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Kapitel 22
 

Ginny schnappte nach Luft und ging unter Toms Gewicht an ihrem Arm in die Knie. Er war neben ihr auf dem Bauch gelandet. Jetzt ließ er ihr Handgelenk los, wälzte sich auf den Rücken und sah sich um.

"Wo sind wir?", wollte er wissen.
 

Ginny zuckte kurz zusammen. Kein Dankeschön, weil sie ihn aus Moodys Klauen geholt hatte, obwohl sie ihn genauso gut hätte ausliefern können?

Sie biss sich beleidigt auf die Lippe, antwortete jedoch: "Wir sind im Wald von Ottery St. Catchpole."
 

Tom setzte sich mühsam auf und lehnte sich gegen einen Baum. Eine Weile schwiegen beide. Dann stand Ginny wortlos auf, zog ihren Zauberstab und murmelte einen Zauberspruch.

"Ginny?"

Sie drehte sich nicht um, als sie fragte: "Was?"

Eine Pause.

Dann meinte Tom leise: "Ginny, schau mich an."
 

Sie konnte es nicht verhindern, und sie wollte es auch gar nicht. Die Stimme jagte ihr eine Gänsehaut über den Körper und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Langsam drehte sie sich um. Tom sah immer noch kränklich und blass aus, doch er lächelte.

"Danke."

Ginny konnte nicht anders. Sie lächelte zurück.
 

Doch plötzlich weiteten sich Toms Augen, er blickte auf etwas hinter Ginny. Sie runzelte die Stirn, aber bevor sie sich umdrehen konnte, knallte das Etwas mit voller Wucht gegen ihren Hinterkopf. Ginny schrie auf und fiel nach vorne ins Gras. Mit einem Satz war sie wieder auf den Beinen - und begann zu lachen.
 

Vor ihr lagen zwei Bündel am Boden.

Tom jedoch brummte misstrauisch: "Was zur Hölle ist das?"

Ginny kniete sich grinsend neben ihn und packte eins der Bündel aus.

"Das sind die Schlafsäcke, die ich hergerufen habe. Sag bloß, du weißt nicht, was Schlafsäcke sind?"

Tom schnaubte nur.
 

Ginny lächelte schwach. "Das benutzen die Muggel beim Zelten als Betten. Sie können ihre Betten ja nicht schrumpfen, und sie können sich auch über Nacht keine Wärme her zaubern. Also brauchen sie etwas, was sich gut verpacken und transportieren lässt, aber trotzdem warm hält."

Tom nickte langsam.

"Heißt das, du hast vor, hier zu übernachten?"

"Ja. Weißt du etwas besseres?"
 

Tom schüttelte den Kopf. "Nein. Leg aber wenigstens Schutzzauber um uns. Auch gegen schwarze Magie. Man kann nie wissen."

Ginny rappelte sich hoch und zückte den Zauberstab.

"Ich glaube zwar nicht, dass wir sie brauchen werden, aber du hast Recht. Man kann nie wissen."
 

Sie schloss einen Moment die Augen, dann schwang sie ihren Zauberstab mehrmals und murmelte dazu immer etwas. Der Stab leuchtete nacheinander in den verschiedensten Farben auf und jagte jeweils eine Kuppel aus schwachem Licht über die Lichtung, auf der sie sich befanden, die langsam verblasste und durchsichtig wurde.

Tom nickte anerkennend. "Nicht übel. Da käme nicht einmal Moodys verfluchtes Auge durch."

Ginny blickte verlegen zu Boden.
 

"Ginny, wie weit ist das nächste Dorf mit Zauberern entfernt?"

Ginny ließ sich wieder auf den Boden fallen und entzündete mit einem Schnippen ihres Zauberstabs ein kleines, hellblaues Feuer.

"Hier gibt es kein Zaubererdorf. Die Zaubererfamilien leben jede für sich auf dem Land um die Muggeldörfer verstreut. Die nächsten Zaubererfamilien sind die Lovegoods und... meine Familie."
 

Plötzlich hatte sie einen Kloß im Hals und senkte den Blick. Es tat weh, an ihre Familie zu denken. Sie hatte sich für Tom entschieden. Trotzdem war ihr die Entscheidung nur solange leicht gefallen, wie sie nicht an ihre Eltern und Geschwister denken musste.
 

Moody hatte Molly und Arthur garantiert schon erzählt, was geschehen war: Sie hatte den Orden verraten.

Ihre Eltern waren sicherlich wahnsinnig enttäuscht von ihr. Ihre Geschwister wahrscheinlich auch... vielleicht würden Ron und die Zwillinge sie sogar hassen... und Percy würde klipp und klar erklären, dass sie sich auf die Seite des Feindes gestellt hätte und deswegen bekämpft werden müsse...
 

"Ginny?"

Ginny sah auf. Tom kniete vor ihr und hatte sie an einer Schulter gepackt.

"Alles in Ordnung? Du weinst ja!"

Sie blinzelte. Tatsächlich, es kullerten Tränen aus ihren Augen. Sie hatte es nicht einmal bemerkt. Langsam senkte sie den Kopf. Sie wollte nicht, dass Tom sie weinen sah.
 

Wieder schluchzte sie auf. Bill und Charlie würden nie verstehen, warum sie das getan hatte, genauso wie ihre Eltern.

Es tat weh. Sie hatte sie immer noch lieb, und es war sehr schwer, zu wissen, dass sie sie gerade allesamt verraten und enttäuscht hatte. Sie liebten sie doch - und was tat sie? Warum tat sie ihnen das bloß an?
 

Plötzlich strich ein langer, dünner Finger über ihre Wange und wischte vorsichtig die Tränen weg. Ein Schauer lief Ginny über den Rücken. Deswegen. Wegen ihm. Sie würden sie nie verstehen... sie tat es ja nicht einmal selbst... war es das wert?
 

"Warum weinst du? Bereust du, was du getan hast?"

Langsam hob Ginny den Kopf. Ihre Augen fanden fast von alleine die rot glühenden ihres Gegenübers. Sie erwiderte den Blick, ohne zu blinzeln. Die Augen schienen plötzlich heller aufzuleuchten, wie Glut, die im Luftzug brannte. Ihr Herz pochte fast schmerzhaft gegen ihre Rippen.

"Ich weiß nicht... Ich denke, ich würde es wieder tun, aber es tut so weh... meine Familie..."
 

Tom brach den Blickkontakt ab und sah zu Boden. Seine Stimme klang bitter.

"Du hattest wenigstens eine Familie. Ich dachte, ich hätte meine Todesser, aber... du hattest Recht. Sie sind keine wirklichen Freunde, weil sie mir nicht gleichgestellt sind. Sie konnten mir nicht das geben, was ich gesucht hatte."
 

Ein langes Schweigen kehrte ein. Es wurde langsam dunkel über den Baumwipfeln. Schatten krochen durchs Unterholz und umhüllten die beiden. Der Wald schlief langsam ein, während die Geschöpfe der Nacht erwachten. Ein Busch raschelte schwach im Wind. In den Zweigen schuhute eine Eule. Der Mond ging auf und tauchte die Lichtung in einen silbrigen Schimmer, der sich mit den hellblauen Flammen vermischte und ein kaltes Licht verbreitete.
 

Irgendwann gähnte Ginny.

Tom sah es und meinte: "Wir sollten schlafen. Morgen ist noch genügend Zeit zum Nachdenken. Wie funktionieren diese Muggeldinger?"

Ginny musste grinsen, auch wenn ihr überhaupt nicht danach zumute war. Sie zeigte Tom, wie man in einem Schlafsack schlief, kroch in ihren eigenen und schloss ihre Augen.
 

Schon bald wurde der Atem von Tom neben ihr regelmäßiger und tiefer. Er war wohl eingeschlafen.

Ginny jedoch konnte nicht schlafen. Irgendwann öffnete sie die Augen wieder und blickte zum schwarzen Sternenhimmel empor. Sie dachte wieder an ihre Familie.
 

Die Bilder von ihren Eltern, Bill, Charlie, Percy, Fred, George und Ron erschienen nacheinander vor ihrem inneren Auge. Doch diesmal schob sie diese Bilder eins nach dem anderen beiseite, mitsamt den Gefühlen, die sie immer noch bei jedem Bild zu überwältigen drohten.
 

Schließlich erschien ein anderes Bild. Ginnys Herz pochte schneller. Es war Tom. Ein Tom, der nicht so blass war wie Voldemort, mit einem warmen Funkeln in den Augen und einem dünnen, aber herzlichen Lächeln.
 

Ginny drehte sich mitsamt ihrem Schlafsack auf die Seite und betrachtete den echten, schlafenden Tom, der im Mondschein wieder fast weiße Haut zu haben schien. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Er sah so friedlich aus, wenn er schlief. Fast... nun ja, glücklich.
 

Es kostete sie viel Überwindung, doch schließlich zog sie ihren Arm aus dem Schlafsack und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über seine Wange. Ginny wusste nicht recht, ob sie es sich einbildete, aber es sah so aus, als würde er im Schlaf lächeln.

Ein warmes Kribbeln strömte durch ihren Bauch.
 

Jetzt oder nie, zischte eine leise Stimme in ihrem Kopf.
 

Sie schluckte, um ihr pochendes Herz zu beruhigen und holte tief Luft. Dann beugte sie sich vorsichtig zu ihm hinunter und küsste ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Voldemort
2009-03-28T20:53:58+00:00 28.03.2009 21:53
*_______*
wuhaaaaaaaa was wenn er jetzt aufwacht? *gespannt*
mach weiter :D ich liebe diese geschichte :D


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