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The Exam Called Life

von

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Als Eleanor aufwachte, war ihr Gesicht in ihrem Kissen vergraben. Sie brachte sich in eine aufrechte Position und rieb sich die wunden Augen. Ihre Brille, die in einem komischen Winkel von ihrer Nase abstand, legte sie auf den Nachttisch. Sie war gerade zu dem Schluss gekommen, dass es wohl die Erschöpfung gewesen war, die sie hatte einschlafen lassen, als es sachte an der Tür klopfte.

„Eleanor, Schatz, darf ich kurz reinkommen?“ Es war ihr Vater. Wer auch sonst? Ihre Mutter würde nach so einem Anfall mit Sicherheit nicht ohne Weiteres zu ihr kommen. Es klopfte erneut. Aber Eleanor antwortete nicht. Im Moment wollte sie niemanden sehen.

„Bitte, mach auf.“ Die Stimme ihres Vaters klang flehend, nahezu verzweifelt. Eleanor bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen und daher beeilte sie sich, ihrem Vater zu öffnen. Sie kickte die Einkaufstaschen beiseite, damit er nicht hinübersteigen brauchte.

„Setz dich“, murmelte sie und machte eine Handbewegung in den Raum hinein. Eleanors Vater nahm die Einladung an und setzte sich auf ihr Bett. Er strich mit der Hand über das Kissen. Er hatte einen sechsten Sinn, was das Befinden seiner Tochter anging.

„Ich weine auch viel, weißt du“, gab er zu. „Das nächste Mal komme ich gleich zu dir, wenn ich spüre, dass es dir schlecht geht. Wir müssen in solchen Momenten zusammenhalten.“ Das Rattenmädchen konnte sich gar nicht daran erinnern, geweint zu haben, doch er schien ein schlechtes Gewissen zu haben. Eleanor sah den unglücklichen Ausdruck auf seinem Gesicht und setzte sich neben ihn. Sie nahm seine Hand und drückte sie fest. Er sprach weiter: „Es tut mir Leid, dass ich nicht immer für dich da sein kann.“ Die letzten Worte waren zu einem kaum hörbaren Säuseln geworden und schmerzten Eleanor ungemein.

Pappa ... “, begann sie. „Du kannst nicht immer für mich da sein. Das weiß ich, und das brauchst du auch nicht zu sein. Eines Tages werde ich eh ohne deine Unterstützung und guten Ratschläge auskommen müssen.“

Auch diese Einsicht tat weh, und Eleanor glaubte einen Anflug von Verbitterung in den Augen ihres Vaters zu sehen. Lass mich mit dieser Furie nicht allein, las sie darin.

„Wenn deine Mutter wieder ansprechbar ist, werde ich Tacheles mit ihr reden. Das wird schon alles wieder werden.“ Er sah seine Tochter an, als ob er fragen wollte: „Ich hab doch Recht, oder?“ Eleanor schwieg. Er war tatsächlich so naiv und gab dem Guten in ihrer Mutter immer noch eine Chance. Er musste sie wirklich sehr lieben. Eleanor wollte die Illusion ihres Vaters nicht zerstören, rang aber mit sich, ihm die Wahrheit vor Augen zu halten. Er musste doch mittlerweile verstanden haben, dass sie ihm fremdging! Sie nahm all ihren Mut zusammen, um ihn darauf anzusprechen und öffnete den Mund, doch er war schneller.

„Ich denke, eine Eheberatung könnte uns weiterhelfen“, brach es aus ihm heraus. Überzeugt klang er jedoch nicht. Eher wie ein Verrückter, der die Wächter seiner Gummizelle davon überzeugen wollte, dass er bei klarem Verstand war. Eleanor schämte sich für diesen Gedanken, aber es war nun einmal Fakt: die Liebe machte manchmal aus den rationalsten Menschen blinde Idioten.

„Ich glaube nicht, dass ihr noch etwas aus eurem jetzigen Zustand machen könnt.“ Jetzt war es raus. Eleanors Vater sah seine Tochter fassungslos an und fasste sie an den Schultern.

„Wenn man nur an etwas glaubt und noch dazu ein wenig Gottvertrauen hat, dann kann man es schaffen!“, widersprach er. „Merk dir das!“ Es war hoffnungslos, er sah es nicht ein. Zu einer Beziehung gehörten immer zwei, und der eine Teil der Familie Johansson hatte kein Interesse mehr an der großen Liebe, nur am Geld. Eleanor war enttäuscht von der eingefahrenen Meinung ihres Vaters und löste sich von ihm.

„Bitte lass mich jetzt allein“, murmelte sie.

„Gut“, seufzte er und erhob sich. „Aber du wirst sehen: ich habe Recht.“ Er verließ das Zimmer und schloss die Tür. Eleanor glaubte an Gott, aber sie war ebenso davon überzeugt, dass dieser – wie sie - die Trennung ihrer Eltern als die beste Lösung ansah.
 

*~*~*
 

In der nächsten Woche legte Eleanor den Fokus ihrer Bemühungen darauf, in der Schule nicht zu angespannt oder ermattet zu erscheinen. Sie wollte nicht schon wieder Hilfe angeboten bekommen, die ihr im Endeffekt eh nichts brachte - außer die Empfehlung, einen Therapeuten aufzusuchen, der sie vor einem drohenden Trauma bewahren sollte.

So gut Eleanor es gelang, sich vor den wenigen Menschen zu verstellen, mit denen sie aktiv zu tun hatte: bei Elmo brachte es nichts. Sein Instinkt sagte ihm, dass etwas ganz arg faul war mit ihr. Und da er sie gerne trösten und unterstützten wollte, sprach er sie direkt auf seine Vermutung an.

„Was ist los mit dir?“ Die beiden saßen wieder einmal an ihrem mittlerweile angestammten Platz unter den Tribünen. Eleanor tat so, als wüsste sie nicht, wovon er sprach und drehte sich gelangweilt eine Haarsträhne, die sich aus ihrem Dutt in die Außenwelt verirrt hatte, um den Finger.

„Was soll schon los sein? Mein Kopf ist voll mit Unterrichtsstoff, den ich zu ordnen versuche, sonst nichts.“

„Das ist er immer.“ Elmo gab sich mit ihrer Antwort augenscheinlich nicht zufrieden. „Irgendetwas anderes stresst dich. Ist es was Persönliches?“

„Und wenn es das wäre, würde es dich nichts angehen, wie der Begriff bereits impliziert!“, antwortete Eleanor schnippisch. Elmo schrak zusammen. So gereizt hatte er sie in der kurzen Zeit, die sie sich jetzt kannten, noch nicht erlebt.

„Es tut mir Leid“, räusperte sich Eleanor. „Das hab ich nicht so gemeint.“

„Schon OK. Ich möchte nur, dass du weißt, dass du mit mir über so was ... deine Probleme ... äh, ich meine ... du kannst mit mir reden“, stammelte er. Eleanor kicherte. Manchmal war er wirklich herzallerliebst.

„Danke“, sagte sie und strahlte ihn an. Es tat gut, Elmo als Freund zu haben.
 

*~*~*
 

Am Wochenende war Eleanor allein zu Hause. Ihr Vater hatte es doch wirklich geschafft, ihre Mutter in einem nüchternen Moment zu einer Sitzung bei einem Eheberater zu überzeugen. Sie hatte erst ziemlich lang protestiert, was das alles solle, es ginge ihnen doch allen gut. Der sarkastische Unterton in ihrer Stimme war schwer zu überhören gewesen (ja, Eleanor hatte wieder einmal gelauscht). Nach einigem Hin und Her und weil ihr schlussendlich die Gegenargumente ausgegangen waren, hatte sie sich breitschlagen lassen. Eleanors Eltern würden erst am Sonntag wieder heimkehren, also hatte sie genug Zeit, sich intensiv mit ihren Einkäufen auseinanderzusetzen, die sie seit dem Eklat vergangene Woche außer Acht gelassen hatte.
 

Eleanor verteilte den Inhalt der Tüten auf ihrem Bett. Es waren allerlei Jeans darunter, auch einige Röcke, aber kürzere, figurbetontere. Außerdem hatte sie neue Unterwäsche gekauft und jede Menge hübsche Oberteile, die ebenfalls ihrer Figur schmeichelten. Es hatte Eleanor einige Überwindung gekostet, sich immer wieder vor dem Spiegel in der Umkleidekabine auszuziehen und sich die ausgewählten Kleidungsstücke überzustreifen. Auf die Kassenbons wollte sie lieber keinen zweiten Blick mehr werfen. Sie befürchtete, dass ihr schlecht werden könnte.

Mitsamt dem Stapel an Klamotten tapste Eleanor ins Bad. Sie legte alles, unterteilt in Kategorien, vor sich ab und stellte sich vor den großen Ganzkörperspiegel. Eleanor warf einen letzten Blick auf ihr altes Ich, winkte sich symbolisch sogar noch einmal zu, wobei ihre Lippen wortlos „Adieu“ formten. Dann legte sie ihre Brille ab und begann, sich ihrer Kleidung zu entledigen. Als sie schließlich in Unterwäsche dastand, hielt sie inne. Das Wichtigste war, ihren Körper endlich zu akzeptieren. Eleanor schloss die Augen, atmete tief ein und wieder aus. Sie legte Hand an den Verschluss ihres BHs an und öffnete ihn, streifte sich dann ihren Slip ab und befreite als Letztes ihre Haare aus der strengen Frisur. Die rotbraunen Locken folgten der Gravitation und bedeckten ihre Schultern. Eleanor schaute an sich hinab. Sie drückte den Rücken durch, um ihre Haltung zu begradigen. Es hatte einen erschreckenden Effekt auf die Wirkung ihres Busens, aber sie zwang sich, hinzusehen. Sie würde fortan mit dieser (zugegebenermaßen gesunden) Haltung Vorlieb nehmen müssen. Eleanor stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete sich aus verschiedenen Winkeln im Spiegel. Es stimmte: in der stereotypen Auffassung der Gesellschaft hatte sie einen recht gut proportionierten Körper. Ihre Haut war straff und fest und die Farbe ihres kurzen Fells hatte eine gesunde Färbung. Ihr Gesicht war ebenmäßig, ein Allerweltsgesicht zwar - nichts, was man eines Tages auf einem renommierten Modemagazin wiedersehen würde - aber ansehnlich. Ihre Haare waren gepflegt und sauber, ihre Zähne gerade (mal abgesehen von den für Nagetiere typisch vorspringenden beiden in der oberen Zahnreihe) und weiß.

„Freunde dich mit deinem Körper an!“, befahl eine Stimme in ihrem Kopf. Eleanor wusste aber nicht, wie.

„Fühl ihn!“, hallte es durch ihr Gehirn. Eleanor schluckte und strich sich zaghaft mit den Fingern über die Wangen, die Lippen, den Hals. Sie wanderten weiter nach unten, um den Hals herum und über die Schultern. Eleanor spürte den leichten Widerstand ihres Fells. Es fühlte sich noch alles recht harmlos an. Als sie aber mit den Händen ihren Busen erreichte, stockte sie. Wenn sie jemand so sehen konnte ...

„Na los, mach weiter!“ Die kleine Stimme war beinahe aufgeregter als sie selbst. „Jetzt wird es doch erst richtig interessant!“ Eleanor zitterte vor Angst, vor Aufregung. Ihre Hände strichen langsam über ihre Brüste und verharrten zwischen ihnen. Sie waren fest, aber anschmiegsam - und warm. Eleanor konnte ihr Herz spüren, wie es auf und ab sprang. Sie begann, die Berührungen als angenehm zu empfinden. Ihre Finger krabbelten über ihren Bauch, über Hüften und Taille und auf die Rückseite zu ihrem Hintern. Auch die Beine und Füße fühlten sich von den Berührungen ihrer Hände geschmeichelt. Als sie sich aus ihrer gebückten Haltung aufrichtete, durchliefen kleine Schauer ihren Körper, die bewirkten, dass ihr Fell sich sachte aufstellte. Eine Stelle hatte sie aber außen vor gelassen.

„Du bist noch nicht fertig ... “, meldete sich die Stimme in lockendem Singsang. Eleanor hatte besonders große Angst vor dem, was nun kommen sollte, nein - musste.

Selbstredend hatte sie ihren Körper in der Pubertät schon erforscht, aber es hatte ihr großes Unbehagen bereitet. Vor allem, der empfindlichen Stelle zwischen ihren Beinen nahe zu kommen. Aber sie hätte nur halbe Arbeit geleistet, wenn sie jetzt aufhörte. Also schob sie zitternd die rechte Hand ihren Oberschenkel entlang, bis sie diesen geheimnisvollen Ort erreichte. Er war warm und ein wenig feucht. Sie führte ihre Finger weiter zwischen die Beine und strich vorsichtig einmal ganz hinüber. Ein angenehmes Prickeln durchzuckte Eleanors Körper. Beschämt zog sie schnell ihre Hand weg. Das sollte doch keine Selbstbefriedigung werden!

„Hör endlich auf, so prüde zu denken! Du nimmst deinen Körper das erste Mal richtig wahr, das gehört dazu!“

Die Stimme hatte Recht, und die Erkenntnis legte sich über Eleanor. Sie positionierte sich in ihrer Ausgangshaltung vor dem Spiegel und schaute sich an. Ganz ohne Beben in der Stimme, vollkommen selbstbewusst, sagte sie: „Ich bin attraktiv.“ Das Spiegelbild lächelte, ein warmes, erleichtertes Lächeln war das. Eleanor hatte es geschafft: ihr Körper war nicht mehr das abstoßende Ding, das ihren Kopf und ihr Gehirn durch die Gegend trug. Er war von nun an ein Teil von ihr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kameko-san
2009-10-02T20:50:34+00:00 02.10.2009 22:50
Da schon wieder! Pappa! Ist das Schwedisch?
"Lass mich mit dieser Furie nicht allein" Hahaha xD Das schreit nach Scheidung! Aber er liebt sie immernoch?! Der Arme!
"Tacheles mit ihr reden" was ist das? ö_ö
Eleanor soll ihn aufklären!! D: Gummizelle xDD jawoll!
Glaube ist ja gut und ich unterstütze es, wenn man an sich und etwas glaubt, aber hier ist es unangebracht...
Haha, Eleanor glaubt, Gott will die Scheidung auch? Na, wenn das der Papst höhrt! Ist Scheidung nicht eins der Themen, die die Kirche nicht unterstützt? Naja, eigentlich auch logisch...
Hat Eleanor schonmal Hilfe angeboten bekommen und man hat ihr einen Besuch beim Therapeuten empfohlen? Ö_Ö Ohjeh!
Höh? Sie trägt immernoch einen Dutt? wollte sie nicht was aus sich machen?
Elmo ist ja ganzschön neugierig, aber es ist schön für Eleanor, dass es jetzt jemanden außer ihrem Vater gibt, dem sie sich (theoretisch) anvertrauen kann!
Wie sie reagiert! Der Arme Elmo! So eine Zicke xDD Aber Elmo ist süß :3
Haha, beim Eheberater! Das wird nichts nützen, ich halte von sowas nicht soo viel, muss ich zugeben x)
Juhu, endlich beschäftigt sich Eleanor mit ihren Einkäufen! *_* Haha, sie scheut sich vor den Kassenbons xDD
Ich will auch so einen Ganzkörperspiegel ;_; Am liebsten in meinem Zimmer *_* Und nicht in unserem Flur, wo einer steht....
Haha, Adieu x3 Jetzt wirds lustig!
Locken find ich cool, da hat die Natur es gut mit ihr gemeint^^ Jaja, die Haltung macht viel aus, weiter so Eleanor! :3
Wuhu! Ich musste zweimal hinsehen bei dem Befehl "Fühl ihn" xD Aber vielleicht hilft es ihr ja ihren Körper nicht mehr an einer Leine neben sich her zu führen sondern sich mit ihm zu identifizieren ^_^
Huch! Vielleicht solltest du die FF unter Adult stellen, wenn das so weitergeht! xP *scherz* Ich bin doch noch Minterjährig xDD
Ach, es soll keine Selbstbefriedigung werden? Hätt ich fast gedacht! xDD Nää, sowas trau ich dir nicht zu, zumal du mich diese FF lesen lässt ;P
Also ich finde es wird spannender, sie findet zu sich und das ist gut! :)

Von: abgemeldet
2009-06-22T18:24:16+00:00 22.06.2009 20:24
Mal wieder super geschrieben.
Ja, und "Ellis Erkundungstour" ist dir wahrlich gelungen. ^^
Von:  TigorA
2008-08-31T15:07:29+00:00 31.08.2008 17:07
endlich das neue kappi ^^
huch, elli auf erkundungstour, da wird man ja schon ein bisschen rot um die nasenspitze xDD. hauptsache sie wird selbstbewusster, sonst wird das nichts mit ihrem plan ^^. und du hast es ja wiedermal großartig geschrieben. oh und ich hoffe das ellis papa bald einsieht das das nichts mehr wird mit ihrer mutter.
Von: abgemeldet
2008-08-31T14:11:01+00:00 31.08.2008 16:11
erster xD
wow *__*
ich bin beeindruckt *smile*



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