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Assoziatives Schreiben

von

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Reizwortgeschichte: Deadline

Ich lehne gerade mit einer Tasse Kakao in einer der Sitznischen aus Glas und Stahl, weit oben in den verborgenen Winkeln der Bibliothek, und blicke geistesabwesend aus dem Fenster heraus auf die vereinzelten Farbpunkte in der Tiefe.

Als eine Rakete aus lebendigem Stahl und gleißendem Licht in den Himmel hinaufgleitet, entzündet sich auch bei mir die Lunte der Erinnerung und ich schrecke auf.

Hoffend blicke ich auf die Uhr, doch wie befürchtet habe ich viel zu wenig Zeit, um die heute anfällige Aufgabe noch zu erledigen, und so stürze ich hektisch mein Getränk herunter und zungenverbrannt in den Korridor zum Aufzug.

Natürlich vergesse ich in meiner Eile, als ich in der Eingangshalle meine Sachen aus dem Schließfach in meine Manteltaschen stopfe und die Tragetasche schultere, dass ich das Buch noch in der Hand halte, welches ich zuletzt las.

Der Alarm geht los, doch ich weiß, dass ich mich nicht mit den Formalitäten herumschlagen kann, wenn ich bis zum Abend noch die Maske aus Lilien und Rosen abliefern will, die sich in meiner Tasche befindet, und so sprinte ich durch die gläsernen Gassen, während ich mich frage, auf welchem Weg ich überhaupt noch rechtzeitig dort sein kann.

Die Sirenen der jagenden Bibliothekare zur Linken und das Geifern der herannahenden Bücherjäger im Nacken spürend, verwerfe ich den Plan ein Flugzeug zu nehmen, denn entweder sie würden mich verhaften, während ich mein Ticket kaufe oder schon gleich in der Warteschlange erschießen und sich nicht nur das Buch, sondern auch meine wertvolle Fracht unter die Finger reißen.

Ich kann den Mond nur schnell genug erreichen, wenn ich über die neuronale Brücke reise und mir den physischen Weg erspare, auch wenn es mich jetzt schon bei der Vorstellung erschauern lässt, wie leicht es mir die Synapsen zerfetzen kann, wenn etwas schief geht, oder ich schlimmstenfalls völlig neu zusammengesetzt und als sabberndes Wrack auf der anderen Seite ankomme.

Mir bleibt keine andere Wahl – das weiß ich – und spüre erst wieder ein Gefühl von Optimismus, als ich sehe, dass der Brückentroll gerade da ist und mich – das weiß ich auch – gegen den richtigen Preis sicher hinüber auf die andere Seite des großen Ufers geleiten wird, denn ich habe einen der roten Fische in der Manteltasche, die er so liebt, und der ihm reichlich genug Bezahlung ist, um mich lebendig passieren zu lassen und nicht auf halber Überfahrt aus seinem Nachen zu schubsen.

Wir schweben auf seinem zerebralen Gleiter über die große Wasserpfütze des Alls, in der sich semantische Algen und Syntaktiker-Krebse tummeln, während er lässig auf den letzten Gräten meines Zolls herumkaut und über die körnigen Wellenstürme philosophiert, die sich am Ufer des großen Nichts an den vagen Klippen brechen.

Ich habe kaum bewusst zugehört, da ich in Gedanken versunken war, doch als ich von Bord klettere kann ich in der Ferne die Wellenlängen der erleuchteten Schule wahrnehmen, während kaum der Nachmittag dämmert und bin beruhigt noch zur rechten Zeit anzukommen, um meinen Job zu erledigen.
 

Kommentarisches:

Nichts zu sagen. Hat großen Spaß gemacht. Ich mag es ^^.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2008-12-26T19:46:24+00:00 26.12.2008 20:46
Heyho =)
Ich liebe diese Geschichte XD ich hab sie schon vor 3 Tagen überflogen, hatte aber bisher keine Zeit zum Kommentieren.
Und es macht mir jedes Mal aufs Neue Spaß, sie zu lesen^^
Tut mir Leid, dass das hier so ein unkonstruktiver Kommentar wird - aber ich hab absolut nichts auszusetzen^^
Es ist... irgendwie wahnwitzig und chaotisch (und actionreich) XD
Und die Vorstellung von den Bibliothekaren, die irgendwelche Leute abknallen, nur um ihr Buch zurückzubekommen xDD (da fragt man sich doch glatt, was er da gelesen hat ;D)
Großartiges Werk^^

Liebe Grüße und einen schönen Abend noch,

schattenwolf
Von:  traumherz
2008-12-22T10:45:30+00:00 22.12.2008 11:45
Ein Wort: Wow.
...
Nein, der Kommentar ist hier natürlich noch nicht zuende... Wäre ja etwas arm, irgendwie xD
Ich muss sagen, dass mir deine Geschichte wirklich gut gefällt. Irgendwie ist sie sehr actiongeladen und ich finde es toll, dass du das mit den vorgegebenen zehn Wörtern in nur zehn Sätzen geschafft hast :) Ist wirklich sehr gut geworden
Liebe Grüße,
Evenfall
Von:  Ito-chan
2008-12-21T14:24:38+00:00 21.12.2008 15:24
WOW... Also Shu... erst sagst du, du kannst keine Krimis schreiben und beweist mir das Gegenteil und dann DAS hier.
Hut ab. Ich finds genial xD
Wie sich jemand quer durchs All hetzt, um pünktlich zur Arbeit zu kommen...
Sowas abgedrehtes und gleichzeitig so schön und genial erzähltes kann echt nur von dir kommen.
Hammertoll ^^

Und entschuldige, dass ich jetzt mit Interpretationen und so weiter geize, aber das hole ich dann hoffentlich nach, wenn ich Satz 10 kommentiere ^^
Von:  Dels
2008-12-21T12:38:06+00:00 21.12.2008 13:38
Jah, ich hab ja schon angedeutet: Das shu driftet (oder besser dümpelt) momentan etwas im Bereich Cyberpunk herum und begeistert sich für gewohnt wirr-wahnwitzig-geniale Beschreibungen der dortigen Umwelt.
Eine sehr extreme Geschichte, möcht ich fast sagen. Da hast du Assoziation mit dem Reizwortgedöns sehr effektiv verknotet, das hat auch nicht jeder getan.
Die Flucht des Buchdiebs ist sehr.. strange nachzuverfolgen, irgendwie (und aus irgendeinem nicht nachvollziehbaren Grund) muss ich dabei an James denken. Ja, genau den. Das ist auch so ein wirrer Typ irgendwie.)
Und mal wieder ist die Stimmung düster und bedrängend, gehetzt und trotzdem(!) irgendwo gutgelaunt o__O Ich weiß nicht, wieso, aber ich hatte fast das gefühl, dem Kerl macht es auf eine groteske Art und Weise Spaß, so paranoid zu sein.

Oah, genug davon, du machst mich mal wieder kirre.
Erstaunlich genug, was du mit ein paar dahingeworfenen Wörtern zusammenzauberst. Fragmenthaft und trotzdem ne zusammengehörige Geschichte - mal wieder größten Respekt .__."
Von:  MichiruKaiou
2008-12-21T09:03:06+00:00 21.12.2008 10:03
So was kriegt man mit zehn Reizwörtern hin und das in zehn Sätzen O.o
Ich bin wirklich baff. Ok, zugegeben, das hier war jetzt die Reizwortgeschichte, die ich gelesen habe, aber schon bei der Länge war ich ganz hin und weg.
Aber was du dir ausgedacht, war wieder mal genial^^
Die Story ist echt witzig und dazu noch gut erzählt, ich bin echt beeindruckt!
Von: abgemeldet
2008-12-21T00:15:45+00:00 21.12.2008 01:15
Nur ein Wort: Fantastisch.
^.^
Gefällt mir sehr gut.
Vielleich kriege ich sowas auch mal hin.
Kompliment.


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