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Innocent Passion

von

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Chapter 09

~*~*~*~*~*
 

Omi erwachte am nächsten Morgen schon sehr früh, draußen war es noch nicht einmal hell. Er sah genervt auf die Uhr und stellte fest, dass es auch erst halb sieben war.
 

Scheiß Schule.
 

Er war gewohnt, sonst immer um diese Uhrzeit aufzustehen, um gerade noch so pünktlich zu kommen, und dieser Rhythmus ließ sich leider auch in den Ferien nicht ausstellen.
 

Omi seufzte leise und sah dann auf Nagis Gestalt hinab, die immernoch ganz ruhig in seinen Armen schlief.
 

Jetzt im Schlaf war ihm seine Verletzlichkeit auch noch anzusehen, sie lag auf seinen entspannten Gesichtszügen. Auf den ersten Blick hin hätte man Nagi für völlig sorglos schlafend halten können, doch Omi fiel der leicht angespannte Ausdruck bei näherem Hinsehen auf.
 

Omi löste eine Hand von Nagis Hüfte und streichelte ihm sanft durch die Haare.
 

Die Geschehnisse von vor ein paar Stunden lagen Omi noch im Magen.
 

Nagi schien es noch schlechter zu gehen, als Omi zuerst vermutet hatte. Es würde wohl wirklich noch einige Zeit dauern, bis er mit Nagi wieder normal umgehen konnte. Ihn wieder normal zu berühren, zu küssen, zu streicheln, mit ihm zu schlafen…
 

Omi schüttelte hastig den Kopf. Daran war jetzt nicht einmal zu denken, so wie sich Nagi ihm gegenüber verhalten hatte. Allein das mit den Klamotten hatte Omi gezeigt, dass Nagi noch einige Zeit brauchen würde, um alles zu verarbeiten und über alles hinwegzukommen. In der nächsten Zeit würde er seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurückstellen müssen, was er natürlich auch tun würde. Er würde Nagis Vertrauen ihm gegenüber nicht zerstören, auch wenn es durch Schuldig schon angeknackst war. Er musste Nagis Vertrauen zu ihm wieder völlig neu aufbauen und vielleicht sogar noch vertiefen, damit Nagi sich wieder sicher fühlte und nicht ständig Schuldigs Bild vor Augen hatte, wenn Omi ihn anfasste.
 

Hoffentlich klappte das…
 

Doch wiederum schüttelte er nur heftig den Kopf und schimpfte sich gedanklich aus.
 

Natürlich würde das klappen! Alles würde so werden wie vorher, als sie noch so glücklich miteinander waren! Er musste es nur glauben, dann würde es schon klappen. Und vor allem musste er stark sein, durfte nie aufgeben. Gerade jetzt musste er für sie beide stark sein, denn Nagi konnte das im Moment nicht. Er musste eine Stütze für Nagi sein, musste es ihm so einfach wie möglich machen, damit sein Freund wieder so werden konnte wie vorher.
 

Omi strich noch einmal durch Nagis weiche Haare, bevor er seinen Arm wieder um Nagis Hüfte legte.
 

Nagi seufzte im Schlaf leise und kuschelte sich enger an seinen Freund, seine Hände lagen zu lockeren Fäusten geballt an der Brust des Blonden.
 

„Omi…“
 

Der Blondschopf lächelte und schloss dann ebenfalls seine Augen. Nagi schien seine Berührungen im Schlaf zu erkennen und wehrte sich nicht dagegen, also musste er wenigstens keine Angst haben, dass Nagi sich dabei unwohl fühlte, wenn sie in einem Bett schliefen.
 

Omi konzentrierte sich darauf, wieder ganz ruhig zu atmen, und war schon nach einigen Minuten eingeschlafen.
 

~*~*~*~*~*
 

Er erwachte erst Stunden später wieder, als er leise Musik hörte, die plötzlich begonnen hatte zu spielen. Er knurrte ein wenig unwillig und zog sich seine Decke über den Kopf, um das Geräusch zu dämpfen. Dabei tastete er unwillkürlich nach Nagi, jedoch fand er die andere Betthälfte leer vor.
 

Der Blonde setzte sich beunruhigt auf und sah sich im Raum um, wo er Nagi an seiner Stereoanlage stehen sah.
 

„Nagi? Was machst du da?“
 

Nagi sah Omi scheu an.
 

„Ich… ich habe nur Musik angemacht… weil… du hast noch geschlafen… und… ich… wollte nicht… in so einem ruhigen Raum liegen… es tut mir leid… ich wollte dich nicht wecken…“
 

Omi konnte sich schon denken, was eigentlich passiert war. Nagi hatten seine Erinnerungen wieder eingeholt und so hatte er die Musik angemacht, um sich ein wenig abzulenken. Wahrscheinlich hatte er die Stille nicht ertragen, sie brachte einen immer dazu, nachzudenken, und das war wohl im Moment nicht das, was Nagi unbedingt wollte.
 

Omi schüttelte nur leicht mit dem Kopf und streckte dann eine Hand in Nagis Richtung aus.
 

„Komm her, Nagi…“
 

Der Jüngere ging langsam auf ihn zu und legte seine Hand in Omis dargebotene, welche ihn leicht zurück auf das Bett zog.
 

Omi schloss seinen Freund in die Arme und sah Nagi in die braunen Augen, bevor er seine Stirn an Nagis lehnte.
 

„Du hättest mich wecken sollen, Nagi… ich habe dir doch gesagt, wenn was ist, dann weck’ mich…“
 

Nagi schlug seinen Blick nieder, blieb jedoch still sitzen, tat nichts, um sich von Omi loszumachen.
 

„Aber… du hast so fest geschlafen… und du warst gestern… bestimmt auch müde und… und… da dachte ich…“
 

Omi schüttelte den Kopf.
 

„Du musst dich nicht verteidigen. Aber weck’ mich nächstes Mal trotzdem, okay? Ich will dir doch helfen, und du hast gesagt, du lässt es zu. Also nimm mein Angebot auch wirklich an und lass mich dir helfen, ja?“
 

Nagi nickte leicht und löste dann seine Stirn von Omis, um sein Gesicht wieder in dessen Halsbeuge zu vergraben.
 

Omi hielt seinen Freund einfach nur fest und ließ seinen Blick dabei über dessen Schulter durch sein Zimmer schweifen, bis er an der Uhr hängen blieb. Es war bereits zwölf Uhr.
 

Der Blonde ließ seinen Blick weiter wandern, pausierte das nächste Mal am Fenster.
 

Draußen wütete ein regelrechter Schneesturm, dicke, schwere Flocken stoben vor dem Fensterglas umher, und wurden vom Wind immer wieder nach oben in Richtung Himmel gewirbelt.
 

Omi lächelte leicht, als er das sah. Er hatte Schnee schon immer gemocht, oder jedenfalls mal soweit er sich erinnern konnte. Außerdem verband er mit Schnee immer Weihnachten, und das mochte er noch viel mehr als den Schnee alleine. Nicht, weil es dann Geschenke gab. Nein, einfach wegen der Atmosphäre, die in diesen Tagen herrschte. Die letzten Weihnachten hatte er bei Weiß verbracht, zuerst ohne und schließlich letztes Jahr auch mit Aya, und es war immer sehr schön gewesen. Er war immer glücklich gewesen, wenn sie an Heiligabend beieinander gesessen und zuerst gegessen, dann Geschenke verteilt und später einige Gesellschaftsspiele gespielt hatten. Sogar Aya hatte sich dem nicht entzogen und war bei ihnen gewesen, den ganzen Abend.
 

Er und seine kleine Familie…
 

Weiß war für ihn wie eine Familie geworden, sein Ersatz für etwas, das er nicht hatte. An das er sich nicht mehr erinnern konnte. Vielleicht war auch vor Weiß glücklich gewesen? Oder auch nicht? Vielleicht war es ihm vorher richtig schlecht gegangen, wer wusste das schon…
 

Omis Gedanken schnappten wieder in die Wirklichkeit, als Nagi sich in seinen Armen bewegte und sich ein bisschen von Omis lösen wollte.
 

Der Blondschopf lockerte seine Umarmung sofort, sodass Nagi den gewollten Abstand zwischen sie bringen konnte. Er sah seinem Freund in die braunen Augen und lächelte ihn sanft an.
 

„Was ist?“
 

Nagi sah auf die Matratze zwischen ihnen, als er antwortete.
 

„Können wir… was essen gehen? Ich… habe Hunger…“
 

Wie zur Bestätigung seiner Worte knurrte in diesem Moment Nagis Magen, woraufhin er rötlich anlief.
 

Omi lächelte wieder und fand, dass Nagi verdammt niedlich war, wenn er rot wurde.
 

„Ja, können wir machen. Ich habe auch Hunger, also lass uns frühstücken gehen.“
 

Der Blondschopf legte eine Hand an Nagis Kinn und hob dessen Kopf an, sodass er seinem Freund in die Augen sehen konnte. Er löste den Blick nicht, auch als er sich ganz langsam zu Nagi hinüberbeugte, nicht. Er sah seinen Freund die ganze Zeit an und achtete genau auf seine Reaktionen.
 

Doch Nagi rührte sich nicht.
 

Omi konnte dessen beschleunigten Atem auf seinem Gesicht spüren, doch Nagi wich nicht zurück.
 

Davon ermutigt überwand der Blondschopf den letzten Abstand und gab Nagi einen sanften, kurzen Kuss auf seine Wange.
 

Als er sich wieder zurücklehnte, konnte er sehen, dass Nagi seine Augen geschlossen hatte, sein Gesicht war leicht angespannt. Omi hoffte, dass er damit Nagi nicht noch weiter verschreckt hatte, denn sonst würde er noch mal ganz von vorne anfangen können.
 

Doch im nächsten Moment entspannte der Jüngere sich und öffnete seinen Augen wieder, mit denen er Omi ansah. In seinen Augen war keine Angst, kein Zeichen darauf, dass ihm das eben unangenehm gewesen war, nur wieder die stumme Bitte, ihn nicht zu verletzen.
 

Nein, verletzen würde Omi seinen Freund nie, er hätte es nicht vor der Vergewaltigung getan, und jetzt danach erst recht nicht mehr.
 

Der Blonde lächelte leicht und stand dann auf, Nagi eine Hand hinstreckend.
 

Der Braunhaarige ergriff die Hand und ließ sich von Omi aufhelfen, um dann gemeinsam mit ihm nach unten in die Küche zu gehen.
 

Dort schnappte sich Omi die Milch aus dem Kühlschrank und kippte sie über eine große Schüssel Cornflakes, bevor er sich zu Nagi umdrehte, der den Kühlschrank durchsuchte.
 

„Hast du was gefunden?“
 

Nagis Kopf tauchte aus dem Kühlschrank auf und braune Augen sahen ihn schüchtern an.
 

„Gibt es Brötchen?“
 

Omi sah in den Brotkasten und reichte Nagi dann eines von den Brötchen, die die anderen von Weiß gestern wohl noch gekauft hatten.
 

„Danke…“
 

Nagi legte das Brötchen auf die Anrichte, stellte Butter, Erdbeermarmelade, Schinken und Käse daneben und schloss dann die Kühlschranktür.
 

Omi sah ihm blinzelnd zu, wie Nagi das Brötchen aufschnitt und es erst mit Butter, dann Käse, Schinken und schließlich noch die Erdbeermarmelade belegte und beschmierte. Er sah Nagi zweifelnd an, und dieser sah fragend zurück.
 

„Was ist?“
 

Omi stierte auf Nagis Brötchen, welches dieser immernoch nicht zugeklappt hatte.
 

„Bist du dir sicher… dass du das isst?“
 

Nagi sah erst ihn, dann sein Brötchen verwirrt an, bevor er zu Omi zurücksah.
 

„Sicher, warum?“
 

Omi schluckte einmal.
 

„Okay…“
 

Nagi klappte sein Brötchen zu und trug es zum Tisch hinüber, womit er sich auf einem Stuhl niederließ.
 

„Guten Appetit.“
 

„Ja… danke, gleichfalls…“
 

Omi wandte sich schnell seinen Cornflakes zu, die er ebenfalls zum Tisch rüberschleppte und sich neben Nagi fallen ließ.
 

Nagi biss gerade von seinem… etwas seltsam kreierten Brötchen ab und kaute, bevor er es hinunterschluckte.
 

Omi sah ihn immernoch zweifelnd an.
 

„Und das schmeckt?“
 

Nagi nickte und hielt Omi sein Brötchen hin.
 

„Probier doch…“
 

Omi starrte auf das Brötchen, bevor er einmal schluckte und es Nagi aus der Hand nahm, um ein Stück abzubeißen und es seinem Freund dann wieder zu geben.
 

So schlimm, wie er befürchtet hatte, schmeckte es echt nicht, doch Omi blieb lieber bei seinen Zerealien…
 

Die nächste Viertelstunde verbrachten die beiden mit essen, bevor sie ihr gebrauchtes Geschirr in die Spülmaschine räumten und dann wieder nach oben gingen.
 

Als sie am Bad vorbeigingen, fiel Omi auf, dass seine letzte Dusche auch schon länger her war…

Er blieb stehen und wandte sich zu Nagi um.
 

„Nagi, ich gehe duschen, okay? Wartest du im Zimmer oder…“
 

Er ließ seinen Satz unvollendet, weil Nagi schon heftig mit dem Kopf zu schütteln begonnen und seine Hand an Omis geklammert hatte, die der Blondschopf festgehalten hatte.
 

Omi seufzte leise.
 

„Okay, dann komm mit.“
 

„Kann ich… nach dir auch… duschen?“
 

Omi suchte Nagis Blick und machte sicher, dass der Jüngere ihm in die Augen sah.
 

„Nur, wenn du mir versprichst, dich nicht mehr mit Wasser zu verbrennen.“
 

Nagi schlug die Augen nieder und wandte den Kopf ab, womit Omi genau wusste, dass er ist Schwarze getroffen hatte. Genau das hatte sein Freund wohl vorgehabt…
 

Omi ergriff Nagis Hände und drückte sie leicht mit einen eigenen.
 

„Nagi… versteh doch, er ist es nicht wert, dass du dir weh tust… nur wegen ihm… er ist die Schmerzen nicht wert, Nagi… und du bist, zum letzten Mal, nicht schmutzig! Du musst das nicht machen! Du bist nicht schmutzig, nicht dreckig, nicht befleckt, nicht nutzlos und auch nicht minderwertig! Schon gar nicht minderwertig, denn du bist so viel mehr wert als dieser Bastard Schuldig! Millionen Mal mehr!“
 

Omi spürte, wie sich einige Tränen in seinen Augen bildeten.
 

„Tu dir das nicht an, nur weil dieser verdammte Bastard dir so einen Mist erzählt hat! Verdammt noch mal, er hat gelogen! Wenn er dir gesagt hat, dass ich dich nicht mehr wollen würde, hat er gelogen! Ich will dich noch! Ich liebe dich noch! Was willst du noch hören, damit du mir glaubst?!“
 

Die Tränen liefen dem Blonden in Strömen über die Wangen und er schluchzte leise auf. Er fühlte sich so wahnsinnig hilflos und mit der ganzen Situation plötzlich total überfordert.
 

Panik stieg in ihm auf, dass ihm die ganze Situation entgleiten und er nicht mehr damit klar kommen würde.
 

Frustration trug ihren üblichen Teil dazu bei, gemixt mit einem beachtlichen Teil von Wut. Wut auf sich, auf Nagi, auf Schuldig, auf eigentlich alles.
 

Außerdem hatte er Angst. Riesige Angst, Nagi zu verlieren, weil dieser immernoch glaubte, dass er nicht mehr gut genug für Omi war.
 

Alle seine Gefühle schlugen sich in seiner Stimme nieder, mit der er Nagi ziemlich laut anschrie.

Omi festigte seinen Griff geradezu schmerzhaft um Nagis Hände, was diesen dazu brachte, leise zu wimmern und sich gegen den Blondschopf zu wehren. Er tat ihm weh.
 

„Bitte lass mich los!“
 

Seine Stimme klang panisch, doch Omi schien das nicht einmal zu bemerken, denn er reagierte überhaupt nicht.
 

Nagi drehte seinen Kopf zurück und sah Omi dann erschrocken an, als er merkte, dass dieser weinte. Er hörte auf sich zu wehren und starrte Omi mit aufgerissenen Augen an.
 

Der Blondschopf hätte schreien können. Warum verstand Nagi ihn nicht?! Warum war Nagi so dumm, dass er Schuldig glaubte und ihm nicht?! Warum wollte er nicht verstehen, dass Omi ihn trotz allem noch haben wollte und über alles andere hinaus liebte?! Vertraute er Schuldig etwa mehr als ihm?! Schuldig, der ihn vergewaltigt und verletzt hatte?
 

Omi ließ Nagis beide Hände fallen, um sich mit seinen Eigenen über die Augen zu wischen, bevor er sich umdrehte und in Richtung Bad davonging.
 

Er war kaum zwei Schritte gelaufen, als zwei fragile Arme seine Hüfte von hinten umschlangen und Nagi sein Gesicht in Omis Nacken vergrub. Der Jüngere flüsterte etwas, doch der Blondschopf konnte ihn nicht verstehen, so sehr zitterte seine leise Stimme. Sein Nacken wurde langsam aber sicher ziemlich nass, Nagi weinte ebenfalls.
 

Omi blieb stehen und versuchte zu hören, was Nagi sagte, und verstand es nach genauerem Hinhören endlich.
 

Es war nur ein einziges Wort.
 

„…entschuldige… entschuldige… entschuldige… entschuldige…“
 

Nagi flüsterte es immer und immer wieder, wie eine Beschwörungsformel. Immer wieder brach seine Stimme ab und er setzte neu an, flüsterte von neuem dieses Wort in Omis Nacken.
 

Der Blondschopf blieb noch einen Augenblick still stehen, dann drehte er sich mit einem Ruck herum und umarmte seinen Freund heftig, schlang seine Arme um dessen Rücken und drückte ihn so fest an sich, dass er fast Nagis Knochen knacken hören konnte.
 

Der Braunhaarige presste sein Gesicht wieder in Omis Nacken, weinte und entschuldigte sich immernoch, während er Omis Klammergriff gar nicht zu bemerken schien.
 

Omi vergrub sein Gesicht in Nagis Haaren und ließ seinen Tränen freien Lauf, weinte den Stress und die Anspannung von gestern und heute einfach aus sich heraus.
 

Er beruhigte sich erst wieder Minuten später, doch immernoch früher als Nagi.
 

Das Weinen des Jüngeren war zu einem Omis Herz zerreißenden Wimmern verkümmert, während er sich immernoch wieder und wieder bei dem Blondschopf entschuldigte.
 

„… bitte verzeih’ mir… ich… mache dir nur… Ärger…“
 

Omi schüttelte den Kopf und bemerkte plötzlich, wie eng und fest er Nagi an sich presste. Er ließ wieder ein bisschen locker und hob dann eine Hand zu seinen Gesicht, um sich die Tränen fortzuwischen, die immernoch hartnäckig in seinen Augen standen.
 

„Nein, du machst doch keinen Ärger… und hör auf, dich zu entschuldigen, mir tut es Leid, dass ich dich so angeschrieen habe… das war nicht okay von mir…“
 

Nagi löste sein Gesicht aus Omis Nacken und ließ den Kopf hängen.
 

„… dir muss gar nichts Leid tun… und ich bin so blöd… dass ich Schuldig glaube… bitte, bitte entschuldige… entschuldige…“
 

Der Blondschopf legte eine Hand an Nagis Kinn und hob dessen Kopf an, um ihm in die Augen zu sehen. Er legte einen Finger auf Nagis Lippen und unterbrach so seine Entschuldigungen.
 

„Hör auf damit, es ist nicht deine Schuld… aber… glaubst du mir jetzt? Glaubst du mir endlich, dass er gelogen hat? Dass ich dich immernoch will? Dass ich dich immernoch liebe, mehr als alles andere?“
 

Nagi sah Omi diesmal in die Augen und zögerte kurz, bevor er seinem Freund antwortete.
 

„Ja…“
 

Der Blondschopf blickte Nagi bei seiner Antwort scharf in die Augen, die ihn nun ein bisschen verunsichert ansahen.
 

Doch dann wurde Omis Miene weich und sein Mund verzog sich zu einem erleichterten Lächeln. Seine freie Hand hob sich an Nagis Wange und strich ihm sanft darüber, wischte Nagis Tränen weg, die sich noch dort gehalten hatten
 

„Dann ist es gut… ich liebe dich…“
 

Nagis Mundwinkel hoben sich zu seinem ersten richtigen Lächeln, das Omi in den letzten beiden Tagen gesehen hatte. Es war zwar kaum sichtbar, doch Omi erkannte, dass es da war. Er konnte es sehen, aber er kannte seinen Freund auch besser als jeder andere.
 

„Ich… dich… auch…“
 

Omis Augen leuchteten auf, als er das hörte. Nagi sagte diese Worte zum ersten Mal, seit Omi ihn gestern Mittag gefunden hatte.
 

Er zog Nagi wieder näher zu sich, während seine Hand Nagis Wange nicht verließ. Sie streichelte Nagis mittlerweile wieder fast trockene Haut, während der Blondschopf seinem Freund in die braunen Augen sah und ganz langsam sein Gesicht dem des Jüngeren näherte.
 

Nagis Lächeln verschwand und er schloss die Augen, als Omi ihn wieder sanft auf die Wange küsste. Doch diesmal verspannte sich sein Körper nicht, als er Omis Lippen spürte, die ihn nur kurz und leicht berührten. Omis Lippen waren warm und hinterließen ein leichtes, angenehmes Kribbeln auf seiner Haut, als sich der Blondschopf wieder zurückzog.
 

Nagi öffnete seine Augen, sah auf und bemerkte die Unsicherheit in Omis blauen Augen, mit denen er seinen jüngeren Freund anblickte. Er war sich nicht sicher, ob es für Nagi okay gewesen war. Vorhin war es eine andere Situation gewesen…
 

Doch die Mundwinkel des Jüngeren hoben sich wieder ein wenig, bevor er sich wieder an Omi schmiegte, seinen Kopf an die Schulter des älteren Blondschopfes lehnte. Er konnte Omis leicht beschleunigte Atmung hören, die sich langsam wieder beruhigte, bevor er Omi leise seufzen hörte.
 

Der Blondschopf legte auch seinen zweiten Arm um Nagi und drückte ihn an sich, legte seinen Kopf an Nagis.
 

Omi war erleichtert, dass Nagi sich nicht gegen seine Küsse gewehrt hatte, vorhin nicht und jetzt ebenfalls nicht. Er hatte zuerst mit dem Gedanken gespielt, seinen Geliebten auf den Mund zu küssen, doch er hatte es sich noch im selben Moment verboten. Nagi war noch nicht so weit, dass er das zugelassen hätte. Und Omi wollte Nagi nichts aufzwingen, er konnte es gar nicht. Allein schon der Gedanke daran war ziemlich absurd.
 

Omi stand noch eine Weile einfach da, in einer Umarmung mit Nagi, doch dann fiel ihm ihr eigentliches Vorhaben wieder ein und er schob Nagi sanft von sich.
 

„Na dann komm, wir gehen duschen, ja? Und…“, er sah seinen Freund ernst an, …kein heißes Wasser mehr, okay? Versprich es.“
 

„Okay… versprochen…“
 

Nagi nickte noch einmal bestätigend und Omi nahm seine Hand, um mit ihm ins Badezimmer zu gehen.

Dort setzte sich Nagi auf dem Toilettendeckel, wie an Vortag Omi, und schlug den Blick nieder, als der Ältere sich auszuziehen begann.
 

Als Omi komplett nackt war, spürte er Nagis Blick, der ihn flüchtig streifte, und sah zu seinem jüngeren Freund hinüber, woraufhin Nagis Wangen leicht rosa wurden, er sein Kinn auf seine Knie stützte, die er an seine Brust gezogen und mit seinen Armen Umschlungen hatte, und den Blick wieder auf den Boden richtete.
 

Omi konnte durch Nagis dunkle, dichte, lange Wimpern den Ausdruck in seinen Augen nicht sehen, als der Jüngere anfing zu sprechen.
 

„… Noch ein Fehler… den er gemacht hat… In seiner Vorstellung… hattest du Schamhaare…“
 

Seine Stimme wurde mit jedem Wort immer leiser, weil der Braunhaarige sein Gesicht immer mehr in seinen Knien vergrub. Schließlich erstarb sie ganz, und Nagi saß völlig ruhig da. Er zitterte nicht, weinte nicht, er saß nur da und sah dabei einfach nur unheimlich hilflos, bemitleidenswert und verletzlich aus.
 

Der Blondschopf wäre am liebsten zu seinem Freund hinüber gegangen und hätte ihn sanft umarmt und getröstet, doch er war immernoch völlig nackt und Nagi hätte Panik bekommen können, wenn er sich ihm so genähert hätte.
 

Stattdessen schnappte er sich ein Handtuch und legte es neben die Dusche.
 

„Versuch, nicht mehr daran zu denken… es ist vorbei und wird niemals mehr wieder geschehen… ich verspreche es dir…“
 

Nagi sagte nichts mehr und so stieg Omi in die Duschkabine, bevor er diese schloss und das Wasser anstellte. Erst bekam er einen eiskalten Schwall ab und schrie erstickt auf, als das Wasser auch schon wieder eine höhere Temperatur erreichte und sein Körper sich wieder entspannte, er sich ganz unter den Wasserstrahl stellte und sich von der angenehmen Wärme einhüllen ließ.
 

Durch das Rauschen des Wassers hörte er Nagis leise Stimme.
 

„Was hast du?“
 

Omi hörte die Sorge, die versteckt in der scheuen Stimme lag, heraus, und er müsste leicht lächeln.
 

„Nichts Nagi, das Wasser war nur ganz kalt am Anfang.“
 

„Ach so…“
 

Omi ließ das warme Wasser über seine Haare laufen und griff dann nach seiner Shampooflasche, um etwas davon in seine Hand zu geben und dann in seine Haare einzumassieren. Er schloss die Augen und verteilte das Shampoo sorgfältig mit seinen Fingerspitzen auf seiner Kopfhaut.
 

„Omi?“
 

Omi hörte Nagi und antwortete ihm, während er seine Augen geschlossen hielt und seine Haare vom Wasser auswaschen ließ.
 

„Hm?“
 

„Welches Shampoo benutzt du?“
 

Omi wunderte sich über die Frage seines Freundes, beantwortete sie aber doch.
 

„Dasselbe, das du gestern genommen hast, es ist meins. Auch das Duschgel von gestern gehört mir.“
 

Er griff nach dem besagten Duschgel, schüttete es auf seine Hand und begann seinen Körper damit einzuseifen.
 

Es herrschte keine Minute Stille, als Omi Nagis Stimme wieder hörte.
 

„… hast… du noch… eine Zahnbürste… für mich?“
 

Der Blondschopf begann sich langsam zu fragen, warum Nagi ausgerechnet jetzt auf solche Sachen kam.
 

„Ja, klar, ich gebe sie dir gleich, okay? Ich wasche nur noch meine Haare aus.“
 

Er hielt seinen Kopf wieder unter Wasser, als ihm plötzlich siedendheiß einfiel, warum Nagi ihn gerade jetzt so viel fragte.
 

Er ertrug die Stille nicht. Er hielt die Stille nicht aus, weil er dann praktisch zum Nachdenken gezwungen wurde. Zum sich Erinnern. Und das wollte es nicht, deshalb versuchte er sich mit allen Mitteln abzulenken.
 

Omi war kurz davor, Nagi darauf anzusprechen, doch er ließ es dann doch. Die Frage danach würde Nagi nicht leicht fallen zu beantworten, und er wollte sie lieber stellen, wenn er Nagi in die Arme nehmen und trösten konnte, falls es nötig war.
 

Er wusch sich schnell fertig und stellte dann das Wasser ab, bevor er seine Haare ausdrückte und die Tür der Duschkabine aufschob, um sich sein Handtuch zu schnappen und darin einzuwickeln.
 

Nagi saß immernoch in unveränderter Haltung auf dem Toilettendeckel und hielt den Blick gesenkt, als Omi die Dusche verließ.
 

Der Blondschopf sah ihn kurz an, bevor er sich abtrocknete und dann ein kleineres Handtuch für seine Haare holte, um diese wenigstens ein bisschen trockener zu kriegen. Fönen mochte er nicht so, er machte es nur, wenn er mal keine Lust auf ständig nasse Haare hatte oder es eilig hatte.
 

Dann schlang er sich sein Handtuch um die Hüfte und ging zu Nagi hinüber, der in Gedanken versunken zu sein schien. Jedoch zitterte er leicht und Omi konnte sich verdammt gut vorstellen, an was Nagi gerade dachte.
 

Omi tippte Nagi sachte auf die Schulter, um ihn aus seinen Erinnerungen zurückzuholen.
 

Der Jüngere fuhr erschrocken auf und starrte Omi an, woraufhin er heftig zusammenzuckte und sich der Schreck in seinem Blick in blinde Panik verwandelte.
 

Der Blondschopf reagierte sofort.
 

„Keine Angst, ich bin es, Nagi… ich bin’s…“
 

Er ging einen Schritt zurück, um zwischen ihnen ein wenig Raum zu schaffen, damit sich Nagi nicht von ihm bedrängt fühlte.
 

Der Braunhaarige blickte ihn noch einen Moment ängstlich an, doch dann entwich seinem Körper die Anspannung und er sackte in sich zusammen.
 

„… entschuldige… es kommt einfach… immer wieder hoch…“
 

Omi ließ sich neben Nagi auf die Knie sinken und sah seinem Freund in die Augen.
 

„Du sollst dich doch nicht entschuldigen… da ist nichts, wofür du dich bei mir entschuldigen müsstest…“
 

Nagi wandte seinen Blick ab und kauerte sich noch enger zusammen. Seine Augen starrten in die Leere und sahen so hoffnungslos, gebrochen aus, dass es dem Blondschopf weh tat, seinen Freund so zu sehen.
 

„Diese… Bilder… sind immer wieder… in meinem Kopf… und… ich kann… es nicht… vergessen…“
 

Omi schlang seine Arme um Nagis Körper und zog den Jüngeren zu sich auf den Boden, in seinen Schoß, bevor er ihn an sich drückte und seinen Rücken streichelte.
 

Er spürte Nagis warmen Körper durch den dünnen Stoff dessen T-Shirts, was ihm schlagartig bewusst machte, dass er immernoch nichts anhatte, außer dem Handtuch um sein Hüfte.
 

Auch Nagi schien es zu bemerken, doch er schmiegte sich trotzdem an Omis nackten Oberkörper, ließ sich von seinem Freund trösten.
 

Der Blondschopf atmete auf, als er merkte, dass sich Nagi in seine Umarmung fallen ließ und entspannte. Er versteifte sich nicht wie noch in der Nacht zuvor, sondern gab Omi das Gefühl, dass Nagis Vertrauen zu ihm wieder etwas mehr zugenommen hatte.
 

Omi spürte, dass Nagi diesmal nicht weinte, sondern sich einfach so umarmen ließ, nach Trost suchte. Er hatte sein Gesicht in Omis Halsbeuge vergraben, sodass es Omi aufgefallen wäre, wenn sein Freund geweint hätte. Was er jedoch spürte, war, dass Nagi im Nacken noch genauso verspannt war wie gestern.
 

Eine Weile saßen sie noch da, bis sich Omi wieder rührte und Nagi ein wenig von sich schob.
 

„Du wolltest doch duschen, oder? Und ich suche dir eine Zahnbürste, ja?“
 

Nagi nickte und stand dann auf, streckte Omi seine Hand hin und half diesem so beim Aufstehen.
 

Der Blondschopf ging zu dem kleinen Schränkchen unter dem Waschbecken hinüber und suchte dessen Inhalt nach einer frischen Zahnbürste für seinen Freund ab.
 

Schließlich fand er eine, riss die Packung auf und drückte Nagi die Zahnbürste in die Hand, bevor er die Verpackung in den Müll schmiss.
 

Nagi putzte sich schnell die Zähne, spülte seinen Mund aus und wandte sich dann in Richtung Dusche um.
 

Omi drehte sich wie schon am Vortag um, fixierte mit seinen Augen einen Punkt auf der gegenüberliegenden Wand.
 

„Nagi? Ich gehe kurz rüber, Klamotten für uns holen, okay? Ich bin sofort wieder da, dauert nur eine Minute.“
 

Hinter ihm hörte das Rascheln der Kleider auf, bevor Omi leise Fußschritte hörte, die in Richtung Dusche gingen.
 

„Okay… aber beeil dich… bitte…“
 

„Mach’ ich, Nagi.“
 

Omi verließ schnell den Raum und ging zu seinem Schrank hinüber, um einige frische Klamotten zu suchen. Dabei bemerkte er, dass er keine sauberen T-Shirts mehr hatte. Er musste nachher unbedingt waschen gehen…
 

Statt den T-Shirts griff Omi nach zwei Pullovern, welche man durch Knöpfe schließen musste, die noch in seinem Schrank waren.
 

Damit, zwei Hosen und Boxershorts ging er zurück ins Badezimmer, wo Nagi schon unter der Dusche stand. Der Geruch seines Shampoos und Duschgels lag in der Luft, Nagi benutzte also erneut diese Sachen.
 

Omi warf den Kleiderhaufen auf den Boden und begann sich anzuziehen. Während er sein Hemd zuknöpfte, fiel sein Blick auf das kleine Regal, das an der Wand neben der Dusche hing. Darauf stand nur ein einziges Fläschchen.
 

Omi ging darauf zu und holte die kleine Flasche herunter, um auf das Etikett zu sehen.

‚Meditation’ stand darauf. Und daneben… es war Massageöl.
 

Über Omis Gesicht huschte eine leichtes Lächeln, bevor er den Korken aus dem Fläschchen zog und an dem Öl roch.
 

Auf dem Etikett stand etwas von wegen Lavendel, doch für Omi roch das ganze so deutlich nach Rosen, dass er nur den Kopf schütteln konnte. So roch doch kein Lavendel…
 

In dem Kopf des Blondschopfes formte sich allmählich eine Idee, bei der er hoffte, dass Nagi auch mitspielen würde.
 

Aber er konnte es ja zumindest versuchen, schaden würde es sicher nicht.
 

Omi drehte sich um und stelle das Fläschchen neben der Toilette auf den Boden, während er sich auf dem geschlossenen Deckel von dieser niederließ.
 

Er musste nicht lange warten, bis Nagi wieder aus der Dusche kam. Er wickelte sich in ein frisches Handtuch ein und trocknete sich ab, während Omi ihm seine Kleider reichte und dann den Kopf abwandte, damit Nagi sich anziehen konnte.
 

Omi konzentrierte sich auf die Geräusche, die Nagi machte, er durfte den Richtigen Zeitpunkt nicht verpassen, sonst würde es nicht klappen.
 

Er ließ Nagi Zeit, seine Boxershorts anzuziehen und sich das Hemd über die Schultern zu streifen, bevor er sich umdrehte.
 

Nagi wollte gerade nach dem ersten Knopf des Hemdes greifen, als Omis eine Hand seine eigenen sanft wegdrückten, bevor sie sich locker um eine von Nagis Händen schloss.
 

Der Braunhaarige sah verwirrt auf, direkt in Omis sanft lächelndes Gesicht.
 

Omi zog leicht an Nagis Händen, während er sich selbst in Bewegung setzte, in Richtung sein Zimmer.
 

Der Jüngere folgte ihm, immernoch verwirrt, in das Zimmer des Blondschopfes, wo dieser ihn sanft in Richtung Bett schob, wo Nagi sich auf der Kante niederließ.
 

Omi konnte Nagis Augen sich weiten sehen, doch er schüttelte nur den Kopf, während er seine Hand hob, um die Wange des Jüngeren zu streicheln.
 

„Keine Angst… dir passiert nichts…“
 

Der Blondschopf stellte das kleine Fläschchen, das er bis jetzt in seiner anderen Hand gehalten hatte, auf seinem Nachttisch ab und stand dann auf, um zu seiner Stereoanlage zu gehen und die langsame, beruhigende Musik anzumachen.
 

Dann ging er zurück zu Nagi und setzte sich zu ihm auf die Bettkante, bevor er leicht gegen Nagis Schulter drückte.
 

„Leg dich hin, Nagi… auf den Bauch…“
 

Der Jüngere sah Omi aus verwirrt und gleichzeitig ängstlichen Augen an. Was sollte das?
 

Omi hob seine Hand wieder und streichelte Nagi erneut beruhigend über die Wange.
 

„Du musst wirklich keine Angst haben, ich tu’ dir doch nichts… ich verspreche es dir… vertraust du mir denn nicht?“
 

Er sah Nagi bei seiner Frage tief in die Augen, um zu wissen, ob Nagi bei seiner Antwort ehrlich sein würde oder ob er log.
 

„Doch…“
 

Omi prüfte Nagis Augen und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass Nagi nicht zu lügen schien.
 

„Siehst du… und ich würde dein Vertrauen nicht verletzen wollen… und dich schon gar nicht… also, vertrau mir und leg dich auf den Bauch, okay?“
 

Nagi sah noch einmal in Omis Augen, bevor er sich wirklich auf den Bauch legte und liegen blieb. Er zitterte leicht, doch er blieb liegen.
 

Der Blondschopf freute sich über den Vertrauensbeweis, den Nagi eben erbracht hatte. Omi konnte sich vorstellen, dass es Nagi schwer fiel, überhaupt jemandem den Rücken zuzudrehen.
 

Omi kniete sich neben ihn auf die Matratze und legte seine Hände auf Nagis Schultern. Er konnte den Braunhaarigen ganz leicht zucken spüren und ließ seine Hände, wo sie waren.
 

„Sch… ganz ruhig… ich will dich bloß ein bisschen massieren… okay?“
 

Nagis Zittern ließ langsam nach, als der Jüngere die Worte hörte. Omi atmete auf, als er Nagi leicht nicken sah, bevor dieser den Kopf zur Seite legte, an die gegenüberliegende Wand starrte.
 

Omi wollte Nagi nichts aufzwingen und wartete solange, bis Nagi wieder völlig ruhig da lag und wartete. Erst dann begann er Nagis verspannte Schultern langsam zu massieren, seine Muskeln zu lockern, bevor er ein Stück nach unten wanderte. Er schob dabei den Stoff des Hemdes weiter nach unten, bevor er seine Hände Nagis nun nackte Haut massierte.
 

Langsam, ganz langsam, konnte er spüren, wie die Anspannung aus Nagis Schultern wich, und er sah, wie sich die Augen des Jüngeren ebenfalls langsam schlossen. Omi lächelte, es schien Nagi zu gefallen.
 

Er beschloss, noch einen Schritt weiter zu gehen.
 

Seine Hände unterbrachen ihre Arbeit kurz, um an Nagis offenem Hemd zu zupfen.
 

„Kann ich das… wegtun?“
 

Er konnte genau sehen, dass Nagi zögerte, doch dann überwand er sich und drehte einen Arm nach hinten, damit Omi ihm das Hemd abstreifen konnte.
 

Der Blondschopf strich das Hemd von Nagis Rücken und legte es auf Nagis anderer Seite ab, wo dessen einer Arm immernoch im einen Ärmel des Hemdes steckte. Das störte ja nicht.
 

Omis Blick glitt einmal kurz über den fragilen Rücken seines Freundes, bevor er den Kopf schüttelte und seine Hand nach der Flasche auf dem Nachttisch ausstreckte.
 

Nagi folgte seiner Hand mit den Augen.
 

„Was ist das?“
 

Omi lächelte still vor sich hin und entkorkte dann die Flasche, bevor er sich etwas noch vorne beugte und Nagi das Öl unter die Nase hielt.
 

„Massageöl. Riecht gut, nicht?“
 

Nagi nickte leicht und Omi lehnte sich wieder zurück, um etwas von der nach Rosen riechenden Flüssigkeit auf seine Hand zu geben und dort ein bisschen aufzuwärmen, damit sich Nagi nicht erschreckte.
 

Eine Minute später legte er seine Hände wieder an Nagis Schultern und begann das Öl sanft einzumassieren, während er weiter nach unten wanderte. Systematisch lockerte er alle Muskeln seines Freundes, der die ganze Zeit über ruhig da lag, zu genießen schien. Ein leichtes Lächeln hatte sich auf seine Lippen geschlichen und er entspannte sich immer mehr, je länger er Omis Hände auf seinem Rücken spürte. Seine Augen fielen zu und die Musik, die schon die ganze Zeit über leise lief, lullte ihn ein.
 

Er wäre fast eingeschlafen, wenn Omi nicht irgendwann an das Gummiband der Boxershorts, die er gerade anhatte, gekommen wäre.
 

Omi fühlte, wie Nagis Körper sich wieder ein bisschen anspannte.
 

„…nein… nicht weiter…“
 

Der Blondschopf schreckte aus seiner Arbeit hoch, als er Nagis bittende, ängstliche Stimme hörte. Er war so versunken gewesen, dass er gar nicht mitbekommen hatte, was seine Finger gemacht hatten. Er war so fasziniert davon gewesen, wie sich die spärlichen Sonnenstrahlen, die durch das Fenster herein schienen, auf Nagis vom Öl glänzender Haut brachen und spiegelten.
 

Jetzt ließ er seine Hände sofort wieder nach oben wandern, um die Verspannung wieder zu lösen, die er eben durch seine kleine, unvorsichtige Bewegung verursacht hatte.
 

Bald hatte er Nagi wieder ganz entspannt neben sich liegen, erneut fast am Schlafen.
 

Omi lächelte leicht und beugte sich dann vor, um Nagi einen sanften Kuss auf die Wange zu geben, was dieser mit einem leisen Seufzen quittierte und seine schwer gewordenen Augenlieder wieder etwas anhob. Auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln, als er Omi aus schläfrigen, braunen Augen ansah.
 

„Danke… das war… schön…“
 

Omi setzte sich ganz auf das Bett und begann Nagis Wange zu streicheln.
 

„Hab‘ ich gerne gemacht… fühlst du dich jetzt besser?“
 

Nagi gab ein zustimmendes Geräusch von sich und nickte müde, was Omi wieder zum Lächeln brachte. Seit vorgestern Abend hatte er Nagi nicht mehr so entspannt gesehen wie jetzt gerade. Und mit so wenig Kleidung schon gar nicht… eben beim massieren war es Omi gar nicht so richtig aufgefallen, doch jetzt merkte er, dass Nagi nur noch seine Boxershorts trug…
 

Omi schüttelte den Kopf und verfolgte den Gedanken gar nicht weiter. Er durfte an sowas gar nicht denken, nicht jetzt. Für eine ganze Zeit nicht, denn Nagi würde genau diese Zeit brauchen, um alles zu überwinden.
 

Der Blondschopf streichelte weiterhin Nagis Wange, während er sich langsam neben den Jüngeren sinken ließ.
 

Dieser sah ihm aus halbgeschlossenen Augen dabei zu und erwiderte das Lächeln, das Omi ihm schenkte, bevor ihm seine Augen ganz zufielen. Er war innerhalb der nächsten Sekunden eingeschlafen, Omi bemerkte es an den gleichmäßigen Atemzügen seines Freundes.
 

Omis Hand strich noch einmal über Nagis Wange, bevor er sie zurückzog und seinen Kopf darauf stützte.

Nagi lag friedlich schlafend vor ihm, er schien keine Albträume zu haben. Omi war froh darüber, er hätte zwar etwas dagegen tun können, doch er wollte nicht, dass sein Freund überhaupt daran dachte und so darunter litt.
 

Omi lag noch eine Weile einfach da und betrachtete Nagi, während er dessen Schlaf bewachte.

Irgendwann fiel ihm ein, dass er eigentlich noch mal Brötchen kaufen müsste. Aber konnte er Nagi einfach alleine lassen?
 

Na ja, immerhin schlief er ja, aber was wenn er aufwachen und Panik bekommen würde?
 

Omi wollte nicht, dass Nagi Angst hatte, aber er wollte morgen schon Brötchen essen, und Nagi sicher auch.
 

Er streckte noch einmal die Hand aus und strich ein paar braune Strähnen, die Nagi ins Gesicht gefallen waren, hinter dessen Ohr, bevor er sich vorsichtig vom Bett erhob. Der Blondschopf zog die dicke Decke über Nagis spärlich bekleideten Körper, damit der Jüngere nicht fror.
 

Dann konzentrierte er sich und ließ eine Verbindung seiner Gedanken mit Nagis und dessen Gefühlsebene entstehen. Er las seine Gefühle nicht, denn Nagi hatte es ihm nicht erlaubt. Er wollte nur wissen, wenn Nagi aufwachte, um dann sofort wieder nach Hause zurückzukehren. So konnte er zumindest überprüfen, ob es Nagi gut ging oder ob er Albträume hatte. Er würde ja auch nicht lange wegbleiben, vielleicht fünf Minuten, wenn es hochkam…
 

Omi konzentrierte sich erneut, doch diesmal auf die kleine Gasse neben dem Supermarkt einige Straßen weiter. Er würde sich teleportieren, damit es schneller ging.
 

Mit einem leisen Geräusch verschwand er aus dem Raum, nur um einen Sekundenbruchteil später einige Straßen weiter wieder aufzutauchen.
 

Er stellte sofort fest, dass es nicht mehr schneite, sondern viel eher regnete. Schwarze Wolken bedeckten den Himmel, als würde jeden Moment ein Gewitter losbrechen.
 

Omi sah sich kurz um, aber hier war niemand, der ihn hätte beobachten können, also ging er aus der Gasse und rüber zum Supermarkt, wo er durch die Glastür den Laden betrat.
 

Er ging mit schnellen Schritten zur Käse- und Brottheke hinüber und ließ sich dort die Brötchen geben, die er haben wollte.
 

Mit der Tüte in der Hand ging er durch die langen Reihen in Richtung Kasse, als plötzlich ein heller Blitz über den Himmel zuckte und ein gewaltiger Donnerschlag diesem direkt folgte.

Omi konnte spüren, wie sich in Nagis Gedanken- und Gefühlsebenen etwas änderte. Er fühlte, wie Nagi langsam wach wurde.
 

Mist, er hatte doch noch nicht bezahlt! Er musste sich beeilen!
 

Der Blondschopf rannte in Richtung Kasse, als der nächste helle Blitz über den Himmel zuckte, woraufhin ein noch lauteres Donnergrollen als zuvor folgte.
 

Omi hörte Nagi in seinem Kopf schrill und panisch aufschreien. In seinen Gefühlen konnte er nur noch die blinde Panik lesen und auch in seinen Gedanken war nichts rationales mehr zu finden. Nur noch blanke Angst, nichts sonst. Und diese ganze Angst strömte, vermischt mit jede Menge Bildern, mit einer solchen Wucht auf Omi ein, dass sich die Augen des Blondschopfes weiteten und er vor lauter Schreck die gedankliche Verbindung zerriss.
 

Omi blickte sich hektisch um und sah, dass kein Mensch in der Reihe war, in der er gelaufen war, also teleportierte er sich sofort in sein Zimmer zurück. Dass er die Brötchen nicht bezahlt hatte, war ihm in dem Moment völlig egal, Nagi war ihm jetzt definitiv wichtiger.
 

Er tauchte nur eine Sekunde später wieder in seinem Zimmer auf und sah sich hastig um.
 

Nagi war nicht mehr im Bett. Er kauerte dicht in eine Ecke von Omis Zimmer gedrückt auf dem Boden, die Beine an seine Brust gezogen, und starrte mit weit aufgerissenen Augen in Omis Richtung. Seine Pupillen waren nur noch zwei kaum erkennbare Punkte in seinen Augen, hatten sich in Nagis Panik zusammengezogen. Sein ganzer Körper zitterte heftig, während er sich bei Omis Auftauchen noch enger in die Ecke drückte und leise wimmerte. Seine Lippen bewegten sich leicht, doch Omi konnte nicht verstehen, was Nagi sagte.
 

Er blieb wie angewurzelt stehen und versuchte nicht einmal, weiter auf Nagi zuzugehen. Er wusste, was Nagi gerade in ihm sah, und er würde nur noch mehr in Panik geraten, wenn Omi versuchen würde sich ihm zu nähern oder gar ihn anzufassen.
 

Wieder zuckte ein heller Blitz über den Himmel, gefolgt von einem Donnerschlag.
 

Nagi schrei erstickt auf und kauerte sich noch kleiner zusammen, hielt seine Arme schützend über sein Gesicht und seinen Kopf, doch seine geweiteten Augen waren immernoch auf Omi fixiert.
 

Omi erkannte, dass die Blitze der Grund für Nagis Panik sein mussten. Und er wusste auch, warum. In der Nacht, als Schuldig Nagi vergewaltigt hatte, hatte es ebenfalls geblitzt und gedonnert. Und jetzt verband Nagi die Schmerzen mit dem Gewitter.
 

Der Blondschopf hielt es nicht mehr aus, Nagi so zu sehen. Er ging einen Schritt auf seinen jüngeren Freund zu, was diesen dazu veranlasste, noch heftiger zu zittern.
 

Omi blieb wieder stehen, doch er gab nicht auf.
 

„Nagi… Nagi, ich bin’s, Omi. Keine Angst… hab keine Angst, ich tu’ dir nichts…“
 

Er ließ seine Stimme ganz sanft und weich klingen, um Nagi davon zu überzeugen, dass er wirklich er war, und nicht Schuldig, der Nagi wieder irgendetwas eingepflanzt hatte.
 

Doch Nagi ließ sich davon keineswegs beruhigen. Seine Augen weiteten sich noch mehr, als Omi noch einen Schritt auf ihn zu machte.
 

„Nein! Bitte… nein, nicht! Bitte, nicht noch einmal!“
 

Omi blieb sofort wieder stehen. Er war jetzt nur noch zwei Meter von Nagi entfernt, und der Jüngere drückte sich daraufhin panisch noch enger in die Ecke des Zimmers.
 

Dem Blondschopf versetzte es einen tiefen Stich ins Herz, seinen Freund so zu sehen. Er ging auf die Knie, um nicht so viel größer als Nagi selbst zu wirken, bevor er noch einmal versuchte, Nagi mit seiner Stimme zu beruhigen, doch es schlug abermals fehl.
 

Nagi schüttelte nur heftig den Kopf, als plötzlich wieder ein greller Blitz das Zimmer erhellte.
 

Der Braunhaarige gab ein Wimmern von sich und kniff die Augen fest zusammen.

Omi handelte instinktiv. In dem Moment, als Nagi seine Augen schloss, schnellte er nach vorne und presste Nagi fest an sich.
 

Der Jüngere schrie erstickt auf und begann sich augenblicklich gegen Omi zu wehren, indem er sich zu winden begann. Sein ganzer Körper verkrampfte sich und er wollte um sich schlagen, doch Omi hatte seine beiden Arme fest an die Seiten seines Körpers gedrückt, und würde ihn auch nicht loslassen.
 

„Nein! Lass’ mich los, bitte!“
 

Doch Omi ließ nicht locker, er drückte seinen Freund eher noch enger an seinen Körper heran.
 

„Keine Angst, Nagi… Ich bin es, wirklich…“
 

Er griff nach Nagis beiden Händen und begann mit seinen Daumen die Außenseiten zu massieren.
 

Der Jüngere sollte ihn spüren, damit er sich davon überzeugen konnte, dass Omi wirklich Omi war, und nicht Schuldig oder sonst wer. Nagi hatte ja selbst gesagt, dass sich Schuldigs Berührungen ganz anders angefühlt hatten als seine eigenen, also würde er versuchen, den Braunhaarigen so aus seiner Panik zu befreien.
 

Er konnte Nagi zittern spüren, während dieser seinen Widerstand langsam aufgab und schließlich nur noch kraftlos in Omis Armen lag. Er schien seinen Freund erkannt zu haben.
 

Der Blondschopf bemerkte, dass Nagis Schultern begonnen hatten zu zittern, und hörte auch in diesem Moment das leise Wimmern und Schluchzen, das Nagi von sich gab.
 

Omi lockerte seine Arme um Nagis schlanken Körper und hob eine Hand zu Nagis Schopf, um seine Haare zu streicheln. Gleichzeitig beugte er sich ein bisschen nach vorne über Nagis Schulter, um dem Jüngeren einen leichten Kuss auf die Wange zu geben.
 

„Scht… ganz ruhig… alles ist in Ordnung…“
 

Er wusste zwar, dass gar nichts in Ordnung war, aber es war eigentlich egal, was er sagte, Hauptsache seine Stimme klang beruhigend. Nagi würde wahrscheinlich eh nichts mitbekommen.
 

Der Jüngere weinte heftig und Omi konnte nichts weiter tun, als versuchen ihn zu trösten und beruhigend auf ihn einzureden. Er ließ seine Lippen immer wieder leicht über Nagis tränennasse Wange streichen, während er in sein Ohr sprach.
 

Nach einiger Zeit schien es schließlich zu wirken, denn Nagi hörte langsam auf zu zittern und ließ sich gegen Omi zurücksinken.
 

Der Blondschopf drückte seine Wange gegen Nagis und legte den Arm, dessen Hand die Haare des Jüngeren gestreichelt hatten, zurück um Nagis Taille.
 

„Wieder alles in Ordnung?“
 

Der Braunhaarige gab ein leichtes Nicken als Kommentar und entspannte seinen Köper.
 

Omi atmete erleichtert auf und wollte sich ein bisschen von seinem Freund lösen, als ein weiterer Blitz durch das Zimmer zuckte.
 

Nagi wimmerte auf, fuhr herum und krallte seine Hände in den Stoff von Omis Pullover, während er sein Gesicht in dessen Brust vergrub.
 

„Geh nicht! Lass’ mich nicht allein, Omi! Bitte!“
 

Der Blondschopf legte seine Arme wieder um Nagi und streichelte beruhigend seinen Rücken.
 

„Schon gut… ich bleibe bei dir und beschütze dich… hab keine Angst…“
 

Doch Nagi hatte offensichtlich Angst, so wie er in Omis Armen zitterte.
 

Der Blondschopf wartete geduldig, bis sich sein Freund wieder etwas beruhigt hatte, bevor er vorsichtig aufstand und Nagi dann beim Aufstehen half. Dann führte er seinen Freund zum Bett, wo sich dieser auf der Bettkante niederließ.
 

Der Blondschopf schnappte sich seine Decke und legte diese um Nagis schmale Schultern, bevor er dem Jüngeren sanft durch die Haare streichelte.
 

Nagi schmiegte sich gegen seine Hand, das gefiel ihm.
 

Omi ließ seine Hand noch einmal über Nagis Wange gleiten, bevor er sie ganz zurückzog.
 

„Ich mache die Vorhänge zu, okay? Dann sind die Blitze nicht mehr so schlimm.“
 

Damit wandte er sich um und trat an sein Fenster, schloss die Vorhänge und ging dann direkt durch sein jetzt ziemlich dunkles Zimmer zur Tür, um dort das große Licht anzuschalten.
 

Nagi hatte sich mit dem Rücken an das Kopfteil von Omis Bett, das an der Wand stand, gelehnt und die Decke bis zu seinem Hals hochgezogen, seine Beine dicht an seine Brust gekauert.
 

„Ist es jetzt besser?“
 

Omi begann zu sprechen, weil er nicht wollte, dass in dem Raum wieder diese Stille herrschte, die Nagi nicht ertragen konnte, ohne an Schuldig zu denken.
 

Nagi nickte und Omi ging zu seinem Bett zurück, um sich neben Nagi gegen die Wand zu lehnen.
 

Der Jüngere ließ seinen Kopf auf die Schulter des Blondschopfes sinken, welcher Nagi sofort wieder in die Arme nahm, als er spürte, dass ihn sein Freund gewähren lassen würde.
 

Draußen hatte das Gewitter immernoch nicht aufgehört und Omi konnte Nagi bei jedem Donnerschlag leicht zusammenzucken spüren.
 

Omi streichelte beruhigend seine Schultern und seinen Rücken und schlang seine Arme noch ein wenig fester um Nagis Körper, damit dieser nicht auf die Idee kam, dass er nicht mehr da sein könnte.
 

Er lockerte seine Umarmung erst wieder, als das Gewitter einigermaßen vorbeigezogen war und der Donner nur noch als leises Grollen in der Ferne zu vernehmen war.
 

Nagi hob seinen Kopf wieder und sah kurz in Omis Augen, bevor er seinen Blick sofort wieder niederschlug.
 

„…danke…“
 

Omi lächelte leicht, bevor er sich vorbeugte und seinen Freund leicht auf die Stirn küsste.
 

„Ist schon gut, Nagi. Du musste mir immer sagen, wenn du etwas brauchst, okay? Ich werde immer für dich da sein, versprochen.“
 

Der Braunhaarige nickte und lehnte sich an Omi, welcher immernoch seine Arme um Nagi gelegt hatte.
 

Sie saßen noch eine Weile so da und Omi genoss es, seinen Freund so an sich zu spüren. Dabei fiel ihm wieder auf, dass Nagi nach seinem Shampoo roch. Da in dem Raum wieder Stille herrschte, beschloss er Nagi einfach danach zu fragen. Im Moment fiel ihm nichts Besseres ein, womit er Nagi von seinen Gedanken ablenken konnte.
 

„Nagi… sag mal, warum hast du vorhin mein Shampoo benutzt? Und gestern auch schon? Hat das einen besonderen Grund oder hat dir nur der Geruch gefallen?“
 

Eine Zeit lang herrschte Stille und Omi fürchtete schon, dass ihm sein Freund gar nicht antworten würde, doch dann hörte er die leise Stimme des Jüngeren.
 

„Weil… weil es dein Geruch ist… ich fühle mich wohler, wenn ich das rieche… und es gibst mir… ein Gefühl von… Sicherheit… es ist so vertraut… du bist so vertraut… nur bei dir kann ich mich… so sicher fühlen…“
 

Auf Omis Lippen stahl sich ein Lächeln, als er Nagis Worte hörte.
 

„Also vertraust du mir?“
 

Nagi zögerte noch kurz, doch dann nickte er.
 

Omi drückte seinen Freund kurz an sich und lehnte seinen Kopf an Nagis.
 

„Danke… das bedeutet mir sehr viel.“
 

Der Braunhaarige erwiderte nichts darauf, sondern schmiegte sich als Antwort noch enger an seinen Freund.
 

Es vergingen Minuten, in denen Stille herrschte, doch Nagi schien das nichts auszumachen, solange Omi bei ihm war. Das einzige Geräusch im Raum war ihrer beider ruhige Atmung.
 

Erst nach einiger Zeit bewegte sich Nagi wieder ein bisschen und tastete mit seiner Hand nach Omis, welcher seine Finger sofort mit Nagis verschränkte.
 

„Omi?“
 

„Hm?“
 

„Wann… wann kommen… die anderen von… Weiß zurück?“
 

Omi biss sich auf die Lippen, als ihm siedendheiß wieder einfiel, dass sie das Haus nicht mehr lange für sich alleine haben würden.
 

„Ähm… morgen Abend.“
 

Er konnte spüren, dass sein Freund sich in seinen Armen verspannte, und fügte schnell noch etwas hinzu.
 

„Aber das ist auch egal. Ich lasse dich nicht weg von hier. Du gehst nirgendwo hin, nicht zu Schwarz zurück und auch sonst nirgends hin. Ich erlaube es nicht, hörst du? Und die anderen werden sich damit abfinden müssen. Du bleibst jedenfalls hier bei mir, egal, was die anderen davon halten. Versprochen.“
 

Omi konnte spüren, wie sein Freund in seinen Armen zu zittern begann und sah besorgt auf den braunen Schopf hinunter.
 

„Was ist, Nagi? Hab keine Angst… es wird dir keiner etwas tun… und niemand wird dich auch nur anfassen, dafür sorge ich.“
 

Nagi schüttelte leicht den Kopf.
 

„Ich… ich mache dir… nur Ärger… jetzt wirst du… nur wegen mir… Probleme mit deinen… Freunden bekommen…“
 

Omi drückte seinen Freund eng an sich und wiegte sich mit dem Körper in seinen Armen langsam hin und her.
 

„Hey… das ist nicht schlimm… du bist mir wichtiger als alles andere…“
 

Die zweite Aussage war die Wahrheit, die erste hingegen eine glatte Lüge. Allein der Gedanke daran, dass Ken und Aya morgen alles herausfinden würden, verursachte Omi Magenschmerzen. Wie Ken reagieren würde, wusste Omi nicht, aber Aya würde mit Sicherheit ausflippen.
 

„Du lügst…“
 

Der Blondschopf schreckte aus seinen Gedanken auf, als er Nagis leise Stimme hörte.
 

„Deine Freunde… waren dir schon immer… sehr wichtig…“
 

Omi schüttelte heftig den Kopf.
 

„Aber nicht wichtiger als du, Nagi! Niemals! Ich liebe dich über alles, wie oft soll ich es noch sagen? Aber dennoch… dennoch ich habe Angst vor ihren… Reaktionen… Aber ich lasse dich nicht weg von hier! Ich will nicht, dass dir noch mal etwas passiert! Das könnte ich mir nicht verzeihen. Nur… ich weiß einfach nicht, wie sie reagieren werden… und ich kann nicht gegen sie kämpfen. Das wäre Hochverrat, das kann ich einfach nicht machen. Ich muss dich beschützen, ohne sie anzugreifen… aber ich wüsste nicht… wie… oder vielleicht doch…“
 

Er hatte auf einmal eine Idee. Doch diese würde Nagis uneingeschränktes Vertrauen zu ihm erfordern, und er war sich absolut nicht sicher, ob er das hatte.
 

Omi wollte die Idee eigentlich sofort wieder verwerfen, doch Nagi hatte schon gemerkt, dass ihm etwas eingefallen war.
 

„Was hast du?“
 

Der Blondschopf seufzte leise, bevor er Nagi sanft ein Stück von sich wegschob. Er wollte seinem Freund in die Augen sehen, wenn er ihm seinen Einfall erklärte.
 

Nagi hob seinen Kopf und sah den älteren Blondschopf an, die Decke immernoch um seine nackten Schultern geschlungen.
 

Omi holte noch einmal tief Luft, bevor er sich gegen die Wand zurücklehnte und zu erklären begann.
 

„Mir ist etwas angefallen… wie ich dich beschützen kann, ohne meine Freunde dabei angreifen zu müssen.“
 

Nagi sah ihm in die Augen, sein Blick war völlig ahnungslos.
 

„Und… wie?“
 

Omi seufzte leise.
 

„Du hast mir mal beigebracht, wie ich einen Bann auf etwas lege… und ich kann das erwiesener Maßen auch bei Menschen…“
 

Der Jüngere sah ihn zuerst ein bisschen verwirrt an, doch dann weiteten sich seine Augen. Er schien versanden zu haben, was der Blondschopf meinte.
 

„Aber… aber…“
 

Omi nickte und drückte beruhigend Nagis Hand, die er immernoch mit seiner eigenen festhielt.
 

„Ja. Das würde bedeuten, dass ich in der Hand habe, wer dich anfassen darf und wer nicht. Und dazu musst du mir absolut vertrauen, sonst geht es nicht.“
 

Er machte eine Pause, um Nagi ein bisschen Zeit zu geben, um das zu verdauen, bevor er weitersprach.
 

„Und deshalb frage ich dich jetzt, Nagi: vertraust du mir? Vertraust du mir so sehr, dass du mich das machen lässt? Und bitte, sei ehrlich, ich möchte es nicht in deinen Gedanken lesen müssen. Mir ist es verdammt ernst damit, ich werde mir die Information auch aus deinem Kopf holen, solltest du nicht ehrlich zu mir sein. Aber ich würde das nicht gerne machen, also versuch’ bitte, nicht zu lügen. Und lass’ dir ruhig Zeit bei deiner Antwort, bis du dir wirklich sicher bist.“
 

Nagi starrte in Omis Augen, und dieser blickte kühl zurück. Er sah seinen Freund nicht gerne so kalt an, doch hier musste er wirklich die Wahrheit wissen.
 

Es verging nur kurze Zeit, bevor er Nagi seine Augen abwandte, den Kopf aber nicht senkte.
 

„Ich… ich vertraue… dir… Omi…“
 

„Nicht so. Sieh mir in die Augen und sag es dann.“
 

Seine Stimme hörte sich sogar in seinen eigenen Ohren kalt an, dass er fast selbst davor zurückschreckte, doch sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht.
 

Langsam sah Nagi ihn wieder an und fixierte seine Augen auf Omis, bevor er den Mund öffnete.
 

„Ich vertraue dir, Omi.“
 

Die blauen Augen des Blondschopfes bohrten sich in Nagis Braune, und dieser wimmerte unter diesem Blick leise auf.
 

„Bist du dir wirklich sicher?“
 

Der Jüngere nickte leicht, hielt Omis Blick dabei stand.
 

„Ja… ich lüge nicht, Omi… ich habe dich noch nie belogen… Koi…“
 

Omi hielt seinen kalten Blick nur noch einen Moment aufrecht, dann breitete sich wieder die übliche Sanftheit auf seinem Gesicht aus und er nahm Nagi vorsichtig in die Arme, bevor er ihn leicht auf die Wange küsste.
 

„Schon gut, ich glaube dir… und ich liebe dich auch, Nagi…“
 

Der Braunhaarige schmiegte sich eng an seinen Freund und ließ sich von ihm küssen, es machte ihm mittlerweile schon nichts mehr aus.
 

Doch Omi ließ Nagi nicht lange Zeit, um die Geborgenheit und Wärme zu genießen, die er in der Nähe des Blondschopfes empfand, sondern schob ihn vorsichtig von sich weg, bevor er aufstand und seinen Freund zu sich winkte.
 

„Komm her, stell dich vor mich.“
 

Der Braunhaarige rappelte sich vom Bett auf und stellte sich zögernd vor seinen Freund.
 

Omi bemerkte Nagis leichtes Zögern und ging einen Schritt auf ihn zu, um ihm über die blasse Wange zu streicheln.
 

„Hab keine Angst… es tut nicht weh und du wirst es gar nicht merken, versprochen.“
 

Damit ging er wieder zwei Schritte zurück und streckte seine Arme aus, um seine Hände zu einem Pikzeichen zu formen, bevor er die Augen schloss, um sich besser konzentrieren zu können.
 

Schon nach einer Sekunde begannen Omis Hände hell zu leuchten und er öffnete die Augen wieder, um Nagi anzusehen.
 

„Bereit? Ich mache es jetzt, okay?“
 

Der Braunhaarige nickte leicht und kniff die Augen zusammen, als Omi seine Hände nach vorne stieß und das Licht von sich selbst zu Nagi schickte.
 

Nagi spürte tatsächlich nicht viel, außer mit einem Mal einen Anflug von Wärme, der ihn sanft umschloss, sodass er seine Augen wieder öffnete.
 

Sein ganzer Körper leuchtete noch einen Augenblick, bevor das Licht verschwand. Nagi sah zu Omi, der jetzt zu ihm herüberkam und eine Hand nach ihm ausstreckte, ihn aber nicht berühren konnte.
 

Der Blondschopf nickte zufrieden.
 

„Gut, es klappt. Jetzt kann ich mich sogar selbst aussperren, wenn ich das will… will ich aber gar nicht…“
 

Er lächelte leicht, bevor er den Bann gegen sich selbst wieder deaktivierte und Nagi in seine Arme schloss.
 

Nagi ließ sich in seine Arme sinken und von seinem Freund auf die Wange küssen, bevor er seinen Kopf auf Omis Schulter ruhen ließ.
 

Der Blondschopf ließ seine Hände still auf Nagis Rücken liegen, er wagte es nicht, seinen Freund zu streicheln. Der Braunhaarige hatte immernoch nur seine Boxershorts an und sein Oberkörper war frei, und Omi wusste nicht, wie Nagi darauf reagieren würde, wenn er ihn auf seiner bloßen Haut streichelte. Er hatte eine Reaktion vorhin schon gesehen, als er Nagi massiert hatte, und es würde jetzt wohl kaum besser sein.
 

Sie blieben noch eine Weile so stehen, bis sich Omi wieder von seinem Freund löste und ihn leicht anlächelte, bevor er ihm sanft über die Wange strich und zum Bett hinüberging, wo Nagis Hemd lag, das Omi ihm vorhin ausgezogen hatte. Er hob es auf und reichte es seinem Freund, der es annahm und sich wieder anzog und die vielen Knöpfe schloss.
 

Als der Jüngere fertig war, sah er Omi an und dieser lächelte erneut, bevor zu der Brötchentüte hinüberging, die er vorhin ganz vergessen hatte. Er hob sie vom Boden auf und ging damit zu Nagi zurück.
 

„Kommst du mit runter? Ich will die Brötchen wegpacken, sonst sind sie morgen früh trocken.“
 

Der Braunhaarige nickte und folgte dann seinem Freund zur Tür hinaus, zuerst ins Bad, wo sich Nagi wieder komplett anziehen konnte, und schließlich ins Erdgeschoss, wo er wartete, bis Omi die Brötchen im Brotkorb verstaut hatte.
 

Als der Blondschopf fertig war, drehte er sich zu seinem Freund um und ging zu ihm, wo er ihm eine störrische, braune Haarsträhne aus dem Gesicht hinter sein Ohr strich.
 

„Hast du eine Idee, was wir jetzt machen könnten?“
 

Nagi zuckte die Schultern, bevor er sein Blick durch den Raum wandern ließ, bis er auf die Tür zum Wohnzimmer traf, die offen stand.
 

„Fernsehen kucken vielleicht?“
 

Da Omi keine bessere Idee hatte, nickte er und ging dann mit seinem Freund in den Nebenraum, wo sich Nagi auf dem Sofa niederließ, während Omi die Heizung voll aufdrehte, denn im Zimmer war es recht kalt. Gestern hatte er vergessen, sie anzumachen, und jetzt mussten die eben damit leben, dass es hier ohne eine Decke nicht auszuhalten war, dafür war es zu kalt.
 

Der Blondschopf ging zur Couch hinüber und ließ sich im Schneidersitz neben Nagi sinken, bevor er die Decke über sie beide zog und sich dann die Fernbedienung schnappte, um den Fernseher anzuschalten. Er begann durch die Kanäle zu zappen, bevor er seinen Lieblings Anime-sender fand und dort stehen blieb. Ein Blick auf seinen Freund genügte, um zu wissen, dass Nagi ebenfalls Animes mochte, denn er sah mit interessiertem Blick auf die Mattscheibe, anders als gestern Abend, als er nur mit leerem Blick auf das Elektrogerät gestarrt hatte.
 

Der Blondschopf wand seine Aufmerksamkeit wieder dem Anime zu, es lief ‚X 1999’, als er Nagis Kopf spürte, der sich langsam auf seine Schulter legte.
 

Omi lächelte und suchte unter der warmen Decke nach den Händen seines Freundes, um sie in seine eigenen zu nehmen und leicht zu drücken.
 

Nagi rutschte näher zu seinem Freund, suchte nach der Wärme und Sicherheit, die er bei Omi immer empfinden konnte.
 

Sie verweilten eine Weile so, im Fernsehen kam gerade Werbung, als Omi begann sich auf dem Sofa auszustrecken und zog Nagi dabei mit sich, sodass sie im Endeffekt auf der Couch lagen, mit den Gesichtern einander zugewandt.
 

Nagi sah Omi an, welcher die Arme um den Körper seines Freundes schlang und diesen an sich drückte, während er immer in die braunen Augen des Jüngeren blickte. Sie waren ganz ruhig, Nagi hatte keine Angst mehr vor Körperkontakt mit Omi.
 

Der Blondschopf lächelte seinen Freund an, bevor er ihm einen sanften Kuss auf die Stirn gab, während seine Hände still auf Nagis Rücken lagen.
 

Zu seiner großen Überraschung ging ein Schauer durch Nagis ganzen Körper, bevor sich der Jüngere vorbeugte und Omi seinerseits auf die Stirn küsste.
 

Omi starrte seinen Freund aus geweiteten Augen an, er konnte nicht glauben, was Nagi eben gemacht hatte. Er hatte ihn… geküsst? Einfach so?! Er konnte nicht glauben, dass sein Freund sich jetzt schon wieder so wohl fühlte, dass er das einfach so machte.
 

Seine Gedanken wurden gestört, als er Nagis Lippen erneut auf seinem Gesicht spürte, diesmal auf seiner Wange. Nur ein Blick in Nagis Gesicht verriet, dass dem Jüngeren dies alles andere als angenehm war. Sein Ausdruck war angespannt, seine Bewegungen ein bisschen ruckartig, als müsste er sich selbst dazu zwingen, das zu tun.
 

Nein, so sollte es nicht sein. So durfte es nicht sein! Nagi durfte sich nicht selbst zwingen, damit würde er alles nur noch schlimmer machen.
 

„Nagi, hör auf damit! Du willst das nicht, lass es sein!“
 

Das Gesicht des Jüngeren spannte sich noch ein wenig mehr an und in seinen Augen bildeten sich einige Tränen, als seine Lippen tiefer wanderten und schließlich Omis Mundwinkel trafen.
 

Der Blondschopf fuhr zurück, um sich selbst von Nagis Berührung loszumachen, bevor er seinen Freund energisch von sich wegschob.
 

„Nein Nagi, so geht das nicht! Quäl dich nicht selbst, hör damit auf!“
 

Doch Nagi hörte ihm nicht zu. Er drückte gegen die Arme seines Freundes, die ihn auf Abstand hielten, während er sich Omis Gesicht mit einem eigenen wieder näherte.
 

Der Blondschopf konnte hören, dass Nagis Atmung beschleunigt war, konnte sehen, wie in Nagis Augen Angst stand, bevor der Jüngere diese fest zusammenkniff, wobei ihm einige Tränen seine Wangen hinunterrollten. Bevor Omi noch einmal anfangen konnte, zu versuchen Nagi zur Vernunft zu bringen, berührten Nagis Lippen auch schon seine.
 

Fast im selben Moment, in dem sich ihre Lippen berührten, zuckte Nagi heftig zurück und riss seine Augen weit auf, bevor er fast panisch nach hinten rutschte und dabei von der Couch fiel. Seine Augen waren geweitet und seine Atmung ging schnell, Tränen strömten seine Wangen hinunter. Das war das letzte, was Omi von seinem Freund sah, bevor dieser sich hastig aufrappelte, umdrehte und dann aus dem Raum stürzte, in Richtung Treppen nach oben.
 

Der Blondschopf saß geschockt auf der Couch. Zum einen wegen Nagis Reaktion, aber viel mehr wegen der ganzen Aktion überhaupt! Was hatte sich dieser Dummkopf bloß dabei gedacht?! Es brachte überhaupt nichts, wenn Nagi sich zu etwas zwang, so würde es nur noch schlimmer werden. Er musste körperlich freiwillig auf Omis zugehen, so wie er es geistig schon getan hatte, indem sie geredet hatten und er Omi gezeigt hatte, was passiert war. Wie konnte Nagi sich nur so selbst verletzen?!
 

Omi schüttelte den Kopf, sprang dann auf und folgte seinem Freund die Treppen nach oben bis zu seinem Zimmer, wo er die Tür geschlossen vorfand. Er holte noch einmal tief Luft, bevor er die Klinke hinunterdrückte und sein Zimmer betrat.
 

Nagi hatte sich in Omis Bett verkrochen, sein Gesicht in den Kissen vergraben und die Decke bis zu seinem Kopf hochgezogen, sodass Omi nur noch dem braunen Haarschopf seines Freundes sehen konnte. Er hörte Nagi leise schluchzen, was durch die Kissen gedämpft wurde, sah Nagis Körper selbst unter der dicken Decke zittern.
 

Der Blondschopf ging langsam auf sein Bett zu und ließ sich auf die Kante sinken. Er sah mit traurigem Blick auf seinen Freund hinab, bevor er seine Beine anzog und sich im Schneidersitz neben Nagis Körper positionierte.
 

„Nagi… hey, Nagi…“
 

Er sprach den Jüngeren erst an, bevor er eine Hand ausstreckte und Nagi durch die dichten Haare strich, um seinen Freund nicht mit der plötzlichen Berührung zu erschrecken.
 

Nagi jedoch wich seiner Hand aus und zog sich die Decke ganz über den Kopf, um sich Omis Hand und Blicken zu entziehen.
 

Omi versetzte das einen Stich in sein Herz, doch er war noch nicht gewillt, aufzugeben. Er wollte nicht, dass sich Nagi jetzt wieder vor ihm zurückzog, nur wegen seiner eigenen, unüberlegten Aktion.
 

Der Blondschopf griff nach der Decke und begann daran zu ziehen, um wenigstens Nagis Kopf wieder freizulegen.
 

Der Braunhaarige wehrte sich jedoch dagegen, indem er die Decke von innen festhielt und nicht einmal daran dachte, loszulassen.
 

Nach einiger Zeit ohne Erfolg ließ Omi schließlich doch los. Er sah verärgert und genervt auf seinen Freund unter der Decke hinab.
 

„Nagi, lass’ das, das ist kindisch! Bitte, ich möchte mit dir reden, also komm da jetzt raus.“
 

Omi konnte sehen, dass sich Nagis Klammergriff langsam aus der Bettdecke löste, bis sein Freund seinen Schutz völlig losgelassen hatte. Der Blondschopf griff nach der Decke und zog sie langsam nach unten, bis er Nagis Kopf wieder darunter auftauchen sehen konnte. Dann ließ er wieder los, denn wenn Nagi diesen

Schutz brauchte, wollte Omi ihn ihm nicht ganz wegnehmen.
 

Der Jüngere lag auch dem Bauch, sein Gesicht Omi zugewandt. Tränen liefen in Sturzbächen seine Wangen hinunter und benetzten Omis Kissen, Nagis Gesicht und seine Augen waren gerötet vom heftigen Weinen.
 

Der Blondschopf streckte seine Hand nach seinem Freund aus, um diesem die Tränen fortzustreichen, doch Nagi wich wieder zurück, sah Omi mit verzweifelten Blick an.
 

„Ich kann das nicht… es geht einfach nicht! Ich ertrage das nicht! Ich will mich dir nähern, aber ich kann es nicht!“
 

Omi versuchte Nagi zu unterbrechen, doch der Jüngere ließ ihn gar nicht zu Wort kommen.
 

„Was, wenn es immer so bleibt?! Wenn ich nie wieder in der Lage sein werde, deine Berührungen zu ertragen?! Was dann?! Wie soll das weitergehen mit uns?!“
 

Omi setzte erneut an, um etwas zu sagen, doch wieder würgte Nagi ihn ab, bevor er auch nur den Mund öffnen konnte.
 

„Wie soll das funktionieren?! Ich kann dir nichts mehr geben! Du kannst nichts mit mir anfangen, ich bin völlig ungebrauchbar! Es kann nicht mehr so werden wie früher, ich kann deine Berührungen nicht mehr ertragen! Ich weiß nicht, ob du mich jemals wieder zu etwas anderen als umarmen gebrauchen kannst! Ich kann es nicht, auch wenn ich es so gerne will! Es geht einfach nicht, ich habe es eben versucht, und es hat nicht geklappt! Ich musste mich zwingen, dich überhaupt anzufassen! Sag mir, wie soll das gehen?! Sag es mir!“
 

Der Blondschopf sah seinen Freund mit geweiteten Augen an, als er die verzweifelte, panische Stimme Nagis hörte. Er konnte darauf nichts erwidern, er wusste einfach nicht, was er hätte sagen können, das die Situation hätte besser machen können. Er konnte nur tatenlos zusehen, wie Nagi langsam zu hyperventilieren begann. Seine Stimme wurde hektischer und schriller, die Pupillen in seinen Augen verengten sich in seiner Panik immer weiter, bis sie nur noch winzige Punkte waren. Sein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub und an seinen Wangen liefen Tränen in Sturzbächen hinunter.
 

Omi spürte, wie die ganze Situation außer Kontrolle geriet. Aus seiner Kontrolle geriet. Er fühlte sich mit einem Mal total überfordert, die ganzen Probleme schienen ihn zu erdrücken, erstickten ihn langsam. Und er konnte nichts dagegen tun. Gar nichts.
 

„Was wirst du tun, wenn wir nie wieder miteinander schlafen können?! Wenn wir nie wieder körperlichen Kontakt haben werden?! Wirst du mich dann verlassen?!“
 

Dieser letzte Satz war für Omi wie ein Schlag ins Gesicht. Der Blondschopf konnte nicht glauben, was er da eben gehört hatte. Er schnappte nach Luft und versuchte die Tränen zurückzuhalten, die ihm in die Augen schossen.
 

„Was hast du eben gesagt?“
 

Seine Stimme zitterte und erste Tränen rannen über seine Wangen.
 

„Wirst du mich verlassen, wenn du nicht mehr mit mir schlafen kannst?! Würdest…“
 

Er konnte den nächsten Satz nie zu Ende sprechen, denn Omi hatte einen Arm gehoben und Nagi mit der flachen Hand auf die Wange geschlagen.
 

Stille.
 

Nagi sah Omi mit geweiteten Augen an, er konnte nicht fassen, was der Blondschopf gerade getan hatte.
 

Er saß dort, die Decke um seinen Unterkörper geschlungen und starrte Omi an, bevor er eine Hand hob und sie an seine Wange legte, die sich bereits zu röten begann.
 

Omi war wütend. Er verspürte eine blinde Wut Nagi gegenüber, die ihn zu seiner Aktion getrieben hatte. Er hatte die Hand immernoch erhoben und senkte sie erst jetzt.
 

Der Blondschopf sah Nagi in die Augen, welche ihn einfach nur fassungslos ansahen.
 

Dann schien Nagi plötzlich erkannt zu haben, was eben geschehen war, und er erhob sich vom Bett, um sich dann umzudrehen, von Omi weg.
 

Er wollte gerade den ersten Schritt machen, als er plötzlich grob zurückgerissen wurde und rücklings auf dem Bett landete. Sofort war Omi über ihm, kniete zu beiden Seiten seiner Hüften und drückte Nagis Handgelenke über dessen Kopf auf die Matratze.
 

Nagis Augen weiteten sich vor Angst und er begann sich heftig zu winden, versuchte unter Omi herauszukommen und sich von seinen Händen loszumachen, doch diese hielten ihn wie zwei Schraubstöcke fest. Sein Körper verspannte sich total und seine Gedanken wurden von blinder Panik geleitet. Er kniff seine Augen fest zusammen und begann den Kopf hin und her zuwerfen.
 

„Nicht! Lass mich los! Lass mich los, Omi! Bitte, lass mich gehen!“
 

Omi jedoch rührte sich überhaupt nicht. Er sah nur auf Nagis vor Angst verkrampften Körper, wie er versuchte sich zu befreien. Es machte ihn wütend. Er hätte am liebsten blind auf Nagi eingeprügelt, damit dieser endlich verstand. Damit er endlich verstand, dass er ihm nichts tun würde, und dass er ihn nicht verlassen würde, nur weil sie keinen Sex mehr haben konnten.
 

Nagi wand sich weiter unter Omi, der sich immernoch nicht rührte, und verstummte erst mit seinem Flehen, als etwas nasses, warmes auf sein Gesicht fiel.
 

Er schlug die Augen auf und sah zu Omi hoch, der ihn aus seinen blauen Augen anstarrte. Sie waren tränenverschleiert, und immer neue rannen über Omis Wangen, bis sie schließlich herunterfielen, auf die Matratze, oder eben auf Nagi.
 

Omi sah auf Nagi hinunter, bevor er seine zitternden Lippen öffnete. Seine Stimme war leise und kaum mehr als er Wispern, doch Nagi konnte jedes Wort verstehen.
 

„Warum fragst du so etwas? Warum? Hast du es immernoch nicht begriffen? Es ist egal, was passiert, ich werde immer zu dir stehen. Selbst wenn ich dich nie wieder anfassen dürfte, ich würde dich nie verlassen. Niemals würde ich dich allein lassen mit deinen Problemen, und ich versuche dir zu helfen. Aber du begreifst das nicht. Du vertraust mir nicht. Wenn du mir vertrauen würdest, würdest du mir glauben, dass es mir nicht um Sex und anderen körperlichen Kontakt geht. Das ist im Moment völlig unwichtig, nur eine Nebensache. Mir geht es um etwas anderes. Um Vertrauen. Darum, das du bei mir bist, deine reine Anwesenheit. Um Liebe. Verstehst du? Liebe. Liebe und Sex sind zwei verschiedene Sachen. Ich weiß nicht, ob dir den Unterschied schon mal jemand erklärt hat, aber wenn ja, hast du es nicht verstanden. Sex ist körperlich, er hat mit Liebe wenig zu tun. Paare, die sich lieben, haben Sex, weil es ihnen gefällt. In diesem Fall ist Sex die Folge von Liebe. Es gibt jedoch noch andere Arten von Sex. Der Gekaufte zum Beispiel. Oder das, was dir angetan worden ist. Aufgezwungen und ohne Einwilligung des einen Partners.“
 

Omi konnte Nagi zusammenzucken sehen, als er die letzten Worte sagte, doch er beachtete es nicht. Er musste das jetzt sagen, sonst würde es wirklich nicht mehr lange so weitergehen.
 

„Was ich jedoch will, ist Liebe, und da spielt Sex nur eine unwichtige Nebenrolle. Ich brauche keinen Sex, ich will keinen Sex, solange du nicht freiwillig mitmachst. Und da bringen solche Aktionen wie die von vorhin gar nichts. Du kannst dich nicht zwingen, du kannst die Wunden nicht schneller verheilen lassen, du reißt sie bloß noch tiefer. Du vergrößerst deine Leiden nur, indem du dich dazu zwingst. Das ist einfach falsch, und so will ich es nicht. Du musst dich dabei wohl fühlen, und das ist nun mal zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Nagi, es ist gerade mal zwei Tage her. Zwei Tage. Es gibt Opfer, die Jahre brauchen, um überhaupt wieder jemand in ihrer Nähe ertragen zu können. Dass du mich jetzt schon wieder so weit an dich herangelassen hast, hat mich sehr überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, ich dachte, es würde noch viel länger dauern. Aber ab jetzt wird das anders. Ich lasse nicht mehr zu, dass du dich zu etwas zwingst, womit du dir wehtust. Du hast doch Zeit, Nagi, alle Zeit der Welt, warum nimmst du sie dir nicht? Ich kann warten, Nagi, bis du wieder bereit für die Nebensachen bist.“
 

Nagis Lippen begannen zu zittern, seine braunen Augen sahen wie hypnotisiert in Omis, als würde er jetzt endlich glauben, was Omi ihm sagte. Der Blondschopf hatte heute schon bestimmt zwei Mal dasselbe gesagt wie jetzt, doch Nagi schien es trotzdem nicht verstanden zu haben. Wenn er es jetzt immernoch nicht verstand, oder es nicht verstehen wollte, konnte Omi ihm auch nicht mehr helfen.
 

„Nur, bist du auch bereit, es endlich zu überwinden? Ich weiß, du hast Angst damit konfrontiert zu werden, aber anders geht es nicht. Sonst kommst du nicht darüber hinweg. Wenn du bereit bist, es langsam angehen zu lassen, auch wenn dies schmerzhaft ist, der Weg mit der Gewalt ist viel schmerzhafter. Ich weiß, dass du es schaffen kannst, aber du brauchst Geduld. Es geht nicht von heute auf morgen, auch wenn du es gerne so hättest. Mit wäre es auch lieber, wir können wieder so miteinander umgehen wie früher, doch das ist eben nicht möglich im Moment. Und du musst das akzeptieren. Ich frage dich jetzt ein letztes Mal, und danach nie wieder. Nimmst du meine Hilfe an? Vertraust du mir, sodass du mich dir helfen lässt, auch wenn es lange dauern und schmerzhaft sein wird? Willst du dafür kämpfen, dass es wieder so wird wie früher? Du hast jetzt die Wahl. Entweder du sagst ja und ich werde dir helfen so gut ich kann, oder du sagst nein und ich rühre dich nie… wieder… an.“
 

Er stockte bei seinen letzten beiden Wörtern, denn Nagi hatte seine Arme aus Omis Griffen, die am Schluss seiner Rede sehr locker geworden waren, herausgewunden und seine Arme um Omis Hals geschlungen, presste ihn fest an sich. Er wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt und weinte hemmungslos in Omis Halsbeuge.
 

Der Blondschopf schlang seine Arme ebenfalls um Nagi, doch er drückte ihn nicht fest an sich. Noch hatte sich Nagi nicht entschieden, welchen Weg er wählen würde.
 

In eben diesem Moment hörte er ein leises, geschluchztes Wort an seinem Ohr.
 

„…ja…“
 

Eine riesige Welle der Erleichterung flutete durch Omis Körper und er drückte Nagi an seinen Körper. Er schloss seine Augen und vergrub sein Gesicht in Nagis Haaren, während er ihm langsam und beruhigend über den Rücken streichelte.
 

„Danke, Nagi… danke dafür, dass du mir endlich eine Chance gibst… aber denke daran, das war das letzte Mal. Ich kann dir nicht helfen, wenn du kein Vertrauen zu mir hast. Also überlege dir gut, ob du mich noch einmal fragen willst, ob ich dich verlassen würde, wenn du nicht mehr mit mir schlafen kannst.“
 

„Werde ich… ich werde dich nicht noch einmal enttäuschen… es tut mir so Leid, Omi…“
 

„Nein Nagi, mir muss es Leid tun…“
 

Omi hob den Kopf, löste das Gesicht seines Freundes aus seiner Halsbeuge und sah ihn an. Seine Augen waren rot und verweint, doch das, wofür Omi sich entschuldigen wollte, war noch viel röter…
 

Er ließ seine Fingerspitzen der rechten Hand ganz vorsichtig über Nagis Wange streichen.
 

„…dafür. Ich hätte dich niemals schlagen dürfen. Ich habe die Kontrolle verloren, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass du immernoch nicht verstanden hattest, was ich will. Was ich von dir will. Doch ich glaube, jetzt ist es vielleicht doch in deinen Dickschädel reingegangen… aber es tut mir trotzdem Leid. Ich mache das wieder gut, versprochen.“
 

Nagi sah nur zu Omi hoch, bevor er ein winziges Lächeln auf seine Lippen zauberte.
 

„Ich habe verstanden, es war diesmal sehr deutlich. Ich dachte, ich hätte es vorhin schon verstanden, aber dem war wohl nicht so. Es ist einfach aus mir heraus geplatzt, weil ich so eine Angst hatte, dass ich wieder alleine wäre, wenn du nicht mehr da wärest, und…“
 

Omi schüttelte den Kopf und legte Nagi einen Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen.
 

„Diese Option gibt es nicht. Du wirst nicht mehr alleine sein, bis zu meinem Tod nicht. Ich verspreche dir hiermit, dich nie zu verlassen, egal was passiert. Es sei denn, es ist dein Wunsch.“
 

„Das wird nicht passieren, Omi… ich will, dass du immer bei mir bleibst. Denn… ich liebe… dich…“
 

Der Blondschopf sah seinen Freund warm an und schenkte ihm ein intensives Lächeln.
 

„Ich dich auch, für immer und ewig.“
 

Damit beugte sich Omi vor und gab Nagi nur einen winzigen Kuss auf die Stirn. Sein Freund zuckte nicht zurück, genauso, wie es vor der Kuss-Aktion gewesen war. Es hatte sie also nicht zurückgeworfen, hatte nichts zerstört, was Omi in den letzten beiden Tagen so mühsam aufgebaut hatte.
 

Der Blondschopf ließ sich neben Nagi auf das Bett sinken und rollte sie dann herum, sodass Nagi halb auf seinem Körper lag. Er hob eine Hand und strich damit Nagi seine Ponysträhnen aus dem Gesicht, während der andere Arm um die Hüfte seines Freundes liegen blieb. Er sah dem Braunhaarigen in die Augen, die immernoch rot vom Weinen waren.
 

„Was sollen wir jetzt machen? Wieder runter gehen? Gibt es irgendwas, was du machen möchtest?“
 

Nagi nickte leicht und kuschelte sich an Omi, bevor er die Augen schloss.
 

„Hier bleiben. Einfach hier bleiben und vielleicht… etwas spielen? Go vielleicht? Hast du das?“
 

Omi nickte, bevor er sich von Nagi losmachte und aufstand, um das gewünschte Spiel zu holen. Er ging zu seinem Schriebtisch hinüber und holte die Schachtel, die er dort in einer Schublade aufbewahrte, um damit zum Bett zurückzukehren. Er ließ sich Nagi gegenüber auf die Matratze sinken und öffnete dann die Schachtel, um das Spiel herauszuholen und aufzubauen.
 

Sie spielten eine ganze Weile Go, mehrere Partien, und letztendlich hatten sie Gleichstand. Omi lächelte Nagi an, und dieser lächelte zurück.
 

„Du bist ganz schön gut, Nagi.“
 

„Du aber auch. War richtig schwer, überhaupt mal zu gewinnen.“
 

„Ging mir genauso. Aber nur so macht das Spaß. Gegen Youji oder Ken habe ich immer gewonnen, und gegen Aya habe ich noch nie gespielt. Ich glaube, er hält das für kindisch.“
 

Nagis Augen wurden bei der Erwähnung vom Rest von Weiß wieder traurig, doch Omi ließ ihn gar nicht erst wieder darüber nachdenken.
 

„Ist schon gut, Nagi, sie werden dir nichts tun. Wir werden schon eine Lösung finden, damit du hier bleiben kannst. Ich lasse dich nicht wieder weg. Und jetzt vergiss es, noch sind sie nicht wieder da.“
 

Omi machte sich daran, das Spiel ein- und wegzuräumen, bevor er sich wieder neben seinem Freund auf das Bett sinken ließ.
 

Dieser hatte den Kopf gesenkt und der Blondschopf streckte eine Hand aus, um eine von Nagis Händen in seine eigenen zu nehmen.
 

Der Jüngere hob daraufhin seinen Kopf wieder und Omi konnte sehen, wie aus seinen Augen jeweils eine einzelne Träne perlte.
 

Er sah seinen Freund traurig an, bevor er sich vorbeugte und ganz sanft die beiden Tränen von Nagis Wangen küsste, um sich dann wieder zurückzuziehen.
 

„Nagi… was hast du?“
 

Der Braunhaarige sah seinen älteren Freund an, bevor er den Blick abwandte.
 

„Ich… habe Angst vor morgen…“
 

„Ach Nagi…“
 

Omi beugte sich erneut vor und schlang seine Arme um Nagis schlanken Körper, um ihn an sich zu drücken.
 

„Musst du nicht, ich bin doch bei dir. Ich werde dich beschützen. Dir wird nichts passieren, das verspreche ich.“
 

Nagi ließ sich in die Umarmung seines Freundes sinken und danach von ihm auf die Kissen betten, woraufhin sich Omi wieder zurückzog. Er wollte nicht über Nagi gebeugt verweilen, wenn das seinem Freund Angst machte.
 

Nagi sah zu dem Blondschopf hinauf, der neben ihm auf der Matratze saß, sich aber in diesem Moment vom Bett erhob. Der Braunhaarige sah ihn verwirrt an, bevor er sich wieder aufsetzte.
 

„Wo gehst du hin?“
 

„Ich will bloß zwei Schlafanzüge aus meinem Schrank holen und danach noch mal kurz runter, um die Waschmaschine anzumachen, sonst haben wir morgen nichts zum Anziehen. Aber ich beeile mich, du kannst hier bleiben.“
 

Nagi sah ein wenig ängstlich zu seinem Freund hinüber, und dieser kehrte mit zwei Schlafanzügen in den Händen zum Bett zurück.
 

„Keine Angst, ich bin in zwei Minuten wieder hier. Hier ist niemand, der dir etwas tun könnte, und außerdem hast du das Schutzschild.“
 

Der Jüngere nickte zögerlich und Omi lächelte, bevor er sich umdrehte und sein Zimmer verließ.
 

Er war wirklich schon nach zwei Minuten wieder oben und betrat sein Zimmer wieder, das er eben verlassen hatte.
 

Drinnen hatte sich Nagi wieder Musik angemacht, diesmal allerdings nicht die CD, die sie in den letzten beiden Tagen gehört hatten. Er hatte sich umgezogen und saß jetzt auf Omis Bett, in die Decke gewickelt und sah zur Tür, durch die Omi den Raum gerade wieder betreten hatte.
 

Omi lächelte, als er die CD erkannte, die Nagi sich angemacht hatte. Er ging auf seinen Freund zu und setzte sich zu ihm auf sein Bett.
 

„Magst du Eminem auch so gerne wie ich?“
 

Nagi nickte und Omi beugte sich vor, um seinem Freund einen leichten Kuss auf die Stirn zu geben und griff dann nach seinem Schlafanzugoberteil, bevor er sich sein Hemd abstreifte und dieses anzog. Danach öffnete er den Kopf und Reißverschluss seiner Jeans und zog dieser ebenfalls aus, bevor er seine Beine anzog und nun im Schneidersitz neben seinem Freund saß.
 

Der Braunhaarige war während sich Omi umgezogen hatte, nicht zurückgewichen und auch nicht zusammengezuckt, was Omi mit einiger Erleichterung bemerkte. Er streckte seine Hände aus und zog die Decke von Nagis Körper, bevor er leicht gegen seine Schultern drückte, um ihm zu zeigen, dass er sich hinlegen sollte.
 

Nagi verstand und ließ sich auf die Matratze sinken, wo Omi die Decke über ihn legte und dann selbst darunter kroch, um die Arme um Nagi zu schlingen und ihn an sich zu drücken.
 

Der Jüngere kuschelte sich an den Blondschopf und vergrub sein Gesicht in Omis Halsbeuge, während dieser eine Hand hob und durch Nagis weiche Haare streichelte.
 

„Gute Nacht, Nagi.“
 

„Auch gute Nacht…“
 

Die Stimme des Braunhaarigen klang schon schläfrig und der Blondschopf wunderte sich nicht, dass Nagi schon eine Minute später eingeschlafen war.
 

Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es schon halb zwölf war.
 

Er seufzte leise und für einen Moment musste er wieder an seine Teamkameraden denken, die morgen nach Hause kommen würden, doch er schob diese Gedanken sofort zur Seite. Er wollte die letzten Stunden mit Nagi alleine noch genießen, ohne dass er an den Moment denken musste, in dem alles herauskommen würde.
 

Omi schmiegte sich an Nagi und schloss dann ebenfalls die Augen, um einige Minuten später ebenfalls einzuschlafen, die einzigen Geräusche im Raum Nagis leise Atmung und die leise Musik, die sie vergessen hatten auszumachen.
 

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