treffpunkt. Chiharu und Kakeru waren in der Nacht ihres Wiedersehens nicht mehr ins Wohnheim zurückgekommen. Kakeru war nach dem Unterricht zu Kiichi gegangen. Ruri fühlte sich mittlerweile ausgeschlossen. Die vier lebten in einer Welt, in die sie nicht hineinpasste. Die Treffen mit Ryouichi waren ihre Energiequelle. Sie konnte mit ihm über alles reden, aber sie achtete immer darauf nicht zu mädchenhaft zu erscheinen. Manchmal trafen sie sich auch mit Makoto und Chiaki. Ruri freute sich immer auf die Clubaktivitäten. Sie wechselten jede Woche die Partner. Heute fehlten Chiharu und Sayori, deswegen kochte Ruri mit Makoto zusammen. Neugierig fragte sie:

„Kochst du auch manchmal zu Hause?“

Er lachte und sagte:

„Ja, ab und zu mal. Ich habe Chiaki schon oft geholfen, wenn er mal wieder seine Familie vor dem Verhungern retten musste. Die Typen könnten nicht einmal einen Apfel von einer Banane unterscheiden.“

Ruri musste lachen. „Ja, da kenne ich auch zwei. Kennst du Chiaki schon lange?“ Makoto lächelte und antwortete:

„Ich kenne ihn seit dem Kindergarten. Danach waren wir bis heute noch unzertrennlich. Er nennt mich sein „nützlichstes“ Familienmitglied. Als er hörte, dass ich die Schule wechsle, hat er auch gleich gewechselt. Es braucht schon einiges, um uns zu trennen.“

Ruri seufzte.

„Ja, das habe ich auch von einem Freund gedacht. Aber es hat nur seinen Traumpartner gebraucht, um uns zu trennen. Ich bin nur noch Luft für ihn und dabei waren wir früher wie… Brüder.“

Makoto schnippte ihr an die Stirn und meinte:

„Nimm ´s nicht so schwer. Du kannst ja ein Gastmitglied in unserer Familie sein. Außerdem verstehst du dich doch super mit Ryouichi. Warst du schon einmal in einem Freizeitpark?“

Ruri nickte.

„Ja, einmal. Es gibt hier einen in der Nähe, der nicht schlecht ist.“

Makoto drehte sich zu Chiaki um und sagte:

„Hey Chiaki, wollen wir demnächst mal in einen Freizeitpark? Yuki meint, dass der, der hier in der Nähe ist, gar nicht so schlecht ist.“

Chiaki grinste und antwortete:

„Schön, wenn Yuki das sagt, aber ich glaube es erst wenn ich es selbst erlebt habe. Wann wollen wir gehen?“

Makoto dachte nach und antwortete:

„Der Basketball-Club hat dieses Wochenende ein Spiel, da könnten wir hingehen und Ryouichi anfeuern. Du kommst auch mit oder Yuki?“

Ruri nickte und er fuhr fort:

„Deswegen denke ich, dass es nächstes Wochenende besser wäre. Aber das sollten wir noch mal in aller Ruhe besprechen.“

Chiaki und Ruri stimmten zu und sie machten weiter. Sie backten heute Kuchen, jeder einen anderen. Makoto machte einen Marmorkuchen, Chiaki eine aufwendige Torte und Ruri hatte sich für gefüllte Muffins entschieden, die sie mit Pudding und Schokolade füllte.

„Die sehen aber lecker aus.“

Hinata beugte sich über Ruris Schulter.

„Danke sehr. Willst du einen probieren?“

Sie nickte und nahm sich einen vom Teller. Sie probierte und strahlte.

„Die sind der Hammer. Wo hast du das Talent zum Kochen und Backen her, Yuki-kun? Die sind wirklich lecker.“

Jetzt kamen alle und wollten einen Muffin probieren. Ruri konnte gerade noch zwei Stück retten. Den einen würde sie selbst essen und den anderen würde sie Ryouichi schenken. Da fiel ihr ein, dass Ryouichi nächsten Monat Geburtstag hatte, drei Tage vor Kiichi. Ruri überlegte, was sie den Beiden schenken sollte, verschob das Nachdenken dann aber doch auf später. Sie würde Ryouichi einfach fragen, was er sich wünscht.
 

Als sie beim Aufräumen aus dem Fenster sah, war sie wie eingefroren. Nicht weit von der Schule saßen Chiharu, Sayori, Kiichi, Kakeru, Kisuke und dessen Freund auf einer Bank und lachten. Sie wollte am Liebsten heulen, aber sie unterdrückte es nach Kräften. Plötzlich ging die Tür auf und Ryouichi kam keuchend herein. „Hab ich euch tatsächlich gefunden. Ich dachte schon ich gehe verloren. War diese Schule früher mal ein Labyrinth?“

Alle lachten und Ruri holte ihm etwas zu trinken. Er nahm es und sagte:

„Danke. Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hast du die gesellige, kleine Runde hier in der Nähe auch gesehen. Mach dir nichts draus. Ich dachte wir könnten was zu viert unternehmen, bevor wir zurück müssen. Was meint ihr?“ Chiaki und Makoto sahen sich an, zuckten mit den Schultern und nickten. Ruri hätte Ryouichi für diesen Vorschlag am Liebsten umarmt, aber das ging natürlich nicht. Deswegen lächelte sie ihn nur an und formte mit ihren Lippen das Wort: „Danke.“

Ryouichi grinste und half beim Aufräumen. Als sie den Müll herunter brachten fragte sie ihn:

„Was wünschst du dir eigentlich zum Geburtstag?“

Er sah sie an und überlegte. Schließlich sagte er:

„Du musst mir nichts schenken. Es reicht, wenn wir etwas mit Chiaki und Makoto unternehmen. Bis zu deinem Geburtstag dauert es ja noch eine ganze Weile, oder?“ Sie nickte. Auf dem Rückweg unterhielten sie sich über ihre Tagesabläufe. Ryouichi hatte den ganzen Tag für das Spiel am Wochenende trainieren müssen. Er würde jetzt auch noch die nächsten Tage Training haben und Ruri versprach, dass sie ihn mindestens einmal abholen würde. Das Spiel war das Gesprächsthema schlechthin in der Schule, da der Gegner eine Sportschule aus der Nachbarstadt war. Als sie in den Raum zurückkamen waren alle mit aufräumen fertig. Ruri ging zu ihrer Tasche und holte einen Ordner heraus in den sie alle Rezepte einordnete. Sie fragte die anderen, ob sie ihr eine Kopie ihrer Rezepte geben würden. Alle nickten freundlich und sagten, dass sie es nächste Woche mitbringen würden. Sie bedankte sich und sie verabschiedeten sich. Als sie auf dem Weg zurück zur Schule waren holte Ruri die geretteten Muffins heraus und gab Ryouichi einen davon.

„Vielen Dank. Ich hebe ihn mir auf. Ich kann nach dem Training nichts essen, aber ich werde das ganz bestimmt nachholen.“

Er grinste und sie lachte.

„Aber denk nicht, dass ich auf dich warte.“

Danach biss sie in ihren Muffin. Ryouichi nahm sie leicht in den Schwitzkasten und sie lachten. Chiaki und Makoto lachten mit. Den Rest des Weges alberten sie herum wie die kleinen Kinder. Als sie jedoch an der Schule ankamen, verflog die fröhliche Stimmung. Alle richteten ihren Blick besorgt auf Ruri, denn am Schultor standen Chiharu, Kakeru, Kiichi und Kisuke. Genau die Personen, die Ruri im Moment am Allerwenigsten sehen wollte. Chiaki und Makoto gingen vor. Ruri atmete tief durch und zog den besorgten Ryouichi hinter sich her.

„Ist das wirklich okay?“

fragte er leise. Sie schüttelte den Kopf, lief aber weiter. Sie liefen ohne ein Wort der Begrüßung vorbei und verschwanden im Wohnheim. Die vier Stehengelassenen sahen sich verwirrt an und Kakeru fragte:

„Was war das denn? Hat sie uns nicht gesehen?“

„Das glaube ich nicht. Dazu sind sie zu schnell an uns vorbei.“

Sagte Chiharu. Kakeru seufzte und sagte:

„Ich rede nachher mal mit ihr.“

Dann verabschiedeten sie sich und gingen auseinander. Ruri, Ryouichi, Chiaki und Makoto waren in den Gemeinschaftsraum gegangen, wo sie ein paar Klassenkameraden trafen.

„Hi, ihr kommt genau richtig. Wir spielen Karten, immer mit zwei Leuten in einem Team. Jetzt können wir an zwei Tischen spielen. Macht ihr mit?“

Sie sahen sich an und nickten. Natürlich waren Makoto und Chiaki in einer Gruppe, ebenso wie Ruri und Ryouichi. Sie saßen allerdings immer an getrennten Tischen. Ein Team bekam einen Punkt, wenn die Partner unabhängig voneinander den gleichen Platz in einer Runde belegten. Das Spiel hatten sie im letzten Schuljahr schon öfters gespielt. Ruri hatte mit Kakeru nie besonders gut abgeschnitten. Ryouichi drehte sich zu ihr um und flüsterte:

„Versuch immer unter die Besten Drei zu kommen, dann kann nichts schief gehen.“ Das war leichter gesagt als getan, aber Ruri würde sich anstrengen, um Ryouichis Erwartungen zu erfüllen. In der ersten Runde gab es keine Punkte. Ruri wurde 6. und Ryouichi 3.! Die zweite Runde lief für Ruri besser. Sie war immerhin auf den 4. Platz gekommen und Ryouichi hatte seinen 3. Platz verteidigen können. Den ersten Punkt bekamen sie in der fünften Runde, als sie beide den 1. Platz schafften. Danach gewannen sie ohne Unterbrechung und holten sich am Ende mit 15 Gruppenpunkten den Gesamtsieg. Sie bekamen zwar keine Preise dafür, aber jede Menge Anerkennung.
 

Nach dem Spiel gingen die meisten auf ihr Zimmer. Außer den üblichen vier Verdächtigen blieben noch acht andere im Raum. Einer davon fragte Ruri:

„Kakeru hat einen Freund, oder? Sonst habt ihr immer zusammen gehockt und jetzt kommt er mitten in der Nacht nach Hause, wenn du mit Sicherheit schon tief und fest schläfst.“

„Außerdem haut er immer gleich nach dem Unterricht ab. Er hat sich sogar aus dem Schwimm-Club ausgetragen“,

sagte ein anderer. Ruri war überrascht, dass Kakerus Verhalten so vielen aufgefallen war. Sie freute sich sehr über ihre Aufmerksamkeit.

„Ihr habt Recht“,

antwortete sie,

„Seit einer ganzen Weile schon.“

Die Jungs grinsten und einer meinte stolz:

„Da soll mir meine Freundin noch mal sagen, dass mir nie etwas auffällt. Du bist mein Zeuge Yuki.“

Sie lachten. Da ihnen mit der Zeit langweilig wurde holte Chiaki ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel aus dem Schrank.

„Wir könnten uns in vier Gruppen aus je drei Leuten aufteilen“,

schlug Makoto vor.

„Ich bin dafür, dass Ryouichi, Yuki, Chiaki und Makoto in verschiedenen Gruppen sind. Die sind als Team einfach zu stark“,

protestierte einer und sie anderen stimmten zu. Ruri hatte kein Problem damit. In ihre Gruppe kamen noch die beiden, denen Kakerus Verhalten aufgefallen war. Das Spiel dauerte eine halbe Ewigkeit und irgendwann einigten sie sich auf Unentschieden.

„Das müssen wir demnächst noch klären“,

meinte Chiaki und alle nickten. Jeder stand auf und torkelte aus dem Raum. Ruri räumte das Spiel und die restliche Unordnung auf und lüftete ein paar Minuten. Als sie schließlich vor ihrer Zimmertür stand sah sie Licht unter der Tür durchscheinen. Kakeru war also noch wach. Sie wollte nicht hineingehen, denn er würde sie mit Sicherheit fragen, was heute Abend los gewesen war. Sie drehte sich um und ging zum einzigen Zufluchtsort, den sie noch hatte: Zu ihrem Teich! Sie wusste, dass das Tor nachts abgeschlossen wurde. Allerdings erst ab elf und es war gerade Mal halb elf. Sie schlich sich durch das Tor und lief i den Park. Sie setzte sich auf eine Bank am Teich und sah dem Wasser zu, wie es kleine Wellen schlug. Nach einiger Zeit schlief sie ein. Wie aus Kisukes Erzählungen hatte sie dabei ein Lächeln auf dem Gesicht.
 

Am nächsten Tag wachte sie auf, als die Parkuhr 10.00 Uhr schlug. Sie war viel zu spät. Wenn sie jetzt in die Schule gehen würde, könnte sie sich eh nicht konzentrieren. Sie fand in ihrer einen Jackentasche ihren Geldbeutel. Damit ging sie in einen Blumenladen und kaufte drei Blumen: Zwei rote Rosen und eine Alpenrose („Wann sehen wir uns wieder“). Mit diesem ging sie zum Friedhof, auf dem ihre Familie lag. Sie ging zum Grab und legte die Blumen darauf. Anschließend kniete sie sich nieder und sagte mit einem möglichst fröhlichen Lächeln:

„Hallo Mama, Papa und Ryoé. Es ist einige Zeit vergangen, seit ich das letzte Mal hier war. Mir geht es momentan überhaupt nicht gut, deswegen hoffe ich, dass es euch wenigstens gut geht. Ich glaube wenn ich Ryouichi, Chiaki und Makoto nicht hätte, dann wäre ich vielleicht schon bei euch. Ich ertrage die Einsamkeit nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich Kisuke und den anderen plötzlich völlig egal bin. Kakeru und Kiichi treffen sich jeden Tag von Mittags bis Nachts und Kisuke ist auch ständig bei seinem Freund. Ich gönne ihnen wirklich von ganzem Herzen ihr Glück, aber ich fühle mich nicht mehr als ein Teil davon. Warum könnt ihr jetzt nicht da sein. Ich vermisse euch. Warum könnt ihr mir nicht helfen? Ich brauche euch.“

Sie hielt ihre Hände vors Gesicht und weinte. Natürlich bekam sie keine Antwort. Als sie sich wieder beruhigt hatte blieb sie noch einen Moment sitzen. Schließlich stand sie auf und verabschiedete sich mich einem Lächeln. Sie ging in ein Café und frühstückte. Erst gegen Abend kam sie zurück ins Wohnheim. Sie hörte Stimmen aus dem Gemeinschaftsraum und ging hinein. Sofort kamen zehn Leute auf sie zu. Darunter auch Ryouichi, Chiaki, Makoto und… Kakeru. Er stellte sich vor sie und fragte:

„Wo bist du gewesen? Du bist gestern Abend nicht ins Zimmer gekommen, obwohl alle bestätigt haben, dass du dorthin gegangen bist. Ich will eine Erklärung.“ Ruri sah ihm in die Augen und sagte so selbstbewusst es ging:

„Seit wann kommst du denn vor mir ins Zimmer? Frage ich dich jedes Mal, wo du gewesen bist? Tu nicht so, als würde es dich plötzlich interessieren, was ich mache.“

Sie ließ ihn stehe und ging zu den anderen.

„Entschuldigt, dass ich euch nicht Bescheid gesagt habe. Das nächste Mal sage ich ganz sicher Bescheid, wenn ich vorhabe wegzubleiben.“

Ryouichi schüttelte den Kopf und sagte:

„Du musst uns nicht Bescheid sagen.“

Chiaki nickte zustimmend:

„Genau. Es wird nämlich kein nächstes Mal geben.“

Und Makoto fügte noch hinzu:

„Wenn du Mal wieder nicht bei Kakeru schlafen willst, dann übernachtest du einfach bei einem von uns.“

Ruri grinste.

„Danke Jungs, ich komme bestimmt irgendwann darauf zurück.“

Kakeru sah sich das Ganze aus der Ferne an und verstand die Welt nicht mehr. Er konnte Ruris Verhalten nicht verstehen und war sich keiner Schuld bewusst. Er fühlte sich ausgeschlossen, verließ den Raum und ging in Richtung Kisukes Haus. Als er schließlich vor Kiichi stand ging ihm ein Licht auf und er fragte ihn: „Wie oft war ich in den letzten Wochen bei dir?“

Er sah Kakeru verwirrt an und antwortete:

„Jeden Tag. Du bist mittags nach der Schule gekommen und nachts wieder gegangen. Warum fragst du?“

Statt ihm eine Antwort zu geben schlug Kakeru mit der Faust gegen die Wand und zischte:

„Verdammt!“

Kiichi sah seinen Freund besorgt an und wollte ihn ins Haus ziehen, aber Kakeru riss sich los. Er drehte sich um rannte davon.

„Ich muss zurück ins Wohnheim“,

rief er ihm im Laufen zu. Er kam völlig außer Atem an. In ihrem Zimmer brannte Licht. Ruri war also im Zimmer. Wahrscheinlich zog sie sich fürs Abendessen um. Er legte einen weiteren Sprint hin und war innerhalb weniger Minuten vor der Zimmertür. Er klopfte und öffnete die Tür. Ruri sah ihn erstaunt an. Er schloss die Tür und fiel vor ihr auf die Knie.

„Es tut mir Leid. Mir ist jetzt erst klar geworden, dass ich dich in den letzten Wochen immer nur schlafend gesehen habe. Die anderen haben dich gar nicht gesehen. Du bist zu Recht sauer auf uns. Besonders auf mich. Du hast mir so viel geholfen und ich habe dich weggeworfen wie ein Stück Müll. Bitte verzeih mir noch einmal.“

Er sah zu ihr auf. Sie seufzte und lächelte:

„Als ob ich, die Einsamkeit mehr als alles andere hasst, eine solche Entschuldigung abschlagen kann. Immerhin hast du es von alleine gemerkt. Hast du eine Ahnung, wie oft ich in diesen letzten Wochen an meinem kleinen Teich gesessen habe? Fast täglich. Manchmal war ich alleine dort und manchmal waren Ryouichi, Chiaki und Makoto bei mir. Ihr habt in eurer Welt gelebt und mich daraus verbannt. Ich hatte keine Möglichkeit zu euch zu gehören. Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, wie ich mich gefühlt habe?“

Er stand auf und schüttelte den Kopf.

„Nein… Ich habe keine Ahnung. Möchtest du als Friedensangebot mit uns zu Abend essen? Chiharu und Sayori kommen auch und du könntest endlich Kisukes Freund kennen lernen. Willst du mitkommen?“

Er sah sie an und sie lächelte schwach. „Ich komme mit, wenn du versprichst, dass ich nicht ignoriert werde.“

Er nickte und grinste.

„Ich sage den anderen Jungs Bescheid, dann kannst du als Mädchen gehen. Bis gleich.“

Damit verschwand er aus dem Zimmer. Ruri sank auf sie Knie und lächelte. Ihr fiel ein unglaublicher Stein vom Herzen. Als ihre Beine ihr wieder gehorchten stand sie auf und ging zum Schrank. Innerhalb von fünf Minuten war sie fertig und schlich aus dem Wohnheim. Kakeru kam etwas später am Schultor an. „Entschuldige, dass du warten musstest. Ich musste noch schnell ins Krankenzimmer, denn ich hatte einen kleinen Zusammenstoß mit ein paar Fäusten.“ Er grinste sie mit seiner geschwollenen Backe an.

„Ich denke das geschieht mir Recht. Was wir getan haben hat dich sicher mehr verletzt, als mich diese Schläge. Gehen wir?“

Sie nickte und sie gingen los.

Als Kiichi die Tür öffnete wurde Ruris wieder gewonnener guter Laune ein starker Dämpfer verpasst. Kiichi übersah sie komplett, was auch Kakeru nicht entging. Er zog sie hinter sich ins Haus und flüsterte:

„War ich genau so?“

Ruri nickte nur, denn ihre Stimme versagte. Irgendetwas in ihr wollte dieses Haus sofort verlassen und zum Teich laufen. Als sie dich Küche betraten erging es Ruri nicht besser. Niemand außer Kakeru schien Notiz von ihr zu nehmen. Sie war wie ein Geist. Sie wollte nun endgültig verschwinden, doch als sie sich gerade umdrehen wollte schlug Kakeru gegen den Türrahmen. Alle drehten sich zu ihm und erst jetzt sahen sie, dass er in Begleitung gekommen war. Chiharu sah sie verwirrt an und fragte:

„Ruri? Seit wann bist du hier? Hat dich Kakeru eben herein gelassen? Wir haben gar nicht mit dir gerechnet.“

Mittlerweile war alles in Ruri zerbrochen. Die Fragen trafen sie wie Peitschenhiebe. Sie fühlte sich, als würde sie in ein tiefes Loch fallen. Mit ihrer letzten Kraft, die sie aufbringen konnte, lachte sie unterkühlt auf und sagte:

„Das ist mir klar. In diesem Haus rechnet doch schon lange niemand mehr mit mir. Ich wünsche euch allen noch einen schönen Abend.“

Dann drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten Richtung Ausgang. Kakeru lief ihr nach und hielt sie am Arm fest. Sie musste sich nicht umdrehen, damit er sah, dass sie weinte. Es war offensichtlich, denn ihr ganzer Körper bebte und fühlte sich schrecklich schwach und zerbrechlich an. Er atmete tief durch und sagte:

„Ich habe gehört, dass am Wochenende ein Basketballspiel ist. Da geht ihr doch alle hin. Darf ich mitkommen?“

Ruri schwieg eine Weile, um sich einigermaßen zu fassen und antwortete schließlich leise:

„Um 16.45 Uhr am Schultor. Ryouichi reserviert uns Plätze. Ich werde ihm sagen, dass er einen weiteren frei halten soll. Bis später.“

Er lächelte und antwortete:

„Es wird nicht so spät wie sonst werden, das verspreche ich.“

Sie drehte sich um und schenkte ihm das schönste Lächeln, das sie in ihrer momentanen Gefühlslage hervorbringen konnte. Anschließend ging sie zur Schule zurück, wo sie direkt in ihrem Zimmer verschwand und sich umzog. Kakeru kam zwei Stunden später mit den Überresten des Abendessens zurück. Er stellte ihr das noch dampfende Essen hin und sagte:

„Ich dachte du könntest eventuell Hunger haben.“

Sie packte das Essen aus und begann zu essen. Währenddessen sagte Kakeru:

„Ich habe mit allen gesprochen. Du bist wirklich niemandem aufgefallen.“

Ruri fühlte erneut Tränen auf ihrer Wange und das Essen schmeckte leicht salzig, aber das störte sie nicht weiter.

„Wir sind schon ein erbärmlicher Haufen“,

fuhr Kakeru fort.

„Ich denke, dass es bei Kiichi und Kisuke am extremsten ist, weil sie deine Familie waren. Ich habe mich ja auch nicht gerade toll verhalten. Denkst du kannst uns verzeihen?“

Er sah sie flehend an und sie lachte trotz ihrer Tränen.

„Bei den anderen kann ich es nicht sagen. Es wird schon einige Zeit brauchen, um diese Wunde wieder zu schließen und noch mehr Zeit wird es dauern, bis sie wieder verheilt ist. Aber ich denke, dass ich dir noch mal verzeihen kann. Du hast wenigstens versucht es wieder gut zu machen.“

Sie hielt ihm ihre leicht zitternde Hand hin.

„Sind wir wieder Freunde?“

Er lachte und nahm freudig ihre Hand.

Teil 2 Kapitel 7

Dank Kakerus Einsicht ging es Ruri von Tag zu Tag besser. Er war tatsächlich zum Spiel gekommen. Chiaki und Makoto hatten ihn schließlich ein wenig misstrauisch akzeptiert. Sie hatten ihm außerdem eine Tracht Prügel angedroht, wenn er sie noch einmal abschieben sollte. Das Team ihrer Schule verlor nur knapp gegen das Team der Sportschule. Sie ernteten dennoch große Anerkennung für ihre Leistung. Ryouichi hatte fünf Körbe geworfen und ärgerte sich später, dass es nicht mehr gewesen waren. Ruri hätte ihm am Liebsten gesagt, dass er dafür am Coolsten aussah, aber das kam ihr zu mädchenhaft vor, weshalb sie es lieber ließ. Sie hatten alle anschließend Kakeru bis zu Kisukes Haus begleitet. Es schmerzte sie noch ein wenig nicht mehr von Kiichi ins Haus gebeten zu werden, aber Chiaki hielt ihr die Augen zu und Makoto zog sie weg. Ryouichi verabschiedete sich noch von Kakeru und lud ihn zum Ausflug in den Freizeitpark ein. Er hatte lachend zugesagt und sich bis morgen verabschiedet. Sie gingen zurück zur Schule und feierten den Fastsieg ihrer Mannschaft. Ein paar Leute hatten Bier und anderen Alkohol besorgt und sie feierten fröhlich mit. Ruri hatte sich eine Cola aus dem Automaten geholt, weil ihr Alkohol zu riskant war. Wenn sie betrunken war könnte sie sich verplappern. Nach einiger Zeit war fast jeder im Raum gut angetrunken. Sogar Chiaki, Makoto und Ryouichi waren kaum noch ansprechbar. Sie seufzte und setzte sich auf das Sofa. Nach einigen Minuten kam ein Betrunkener, ein Klassenkamerad von ihr, legte seinen Arm um sie und sagte:

„Weißt du, Yuki, du bist echt in Ordnung.“

Danach schlief er einfach ein. Ruri verdrehte die Augen und verließ den Raum, um nach Decken zu suchen. Diesen Raum würde sicher niemand mehr verlassen. Als sie zurückkam lagen alle irgendwo und schliefen ihren Rausch aus. Nur noch eine kleine Gruppe von Leuten war wach. Darunter waren auch ihre Freunde. Ruri kämpfte sich durch das Gewirr aus Füßen und Händen zu ihnen durch. Sie setzte sich sie zu ihnen, aber sie bemerkten sie nicht, weil sie in ein Gespräch verwickelt waren und noch dazu zu viel Alkohol getrunken hatten. Makoto sah zu Ryouichi und sagte (oder besser lallte):

„Raus mit der Sprache, Ryouichi. Was ist denn dein größter Wunsch? Du bist der einzige, der noch fehlt.“

Ryouichi errötete und stotterte:

„Muss das denn wirklich sein?“

Als alle nickten atmete er tief durch und murmelte:

„Manchmal wünsche ich mir, dass Yuki ein Mädchen wäre.“

Alle, einschließlich Ruri sahen ihn erstaunt an und Chiaki stellte sie Frage, die sie alle interessierte:

„Warum?“

Ryouichi lief erneut rot an und wisperte:

„Das würde die Sache wesentlich einfacher machen. Wie sieht das denn aus, wenn ein Junge einem anderen Jungen eine Liebeserklärung macht. Außerdem würde er schief angesehen werden, wenn wir wie durch ein Wunder zusammen kommen würden. Das will ich ihm gerne ersparen. Das wird er jetzt, wo er gerade wieder ohne Sorgen ist, am wenigsten brauchen.“

Jetzt war es an Ruri einen hochroten Kopf zu bekommen. Sie stand auf und rannte aus dem Raum. Sie trat auf ein paar Hände und Füße, aber das interessierte sie im Moment nicht. Sie blieb erst stehen, als sie in ihrem Zimmer war. Dort blieb sie an der Tür stehen und glitt daran hinunter.

„Ryouichi liebt mich? Er will mit mir zusammen sein? Auch wenn ich ein Junge bin?“

Sie konnte es nicht glauben. Es kam ihr so unwirklich vor. Erst nach einiger Zeit fiel ihr ein, dass Kakeru es schon die ganze Zeit gewusst hatte. Er hatte versucht sie zu überzeugen, aber sie wollte nicht auf ihn hören. Nach gefühlten zwei Stunden saß sie immer noch an der Tür. Langsam stand sie auf und ging zum Gemeinschaftsraum zurück. Als sie rein kam sah sie, dass jetzt auch ihre Freunde schliefen. Sie nahm ein paar Decken und legte sie über die drei. Als sie bei Ryouichi war, strich sie ihm sanft über die Wange und flüsterte:

„Warum hättest du das nicht am Ende unseres dritten Jahres sagen können?“

Er lächelte aus Reflex und murmelte:

„Ich hab dich gern, Yuki.“

Ruri lächelte und antwortete leise:

„Ich weiß.“

Sie stand auf, um in ihr Zimmer zu gehen und zu schlafen.
 

Am nächsten Tag stand Ruri früh morgens auf, um in die Apotheke zu gehen und massenweise Kopfschmerztabletten zu holen. Als sie zurückkam schliefen alle noch. Sie schlich in die Kantine und holte Wasserflachen und Becher. Sie ging zurück in den Gemeinschaftsraum und bereitete die Becher mit den Kopfschmerztabletten vor. Die ersten, die aufwachten hielten sich wie erwartet den Kopf und stöhnten. Ruri reichte ihnen einen Becher mit Wasser und eine Tablette, für die sie sich mit einem leichten Nicken bedankten. Zum Glück war heute Sonntag, sodass jeder ausschlafen konnte. Sie setzte sich neben ihre noch schlafenden Jungs und lächelte. Sie lagen da, als wäre nie etwas gewesen und Ruri war sich sicher, dass sie sich an nichts erinnern würden. Immer mehr Jungs wachten auf, holten sich eine Tablette und schlurften wie Zombies aus dem Raum. Schließlich war sie mit ihren drei Jungs alleine. Sie hörte einen Magen knurren, der nicht ihrer war, weswegen sie aufstand und Frühstück aus der Kantine holte. Da die drei immer noch schliefen, als Ruri zurückkam und es immerhin schon halb zwölf war, stellte sie das Tablett ab und zog ihnen die Decken weg. Chiaki wachte als erstes auf und fragte verwirrt: „Wo bin ich? Wer bin ich?“ Er sah sich um und fand die Antworten wohl von alleine. Ruri tippte ihm mit dem Fuß in die Seite.

„Guten Morgen, Dornröschen. Hast du gut geschlafen?“

Er knurrte und antwortete:

„Das wüsste ich auch gerne. Ich weiß nur, dass ich furchtbare Kopfschmerzen habe.“

Ruri lachte und holte ihm schnell eine Tablette und einen Becher. Anschließend weckte sie die anderen beiden, die ungefähr genauso orientierungslos aufwachten wie Chiaki. Als auch sie mit Tabletten versorgt waren, stellte sie ihnen das Frühstückstablett hin.

„Ich habe einen Magen knurren gehört, aber ich konnte nicht sagen, wem er gehört. Ich nehme mal an, dass ihr alle drei etwas essen wollt. Hab ich Recht?“ Die Antwort kam in For von sechs gierigen Händen, die nach den Brötchen griffen. Man könnte meinen, dass sie seit Wochen nichts bekommen hätten. Ruri musste schmunzeln und stand auf.

„Ich gehe mal in mein Zimmer und sehe nach Kakeru. Meine Totenwache hier ist beendet.“

Alle vier lachten und sie ging in ihr Zimmer. Kakeru saß am Schreibtisch und machte seine Hausaufgaben, Sie fiel auf sein Bett und seufzte:

„Du hattest Recht. Du hattest die ganze Zeit Recht.“

Er drehte sich zu ihr um.

„Womit hatte ich denn diesmal Recht?“

Sie drehte sich auf die Seite und stützte ihren Kopf mit ihrer Hand ab.

„Ryouichis größter Wunsch ist, dass „Yuki“ ein Mädchen ist, damit er ohne Probleme mit „ihm“ zusammen sein kann. Das hat er gestern Abend erzählt. Sie haben alle ein bisschen zu viel getrunken und deswegen auch nicht bemerkt, dass ich dabei saß. Ich wette sie können sich an nichts erinnern.“

Sie versuchte so gelassen wie möglich zu klingen, aber sie spürte wie sie unruhig wurde und rot anlief. Kakeru schien das ebenfalls aufzufallen, denn er grinste sie breit an, als er sagte:

„Wo liegt das Problem? Du BIST ein Mädchen. Jedenfalls so weit ich das beurteilen kann. Verbessere mich, wenn ich falsch liege. Du magst ihn, er mag dich. Was trennt euch also noch? Sag ihm, wer du wirklich bist und die Sache ist durch.“

Ruri seufzte.

„Wenn es nur so einfach wäre. Ich habe mit Kisuke ausgemacht, dass ich die Schule verlasse, wenn jemand mein Geheimnis erfährt. Du warst und bist eine Ausnahme, aber Ryouichi nicht. Ich muss das jetzt noch bis zum Abschluss durchziehen. Was danach kommt weiß ich noch nicht. Vielleicht sage ich es ihnen auch nie. Das wird sich alles zeigen.“

Sie sprang vom Bett und grinste.

„War deine Übernachtung bei Kiichi lehrreich?“

Kakeru errötete, nahm das Kissen in seiner Nähe und warf es nach ihr. Sie wich lachend aus und floh aus dem Zimmer. Kakeru sah geistesabwesend zum Schreibtisch, auf dem ein Umschlag lag. Ruris Einladung zu Kisukes Hochzeit. Sie fand am 11. November statt, Ruris 18. Geburtstag. Ruri lachte und war bestens gelaunt, als sie über den Flur schlenderte. Sie hatte Kakeru zum Teil angelogen. Sie wollte auf der Abschlussfeier unbedingt sagen, wer sie war. Nur, dass sie nicht wusste was danach kam war nicht gelogen. Vielleicht würden sie Ruri auch so akzeptieren, vielleicht auch nicht. Aber darüber wollte sie sich jetzt noch keine Gedanken machen. Ihr blieb noch ein ganzes Jahr. Sie ging in den Gemeinschaftsraum, aber niemand war da.

„Sie ziehen sich wahrscheinlich gerade um“,

dachte sie sich und ging auf den Schulhof, wo sie sich unter einen Baum setzte. Nach einer Weile überkam sie plötzlich Müdigkeit und sie schlief ein. Als sie einige Stunden später wieder aufwachte lag sie in einem Bett. In einem hohen Bett. Sie konnte also unmöglich in ihrem Zimmer sein. Sie setzte sich ruckartig auf und sah sich um. Niemand war hier. Sie überprüfte anschließend, ob ihre Kleidung noch intakt war. Als sie sichergestellt hatte, dass alles noch da war, wo es hingehörte, kletterte sie aus dem Bett. Im unteren Bett lag Ryouichi und machte Hausaufgaben. Er sah Ruri an und lächelte.

„Aufgewacht? Du hast ziemlich tief geschlafen. Hast du gestern auch zu viel getrunken?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Ich trinke keinen Alkohol. Ich hatte lediglich zu wenig Schlaf. Irgendjemand musste ja die Kopfschmerztabletten holen, sonst wärt ihr ja alle gestorben. Wie bi ich hier eigentlich her gekommen?“

Er lachte.

„Kakeru hat sich vorbeigebracht. Er meinte, dass du nicht draußen schlafen solltest, aber mit dir im Zimmer könnte er sich nicht richtig konzentrieren. Er hätte zu große Angst, dass er dich weckt.“

Sie lachte ebenfalls und ging zum Fenster.

„Das ist also ein 4er-Zimmer. Mein 2er-Zimmer ist mir wesentlich lieber.“

Sie drehte sich zu ihm um.

„Bist du eigentlich schon fertig oder soll ich dich lieber alleine lassen?“

Er schüttelte den Kopf.

„Das ist schon okay. Weit wäre ich eh nicht gekommen. Mein ganzer Körper schmerzt vom Spiel.“

Sie kam zu ihm.

„Soll ich dich massieren? Meinte Mutter meinte immer, dass ich das ganz gut kann. Darf ich es versuchen?“

Er sah sie erstaunt an und zögerte. Er schien mit sich zu kämpfen, aber schließlich nickte er. Er zog seine Jacke und sein Hemd aus und legte sich auf den Bauch. Ruri spürte, dass sie errötete, als sie sich neben ihn aufs Bett setzte. Er hatte mehr Muskeln, als es nach außen hin den Anschein machte. Jeder einzelne schien perfekt trainiert zu sein und Ruri musste schlucken, um vor Begeisterung nicht ohnmächtig zu werden.
 

Als Ruri in ihr Zimmer zurückkam, war Kakeru über seinen Hausaufgaben eingeschlafen. Sie sah, dass er nicht ganz fertig geworden war und erledigte den Rest schnell für ihn. Als sie ihm die Blätter zurücklegte und ihn zudeckte, fiel ihr der Umschlag auf, der ihren Namen trug. Sie öffnete ihn und las die Karte. Es war eine Einladung zu Kisukes Hochzeit. Wie es der Zufall wollte fand sie genau an ihrem Geburtstag statt. Sie hätte am Liebsten wieder geweint, aber sie riss sich zusammen und holte stattdessen einen Zettel. Diesen Zettel adressierte sie an Kisuke und schrieb darauf, dass sie an diesem Tag nicht kommen konnte, da sie lieber Geburtstag feiern wollte. Sie stand auf und machte sich auf den Weg zu seinem Haus. Auf dem Weg fragte sie sich, wie lange Kakeru wohl schon mit sich gekämpft hatte, ob er ihr den Brief geben sollte oder nicht. Es freute sie, dass er sich sorgen gemacht hatte. Sie warf ihre Antwort ein und ging sofort wieder zurück. Sie war gespannt, ob Kisuke oder Kiichi bemerken würden, dass es sich um ihren Geburtstag handelte. Da Kakeru immer noch schlief, als sie ins Zimmer kam, löschte sie einfach das Licht, zog sich um und schlüpfte ins Bett. Am nächsten Morgen lag Kakeru wieder in seinem Bett und schnarchte. Ruri schmunzelte und stand auf. Sie stand immer vor ihm auf, weil sie länger brauchte um sich fertig zu machen. Meistens war er aber trotzdem schon wach, wenn Ruri aus dem Bad kam. Er begrüßte sie jeden Morgen mit einem Lächeln, seit er sie eine Zeit lang komplett ignoriert hatte. Es war, als wollte er sagen:

„Siehst du, ich bin noch da und weiß wer du bist.“

Sie lächelte, denn so war es auch heute. Nachdem sie fertig verkleidet und Kakeru angezogen war, gingen sie los. Unterwegs sammelten sie Chiaki, Makoto und Ryouichi ein.

„Ich habe ihm übrigens eine Absage geschickt“,

sagte Ruri plötzlich an Kakeru gewannt. Er und die anderen sahen sie verwirrt an und Chiaki fragte:

„Wem hast du eine Absage geschickt und was hast du abgesagt?“

Ruri lachte kühl.

„Die Absage war zu Kisukes Hochzeit. Die findet genau an meinem Geburtstag statt und ich will lieber mit euch feiern. Außerdem war ich eh nur als niederer Gast eingeladen.“

Sie drehte sich zu Kakeru um, der der einzige war, der von der Beziehung zwischen Ruri und Kisuke wusste. Für die anderen waren sie einfach nur befreundet. Sie lächelte und sagte:

„Du kannst gerne hingehen.“

Kakeru schwieg eine Weile, dann sagte er:

„Entschuldige, dass ich sie dir nicht früher gegeben habe. Ich dachte, dass es dich vielleicht wieder traurig stimmt, wenn du das Datum siehst. Ich komme auf jeden Fall zu deinem Geburtstag, aber ich sollte mich dort wenigstens mal kurz blicken lassen.“

Ruri schüttelte den Kopf.

„Das musst du nicht. Es reicht, wenn du abends mal vorbeischaust. Außerdem war ich nur ein bisschen traurig. Ich war viel mehr wütend. Erst vergessen sie mich, dann meinen Geburtstag. Für diese Menschen existiere ich einfach nicht mehr, aber es macht mir nicht mehr viel aus. Ich habe mich fast schon damit abgefunden.“

Sie lächelte ihn an und er lächelte zurück. Der Tag verlief relativ ruhig. In der Zwischenbilanz waren Ruri, Ryouichi und Chiaki die Besten der Klasse. Kakerus Noten hatten unter den ständigen Treffen mit Kiichi gelitten, weswegen der Lehrer erstaunt war, dass er perfekte Hausaufgaben hatte. Er sah zu Ruri und sie zwinkerte ihm zu. Er nickte ihr dankend zu, als der Lehrer weitergegangen war. Als Ruri kurz vor der Mittagspause aus dem Fenster sah erschrak sie. Am Schultor standen Kiichi und Kisukes zukünftiger Ehemann. Sie konnte sich denken was und zu wem sie wollten. Sie drehte sich zu den anderen um und sagte: „Geht schon mal vor, ich habe was im Wohnheim vergessen. Ich komme dann sofort nach.“ Sie nickten und Ruri lief mit dem Klingeln aus dem Raum. Sofort ging Makoto zum Fenster und erkannte Kiichi, auf den Ruri gerade zulief.

„Siehst so aus, als wäre die vergessene Sache groß, männlich und gut aussehend.“ Die anderen kamen zu ihm.

„Was macht Kiichi denn hier? Hat er jetzt nicht auch Schule?“

Kakeru schüttelte den Kopf.

„Nein, er hat heute frei. Er will Yuki bestimmt fragen, warum er nicht zur Hochzeit kommt.“

Die drei sahen zu, wie Ruri mit den beiden wegging.

„Was machen wir jetzt?“

fragte Ryouichi beiläufig, aber die Antwort war von Anfang an klar gewesen. Sie würden Ruri folgen! Sie machten sich auf den Weg und holten die drei wenig später ein.
 

Bis jetzt hatte Kiichi nichts zu Ruri gesagt. Sie liefen einfach nur nebeneinander her. Schließlich kamen sie im Park an und er drehte sich zu ihr um.

„Warum willst du nicht kommen? Es ist Kisukes Hochzeit! Die Hochzeit des Mannes, der dich liebevoll aufgezogen hat. Welcher Geburtstag könnte wichtiger sein, als das?“

Er war wütend, das sah Ruri sofort. Sie selbst hatte nicht die geringste Lust auf dieses Gespräch. Sie hatten tatsächlich nicht bemerkt, dass es sich um ihren Geburtstag handelte und das tat ihr doch mehr weh, als sie gedacht hatte. Sie starrte ihn wütend an und antwortete:

„Hmm, mal überlegen. Wer hat nur am 11. November Geburtstag? Ach richtig: ICH! Es ist mein Geburtstag, Kiichi. Ihr feiert Hochzeit an meinem 18. Geburtstag. Ihr habt mich wochenlang ignoriert und jetzt soll ich wieder brav angekrochen kommen? Was denkst du eigentlich, wie ich jetzt reagieren soll?“

Die letzten Worte schrie sie beinahe. Kisukes Freund, dessen Name sie immer noch nicht wusste, meldete sich zu Wort:

„Entschuldige, Yuki-kun.“

Er wusste also nicht, dass sie ein Mädchen war.

„Ich wollte an diesem Tag heiraten. Ich wusste nicht, dass du an diesem Tag Geburtstag hast. Es tut mir wirklich sehr Leid.“

Sie sah ihn an und lächelte.

„Ich gebe Ihnen nicht die Schuld daran, dass sie diesen Tag gewählt haben. Selbst wenn Sie den Termin gewählt haben. Kisuke hätte sofort bemerken müssen, dass es mein Geburtstag ist, aber das hat er nicht. Darf ich Sie nach Ihrem Namen fragen? Wir wurden uns noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Yuki.“

Sie hielt ihm die Hand hin und er nahm sie erleichtert.

„Mein Name ist Takanari. Es freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Heißt das du akzeptierst mich?“

Jetzt war Ruri verwirrt.

„Warum sollte ich sie nicht akzeptieren? Kisuke hat so lange nach jemandem für sich gesucht. Ich bin dir einfach nur dankbar.“

Sie lächelten sich an. Kiichi sah sie skeptisch an und sagte:

„Ist das dein Ernst? Du fluchst über ihn, freust dich aber, dass er Takanari gefunden hat? Willst du uns auf der Nase herumtanzen?“

Ruri erschrak ein wenig über den kalten Ton, mit dem er das sagte.

„Du warst früher viel gehorsamer. Seit diesem Jahr bist du viel zu aufmüpfig. Kisuke ist dein offizieller Vater und du solltest ihm dankbar sein. Zeig wenigstens ein bisschen Respekt!“

Ruri hatte fast ein bisschen Angst vor Kiichi. Was hatte DIE denn falsch gemacht? Sie war doch diejenige gewesen, die ignoriert worden war. Sie hatte nie gesagt, dass sie Kisuke und die anderen nicht mehr mochte. Sie war einfach nur schrecklich verletzt und enttäuscht gewesen. Sie wollte widersprechen, aber Kiichi hob eine Hand, als wollte er sie schlagen. Doch dazu kam es nicht. Kakeru hielt ihn am Handgelenk fest und Chiaki zog ihm die Beine weg, sodass er auf dem Boden saß. Ruri sank kraftlos auf die Knie. Makoto hatte sich mit seiner Größe von 1,87 m wie eine unüberwindbare Mauer vor sie gestellt. Ryouichi kniete sich neben sie.

„Bist du in Ordnung, Yuki? Warum hast du denn nicht Bescheid gesagt?“

Ruri war so erleichtert eine bekannte, freundliche Stimme zu hören, dass sie sich nur in seinen Ärmel krallte und weinte. Ryouichi seufzte.

„Du bist wirklich eine Heulsuse.“

Ruri lachte durch ihre Tränen und er half ihr wieder auf die Beine. Kiichi, mittlerweile wieder stehen, war zwischen Kakeru und Takanari. Takanari verbeugte sich vor ihr und sagte:

„Entschuldige, dass du wegen mir so viel Ärger hattest, Yuki-kun. Wir werden Kiichi erst einmal nach Hause bringen, damit er sich wieder beruhigen kann. Die Hochzeit ist erst in zwei Monaten. Du kannst es dir ja noch mal überlegen. Oder ich hätte eine noch bessere Idee. Warum feiern wir nicht beides zusammen? Du kannst auch Freunde einladen, wenn ihnen das nicht zu unangenehm ist. Du kannst ja darüber nachdenken und mir in den nächsten Tagen Bescheid sagen. Man sieht sich.“

Er lächelte und winkte ihnen zum Abschied zu. Kakeru machte dagegen eher einen wütenden Eindruck.
 

Als sie zu viert auf dem Rückweg waren, dachte Ruri über Takanaris Vorschlag nach. Ihren Geburtstag und die Hochzeit zusammen feiern? Ob Kisuke dem überhaupt zustimmen würde? Sie sah ihre drei Jungs an und fragte:

„Wenn ich Takanaris Vorschlag nachkomme, würdet ihr dann mitfeiern?“

Sie sahen Ruri verwirrt an und Makoto fragte:

„Warum fragst du das?“

„Ist doch egal, wo du feierst“,

fügte Chiaki hinzu.

„Außerdem sind wir mit Kakeru befreundet. Was machen da ein paar Schwule mehr noch aus?“

meinte Ryouichi. Ruri lachte und klammerte sich an seinen Arm. Als ihr auffiel, wie mädchenhaft das war, ließ sie ihn sofort los. Den Rest des Weges alberten sie herum und es war fast so, als wäre der Vorfall mit Kiichi nie gewesen.

Teil 2 Kapitel 8

Ruri hatte Takanari gleich am nächsten Tag Bescheid gesagt, dass sie gerne ihren Geburtstag mit ihnen feiern wollte. Alle, außer Kiichi, hatten diesem Vorschlag zugestimmt. Die Feier war schön gewesen. Kisuke und Chiharu hatten sich nachträglich bei Ruri für ihr unmögliches Verhalten entschuldigt. Sie hatte die Entschuldigung, unter den schon gut bekannten Tränen, angenommen. Ryouichi, Chiaki und Makoto hatten ihr eine rote „Hello Kitty“ Tasche geschenkt, die sie schon lange haben wollte. Sie erklärten das Geschenk damit, dass Kakeru ihnen erzählt hatte, dass bzw. Yuki Taschen sammelte. Ruri musste über diese Notlüge grinsen und zwinkerte Kakeru zu. Von Kakeru bekam sie unauffällig ein Päckchen Blumenhaargummis. Getarnt hatte er das Ganze mit einer schwarzen Verpackung und Fußball- Geschenkpapier. Ihre drei Lieblingsjungs hatten ein bisschen Geld zusammen gelegte und es Kisuke in einer Karte geschenkt. Kakeru hatte ihnen zusammen mit Kiichi eine Flasche Champagner geschenkt. Von Chiharu und Sayori bekamen sie die Flitterwochen geschenkt. Ruri hatte ihnen ein Album mit Bildern aus Kisukes und ihrer gemeinsamen Zeit geschenkt. Da noch viele Seiten leer geblieben waren, hatte sie einen Zettel zwischen die ersten leeren Seiten gelegt, auf dem stand: Ab jetzt seid ihr dafür verantwortlich, dass es gefüllt wird. Außerdem hatte sie beiden einen Kuss auf die Wange gegeben. Das alles war jetzt schon wieder zwei Wochen her. Das Schuljahr ging auf sein Ende zu. Die einzigen großen Ereignisse, die noch anstanden, waren die Prüfungen und das große Sportfest. Am letzteren musste sie natürlich nicht teilnehmen. Die Schule wurde immer anstrengender, wenn die Prüfungen anstanden. In den Pausen sah man überall Schüler sitzen und lernen. Ruri und Ryouichi hatten seltsamerweise keine Probleme das Neugelernte zu verstehen, aber dem Rest ihrer Klasse ging es da anders, weswegen sie sich jeden Abend im Gemeinschaftsraum trafen und gemeinsam lernten. Ruri und Ryouichi erklärten den neuen Stoff, was auch ihnen half. Wenn jemand etwas sofort verstand, dann erklärte er es einem, der es noch nicht verstanden hatte. Egal, ob man sich vorher gehasst hatte, jetzt zählten nur die Ergebnisse. Als wieder einmal eine erfolgreiche Lernstunde zu Ende war und alle, außer ihren Freunden, den Raum verlassen hatten, sank Ruri müde auf das Sofa. „Das ist anstrengender, als ich gedacht habe. Warum kapiert es dieses Jahr fast niemand? Letztes Jahr hat es doch auch funktioniert.“

Kakeru kam besorgt zu ihr und hielt seine Hand an ihre Stirn.

„Du glühst ja förmlich, Yuki. Warum hast du hier noch unterrichtet, wenn du doch krank bist?“

Sie zog ihren Kopf weg und schwieg. Chiaki seufzte.

„Das ist mal wieder typisch Yuki. Lieber leidet er, als andere im Stich zu lassen. Ab ins Bett mit dir!“

Er zog sie hoch und nahm sie auf seine Arme wie ein Prinz eine Prinzessin. Plötzlich war er wie eingefroren und starrte auf die Hand, die auf Ruris versteckter Brust lag. Als Ruri den Grund für sein zögern erkannte, errötete sie und versteckte ihr Gesicht unter ihren Händen. Chiaki lief zur Tür.

„Ich bringe… Yuki in sein Zimmer und… komme dann wieder hier her. Bis gleich.“ Innerhalb weniger Sekunden waren sie in ihrem Zimmer. Chiaki setzte sie auf ihrem Bett ab und setzte sich ihr gegenüber auf Kakerus Bett. Er sah sie an und sie drehte sich weg. Sie wäre am Liebsten vor Scham im Boden versunken. Chiaki seufzte.

„Ich habe erst gedacht ich hätte mich geirrt, aber deine Reaktion zeigt, dass ich richtig liege. Du bist gar kein Junge.“

Ruri nickte stumm und sah gebannt auf den Boden. Chiaki stand auf und ging durch das Zimmer.

„Ich nehme mal an, dass Kakeru auch Bescheid weiß, denn ihr wohnt schließlich in einem Zimmer. Ich werde dir auch keine Fragen zu deinen Gründen stellen. Ebenso wenig werde ich es Makoto und Ryouichi erzählen. Eine Frage hätte ich allerdings schon: Hättest du es uns gesagt?“

Ruri sah kurz auf und nickte.

„Mein Abkommen endet mit dem Schulabschluss.“

Chiaki dachte kurz nach, grinste und fragte:

„Hast du eigentlich ein Auge auf einen von uns geworfen? Obwohl… Ich kann mir die Antwort denken. Es ist Ryouichi, oder?“

Ruri schnappte sich ihr Kissen und verbarg ihren hochroten Kopf darin. Chiaki musste lachen.

„Ich nehme das mal als ein Ja. Ich lasse dich jetzt besser in Ruhe, Yuki-CHAN.“ Sie hob ihren Kopf vom Kissen.

„Ruri!“

Er drehte sich noch einmal zu ihr um.

„Mein richtiger Name. Ich dachte das wolltest du vielleicht wissen.“

Chiaki lächelte sie an und verließ das Zimmer. Plötzlich fiel Ruri etwas Wichtiges ein. Sie wartete, bis Chiaki sicher nicht mehr in der Nähe war, dann zog sie sich Frauenkleider an, schrieb Kakeru einen Zettel, dass sie für einige Zeit weg sein würde und verließ das Zimmer.
 

Ruri lief eine ganze Weile, bis sie an ihrem Ziel angekommen war. Sie stand vor einem Hochhaus, das recht nobel wirkte. Sie zog einen Schlüssel aus ihrer neuen Tasche und ging hinein. Das Gebäude gehörte ihrem Onkel und ihrer Tante. Sie wollten nichts mir Ruri zu tun haben, aber sie ließen sie in einer der Wohnungen wohnen. Sie schloss die Wohnungstür auf, ging hinein und schaltete das Licht ein. Diese Wohnung war ihr zweiter Zufluchtsort, den sie aber nicht oft und gern benutzte. Kurz nach dem Tod ihrer Familie war sie oft hier, als Kisuke sie noch nicht adoptiert hatte. Sie ging auf den Balkon und sah auf die Stadt hinab. Sie würde zwei, vielleicht auch drei Tage hier bleiben. Den Stoff würde sie schon irgendwie wieder aufholen. Nach einer Weile ging sie wieder hinein, schloss die Tür, ging ins Schlafzimmer und fiel, angezogen wie sie war, ins Bett. Es gab einen Schalter, mit dem sich alle Lichter in der Wohnung ausschalten ließen. Sie betätigte ihn und schlief fast augenblicklich ein. Am nächsten Morgen ging es Ruri wesentlich besser, als am Vortag. Sie stand auf und bemerkte, dass ihr Kühlschrank leer war. Sie zog sich in aller Ruhe an und ging anschließend einkaufen. Als sie wieder in die Wohnung kam, frühstückte sie und holte ihre Schulsachen aus der Tasche.

„Wenn ich schon nicht in die Schule gehe, dann sollte ich wenigstens darauf achten, dass ich nicht den Faden verliere“,

dachte sie sich und machte sich an die Arbeit. Nach ein paar Stunden hatte sie den Stoff zum größten Teil verstanden und konnte ihn anwenden. Sie bekam ein schlechtes Gewissen, als sie an ihre Klassenkameraden dachte, die sich damit so schwer taten. Sie verdrängte den Gedanken und machte sich etwas zu essen. Als alles im Ofen und der Rest auf dem Herd war, klingelte es. Sie ging zur Tür und öffnete. Vor ihr standen unerwartet Chiaki und Kakeru. Chiaki lächelte unbeholfen und murmelte ein leises „Hi“. Ruri war mehr als überrascht.

„Was macht ihr hier? Woher wusstet ihr, dass ich hier bin? Nein, falsch. Wollt ihr nicht erst einmal herein kommen? Ich mache gerade Mittagessen. Ihr habt doch bestimmt Hunger, oder?“

Ein Magenknurren beantwortete Frage. Die beiden kamen herein und Ruri schloss die Tür hinter ihnen. Sie zeigte ihnen den Weg in die Küche, räumte die Schulsachen weg und deckte für zwei weitere Personen.

„Setzt euch doch schon einmal hin. Das Essen kommt gleich.“

Kakeru setzte sich sofort auf einen Platz und Chiaki folgte ihm unsicher. Er hatte offensichtlich noch Schwierigkeiten mir der Tatsache umzugehen, dass „Yuki“ ein Mädchen war. Ruri seufzte und fragte:

„Soll ich mich wieder wie ein Junge verkleiden oder schaffst du es auch so dich normal zu verhalten?“

Er schüttelte den Kopf und setzte sich.

„Ihr habt auch meine Fragen noch nicht beantwortet“,

fügte sie an Kakeru gerichtet hinzu, während sie das Gratin aus dem Ofen holte und auf den Tisch stellte. Kakeru war natürlich total ruhig, da er sie schon oft so gesehen hatte und antwortete:

„Zu Frage eins, warum wir hier sind, ist die Antwort, dass Chiaki sich entschuldigen wollte. Zu Frage zwei: Wir haben ganz einfach Kisuke gefragt und er hat uns deine Adresse und den Schlüssel gegeben. Sonst noch irgendwelche Fragen?“

Sie schüttelte den Kopf und sah zu Chiaki.

„Wofür wolltest du dich entschuldigen? Ich bin doch selbst Schuld, dass ich nicht aufgepasst habe.“

Chiaki starrte nur den Tisch an und Ruri holte, etwas genervt, die Soße und sie Nudeln vom Herd. Zum Schluss holte sie noch den Salat und setzte sich hin. „Aua“,

rief Chiaki plötzlich,

„hör auf mich zu treten, Kakeru.“

Kakeru grinste.

„Na so was, du kannst ja doch noch sprechen. Wie wäre es, wenn du dir etwas zu essen nimmst und ihr anschließend dein Verhalten erklärst?“

Chiaki sah ihn schmollend an und nickte. Als sie zu Ende gegessen hatten, räumten sie gemeinsam ab und setzten sich ins Wohnzimmer. Kakeru stieß Chiaki in die Seite und er begann zu reden:

„Ja… der Grund… warum wir hier sind. Ich wollte mich nicht entschuldigen, DASS ich dich durchschaut habe, sondern WIE ich es getan habe. Ich meine… du weißt schon.“

Er lief rot an und Ruri lachte.

„Deswegen hast du dir Sorgen gemacht? Das ist doch nichts Schlimmes. Natürlich war es peinlich, aber mehr nicht. Du kannst ganz beruhigt sein. Ich werde dich nicht wegen sexueller Belästigung anzeigen."

Sie grinste und er lächelte vorsichtig zurück.

„Jetzt, wo das alles geklärt ist, solltet ihr wieder zurück zur Schule gehen. Ich bin in zum Sportwettkampf wieder da.“

Sie stand auf und brachte sie zur Tür.

„Kommt gut zurück, man sieht sich.“

Damit schob sie die Beiden aus der Wohnung. Wenig später klingelte das Telefon. „Hallo, Ruri-Chan. Lange nicht mehr gesprochen. Diesmal werde ich ja gar nicht umgeleitet.“

Sie lächelte.

„Hallo, Doktor Allan. Was verschafft mir dir Ehre?“

„Wir haben endlich einen Termin für deine nächste Operation. Du wirst nur etwa eine Schulwoche fehlen, das heißt du kannst deine Prüfungen schreiben. Der Termin ist gleich morgen. Ich weiß, dass das sehr kurzfristig ist, aber es ging nicht anders. Kannst du dir Zeit nehmen?“

Ruri überlegte nicht lange, da sie diese Operation so schnell wie möglich hinter sich haben wollte.

„Ich werde da sein. Wann soll ich kommen?“

„Wenn du willst, dann kannst du jetzt kommen.“

Sie lächelte erneut.

"Dann packe ich jetzt sofort meine Sachen und komme direkt ins Krankenhaus.“

Sie verabschiedeten sich und Ruri begann zu packen. Innerhalb einer halben Stunde war sie fertig. Bis zum Krankenhaus waren es von hier ungefähr zehn Minuten. Auf dem Weg überlegte sie sich, wie die anderen reagieren würden, wenn sie von ihrer Operation erfahren würden.

„Sie sind bestimmt sauer, weil ich nicht Bescheid gesagt habe“,

dachte sie sich. Im Krankenhaus war wie immer alles lebendig. Überall liefen Leute herum. Einige trugen Gegenstände, andere schoben Wägen vor sich her. Sie ging wie immer sofort in den 4. Stock, denn dort war Dr. Allans Büro. Sie klopfte an die Tür und trat nach dem gewohnten „Herein!“ ein. Dr. Allan war mit 26 Jahren ein noch sehr junger Arzt. Er war ca. 1,79 m groß, hatte blonde kurze Haare und grüne Augen. Sie kannte ihn bereits seit dem Anfang seiner Karriere. Sie waren wirklich gute Freunde geworden und Ruri akzeptierte keinen anderen Arzt, außer ihm. Sie hatte ihm auch erzählt, dass sie auf eine Jungenschule gehen würde. Er war nicht besonders begeistert gewesen, hatte aber auch nichts dagegen gesagt. Sie ging zum Schreibtisch, stellte sich hinter ihn und fiel ihm um den Hals.

„Da bin ich!“

rief sie voller Begeisterung und er lachte.

„Du hast nicht vor jemals erwachsen zu werden, oder? Dabei bist du schon 18.“ Schüttelte ebenfalls lachend den Kopf. Sie redeten über dies und das, lachten und tranken Kaffee. Ruri verbrachte die Nacht vor einer Operation immer in Dr. Allans Büro. Die Operation würde lange dauern, aber danach ging es ihrem Herzen wieder ein bisschen besser. Sie wünschte sich so sehr, dass sie auch mal so unbesorgt rennen konnte, wie es dir Jungs manchmal taten. Doch das war für sie zum jetzigen Zeitpunkt undenkbar. Sie kuschelte sich in ihre Decke und versuchte nicht mehr darüber nachzudenken. Am nächsten Morgen ging es ihr nicht gut. Aus irgendeinem Grund war sie wegen der Operation aufgeregt. Es war fast so, als hätte sie eine böse Vorahnung. Dr. Allan kam herein und untersuchte sie, bevor sie sich auf den Weg machten.
 

Als Ruri nach der Operation aufwachte, fühlte sie sich, als hätte sie viele Jahre geschlafen, ihre Lider fühlten sich so schwer an. Sie erkannte, dass sie in einem Krankenzimmer lag und dass niemand sonst hier war. Sie wollte sich aufsetzen, aber ein stechender Schmerz in der Brust hielt sie davon ab.

„Das letzte Mal war das aber nicht so?“

stellte sie keuchend fest. Sie blieb also liegen und seufzte:

„Was die anderen wohl gerade machen?“

Sie drehte ihren Kopf zur Seite und sah auf ihrem Wecker, dass es bereits 18.00 Uhr war. Die Operation war um 11.00 Uhr gewesen! Sie ließ eine weitere halbe Stunde verstreichen und versuchte erneut sich aufzurichten. Der Versuch endete wie der erste. Ruri war also total hilflos und kam noch nicht einmal an den Schalter, der eine Schwester rief. Ihr blieb nichts anderes übrig, als liegen zu bleiben und zu warten, dass jemand ihr Erwachen bemerkte. Sie schaffte es nicht einmal sich auf die Seite zu drehen ohne dass sie vor schmerz stöhnend zusammenzuckte.

„Was haben die eigentlich mit mir gemacht? Haben sie mir mein Herz endgültig herausgenommen?“

Ihr fluchen war scheinbar gehört worden, denn es klopfte plötzlich an der Tür. Sie knurrte ein mürrisches „Komm rein“. Herein kam allerdings keine Krankenschwester, sondern Kisuke. Natürlich in normaler Kleidung.

„Scheint so, als hättest du doch noch alles gut überstanden, wenn ich dich so höre.“

Sie sah ihn böse an.

„Gut überstanden? Ich kann mich nicht mal aufrichten ohne vor Schmerz fast aufzuschreien. Was soll daran also gut sein?“

Kisuke schloss die Tür und kam zu ihr ans Bett. Er setzte sich neben sie und strich ihr sie Augen aus dem verärgerten Gesicht.

„Tut mir Leid, ich wollte dich nicht verletzen. Der Grund für deine Schmerzen ist ein Fehler einer Assistentin bei der Operation. Ich weiß nicht, was genau schief gelaufen ist, ich weiß nur, dass ich plötzlich den schlimmsten Ton gehört hatte, den es gab. Den durchgehenden hohen Ton, der sagt, dass ein Herz stehen geblieben ist. Ich wäre fast durchgedreht. Ich wollte nicht noch einmal jemanden verlieren, der mir wichtig ist. Du bist nicht die einzige, die unter dem Tod deiner Familie gelitten hat. Ich bin kurz davor gewesen in den Operationssaal zu gehen, aber da hörte ich, dass der lange Ton einem langsamen, ruhigen Piepen gewichen war. Dr. Allan hat dich mit aller Kraft wiederbelebt. Dabei hat er dir ein paar Rippen angebrochen und du wirst einen Bluterguss zurückbehalten, aber du lebst und das ist die Hauptsache. Die Schmerzen werden noch eine ganze Weile da sein, aber spätestens übermorgen solltest du dich langsam und mit Hilfe wieder aufrichten können.“

Sie sah ihn ungläubig an.

„Ich war TOT?“

Es war nicht der Tod, der sie beunruhigte, sondern die Vorahnung, die sie vor der Operation gehabt hatte. Sie hatte gewusst, dass etwas schief gehen würde. Sie sah ihn ein wenig traurig an, aber sie lächelte als sie sagte:

„Ich denke, dass es mir nichts ausgemacht hätte zu sterben, wenn jetzt noch die Zeit wäre wo ihr mich alle ignoriert habt.“

Plötzlich fiel ihr etwas ein und sie fragte aufgeregt:

„Wissen die anderen, dass ich operiert wurde? Wissen sie, dass ich tot war?“ Kisuke strich ihr mit der einen Hand sanft über die Wange und nahm ihre Hand in die andere.

„Beruhige dich, Ruri. Sie wissen, dass du operiert wurdest, aber sie wissen nicht, dass es Schwierigkeiten gab. Sei also unbesorgt. Du wirst dich hier in aller Ruhe erholen und anschließend deine Prüfungen schreiben. Möchtest du eigentlich auf das Sportfest gehen?“

Sie nickte so gut es ging und grinste:

„Ich habe versprochen, dass ich die Jungs anfeuere. Davon halten mich auch ein paar angebrochene Rippen nicht ab. Darf ich denn überhaupt gehen?“

Kisuke schien zwar mit sich zu kämpfen, doch er stimmte dennoch zu. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, verabschiedete sich und ging.
 

Ruri hatte die darauf folgenden Tage ohne Murren hinter sich gebracht. Am Tag des Sportfestes wurde sie entlassen. Kisuke holte sie ab, damit sie sich noch in aller Ruhe umziehen konnte. Von seinem Haus aus gingen sie dann gemeinsam mit Kiichi und Takanari zur Schule. Das Fest war bereits in vollem Gange, als sie ankamen. Im Moment war Weitsprung angesagt. Ryouichi war als Drittes dran, wie Ruri durch einen Blick auf die Liste erfuhr. Kakeru und Chiaki waren beim Weitwurf und Makoto saß auf einer der Bänke. Sie zwängte sich zu ihm durch und setzte sich neben ihn. Da er sie nicht bemerkt zu haben schien stieß sie ihn in die Seite. Er sah sie erstaunt an.

„Yuki?“

Sie lachte und antwortete:

„Kennst du vielleicht noch jemanden, der so aussieht, wie ich?“

Makoto lachte ebenfalls, stand auf und rief zu Ryouichi, der sich gerade bereit machen wollte:

„Hey Ryouichi, die mal wer wieder da ist.“

Er drehte sich um und sah sie zunächst verwirrt an, bevor er grinste. Ruri grinste ebenfalls und rief:

„Hau sie alle weg, Ryouichi. Ich bin nicht gekommen, um dich verlieren zu sehen.“

Er hielt den Daumen nach oben, dann machte er sich bereit, sprang und schaffte es schließlich tatsächlich am weitesten. Kakeru und Chiaki waren in ihrer Disziplin ebenfalls unter den Besten. Als alle beisammen waren, wurde Ruri richtig begrüßt. Alle Klassenkameraden kamen und fragten, ob alles gut gegangen war und sie erzählte, dass alles gut gelaufen war. Nach den momentanen Schulpunkten waren sich die Gegner ungefähr ebenbürtig. Auch wenn Ruris Schule einen kleinen Vorsprung hatte. Als nächstes Stand Staffellauf auf dem Programm. Ihre Klasse würde laufen, da sie mit Ruri 25 waren, auch wenn sie nicht mitlief. Sie waren die einzigen, die nicht über 25 Schüler hatte. Der letzte musste eben durchlaufen und das war Makoto, da er in der Klassenliste als letztes kam. Doch Makoto war der langsamste aus der Klasse, obwohl er einen sehr sportlichen Eindruck machte. Die Strecke war 5 Runden lang und an jeder Übergangsstelle standen ebenfalls 5 Personen, bzw. nur 4 an der letzten ihrer Klasse. Die Gegner johlten, als sie von Makotos „Sportlichkeit“ erfuhren.

„Wollt ihr nicht gleich aufgeben? Mit dem verliert ihr doch garantiert!“

Sie ließen noch einige solcher Kommentare fallen und schließlich begannen alle auf Makoto einzureden. Er tat Ruri Leid und sie wollte ihm irgendwie helfen, aber sie wusste nicht wie. Sie dachte sich, dass sie ihn wenigstens anfeuern könnte, deswegen stellte sie sich zur letzten Gruppe. Die ersten Läufer jeder Station gingen auf ihre Plätze. Ryouichi war der zweite und Kakeru der vierte Läufer der ersten Gruppe. Chiaki war der vierte Läufer der dritten Gruppe. Makoto war gefährlich blass und Ruri machte sich große Sorgen um ihn. Sie wurde jedoch durch den Start von ihren Sorgen abgelenkt. Nach der ersten Runde lag ihre Klasse vorn, aber in der dritten lagen sie hinten. Kakeru und Chiaki holten in der vierten Runde wieder auf. Als sie an der vierten Station vorbei waren, lief Kakeru, unter den begeisterten Rufen der Gegner, unsicher auf den Platz. Als der letzte Läufer der dritten Gruppe loslief, ging sie ohne nachzudenken auf den Platz neben dem letzten Gegner. Kakeru wurde bereits kurz nach der Übergabe überholt. Er lief unsicher auf sie zu, aber sie rief nur:

„Jetzt beeil dich mal oder soll ich dir entgegen kommen?“

Die Angst vor einer Herzattacke war Ruri in diesem Moment nicht bewusst. Das einzige, an das sie dachte war, Makoto zu helfen. Als sie den Stab bekam, lief sie mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte los. Bereits nach wenigen Schritten fühlte es sich an, als ob ihr Herz zerreißen würde.

„Das war es dann wohl mit Gesund ab 20“,

dachte sie sich, während sie ihren Gegner überholte. Sie schaffte es tatsächlich als Erste ins Ziel. Allerdings wurde ihr gleich darauf schwarz vor Augen und sie hörte nur noch, wie alle ihren Namen riefen. Die Aufregung war groß, als Ruri plötzlich zusammenbrach. Kisuke war als Erster bei ihr. Ryouichi hörte ein paar Jungs von der anderen Schule über den Vorfall reden, während Kisuke damit beschäftigt war Ruri ins Krankenzimmer zu bringen und Kakeru einen Krankenwagen rief.

„Warum haben wir eigentlich nur den Vorletzten ausgelacht? Der Letzte war definitiv der Beste.“

Der andere nickte zustimmend.

„Ja, da stimme ich dir zu. Gleich danach zusammenzubrechen ist schon eine Leistung.“

Weiter kam er nicht, denn Ryouichi schlug ihm mitten ins Gesicht. Er sah verwirrt zu ihm auf und hielt sich die blutende Nase.

„Was…“

„Er ist krank!“

Der „Geschlagene“ stand auf und fragte:

„Wer ist krank?“

Ryouichi biss die Zähne zusammen.

„Yuki, der Junge, der zusammengebrochen ist. Er sollte eigentlich gar nicht mitmachen, weil er seit seiner Kindheit ein schwaches Herz hat. Er wurde erst heute wieder nach einer Operation entlassen. Nur, weil er gesehen hat, wie ihr einen Freund nieder gemacht habt, hat er das getan. Sollte er wegen euch Schäden davon tragen, dann mach ich euch alle fertig.“

Damit drehte er sich um und ging los, um nach Ruri zu sehen. Der Krankenwagen war mittlerweile da und lud sie ein. Er ging zu Kakeru und fragte vorsichtig: „Wie geht es ihm?“

Kakeru drehte sich zu ihm um.

„Die vorläufige Untersuchung hat ergeben, dass sein Herz immerhin noch schlägt, wenn auch sehr unregelmäßig. Er wird seine Prüfungen wohl nachschreiben müssen. Wir müssen jetzt erst einmal abwarten und sehen, wie es weitergeht. Versuchen wir durch unsere Prüfungen zu kommen und dann werden wir sehen, ob Yuki wieder ein Jahr mit uns verbringen wird. Momentan können wir nicht mehr tun, als hoffen.“

Damit standen sie stumm da und sahen dem Krankenwagen nach.

Teil 3 Kapitel 9

„Guten Morgen, Ruri-Chan. Wie geht es dir heute? Hast du auch nichts Anstrengendes getan?“

Dr. Allan lächelte sie an und sie antwortete grimmig:

„Haben Sie eine Ahnung, wie vorsichtig Kisuke geworden ist? Er lässt mich nicht mehr ohne Begleitung aus dem Haus. Immer sind er, Kiichi, Takanari, Chiaki, Ryouichi, Makoto oder Kakeru dabei. Wenn ich etwas mit meinen Freunden unternehme ist es ja nicht schlimm, aber ich darf ja nicht einmal alleine einkaufen gehen. Können Sie sich auch nur annähernd vorstellen, wie das ist?“ Dr. Allan lachte.

„Ganz ruhig, Ruri-Chan, wenn du diesen Test mit einem guten Ergebnis hinter dich bringst, dann hast du nichts mehr zu befürchten. Dass du keine großen sportlichen Tätigkeiten ausführen sollst, versteht sich von selbst. Hast du das verstanden? Du bist schon zweimal knapp dem Tod entkommen. Wer weiß, ob das auch noch ein drittes Mal klappt. Aber ich bin ehrlich gesagt nicht scharf darauf es heraus zu finden.“

Er sah sie ernst an und sie nickte.

„Schon klar… Können wir dann anfangen?“

Dass sie keine Lust hatte sich ständig untersuchen zu lassen, war offensichtlich. Nach der Untersuchung lächelte Dr. Allan sie an und sagte:

„Laut den Testergebnissen bist du den Umständen entsprechend wieder gesund. Wobei dein Herz noch nicht ganz okay ist. Es ist wieder auf dem Stand, den es vor dem Vorfall hatte. Das heißt, dass du nächste Woche wieder in die Schule gehen kannst. Ach und übrigens Herzlichen Glückwunsch zu deinen bestandenen Prüfungen. Hast du nicht sogar überall die volle Punktzahl?“

Er grinste und Ruri lächelte ihn endlich an.

„Ich dachte mir das wäre das Mindeste, was ich für Kisuke tun konnte. Ich denke mal, dass der Sportunterricht auch unter die Kategorie „Keine sportlichen Aktivitäten“ fällt.“

Er nickte.

„So leid es mir tut, aber das kann ich nicht erlauben. Du könntest allerdings anfangen jeden Morgen kurze Strecken langsam zu joggen. Das würde dein Herz trainieren. Aber sobald dir das Atmen schwer fällt oder du einen leichten Schmerz in der Brust spürst, hörst du auf. Verstanden?“

Sie salutierte und fiel ihm anschließend um den Hals.

„Das werde ich tun. Hauptsache ich kann mich auf irgendeine Weise bewegen. Dann habe ich eine Beschäftigung während des Sportunterrichts.“

Sie ließ ihn los und strahlte ihn an. Er seufzte und sagte:

„Ich habe noch niemanden gesehen, der einen solchen Bewegungsdrang hatte wie du. Lauf in der ersten Zeit nicht alleine. Sollten irgendwelche Probleme auftauchen, dann komm sofort hier her. Ansonsten sind wir hier fertig.“

Er stand auf.

„Noch ein Jahr, dann musst du dich nicht mehr als Junge ausgeben. So wie ich das sehe, könntest du dein wahres Geschlecht eh nicht mehr viel länger verbergen.“ Sie lachte, nahm ihre Sachen und ging zur Tür.

„Auf Wiedersehen, Dr. Allan, ich hoffe, dass wir uns so schnell nicht mehr sehen müssen.“

Er lächelte und gab ein „ich auch“ zurück. Ruri ging hinaus und fühlte sich erleichtert. Endlich war sie wieder mehr oder weniger gesund. Nach ihrer Herzattacke musste sie bis eine Woche vor Schulbeginn im Krankenhaus liegen. In dieser einen Ferienwoche hatte sie alle Prüfungen geschrieben und bestanden. Mittlerweile waren schon fast wieder drei Wochen Schule. Ruri hatte Schulverbot bekommen und musste zu Hause bleiben. Chiaki, Makoto und Ryouichi hatte sie erklärt, dass Kisuke ein sehr guter Freund ihrer Eltern sei und dass es zu umständlich sein würde nach Hause zu fahren. Ihre Freunde waren jeden Tag gekommen, um sie zu besuchen und hatten ihr den Stoff erklärt, sodass sie jederzeit wieder kommen konnte. Im Krankenhaus hatten sie alle Besuchsverbot. Entweder sie hatten telefoniert, oder sie haben Nachrichten über Kisuke ausgetauscht. Chiharu war ebenfalls ein paar Mal vorbeigekommen, um nach ihr zu sehen und ihr Rezepte aus dem Koch-Club mitzubringen. Diese Woche musste sie noch zu Hause bleiben, aber nächste Woche würde sie wieder in ihr gewohntes 2er-Zimmer mit Kakeru im Wohnheim ziehen. Die Jungs von der Schule, gegen die sie angetreten waren, hatten angekündigt, dass sie sich persönlich bei „Yuki“ entschuldigen wollten, sobald „er“ wieder in der Schule war. Als sie aus dem Krankenhaus kam, wartete Takanari auf sie. Ruri lächelte ihm zu und er erwiderte das Lächeln.

„Wie war deine Untersuchung? Irgendwelche Probleme?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein, alles in Ordnung. Er meint, dass mein Herz wieder wie vor dem Vorfall ist und dass ich ab nächster Woche wieder in die Schule gehen darf. Kisuke darfst du das natürlich erzählen, aber den anderen nicht.“

Sie grinste und er zwinkerte ihr zu.

„Klar, kann ich machen. Wollen wir etwas zusammen unternehmen oder willst du lieber alleine losziehen?“

Ruri überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf und sagte:

„Es wäre unhöflich dich jetzt einfach wieder nach Hause zu schicken, wo du doch extra wegen mir gekommen bist. Ich kann ja noch die nächsten Tage etwas machen. Also, wo wollen wir zuerst hin?“

Takanari überlegte.

„Wie wäre es, wenn wir erst einmal frühstücken? Es ist schließlich gerade mal kurz nach Neun.“

Ruri nahm den Vorschlag an und sie gingen in ein nahe liegendes Cafe, wo sie frühstückten und sich unterhielten. Takanari erzählte ihr, wie erstaunt er gewesen war, als er erfahren hatte, dass „Yuki“ in Wirklichkeit ein Mädchen war. „Ich habe es echt nicht gemerkt. Du hast deine Rolle wirklich perfekt gespielt. Hättet ihr es mir nicht gesagt, dann hätte ich es nie erfahren. Deine Freunde, bis auf Kakeru, wissen aber nicht Bescheid, oder?“

Ruri lachte.

„Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass Chiaki mir auf die Schliche gekommen ist. Sag das aber nicht Kisuke, sonst muss ich die Schule verlassen. Makoto und Ryouichi haben allerdings keine Ahnung. Ich werde es ihnen aber sofort sagen, wenn ich meinen Abschluss in den Händen halte. Hoffen wir, dass sie es genauso akzeptieren, wie du und die anderen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie mich hassen würden. Besonders, wenn Ryouichi mich hassen und meiden würde. Das wäre für mich der Weltuntergang.“

Takanari strich ihr durch die Haare, da sie einen traurigen Eindruck machte.

„Du musst ihn wirklich lieben, wenn du darunter so sehr leiden würdest. Mal doch

nicht gleich den Teufel an die Wand. Ich bin mir sicher, dass sie es akzeptieren werden. Vielleicht nicht sofort, aber mit Sicherheit nach einiger Zeit.“

Er lächelte sie aufmunternd an und sie lächelte mehr oder weniger fröhlich zurück.

„Danke, Takanari, du bist echt in Ordnung. Ich bin froh, dass du jetzt zu meiner Familie gehörst. Wollen wir weiter gehen? Wir könnten ins Kino gehen oder shoppen.“

Er überlegte und antwortete schließlich:

„Ich bin fürs Kino. Ich war einmal mit meiner Schwester shoppen und das hat mir gereicht.“

Ruri sah ihn erstaunt und interessiert an.

„Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast. Wie alt ist sie? Wie heißt sie? Wie ist sie so? Hast du noch andere Geschwister? Wie ist deine Familie so?“ Takanari nutzte den Moment in dem sie Luft holte, um ihr den Mund zuzuhalten. „Ganz ruhig, Ruri. Eines nach dem anderen. Wir sollten uns an einen anderen Ort setzen. Ich denke, der Park ist wie immer am Besten dafür geeignet.“

Ruri nickte. Er bezahlte für sie mit und sie standen auf. Sie setzten sich im Park auf eine Bank und Takanari begann zu erzählen:

„Sie ist jetzt gerade mal 27 Jahre jung und heißt Chloe. Sie ist meine einzige Schwester. Außer ihr habe ich noch einen Bruder. Chloe ist die einzige aus meiner Familie, die noch mit mir spricht. Die anderen haben mich völlig aus ihren Gedanken gelöscht. Es würde mich nicht wundern, wenn sie nicht einmal mehr wüssten, wie ich heiße.“

Als er Ruris traurigen Blick sah, blickte er zum Himmel und fuhr fort:

„Am Anfang war es echt hart. Ich war so froh, dass wenigstens Chloe auf meiner Seite war und mich verteidigte. Ich wollte ihnen lieber sagen, dass ich schwul bin, bevor sie es von alleine herausfanden. Ich hätte nie gedacht, dass sie mich deswegen verstoßen würden. Mein Bruder ist sofort mit einem angewiderten Blick aus dem Zimmer gegangen. Chloe hatte meine Eltern überredet, dass ich wenigstens noch eine Woche dort bleiben durfte. Sie hat mir außerdem geholfen eine Wohnung zu finden. Ich war damals gerade mal 20 Jahre alt. Chloe hat sich so sehr gefreut, als ich ihr von Kisuke erzählt habe, dass sie geweint hat. Du hast mich damals sehr an sie erinnert, als es Probleme mit Kiichi gab. Ihr würdet euch sicher gut verstehen. Ruri?“

Ruri hatte sich in seinen Ärmel gekrallt, vergrub ihr Gesicht darin und schluchzte:

„Warum? Warum tut man euch das an? Ihr habt doch nichts falsch gemacht. Ihr verliebt euch doch nur ganz normal. Auch wenn die Person das gleiche Geschlecht hat, dann ändert das doch nichts an dem Gefühl, das ihr für diese Person empfindet. Es ist doch eine ganz normale Liebe. Warum dürft ihr nicht zu euren Gefühlen stehen? Warum müsst ihr euch verstecken? Das ist nicht fair.“

Er lächelte und nahm sie in den Arm, dann meinte er so ruhig und gelassen wie möglich:

„Es gibt ja nicht nur Menschen, die gegen uns sind. Es gibt auch noch gutherzige Menschen, wie dich und Chloe, die uns nicht als widerwärtig oder schmutzig bezeichnen. Ihr akzeptiert uns einfach als das, was wir sind. Das Ganze wird zwar dadurch abgeschwächt, dass ihr Frauen seid, aber ihr seid uns trotzdem eine so große Stütze. Ich habe gehört, dass du Ryouichi dazu gebracht hast Kakeru zu akzeptieren. Heute sind die Beiden die Besten Freunde. Ryouichi schreckt nicht einmal zurück, wenn Kakeru ihm mal den Arm um die Schulter legt. Bei Chiaki und Makoto ist es das Gleiche. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr wir uns gefreut haben, dass sie zu unserer Hochzeit gekommen sind. Das ist alles dir zu verdanken, deswegen bist du, zusammen mit Kisuke und Chloe, die wichtigste Person für mich. Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber das ist mein voller Ernst.“

Er ließ sie los und sie sah ihn lächelnd an. „Ich weiß, dass du das ernst meinst. Es freut mich, dass ich behilflich sein kann. Triffst du dich eigentlich ab und zu mit Chloe?“

Sie wischte sich die letzten Tränen aus den Augen und er antwortete kleinlaut:

„Nein, wir schreiben uns, aber mehr nicht. Sie wohnt zwei, drei Städte weiter in meinem Heimatort. Sie ist verheiratet und hat eine kleine Tochter. Ihr Mann hasst mich, deswegen will ich sie nicht besuchen.“

Ruri überlegte, wie sie ihn wieder aufmuntern konnte. Sie holte ihr Handy heraus und sah, dass sie seine Handynummer gar nicht hatte. Sie fragte ihn nach seinem Handy und fand dort tatsächlich Chloes Nummer.

„Warum ruft er sie nicht einfach auf dem Handy an? Das würde ihr Mann doch nie merken“,

dachte sie sich, während sie unauffällig auch Chloes Nummer speicherte.

„Wollen wir langsam zurück gehen? Kisuke kommt bald nach Hause. Ich freue mich, dass du mir etwas aus deiner Vergangenheit erzählt hast. Vielleicht finden wir ja mal wieder Zeit, um uns zu unterhalten.“

Sie stand auf, gab ihm sein Handy zurück und streckte sich. Er sah sie an und meinte:

„Wenn ich nicht mit Kisuke zusammen wäre, dann hätte ich mit Sicherheit sich gewählt.“

Ruri musste grinsen und antwortete:

„Das hat mir Kakeru auch schon gesagt. Warum kann mir das nicht mal jemand sagen, der auch etwas mit Frauen anfangen kann?“

Sie lachten und gingen Richtung Zuhause.
 

Als Ruri am nächsten Tag aufwachte, war sie alleine im Haus. Nur Marielle lag auf ihrer Decke und schnurrte zufrieden. Sie stand auf, vergewisserte sich, dass wirklich niemand im Haus war und holte ihr Handy. Es war bereits nach 11.00 Uhr, weswegen Ruri davon ausging, dass Chloe wach war. Sie atmete tief durch und wählte die Nummer, die sie gestern gespeichert hatte. Als es begann zu verbinden schwand ihr anfänglicher Mut und sie wurde unsicher. Plötzlich wurde abgenommen. „Chloe Takashima!“

„Was für eine nette Stimme sie hat“,

dachte sich Ruri.

„Hallo? Ist da jemand? Ich lege wieder auf!“

Ruri riss sich endlich zusammen und sagte:

„Nein, bitte nicht auflegen. Mein Name ist Ruri Aoi. Entschuldigung, dass ich Sie belästige.“

Am anderen Ende der Leitung hörte sie ein leises Kichern.

„Sie stören nicht, Aoi-san. Warum rufen Sie mich an und woher haben Sie meine Handynummer?“

Ruri war erleichtert, dass Chloe tatsächlich so nett war, wie Takanari erzählt hatte. Sie wollte kein Risiko eingehen, deswegen fragte sie vorsichtig:

„Ist ihr Mann zuhause?“

Als sie dies verneinte, fuhr sie fort:

„Ich… bin eine Freundin ihres Bruders Takanari.“

Am anderen Ende war es still. Schließlich sagte Chloe:

„Ist das wahr? Wie schön. Wie geht es ihm? Wo ist er gerade? Ich habe nichts mehr von ihm gehört, seit er mir von seiner Hochzeit erzählt hat. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Ich würde ihn so gerne mal wieder sehen.“

Ruri lächelte.

„Keine Sorge, ihm geht es gut. Er ist, wie sie ja schon wissen, mit meinem Adoptivvater Kisuke verheiratet und er hat hier viele Freunde. Er hat sich nicht gemeldet, weil er Ihnen keinen Ärger bereiten wollte. Ich habe Ihre Nummer auch nur ohne sein Wissen. Nehmen Sie es ihm nicht übel.“

Chloe lachte.

„Wie könnte ich ihm etwas übel nehmen? Ich würde alles dafür geben, um ihn mal wieder zu sehen und mit ihm zu sprechen.“

Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort:

„Mein Mann ist ein paar Tage mit unserer Tochter weggefahren. Würden Sie mir Takanaris Adresse geben?“

Das tat Ruri ohne zu zögern und mit Freude.

„Vielen, vielen Dank. Ich mache mich sofort auf den Weg. Ich werde ungefähr 1 ½ Stunden brauchen.“

„Da wird er wahrscheinlich noch nicht zuhause sein. Dafür könnten Sie sich mit meinem Adoptivvater unterhalten. Er würde Sie bestimmt auch gerne kennen lernen. Ich will Sie auch nicht länger aufhalten. Bis dann.“

Ruri legte auf und fühlte sich großartig. Sie hatte es geschafft und dann auch noch zu einem so günstigen Zeitpunkt. Dafür war sie ihrem Herz ausnahmsweise mal dankbar. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. Chloe war auf dem Weg hier her. Ruri lief in ihr Zimmer, zog sich im Bruchteil einer Sekunde um und begann das Haus aufzuräumen. Sie konnte sich Takanaris erschrockenen und erstaunten Blick lebhaft vorstellen. Um kurz nach zwölf kam Kisuke nach Hause und machte sich ans Mittagessen. Ruri deckte den Tisch für drei Personen, weswegen Kisuke sie fragte, ob noch jemand kommen würde, aber Ruri lächelte nur und schwieg. Als um zwanzig vor eins die Türklingel erklang, blieb ihr fast das Herz stehen und sie wackelte mehr zu Tür, als dass sie lief. Als sie die Tür öffnete, stand eine wirklich gut aussehende Frau vor ihr. Sie hatte die gleichen haselnussbraunen Augen, wie Takanari und schulterlange, schwarze Haare. Sie hatte eine schmale Figur und war ungefähr genauso groß, wie Ruri. Als Ruri ihre Stimme wieder gefunden hatte, fragte sie schüchtern:

„Chloe-san?“

Die Frau lächelte und antwortete:

„Dann gehe ich mal davon aus, dass Sie Aoi-san sind. Darf ich dich duzen und Ruri nennen?“

Sie nickte und lächelte. Von hinten rief Kisuke:

„Wer war es denn Ruri?“

Sie ließ Chloe herein und führte sie in die Küche. Kisuke drehte sich zu ihnen um und sah Chloe fragend an. Ruri holte tief Luft und sagte:

„Chloe-san, das ist Kisuke Aoi, mein Adoptivvater und Takanaris… Ehepartner. Papa, das ist Chloe Takashima, Takanaris jüngere Schwester.“

Für einen Moment schwiegen beide und Ruri machte sich Sorgen, ob sie einen Fehler gemacht hatte. Doch dann kam Kisuke lächelnd, aber ein wenig unsicher zu ihnen und hielt Chloe seine Hand hin.

„Freut mich Sie kennen zu lernen, Takashima-san.“

Chloe lachte und nahm seine Hand.

„Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Sie können mich ruhig duzen. Ich bin so frei und tu das einfach. Du kannst mich übrigens auch duzen, Ruri. Ich bin euch so dankbar, dass ihr so freundlich zu Takanari seid. Er war immer so traurig und apathisch, nachdem er zuhause ausziehen musste. Selbst, wenn er lachte, wirkte es irgendwie unglücklich.“

Ein paar Tränen flossen ihr über das Gesicht. Kisuke führte sie zu einem Stuhl und Ruri holte Taschentücher.

„Würdest du noch für zwei weitere Personen decken, Ruri? Takanari und Kiichi kommen heute früher nach Hause.“

Sie nickte und holte die Sachen. Als sie wenig später anfangen wollten, klingelte es. Ein kurzer Blick auf das kleine Regal in der Küche genügte Ruri, um zu wissen, dass sowohl Takanari als auch Kiichi ihren Schlüssel vergessen hatten. Kisuke stand auf, um die Tür zu öffnen, aber Ruri kam ihm zuvor. Kiichi sah leicht zerrupft aus, weswegen sie ihn fragte, was denn passiert sei und er antwortete:

„Kakeru kam vorbei, während er frei hatte. Einer der Jungs hat sich über uns lustig gemacht und da habe ich zugeschlagen. Takanari hat uns wieder auseinander gebracht. Wir haben Kakeru an der Schule abgesetzt und sind gleich nach Hause, deswegen sind wir auch schon so früh.“

„Er muss vor Wut kochen“,

dachte sie sich, als er mit geballten Fäusten und knirschenden Zähnen an ihr vorbei ging. Takanari kam etwas besser gelaunt hinter ihm her. Ruri packte ihn am Arm und zog ihn in Richtung Küche.

„Was ist denn los mit dir? Ich bin nicht am Verhungern.“

Ruri lächelte, denn Chloe hatte sich in den Türrahmen gestellt. Takanari sah zu Ruri, deswegen sah er sie nicht gleich. Erst, als sie stehen blieb, sah er in Richtung Küche und erstarrte. Er wollte einen Schritt zurück, aber hielt ihn fest. Chloe traten wieder Tränen in die Augen, aber sie lächelte, als sie sprach:

„Wir haben uns lange nicht gesehen, Takanari.“

Er nickte stumm, dann sah er wieder zu Ruri.

„Das geht doch bestimmt auf dein Konto, hab ich Recht?“

Sie sah ihn unschuldig an und er seufzte. Kisuke kam aus der Küche und begrüßte ihn mit einem Kuss. Anschließend packte er Ruri und Kiichi am Arm und zog sie in die Küche. Nachdem er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, atmete er durch. „Scheint so, als würde es klappen. Er hat sie bisher nicht rausgeworfen und wütend scheint er auch nicht zu sein. Ich denke du hast das Richtige getan, meine Kleine.“

Er wuschelte ihr durch die Haare und grinste. Kiichi stand nur dahinter und fragte verwirrt:

„Kann mich jemand mal aufklären? Wer ist die Frau?“

Ruri lachte.

„Entschuldige, Kiichi, du kannst es ja noch nicht wissen. Papa hat auch erst heute davon erfahren. Die Frau heißt Chloe Takashima und ist Takanaris jüngere Schwester. Die Beiden haben sich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ich habe mir heimlich ihre Handynummer gespeichert und dieses Treffen arrangiert. Das war eine spontane Entscheidung.“

Kiichi nickte und begann sich ein Brot zu schmieren, obwohl das Mittagessen auf dem Tisch stand.

„Nur, damit ich es richtig verstanden habe. Du hast gegen seinen Willen eine Person eingeladen, die er seit langem nicht gesehen hat und vielleicht auch nicht sehen wollte.“

Ruri seufzte.

„Wenn du es so ausdrückst, dann klingt es do negativ. Ich wollte doch nur helfen.“ Nun war es Kiichi, der seufzte.

„Entschuldige, ich wollte dich damit nicht runter ziehen. Du musst allerdings zugeben, dass man es auch so sehen könnte.“

Ruri nickte stumm und sah zur Wand. Plötzlich ging die Tür auf und Takanari kam mit Chloe herein. Er kam auf Ruri zu und wuschelte ihr, wie Kisuke, durch die Haare, bis sie endgültig in alle Richtungen standen.

„Du bist mir Eine! Warum habe ich mir nur gedacht, dass es darauf hinausläuft, als ich dir von ihr erzählt habe?“

Er grinste und sie antwortete mit einem unschuldigen Blick:

„Vielleicht, weil ich so ein gutmütiges, engelsgleiches Wesen bin.“

Sie lachten und Ruri war froh, dass alles gut gegangen war. Kiichis Worte hatten sie doch sehr verunsichert. Sie setzten sich an den Tisch und aßen zu Mittag. Später kamen noch Kakeru, Chiharu und Sayori vorbei und sie hatten viel Spaß. Aus diesem Grund wollte Chloe auch über Nacht bleiben. Nach einigem hin und her, stimmte schließlich auch Takanari zu. Nach dem Essen gingen sie in die Stadt. Der Tag verging viel zu schnell und ehe sie sich versahen, war es Abend. Kakeru, Chiharu und Sayori verabschiedeten sich und gingen heim. Auch sie machten sich auf den Weg zurück. Sie redeten noch bis spät in die Nacht und fielen anschließend wie tot in die Betten.
 

(Hey ho, da bin ich mal wieder^^ Ich wollte nur Bescheid sagen, dass es etwas dauern könnte, bis ich Kapitel 11 und 12 (Die letzten beiden^^) hochlade. Ich habe sie nämlich noch nicht vorgeschrieben >__< Ich gebe mein Bestes, dass sie in den nächsten 2 Wochen auch noch da sind^^ Kapitel 10 kommt noch im Laufe dieser Woche ;) Entweder am Samstag oder sogar schon am Freitag^^ Liebe Grüße Kitty_St_Heaven)

Teil 3 Kapitel 10

Die Freude über Ruris Rückkehr in die Schule war groß. Alle Jungs aus ihrer Klasse hatten sich zusammen getan und ihr einen Kuchen gebacken. Sie mussten lachen, als sie erzählten:

„Wir haben vorher einen Test gemacht, wer Kochen und Backen kann. Wer den nicht bestanden hat, der durfte auch nicht mithelfen.“

Sie sahen zu Kakeru und Ryouichi und seufzten.

„Nur bei den Beiden war von Anfang an klar, dass sie nicht mitmachen durften.“ Ruri lachte und die beiden sahen mit hochrotem Kopf zur Seite. Sie ging zu ihnen und wuschelte ihnen durch die Haare, wie es die Leute auch immer bei ihr taten. Als sie wieder weggegangen war, stand Ryouichi auf und holte ein kleines Päckchen aus seiner Tasche. Als er sich vergewissert hatte, dass Ruri abgelenkt war, ließ er es in ihrer Tasche verschwinden. Anschließend setzte er sich wieder auf den Tisch neben Kakeru, der ihm zuzwinkerte.

„Entgeht dem denn gar nichts?“

dachte er sich, während er Ruri dabei beobachtete wie sie mit anderen redete. Als er sich nach einer Weile immer noch dabei erwischte, seufzte er und dachte sich:

„Ich bin echt hoffnungslos. Wie kann man sich nur so sehr verlieben?“

Er war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er Ruri nicht bemerkte, die plötzlich vor ihm stand. Erst, als sie ihm die Hand auf die Stirn legte und fragte, ob er Fieber habe, bemerkte er sie. Er hatte sich morgens wirklich nicht besonders gut gefühlt. Vielleicht war er ja wirklich krank. Er fühlte nicht einmal selbst nach und kann zu dem Entschluss, dass er wirklich zu warm war. Ruri nahm ihn an der Hand und zog ihn auf die Beine.

„Du gehörst ins Bett und nicht in die Schule!“

Sie zog ihn hinter sich her aus dem Raum. Als sie dem Lehrer begegneten, sagte Ruri, dass sich Ryouichi nicht wohl fühlte und sie nach ihm sehen würde. Er stimmte zu und sie zog ihn weiter, bis sie vor seiner Zimmertür standen. Ruri sah ihn an und fragte:

„Öffnen sich die Türen neuerdings ohne Schlüssel?“

Er errötete leicht und kramte seinen Schlüssel aus der Hosentasche. Nachdem er aufgeschlossen hatte sagte Ruri:

„Ich habe ein Medikament gegen Fieber in meinem Zimmer, das hole ich schnell. Du machst dich bettfertig. Wehe ich komme wieder und du liegst nicht im Bett!“

Sie lächelte und machte sich auf den Weg. Ryouichi tat wie ihm befohlen und war innerhalb kürzester Zeit in seinem Bett. Als er lag, hatte er nur einen Gedanken:

„Yuki kümmert sich um mich!“
 

Ruri kam wenig später. Sie lächelte, als sie Ryouichi brav in seinem Bett liegen sah. „Du bist heute ja richtig gehorsam. Hast du mich so sehr vermisst?“ Er errötete und drehte sich mit dem Gesicht zur Wand. Ruri deute dies als Ja und ließ ihn mit diesem Thema in Ruhe. Manchmal brauchte sie solche kleinen Liebesbeweise, um nicht zu vergessen, wofür sie ihn so sehr liebte. Sie ging zu den Fenstern und öffnete sie. Ryouichi drehte sich wieder von der Wand weg und beobachtete Ruri, wie sie am Fenster stand. Nach einer Weile schlug er die Hände über dem Kopf zusammen und murmelte:

„Ich bin wirklich hoffungslos.“

Sie drehte sich zu ihm um und fragte:

„Was hast du eben gesagt?“

Er erröte erneut und antwortete stotternd:

„G-Gar nichts. Das hast du dir… eingebildet.“

Ruri kam zu ihm und nahm ihm die Hände vom Gesicht.

„Du hast ganz sicher etwas gesagt. Entweder ich bin verrückt oder dein Fieber ist ernster, als ich gedacht habe. Überleg dir deine Antwort gut.“ Jetzt war Ryouichi noch viel unruhiger als vorher. I-Ich bin mir sicher, d-dass ich n-nichts gesagt habe. Warum sollte ich dir etwas verheimlichen?“

Ruri überlegte kurz, dann sagte sie:

„Vielleicht, weil es etwas mit mir zu tun hatte?“

Sie bereute ihre Worte sofort wieder, denn er befreite seine Hände aus ihrem Griff und sah zu Boden. Sie setzte sich neben ihn auf das Bett.

„Tut mir Leid, Ryouichi. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich habe diese Aussage nur im Scherz gesagt. Bist du böse?“

Als er schwieg, wurde auch sie unruhig. Schließlich hob er wieder den Kopf und sah sie an. Er seufzte und sah ihr direkt in die Augen, als er sagte:

„Du hast Recht, Yuki, es hat mit dir zu tun. Jedes seltsame Verhalten, dass ich dir zeige, liegt an dir. Der Grund ist… dass…“

Ruri hielt ihm mitten im Satz den Mund zu und schüttelte den Kopf.

„Du bist zu früh, Ryouichi“,

sagte sie mit schwacher Stimme. Er nahm ihre Hand weg und wollte etwas erwidern, aber als er ihren traurigen Blick sah, schwieg er. Ruri stand auf und ging zur Tür. Ryouichi stand ruckartig auf und hielt sie fest, aber er schwankte und musste sich festhalten. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an.

„Du bist wirklich einfach nur zu früh. Du solltest wirklich noch warten und darüber nachdenken. Sollten sich deine Gefühle nicht ändern, dann sag es mir an unserer Abschlussfeier noch einmal. Erst dann werde ich dir meine Antwort geben.“

Damit verließ sie das Zimmer und ließ Ryouichi stehen. Er war einen Moment lang wie versteinert, dann ließ er sich aufs Bett fallen und blieb liegen. Ruri ging mit hochrotem Kopf zum Schulgebäude. Sie wartete, bis die Stunde zu Ende war, dann ging sie hinein, schnappte sich Kakeru und zog ihn mit sich. Erst, als sie in ihrem Zimmer standen, ließ sie ihn los. Sie schnappten beide nach Luft und als Kakeru sich wieder gefangen hatte, sagte er:

„Was ist denn los? Du bist ja ganz außer dir. Hat Ryouichi dir irgendwas getan?“ Sie schüttelte den Kopf und vergrub ihren Kopf in seiner Jacke. Nach dem sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, sagte sie zitternd:

„Er wollte mir seine Liebe gestehen und ich habe ihn davon abgehalten. Er wird nie mehr mit mir sprechen.“

Kakeru seufzte.

„Das glaube ich nicht. So ist Ryouichi nicht. Du kennst ihn doch auch bereits seit zwei Jahren. Warum sollte er nicht mehr mit dir sprechen wollen?“

Ruri zögerte.

„Was soll ich tun, wenn dieser Fall eintrifft? Ich würde das nicht überleben. Die Tage, an den ich ihn nicht sehen, sondern nur hören durfte, waren die Hölle.“

Ihr standen bereits die Tränen in den Augen, weswegen Kakeru sie in den Arm nahm. Er strich ihr beruhigend über den Kopf, während er sprach.

„Ganz ruhig, Ruri. Ich kenne Ryouichi. Er wird deinen Vorschlag annehmen und darüber nachdenken.“

Ruri sah ihn fragend an.

„Woher weißt du, dass ich ihm gesagt habe er solle noch einmal darüber nachdenken?“

Kakeru lachte.

„Das liegt daran, dass ich dich genauso gut kenne, wie Ryouichi. Ich habe es mir einfach gedacht. Glaubst du mir jetzt, dass er dich wie immer behandeln wird?“ Ruri überlegte kurz, dann lächelte sie und nickte.

„Als ob du ein Nein akzeptieren würdest. Du hättest mich mit allen Mitteln überzeugt. Hab ich Recht?“

Er grinste nur als Antwort.

„Ich danke dir, Kakeru, du bist wirklich ein guter Freund. Wie wollte ich es hier ohne dich nur ausgehalten?“

Er überlegte kurz, dann antwortete er:

„Ich weiß es nicht, ich wäre ja nicht da. Ich denke du hättest es schon irgendwie geschafft. Selbst, wenn du eine Einzelgängerin geworden wärst. Du bist niemand, der sich mit einer Situation zufrieden gibt, die dir nicht gefällt. Du hättest eher die Schulregeln verletzt, als alleine irgendwo herumzusitzen.“

Er grinste und sie lachte.

„Ich wäre bestimmt voll der Badboy geworden. Leider sah die Realität anders aus. Ich habe immer alleine gesessen, aber es hat mich nicht gestört. Trotzdem danke, dass du mich so eingeschätzt hast. Ich denke du hast Recht, Wir werden sehen, wie es weiter geht. Aber du bist derjenige, der mich trösten muss, wenn er mich doch ignoriert.“

Er verbeugte sich vor ihr und sagte in höflichem Ton:

„Ganz, wie Ihr wünscht, Prinzessin. Wollen wir uns dann wieder in Richtung Klassenraum begeben?“

Ruri boxte ihm in die Seite und sie gingen zurück. Kakeru sah noch kurz in Ryouichis Raum und teilte ihr mit, dass er tief und fest schlief.
 

Am nächsten Morgen wachte Ruri nur mit Mühe auf. Sie hatte schlecht geträumt und dadurch schlecht geschlafen. Immer wieder war sie aus den verschiedensten Gründen von Ryouichi verlassen worden. Sie fiel mehr aus dem Bett, als dass sie aufstand. Kakeru war seit langem Mal wieder über Nacht bei Kiichi geblieben. Sie zog sich an und schlurfte ins Bad. Sie fühlte sich wie ein Zombie, als sie in den Klassenraum kam und sie sah vermutlich auch so aus. Ryouichi saß wie gewöhnlich am Fenster und sah hinaus. Als er Ruri bemerkte, grinste er und meinte:

„Hast du irgendwie schlecht geschlafen? Du siehst furchtbar aus.“

Ruri befürchtete, dass er den Stein hören könnte, der ihr vom Herzen fiel, deswegen lachte sie.

„Ich habe schlecht geträumt und deswegen kaum die Augen zu gehabt. Ist es sehr schlimm?“

Er nickte grinsend und sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie erschrak, als ihr plötzlich jemand die Hand auf die Schulter legte. Sie schrie auf und machte einen Satz zur Seite. Hinter ihr standen Kakeru, Chiaki und Makoto, die sich vor lachen nicht mehr einkriegen konnten. Ruri sah sie schmollend an und sagte:

„Wirklich witzig, Jungs. Sind wir jetzt wieder im Kindergarten?“

Chiaki, der sich wieder beruhigt hatte, kam zu ihr und legte ihr erneut die Hand auf die Schulter.

„Ach komm schon, Yuki, das war doch nur Spaß. Trag es wie ein MANN!“

Beim letzten Satz grinste er sie breit an und sie boxte ihn mit einem gezischten „Idiot!“

in die Seite. Kurz darauf kam der Lehrer und sie mussten sich setzen. Als Ruri ihre Tasche öffnete, fiel ihr ein kleines Päckchen ins Auge. Sie holte erst das nötige Schulzeug heraus, dann untersuchte sie es genauer. Sie entdeckte eine kleine Karte auf der „Gute Besserung, Yuki“ stand. Es war also definitiv für sie. Nur einen Absender gab es nicht. Sie beschloss es später auszupacken, damit der Lehrer es ihr nicht abnehmen konnte. Die Stunde ging viel zu langsam herum. Als die Stunde endlich zu Ende war, wäre sie am Liebsten in ihr Zimmer gerannt und hätte es ausgepackt, aber das ging leider nicht. Die Jungs kamen wieder zu ihr und sie gingen unter einen der großen Bäume auf dem Schulhof. Als sie saßen meinte Ryouichi:

„Meine Mutter hat nächste Woche Geburtstag und fragt, ob ihr auch kommen wollt. Wir würden freitags nach dem Unterricht losfahren und sonntags wieder zurückkommen. Sie will euch unbedingt kennen lernen, weil ihr es schon so lange mit mir aushaltet. Also was meint ihr?“

Alle stimmten sofort zu. Chiaki und Kakeru sahen erst einander, dann Ruri an und schließlich fragte Chiaki:

„Schlafen wir dann eigentlich alle in einem Zimmer oder in getrennten?“

Ryouichi seufzte, dann antwortete er:

„Ihr schlaft bei mir. Nur Yuki schläft bei meiner Mutter. Ich weiß auch nicht warum. Sie hat das Klassenfoto gesehen und sofort entschieden, dass er bei ihr im Zimmer schlafen soll. Keine Sorge, Yuki, sie wird dir nichts antun. Bei meiner Schwester wäre ich mir allerdings nicht so sicher, da sie alles nimmt, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Das heißt aber nicht, dass sie nicht nett ist. Ihr werdet euch eure eigene Meinung bilden müssen. Sie sind beide unbeschreiblich, genauso wie der Rest meiner Verwandtschaft. Ich will euch nicht verschrecken oder so.“

Dass er das damit erreicht hatte, war klar. Kakeru lehnte sich zu Ruri und flüstere:

„Denkst du, dass sie dich durchschaut hat?“

„Ich denke schon. Warum sollte sie mich sonst von euch trennen? Ich wünsche mir fast, dass sie es weiß.“

Kakeru sah sie erstaunt an und fragte:

„Warum wünschst du dir das?“

Ruri sah zu Boden, als sie antwortete:

„Denkst du nicht, dass Ryouichi zuhause erzählt hat, dass er verliebt ist? Er scheint ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Familie zu haben. Ich meine… es ist ja nichts Schlimmes, das weißt du ja am Besten, aber es gibt eben auch Reaktionen wie bei Takanari. Ich würde am Liebsten zu ihnen gehen und alles erzählen.“

Kakeru lächelte sie an und tippte ihr an die Stirn.

„Du bist viel zu gutmütig, „Yuki“.“

Dann lehnte er sich zu Chiaki und flüsterte:

„Sie ist unheilbar. Lassen wir uns überraschen.“

Sie seufzten beide synchron und damit war das Thema fürs erste erledigt. Sie redeten noch über viele andere Dinge und schließlich war die Pause zu Ende. Die Stunden zogen sich wie Kaugummi. Die Klingel riss Ruri aus ihren Tagträumen. Sie liefen noch zusammen zum Wohnhaus, dann schlurfte jeder in sein Zimmer. Ruri fiel auf ihr Bett und murmelte nur:

„Mama, Papa, Ryoé, ich bin noch toter als ihr.“

„So schlimm, Prinzessin Freundlichkeit?“

Sie funkelte ihn wütend an und warf ihr Kissen nach ihm. Er wich geschickt aus und setzte sich auf sein Bett. In diesem Moment fiel ihr das Päckchen ein. Sie holte es aus ihrer Tasche und packte es aus. In der kleinen Schachtel lag zunächst nur ein Zettel, auf dem stand:

„Du musst sie ja nicht tragen, aber sie passt irgendwie zu dir.“

Sie legte den Zettel zur Seite. Kakeru setzt sich neben sie und sah ihr neugierig über die Schulter. In der Schachtel war eine Kette mit einem Anhänger in der Form einer Schneeflocke. Der Anhänger war aus durchsichtigem Kunststoff und in der Mitte war eine kleine Glühbirne eingearbeitet. Da es keinen Schalter gab, drehte Ruri an der Halterung. Zuerst strahlte die Schneeflocke in gelb, anschließend wechselte sie zu rot, dann zu blau, dann zu grün und schließlich wieder zu gelb. Sie drehte die Halterung wieder zurück und das Licht erlosch. Sie legte die Kette vorsichtig in ihre Handfläche und murmelte:

„Sie ist wunderschön.“

Kakeru lächelte und meinte:

„Da hört man mal wieder die Frau aus dir heraus. Mache ich mich zum Verräter, wenn ich dir sage, wer dir die Kette geschenkt hat?“

Ruri lachte leise auf und sagte:

„Es ist Ryouichi, hab ich Recht?“

Kakeru lachte.

„Ist es so offensichtlich?“

Ruri schüttelte den Kopf und antwortete:

„Nein, nicht direkt. Ich kann es dir nicht genau erklären. Er strahlt eine besondere Wärme aus, die mich sofort auf Ryouichi gebracht hat. Das klingt irgendwie kitschig. Ich muss klingen wie eine verliebte Henne.“

Kakeru lachte erneut und wuschelte ihr mal wieder durch die Haare.

„Ich weiß zwar nicht, wie verliebte Hennen klingen, aber ich kann dir sagen, dass du hoffnungslos verliebt bist. Ich wünsche dir, dass der Schulabschluss bald kommt.“

Er grinste sie an und sie grinste mir hochrotem Kopf zurück. Sie legte die Kette behutsam in ihre Verpackung zurück und stellte das Kistchen auf ihren Nachtschrank. Anschließend zogen sie sich normale Kleidung an und gingen in den Gemeinschaftsraum, in dem die anderen Jungs bereits warteten.
 

Die Woche verlief erstaunlich ruhig. Die Lehrer haben kaum Hausaufgaben auf und alle waren glücklich. Schließlich kam der Tag der Abreise. Alle die Ruris Geheimnis kannten, gaben ihr Ratschläge, was sie nicht tun sollte. Sie waren drei Stunden mit dem Zug unterwegs. In dieser Zeit schliefen sie, spielten Karten und unterhielten sich.

„Warum bist du eigentlich auf eine so weit entfernte Schule gegangen, Ryouichi? Gab es keine in der näheren Umgebung?“

Ruri sah ihn neugierig an. Sie war die einzige, außer ihm, die noch wach war. Ryouichi lehnte sich gemütlich zurück und antwortete:

„Ich wollte von Zuhause weg. Ich habe seit meinem dritten Lebensjahr nur mit Frauen gelebt. Natürlich hatte ich auch Freunde, aber ich konnte einfach nicht mehr. Da kam mir diese Jungenschule doch gerade recht. Mittlerweile ist es immer eine Freude für mich nach Hause zu fahren, weil es keine Gewohnheit mehr ist. Es ist einfach etwas Besonderes geworden.“

Ruri musste lächeln, weil er sich wie ein kleiner Junge anhörte. Er sah sie unnachgiebig an.

„Was ist? Habe ich was im Gesicht?“

Er schüttelte den Kopf.

„Nein, das hast du nicht. Du bist nur der erste, der nicht fragt warum ich keinen Vater habe.“

„Ich dachte mir, dass du es mir sicher gesagt hättest, wenn es wichtig gewesen wäre.“

Sie lächelte und er grinste.

„Noch 20 Minuten. Sollen wir unsere Dornröschen langsam mal wieder wecken?“

Ruri lachte und antwortete:

„Gern, aber du darfst sie wach küssen.“

Sie lachten und Ryouichi sagte:

„Wie können ihnen ja ins Ohr hauchen, dann wachen sie ganz sicher auf.“

Ruri nickte und grinste. Sie beugte sich über Chiaki und er sich über Makoto. Er zählte mit den Händen bis drei und sie pusteten. Die Reaktion war wie erwartet und sie konnten nicht mehr aufhören zu lachen. Kakeru wurde anschließend auf normalem Weg geweckt. Bei ihrer Ankunft wurde Ryouichi sofort von einer Frau Mitte 20 umarmt.

„Ryou-Chan. Warum hast du dich so lange nicht mehr blicken lassen?“

Ryouichi befreite sich aus ihrem Griff und antwortete:

„Tut mir Leid, Risa, aber die Schule hatte Vorrang.“

Sie schmollte kurz, aber als sie Ruri und die anderen sah, war sie wieder bester Laune. Sie stellten sich kurz vor und gingen anschließend Richtung Haus. Da es bereits Abend war, würden sie heute wohl nicht mehr viel unternehmen. Ryouichis Mutter war sehr freundlich. Sie hatte bereits Essen vorbereitet und die Betten fertig gemacht. Nach dem sie gegessen und alles für den nächsten Tag besprochen hatten, gingen alle bis auf Ruri duschen. Während sie auf die Jungs wartete, saß sie in der Küche mit Ryouichis Schwester und seiner Mutter. Risa setzte sich zu ihr an den Tisch und sah sie fasziniert an. Ruri fühlte sich dabei nicht wohl und fragte unsicher:

„Stimmt etwas nicht?“

Risa grinste und antwortete:

„Nichts besonderes. Ich frage mich nur gerade, wie du es mit meinem durchgeknallten Bruder aushältst. Ich meine--- so von Frau zu Frau.“

Ruri wich alle Farbe aus dem Gesicht.

„Ihr seid mir also wirklich auf die Schliche gekommen. Ich hatte es mir schon gedacht.“

Risa lachte und tätschelte Ruri den Kopf.

„Keine Sorge, dein Geheimnis ist gut bei uns aufgehoben. Du kannst auch gerne in meinem Zimmer schlafen.“

Ruri lächelte.

„Denkst du, dass Ryouichi das zulassen würde?“

Sie überlegte eine ganze Weile.

„Ich denke, das ist das stärkste Argument dagegen. Ob wir dich irgendwie rüberschleusen können?“

Ruri lachte und in diesem Moment kamen die Jungs wieder zurück. Alle vier dampften und Ruri grinste sie an.

„Na, wieder alle sauber?“

Sie lachten und Ruri stand auf.

„Was machen wir jetzt?“

„Ich denke ihr solltet jetzt schlafen gehen, denn sonst seid ihr morgen Abend zu müde.“

Ryouichis Mutter hatte sich lautlos neben sie gestellt.

„Es ist schon spät genug. Macht euch keine Sorgen, wir werden Yuki nichts antun. Husch, husch ins Bett.“

Sie schmiss die Jungs aus der Küche und stellte sicher, dass sie in Ryouichis Zimmer verschwunden waren. Sie schloss die Küchentür und drehte sich zu Ruri um. „So meine Liebe. Du erzählst uns jetzt, warum du dich als Junge ausgibst, dann gehst du ins Bad und anschließend gehen wir alle schlafen. Ich denke es ist besser, wenn du bei Risa schläfst. Da lässt sie die Tür abschließen.“

Ruri atmete tief durch und erzählte mal wieder ihre Geschichte. Sie begann mit dem Tod ihrer Familie und ihrer anschließenden Adoption. Risa und ihre Mutter hörten ihr geduldig zu und unterbrachen sie kein einziges Mal. Als sie von ihrer ersten Highschoolzeit erzählte, hielten sie sich die Hände vor den Mund. Risa stellte sich neben Ruri und umarmte sie. Als sie fertig mit erzählen war, saßen beide tränenüberströmt vor ihr.

„Meine arme Kleine, was hast du schlimmes erlebt. Ich dachte erst, dass du das nur aus Langeweile und Neugier tust. Wenn ich gewusst hätte, dass eine solch traurige Geschichte dahinter steckt, dann hätte ich dich nicht ausgefragt. Ich hoffe du bist uns nicht böse.“

Ruri schüttelte den Kopf und lächelte.

„Das ist doch nicht schlimm. Irgendwann hätten Sie es ja doch erfahren. Also wo liegt der Unterschied?“

Ryouichis Mutter legte ihr die Hand auf die Schulter. „Du bist wirklich ein liebes Mädchen. Ich wünsche mir, dass du mit meinem chaotischen Sohn zusammenkommst. Er schwärmt jedes Mal von dir, wenn er anruft.“

Ruri sah zu Boden und sagte:

„Was hätten Sie getan, wenn ich kein Mädchen gewesen wäre? Dann hätte Ihr Sohn, dein Bruder, immer von einem Jungen geschwärmt. Hätte Ihnen das nichts ausgemacht?“

Sie dachten darüber nach und schließlich sagte Risa:

„Ich denke das wäre nur eine logische Konsequenz gewesen. Unser Vater hat diese Familie verlassen, als Ryouichi gerade mal drei Jahre alt war. Er ist also in einem Frauenhaushalt aufgewachsen. Er war immer besser im Umgang mit Mädchen. Ryouichi wollte auf eine Jungenschule gehen, um männlicher zu werden. Die Jungs in seiner Middleschool haben ihn immer bewundert, weil er jedes Mädchenherz verstand und ihnen bei Beziehungsproblemen helfen konnte. Die Mädchen sind ihm in Scharen hinterher gerannt. Ich denke mal, dass er ein wenig übertrieben reagieren wird, wenn er erfährt, dass du ein Mädchen bist. Mach dir keine Gedanken. Er wird dich auf keinen Fall abweisen. Um deine Frage zu beantworten: Nein, wir hätten keine Probleme damit gehabt.“

Sie grinste und Ruri musste erst einmal alle Informationen verdauen, die sie eben bekommen hatte.

„Ryouichi war also ein totaler Mädchenschwarm? Ist es da überhaupt ratsam ihm die Wahrheit zu sagen? Wird ihm das nicht unangenehm sein?“

Risa lachte. „Wie schon gesagt: Er wird mit Sicherheit übertrieben reagieren, aber er wird sich wieder beruhigen. Ich kenne meinen kleinen Bruder.“

Als Ruri immer noch besorgt aussah, nahm Risa ihre Hand und zog sie auf die Beine.

„Ich denken, wir gehen jetzt erst einmal ins Bad. Anschließend gehen wir in mein Zimmer und reden. Gute Nacht, Mama.“

Ihre Mutter winkte ihnen lächelnd zu und sie gingen in Richtung Bad. Ruri war erleichtert, dass Ryouichis Familie so verständnisvoll war.

Teil 3 Kapitel 11

Das Wochenende bei Ryouichis Familie war für Ruri eine unglaubliche Entspannung gewesen. Tagsüber war sie bei den Jungs und alberte herum und nachts hatte sie sich mit Risa über den üblichen Mädchenkram unterhalten. Es hatte ihr gut getan, dass sie mal wieder ihre weibliche Seite zeigen durfte. Allerdings war sie anschließend am Sonntag auf der Rückfahrt wie erschlagen. Sie hing dauerhaft schlafend auf Kakerus Schulter. Auf der Geburtstagsfeier seiner Mutter, hatte Ruri viele seiner Verwandten kennen gelernt und festgestellt, dass es hauptsächlich Frauen waren. Er hatte lediglich zu jeder der drei Tanten einen Onkel und die jüngste Tante hatte einen kleinen Sohn, der ihnen voller Stolz erzählt hatte, dass er bereits seit einem Jahr in den Kindergarten ging. Die jüngste Tante hatte außerdem noch eine Tochter. Die anderen beiden jeweils zwei Töchter. Ryouichi war jeglichen Küssen und Umarmungen geschickt ausgewichen und Ruri musste grinsen, als sie an den Anblick zurückdachte. Die Rückfahrt war etwas aufgeregter und lauter als die Hinfahrt, aber Ruri war nicht in der Lage gewesen mitzureden. Risa und Kakeru hatten ihr sogar beim Anziehen helfen müssen, weil sie einfach zu müde gewesen war. Als sie schließlich in ihrem Zimmer stand, torkelte sie nur noch zum Bett und fiel hinein.

„Du hättest nicht jede Nacht so lange aufbleiben sollen.“

Kakeru hatte die Tür geschlossen und sah sie vorwurfsvoll an.

„Du kommst morgen mit Sicherheit nicht aus den Federn. Hast du wenigstens all deine Hausaufgaben?“

Ruri hob den Arm und formte das Zeichen für „Okay“. Er seufzte und setzte sich auf sein Bett.

„Ich glaube ich werde noch mal zu den anderen gehen. Zieh dich um und geh schlafen, damit du wieder fit wirst.“

Er stand wieder auf und verließ das Zimmer. Sie hatte absolut keine Lust noch einmal aufzustehen. Sie zog sich bis auf ihr Top und ihre Unterhose aus und löste ihre Haare aus dem Zopf. Anschließend wühlte sie sich unter ihre Decke und schlief ein.
 

Der Wecker kam Ruri am nächsten Morgen so weit weg vor, was daran lag, dass sie auf dem Boden lag. Sie öffnete langsam die Augen und kämpfte sich zurück aufs Bett. Kakeru war bereits aufgestanden und hatte den Wecker ausgestellt. Er musste lachen, als er sah, wie sie es gerade so aufs Bett schaffte.

„Scheint so, als hätte dir der Schlaf nicht genügt. Soll ich dich krank melden?“ Sie schüttelte langsam den Kopf, um nicht zu viel Kraft zu verschwenden, und sagte mit krächzender Stimme:

„Ich muss nur noch dieses Jahr überstehen, da wird ich doch nicht wegen Müdigkeit fehlen. Auch, wenn das Angebot durchaus verlockend ist. Kann ich meine Meinung doch noch ändern?“

Kakeru schüttelte lachend den Kopf.

„Du hast gesagt du kommst, also kommst du auch. Soll ich dir helfen oder schaffst du es auch alleine?“

Sie überlegte kurz, dann ließ sie sich wieder vom Bett fallen, setzte sich auf den Boden und streckte ihm die Hände entgegen. Er ging um das Bett herum, nahm sie unter den Armen und hob sie aufs Bett. Anschließend nahm er ihre Handgelenke und zog sie auf die Beine. Ruri stand zwar ein wenig unsicher, aber sie kippte immerhin nicht um. Während Kakeru im Bad verschwunden war, nahm Ruri ihre Kleidung aus dem Schrank und zog sich eine Hose an. Anschließend packte sie ihre Sachen und wartete darauf, dass Kakeru heraus kam. Kurze Zeit später stand sie dann endlich im Bad und versuchte sich einigermaßen salonfähig zu machen. Als sie mit allem fertig war, zog Kakeru sie in Richtung Schulgebäude, weil sich ihre Beine sonst weigern würden. Sie kamen gerade noch rechtzeitig in den Unterricht. Die anderen sahen sie grinsend an.

„Na Yuki, bist du müde? Hast wohl am Wochenende zu viel gefeiert.“

Ruri war zu müde, um zu widersprechen. Sie hob ihre Hand zur Begrüßung und schlurfte auf ihren Platz. Der Lehrer kam und lächelte alle motiviert an.

„Guten Morgen alle zusammen. Wie ihr alle wisst ist bald das große Schulfest. Wisst ihr, was das Beste dieses Jahr ist? Unsere Schule wurde als Standort gewählt. Das Schulfest wird hier stattfinden. Für diejenigen, die immer noch nichts Positives daran entdecken, sage ich nur ein Wort: Mädchen!“

Damit hatte er endgültig alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen und er fuhr ermutigt fort:

„Jede Klasse ist verpflichtet etwas auf die Beine zu stellen. Es stehen das Schulgebäude und das gesamte Schulgelände zur Verfügung. Hat schon irgendjemand eine Idee?“

Sämtliche Hände gingen nach oben und jeder Vorschlag wurde an der Tafel festgehalten. Anschließend wurden die Ideen, die nicht umsetzbar sind ausgesondert. Am Ende blieben noch fünf Vorschläge an der Tafel stehen: Cosplay RPG, Kino, Frauen-Modeschau, Cosplay Café und ein Sportparcours. Ruri, Kakeru und Chiaki meldeten sich sofort und sagten, dass sie die Modenschau nicht mitmachen würden. Das schränkte die Auswahl weiter ein. Am Ende entschieden sie sich für den Sportparcours. Ruri war erleichtert, dass sie die Modenschau nur als Scherz gemeint hatten, denn sonst hätte sie ein Problem gehabt. Die Meisten redeten schon darüber, wie sie einen Parcours gestalten wollten. Sie lächelte, als sie sah, wie sich Ryouichi mit jemandem darüber stritt, was besser war: Basketball oder Volleyball. Der Unterricht würde wohl nicht mehr stattfinden, weswegen sie sich auf den Tisch lehnte und einschlief. Kakeru weckte sie zur dritten Stunde wieder auf, aber Ruri war immer noch müde. Warum hatte sie nur so wenig geschlafen? Ihre Müdigkeit verging den ganzen Tag über nicht und sie fiel abends erneut wie tot ins Bett.

„So langsam mache ich mir Sorgen, Ruri. Du kannst doch nicht den ganzen Tag so müde sein. Sollte sich das morgen nicht bessern, dann bringe ich dich zum Arzt.“ Sie blinzelte ihn an, nickte nur und schlief ein.
 

Am nächsten Morgen fühlte sich Ruri wieder wie neugeboren. Sie spürte nichts mehr von der schrecklichen Müdigkeit. Sie stand schwungvoll auf und sprang gut gelaunt unter die Dusche. Kakeru war wie immer wach, als sie heraus kam. Er atmete erleichtert auf und ging seinerseits unter die Dusche. Ruri fönte sich und zog sich in Lichtgeschwindigkeit an. Sie verließ das Zimmer, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Unterwegs traf Ruri auf Makoto und er begleitete sie. „Schade, dass ihr gegen die Modenschau gestimmt habt. Du würdest bestimmt gut in Mädchenkleidung aussehen.“

Ruri lachte belustigt.

„Ich denke nicht, dass du Recht hast. Ich frage mich nur, warum Ryouichi nicht widersprochen hat.“

„Weil ich es schon gewohnt bin.“

Ruri drehte sich erschrocken um.

„Ryouichi! Seit wann stehst du da?“

Er grinste.

„Eigentlich bin ich euch von Anfang an gefolgt. Du scheinst dich ja wieder gut erholt zu haben, Yuki. Du hättest mir Bescheid sagen sollen, dass meine Schwester dich wach gehalten hat. Ich hätte dir helfen können.“

Ruri zwinkerte ihm zu und lächelte.

„Mach dir keine Sorgen. Ich bin auch schon 18, ich kann alleine auf mich aufpassen. Aber trotzdem danke für das Angebot. Schau nicht schon wieder so besorgt, sonst bekommst du noch Falten.“

Sie klatschte ihm leicht auf die Backen und Makoto lachte. Sie drehten sich zu ihm um und fragten wie aus einem Mund:

„Was denn? Warum lachst du?“

Jetzt konnte er sich erst recht nicht mehr halten. Wenig später kamen auch Chiaki und Makoto heraus. Die Blicke, die sie sich gegenseitig zuwarfen, sagten alles. Sie stellten sich zu Makoto und lachten mit. Dieser hatte sich mittlerweile wieder einigermaßen gefangen und sagte:

„Ihr seid wie ein altes Ehepaar. Ihr antwortet sogar gleichzeitig.“

Er atmete tief durch und grinste nur noch. Ruri und Ryouichi erröteten und gingen einen Schritt voneinander weg. Das gab den anderen einen Anlass erneut loszulachen. Ruri drehte sich auf dem Absatz um, nahm Ryouichi am Ärmel und zog ihn in Richtung Schulgebäude. Die anderen wischten sich die Tränen aus den Augen und Makoto sagte:

„Die beiden würden wirklich gut zusammenpassen. Wie schade, dass Yuki kein Mädchen ist, sonst wären sie bestimmt längst zusammen.“

Chiaki und Makoto sahen sich an.

„Ja“, sagte Kakeru.

„Wie schade“, führte Chiaki den Satz zu Ende.

Sie atmeten noch einmal tief durch und folgten ihrem Traumpaar.
 

Heute besprachen sie den Aufbau ihres Parcours. Zuerst stimmten sie ab, welche Sportarten sie nehmen wollten und welche machbar waren. Am Ende blieben Fußball, Basketball, Baseball und Badminton übrig. Ruri war mit der Auswahl zufrieden und meldete sich für den Fußballstand. Der Plan lautete, dass jeder Teilnehmer eine Karte bekam. Immer, wenn er eine Übung bestanden hatte, bekam er dafür einen Stempel und einen Eintrag. Am Ende würde der Beste einer Übung ausgezeichnet werden. Damit die Teilnehmer nicht die ganze Zeit da bleiben mussten, sollten sie ihren Namen und ihre Adresse auf die Karte schreiben. Was die Auszeichnungen waren und wie die Übungen genau aussahen, war noch unklar. Das würde auf jeden Fall lustig werden. Kakeru teilte sich in den Baseballstand, Chiaki und Makoto in den Badmintonstand und Ryouichi natürlich in den Basketballstand ein. Am Ende hatten sie alle um die gleiche Zeit ihre Schicht. Die verschiedenen Stände wollten sich nachmittags treffen und besprechen, wie sie ihren Stand gestalten wollten. Von ihnen wurde natürlich viel erwartet, da sie dieses Jahr ihren Abschluss machten. Nur noch 8 Monate, dann hatte Ruri es endlich geschafft, dann konnte sie endlich wieder ihrem normalen Mädchenleben nachgehen. Sie grinste bei diesem Gedanken und lehnte sich zurück. Draußen hatte sich der Himmel zugezogen und ein dunkles Grau überzog die Stadt. In der dritten und vierten Stunde stand mal wieder Kochen auf dem Stundenplan. Ruri, Chiaki, Makoto und Ryouichi waren trotz der attraktiven Kochlehrerin immer noch im Besitz ihrer Unschuld. Bei Kakeru sah die Sache anders aus, aber das war eine andere Geschichte. Sie schafften es seit zwei Jahren nicht mit „aufräumen“ zu müssen und darauf waren sie stolz. Irgendwann hatte sie es schließlich bei ihnen aufgegeben. Das Treffen war erst um 17.00 Uhr, also hatte sie nach dem Unterricht noch zweieinhalb Stunden Zeit. In dieser Zeit konnte sie Hausaufgaben machen. Das alles überlegte Ruri, während sie die Nudeln für den Nudelauflauf kochte. Kakeru und Ryouichi saßen wie immer daneben und sahen zu, damit sie niemanden verletzen konnten. Chiaki bereitete den süßen Nachtisch zu. Der untere Teil einer Schüssel würde mit Pfirsichstücken bedeckt und darauf kam eine Schicht Himbeeren. Der Rest der Schüssel wurde mit süßem Quark aufgefüllt. Zum Schluss wurde alles noch leicht mir braunem Zucker bestreut. Makoto kümmerte sich derweil um den Salat. Ihr Gericht war wie immer das Beste. Kein Wunder, wenn drei Kochfans in der Gruppe waren. Sie setzten sich nach dem Aufräumen gemütlich an einen Tisch und aßen alles auf. Da sie zu viel Nachtisch gemacht hatten, brachten sie den Rest ins Lehrerzimmer. Danach gingen sie in den Klassenraum, um ihre Freistunden abzusitzen.
 

Als Ruri schließlich zum Treffen ging, war sie supergut gelaunt. Alle waren pünktlich erschienen, weswegen sie sofort loslegen konnten. Am Ende entschieden sie sich für zwei Disziplinen. Eine Idee kam von Ruri. Es würde eine Torwand geben, durch die man schießen musste. Jedes Loch würde eine andere Punktzahl haben. Die zweite Aufgabe würde daraus bestehen, dass der Teilnehmer den Ball so oft wie möglich hochhalten musste. Für die weiblichen Teilnehmer würde es eine Vereinfachung geben. Sie durften den Ball zwischendrin immer einmal aufspringen lassen. Der nächste Punkt, den sie besprachen, war der Aufbau und das Aussehen der Torwand. Sie wollten am Wochenende in einen Baumarkt fahren und eine entsprechende Platte besorgen. Ruri erklärte sich bereit für das Werkzeug zu sorgen. Sie wusste, dass Kisuke alles Benötigte in seinem Keller hatte. Sie beendeten das Treffen und als Ruri das Gebäude verließ, begann es zu regnen. Da sie nicht rennen konnte und keine Lust hatte völlig durchnässt zu werden, setzte sie sich an eine der Säulen und sah zu, wie die anderen nach und nach in den Regen rannten. Sie seufzte und sah auf den Schulhof hinaus. Plötzlich sah sie einen weißen Regenschirm auf sich zukommen. Als die Personnäher gekommen war, erkannte sie Chiharus lächelndes Gesicht.

„Brauchst du ein Taxi? Ich war gerade unterwegs und habe immer einen Schirm dabei, deswegen komme ich dich jetzt abholen. Kommst du mit?“

Ruri lachte und stand auf.

„Du hast mich hier sitzen sehen und spontan entschieden zu kommen. Habe ich Recht?“ Chiharu errötete leicht und lächelte. Bevor sie antworten konnte, waren sie vor dem Wohnheim und Kakeru kam ihnen entgegen.

„Oh, da bist du ja schon. Ich wollte dich gerade abholen. Hey Chiharu, wie geht ´s?“

Ruri hob ihren Zeigefinger und fragte vorsichtig:

„Wollen wir dieses Gespräch nicht lieber drinnen führen? Ich stehe nicht gerne im Regen.“

Sie lachten und gingen hinein. Nachdem Chiharu am späten Abend wieder nach Hause gegangen war, erzählte Ruri Kakeru voller Begeisterung wie toll doch ihr Stand wäre und wie sehr sie sich auf das Fest freute. Er lachte nur und schickte sie vorsichtshalber noch einmal früh ins Bett. Sie versuchte ihn davon abzuhalten, aber er blieb hart. Missmutig zog sie sich um und legte sich hin.

„Nimm es nicht so schwer. Beim Schulfest wirst du wahrscheinlich wieder länger aufbleiben können.“

Sie streckte ihm die Zunge heraus und drehte sich von ihm weg. Trotz ihrer Gegenwehr, schlief sie schnell ein.
 

Die nächsten drei Wochen waren Vorbereitung und Aufbau angesagt. Alle zwei Tage, außer am Wochenende, hatte sich ihr Stand getroffen.

„Heute wird sich zeigen, ob sich unsere Mühe gelohnt hat. Geben wir unser Bestes!“

Damit war die letzte Besprechung beendet und sie bauten den Stand bei den anderen ihrer Klasse auf. Die Schulleitung hatte heute allen schulfrei gegeben, damit sie alles vorbereiten konnten. Das Fest sollte gegen 17.00 Uhr anfangen. Die Leute aus dem Koch-Club hatten bereits gesagt, dass sie mal vorbeischauen würden. Eriol wollte auch gleich mal ihren Parcours gewinnen. Es war eine lustige Vorbereitungszeit gewesen und sie hoffte, dass das Fest genauso lustig werden würde. Sie hatte mit ihren Jungs zusammen die erste Schicht. Danach konnten sie selbst das Fest genießen. Um 22.00 Uhr sollte ein Feuer gemacht werden. Darauf freute sie sich besonders. Als sie fertig mit aufbauen waren, ging Ruri zu den anderen.

„Kann ich euch irgendwie behilflich sein?“

Chiaki drehte sich um.

„Nein, nein, Yuki. Wir sind hier auch gleich fertig. Du kannst ja schon mal ins Wohnheim zurück gehen. Wir kommen in ungefähr einer halben Stunde.“

Ruri seufzte und machte sich auf den Weg. Sie konnte sich ja in der Zeit, in der sie warten musste, duschen.
 

Chiaki hatte sein Wort gehalten, denn als sie aus dem Bad kam lag Kakeru auf seinem Bett und las.

„Seit wann bist du schon hier?“

Er sagte ohne aufzusehen, aber grinsend:

„Seit du die zweite Strophe gesungen hast.“

Sie errötete bis über beide Ohren.

„Du hast mich gehört? Nein! Ich möchte sterben.“

Er lachte.

„Willst du dir nicht etwas anziehen, bevor du stirbst? Das Handtuch steht dir ja wirklich gut, aber naja… Ich musste mir damals schließlich auch etwas anziehen.“ Ruri schnappte sich ihre Sachen, drehte sich um und stampfte ins Bad zurück.

„Du reagierst, aber auch nicht auf Frauenkörper!“

Danach knallte sie dir Tür zu und schloss ab. Er lachte erneut und rief ihr nach:

„Wenn ich dich nicht so gut kennen würde, dann würde ich jetzt denken du wärst sauer auf mich.“

Er hörte nur ein „Bäh“ aus dem Bad kommen und las belustig weiter. Als Ruri komplett gekleidet und gefönt aus dem Bad zurückkam, ging er hinein und machte sich ebenfalls fertig. Um Viertel vor Fünf waren sie auf ihren Posten und warteten auf den Startschuss.
 

Natürlich war um fünf noch nicht alles voll. Sie hatten relativ wenig zu tun. Erst kurz vor Ende ihrer Schicht, gegen 18.00 Uhr, wurde der Andrang größer und sie hatten alle Hände voll zu tun. Sie stieß zwischendrin auf Makoto und sagte: „Wird wohl nichts mit einem pünktlichen Schichtende. Wie sieht ´s bei euch aus?“ „Nicht viel besser. Air schaffen es jedenfalls auch nicht rechtzeitig. Bei Kakeru und Ryouichi habe ich allerdings keine Ahnung. Solltest du gehen können, dann komm zu uns.“

Sie nickte und ging auf ihren Posten zurück. Um 18.37 Uhr war ihr Dienst endlich beendet und sie köpfte erschöpft ihre Jacke auf.

„Warum mussten wir das in den Schuluniformen machen? Das überlebt doch niemand.“ „Da sagst du was, Yuki. Normale Kleidung hätte es auch getan.“

Sie lächelte, als sie Ryouichi erkannte. Er sah ziemlich zerrupft aus, weswegen sie ihn fragte:

„Was ist denn mit dir passiert? Hast du beim Basketball mitgespielt?“

Er lachte auf.

„Nein, das war keine Sportart. Das waren Mädchen. Ich muss irgendwas an mir haben, das sie anlockt wie das Licht die Motten.“

Ruri lächelte ihn an und sagte:

„Das muss an der freundlichen Stimmung liegen, die du ausstrahlst. Sie spüren, dass du sie gut behandeln wirst.“

Sie grinste und er lief rot an. Sie drehte sich um.

„Ich such mal was Essbares. Du bleibst hier und wartest auf die anderen.“

Er salutierte und sie machte sich auf den Weg. In der Nähe des Pfannkuchenstandes sah sie Hinata und lief zu ihr.

„Hey Hinata, wie geht es dir? Hast du Spaß?“

Sie nickte fröhlich.

„Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Ja, es ist sehr schön hier. Das habt ihr wirklich gut gemacht. Ich würde ja gerne mit dir reden, aber du solltest jetzt lieber gehen. Ich bin mit meinem Freund hier. Takuma wird sehr schnell eifersüchtig. Wenn er uns zusammen sieht, dann wird es unangenehm für dich.“ Just in diesem Moment kam er. Groß, gebräunt und voller Muskeln.

„Woher nehme ich nur immer dieses unglaubliche Glück von einer dummen Situation in eine noch dümmere zu geraten?“

dachte Ruri sich, als sie Takuma sah. Sie drehte sich um und wollte gehen, aber er hatte sie bereits gesehen.

„Hey, du mit den orangebraunen Haaren! Was hast du mit meiner Freundin gemacht?“ Ruri drehte sich langsam zu ihm um, wie man es bei einem wilden Tier tun sollte, und sah die Wutfalten auf seiner Stirn. Sie schluckte und versuchte es mit Beschwichtigung.

„Ich habe nichts mit ihr gemacht. Wir haben uns nur unterhalten. Wir kennen uns aus dem Koch-Club.“

Takuma zerdrückte einen der Becher in seiner Hand und kam auf Ruri zu.

„In diesem Fall wäre wegrennen wohl das Beste. Wie schade, dass ich das nicht kann.“

Sie wich einen Schritt zurück, als Takuma vor ihr stehen blieb. Hinata versuchte ihn zu beruhigen, hatte aber keinen Erfolg. Er holte aus und verpasste Ruri einen Kinnhaken. Sie sank benommen zu Boden.

„Wie können Jungs sich nur freiwillig miteinander prügeln?“

dachte sie sich nur.

„Ich mag es nicht, wenn Typen Hinata anquatschen, wenn ich nicht da bin.“

Er nahm Ruri am Kragen, sah ihr in die Augen und drückte sie an die Wand. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Wie weit würde Takuma gehen? Sie konnte seinen Griff nicht lösen. Sie war eben doch nur ein Mädchen und in keinem Fall mit einem Jungen zu vergleichen. Mittlerweile sahen die Leute zu ihnen, aber niemand traute sich Takuma zu nahe zu kommen. Seine Hand glitt von ihrem Kragen nach unten und blieb direkt auf ihrer Brust liegen. Er musste gespürt haben, dass ihre Brust viel zu weich für eine Männerbrust war, denn er grinste selbstgefällig.

„Na sieh mal einer an, wenn das keine Überraschung ist. Wollen wir doch mal sehen, ob meine Vermutung richtig ist. Vielleicht war meine Eifersucht ja unbegründet. Das würde dir einige Schmerzen ersparen, also wehr dich nicht.“

Er drückte sie mit dem linken Unterarm kurz unter dem Hals an die Wand. Mit der rechten Hand schob er ihr die Jacke über die Schultern und begann ihr Hemd aufzuknöpfen. Hinata wollte ihn davon abbringen, aber ein Blick von Takuma genügte und sie wich erschrocken zurück. Als er das Hemd offen hatte, zeichnete sich durch ihr Top ganz klar ihr Busen ab. Bevor er noch mehr tun konnte nahm sie ihren ganzen verbleibenden Mut zusammen, schlug seine Hand hoch und biss ihn. Er fluchte, ließ sie los und sie sank kraftlos und weinend die Wand hinunter. Kurz darauf realisierte sie, dass ihre Freunde dem Schauspiel beigewohnt hatten.

„Jetzt ist alles aus“,

sagte sie leise, schloss ihre Augen und legte ihren Kopf an die Wand. Ihre Tränen wollten nicht mehr aufhören. Als Ruri die Augen wieder aufschlug, sah sie, dass einige Jungs Takuma festhielten. Kisuke kam auf sie zugerannt und kniete neben ihr nieder.

„Ruri? Bist du verletzt, mein Kleines?“

Ruri schüttelte kraftlos den Kopf und klammerte sich an seinen Hals. Er hob sie hoch und trug sie in Richtung seines Hauses. Über Kisukes Schulter hinweg sah sie, wie Ryouichi erst zu Boden sah, sich anschließend umdrehte und wegging.

„Es tut mir so Leid, Papa“,

war alles, was sie hervorbrachte. Obwohl er wusste, dass das der falsche Zeitpunkt war, sagte er:

„Du weißt, dass ich dich jetzt von der Schule nehmen muss. Ich habe einen Bekannten auf einer Schule, die ein gutes Stück von hier entfernt ist. So verhindern wir, dass du schief angesehen wirst. Ich bin mir sicher, dass du dort deinen Abschluss machen kannst. Ich rufe ihn gleich an, dann kannst du morgen vielleicht schon mit dem Zug dorthin fahren. Wir schaffen das schon.“

Ruri nickte nur und schlief vor Erschöpfung auf Kisukes Arm ein.
 

Am nächsten Tag stand sie mit all ihrem Gepäck, das sie bei Kisuke hatte, am Bahnhof und wartete auf den Zug. Kisuke, Takanari, Kiichi, Chiharu und Kakeru waren gekommen, um sie zu verabschieden. Die Welt kam ihr so unwirklich vor. Sie würde all ihre Freunde für 7 Monate nicht mehr sehen. Sie sah zu Boden und sagte:

„Ich will, dass diese verdammten 7 Monate vorbei sind.“

Sie ging zu Kisuke und lehnte sich weinend an ihn.

„Ich will nicht weg, Papa. Wie soll ich das ohne euch schaffen? Außerdem verschwinde ich ohne den anderen eine Erklärung geliefert zu haben.“

Kisuke nahm sie in den Arm. In diesem Moment fuhr der Zug ein. Takanari drückte sie und trug das Gepäck in den Zug. Kakeru kam zu ihr und gab ihr das Bild ihrer Eltern und die Schachtel mit der Kette, die ihr Ryouichi geschenkt hatte. Er nahm Ruri anschließend ebenfalls in den Arm und sagte:

„Das hättest du fast vergessen. Mach dir keine Sorge, wegen der Jungs. Ich werde es ihnen erklären. Sie zu, dass du einen guten Abschluss schaffst. Freu dich und denk an den Tag, an dem du wieder an diesem Bahnhof zurückkommst.“

Er lächelte und ließ sie los. Chiharu kam als nächstes und schenkte ihr eine Tüte mit Keksen. Anschließend sagte sie mit feuchten Augen:

„Das ist ein Geschenk von mir und Sayori. Pass auf dich auf, du kleiner Tollpatsch.“

Kiichi war etwas verlegen. Er tätschelte ihr den Kopf und murmelte leise:

„Pass auf dich auf und komm bald wieder.“

Ruri nahm Chiharus Hand und sie gingen den Weg zum Zug gemeinsam. Ruri stieg ein und ließ nur widerwillig Chiharus Hand los. Als sich die Türen geschlossen hatten, ging Ruri zu einem Fenster, drückte die Schachtel mit der Kette und winkte ihnen lächelnd zum Abschied zu. Kurz darauf fuhr der Zug ab und brachte sie an einen ihr unbekannten Ort. Es waren ja nur 7 Monate!

Teil 3 Kapitel 12

„Ich wünsche allen Schülern, die heute diese Schule verlassen, alles Gute auf ihrem weiteren Weg.“ Damit endete Kisukes Rede zum Schulabschluss. Alle Familien standen auf und klatschten. Anschließend ging jeder ehemalige Schüler zu seiner Familie. Chiakis, Kakerus, Makotos und Ryouichis Familie standen zusammen und nahmen voller Stolz ihre Söhne entgegen. Ryouichi sah seine Mutter etwas verwirrt an und fragte: „Warum bist du alleine gekommen? Wo ist Risa?“ Aber seine Mutter schwieg und lächelte nur. Chiharu, Kiichi und Takanari kamen, um ihnen ebenfalls zu gratulieren. Zwischen ihnen hatte sich nichts verändert, weswegen Makoto Chiharu fragte: „Habt ihr irgendwas von Ruri gehört? Wann sie wiederkommt oder ob sie ihren Schuleabschluss geschafft hat?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat sich in den letzten 7 Monaten nicht einmal gemeldet. Sie ist nicht einmal in den Ferien heimgekommen.“ Kurz darauf ging schwungvoll die Tür auf und die dafür verantwortliche Person rief: „Du verdammte Tür! Geh gefälligst schwerer auf!“ Alle drehten sich um. Am Eingang stand Risa und fauchte die Tür an. Ryouichi seufzte und verbarg sein Gesicht hinter seiner Hand. Die anderen lachten und Chiaki rief ihr zu: „Lass die arme Tür in Frieden, Risa. Warum bist du überhaupt so spät? Du hast ja alles verpasst.“ Risa drehte sich zu ihnen um und stemmte sie Fäuste in die Hüfte. „Ich musste unterwegs Etwas einsammeln. Mist, ich wusste ich hätte noch schneller fahren müssen.“ Sie drehte sich in Richtung Eingang. „Hast du nicht gesagt, dass wir es rechtzeitig schaffen würden?“ „Das hätten wir auch, wenn mein Zug keine Verspätung gehabt hätte.“ Beim Klang dieser Stimme traten Chiharu Tränen in die Augen und sie schlug ihre Hände vor den Mund. Ruri kam mit verschränkten Armen durch die Tür. Sie trug ein kurzärmliges, bis zu den Knien reichendes, hellgelbes Kleid. Das Kleid betonte ihre schmale Figur und ließ sie noch größer erscheinen. Ihre Haare trug sie offen. Nur oben hatte sie sie zu einem Zopf gebunden und diesen mit einer Schleife verziert. Sie sah zu ihren Freunden und grinste. Chiharu rannte sofort auf sie zu und fiel ihr um den Hals. „Du dumme Kuh! Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“ Ruri lächelte und umarmte sie. „Tut mir Leid, Chiharu. Ich weiß nicht, wie ich es hätte durchstehen sollen, wenn ich eure Stimmen gehört hätte. Es war so schon schwer genug.“ Jetzt kamen auch die anderen zu ihr. Kakeru legte ihr seine Hand auf den Kopf und sagte: „Ich will dir ja nicht deine Frisur zerstören. Du hast uns ganz schön gefehlt, junges Fräulein. Du hättest wenigstens Bescheid sagen können, dass du angekommen bist. Du trägst übrigens eine hübsche Kette.“ Er grinste und Ruri nahm Ryouichis Kette in die Hand. „Die hat mir ein sehr guter Freund geschenkt.“ Auch ihre ehemaligen Klassenkameraden trauten sich jetzt in ihre Nähe. Sie haderten zunächst ein wenig, aber schließlich überwand sich einer und sagte: „Freut uns, dass du wieder da bist, Yuki. Ach nein, du heißt ja eigentlich Ruri.“ Sie lachte. „Ihr seid echt süß, Jungs. Es freut mich, dass ihr überhaupt noch mit mir sprecht, also könnt ihr mich auch weiterhin Yuki nennen, wenn euch das leichter fällt.“ Sie lachten alle und die Jungs nickten. Makoto kam und nahm Ruri in den Schwitzkasten. „So meine Gute. Findest du es eigentlich in Ordnung, mich so hinters Licht zu führen?“ Ruri tat so, als würde sie nach Luft schnappen und antwortete: „Tut mir Leid, Makoto, aber so war nun einmal die Abmachung.“ Er knurrte theatralisch und ließ sie wieder los. Alle hatten sie aufgenommen und behandelten sie wieder wie den Jungen „Yuki“. Vor Freude liefen Ruri ein paar Tränen über die Wange. Einzig Ryouichi hatte sich in der ersten Reihe auf einen Stuhl gesetzt und starrte die Bühne an. Chiaki legte ihr die Hand auf die Schulter und zwinkerte. „Er freut sich ganz sicher auch, dass du wieder da bist. Gib ihm etwas Zeit. Jetzt ist erst einmal Party angesagt.“ Alle jubelten und sie gingen los. Risa war noch schnell zu Ryouichi gegangen, um ihm zu gratulieren. Auf dem Weg fragte Kisuke neugierig: „Wie ist eigentlich dein Abschlusszeugnis, Ruri? Hättest du nicht auch heute erst dein Abschlusszeugnis bekommen? Wie kommt es, dass du dann hier bist?“ Ruri grinste und holte voller Stolz ihr Zeugnis aus der Tasche. „Die Schulbeste bekommt auf Antrag ihr Zeugnis schon einen Tag vorher.“ Chiharu klammerte sich mal wieder an sie. „Die Schulbeste? Du bist jetzt offiziell die Größte, Ruri.“ Ein paar Jungs kamen und klopften ihr anerkennungsvoll auf di Schulter. Kurz darauf kamen sie in der Halle an, in der die Party stattfinden sollte.

Die Party war sehr lustig. Sie hatten eine Band engagiert, die den Abend lang immer wieder spielen sollte. Wenn sie zwischendrin eine Pause machten, spielten einige Schüler CDs ab. An einer Wand war ein Buffet aufgebaut, auf dem alles Mögliche Knabberzeug stand. Ruris Augen strahlten und sie stürzte sich sofort auf die Gemüseabteilung. „Ich glaube hier werde ich es aushalten“, sagte sie, als sie mit einem vollen Teller zu ihrer Clique zurückkam. Chiharu zog eine Augenbraue hoch. „Seit wann bist du so ein Fan von Gemüse? Du hast doch früher immer einen großen Bogen darum gemacht.“ Ruri grinste und antwortete: „Kisuke hat vergessen zu erwähnen“, damit sah sie zu ihm, „ dass diese Schule großen Wert auf Gesundheit legt. Jeden Morgen leichte Übungen, die sogar ich mitmachen konnte. Anschließend gab es ein Frühstück, das aus Gemüse und einem Dipp dafür bestand. Glücklicherweise gab es noch Brot, das ich essen konnte. Nach zwei oder drei Wochen habe ich mich dann schließlich daran gewöhnt. Mittlerweile bin ich verrückt nach Grünzeug.“ Sie lachten. Chiaki, Makoto und Kakeru stellten ihr ihre Familie vor. Kakerus Eltern fielen ihr so um den Hals, dass Ruri kaum noch Luft bekam. Sie lächelte und keuchte ein „gern geschehen“. Makotos Familie verhielt sich normal und nickte ihr freundlich zu. Bei Chiakis Familie war sie fassungslos. Sein Vater und sein jüngster Bruder schienen noch relativ normal zu sein. Sie kamen zu ihr und gaben ihr freundlich die Hand. Chiakis zweitältester Bruder schien nicht sehr gesprächig und ein bisschen verpeilt zu sein. Er sah sie teilnahmslos an und sah nach einiger Zeit wieder weg. Seine Beiden ältesten Brüder waren Zwillinge und teilten sich wohl ein Hirn, beziehungsweise bei einem war das Gehirn wohl ganz vergessen worden. Der, der wenigstens noch ein bisschen Gehirn hatte, stand am Buffet, hielt einen Löffel hoch und rief: „Ist das essbar, Chiaki?“ Chiaki seufzte und schüttelte den Kopf. „Das ist ein Löffel. Nimm lieber die grünen Kugeln daneben, das sind Trauben. Die kannst du essen. Aber iss nicht die braunen Stäbe mit, die schmecken nicht.“ Sein Bruder grinste und nahm glücklich ein paar Trauben. Als sich Ruri wieder umdrehte, sah sie in das Neanderthalergesicht seines Zwillings. Er starrte sie an und tippte ihr an die Stirn. „Hunger!“ knurrte er ihr entgegen und sie sah ihn fassungslos an. Chiaki ging zum Buffet und holte einen Apfel. Er drückte seinen Bruder von Ruri weg und sagte langsam: „Nein, das ist nichts zum Essen. Hier, nimm das.“ Mit diesen Worten steckte er ihm den Apfel in den Mund. Sein Bruder fing glücklich an zu kauen und zog von dannen. Ruri lachte leicht und sagte an Chiaki gerichtet: „Deine Familie ist sehr… außergewöhnlich.“ Chiaki seufzte erneut und antwortete: „Sei froh, dass sie erst etwas gegessen haben. Wenn sie großen Hunger haben, dann sind sie unausstehlich.“ Sie lachten und redeten noch über viele andere Dinge. Ruri erfuhr, dass sie nach ihrem Verschwinden das Gesprächsthema Nummer Eins gewesen war. Jedoch war nur selten etwas Negatives über sie gesagt worden. Die Meisten hatten sie für ihren Mut bewundert. Vielleicht hatte sich auch nur niemand getraut etwas Schlechtes zu sagen. Kakeru hatte sein Versprechen gehalten und den anderen ihren Hintergrund erzählt. Den Tod ihrer Eltern und einige Details in ihrer Geschichte mit Chiharu, hatte er ausgelassen. Ruri lachte, denn sie erzählten, dass über die Hälfte der Klasse geheult hatte. Vor lauter Erzählungen merkten sie nicht, wie schnell die Zeit verging. Als sie gerade eine Redepause machten, sah Ruri auf die Uhr. „Oh, es ist ja schon fast 22.00 Uhr! Wie lange soll das Ganze hier eigentlich gehen?“ Alle sahen sie fragend an und Chiaki antwortete schließlich: „Eigentlich haben wir kein Ende festgelegt. Obwohl… Die Band ist mittlerweile auch schon nach Hause gegangen. Vielleicht sollten wir doch langsam mal Schluss machen.“ Er drehte sich zu den anderen und alle nickten zustimmend. Erst jetzt bemerkten sie, dass sie doch ziemlich müde waren. Nach einer Weile waren nur noch Ruri, Chiaki, Makoto, Ryouichi, Kakeru und die entsprechenden Familien übrig. „Ich denke wir sollten anfangen wenigstens ansatzweise aufzuräumen“, schlug Ruri vor und sie machten sich an die Arbeit. Die Zwillinge stellten sich hier wesentlich geschickter an, als bei der Nahrungssuche.

Nach einer halben Ewigkeit waren sie endlich fertig. Das einzige, was noch fehlte, waren die Dekoration und das Essen, aber das würden sie am nächsten Tag aufräumen. Als Ruri erneut auf die Uhr sah, bemerkte sie, dass der nächste Tag bereits begonnen hatte. Sie drehte sich um und meinte: „Wollen wir für heute Feierabend machen?“ Alle nickten und gingen langsam in Richtung Ausgang. Nur Ryouichi blieb an der Tür stehen, weswegen Risa ihn fragte: „Kommst du nicht mit, Ryou-Chan? Du solltest auch schlafen gehen.“ Er schüttelte den Kopf und antwortete: „Geht schon einmal vor. Ich habe noch etwas zu erledigen.“ Als sie seinem Blick folgte, sah sie, dass er auf Ruri lag. Sie lächelte und klopfte ihm auf die Schulter. „Sei ihr nicht zu böse.“ Er lächelte und murmelte: „Das würde ich doch nie tun.“ Risa lachte und ging weiter. Als Ruri vorbei kam, nahm er ein wenig zögerlich ihren Arm und sagte: „Wir müssen reden.“ Sie war erstaunt und blieb stehen. Alle anderen gingen ihnen vorbei und verabschiedeten sich. Takanari drehte sich noch einmal zu ihnen um und rief: „Wir warten zu Hause auf euch. Nehmt euch ruhig die Zeit, die ihr braucht.“ Kurz darauf waren sie alleine. Ryouichi hielt Ruri immer noch am Arm fest und zog sie mit. „Du kannst loslassen, ich werde nicht wegrennen.“ Er ließ sie los und sie liefen eine ganze Weile schweigend hintereinander her. Erst, als sie am Teich im Park standen, hielt er an. Ruri fühlte sich ein wenig unwohl, da sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte. Ryouichi sah noch eine Weile auf das Wasser, dann drehte er sich zu ihr um und lächelte. „Eine wunderschöne, klare Nacht. Dieser Ort ist wirklich sehr beruhigend. Man kann hier sehr schnell wieder neuen Mut sammeln. Ich war in den letzten Monaten so oft hier, aber nie habe ich es so gebraucht, wie heute.“ Er sah zum Himmel und Ruri liefen zum ersten Mal, seit ihrer Rückkehr, Tränen über die Wangen. „Es tut mir Leid, Ryouichi. Ich wollte es dir ja sagen, aber ich durfte nicht. Aber auch, wenn ich es gedurft hätte, wäre ich wahrscheinlich zu feige dafür gewesen. Bitte hass mich nicht dafür.“ Sie schluchzte und verbarg ihr Gesicht mit ihren Händen. Er sah sie wieder an, holte tief Luft und sagte: „Ich habe in den letzten 7 Monaten genauso über meine Gefühle nachgedacht, wie du es mir vor einiger Zeit in meinem Zimmer gesagt hast. Du meintest auch, dass ich noch mal nach der Abschlussfeier mit dir darüber reden sollte, wenn sich an meinen Gefühlen nichts ändert. Heute ist dieser Tag und ich warte auf meine Antwort.“ Ruri hob ihren Kopf und sah ihn verwirrt an. „Wie meinst du das?“ Er errötete und sah zur Seite. „Zwing mich nicht, es auszusprechen, das ist mir peinlich.“ Erst jetzt verstand sie, was Ryouichi gemeint hatte. Sie errötete ebenfalls und ihr traten schon wieder Tränen in die Augen. „Das heißt du hasst mich nicht? Du bist nicht böse, obwohl ich dich belogen habe?“ Er drehte sich wieder zu ihr um und antwortete: „Nein, ich hasse dich nicht, aber wütend war ich schon. Zuerst war ich wie versteinert und habe die Welt nicht mehr verstanden. Anschließend war ich wirklich wütend auf dich, weil ich mir so viele Gedanken gemacht habe, die alle umsonst gewesen waren. Doch irgendwann war ich auch sauer auf mich, weil ich so ein Theater daraus gemacht habe. Ich… Ich habe mich nicht in den Jungen „Yuki“ verliebt, sondern in die Person. Irgendwas an dir hat mich fasziniert. Als wir dann Freunde wurden, habe ich dich für deine fröhliche Art bewundert. In der Zeit, in der es dir so schlecht ging, hätte ich alles getan, nur damit du wieder lachst. Dieses Ziel werde ich immer vor Augen haben. Dadurch ist es egal, ob du der Junge Yuki Hio oder das Mädchen Ruri Aoi bist. Ich liebe dein Lachen und deine Bemühungen dafür zu sorgen, dass es allen gut geht. Selbst, wenn du meine Gefühle nicht erwiderst, werde ich immer in deiner Nähe sein und auf dich aufpassen.“ Erst jetzt realisierte Ryouichi, was er gerade gesagt hatte und errötete tiefrot. „Oh nein, jetzt habe ich es ja irgendwie doch gesagt. Ich möchte sterben!“ Ruri lachte und sagte: „Bitte nicht sterben. Wie willst du dieses Lachen beschützen, wenn du tot bist? Ohne dich würde es einfrieren und nie wieder auftauen. Jedes Mal, wenn ich auf der anderen Schule einsam war, hat ein Blick auf deine Kette genügt, um mir neuen Mut zu geben.“ Er lächelte immer noch peinlich berührt und fragte leise: „Kann ich das als eine positive Antwort zählen?“ Ruri lächelte ihn an und nickte. Er atmete vor Erleichterung laut aus und breitete seine Arme aus. „Warum stehst du dann noch so weit von mir weg?“ Ruri lachte und rannte ihm direkt in die Arme. Er drückte sie so fest es ging an sich und flüsterte: „Ich werde dich nie wieder loslassen.“ Sie sah zu ihm auf und antwortete: „Ich habe auch nicht vor dich noch einmal zu verlassen.“ Er lächelte, nahm ihren Kopf in beide Hände, beugte sie zu ihr hinunter und küsste sie.

Als sie einige Zeit später Hand in Hand durch die Tür kamen, wurden sie direkt von neugierigen Augenpaaren erwartet. Chiharu, Makoto und Chiaki waren bereits gegangen, aber Risa vertrat sie würdig. „Wie ist es gelaufen? Hat sie zugestimmt? Warst du trotz langer Planung sehr aufgeregt, Ryou-Chan?“ Sie grinsten alle und Ruri fragte schmollend: „Ihr habt es alle gewusst?“ Sie lachten und Ryouichis Mutter legte ihr beruhigend die Hände auf die Schultern. „Reg dich nicht auf, Ruri-Chan. Ryouichi hat uns nie etwas davon erzählt. Es war einfach zu offensichtlich. Es gab keinen Tag, an dem er wirklich glücklich war. Er ist vor Einsamkeit fast vergangen und…“ Weiter kam sie nicht, denn Ryouichi hielt ihr mit hochrotem Kopf den Mund zu. „Danke, Mama, aber mehr musst du nun wirklich nicht sagen. Das letzte ist am schlimmsten.“ Ruri lächelte ihn an und sagte: „Ach komm schon. So schlimm kann es doch gar nicht sein.“ Risa klammerte sich an den Arm ihres Bruders und antwortete grinsend: „Er hat ab und zu nachts deinen Namen gemurmelt. Manchmal deinen Jungen-, manchmal deinen Mädchennamen. Wenn der Typ nicht hoffnungslos in dich verknallt ist, dann will ich nicht mehr Risa Karasuma heißen.“ Ryouichi wollte sich umdrehen und weggehen, aber seine Schwester ließ ihn nicht los. Ruri errötete, nahm ihre Hände vor den Mund und lächelte. Während Ryouichi verzweifelt weiter versuchte wegzukommen, stellte sich Kisuke neben Kakeru und sagte: „Du hast mich am Anfang deines ersten Jahres gefragt, ob es mir wirklich gereicht hatte, dass nur Ruris Eltern auf meiner Seite waren.“ Kakeru sah ihn an und lächelte. „Ich glaube ich kenne deine Antwort. In meinem Fall hat diese eine Person dafür gesorgt, dass mich auch andere Personen akzeptieren. Auch, wenn es bei mir nicht ganz so extrem gewesen ist, denke ich, dass wir irgendwann dasselbe gedacht haben. Ich will einfach nur noch, dass sie genauso glücklich wird, wie ich es durch sie geworden bin.“ Kisuke lächelte ebenfalls und antwortete: „Du hast Recht, ich habe genauso gedacht. Ich war stolz darauf, dass Ruris Eltern durch mich zusammenkamen. Natürlich war ich auch traurig, dass ich niemanden hatte, aber die Freude, über ihr Glück, war größer. Ich denke, wir haben unsere Sache gut gemacht. Was meinst du?“ Kakeru nickte und grinste. „Ja, das denke ich auch“, sagte er, als er zu Ruri sah. Sie legte Ryouichi, der sein Gesicht hinter seinem Arm versteckte, beruhigend die Hand auf den anderen Arm. Schließlich drehte sie ihn zu sich, zog ihm den Arm aus dem Gesicht und küsste ihn auf die Wange. Er errötete und alle lachten. Als sie sich wieder beruhigt hatten, verabschiedeten sich Kakeru und seine Familie und gingen. Als die Tür ins Schloss gefallen war, atmete Ruri auf und sagte: „Was für ein Tag. Er hat alles noch einmal zusammengefasst, was in den letzten drei Jahren passiert ist. Ich finde es schade, dass er schon vorbei ist. Dafür freue ich mich umso mehr darauf, was wohl in der Zukunft passieren wird.“ Ryouichi nahm ihre Hand und lächelte. Sie drehten sich um und jeder ging in sein Zimmer.

Epilog

Am nächsten Tag kamen all ihre Freunde wieder und sie gingen zu fünft in die Stadt. Als sie nach einiger Zeit (wieder einmal) in einem Café saßen, fragte Ryouichi sie: „Wo sind eigentlich deine Eltern? Ich habe sie noch nie gesehen. Nicht einmal, als du fast gestorben bist, haben sie sich blicken lassen. Hast du Streit mit ihnen?“ Ruri lächelte traurig und sah auf ihre Tasse. „Nein, ich habe keinen Streit mit ihnen. Sie können einfach nicht kommen. Am Besten führe ich euch zu ihnen, dann wisst ihr, was ich meine.“ Sie bezahlten und gingen. Als erstes kaufte Ruri wie immer drei Blumen, dann gingen sie in Richtung Friedhof. Als sie vor dem Grab niederkniete, lächelte sie und sagte: „Hallo Mama, Papa, Ryoé. Heute bin ich nicht alleine gekommen. Der Junge mit den dunkelgraublauen Haaren heißt Kakeru, der mit den braunen Haaren heißt Makoto und der mit den dunkelblonden Chiaki. Mit dem schwarzhaarigen Jungen bin ich zusammen, sein Name ist Ryouichi. Keiner hat mich wegen meiner Lüge schief angesehen, ist das nicht toll?“ Die Jungs standen ein bisschen unsicher hinter ihr. Sogar Kakeru, der bereits vom Tod ihrer Familie wusste, wusste nicht, was er sagen sollte. Ruri stand wieder auf und lachte sie an. „Jetzt schaut nicht so traurig, das ist seit 13 Jahren so.“ Sie nickten nur und anschließend gingen sie nacheinander ans Grab und beteten. Ryouichi ging als Letzter und blieb auch am Längsten stehen. Als sie losgehen wollten, stand er immer noch davor. „Kommst du, Ryouichi?“ rief Ruri ihm zu. Er verbeugte sich vor dem Grab und ging zu ihr. Als er neben ihr stand, fragte sie: „Was hast du denn so lange gemacht?“ Er grinste und antwortete: „Ich habe uns den elterlichen Segen geholt.“ Ruri lächelte und nahm seine Hand. Sie drehte sich noch einmal zum Grab um. Es war ihr, als sehe sie ihre Familie an ihrem Grab stehen und ihnen nachlachen. Ruri lachte ebenfalls und schmiegte sich glücklich an Ryouichi, als sie das Friedhofgelände verließen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  Black
2008-11-02T19:57:54+00:00 02.11.2008 20:57
wuhuuuuuu..... Tolles Ende :D

Es hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht diese Fanfic zu lesen :P ~^,^~

LG Annet
Von:  Black
2008-10-28T12:01:04+00:00 28.10.2008 13:01
.... :( ... T.T wie traurig.... ganze 7 monate XC... blöder typ *grrrr* das hätte er nicht machen müssen :( T.T

ich bin gespannt auf's nächste kapitel :D
Von:  Black
2008-10-23T23:41:58+00:00 24.10.2008 01:41
hi,

ich mag deine geschichte wirklich sehr ~^,^~ ... habe jetzt die letzten kapitel gelesen, hatte aber keine lust um zu allen kapiteln kommis zu schreiben, hoffe du nimmst mir das nicht übel -^,^-

blöd dass die andern ruri vergessen/ignoriert haben :(, toll dass das später wieder geklappt hat :D

das mit der operation von ruri fand ich wirklich traurig T.T!!!

kiichi ist eigentlich wirklich negativ XD fällt mir eigentlich jetzt erst richtig auf XD (gemein)


LG Annet


(tschuldige wenn es zuviele rechtschreibefehler gibt, ich bin niederländisch XD und es ist recht spät jetzt XD)
Von:  Moonie-chan
2008-10-22T20:15:24+00:00 22.10.2008 22:15
*losprustet*
Wahahahahaha~ ich sitz hier und lach mich weg!! ^0^
Loooooool~ dieses Special ist wirklich sinnlos und komplett dumm, aber das Ende ist geil! XD Und ich musste wirklich lachen!
*gg*
Sowas müssen wir nochmal machen! ^-^
Von:  Black
2008-10-14T11:24:16+00:00 14.10.2008 13:24
yaay, das lesen hat mal wieder spaß gemacht =P
LG Annet
Von:  Black
2008-10-09T20:04:19+00:00 09.10.2008 22:04
woooshiii... erster kommi XD .. also was soll ich sagen ... ich fand's toll!!

Wann geht's weiter? (bin gespannt auf das, was kommen wird XD)

LG Annet


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