Göttlich
Hallo Ihr Lieben :-)!
Es hat lange gedauert, aber hier ist es jetzt: Kapitel 19 :-).
Es ist nicht besonders spektakulär, aber ich hoffe, Ihr mögt es trotzdem ein bisschen^^.
Wann das nächste Kapitel kommt, kann ich Euch leider nicht sagen, weil ich im Moment wirklich ne Menge zu tun habe *schluchz*. Aber ich werde mein Bestes geben :-).
Heute fällt mir keine Kapitelwidmung ein, also lass ich es^^. Fühlt Euch alle gegrüßt :-).
Einen schönen Mittwoch und viel Spaß beim Lesen!
BlueMoon :-)
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Piep Piep, Piep Piep
Der Wecker begann sein grässliches Geschrei an diesem Dienstag schon um halb sieben. Unerbittlich und grausam zerrte der nervenzerfetzende Lärm David aus den Untiefen des warmen – wirklich wunderbar warmen! – Schlafs und holte ihn in die kalte, finstere Realität.
Piep Piep, Piep Piep
„Scheiße...,“ krächzte Davids Zunge in sein Kopfkissen, während sein müdes Hirn sich langsam und gähnend hochfuhr. Er streckte einen Arm aus und tastete nach dem Wecker auf dem Fußboden, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Piep Piep, Piep Piep
Er fasste mitten in ein Häufchen Dreck auf einer harten, kalten und klebrigen Scheibe.
Piep Piep, Piep Piep
„Urgh...!“, machte er angeekelt, riss seine Hand aus ihrer widerwärtigen Lage und wischte sie am Laken ab. Er zwang sich den Kopf zu heben und die erschöpften Augen zu öffnen.
Piep Piep, Piep Piep
Er blinzelte durch die matte, neblige Dunkelheit im Zimmer. Die Sonne war noch nicht aufgegangen.
„Igitt!“, stieß David beim Anblick des Aschenbechertellers heiser hervor.
Piep Piep, Piep Piep
Er ächzte und rutschte nach vorn, um nach dem Höllengerät greifen zu können. Doch bevor er ihn erreicht hatte, hielt er mitten in der Bewegung inne. Die Bettdecke bedeckte ihn kaum. Seine Beine lagen frei auf der Matratze. David starrte auf seine Füße.
Piep Piep, Piep Piep
Er hatte in Jeans geschlafen? Und wieso, ZUM TEUFEL, trug er denn noch seine Schuhe?
Piep Piep, Piep Piep
Da vernahm er eine Stimme neben sich. Leicht hysterisch und rau vor Müdigkeit:
„Kannst du bitte, bitte endlich den Wecker ausmachen?!“
Piep Piep, Piep Piep
David fuhr herum und erstarrte zu Stein.
Sascha lag hinter ihm. Auf der Seite. Seine Haare waren verstrubbelt und seine Hände hatte er mit gequälter Miene auf seine Ohren gepresst.
Piep Piep, Piep Piep
„Was machst du denn hier?!“, keuchte David voller Entsetzen, bevor sein Hirn die Chance hatte richtig nachzudenken.
Piep Piep, Piep Piep
„Der Wecker, David, bitte!“, ächzte Dings zurück.
Piep Piep, Piep Piep
David sperrte den Mund auf.
Piep Piep, Piep Piep
Dann überlegte er es sich anders und warf sich herum, dem Wecker entgegen. Er zielte und schlug zu.
Piep Pie–
Stille trat ein. Sascha stöhnte auf vor Erleichterung.
„Endl–,“
„Was machst du hier?“, fauchte David erneut und entfernte sich hastig eine Zentimeter von dem anderen Körper in SEINEM Bett. Mit einem Schlag wurde ihm klar, warum genau er trotz der mangelnden Bettdecke in der Nacht nicht gefroren hatte.
„Ich würde hier noch schlafen, wenn dein dummer Wecker nicht geklingelt hätte...,“ antwortete Mr. Schlafmütze-Langschläfer-Morgenmuffel matt und schloss seine Augen wieder. Er schmiegte seinen Kopf ungerührt in das Kissen, das er in der letzten Nacht offensichtlich mit David geteilt hatte.
„Du würdest...?“, stotterte David mit offenem Mund, „Wie? Hier? Schlafen? Was...?“
Es war, als würde sein Gehirn sehr schnell zurück spulen: Küssen. Kiffen. Reispfanne. Stille Nacht, heilige Nacht. Gewitter.
Oh, Gott. Einen Moment, bitte. Wie war das gerade gewesen?
Küssen?
Oh, Gott.
Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen. Küssen.
Oh, Gott.
„Oh, Gott...,” sprach David dumpf seine Gedanken aus und sein Herz sprang in drei Sekunden von Null auf Hundert.
Er hatte Sascha geküsst. Nein, er hatte mit Sascha geknutscht. Die halbe Nacht lang. Ohne Unterbrechung. Und er hatte mit ihm in einem Bett geschlafen. Unter einer Decke. Auf einem Kissen. Er war neben ihm aufgewacht. Okay, komplett bekleidet – wortwörtlich von Kopf bis Fuß –, aber trotzdem...
Oh, Gott.
Er hatte Sascha geküsst. Richtig und freiwillig. Mit Zunge und Herzklopfen und allem drum und dran. Und – jetzt kam das Schärfste – er bereute es nicht! Nicht mal ein bisschen. Gar nicht. Überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil.
Es war schön gewesen und David erinnerte sich so klar an alles, als hätte sein Hirn jedes Detail, jede Sekunde, jeden Herzschlag genau protokolliert. Das war der Vorteil und zugleich der Nachtteil an Gras gegenüber Alkohol. Wenn man gekifft hatte, konnte man sich nicht selbst erzählen, man könne sich an nichts mehr erinnern.
Doch David wollte sich ja erinnern. Und er erinnerte sich. An Saschas Duft, an seine Zärtlichkeit, seine fehlenden Berührungen, die David mehr berührt hatten als jede stürmische Umarmung. Er erinnerte sich an seine eigenen Empfindungen. An die Wärme, die ihn durchflutet hatte, an sein Verlangen, an sein...Glücksgefühl.
Oh, Gott.
Während David noch mit offenem Mund in die Untiefen der Erinnerungen blickte und sich dann langsam selbst die Stirn fühlte, um zu überprüfen, ob er vielleicht Fieber hatte, robbte Mr. Ich-Bin-Selbstverständlich-Kein-Stück-Irritiert zufrieden lächelnd wieder näher an ihn ran und schlang ihm einen Arm und die Taille
„Na, mein Liebling...?“, säuselte er, „Ist es dir wieder eingefallen?“
„So kann man das sagen...,“ murmelte David und sah dumpf auf Saschas verschlafene, aber strahlende Miene hinab.
„Oh, Gott...,“ wiederholte er bei diesem Anblick tonlos.
„Das sagtest du schon...,“ schnurrte Dings schläfrig und schmiegte seinen Kopf an Davids Bauch, „Und jetzt leg dich wieder zu mir und lass uns ein bisschen kuscheln...,“
Ähm, was? Kuscheln?
David starrte ihn an. Plötzlich wurde ihm sehr heiß.
Es war Dienstag. Halb sieben Uhr morgens. Er hatte Nachtschicht. Sascha lag in seinem Bett und wenn einer der Anderen ihn hier entdecken würde...
Davids Augenbraue zuckte.
„Bist du bescheuert?“, zischte er schneidend und schüttelte Saschas Arm unwirsch ab, „Ich habe Nachtschicht, falls es dir entfallen ist!“
„Na, und...?“, schmollte Dings und sah ihm dabei zu, wie er hastig aufstand und auf dem Weg zum Fenster in den zweiten Teller trat.
„Nix, na und!“, raunzte David, riss das Fenster auf und hielt sein erhitztes Gesicht in die kalte, klare Luft, die sogleich herein wehte, „Ich muss arbeiten und du,“ fauchte er und drehte sich wieder zu Sascha um, „Raus aus meinem Bett! Sofort! Wenn dich hier einer findet!“
Mr. Komm-Kuscheln starrte ihn mit großen Augen an.
„Wie, raus? Wer soll mich hier finden? Es ist mitten in der Nacht...,“
David schnaubte laut.
„Es ist halb sieben Uhr morgens!“
„Sagte ich doch...!“, zeterte Sascha und betrachtete ihn vorwurfsvoll, „Ich geh nicht raus. Erst wenn du gekommen bist und mir einen Guten-Morgen-Kuss gegeben hast.“
David funkelte ihn böse an.
„Also gut...,“ sagte er dann betont liebenswürdig, schritt zum Lichtschalter hinüber und knipste die Deckenlampe an (Mr. Ich-Will-Einen-Guten-Morgen-Kuss wimmerte und versteckte sein Gesicht unter der Bettdecke), „Dann eben so!“
David marschierte auf das Bett zu, packte Saschas linkes Bein und zog.
„Waaaaahhhhh!“, heulte Dings, während David ihn unbarmherzig und unter einigen Anstrengungen zum Bettrand schleifte, „Daviiid! Was soll denn da– Au!“
Mit einem Plumps landete Mr. Waaahhh mitsamt Bettdecke auf dem Fußboden. David rieb sich die Hände und baute sich mit grimmigem Blick über ihm auf.
„Raus aus meinem Bett!“, knurrte er bedrohlich, „Raus aus meinem Zimmer!“
Sascha zog einen Moment lang eine beleidigte Schnute. Dann breitete sich wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
„Du siehst wundervoll aus von unten!“, trällerte er, „Das ist mir noch nie aufgefa–,“
„Ich warne dich!“, presste David zwischen seinen Zähnen hindurch hervor.
„Wovor?“, fragte Dings scheinheilig.
„Ich schleife dich bis in dein Zimmer!“
„Ich finde es bewundernswert, wie aktiv du schon so früh am Morgen bist.“
David starrte ihn an.
Ganz ruhig..., sagte er zu seinem kochenden Blut, während Dings ihn munter anstrahlte, Ganz ruhig... Lass dich nicht provozieren. Alles ist okay...
„Okay...,“ sagte David langsam und deutlich und mit seiner angeborenen, kompetenten Autorität, „Ich werde jetzt duschen gehen und wenn ich zurück komme, will ich, dass du in deinem eigenen Bett liegst.“
„Aber da ist es kalt...,“ empörte sich Dings.
Da war sie hin, seine Autorität.
„Mir egal!“, brauste David auf und ballte die Fäuste.
„Du bist grausam!“, jammerte Mr. In-Meinem-Bett-Ist-Es-Kalt.
„Ist mir auch egal!“, schnappte David, „Du hast zehn Minuten!“
Dann drehte er sich auf dem Absatz um, rauschte aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
Haha, ein sauberer Abgang, in der Tat.
Im Badezimmer angekommen, schloss David die Tür hinter sich und knipste das Licht an. Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust zu duschen. Wieso auch? Er würde eh gleich arbeiten müssen, da machte das gar keinen Sinn. Außerdem...könnte er die Zeit auch anders nutzen... Er könnte zum Beispiel wieder in sein Zimmer gehen und überprüfen, ob Sascha seiner Aufforderung schon gefolgt war.
Er sah in den Spiegel und David Spandau erwiderte seinen Blick. Seine blonden Locken waren wirr und verknotet, seine Augen funkelten sonderbar. Seine Lippen schimmerten auffällig rot, schienen von innen heraus zu leuchten und hatten sich zu einem strahlenden Lächeln verzogen.
Verdutzt starrte David sein Spiegelbild an. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er gelächelt hatte. Langsam hob er eine Hand und betastete behutsam seinen Mund. Er war heiß und schwelgte noch immer in Erinnerungen. An Erinnerungen an den vergangenen Abend.
„Verräter!“, zischte David seinem Mund zu.
Der grinste nur fröhlich.
Kurz nach sieben betrat David den Tierbetrieb und machte sich an die Arbeit. Er schloss die beiden Eisentore auf dem Gelände auf, sah überall nach dem Rechten und schaltete dort das Licht an, wo es durch Marks Zeitschaltuhr noch nicht von selbst angegangen war. Anschließend begab er sich in die Futterküche, trug sich als Erster ins Tagesprotokoll ein und begann mit dem Säuberungsmarathon.
Während seine Hände schwarze Wannen ausschrubbten, Igel wogen und neues Futter anmischten, war sein Mund ununterbrochen zu einem Lächeln verzogen und seine Gedanken drehten sich nur um eine Sache.
Natürlich hatte er sich gefragt, ob die Nacht auch ohne Joint so verlaufen wäre. Hätte er sich von Sascha küssen lassen, wenn er klar im Kopf gewesen wäre? Und wenn ja, auch auf die Art? Hätte er Sascha hinterher aus dem Zimmer geschmissen und es bereut? Und... War das alles überhaupt wichtig?
Es war zu spät. Was passiert war, war passiert. Joint hin, klar im Kopf her. Sie hatten sich geküsst und...der Gedanke gefiel David immer besser.
Wieder und wieder schwammen die Einzelheiten der vergangenen Nacht an seinem inneren Auge vorbei. Die Luft in der Futterküche schien Saschas Duft anzunehmen und den Igelmuff zu verdrängen. Tief inhalierte David die Illusion, hörte wieder Saschas leise, sanfte Worte, spürte seine Lippen...
„Hallo? David? Träumst du?“
David zuckte zusammen und kehrte in die Wirklichkeit zurück. Seine Chefin stand vor ihm und musterte ihn, halb missbilligend, halb belustigt.
Oh, Gott.
Hastig stand David auf, wischte sich die Locken aus den Augen und spürte, wie er rot anlief. Er hatte gar nicht bemerkt, dass es schon kurz vor halb neun war.
„Entschuldige, Bettina...,“ sagte er eilig und ziemlich verlegen, „Ich war in Gedanken.“
„Das habe ich bemerkt,“ schmunzelte Bettina nachsichtig und sah sich in der Futterküche um, „Wie weit bist du?“
„Ich bin...äh...,“ er blickte sich ebenfalls um und bemerkte milde verdutzt, dass er schon an der letzten Box arbeitete, „...fast fertig... Nur noch dieser Igel und dann wollte ich noch kurz durchfegen.“
„Sehr schön!“, erwiderte Bettina und lächelte ihm anerkennend zu, „Sind gestern Abend noch irgendwelche Tiere gekommen?“
„Nee, war alles ruhig.“
„Gut, dann geh ich rüber und schicke dir Hilfe.“
„Okay.“
Sie schenkte ihm ein letztes Lächeln, dann verließ sie die Futterküche wieder.
Wenige Minuten später – David fegte gerade die Strohreste in einer Ecke zusammen – öffnete sich die Tür der Futterküche erneut, Stimmengewirr schwappte herein. Zu seiner Verlegenheit beschleunigte sich schlagartig sein Herzschlag und voller Aufregung starrte er zur Tür. Nacheinander betraten seine Kollegen die Futterküche und begrüßten ihn mehr oder weniger enthusiastisch. Erst Freddy, Sebastian und Eric, dann Miriam und Ben.
Beruhige dich!, befahl David sich selbst und kämpfte gegen die aufkommende Enttäuschung an, Der kommt doch eh nicht. Der ist in sein Zimmer gegangen und wieder eingeschlafen. Der kommt frühestens in zwanzig Minuten.
Kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, öffnete sich die Tür ein letztes Mal und Linda drängte sich in die Futterküche, dicht gefolgt von...Mr. Scheiße-Seh-Ich-Gut-Aus.
Davids Herz verschluckte sich unwillkürlich an seinem eigenen Herzschlag und er griff den Besenstiel etwas fester, um nicht vor Überraschung und Freude das Gleichgewicht zu verlieren. Er war wirklich hier und er strahlte ihn an, mit der ganzen Kraft eines Atomkraftwerks.
Oh, Gott.
„Guten Morgen, David!“, begrüßte Linda ihn lächelnd und stellte sich an der Tagesprotokoll-Eintrags-Schlange an.
„Morgen...!“, sagte David zum dritten Mal und klang mit einem Mal etwas heiser.
„Du siehst so erstaunt aus...,“ grinste Dings und stellte sich hinter sie, „Hättest wohl nicht erwartet mich zu sehen, was?“
David grinste zurück und fuhr fort, den Boden zu fegen.
„Ich bin’s halt nicht gewohnt, dass du auch pünktlich kommen kannst...,“
Sascha schnaubte pikiert. Die Anderen lachten.
„Ich glaube, das hat uns heute alle überrascht...,“ meldete sich Freddy rau zu Wort und schmunzelte schief.
„Jaah, sorry...,“ antwortete Dings und errötete tatsächlich etwas, „Ich schwöre Besserung. Vielleicht sollte ich meinen Wecker ab jetzt immer um halb sieben klingeln lassen...,“
„Halb sieben? Wieso hat er heute so früh geklingelt?“, fragte Miriam und setzte ihren Namen unter den von Eric.
David erstarrte in seiner Arbeit und warf Mr. Wessen-Wecker-War-Das-Doch-Gleich? einen scharfen Blick zu.
Oh, Gott. Bitte nicht.
„Muss ihn falsch gestellt haben...,“ erwiderte Dings munter und lachte, „Irgendwie war ich gestern Abend etwas...benebelt...,“
Erleichterung strömte durch Davids Adern und als Sascha ihm grinsend zu zwinkerte, zwinkerte er tatsächlich zurück.
Eine Stunde später befand David sich allein im Futtermittellagerraum – in dem sämtliche Trockenfuttersäcke auf Regalen aufbewahrt worden – und suchte nach den dreißig Katzenfutterdosen, die letzten Freitag geliefert worden waren. Die Tür zum Gang hatte er offen gelassen, da man in diesem engen Kämmerchen sonst Gefahr lief Platzangst zu kriegen. Fluchend wühlte er zwischen den unterschiedlichen Futterrealien und fand das Katzenfutter endlich hinter den riesigen und schweren Taubenfuttersäcken. Er fragte sich gerade säuerlich, welcher hirnrissige Vollpfosten die Dosen ausgerechnet dahinter verstaut hatte, als eine Gestalt um die offene Tür herum geschlichen kam, zu David in den Raum huschte und die Tür anschließend hinter sich zuschlug.
„Was zum–,“ begann David erschrocken, als sich jähe Finsternis in dem winzigen Zimmer ausbreitete und er hörte, wie jemand von innen abschloss.
„Ich komme dich zu holen...,“ knurrte eine verstellte Stimme, die David auf der Stelle erkannte und seinen Magen zum Wirbeln brachte.
„Sehr witzig, du Trottel!“, fauchte er über sein erwachtes Herzrasen hinweg, „Mach gefälligst das Licht an!“
Er hörte den bekannten Unbekannten kichern und einen Augenblick später flackerte die uralte Funzel an der Decke auf und erhellte den Futtermittellagerraum mit ihrem spärlichen Licht. Grimmig musterte David seinen Besucher, der ihn ganz gegen seine Gewohnheit breit anstrahlte.
„Hi...!“, sagte Sascha schlicht.
„Hi...,“ echote David brummig, „Was, zur Hölle, willst du hier?“
„Na, was wohl?“, fragte Dings zurück und warf seine Arme ungefragt um Davids Hals, „Ich hole mir meinen Guten-Morgen-Kuss ab. Was dachtest du denn?“
David blinzelte, während sein Blut schlagartig zu schäumen begann und glühende Hitze in seine Wangen schoss.
„Du... Wie...? Was...? Nein!“, stieß er hervor und stemmte seine Hände abwehrend gegen Saschas Brust, „Doch nicht hier im Tierbetrieb, du Idiot! Wenn hier jemand rein kommt!“
„Hier kann keiner reinkommen...,“ schnurrte Mr. Ich-Komm-Mir-Meinen-Kuss-Abholen sanft und kam näher, „Ich habe doch die Tür abgeschlossen...,“
David schluckte. Er nahm Saschas berauschenden Duft war und aus den Tiefen seines Gedächtnisses stiegen die Erinnerungen der letzten Nacht hervor.
Oh, Gott.
„A...Aber Freddy...,“ stammelte er planlos, „E... Er wartet in der Futterküche auf mich...,“
„Keine Sorge...,“ wisperte Dings, schmunzelte sanft und kam noch ein bisschen näher, „Er ist grad mit Eric und Sebastian eine rauchen gegangen... Das kann dauern...,“
Sascha war ihm jetzt so nah, dass David auch in dem schwachen Licht jede einzelne seiner Wimpern und die goldenen Funken in seinen braunen Augen erkennen konnte. Ihm stockte der Atem und seine Knie wurden weich wie Gelatine. Seine Gedanken erlahmten, seine Lider senkten sich. Alles in ihm sehnte sich danach, sich einfach hinzugeben und es wieder zu fühlen, diese Hitze, dieses Schweben...
Oh, Gott.
„Aber was...wenn jemand...hier was brauch...?“, hauchte David gegen Dings’ Mund, der inzwischen nur noch wenige Millimeter von ihm entfernt war. Ihm war schwindelig.
„Keiner brauch hier was...,“ flüsterte Mr. Ich-Habe-An-Alles-Gedacht und sein warmer Atem streifte kribbelnd über Davids Lippen , „Und jetzt...halt einfach den Mund...,“
Und dann küsste er ihn.
Eine einzige Sekunde lang verlangte Davids Temperament, dass Sascha auf der Stelle mit einem Tritt zum Mond befördert werden musste. Eine einzige Sekunde lang. Dann überschwemmten wilde Gefühle jede andere Empfindung und bevor er wusste, was er tat, schlang David seine Arme um Saschas Taille und erwiderte den Kuss ungestüm.
Oh, Gott.
Die Welt erstarrte in ihrer namenlosen Nichtigkeit.
David spürte, wie Sascha in seinen Armen erzitterte und überrascht von seiner Leidenschaft in den Kuss hinein keuchte. Dann zog er David mit einem Ruck nah an sich und teilte seine Lippen gierig mit der Zunge.
Oh, Gott.
Das wilde Beben zuckte nun durch Davids Köper. Sein Denken setzte aus, sein Atem setzte aus, sein Herz setzte aus. Haltsuchend krallten sich seine Finger in Saschas Pullover, als seine Beine nachzugeben drohten.
Oh, Gott.
David spürte Saschas Körper so intensiv wie nie zuvor, während er sich selbst in einen Feuerball verwandelte. Er spürte den fremden, hämmernden Herzschlag an seiner Brust, die brennende Hitze der fremden Haut unter den Händen, die Atemlosigkeit des fremden Atems im Gesicht. Fast verlor er die Besinnung.
Hatte das Gras vielleicht die Intensität gedämpft? Oder die Müdigkeit? Oder doch die fehlende Berührung? Egal. Doch dies fühlte sich definitiv noch viel besser an als in der letzten Nacht. Und es war besser, soviel besser, als alles Andere, was er jemals getan hatte. Viel zu gut, um jemals wieder etwas Anderes zu tun.
Oh, Gott.
Nein, doch nicht. Dies war nicht gut, nicht besser. Es war einfach nur... Göttlich.