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The God of Insanity

The story of the ethernal(!) Pirate
von

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the living dead

1 eternity 1 the living dead
 


 

„Skull’n’Bones. Der Ruf der Freiheit. Der Ruf nach Rache. Der Ruf der Wahnsinnigen.“

–Bedeutung von Skull’n’Bones
 

What keeps you immortal if everything you have ever lived for is gone?
 

Der Forschungskreuzer Semper VII versuchte verzweifelt der Flotte, von der das Forschungsteam verfolgt wurde, zu entkommen.

Doch es war zwecklos. Das war allen Crewmitgliedern der Semper VII klar, genauso klar, wie die Tatsache, dass sie zu weit von allen kolonisierte Welten und Schifffahrtsrouten entfernt waren, als dass jemand den Notruf, denn der Funkoffizier auf allen Frequenzen in das All hinausschickte, empfangen würde. Das Schicksal der Semper VII war eine beschlossene Sache. Nichts würde daran etwas ändern. Nichts, was nicht an ein Wunder grenzen würde.

Zwar war der Forschungskreuzer außerhalb der Waffenreichweite der Militärkreuzer und des Schlachtschiffes, von denen das Forschungsteam verfolgt wurde, doch die ständigen Treffer, welche die Schilde der Semper VII aufleuchten ließen, stammten von etlichen Jägern, welche mit jedem Schuss die Schildenergie verminderten und sobald die Schilde ausgefallen waren, würden die wendigen Jäger mit Sicherheit den Antrieb der Semper VII attackieren und dafür sorgen, dass die kleine Feindflotte den Forschungskreuzer einholen würde.

Commander Nikolai Johnson stand in der Mitte des Kommandodecks der Semper VII und warf einen Blick durch die Frontscheibe. Der Pilot, der nicht weit vor ihm saß, tat sein Bestes das schwerfällige Schiff schneller zu machen. Immer wieder brüllte er Instruktionen in sein Headset, durch welches er mit dem Cheftechniker im Maschinenraum verbunden war.

Der Blick des Commanders war gleichgültig und kalt, denn auch wenn die Situation aussichtslos war, so war er dennoch bedacht, keine Angst zu zeigen. In seinem Kopf schrie er sich selbst immer wieder an, einen kühlen Kopf zu bewahren.

„Mir egal, ob uns der Antriebskern gleich den Arsch wegpustet! Ich will nur nicht von einer Meute übler Telepathen massakriert werden! Verdammte Scheiße!“ fluchte der Pilot Houston in sein Headset.

Commander Johnson seufzte über die Ausdrucksweise seines Piloten. Houston war ein fähiger Pilot, einer der besten, die Johnson je getroffen hatte, doch er hatte ein aufbrausendes Temperament und schlechte Umgangsformen.

„Zwing mich nicht aufzustehen und dir in den Arsch zu treten.“ drohte Houston dem Cheftechniker.

„Etwas mehr Haltung, Mr. Houston!“ tadelte Johnson.

Houston warf einen kurzen, reuigen Blick über die Schulter und murmelte eine Entschuldigung.

Commander Johnson war nicht nur der ranghöchste Offizier an Bord der Semper VII, er war auch der führende Wissenschaftler, zumindest soweit es den Grund für die Expedition betraf.

Für einen Außenstehenden musste es seltsam erscheinen, dass ein Theologe die Expedition anführte, doch wer das Wesen und die Kultur der Karthar verstand, nicht zu vergessen der Zweck der Expedition, dem wurde klar, warum der Theologe Johnson zum Kopf der Forschungsgruppe ernannt wurde.

„Beim Gott des Wahnsinn!“, entfuhr es dem Funkoffizier, „Warum ist da niemand. Hier spricht der Forschungskreuzer Semper VII, wir stehen unter Feindbeschuss! Ich wiederhole. Wir stehen unter Feindbeschuss. Benötigen sofortige Hilfe von jedem, der diese Nachricht hört!“

„Fluchen Sie nicht auf den Gott des Wahnsinns!“ tadelte Johnson nun Miguel Tardez, den Funkoffizier.

„Verzeihung.“ stammelte dieser kurz, dann wiederholte er den Hilferuf immer wieder und wieder.

Jane Granger, eine junge Archäologin der Crew, empfand es als seltsam, wie gelassen Commander Johnson trotz der Ausweglosigkeit ihrer Situation war.

„Die Schilde fallen gleich aus, Sir!“ rief Anderson von der taktischen Konsole dem Commander zu.

Der Commander quittierte es mit einem kurzen Zucken seines Mundwinkels.

„Sieht nicht so aus, als würden wir ihnen entkommen.“ fügte Anderson nach ein paar Sekunden hinzu.

„Mr. Tardez?“ fragte Johnson ruhig.

„Keine Antwort, Sir!“, antwortete Tardez, „Nichts!“

„Vielleicht können wir sie in der Wolke da vorne abschütteln.“ schlug Jane vor und zeigte auf eine riesige Gaswolke, welche gerade dabei war am rechten Rand der Frontscheibe zu verschwinden.

Houston runzelte die Stirn und blickte dann den Commander an.

Dieser wirkte unschlüssig und fragte dann den Piloten: „Machbar?“

Der Pilot überlegte kurz und antwortete: „Möglich. Es wäre zumindest einen Versuch wert!“

„Das ist Wahnsinn!“, sprach Anderson aus, was allen anderen im Hinterkopf klar war, „Mit einem Schiff dieser Größe ist es purer Wahnsinn durch eine Gaswolke zu fliegen!“

„Und dennoch ist es die einzige Möglichkeit unsere Verfolger loszuwerden.“, stellte Houston fest, dann blickte er wieder den Commander an und sagte, „Es ist ihre Entscheidung, Sir!

Commander Johnson wirkte kurz unschlüssig, dann seufzte er und befahl: „Mr. Houston, nehmen Kurs auf diese Wolke!“

Houston nickte, zog das Steuer herum und zischte: „Ai, Sir!“

Der schwerfällige Kreuzer änderte seinen Kurs leicht und einer der feindlichen Jäger zerschellte an den Schilden der Semper VII. Der Pilot war zu nahe am Schiff gewesen, um auszuweichen und war von der Kurskorrektur überrascht worden.

Trauriger Ironie gleich war der letzte Gedanke des Piloten: „Wie konnte ein Telepath von der Handlung eines einfachen Menschen überrascht werden?“

„Wir müssen es nur bis zu der Gaswolke schaffen.“ zischte Houston und die restlichen Anwesenden auf der Brücke wussten, dass Houston mit dem Steuerknüppel sprach. Carl Houston zog es vor, das Schiff mit Respekt zu behandeln. Viele mochten darin ein Anzeichen von Wahnsinn sehen, andere sahen darin das Vertrauen, welches ein guter Pilot zu einem Schiff aufbaute.

Jane blickte auf die Wolke, welche von kurzen Blitzen erhellt wurde und hoffte inständig, dass sie es bis dorthin und dann auch noch dort durch schaffen würden.

Mit einem letzten Aufleuchten fielen die Schilde auf und sofort begannen die Jägerpiloten mit einem Angriff auf den Antrieb der Semper VII.

„Sollten wir nicht einen Teil der Antriebsenergie auf die Bordwaffen umleiten?“ fragte Houston an den Commander gewandt.

„Nein!“, antwortete dieser resolut, „Wir brauchen jeden Meter Vorsprung, denn wir kriegen können.“

Ein Jägergeschwader zog direkt vor der Frontscheibe vorbei.

„Außerdem wäre es nahezu zwecklos.“ fügte Johnson hinzu.

Die Distanz zur Gaswolke schrumpfte und sie waren nicht mehr weit entfernt, da jubelte Tardez auf: „Wir schaffen es.“

Und in diesem Moment offenbarte das Schicksal sein wahres Gesicht und eine Explosion erschütterte das ganze Schiff.

„Antriebsenergie sinkt rapide.“ berichtete Anderson.

Die Semper VII wurde langsamer.

„Antriebsenergie fällt aus.“ kam es keine drei Sekunden später von Anderson.

Doch die Semper VII bewegte sich immer noch, durch die eigene Trägheit.

„Notfallsysteme aktivieren sich automatisch.“ Andersons Stimme war beinahe nur noch ein hoffnungsloses Krächzen.

Die Notfallsysteme sprangen an und das Schiff bremste ab. Hundert Meter vom Nebel entfernt. Die Jäger stoben davon und flogen zu ihrer Flotte zurück, welche sich nun aufteilte und darauf bedacht war, die Semper VII möglichst großräumig zu umzingeln.

Die Gesichter aller Anwesenden waren aschfahl. Jane hatte vor Verzweiflung Tränen in den Augen und Houston ließ den Kopf auf den Steuerknüppel sacken.

„Verdammt!“ fluchte er keuchend.

Die Tür zur Kommandobrücke ging auf und Johsons Sohn betrat die Brücke.

Jaykoff Nikolai Johnson, oder Nick, wie er nur genannt werden wollte, trat neben seinen Vater und fragte: „Ist es jetzt vorbei, Dad?“

Johnson sah in das Gesicht seines 20 Jahre alten Sohnes und kurz sah Nick Tränen in den Augen seines Vaters glitzern.

„Es ist vorbei.“ sagte der Commander und wandte den Blick von seinem Sohn ab.

„Und jetzt?“ fragte Tardez von der Funkkonsole her.

„Wir werden ihnen die Artefakte übergeben und hoffen, dass sie uns verschonen.“ sagte Johson.

„Die werden uns abschlachten. So oder so.“ sprach Houston aus, was niemand sonst offen zugeben wollte.

„Wir kämpfen!“ sagte Nick fest überzeugt.

Sein Vater sah in blinzelnd an.

„Lieber aufrecht sterben, als kriechend.“ sagte Nick mit grimmigem Gesicht.

Kurz huschte ein stolzes Lächeln über das Gesicht seines Vaters.

„So wie es uns überliefert wurde.“, sagte der Commander mit brüchiger Stimme, dann räusperte er sich und befahl, „Alle Energie auf die Waffensystem.“

„Ai!“ erwiderte Anderson und machte sich daran den Befehl umzusetzen.

„Wenden!“ befahl Johnson dem Piloten.

„Ai!“ kam es von Houston, dessen Gesicht nun nicht mehr Hoffnungslosigkeit zeigte, sondern Entschlossenheit.

Während das Schiff sich langsam zu drehen begann, blickte Jane in den Nebel, der ihre letzte Hoffnung gewesen war und als wieder ein Blitz durch das Gas ging, hatte sie für einen kurzen Augenblick geglaubt, etwas im Nebel gesehen zu haben. Etwas Großes. Etwas Riesiges.

Doch sie bekam nicht die Gelegenheit noch einmal hinzusehen und sich zu vergewissern, denn die Semper VII drehte sich um 180° und nun sahen sie das Schlachtschiff der Telepathen, auf sich zukommen.

Obwohl keines der Feindschiffe das Feuer eröffnete, wussten alle Mitglieder der Crew, dass sie diesen Tag nicht überleben würden.

„Mannschaft des Forschungskreuzers, ergeben Sie sich! Widerstand ist zwecklos! Verlängern sie ihr Leiden nicht zusätzlich!“ drang eine kalte Stimme über Funk herein.

Die kleine Flotte der Telepathen hatte einen Halbkreis um die Semper VII gezogen und hatte unzählige Geschütze auf das schwache, nahezu wehrlose Schiff gerichtet.

„Ich will mit der Crew sprechen!“ sagte Commander Johnson.

Anderson nickte, drückte ein paar weitere Tasten und nickte dem Commander dann zu.

„Freunde, dies ist unsere dunkelste Stunde.“, sprach Johnson an die Crew, „Unser Ende. Doch wir wissen, dass das Ende nur ein Synonym für Neubeginn ist. Nun werden wir vor den Richter treten und unsere Wahl treffen, ob wir uns für das ewige Leben, oder die Freiheit des Vergessens entscheiden. Doch bevor es soweit ist, will ich euch wissen lassen, dass es mir eine Ehre war, mit ihnen auf dieser Reise zu sein. Möge der Gott des Wahnsinns uns in unserer dunkelsten Stunde beistehen und führen. Möge unser Tod nicht umsonst sein. Denn wie uns unser Gott lehrte, ist ewiges Leben keine Belohnung, sondern ein Fluch. Und deshalb sind wir glücklich über die Tatsache, dass wir sterben können, auch wenn es unter friedlicheren Umständen angenehmer wäre. Skull’n’Bones!“

„Skull’n’Bones!“ wiederholte alle Crewmitglieder.

„Skull’n’Bones!“ sagte auch Nick mit kurzer Verzögerung. Obwohl er der Sohn des Commanders, der überdies der fanatischste Vertreter ihrer Religion war, war, war er das Crewmitglied, welches am wenigsten an den Gott des Wahnsinns glaubte. Er war eben skeptisch und realistisch.

Die Überzeugung seines Vaters in den Gott des Wahnsinns ging hingegen schon soweit, dass er seinen Sohn Jaykoff Nikolai Johnson genannt hatte. Jaykoff, da dies einer der überlieferten Namen für den Gott des Wahnsinns war.

Ein gackerndes Lachen ertönte, welches vom Commodore der Telepathenflotte gehörte.

„Glaubt ihr wirklich, dass der Gott des Wahnsinns sich für so lästige Würmer wie euch interessiert?“, fragte er johlend, „Ihr seid es nicht wert von seine Geheimnisse zu lernen. Ihr seid es nicht wert im Besitz seiner Relikte zu sein. Ihr seid es nicht einmal wert, von ihm zu reden. Ihr seid nichts. Nichts außer-…“

„Wir werden nicht kapitulieren!“ warf Commander Johnson zwischen die Beschimpfungen des Commodores.

„Nun denn, dann machte euch auf euer Ende bereit. Feuer!“ erwiderte der Telepath nun verbittert, weil ihm Johnson einfach so ins Wort gefallen ist.

Ein Lichtstrahl drang aus der Wolke hinter der Semper VII, traf einen der Militärkreuzer und durchschlug ihn, als wäre er bestünde er aus Papier. Das Schiff explodierte schlagartig.

Die Telepathen hielten inne. Geschockt von dem, was gerade passiert war, starrten sie dorthin, von wo der Lichtstrahl gekommen war.

Im nächsten Moment erklang eine weitere Stimme. Sie klang müde und schien von überall widerzuhallen. Sogar in den Köpfen der einfachen Menschen und Telepathen.

„Skull’n’Bones. Der Ruf, der Freiheit. Der Ruf, nach Rache. Der Ruf, der Wahnsinnigen.“, sagte die Stimme, „Wer aus tiefen Herzen um Hilfe bittet, dem wird Hilfe gewährt. Wer nur nach Macht strebt, den werden Wahnsinn und Untergang heimsuchen.“

Etwas Goldenes tauchte aus dem Nebel aus. Es wirkte wie das Ende eines Ovals, welches nach oben gewellt war. Immer weiter schob es sich aus dem Nebel und nahm kein Ende. Es wuchs an und war über und über mit kleineren und größeren Geschützbatterien gespickt.

Zwei weitere, identische Konstrukte tauchten weiter unten aus dem Nebel auf, doch waren sie nach außen gebogen und die Spitzen der drei bildeten ein gleichseitiges Dreieck. Ein roter Punkt leuchtete in der Mitte der drei Ovale auf, dann tauchte der restliche Körper des gigantischen Raumschiffes aus dem Nebel auf.

Die drei ovale Sprossen aus dem gewaltigen Leib des Raumschiffes und würde es aufrecht stehen, würde es den Eindruck einer Blume, genauer gesagt, den Anblick der Blütenblätter und des Kelches einer Tulpe vermitteln. Die Übergänge zwischen den Korpus und den Blütenblättern, waren von schweren, zusätzlichen Panzerungen, welche in der Form von Dreiecken waren und nahtlos in den Korpus übergingen, verstärkt.

Es war ein erhabener, aber auch furchteinflößender, Anblick, als das Schiff, welches bereits seid Milliarden von Jahren existierte, aus dem Nebel auftauchte und die Semper VII sich plötzlich im Inneren der Blütenblätter befand.

Ein Bild tauchte im Cockpit der Semper VII auf, genauso im Cockpit des Telepathen-Schlachtschiffes.

Das Bild zeigte einen jungen, dunkelhäutigen Mann, der in einer Art aufrecht stehendem Ei saß, einen schwarzen Hut aus Stoff tief ins Gesicht gezogen, sodass das Gesicht bis zum Kinn nicht zu sehen war, und die Fingerspitzen zusammen gelegt hatte. Er trug eine weiße Hose, weiße Sneakers und hatte ein schwarzes Hemd mit kurzen Ärmeln an. Das Hemd war nicht zugeknöpft und zeigte einen Blick auf den muskulösen, vernarbten und tätowierten Körper. Sein linker Arm erschien grotesk, unnatürlich dünn und tot. Er passte nicht zum restlichen, fitten Körper.

Der linke Arm war gänzlich Grau, die Haut wirkte ungewöhnlich rau und die Finger, welche allesamt lang und schlank waren, waren nur vier. Dafür war eine goldene Rüstungsplatte am Unterarm geschnallt, welche auf der Oberseite eine ungewöhnliche Ausbuchtung hatte, wo ein sanftes, beruhigendes, hellblaues Leuchten aus einer kleinen Öffnung an der Vorderseite kam.

Obwohl die Haut rau und tot wirkte, war sie abgesehen davon makellos. Nicht so der rechte Arm. Er schien über und über mit Narben bedeckt zu sein, welche sich bis zur Schulter hinaufzogen. Durch das aufgeknöpfte Hemd erkannte man, dass einige Schnitte von der Schulter bis zur Mitte der Brust verliefen. Aus dem Schatten, der das Gesicht verbarg, waren schwach die Konturen eines, durch Narben entstelltes, Gesicht zu sehen, und ein Augenpaar leuchtete unter der Hutkrempe hervor. Es wirkte bedrohlich, dass aus dieser Dunkelheit zwei so helle Dinge hervorglänzten. Teilweise war der Blick bedrohlich, doch gleichzeitig lag eine Güte und Erfahrung darin, dass Nick keine Angst fühlte.

Das Ei, zumindest sah der Sitz, indem die Person saß, so aus, war der Kommandositz und war reichlich ausgepolstert. Es hatte auf jeder Seite eine Armlehne, welche im hinteren Teil sanft in die Rückenlehne überging. Im Vorderen Teil der Armlehnen waren kleine Konsolen angebracht, mit denen Befehle an den Bordcomputer übermittelt werden konnten.

Der Raum hinter dem Kommandositz war in einem dunklen Zwielicht, welches nur wenige erkennen ließ, doch was man erkannte, zeigte zwei Dinge. Erstens war hinter dem Kommandositz noch viel Raum mit leeren Sitzplätzen und zweitens, waren diese Sitzplätze bemerkenswert leer. Eine bemerkenswerte Tatsache, wenn man sich die Größe des Schiffes ansah.

Auch sonst ließ kein Geräusch oder Bewegung erahnen, dass im Kommandoraum weitere Personen als die Gestallt im Kommandositz wären.

Die Person öffnete den Mund und wieder erklang die Stimme, die von überall widerzuhallen schien.

„Semper VII, ich habe Ihren Hilferuf empfangen.“, sagte der Mann, dann wandte er seine Stimme an den Telepathen-Commodore und niemand zweifelte daran, dass er diesen meinte, „Commodore, machen Sie sich bereit von der ewigen Dunkelheit umschlungen zu werden.“

Die Augen des Commodores weiteten sich vor Schreck, er öffnete den Mund und wollte noch einen Befehl aussprechen, zuckte der Arm des seltsamen jungen Mannes kurz und die Schatten auf der Hülle des Telepathenschlachtschiffes, bäumten sich wie wild auf, dehnten sich aus, fielen dann zusammen und krachten gegen die Hülle des Schlachtschiffes, wie Wellen gegen eine Klippe. Doch die Hülle gab knarrend nach und wurde von der Dunkelheit zerquetscht.

Gleichzeitig schossen die Geschütze des gigantischen Schiffes auf die restlichen Schiffe der Telepathen und zerfetzten sie in Einzelteile, während Schwärme aus kleinen, golden Abfangjägern an der Semper VII vorbeizischten und auf die Feindflotte einhämmerten.

Der Kampf, oder als was man es bezeichnen wollte, dauerte nur knapp zehn Sekunden, dann waren alle Schiffe der Telepathen vernichtet und die Trümmer verstreuten sich langsam. Vom Schlachtschiff der Telepathen fehlte jedoch jede Spur. Die Schatten, die es zerquetscht hatten, haben sich immer weiter zusammengezogen, bis sie schließlich vollkommen verschwunden waren und mit ihnen das Schlachtschiff.

„Was, beim Gott des Wahnsinns, war das?“ fragte Johnson geängstigt von solcher kurzen, doch brutalen Gewalthandlung.

Nick vergaß kurz seine eigene Angst und blickte seinen Vater für einen kurzen Augenblick blinzelnd an. Hatte er gerade wirklich auf den Gott des Wahnsinns geflucht?

„Semper VII, machen Sie sich bereit in zum Andocken.“ sagte die Person, welche sich, wie Nick plötzlich auffiel, nicht vorgestellt hatte.

Nicht das es so sonderbar war, aber Nick empfand es dennoch als seltsam.

Alles in allem empfand Nick ihren Retter als sehr schweigsam.

Die Videoverbindung brach ab und Commander Johnson sammelte sich wieder.

Er räusperte sich und befahl: „Kümmert euch um die Reparaturen. Houston, Jane, Jaykoff, ihr kommt mit mir.“

Nick seufzte auf, denn sein Vater war der einzige, der ihn Jaykoff nannte. Alle anderen hatte er dazu gebracht, dass sie ihn Nick nannten.

Jane nickte, wischte sich die Augen und fragte dann: „Sicherheitslevel?“

„Stufe 2.“, erwiderte der Commander, „Auch wenn sie uns gerade gerettet haben, traue ich denen nicht.“

Houston erhob sich, griff unter seinen Sitzplatz und holte seine Handfeuerwaffe mit dem Halfter hervor.

Jane und Nick überprüften die Magazine ihrer eigenen Waffen, dann steckten sie diese ebenfalls in die Halfter zurück.

Auch wenn Jane zuvor ziemlich panisch gewirkt hatte, war sie dennoch eine junge Frau, die sich zu wehren wusste. Doch in einer Raumschlacht wäre sie hilflos gewesen.

„Die Soldaten sollen in Dreierschichten in der Nähe des Eingangs Wache halten!“ sagte Johnson zu Anderson, damit dieser den Befehl an die Sicherheitskräfte weiterleiten konnte.

Anderson nickte, dann fragte er: „Wäre es nicht sicher, wenn sie sich ein paar der Soldaten als Geleitschutz mitnehmen?“

„Ich habe schon einen mit.“ antwortete Johnson und legte seinem Sohn eine Hand auf die Schulter.

Dieser hatte gerade das Sturmgewehr von der Schulter genommen und dessen Magazin überprüft und lächelte nun gequält.

Hätte er gewusst, dass er unter den Befehl seines Vaters und mit diesem auf eine Expedition fliegen würde, hätte er sich niemals beim Militär verpflichtet.

Houston, der nur um ein paar Jahre älter als Nick war, grinste hämisch. Die beiden verstanden sich gut, auch wenn Houston Nick öfter aufzog, weil er der Sohn des Commanders war.

„Unter diesen Umständen muss ich mich ja sicher fühlen.“ meinte Houston sarkastisch, was Nick mit einem künstlichen Lächeln belohnte.

Der Commander hielt die Aussage hingegen für ernst gemeint und Schritt, vor Houston, Nick und Jane her, zum Ausgang.

Jane ging direkt hinter Commander Johnson her, während Nick versuchte das Schlusslicht zu bilden. Houston ging neben ihm her und fragte ihn flüsternd: „Schon mal einen Menschen getötet?“

Nick konnte seine Verwunderung über diese Frage nicht verbergen, weshalb ihm Houston auf die Schulter klopfte und beruhigend sagte: „Keine Panik. Es kommt nur selten zu einer Situation, wo es sich nicht verhindern lässt.“

„Musstest du schon mal töten?“ fragte Nick dann.

Das Lächeln verschwand aus Houstons Gesicht, er nickte und antwortete: „Ja, aber nur einmal. Es war der letzte Ausweg.“

Ein Ruck ging durch die Semper VII als es an den goldenen Koloss angedockt war.

Nick sah Houston erwartungsvoll an. Er wollte wissen, wie es zu der Situation gekommen war, doch gleichzeitig wollte er Houston auch nicht drängen sich mit einer Erinnerungen herumzuschlagen, auf welche er scheinbar nicht stolz war.

Houston sah Nick an, schüttelte den Kopf und meinte dann grinsend: „Das ist eher eine Geschichte, mit der man an einem Pokerabend seine Kumpels zum Weiterspielen verleitet.“

Auch Nick lächelte und nickte. Er wusste, was Houston damit eigentlich sagen wollte. Er würde die Geschichte noch bald genug erzählen. Außerdem handelte es sich um eine lange Geschichte.

Sie kamen zur Dekontaminationskammer, welche, abgesehen von den Fluchtkapseln, der einzige Weg nach draußen war und Jane beschlich ein seltsames Gefühl, als sie die Kammer betraten und die gegenüberliegende Tür anstarrten, welche normalerweise mit Raumstationen oder Andockvorrichtungen bei Planeten verbunden war. Nun aber, schien ein gigantisches, unbekanntes Schiff auf der anderen Seite dieser Tür.

Auch einem Monitor neben dem Ausgang war eine Bestätigung, dass außerhalb der Tür eine Atmosphäre war, welche Menschen überleben ließ und außerdem eine Anmerkung, dass diese Atmosphäre künstlich war.

Die Tür hinter ihnen schloss sich.

„Dekontamination eingeleitet!“ ertönte die Stimme des Bordcomputers, während die Luft um sie herum zu knistern begann und aus allen Wänden eine Art Brummen kam.

Als Nick das zum ersten Mal miterlebte, glaubte er, dass irgendetwas falsch gelaufen wäre, denn das Knistern hielt er für ein Anzeichen, dass sich die Luft elektromagnetisch auflud, was auch der Fall war. Doch die Aufladung war nicht ganz so hoch, wie er damals geglaubt hatte. Er fühlte ein Kribbeln auf seiner Haut und als es aufhörte, verkündete die Stimme: „Dekontamination beendet!“

Ein Zischen erklang von der Tür, welche zum unbekannten Schiff führte und Nick umfasste den Griff seines Sturmgewehres fester.

Die Tür glitt nach oben und zwei weitere Verschlüsse, welche den Dekontaminationsraum im Falle eines Beschusses noch extra absicherten, glitten ebenfalls auf.

Eine Goldene Tür tauchte im Sichtfeld der vier Menschen auf, dann teilte sich diese in der Mitte und glitt auseinander.

Der Gang, der dahinter auftauchte, stand im Kontrast zur erhabenen und hellen Hülle des gewaltigen Schiffes. Nach knapp drei Metern, welche vom Licht aus dem Dekontaminationsraum erhellt wurde, wurden die Wände, der Boden und die Decke von der Dunkelheit verschluckt.

Commander Johnson blieb stehen und starrte in die Dunkelheit.

Die Knöchel an Nicks Hand färbten sich weiß, während er immer noch sein Gewehr umklammerte.

Sein Vater fasste sich, trat dennoch zaghaft einen Schritt vor und rief in die Dunkelheit: „Hallo?“

Schritte erklangen. Nicht von weit weg, sondern nahe. Sehr nahe, doch für Nick, der ein ausgezeichnetes Gehör hatte, stand eines fest. Die Schritte wirkten nicht, als wäre die Person plötzlich losgegangen, sondern als wären die Schritte nur mit einem Schlag hörbar geworden. Außerdem humpelte die Person leicht.

Gleichzeitig mit den Schritten tauchte ein schwaches, hellblaues Schimmern in der Dunkelheit auf, welches einen grauen, schlanken Handrücken erhellte. Auch das Schimmern war nicht weit entfernt. Als es auftauchte, war es vier Meter von der Schwelle entfernt, wo die Dunkelheit komplett wurde. Das Schimmern kam näher und befand sich etwas unterhalb der Hüfthöhe.

Die vier Menschen erkannten in der Hand, die Hand der Person wieder, welche sie zuvor über Video gesehen hatten.

Dann ging weit hinten im Korridor ein Licht an und zeigte Wände, welche der Außenhülle des Schiffes in nichts nachstanden. Ebenso imposant und schimmernd.

Doch vor dem Licht zeichnete sich die Kontur einer Person ab, welche auf die vier Menschen zuging.

Die Konturen ließen aber keinen Zweifel daran, dass es sich um die Person aus der Videoverbindung handelte.

Nick schluckte, als er an der Kontur erkannte, wie abstrakt der linke Arm der Person wirklich war. Er passte ganz und gar nicht zum restlichen Körper.

Weitere Lichter gingen an und erhellten nun den ganzen Gang, wobei Jane, als sie kurz den Blick von der seltsamen Person, welche zu ihnen ging, abwandte und den Gang entlang starrte, feststellte, dass der Gang in mehr als hundert Metern Entfernung in einer Wand endete. In regelmäßigen Abständen wurde er dafür von anderen Gängen gekreuzt.

Dann blieb die Person stehen, nicht ganz drei Meter vor ihnen.

Nick versuchte ihm ins Gesicht zu blicken, doch wieder lag es im Schatten seines Hutes.

Kurz fühlte Nick eine seltsame Präsenz in seinem Kopf. Sie wirkte gleichzeitig befremdend, aber auch vertraut, als wäre sie sein Leben lang schon dort gewesen, doch dieses Mal intensiver als sonst.

Die Präsenz nahm aber schnell wieder ab.

Nicks Vater trat einen Schritt vor und sagte: „Danke. Danke, dass sie mich und meine Leute gerettet haben.“

„Kein Problem, Commander Johnson.“ erwiderte die seltsame Person trocken.

Die vier Crewmitglieder der Semper VII zuckten zusammen, als der Mann zu wissen schien, wen er vor sich hatte.

Johnson fand es seltsam und fragte daher: „Woher wissen sie meinen Namen.“

Das wenige, was man vom Gesicht des Mannes sah, zeigte ein Grinsen, dann antwortete der Mann schon: „Es spielt keine Rolle woher Wissen kommt, solange es existiert. Wissen ist die einzige Währung, welche noch nie wertlos wurde. Und daher sollte man Wissen mit dem nötigen Respekt behandeln und nicht hinterfragen.“

Johnson, Jane und Nick legten die Stirn in Falten und der Commander hatte das Gefühl, als müsste er sich Entschuldigen.

Nur Houston fand es komisch, wie der Mann sie anlächelte und wiederholte in seinem Kopf die Antwort, die er gegeben hatte: „Es spielt keine Rolle woher Wissen kommt, solange es existiert. Wissen ist die einzige Währung, welche noch nie wertlos wurde. Und daher sollte man Wissen mit Respekt behandeln und nicht hinterfragen.“

Johnson wollte gerade den Mund öffnen, um eine Entschuldigung zu äußern. Er glaubte, auf jemanden gestoßen zu sein, der anderen Benimmregeln folgte.

Aber bevor Johnson etwas sagen konnte, meinte Houston: „Würde es nicht bedeuten ein Wissen abzulehnen, wenn man sich nicht fragt, woher ein anderes Wissen kommt.“

Der Mann lachte sanft, nickte in Houstons Richtung und erwiderte: „Ihr habt Recht. Wissen ohne fragen zu akzeptieren, ist das Aneignen von fremden Wissen. Wissen ohne Weisheit hat keinen Wert. Dennoch ist noch nicht der Moment gekommen, wo ich erkläre, woher ich mein Wissen beziehe.“

Houston lächelte bescheiden. Gleichzeitig warf ihm Jane einen anerkennenden Blick zu.

„Würden Sie mir dann bitte erklären, wer sie sind!“ forderte Johnson höflich. Gleichzeitig war er aber auch erleichtert, dass die Aussage seines Piloten kein Fiasko angerichtet hatte.

„Ich hatte schon viele Namen.“, antwortete der Mann und Johnson wusste, dass er ihn dabei anblickte, „Viel zu viele Namen. Wenn Ihr wissen wollt, unter welchem Namen ich geboren wurde, muss ich Sie enttäuschen. Denn diesen Namen weiß ich selbst nicht.“

Johnson blinzelte, dann meinte er: „Oh, tut mir-!“

Er kam gar nicht dazu den Satz zu beenden, denn der Mann erwiderte schon: „Es braucht Ihnen nicht Leid zu tun. Sie trifft keine Schuld an meinem Unwissen.“

Nick legte die Stirn in Falten. Das Verhalten dieses jungen Mannes empfand er als seltsam. Höflich und geheimnisvoll, doch gleichzeitig erweckte es auch den Eindruck, als wäre es sogar dem Mann selbst etwas fremd.

„Gibt es irgendeinen Namen, mit dem wir Sie anreden können?“ fragte Johnson.

„Sie können mich Captain nennen, wenn Sie wollen.“, antwortete der Mann, dann fügte er noch hinzu, „Obwohl mich so nur wenige nannten.“

„Captain?“ fragte Houston skeptisch.

„Wie wurden sie denn noch genannt?“ erkundigte sich Nick.

Sein Vater drehte sich zu ihm um und wollte ihm gerade zuzischen, dass er nur Soldat war und aus diesem Grund den Mund halten sollte.

Doch der Captain sagte ruhig: „Verbieten Sie Ihrem Sohn nicht, Fragen zu stellen. Auch Soldaten haben ein Recht auf Wissen.“

Johnson drehte sich wieder zum Captain um und blinzelte erstaunt.

Woher wusste er, dass sein Sohn ein einfacher Soldat war. Okay, das war wohl nicht sehr schwierig zu erraten, weil Nick schließlich ein Sturmgewehr in den Händen hielt und eine Uniform anhatte.

Houston ging dasselbe durch den Kopf, doch als auch er zu dieser einleuchtenden Antwort gekommen war, erkannte er eine andere Anomalie. Woher wusste der Fremde, dass Nick der Sohn des Commanders war.

Bevor Houston eine Frage stellen konnte, drehte der Captain den Kopf in Nicks Richtung und sagte: „Die meisten nannten mich Jay. Jay, als Kurzform von Jaykoff.“

Nick rollte mit den Augen und seufzte auf.

Johnson hingegen lächelte und sagte: „Mein Sohn heißt ebenfalls Jaykoff.“

„Aber ich bevorzuge es Nick genannt zu werden.“ dachte sich Nick verbittert, wagte es jedoch nicht laut auszusprechen.

Jane hingegen starrte über die Schulter des Captain, oder Jay, wie sie ihn scheinbar auch nennen könnten, und meinte dann: „Das ist ein gewaltiges Schiff.“

Jay wandte ihr den Kopf zu und sie fragte: „Wie viele Mitglieder hat ihre Crew?“

Es war eine getarnte Anspielung auf die Stille und Leere, welche bisher das einzige war, was man vom Schiff mitbekommen hatte.

Es schien als würde der Captain kurz überlegen müssen, was Jane zuerst so auffasste, dass es sich um eine große Anzahl von Crewmitgliedern handeln musste und Jay versuchte eine möglichst genau Zahl zu nennen.

Daher verblüffte sie die Antwort umso mehr.

„Drei.“ antwortete, wobei er seiner Stimme nach nicht ganz sicher war, ob es stimmte.

„D-Drei?“ wiederholte Jane überrascht.

„Ich, Bloodtalon und Tusom.“ zählte Jay auf, aber er klang immer noch etwas unsicher.

Es herrschte einen langen Moment Stille, dann lächelte der Captain etwas zaghaft und fragte: „Haben Sie Hunger?“

Die vier Crewmitglieder der Semper VII starrten ihn überrascht von dieser Frage an.

„Ähm. Danke, es geht.“ erwiderte Commander Johnson höflich.

Doch Jay schüttelte sanft den Kopf und meinte: „Ich bitte darum.“ Dabei zeigte er mit seinem Daumen über seine Schulter.

Er machte verständlich, dass er das Nein nicht akzeptierte.

„Nun. Gut, okay.“ verbesserte der Commander seine Meinung.

„Schön.“ meinte Jay, drehte sich um, starrte den langen Gang vor sich an und bewegte sich nicht mehr.

Er kniff die Augen zusammen, massierte sich mit dem Daumen und dem Mittelfinger der rechten Hand den Nasenrücken und murmelte dabei: „Wo war noch mal die nächste Kantine?“

Schweigend, aber mit verwunderten Blicken, warteten seine vier Gäste hinter ihm und sahen ihn an.

Schließlich schlug er die Augen auf und meinte: „Ach ja. Dort ist sie.“

Dann ging er los und die vier anderen folgten ihm.

„Sie erwecken den Eindruck, als würden Sie sich auf Ihrem eigenen Schiff nicht auskennen.“ meinte Houston so höflich, wie er konnte, damit sich der Captain nicht beleidigt fühlen sollte.

Dieser schien wirklich nicht beleidigt zu sein, denn seine Stimme klang eher erfreut, aufgeregt und sanft, während er antwortete: „Mir ist in letzter Zeit ziemlich viel durch den Kopf gegangen. Normalerweise kenne ich mich hier besser aus, als in meiner Westentasche.“

Es schien zu stimmen, denn er ging zielsicher ohne auch nur einmal stehen zu bleiben. Jane wunderte sich, denn für sie sah jeder Korridor gleich aus und die mageren Beschriftungen waren auch nur wenig Hilfe. Es wunderte sie, dass es einige Korridore gab, welche auf der einen Seite eine Scheibe hatten, durch die man hinaussehen konnte, und auf der anderen Seite Türen mit verschiedenen Nummern hatte. Jede Tür war gleich und im gleichen Abstand zueinander.

Es war eigentlich nicht ungewöhnlich, Räume zu nummerieren, um sie später leichter wiederzufinden. Doch die Türen erschienen ihr seltsam.

Seltsamer noch als der Rest des Schiffes, der vollkommen steril zu sein schien.

Sie fand nirgends ein Anzeichen von Staub oder Abnutzung. Und das für eine Crew, die angeblich nur drei Mitglieder hatte.

Etwas war faul an der ganzen Geschichte. Etwas lag Jane quer im Magen.

Vielleicht hatte der Captain etwas mitbekommen, da seine vier Gäste ständig auf die Türen starrten und sich fragten, was wohl dahinter war. Vielleicht sagte er es auch einfach nur so.

„Das sind die Mannschaftsquartiere.“, erklärte Jay, „Normalerweise wären sie belegt. Aber hier waren schon lange keine mehr. Fast eine halbe Ewigkeit.“

Bei dem Wort Ewigkeit, versagte ihm die Stimme und Nick konnte es richtig fühlen, dass irgendetwas in der Person vor sich vorging.

In Jays Kopf hallten Schreie wieder. Wütende Schreie, panische Schreie, flehende Schreie. Die letzten Stimmen, welche abgesehen von Jays eigener, durch die Gänge des Schiffes gehallt waren.

Jay schluckte, schüttelte kurz den Kopf und fügte für seine Gäste hinzu: „Das Schiff ist in der Lage weit mehr als 250.000 Personen zu beherbergen.“

„Wow!“ stieß Houston ehrfürchtig aus.

Jay bog nach rechts ab, dann blieb er vor einer Tür stehen, welche in der linken Wand war.

Er legte die Finger kurz auf eine Konsole neben der Tür. Nach fast zwei Sekunden war ein kurzer, freundlicher Piepton zu hören und die Tür glitt auf.

Der Raum dahinter lag im Dunkeln und Jay trat ein, ohne Licht anzumachen.

„Das ist jetzt eine Abkürzung.“ sagte Jay. Er wusste, dass es zwei viel schnellere Wege zum nächsten Aufenthaltsraum gegeben hätte. Doch er wollte seine Gäste nicht unnötig schocken.

Der Raum den er betreten hatte, war nur knapp drei Meter breit, doch schien es sich um einen weiteren Korridor zu handeln, der zu beiden Seiten mit Statuen gesäumt war.

Im Licht, welches durch die Tür fiel, sah Nick die Umrisse einer Gestallt. Sie wirkte zwar menschlich, doch schien es, als hätte sie eine Art Ritterrüstung an.

Die ganze metallene Gestallt, war gut 2,5 Meter hoch, hatte dicke Beine, einen mächtigen Brustkasten und breite Arme. Wo der Kopf hätte sein sollen, war eine Halbkugel, welche scheinbar einen Helm darstellte. Nick hatte nie etwas Vergleichbares gesehen.

Solche Statuen säumten den ganzen Gang, wobei jeweils eine komplett weiße und eine ganz schwarze sich abwechselten, und verloren sich in der Dunkelheit.

Zwischen den Rüstungen war jeweils eine kleine Säule, welche einen Bildschirm und eine Tastatur zeigte.

Jay schien plötzlich zu merken, dass die vier bei der Tür zurückgeblieben waren, denn im nächsten Moment flammten die Lichter auf und Nick schnappte erschrocken nach Luft.

Die Statuen waren keine Statuen. Es waren Rüstungen, welche aufgereiht an den Wänden standen. Hinter jeder Rüstung war eine Art Aufladestation in der Wand, von der dicke Kabel zu den Rücken der Rüstungen gingen.

„Das ist eine der Lade- und Wartungsstationen für Powerrüstungen.“ erklärte Jay, als er die Blicke der vier sah.

„Was für Rüstungen?“ fragte Commander Johnson. Der Anblick der Rüstungen war nicht gerade beruhigend.

„Powerrüstungen.“, wiederholte Jay, „Eine veraltete, terranische Technologie.“

„Veraltet?“, wiederholte Houston, „Ich habe noch nie davon gehört.“

„Seit dem letzten großen Krieg sind sie nicht mehr eingesetzt worden.“ meinte Jay und ging weiter.

„Welchen Krieg meinen Sie?“ fragte Johnson.

Jay blieb nicht stehen und antwortete auch nicht.

Die vier rissen sich zusammen und folgten ihm.

Der Raum war kleiner, als sie anfangs angenommen hatten. Er war nicht ganz 30 Meter lang, dann traten sie wieder auf einen der Korridore hinaus.

Die Tür glitt hinter ihnen wieder zu und bevor sie sich gänzlich schloss. Warf Nick noch einen letzten Blick auf die Powerrüstungen. Er wünschte sich, so eine zu tragen, dann würde er sich erheblich sicherer fühlen. Egal, ob diese Technologie veraltet sei, oder nicht.

Der restliche Weg war auch nicht mehr lange, sie bogen noch um eine Ecke, dann ging Jay geradewegs auf eine Tür zu, diese glitt auf und zeigte eine kleine Kantine.

Als sie eintraten, schien Jay es angebracht, für eine weitere Erklärung über das Schiff: „Es gibt hier an Bord mehrere kleine Kantinen und eine große.“

Er wies ihnen an, an einem der Tische Platz zu nehmen, dann blickte er sie wieder an und fragte: „Haben Sie Hunger? Wollen Sie etwas trinken?“

Die vier lehnten dankend ab.

Jay zuckte mit den Schultern und verschwand dann durch eine Tür neben der Essensausgabe.

Houston vergewisserte sich, dass Jay außer hörweite war, dann beugte er sich über den Tisch und flüsterte: „Bei allem Respekt, Sir, die Sache gefällt mir nicht.“

Jane nickte zustimmend.

„Mir auch nicht. Aber er hat uns gerade das Leben gerettet.“ erwiderte Johnson leise.

„Und wenn das nur eine Falle ist?“, gab Jane zu bedenken, „Vielleicht ist er auch hinter den Relikten her.“

„Aber worum ist er dann so höflich?“ erwiderte Johnson.

Nun fiel Nick wieder ein, was ihm zuvor aufgefallen war.

„Sein Verhalten wirkt ohnehin etwas gezwungen.“ sagte er.

„Er verschweigt etwas. Soviel ist klar. Er hat bisher noch keine verständliche Antwort gegeben.“ merkte Houston an.

Johnson nickte.

„Ich finde, wir sollten so schnell wie möglich verschwinden.“ schlug Jane vor.

Abermals nickte Johnson.

Die Tür ging wieder auf und Jay betrat wieder die Kantine. Er hatte ein Tablett dabei, auf welchem sich ein Steak mit Bratkartoffeln auf einem Teller, eine Flasche Tequila und fünf Gläser befanden.

Er stellte das Tablett auf den Tisch, nahm die Flasche und die Gläser vom Tablett und platzierte sie großzügig in der Mitte des Tisches.

Dann ließ er sich auf seinem Platz nieder, nahm Messer und Gabel und sah kurz auf das Steak, dann wieder auf seine Gäste.

„Und ihr wollt wirklich nichts?“ fragte er. Seine Stimme klang nun nicht mehr gezwungen und er hatte die gespielte Höflichkeit aus seiner Stimme verbannt. Er wirkte nun viel menschlicher und ungezwungener.

„Ähm. Nein, danke.“, versicherte Johnson, dann räusperte er sich und fügte hinzu, „Wir werden ohnehin Ihre Gastfreundschaft nicht lange ausnutzen.“

Jay zuckte belanglos mit den Schultern, während er das erste Stück vom Steak trennte und in seinem Mund verschwinden ließ.

Sie sahen ihm zu, wie er seelenruhig zu essen begann.

Irgendwann zwischendurch sagte er: „Ich war schon fast am verhungern.“

Nick lächelte unsicher.

Johnson fiel eine Frage ein, welche sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte.

„Dürfte ich erfahren, was Sie hier machen?“ fragte Johnson höflich.

„Essen?“ erwiderte Jay schlicht und sah Johnson etwas seltsam an, als wäre es die natürlichste Antwort der Welt.

Houston grinste breit, denn die Antwort war nicht schlecht gewesen. Sie war gut um vom eigentlichen Sinn der Frage abzulenken, indem man einfach Naivität vorspielte oder aber Humor einbrachte.

„Nein, ich meine was Sie hier machen. In diesem Teil des Universums.“ konkretisierte der Commander die Frage.

Jay, der sich gerade ein weiteres Stück Steak in den Mund führen wollten, hielt inne, legte die Gabbel und das Messer auf das Teller.

Die Bilder einer Frau und eines jungen Mannes, der das Ebenbild seines Vaters war, tauchten vor Jays innerem Auge auf. Er sah die beiden, wie sie in ein helles Licht blickten und dann verschwanden.

„Ich bin hier um zu vergessen.“ sagte Jay schlicht, wenn auch etwas gereizt, nachdem er wieder in die Wirklichkeit zurückgekehrt war.

„Vergessen.“ wiederholte Johnson nickend. Er würde gerne wissen, was dieser Jaykoff vergessen wollte, doch der gereizte Unterton deutete an, dass er nicht darüber reden wollte.

„Vergessen und mich verstecken.“ sagte Jay und seine Stimme war wieder ruhiger.

„Verstecken? Vor wem?“ erkundigte sich Jane.

„Vor den Telepathen.“ antwortete Jay und blickte dabei in die Runde.

Nick lächelte. Dieser Captain schien bereits schlechte Erfahrung mit den Telepathen gemacht zu haben. Das hieß auch, dass er gar nicht so schlecht sein konnte.

„Ah. Darum haben Sie uns auch geholfen.“ sagte Johnson, nicht ohne Hintergedanken. Er glaubte, dass die Semper VII vielleicht zu nahe an das Versteck dieses Riesenschiffes gekommen war und der Captain daher die Telepathenflotte angegriffen hatte.

„Ich habe euch geholfen, weil ihr um Hilfe gebetet habt.“, sagte Jay ruhig und ehrlich, „Nicht weil die Gefahr bestand, dass ich entdeckt werden könnte.“

Johnson blinzelte überrascht, weil Jay genau den Zweifel ansprach, der Johnson durch den Kopf gegangen war.

„Sie hätten mich vermutlich nicht gefunden. Und wenn, dann hätte ich einfach mein Versteck gewechselt.“ sagte Jay.

„Sie haben uns also geholfen, weil wir um Hilfe gebeten haben, nicht aus Angst um Ihr Versteck.“ fasste Johnson zusammen.

Jay nickte zustimmend.

„Warum haben Sie dann nicht auf den Funkspruch geantwortet? Sie hätten eine Menge Druck von den Schultern meiner Crew genommen.“ meinte Johnson.

Jay ließ den Kopf hängen. Scheinbar war ihm seine Antwort peinlich.

„Ich war schon seit langem der Ansicht, dass sich die Menschen selbst helfen sollten. Auf niemanden verlassen sollten. Nicht hoffen, dass ein unbekannter Retter sich ihnen zu Hilfe eile. Egal in welcher Situation. Und die Telepathen meide ich, wie der Teufel das Weihwasser. Ich bin froh, wenn ich nichts mit ihnen zu tun haben muss.“ erwiderte Jay.

„Und was hat dann Ihre Meinung geändert?“ fragte Johnson beinahe flüsternd.

Jay fasste in eine Tasche seiner Hose, zog einen PDA heraus und begann etwas in eine Tastatur einzugeben, welche im unteren Teil des Gerätes eingelassen war.

Dann legte er den PDA auf die Tischplatte, drückte einen weiteren Knopf und sofort war die Stimme von Miguel Tardez zu hören: „Hier spricht die Semper VII. Wir werden von Telepathen angegriffen und benötigen dringend Hilfe. Beim Gott des Wahnsinns! Warum ist da niemand. Hier spricht der Forschungskreuzer Semper VII, wir stehen unter Feindbeschuss! Ich wiederhole. Wir stehen unter Feindbeschuss. Benötigen sofortige Hilfe von jedem, der diese Nachricht hört!“

Die Aufzeichnung endete und Jay packte den PDA wieder in seine Tasche zurück.

„Und?“ fragte Johnson.

„Wie sollte ich jemanden im Stich lassen, der auf den Gott des Wahnsinns flucht?“ erwiderte Jay mit einem Grinsen.

Nick hätte beinahe zu lachen begonnen, doch er konnte es gerade noch zu einem Hüsteln abwürgen.

Sein Vater hingegen, bekam einen roten Kopf und zischte: „Ich verbiete mir jegliche Kritik am Gott des Wahnsinns.“

„Warum?“, erwiderte Jay ruhig, „Jeder hat das Recht über den Gott des Wahnsinn zu urteilen, wie es einem beliebt.“

Johnson erhob sich. Houston, Nick und Jane waren überrascht, dass der Commander beinahe vor Wut schäumte. Normalerweise war er die Ruhe in Person.

„Sie wagen es? Sie wollen über einen Gott richten?“

„Gott?“, wiederholte Jay und schien kurz davor zu lachen, „Er ist kein Gott.“

Der Commander schnappte nach Luft.

„Er ist kein Gott.“, wiederholte Jay, doch das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden, „Ich gebe zu, dass er kein Mensch ist. Das er seine Menschlichkeit abgelegt hatte, aber ein Gott ist er mit Sicherheit nicht. Ein Dämon schon eher. Aber bestimmt kein Gott.“

Bevor ihn jemand aufhalten konnte, oder er sich selbst bremsen konnte, hatte Johnson die Faust geballt, sich über den Tisch gebeugt und Jay geschlagen. Er hatte Jay überrascht und traf seine linke Wange.

Von der Kraft des Schlages, fiel Jay rücklings von seinem Sitzplatz und sein Hut rutschte ihm vom Kopf.

Überrascht starrten Houston, Jane und Nick den Commander an, der abgehackt atmete und immer noch auf seine Faust starrte. Langsam wurde ihm klar, dass er gerade eine Dummheit begangen hatte. Er hatte sein Leben und das Leben seiner Crew wegen einer Meinungsverschiedenheit riskiert.

Ein Lachen schallte vom Boden her auf und ließ die vier zusammenzucken.

„Teufel. Da lehrt man einer ganzen Zivilisation Toleranz und dann das.“ lachte Jay.

Johnson und die drei anderen blickten auf den Captain hinab, der auf dem Boden lag und lachte. Dabei sahen sie zum ersten Mal sein Gesicht zur Gänze und es verschlug ihnen den Atem.

Die drei blutroten, frisch wirkenden Narben über dem linken Auge und unzählige weitere, wenn auch unauffälligere Narben im Rest der linken Gesichtshälfte, zwei blaugrüne Augen, welche er vor Belustigung leicht zusammenkniff und das linke Auge, dessen Pupille ein Schlitz war und die Iris einen gelben Ring hatte.

All das zeigte ihnen, wenn sie vor sich hatten.

„Oh mein Gott.“ hauchte Johnson erschrocken.

Doch Jay lachte immer noch und meinte: „Habe ich nicht gerade eben gesagt, dass ich kein Gott bin?“



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