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Mosaik

von

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Schwul

Hallo Ihr :-)!

Hier ist endlich das neue Kapitel und ich hoffe, Ihr mögt es.

Tut mir Leid, dass es solange gedauert hat. In Zukunft wird es wohl immer etwas länger dauern, da ich jetzt ja studiere und mich deshalb auch um andere Sachen kümmern muss...^^

Ach ja, ich mag den Titel von "Mosaik" nicht. Ich finde ihn absolut unpassend. Hat einer von Euch eine gute Idee für einen passenderen Titel? Wenn ja, dann lasst mir Eure Idee bitte zukommen :-).

Vielen, vielen Dank an alle Kommi-Schreiber und über fünfzig Favoriteneinträge :-)!

Wünsche Euch jetzt viel Spaß beim Lesen ;-).

Liebe Grüße,

BlueMoon

_____________________________________________________________________
 

Das Wochenende hatte David frei, da er ab Montag Nachtschicht haben würde. Zwei Minuten überlegte er, ob er nach Hause fahren sollte. Dann entschied er sich dagegen. Die Gefahr war zu groß, dass er Saschas Rückkehr verpassen könnte – wann immer die auch sein würde. Zwar hatte ihm Mr. Meine-Mutter-Zwingt-Mich-Dazu-Blau-Zu-Machen am Telefon hoch und heilig versprochen, sich mit seiner „Genesung“ zu beeilen, aber David wusste inzwischen ja, wie es um Dings’ Timing stand.
 

„Was soll das heißen, du kommst nicht?“, wimmerte Marisa durchs Telefon, als David am Samstagvormittag zu Hause anrief, um seiner Familie Bescheid zu sagen.

„Ich habe ab Montag Nachtschicht,“ erklärte er seiner kleinen Schwester geduldig, „Ich brauche...Ruhe...,“

„Wieso kannst du die nicht hier haben?“, zeterte Marisa mit ihrer bestechenden Kinderlogik.

„Weil...,“ wand David sich hin und her, „Ach, das lohnt sich einfach nicht.“

„Stimmt doch gar nicht!“, jammerte Marisa, „Das hat bestimmt mit Sascha zu tun!“

David erstarrte zu einer Salzsäule. Ab wann hatte seine Schwester eigentlich begonnen, hellseherische Fähigkeiten zu entwickeln?

„Unsinn!“, schwindelte David brüsk, „Der hat damit überhaupt nix zu tun!“

„Lüg doch nicht!“, antwortete Marisa böse, „Ich habe dich längst durchschaut!“
 

David konnte es nicht fassen. Was, zur Hölle, war mit diesem Kind los? Sie war neun Jahre alt und sollte sich über so was weiß Gott keine Gedanken machen.

Er atmete tief durch und massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel.

„Hör mal...,“ sagte David bemüht ruhig, „Das kann gar nix mit Sascha zu tun haben, weil der nämlich gar nicht hier ist. Er ist krank und darum zu Hause in Hamburg.“

„Warum bleibst du dann wegen ihm da?“

Als David nach zehn Minuten endlich auflegen konnte, war er ein Nervenbündel. Mit Müh und Not hatte er Marisa davon abhalten können, sich in den nächsten Zug zu setzen, um nach Rötgesbüttel zu kommen. Natürlich nur unter der Bedingung, dass sie Sascha, der ja schließlich der Grund für alles war, bald kennen lernen würde. Langsam fing seine kleine Schwester an, ihn ernsthaft zu gruseln.
 

Der Samstag schlich unerträglich zäh dahin, denn nun hatte David noch nicht einmal die Arbeit, die ihn von der elenden Warterei ablenken konnte, und der Sonntag verging – wenn möglich – noch langsamer. Um sich nicht zu Tode zu langweilen, machte David sich halbherzig in den Zivi-Bereichen nützlich. Er entrümpelte den Kühlschrank, spülte Geschirr ab, wusch seine dreckige Wäsche, ging einkaufen. Anschließend folgte er Marks ausgelassenem Rat und setzte sich mit seinem Cello nach draußen in die noch ziemlich warme Herbstsonne, die sich zwischenzeitlich mal wieder blicken ließ. Er spielte den halben Nachmittag, um seine arbeitenden Kollegen bei Laune zu halten und lockte nebenbei auch noch eine handvoll Besucher an.
 

Der Feierabend kam und David saß gemeinsam mit Freddy, Miriam und Ben in der Zivi-Küche. Freddy rauchte schweigend und Miriam und Ben zankten sich über irgendeine Angelegenheit, die David nicht so recht begriffen hatte. Wie sollte er auch? Schließlich drehten sich seine Gedanken um die Tatsache, dass Sascha immer noch nicht aufgetaucht war. Dieser Umstand nervte ihn gewaltig.

Er sah verdrießlich aus dem Fenster und sein Ärger war gerade richtig schön in Fahrt, als ein Auto auf den Parkplatz gerauscht kam. Ein silberner Corsa. Augenblicklich pustete Davids Gehirn Adrenalin durch seine Venen und sein Herz verhedderte sich beinahe in seinem plötzlich hastigen Takt. Er war zurück!
 

Atemlos beobachtete er, wie Mr. Ich-Komme-Sogar-Einigermaßen-Pünktlich ausstieg und eine prallgefüllte Reisetasche aus dem Kofferraum hob. Davids Lippen verzogen sich unwillkürlich zu einem versonnenen Lächeln. Fast hatte er vergessen, wie gut Dings aussah. Und bevor er sich selbst stoppen konnte, hatte er auch schon die Hand gehoben und gegen das Fensterglas geklopft.

Sascha zuckte sachte zusammen und sah sich um. Doch als er David hinter dem Fenster erkannte, da breitete sich ein Strahlen auf seinem Gesicht aus, das die Oktobersonne in den Schatten stellte. Unwillkürlich machte Davids Herz einen Hüpfer, als würde er mit einem Fahrstuhl sehr schnell abwärts fahren.
 

Sascha wechselte die Richtung und stakste kurzerhand durch das Beet, das den Parkplatz von dem Zivi-Küchenfenster trennte. David beeilte sich, es zu öffnen.

„Hi...!“, stieß er hervor und grinste breit, sobald die Glasscheibe zwischen ihnen hochgeklappt war.

„Hi...,“ sagte Dings und grinste zurück. Seine braunen Augen funkelten.

„Hallo, Sascha!“, rief Miriam von drinnen, während Mr. Ich-Nehme-Lieber-die-Abkürzung David seine auffällig schwere Tasche anreichte, „Da bist du ja. Und, wieder gesund?“

„Ja, danke...,“ antwortete Sascha und kletterte durchs Fenster ins Innere, „Guten Abend allerseits.“

Er lächelte in die Runde. Freddy brummte etwas und hob seine Zigarette zum Gruß. Ben grummelte: „’lo...,“

Anscheinend hatte er die Diskussion mit Miriam verloren.
 

Freddy drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus.

„Bis später...,“ knurrte er dann und stapfte in seinem üblichen Raubtiergang davon, die neuen Igelkinder füttern.

„Ich geh dann auch...,“ erklärte Ben griesgrämig und nahm seinen Rucksack vom Sofa, „Bis morgen...,“

„Ciao,“ sagten sie im Chor und Miriam verdrehte die Augen, sobald die Hoftür hinter dem dicken Zivi zugefallen war.

„Er war den ganzen Tag so nervig...,“ flüsterte Miriam, als fürchtete sie, Ben könnte hinter der Tür lauern und lauschen, „Hat den ganzen Tag nur gejammert und Freddy und mich wahnsinnig gemacht...,“

„Warum denn das?“, fragte Sascha und ließ sich auf die Sitzbank fallen.
 

David hörte Miriams Ausführungen nur mit halbem Ohr zu. Er fühlte sich gemein, aber er wollte, dass sie nach oben ging und ihn und Dings allein ließ. Es kam ihm vor, als wären sie Monate voneinander getrennt gewesen, obwohl es sich dabei noch nicht einmal um eine Woche gehandelt hatte. Er sehnte sich danach, mit ihm zu sprechen, zu lachen, zu streiten.

Gott, wann hatte er sich das letzte Mal so gefühlt?

Ja, ungefähr vor zweieinhalb Jahren. Vier Wochen, nachdem Sven damals neu in ihre Klasse gekommen war, da hatte es angefangen.

Verdammte Scheiße. David wusste, was das bedeutete. Er wusste, was daraus werden konnte. Aber er wusste noch nicht, ob er es auch gut fand. Im Gegenteil. Vor zwei Wochen hatte ihn allein der Gedanke in Angst und Schrecken versetzt. Und nun – trotz Dings' Betrug, der ihn eigentlich endgültig hätte „kurieren“ müssen – saß er hier mit klopfendem Herzen und musste sich zwingen, den Blick von Mr. Herzensbrecher abzuwenden.
 

„...noch duschen und dann will ich mit meiner Schwester telefonieren. Die hat heute Geburtstag,“ sagte Miriam in diesem Moment und David erwachte, „Also macht’s gut, ihr zwei. Bis morgen!“

„Tschüss, schönen Abend noch,“ erwiderte Sascha und grinste.

„Äh, tschüss!“, beeilte David sich beizusteuern.

Überrumpelt beschleunigte sein Herz sein Schlagtempo noch ein bisschen mehr. Er sah Mr. Schönen-Abend-Noch von der Seite her an. Der erwiderte seinen Blick. Hinter Miriam fiel die Hoftür ins Schloss.

„Darf ich dich jetzt richtig begrüßen?“, fragte Sascha behutsam.

David runzelte misstrauisch die Stirn.

„Was soll das heißen...?“, erkundigte er sich lauernd.

Sascha schmunzelte und stand auf.

„Nix Schlimmes...,“ versicherte er ihm und ging auf ihn zu.

David ballte vorsichtshalber die Fäuste. Doch er machte keine Anstalten, sein Gegenüber niederzustrecken. Er ließ es einfach zu, dass Sascha zu ihm trat und ihn umarmte.
 

Es war eine schöne Umarmung. Sanft und fest zugleich, haltend, freundschaftlich und mit einem Hauch Sehnsucht darin. David fühlte, wie ihm die Knie weich wurden. Er hatte sich nicht bewusst dazu entschieden, doch bevor er sich versah, hatte er seine Arme gehoben und sie vorsichtig auf Saschas muskulösen Rücken gelegt. Seine Fingerspitzen prickelten.

Er spürte, wie Mr. Ich-Bin-Ein-Weltmeister-Im-Umarmen in seine Locken seufzte und sich weiter an ihn schmiegte.

„Du bist so süß...,“ schnurrte er.

David kam prompt wieder zur Besinnung.

„Es reicht jetzt auch!“, pampte er und machte sich von Dings los.

Der lachte.

„Wie schade, aber immerhin. Die drei Sekunden waren es auf jeden Fall wert!“
 

David schnaubte und blickte ihn böse an.

„Idiot!“, zischte er, aber Sascha ließ sich in seiner Heiterkeit nicht stören. Er hievte seine Reisetasche auf den Tisch, wo sie mit einem beeindruckenden RUMS landete.

„Himmel!“, sagte David erschrocken und fing die Tasse, die mit einem todesmutigen Satz vom Tisch gehüpft war, gerade noch auf, „Was hast du denn da drin? Steine?“

Sascha lachte erneut und Davids Ärger verflüchtigte sich in den Äther.

„Nein, nein. Im Gegenteil!“, er zog den Reißverschluss auf, „Schau rein!“

David beugte sich über die Tasche. Sie war bis oben hin voll mit...

„Essen?“, fragte er verdutzt.
 

„Ja, mein kluger Schatz!“, trällerte Mr. Freilaufende-Speisekammer und Davids Augenbraue zuckte, „Ich war gestern noch einkaufen und habe alles Mögliche besorgt, was dir vielleicht schmecken könnte. Heute Abend werde ich für dich kochen, komme was wolle, und zwar, was immer du willst. Ich habe genug für bestimmt zweiundfünfzig verschiedene Gerichte!“, er begann die Tasche zu leeren und ihren Inhalt auf den Tisch zu stapeln, „Schnitzel, Zwiebeln, Hackfleisch, Pommes, Schokoladenpudding, Kartoffeln, Butter, Champignons, Eier, Käse, Mais, Lachsfilets, Mehl...,“ als der Tisch nicht mehr reichte, nahm er auch noch die Sitzbank dazu, „Nudeln, Hefe, Paprika, Reis, Pfirsiche, Milch, Gemüse, Ketchup, Knoblauch, Erdbeeren, Schokolade, Bananen, Würstchen, Brot, Schafskäse, Thunfisch, Schinken und Salami, Quark...,“ jetzt waren die Stühle dran, „Kirschen, Schokostreusel, Sahne, Hähnchenkeulen, Mohrrüben, Senf, Joghurt, Salat, Tomaten, Vanilleeis, Salatdressing uuund...,“ er griff ein letztes Mal in die Tasche, „Ein Marzipanherz. Nur für dich.“
 

David starrte ihn mit offenem Mund an.

„Ich...hasse Marzipan...,” war das Einzige, was er über die Lippen bekam.

Sascha zuckte mit den Schultern.

„Macht nix. Dann esse ich es,“ flötete er und begann es aus seinem Papier auszuwickeln.

David ließ seinen Blick perplex über die Unmengen von Nahrungsmitteln gleiten.

„D...Das...muss doch ein V...Vermögen gekostet...haben...,“ stammelte er und kriegte seinen Mund nicht zu.

„Nicht der Rede wert,“ antwortete Sascha leichthin und biss in das Marzipanherz, „Esch wa schowiescho dasch Gelt meina Mutta...,“

„Ah...,“ machte David und wollte sich auf einen Stuhl sinken lassen. Doch da saßen bereits die Tomaten, das Eis und der Salatkopf.
 

„Also...,“ begann Mr. Ich-Könnte-Das-Ganze-Zentrum-Durchfüttern fröhlich, nachdem er den Bissen Marzipan geschluckt hatte, und strahlte David an, „Was willst du heute Abend essen?“

„Ich...weiß nicht...,“ murmelte der matt und ließ seine Augen immer und immer wieder fassungslos über den vollbeladenen Tisch, die Sitzbank und die Stühle gleiten.

Dings lachte munter.

„Du bist zum Knutschen, wenn du so verwirrt guckst!“

David warf ihm einen grantigen Blick zu.

„Ich warne dich...,“

„Keine Sorge...,“ sagte Mr. Du-Bist-Zum-Knutschen und hob beschwörend die Hände, „Ich werde mich beherrschen. Auch wenn das an Folter grenzt...,“ fügte er schmerzlich hinzu, dann strahlte er wieder, „Wie wär’s mit Gemüselasagne? Ich mache die beste unter der Sonne!“
 

Sie begannen zu kochen...oder besser: Sascha begann zu kochen und David versuchte, ihm irgendwie zu assistieren, beziehungsweise, ihm möglichst wenig im Weg zu stehen.

„Wolltest du nicht eigentlich schon viel früher kommen?“, fragte David, während er Dings’ Einkäufe mühsam in die Küchenschränke und den Kühlschrank zwängte.

„Ja, eigentlich schon,“ erwiderte Mr. Starkoch, öffnete die Packung Tiefkühlgemüse und warf ihren Inhalt in einen Topf, „Aber meine Mutter war da anderer Meinung...!“

Seine Stimme klang unnatürlich mürrisch. David sah ihn an und presste die Schranktür zu.

„Wieso das denn?“, fragte er verdutzt.

Dings schnaubte laut, gab Milch und heißes Wasser in den Topf und drehte die Herdplatte hoch. Anschließend wandte er sich zu David um und sah ihm ins Gesicht. In seiner Miene spiegelten sich Ärger und etwas Kummer. So hatte David ihn noch nie gesehen.
 

„Wir...haben uns eine Weile gestritten...,“ erzählte er missmutig, „Das heißt, ich habe mich mit ihr gestritten und sie hat noch nicht mal von ihrer Arbeit aufgesehen und immer nur NEIN gesagt...,“ er schnaubte erneut und schüttelte schwach den Kopf, „Ich hasse das! Dass sie mich immer wie ein kleines Kind behandelt und immer so...kalt ist. Ich raste dann immer beinahe aus und will sie anschreien, aber...,“ er biss sich auf die Unterlippe, „Früher habe ich alle mögliche Scheiße gemacht, nur um sie zu einer Gefühlsregung zu kriegen, aber...sie hat immer nur ihre Augenbrauen gehoben und dann etwas so Vernichtendes gesagt, dass ich...eingeknickt bin...,“

Er senkte für einen Moment niedergeschlagen den Blick. Dann hob er ihn wieder und lächelte matt.

„Entschuldige bitte, mein Liebling, ich wollte dich nicht lang–,“

„Hast du nicht!“, beeilte David sich zu versichern und machte einen Schritt auf Sascha zu, „Überhaupt nicht. Wenn du reden willst – egal über was – dann... Ich meine, dann kannst du...zu mir kommen... Wenn du–,“
 

Weiter kam er nicht, denn Mr. Meine-Mutter-Ist-Ein-Eisklotz hatte sich wiederholt auf ihn gestürzt, um ihn zu herzen.

„Du bist so süß!“, jauchzte er ihm ins Ohr und drückte ihn so fest an sich, dass Davids Rippen knirschten, „Ich bin so froh, dass ich wieder da und bei dir bin. Das war das letzte Mal, dass ich nach Hause gefahren bin. Ab jetzt bleibe ich hier, bei dir.“

„Und was, wenn ich mal nach Hause fahre?“, fragte David und stemmte seine Hände gegen Dings’ Brust, um Luft zu kriegen.

„Dann fahre ich dir hinterher!“

„Eher nicht! Und jetzt lass mich los! Ich glaube, das Essen kocht!“
 

Saschas Gemüselasagne war tatsächlich absolut köstlich.

„Dasch isch dasch beschte vegetarische Eschen, wasch isch je gegeschen habe!“, mampfte David zwischen zwei Gabeln und Sascha strahlte ihn an.

„Das freut mich!“, sagte er und man konnte sehen, dass er es genauso meinte.

„Wo hast du das nur gelernt?“, fragte David, sobald er geschluckt hatte.

„Kochkurs,“ antwortete Mr. Von-Mir-Kann-Herr-Lafer-Noch-Was-Lernen grinsend und nahm einen Schluck Pfirsicheistee, „Vier Jahre lang. Ich musste mir in der Schule ganz schön viele Frotzeleien anhören, als das rauskam.“

„Glaube ich dir...,“ antwortete David und schob sich genüsslich einen neuen Bissen Lasagne in den Mund, „Und wasch hascht du dann gedan?“
 

„Ich habe meine Freunde und alle Spöttler zu einem großen Essen eingeladen und für sie gekocht.“

David schluckte und grinste breit.

„Und?“

„Nun...,“ schmunzelte Sascha, „Danach war es Mode, mich bei Partys als Koch einzustellen.“

David lachte und tat sich noch einen Nachschlag auf.
 

Als er an diesem Abend allein im Bett lag, fühlte David sich so zufrieden wie schon lange nicht mehr. Der Mond, der von draußen durchs Fenster hinein schien, malte Muster an die Decke und David starrte zu den Malereien hinauf und lächelte still in sich hinein.

Es war ein schöner Abend gewesen. Genauso, wie David ihn sich am letzten Sonntag vorgestellt hatte. Sie hatten gekocht, sie hatten gelacht, sie hatten sich gekabbelt. Und sie hatten miteinander geredet. Ohne dumme Witzchen. Einfach so, ehrlich, ernsthaft.

Er hatte viel über Sascha erfahren und Sascha hatte viel über ihn erfahren. Über seine Familie, über seine Freunde und über...Sven.

Mr. Partykoch hatte ihm von seiner ersten Liebe erzählt, von Yvonne. Wie er sie kennen gelernt hatte, wie er sich verliebt hatte und wie er sie dann betrogen hatte. Mit einem Mann.
 

„Natürlich hat sie mich danach verlassen...,“ hatte Dings nachdenklich erzählt und mit seinem Löffel über seinen Nachtischrest gekratzt, „Und ich war völlig am Ende, weil ich noch so verliebt gewesen war. Seitdem weiß ich, dass Betrügen scheiße ist.“

„Das habe ich auch lernen müssen...,“ hatte David gemurmelt und seine eigene, leere Nachtischschale betrachtet.

Dings hatte ihn nicht gefragt, sondern nur ruhig angesehen und die Worte waren dann einfach aus ihm heraus geflossen.

Er hatte Sascha berichtet, wie Sven neu in ihre Klasse und in ihre Clique gekommen war, wie gut sie sich verstanden hatten und wie David schließlich bemerkt hatte, wie sich seine freundschaftlichen Gefühle verändert hatten. Wie er erst versucht hatte, diese Empfindungen zu unterdrücken und abzutun – natürlich vergeblich. Wie er und Sven sich dann immer häufiger ohne die Anderen getroffen hatten und sich schließlich auf dem Rummel, ganz oben im Riesenrad, zum ersten Mal geküsst hatten.
 

„Drei Monate lang schwebte ich auf Wolke sieben...,“ hatte David erzählt, die Knie zu ihm auf den Stuhl gezogen und seine Arme um sie geschlungen, „Dann traf mich die Wirklichkeit. An einem Mittwoch im April. Ich saß gerade im Bus und war auf dem Weg zu ihm. Als ich bei seiner Bushaltestelle ankam, stieg ich aus und dann sah ich ihn. Und einen anderen Typen. Knutschend. Ich bin sofort wieder eingestiegen, aber Sven hat mich noch gesehen. Ein paar Tage später telefonierten wir und er hat mir gesagt, dass er mich nur betrogen hat, weil wir keinen Sex gehabt hatten. Hätte ich ihn rangelassen, hätte er es nicht getan.“

Saschas Augen hatten sich bei diesen Worten entrüstet verengt.

„So ein Wichser!“, hatte er gezischt, „Wenn du möchtest, dann hau ich ihn für dich zu Brei!“

David hatte dankend abgelehnt, aber in seinem Magen hatten die Glückshormone Samba getanzt.
 

In seinem Bett rollte David sich auf die Seite und schloss die Augen.

Es war das erste Mal gewesen, dass er Jemandem alles über seine Beziehung zu Sven erzählt hatte. Seine Familie und seine Freunde – auch Kenji – hatten nie erfahren, was zwischen ihnen gewesen war. Nie hatte er ihnen erzählt, dass er in einen Mann verliebt und mit einem zusammen gewesen war.

Das Gewicht, das seit diesem Aprilmittwoch auf seinem Herzen gelegen hatte, schien heute leichter geworden zu sein. Und das Wort, das in seinem Herzen stand und das er seitdem versucht hatte, zu vergessen, schmerzte nicht mehr so sehr.

Er hatte bemüht, sich zu verändern, sich einzureden, dass es ein Ausrutscher gewesen war. Er hatte nicht riskieren wollen, noch einmal von einem Mann so verletzt zu werden. Frauen, hatte er sich damals gesagt, taten so etwas nicht.

Aber die Wahrheit ließ sich nicht für alle Zeiten verschließen. Und dies war die Wahrheit. Er war nun mal nicht hetero. Er war schwul.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Ur
2009-07-17T13:11:59+00:00 17.07.2009 15:11
Schon wieder ein wunderbares Telefonat. Ich liebe es auch, Telefonate zu schreiben. Weiß nicht, wieso. Aber es macht Spaß :D Und wenn so was Witziges dabei heraus kommt... Hachja, kleine Kinder, die die Wahrheit immer so schön auf den Kopf treffen.

Dass Sascha dann 'richtig' begrüßt und David natürlich erst total misstrauisch ist, fand ich auch sehr süß. Umarmungen sind was Tolles *-*

„Du bist so süß...,“ schnurrte er.
David kam prompt wieder zur Besinnung.
„Es reicht jetzt auch!“, pampte er und machte sich von Dings los.
Der lachte.


Davids Temperament ist klasse :D Seine Gefühlsschwankungen sind wirklich rekordverdächtig. Und außerdem mag ich das Wort 'pampen' :D

Und dann natürlich die Szene, wo Sascha all seine Einkäufe auspackt und sie David aufzählt und wie er zur Krönung das Marzipanherz auspackt und David das nicht mag... Aber Sascha ist ja durch (fast) nichts zu erschüttern :D

Das Gespräch danach ist auch sehr toll, wo sie sich gegenseitig ein wenig ihr Herz ausschütten. Hach ja, die Liebe.

*__*
Von:  Siiri
2008-11-07T20:09:29+00:00 07.11.2008 21:09
Oh mein Gooott!
Die beiden sind ja sooooo süß >//<
Echt goldig, wie er versucht ihn mit kochen sich zu entschuldigen. Ist doch ne nette Art <3
Und was ich echt gut finde, ist dass David nicht sofort klein beigibt und sich an Dings (XD) ranschmeißt, nachdem er kapiert hat, dass er verknallt ist. ^^V ++
Und was ich auch cool finde ist dass du diese Mr - was - auch - immer beibehälst. Das hat Stil :3
Von: abgemeldet
2008-11-04T12:00:33+00:00 04.11.2008 13:00
wirklich wirklich toll °____°
ach mir gefällt einfach die ff :D wie immer schön geschrieben und bin gespannt was noch so alles zwischen den beiden passiert |D
freu mich schon °O°
Von:  Seme-Aoi-chan
2008-11-01T18:24:21+00:00 01.11.2008 19:24
hach, ist die erkenntnis toll!^^
und sacha ist mal richtig süß auch wenn ich mich bei deinen namen für ihnen immer halb tot lahe!*kicher*
auf jeden war das ein sehr niedliches kapitel!^^
Von:  Taeminnie
2008-11-01T15:14:45+00:00 01.11.2008 16:14
Yayyy!!!
Eigentlich wollte ich gestern schon lesen, aber bin einfach nicht mehr dazu gekommen xD
Dafür aber heute!
~muhahahaha~

Aaalso.. mal zu meinem eigentlichen Kommentar ;D
Erst einmal..
*quick* *quietsch*
Das war ja wieder sooo süß..
>/////<
Ich hab schon gar nicht mehr mit gerechnet das Sascha David mal was kocht xDD wurde aber auch mal Zeit!! *Sascha pöse anschiel* *gg*

Aber saaach mal.. o.O..
Was war das denn bitte für ein riesen Koffer? xDDDD
Und das da die Tomaten nicht zerquetscht wurden in dem vollen Koffer *lol*
Ich bin fasziniert xDDDD...
so einen hätt ich auch gern *lol*

*___*
Und.. yuuhuuu... David hat sich zweimal.. ich wiederhole mich.. zweeeiiimaaaal >.< von Sascha knuddeln lassen! Yay!!
*aufgekratzt ist*
Aach so süß.. ich bin schon wieder so hin und weg xDDD

Soouu.. mmhh... ich glaube...
... das war's von meiner Seite.. xD...
Ich freu mich auf das nächste Kapitel ;D...
*knuffelz*

LG Natsu
Von:  Sammy5522
2008-10-31T19:06:38+00:00 31.10.2008 20:06
Einfach klasse!!!
Ach die sind so knuffig!!!
Freue mich schon wenn es weiter geht.
Schönes WE


ganz doll drück

deine sammy
Von:  bacino
2008-10-31T16:09:10+00:00 31.10.2008 17:09
du darfst deine kapitel im vorfeld nicht immer schlecht reden. ich mag bis jetzt jedes kapitel sehr gerne und auch das ist sehr schön geworden. meine lieblingsstelle ist die,als sie sich wiedersehen und umarmen. du hast die szene so schön beschrieben, ich konnte es richtig nachfühlen.
freu mich auf jedes weitere kapitel. die beiden sind wirklich zu süß!!^^


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