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Staring At The Sun

Zufall
von

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Something Called Fate

Der gedankenverlorene Blick aus dem großen, fast bodentiefen Fenster offenbarte Uchiha, warum er nicht in New York City leben konnte. Vorbei hastende Passanten, die ihre Jackenkragen zum Schutz vor dem noch kalten Frühlingswind nach oben geschlagen hatten, ihre schweren, bunten Einkaufstüten oder ihre Aktentaschen fest umklammerten, eine schier Kilometer lange, sich durch die Hochhausschluchten windende Schlange von gelben Taxen, Bussen und Autos, die sich an jeder roten Ampel bildete, und vor allem Dreck, überall; ausgespucktes, platt getretenes Kaugummi, leere, zerknüllte Bierdosen, lose Zeitungsblätter, die vom Wind davon getragen wurden, ausgetretene Zigarettenkippen, die in einem verzweifelten letzten Glimmen den billigen Lederschuhen vom Discounter zum Opfer fielen, und noch anderer Abfall, den das blühende Leben in einer Großstadt mit sich trug.

New York City war chaotisch wie die unerforschten Weiten des Universums, bunt wie das Konfetti einer Geburtstagsparty, ausgeflippt wie Vivian Westwood, mondän wie es sonst nur die Sloane Street in London schaffte, es war aufregend wie eine Safari, berauschend wie eine Designerdroge und erdrückend wie zu schweres Parfüm.

Dennoch erschien es ihm immer nur auf eine Weise: Durch eine dicke Wand aus Glas. Er sah, was vor sich ging, doch er konnte nichts davon verstehen.

Und so blieb New York für ihn immer eine kalte, unpersönliche Großstadt wie jede andere auf der Welt, deren einstiges Flair in wenigen Ecken noch flüchtig zu erahnen war, wenn man nur aufmerksam danach suchte.

Sein ruhiges Domizil in den Hamptons war direkt am Strand gelegen. Wenn es ihm danach war, konnte er in aller Ruhe mit dem Boot hinausfahren und Angeln, er konnte an warmen Tagen sogar schwimmen, oder an kalten Regentagen einfach nur auf dem feuchten Sand spazieren gehen und wie ein kleines Kind seine Fußspuren genau zurückverfolgen.

Es war friedlich, dort draußen, und ruhig, bis auf die immerwährende Brandung der Wellen, die mit der Zeit zu einer beruhigenden Melodie für ihn geworden war.

Im Gegenzug dazu war der hupende Verkehrslärm und das plärrende Gefasel der Menschen, als würde man mit den Fingernägeln über eine Schiefertafel kratzen – es tat in den Ohren weh.

Doch auch die Einsamkeit, die er schätze, war manchmal, als würde man von allen Richtungen mit Lärm beschallt: das monotone Ticken der alten Standuhr, das Brummen der gedimmten Lampen, irgendein beunruhigendes Knarren im Holz oder das Summen des Computers.

Dann packte er seine Reisetasche mit dem Nötigsten und fuhr nach New York; um sich vor Augen zu führen, dass all der Lärm, der ihn in seinem Haus in den Hamptons störte, die pure Stille und Friedlichkeit war, ein wahres Idyll, verglichen mit dem unerträglichen Schlachtenlärm, der New York der Weilen erfasste.

Und warum diese Schocktherapien nicht mit etwas Anderem verbinden?

Karins Gesellschaft zeigte ihm gleichzeitig, was ihm fehlte, was er dennoch nicht brauchte: Leidenschaft und Liebe. Wenn er diese beiden Dinge jedoch erleben wollte, stand Karin zum Abruf bereit, als warte sie jedes Mal sehnlichst auf seinen Anruf, wenn er mit gleichgültiger Stimme verkündete, er sei in der Stadt.
 

Sasuke Uchiha nahm den letzen, nunmehr lauwarmen Schluck seines Kaffees, erhob sich von seinem Sessel und war im Begriff zu gehen, als sein Handy erneut klingelte.

Das Klingeln des Handys, auch ein Geräusch, das er abgrundtief hasste, raubte ihm nun seine letzten Nerven; ohne auf das Display zu achten, raunzte er ein unfreundliches „Ja.“, in den Hörer.

Der Schwarzhaarige überlegte, wer ihn nun dieses Mal gestört hatte, limitierte er selbst doch die Reihe an in Frage kommender Personen sehr streng. Nicht umsonst schaltete er sein Handy und auch sein Telefon gewöhnlicher Weise aus, so dass man ihn nur per E-Mail erreichen konnte.

Denn immer, wenn sein Handy eingeschaltet war, kam es ihm so vor, als würde er zum Dreh- und Angelpunkt aller Menschen, die ein plötzliches, nicht zu unterdrückendes Mitteilungsbedürfnis hatten, das nur er allein mit seiner genervten Stimme stillen konnte.

„Sasuke, ich bin’s.“ Karins Stimme bebte gereizt, als würde sie sich beherrschen müssen, ihm keine derben Schimpfworte an den Kopf zu werfen, was er aus ihrer Position betrachtet durchaus als gerechtfertigt erachtete. „Ich bin es auch, die sich fragt, wie du es wagen kannst, einfach so aufzulegen. Was bildest du dir eigentlich ein?“

Ein innerliches Seufzen durchlief seinen gesamten Körper, als hätte er geahnt, was nun auf ihn zukommen würde. Er sank zurück in den Sessel und klopfte mit den Fingern nervös auf die Tischplatte.

Was er sich aus welchem Grund auch immer einbildete, hatte niemand zu hinter fragen, und erst recht nicht Karin, die in genau diesem Moment das größte Ärgernis seines Lebens beschrieb. „Ich habe keine Zeit. Und ich rufe dich an, wenn ich etwas von dir will.“

„Du meinst, wenn du mich willst.“ Sie schnaubte verächtlich. Sasuke fragte sich, warum sie sich immer noch mit ihm traf, wenn ihr sein Umgang mit ihr doch so sehr missfiel. Es war nicht sein Problem, wenn sie für ihn immer wieder zu Kreuze kroch, es war erst zu seinem Problem geworden, als sie anfing sich zu beschweren, als sie ihn damit belasten wollte. „Sasuke, willst du wirklich schon heute Abend zurück fahren? Falls du dich erinnerst, was heute für ein Tag ist, würdest du das nicht machen.“ Ihr Tonfall, unterdrückter Trotz und eine Spielart Geheimnistuerei, machte Sasuke es nicht leichter, sie nicht zu verabscheuen.

Nach einer kurzen Pause sagte Sasuke in einem durch und durch gleichgültigen Ton „Wirklich?“, wie nur er es vermochte. Trotzdem runzelte er leicht die Stirn und überlegte, was Karin damit andeuten wollte. Hatte sie eine neue Idee, wie sie ihre Affäre in Schwung bringen konnte? Krankenschwesterkostüme? Fesselspiele?

Er betrachtete eines der Taxen, die direkt am Fenster vorbeifuhren. Direkt dahinter reihten sich noch drei weitere in den dichten Verkehr ein, der nur schleppend voranging. Es war ihm ein Rätsel, warum so viel übermäßiger Verkehr herrschte, konnte man doch die Metro benutzen, die im Fünfminutentakt in jede gewünschte Richtung fuhr.

„Schatz, du solltest mich jetzt eigentlich fragen, was denn heute Abend los ist. Denn ich habe so das Gefühl, du hast keinen blassen Schimmer.“

Sie hatte Recht, er hatte keine Ahnung, und es war ihm egal. Nicht egal war ihm jedoch, dass sie sich mit diesem lächerlichen Kosenamen über ihn lustig machte, da sie genau wusste, dass ihn das verärgerte. Er schwieg beharrlich.

„Na gut.“ Karin legte eine kleine Kunstpause ein, um zu unterstreichen, wie ach so großzügig sie nun sein würde. „Heute Abend findet eine nette Feier im Waldorf Astoria statt, Sasuke. Klingelt’s jetzt bei dir?“ Ihre Stimme war honigsüß, triefte förmlich. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie sich genüsslich mit dem linken Zeigefinger über die Oberlippe fuhr, eine Geste, die sie auch ausführte, wenn er sie geküsst hatte. Die einzige niedliche Eigenschaft an ihr.

Wäre er auf einem seiner Designerstühle in seiner Penthousewohnung gesessen, wäre er wohl jetzt förmlich umgekippt. Es stimmte, er konnte nicht zurück fahren.

Denn am heutigen Abend würde man ihn als Teil der feierlaunigen Gesellschaft, die die Verlobung des baldigen Ehepaares Hinata Hyuuga und Naruto Uzumaki begoss, erwarten.

Diese Party, sozialer Höhepunkt des Monats der New Yorker High Society, war wohl auch der Grund, warum Naruto ihn angerufen hatte.

Er hatte immer schon geahnt, dass sein mürrisches Gemüt ihn eines Tages noch um Kopf und Kragen bringen würde, allerdings hatte er nicht gerade jetzt damit gerechnet.

Als er nichts erwiderte, weil er überlegte, ob Naruto womöglich aus Trotz böse Gerüchte über ihn verbreitete, ließ sich Karin dazu herunter. „Ich dachte mir, dass wir zu diesem Anlass zusammen auftreten könnten.“ Sie erwartete offenbar, dass er sich jetzt einschalten sollte, aber er schwieg immer noch. „Ich habe keine Begleitung, du hast keine Begleitung. Es wäre perfekt!“

„Benimm dich nicht lächerlicher, als du es bereits bist. Wir sind kein Paar, wir haben nur eine Affäre. Nein, wir haben noch nicht einmal eine Affäre, wie haben einen One-Night-Stand, der sich des Öfteren wiederholt. Bei einem One-Night-Stand geht es um Sex, Karin. Wir haben keine Dates.“ Sasuke verdrehte die Augen und betrachtete sein Spiegelbild im Fenster das gleiche tun. Warum war sie so? Nein, besser, warum waren alle Frauen so? Lag es ihnen im Blut? Handelte es sich um einen Urinstinkt? Diese Gier, mit der sie ihm immer begegnete, sie stahl ihm immer mehr den Genuss an ihren Treffen, an ihrem gemeinsamen Hobby.

Doch diese Art, Grenzen immer wieder zu überschreiten, auch wenn er ein deutliches Stoppzeichen setzte, sie war wohl allen Wesen des Typus Frau eigen.

Karin holte hörbar Luft. „Schön.“ Er hatte erwartet, dass sie ihn wieder anzischen würde wie eine wütende Kobra, aber sie war überraschend beherrscht. „Sasuke, du weißt, so geht es mit uns nicht weiter. Wie lange läuft das schon so? Entweder, wir schaffen es endlich, nach all den Jahren eine ernsthafte Beziehung auf die Reihe zu bekommen, oder unsere Reise endet hier. Bis heute Abend hast du Zeit. Ich will eine Entscheidung.“ Diesmal war sie es, die einfach so ohne Weiteres auflegte.

Ich will eine Entscheidung… Da war er wieder, der unfehlbare Beweis. Ich will. Ich will diese Schuhe, ich will diese Handtasche, ich will dieses Kleid, ich will dein Geld, ich will deinen Sex, ich will deine Liebe und ich will dein Leben. Gierhals.

Er seufzte genervt auf und stand nun endgültig auf, um zu gehen. Auf dem Weg zur Tür fing er den tadelnden Blick einer älteren Dame in lachsrotem Kostüm auf, die so pikiert drein sah, dass er ahnte, dass sie die Worte Affäre, One-Night-Stand und Sex am liebsten verbieten wollte.

Es tat ihm außerordentlich nicht leid, dass sie an seiner Ausdrucksweise Anstoß nehmen musste. Obgleich er abgeschieden in seiner Villa lebte, war auch er ab und zu ein Mensch des 21. Jahrhunderts.
 

Durch New York bewegte man sich als Einwohner am besten mit Hilfe eines unsichtbaren, eingebauten Radars. So musste man weder auf die Füße achten, noch auf Verkehrsschilder oder andere Dinge wie Passanten. Man frönte einfach anderen Dingen, wie SMS schreiben, im Internet surfen, Haare kämmen oder Zeitung lesen.

Sasuke machte sich dieses Radar zu nutze, auch wenn es bei ihm etwas älter und verstaubt war. Während er sich also wendig durch die entgegen kommenden Passanten schlängelte, eiligen Fahrradkurieren auswich und an der Ampel punktgenau hielt, dass er nicht zu Brei gefahren wurde, tippte er auf den Tasten seines Handys herum.

Eine Tätigkeit, die ihn zum Fluchen brachte. Seine Finger waren zu groß, die Tasten zu klein und SMS schreiben schien so gar nicht sein Gebiet zu sein. Nachdem er also mehrmals ein t anstatt dem gewünschten j bekam, resignierte er vor der unnötigen Technik und entschied sich, Naruto mit der anderen Kommunikationsoption zu kontaktieren. Der altbewährte Anruf.

„Hey.“, meldete sich Naruto prompt, gut gelaunt wie eh und je, während im Hintergrund das Kichern einer Frau zu hören war. Sasuke vermutete Hinata, Narutos Zukünftige.

Sasuke wich einer tief fliegenden Taube aus und brummte dann: „Hi.“ Er überlegte, ob er sich für seine kurz angebundene Art entschuldigen musste, entschloss sich aber dann dafür, nichts zu erwähnen, da Naruto ihn und seine Art schon zur Genüge kannte – es würde ihm hoffentlich egal sein. „Wann sollte ich heute Abend kommen?“

Naruto schien kurz zu überlegen oder wurde durch jemanden abgelenkt. „Neun Uhr. Eigentlich hieß es ja um acht, aber es werden wahrscheinlich alle erst um neun kommen. Erhoffen sich alle diesen typischen Aha-Effekt, wenn sie zu spät kommen.“

„Okay.“

„Hast du eine Begleitung?“ Die Neugierde seines Freundes war nicht zu überhören. Sie leuchtete wie ein überdimensioniertes Plakat am Times Square auf. Als Sasuke nicht antwortete, ließ Naruto ein unterdrücktes Lachen hören. „Wir haben Zimmer reservieren lassen, falls gewisse Gäste gewisse Bedürfnisse befriedigen müssen.“

„Du musst nicht immer von dir auf andere schließen.“

Naruto überhörte Sasukes schnaubenden Einwurf. „Weißt du, Karin kommt heute auch.“

„Ich weiß.“, knurrte Sasuke gereizt, da Naruto genau wusste, dass das Thema Affäre eher eines dieser Geheimnisse war, von dem jeder wusste, aber niemand sprach.

„Ihr hättet ruhig zusammen kommen können.“

Sasuke verdrehte die Augen. „Das hat sie mir auch vorgeschlagen. Und nein, das würde ich mir niemals antun.“

Am anderen Ende der Leitung versuchte Naruto immer noch sein amüsiertes Gekicher in den Griff zu bekommen. Ein aussichtsloses Unterfangen, wie Sasuke aus jahrelanger Erfahrung gelernt hatte. „Ich bin mir sicher, wenn du mein Zimmerangebot annehmen würdest, könntet ihr den offensichtlichen Ärger in eurer Beziehung mit gymnastischen Übungen beseitigen.“ Narutos frivolen Anspielungen waren mehr als nervig. Ebenso wie Karin selbst schien er nicht damit zurechtzukommen, dass man eine Frau nicht lieben musste, um mit ihr Sex zu haben, auch wenn es einem täglich in den Medien vorgeführt wurde.

„Wie oft noch, Naruto? Karin und ich haben Sex, wir wollen nicht heiraten.“, murrte Sasuke schlecht gelaunt, aber leise, da er nicht schon wieder von prüden Damen mit giftigen Blicken gesteinigt werden würde. Allein der Gedanke an läutende Hochzeitsglocken und ihm selbst im schwarzen Anzug mit weißer Rose im Knopfloch, aktivierte bei ihm intuitive Fluchtinstinkte.

Das Lachen, das Naruto so angestrengt zurückzuhalten versuchte, brach aus ihm schallend heraus und ließ Sasuke mit dem Handy in der Hand zusammenzucken.

Er könnte sich schwören, dass sein Trommelfell geplatzt war.

„Sasuke, wenn du dich irgendwann einmal verlieben solltest, musst du es mir nur sagen und ich schenke dir eine Millionen bar auf die Hand.“

„Ich bin gerührt, wie viel dir mein Gefühlsleben doch wert ist.“, tönte Sasuke trocken, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er die Schnauze voll hatte von Narutos Bombardement aus feuchtfröhlichen Anspielungen, und dass er ungehindert auflegen würde, sollte Naruto nicht prompt damit aufhören.

Naruto hörte auch damit auf. Er hörte wirklich auf, sich vor Lachen zu schütteln und räusperte sich nervös. Verdutzt zog Sasuke eine Augenbraue nach oben, während er darauf wartete, was Naruto ihm nun unglaubliches offenbaren würde. Er rechnete fest damit ein Ich bin schwanger! oder zumindest ein Die Erde ist eine Scheibe! zu hören.

„Findest du, dass es irgendwie seltsam ist, wenn ich dich jetzt telefonisch darum bitte, mein Trauzeuge zu sein?“, fragte er schließlich vorsichtig, als rechnete er mit einem niederschmetternden Nein.

„Nicht viel seltsamer als der Umstand, dass wir befreundet sind.“ Sasukes Kehle entwich ein raues Lachen, das Naruto als Zustimmung wertete. Dass er nicht vor lauter Erleichterung seufzte, war schon alles.

Sasuke hörte das Glockengeläut, doch erleichtert stellte er fest, dass nicht er das arme Schwein mit der weißen Rose im Knopfloch sein würde, sondern nur der Depp mit dem roten Samtkissen, auf dem zwei Ringe lagen, in der Hand.

„Gut. Dann sehen wir uns also heute Abend!“ Im Hintergrund ertönte ein ohrenbetäubend heller, fast quietschender Schrei, als wäre Naruto auf irgendein kleines, hilfloses Nagetier getreten. Offenbar kitzelte Naruto gerade Hinata, die darauf hörbar sehr empfindsam reagierte.

Sasuke, der erneut zusammen gezuckt war, verabschiedete sich mit einem kurzen „Ja.“, und verstaute sein Handy wieder in seiner Anzugjacke.

Der Taxistand war voll geparkt mit gelben Cabs, die nur darauf warteten potentielle Kunden an den von ihnen gewünschten Ort zu fahren.

Auch wenn Sasuke es normalerweise, trotz seines Bankkontos, vorzog, die Metro zu benutzen, entschied er sich dazu, dieses eine Mal doch um ein Taxi zu bemühen, da er nicht genau wusste, wie lange er sonst brauchen würde, um zu seiner Wohnung zu gelangen und er sicherlich noch Besseres zu tun hatte, als sein Portemonnaie vor Taschendieben zu schützen.
 

Taxifahrten konnten unglaublich entspannend sein, wie ein Abend in dem durchgesessenen Lieblingssessel, einem dicken, verstaubten Wälzer und einer Tasse heißen Earl Grey.

Draußen konnte es wie aus Kübeln regnen, ununterbrochen schneien oder, wie in diesem Moment, die Sonne hinter den immer dünner werdenden grauen Wolken hervorblinzeln, man war abgeschottet von dem Trubel.

Der Innenraum des Taxis beschrieb eine gänzlich andere Welt. Die beheizten, grauen Sitze, der Geruch nach Menschen, der in einem Taxi so viel erträglicher erschien, die dreckigen Fußmatten und die individuelle Ausstattung der Fahrer, die von Wackel-Elvis bis zu New York Yankees-Aufklebern reichte.

Man konnte zur Ruhe kommen, die Füße ausruhen und die anderen Menschen auf der Straße verspotten, die immer noch ihrem täglichen Geschäft nachgingen, als gehörte man für einen kurzen Augenblick nicht zu ihnen.

Es schien, als wären Taxifahrer Übermenschen, denen es im Blut lag, zu erkennen, wann ihre Fracht ein Gespräch benötigte, und wann Schweigen Gold war.

Diese Fahrt war eine, in der beide Parteien zufrieden schwiegen, der ruhigen Radiomusik lauschten und ihren Gedanken nachhingen.

Sein momentaner Gedanke nannte sich: Die Frau im Allgemeinen und die Frau im Besonderen – Die Frau fürs Bett und Die Frau fürs Leben.

Gutes Aussehen, das traf für viele Frauen, einschließlich Karin, zu, die sich gerne einen Platz an seiner Seite wünschten. Aber es war nun mal nicht das, auf das er wirklich Wert legen würde, wenn er es darauf anlegen würde, eine ernsthafte Beziehung zu erstreben.

Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er mit seinem abgeschiedenen, gewollt einsamen Lebensstil vielleicht vieles im Leben verpassen würde, und dass eben genau die pompös geplante Hochzeit seines besten Freundes der unmissverständliche, signalfarbene Wink mit dem Zaunpfahl war, dass es durchaus Dinge im Leben gab, die man besitzen sollte, auch wenn man glaubte, dass es nicht so wäre. Denn was konnte man noch groß ändern, wenn man alt, verbittert und schwach an den Rollstuhl gefesselt in einem übergroßen Haus lebte?

Nichts würde man wirklich tun können, da änderte weder das sorgsam verwaltete Geld oder die teuren Autos nichts. Man hatte nur eine gewisse Zeit lang die Chance, einen anderen Weg einzuschlagen, bevor es nicht mehr zurückging, weil man in einer Einbahnstraße gelandet war.

Ihm wurde bewusst, um was es Karin ging. Trotz ihrer Geltungssucht war sie vernünftig, und die Entscheidung, die sie von ihm verlangte, beruhte auf der gleichen Erkenntnis, die ihn beim Gedanken an die hübsche Galeristin aus heiterem Himmel ereilte.

Karin und er, das hatten sie nun endlich beide erkannt, konnten die beste Zeit ihres Lebens nicht damit vergeuden, eine Affäre zu leben, die nicht auf gleichwertigen Motiven beruhte, sondern von ihrer Seite aus auf der lächerlichen Illusion einer wahren Bindung, und von seiner Seite aus auf der ebenso unmöglichen Vorstellung, Frauen könnten sich mit einer Sache begnügen.

So schön jede Nacht war, so schrecklich war jeder Morgen, dessen Licht ihm die Falschheit seines Treibens offenbarte.

Und genau aus diesem Grund wusste Sasuke, dass er seine Entscheidung längst gefällt hatte, und dass die einzige Begrüßung, die Karin vom ihm auf der abendlichen Verlobungsfeier seines besten Freundes bekommen würde, ein eindeutiges Nein sein würde.
 

„Neji Hyuuga!“, stellte Sai den Anwalt freudestrahlend, mit fast feierlicher Stimme vor, die schmale Brust stolz gewölbt.

Sakura Haruno schluckte, klappte ihren offenen Mund karpfenartig zu und bemühte sich, ihre Stielaugen einzufahren. „Das sehe ich!“, brachte sie schließlich heraus.

Und wer hätte nicht so reagiert, wie sie es tat? Die Welt war verdammt klein, besonders in New York.

Neji Hyuuga stand im Allgemeinen im Ruf, der beste Scheidungsanwalt New Yorks und Umgebung zu sein, was ihre Verwirrung natürlich noch etwas steigerte – nahe zu ins unermessliche. Was wollte Sai mit einem Scheidungsanwalt?

Hatte sie irgendeine Klausel im Vertrag übersehen? Oder wollte Sai nur sicher sein, dass Sakura den Bund ihres Lebens – mit seinen Bildern – auch ernst nahm?

Der große Mann sah sie mit einem geschäftsmäßigen Lächeln an, das nicht über die strafende Gleichgültigkeit in seinen wolkengrauen Augen hinweg täuschen konnte. „Sie sind also Sakura Haruno.“ Mit seinem Stimmfall hätte er genauso sagen können Sie sind also der Blumenstrauß., oder noch eher Sie sind also die Klobürste.

„Sind sie nicht Scheidungsanwalt?“, fragte sie ihn schließlich und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, um sich wenigstens den kleinen Rest Selbstbewusstsein mit aller Kraft zu erhalten.

„Ich bin Scheidungsanwalt.“ Zu freundlich, er wiederholte mit seiner Antwort einfach ihre Frage. Wahrscheinlich hielt er sie und ihr Hirn für nicht leistungsfähig genug, seinen gehobenen Sprachschatz zu verstehen. Aber das war nicht schlimm, Mann hatte sie nicht zum ersten Mal aufgrund ihrer anatomischen Andersartigkeit für minderbegabt gehalten.

Misstrauisch beobachtete sie die breite Eingangstür des Restaurants, darauf gefasst, dass in jeder Sekunde eine Horde Kamera schwenkender Paparazzi um die Ecke stürmen könnte, um sie beim Essen von Main-Hummer und Trinken von Bordeaux aus Pomerol unentwegt abzulichten.

Wahrscheinlich würde so wohl der Alltag eines Prominenten aussehen. Kameras auf Schritt und Tritt, Interviews hier und dort.

Kein Wunder, dass Neji Hyuuga so unhöflich war, immerhin war er ein Prominenter, denn sein strenges Antlitz prangte regelmäßig zusammen mit irgendwelchen kürzlich geschiedenen namhaften Stars und dem ein oder anderen angetrunkenen Model von den Klatschzeitschriften, die New York des Weilen zu überschwemmen schienen.

Zusätzlich hatte der Kerl auch erst kürzlich seine bibeldicke Biographie Law of Life bei Oprah Winfrey vorgestellt, während Nicolas Cage neben ihm auf der Besuchercouch gesessen hatte und Loblieder über besagtes literarische Werk gesungen hatte, tausenden Fangirls auf den Besucherplätzen hysterisch mit selbst gebastelten Plakaten, die mit so geistreichen Texten wie „Ich will dich! Ich liebe dich!“ oder „Ich will die Mutter deiner Kinder sein!“ aufwarten konnten, und Oprah zu allem Übel verkündete, dass Neji Hyuuga eine Gastrolle in der weltbekannten Krimiserie CSI New York übernehmen würde.

„Neji ist nur der Überbringer, die Verträge hat ein anderer alter Freund für uns aufgesetzt.“, erklärte Sai, während er sich auf seinem Platz niederließ und einen Schluck von seinem Getränk nahm.

Hyuuga tat es ihm gleich. Ein kaum merkliches Nicken bestätigte Sais Worte. „Uchiha hat alles vorbereitet und sogar eine Liste in Frage kommender Immobilien für die Ausstellungsräume zusammengestellt.“

Uchiha. Der Name schien in ihrem Kopf widerzuhallen wie das Echo von den Rockies, während sie abwog, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass ein Japaner, den Sai und Neji Hyuuga kannten, nicht unglaublich viel Geld auf dem Konto haben konnte, und nicht auf einer renommierten Universität in Amerika studiert haben konnte, ohne Uchiha, ein sehr seltener Name, selbst in Japan, zu heißen.

Sie entschied, dass die Wahrscheinlichkeit sehr gering war, und dass wohl der Uchiha, der Rock Lee kannte, in Harvard studiert und eine Affäre mit einer Karin hatte, jener Uchiha sein musste, der ihre Verträge aufgesetzt hatte und sich Gedanken um die Immobilienfrage gemacht hatte.

Und eben genau aus diesem Grund hätte Sasuke Uchiha wissen müssen, wer sie war. Spätestens, nachdem sie ihm erzählt hatte, wo sie zu Mittag essen würde, müsste es ihm in den Sinn gekommen sein, denn sicherlich war ihm ihr Name durch die Verträge bekannt.

Verdammter, gut aussehender Idiot. Andererseits, vielleicht war er es eben wirklich nicht…

„Er meinte, etwas zwischen der 68sten und der 58sten wäre am besten, da es weiter oben auf der Madison Avenue mehr Galerien gibt, aber weniger Laufkundschaft. Zwischen der 64sten und der 63sten gibt es eine gute Möglichkeit. Direkt gegenüber sind die Läden Jimmy Choo, Shanghai Tang und Etro, und zwei Geschäfte von eurer potentiellen Galerie entfernt, wäre Roberto Cavalli. Uchiha und ich kennen die Geschäftsleitung, Gaara Sabakuno, und der hat bereits zugesagt, dass er einige eurer Exponate in seinem Laden haben will.“, betete Hyuuga herunter, während er sich ein Stück Hummer zwischen die Zähne schob.

Sai nickte nur, als würde es ihn gar nicht stören, dass alles bereits beschlossene Sache zu sein schien.

Sakura überlegte, ob sie vielleicht ganz nebenbei fragen sollte, ob ihr Anwalt Uchiha mit Vornamen Sasuke hieß, und ob es irgendetwas damit auf sich hatte, dass Anwalt Uchiha unbedingt wollte, dass sie genau diesen Laden mieten sollten.

Als hätte Neji Hyuuga mit solchen Fragen gerechnet, gab er ihr die Antwort darauf, allerdings wand er sich dabei eher in privater Sache an Sai. „Sasuke meinte, er habe den Laden vor vier Tagen unter der Hand weggekauft, und dass ihr in ganz New York nichts Besseres finden werdet. Außerdem kann er irgendetwas von den Steuern absetzen, wenn er den Laden vermietet, und deswegen bietet er ihn euch auch für einen sagenhaften Spottpreis an.“

„Kein Problem für uns, oder Sakura?“ Sai lächelte sie liebenswürdig an. Seine Augen jedoch sagten ganz deutlich, dass er keine Widerrede hören wollte.

Und ihretwegen würde es kein Problem geben. Der genannte Preis lag sogar unter ihren Erwartungen, und warum sollte Sasuke Uchiha sich nicht mit Hilfe von Geringeren bereichern?

Sie nickte also nur, während sie an ihrem Wasser nippte, und überlegte, ob Uchiha sich genau in diesem Moment für wahnsinnig lustig hielt, da er ihr mit seiner plötzlichen Einmischung in ihr Geschäftsleben vor den Kopf stoßen konnte, oder ob es ihn kein Bisschen juckte, was sie nun von ihm hielt.

„Du kommst heute Abend auch auf die Verlobungsfeier, Sai?“, fragte Hyuuga schließlich, sich den Mund mit der schneeweißen Leinenserviette abtupfend.

Der andere nickte. „Natürlich. Einer der Gründe, warum ich dieses Essen auf den heutigen Termin gelegt habe. Bin viel unterwegs und kann mir keine großen Zeiträume zwischen meinen Terminen leisten.“ Er machte eine wegwerfende Geste, als wären stressige Langstreckenflüge das Normalste der Welt. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass Naruto und Hinata bald heiraten werden. Was denkst du, Naruto wird jetzt wohl noch mehr Druck auf Sasuke ausüben.“

„Dass der auch heiratet? Ich wette mit dir, Naruto wird ihn zu irgendwelchen Singletreffen anmelden, oder mit Karin auf die Bahamas verfrachten.“ Hyuuga grinste schalkhaft, als wäre die Vorstellung genau das, was einem den Abend versüßte.

Immerhin hatte sie es lange genug versucht auszuhalten, diese Gespräche über Personen, von denen sie keine Ahnung hatte, und bei denen zu mindest Hyuuga so tat, als wäre sie nur hübsches Beiwerk.

Und da sie so ausdauernd war, erlaubte sie es sich schließlich, sich einzumischen. „Der Anwalt, Sasuke Uchiha, hat er zufällig schwarzes Haar?“

Sie biss sich auf die Zunge. Dumme Frage, die Mehrheit der Japaner hatte schwarze Haare, wenn sie sie nicht färbte.

Sai sah sie neugierig an. „Sasuke? Schwarze Haare, dunkelbraune Äuglein, mürrisches Regenwettergesicht, Aversion gegen Handys und andere technische Gerätschaften? Herzallerliebst, finden anscheinend die Frauen.“

„Ich hab ihn vorhin im Starbucks getroffen.“, erklärte Sakura hastig, Sais ironische Bemerkung über die scheinbar allseits bekannte Wirkung Sasukes auf die Frauenwelt ignorierend. „Und davor bereits im MoMA. Ich dachte die ganze Zeit, es könnte ein Zufall sein, aber als du gerade den Namen Karin erwähnt hast, fiel mir ein, dass besagte Person ihn während unserer kleinen Unterhaltung anrief, und er nicht gerade begeistert war.“

Sai taxierte sie mit seinem Blick, dann warf er Neji einen zu und sagte: „Ich finde, es wäre passend, wenn wir heute Abend zusammen auf eine Party gehen.“

„Eine Party? Ich dachte, du gehst heute auf die Verlobungsfeier.“ Irritation machte sich auf Sakuras Gesicht breit.

„Die Feier ist die Party, Sakura.“, verdeutlichte ihr Sai mit einem nachsichtigen Lieber-Onkel-Blick und lachte. Nein, er lachte nicht nur, er lachte sie aus, und das ließ sie natürlich erröten. Und weil ihr das Erröten peinlich war, errötete sie noch mehr. „Hör schon auf.“, murmelte sie schließlich unter Hyuugas streng gerümpfter Nase.

„Besitzen Sie denn ein Abendkleid?“, fragte er sie dreist. Er winkte dem Kellner und bestellte für sich ein Glas Glanmorangie, einen recht teuren Single Malt.

Nein, sie besaß nur alte, angegraute Leinentücher, die sie sich wie eine Stola um die Hüften zu schlingen pflegte, während sie Walk like an Egyptian von den Bangles sang und dazu ekstatisch Bauch tanzte.

Sie schnaubte also; so laut, dass es Hyuuga hörte, so leise, dass es Sai überhörte. „Es ist zwar nicht irgendein einzigartiges Designerstück, aber trotzdem glaube ich, dass ein Kleid von Prada genehm ist, oder?“

„Neji meinte, dass es eigentlich an solchen Anlässen üblich ist, der weiblichen Begleitung, so fern man eine hat, ein Kleid zu kaufen.“ Wieder erntete Sakura ein unterdrücktes Prusten, und sogar Hyuuga ließ sich zu einem milden Lächeln herunter.

Sie wunderte, wie schnell sie es schaffte, rot zu werden. Wäre sie eine Ampel, würde wohl im Zweiminutentakt jemand vor Wut und Frustration gegen sie treten.
 

Sasuke Uchiha ließ sich auf seiner Designercouch von Shanghai Tang nieder, fischte eine der typisch zu dritt miteinander verflochtenen Zigarren Marke Culebras Partagas und seinen goldenen Zigarrenschneider von dem Couchtisch, ebenfalls vom Designer.

Er schnitt das Ende der Zigarre ab und zündete die edle Tabakrolle an, zog drei Mal kräftig an ihr und ließ dann seine Hand zu dem automatisch hochklappenden Bedienungselement von Bang & Olufsen wandern.

Er schaltete die Musikfunktion des Mediensystems, das außer Musik oder Filme abspielen auch die Raumtemperatur generieren konnte, an. Während er sich das 1992 erschienene Album Automatic for the People von R.E.M. anhörte, ließ er sich einen Espresso aus der Maschine laufen, zwischendurch immer wieder an seiner Zigarre ziehend.

Zusammen mit der geballten Portion Koffein und Tabak machte er es sich wieder auf der Couch gemütlich, fuhr den nagelneuen MacAir nach oben und überprüfte sein E-Mail-Postfach.

Neji Hyuuga hatte ihm geschrieben, dass er die Informationen über die Immobilie auf der Madison Ave, die Sasuke für die Galerie vorgesehen hatte, erhalten hatte, und dass er sich in die Verträge hineingearbeitet hätte. Außerdem fragte er ironisch an, was denn Karin mache, und ob sie sich schon auf die Party freuen würde.

Sasuke ignorierte die E-Mail und startete stattdessen ein Programm, mit dem er per Mausklick den Wert seiner Aktien nachvollziehen konnte.

Da der Aktienkurs allgemein stark gefallen war, wunderte es Sasuke nicht, dass seine Aktien fast die Hälfe ihres Wertes verloren hatten. Dennoch kein Grund zur Sorge, bald würde der Kurs wieder steigen und alles wäre im Grünen Bereich.

Er überlegte, wie Sakura Haruno reagierte, wenn sie erfuhr, dass er Sais ominöser Anwalt war, auch wenn er fauler Weise Neji Hyuuga vorgeschoben hatte.

Dass Neji Hyuuga für ihn diese Angelegenheit übernommen hatte lag daran, dass Hyuuga ihm wegen eines Scheidungsfall, bei dem er Hyuuga mit Beziehungen zu anderen Experten ausgeholfen hatte, noch etwas schuldig war, und dass er selbst wenig Lust hatte, einem exzentrischen Künstler wie Sai es war, zum Opfer zu fallen.

Zum Glück wusste Sai nicht, dass Sasuke nicht viel für seinen ehemaligen Oberschulkollegen übrig hatte und sich nur aus reiner Langeweile der Recherche nach Galerien hingegeben hatte, und als er noch einmal darüber nachdachte, ob er sich Sai antun sollte, es leider zu spät gewesen war, um einen Rückzieher zu machen.

Seine Gedanken kamen zu ihrem Ausgangspunkt zurück und kreisten schließlich um die Frage, ob Haruno verwirrt sein würde, oder zumindest überrascht. Wahrscheinlich würde sie ihn aber auch als Idiot abstempeln, immerhin hätte er sich ja im Starbucks offenbaren können.

Allerdings hatte er auch noch andere Dinge im Kopf, die ihn beschäftigten, als die Frage, wie ihn eine Person bewertete, die er wahrscheinlich nie wieder sehen würde, so vorschlagsweise die verzwickte Suche nach einem passenden Verlobungsgeschenk für die Turteltäubchen oder ein schon bald erwartetes Hochzeitsgeschenk für selbige.

Er erinnerte sich daran, dass Naruto vor Neid über seine große Sammlung erlesener Single Malts erblasst war. Allerdings befand sich der Großteil dieser Raritäten in seiner Villa in den Hamptons.

Beim Durchstöbern des großen, luftdicht verschlossenen Schrankes, in dem er ein paar seiner Kehlenschätze aufbewahrte, fiel ihm ein 25-jähriger Laphroaig, ein Islay Single Malt, in die Hände.

Eine seltene Kostbarkeit, deren Preis sich auf mehr als 200 Dollars belief.
 

Sasuke Uchiha wusste, dass er einen gewissen Eindruck bei der Frauenwelt hinterließ, und hin und wieder waren es auch Abdrücke in dem sorgsam geglätteten, seidenen Bettzeug von Karin.

Dass seine stilsichere Kleidung, bestehend aus Armani, Fendi oder Cavalli, dazu recht viel Beitrug, war ihm eher weniger bewusst, da er Kleidung wegen dem angenehmen Tragegefühl kaufte, und nicht ausschließlich wegen namhafter Designer, deren Namen ihn hin und wieder überfielen, wenn er auf Karins Toilette saß und nach anspruchsvoller Lektüre suchte. Er besaß sogar drei T-Shirts von H & M. Eins war weiß, eins schwarz, und das dritte verboten laubfroschgrün.

Zur Verlobungsfeier trug er einen schwarzen Valentino, darunter ein schneeweißes Hemd und eine locker gebundene schwarze Krawatte, während sein Schuhwerk aus schwarzen, ledernen Tods bestand – insgesamt erinnerte er eher an irgendeinen Filmstar, dessen zu Hause die Roten Teppiche der Welt waren.
 

So wie er es sich in seiner weisen Voraussicht bereits gedacht hatte, standen vor dem beleuchteten Eingang des Waldorf Astorias eine nicht ungefährliche Meute Paparazzi, Journalisten und andere nervtötende Formen des Mediengeschäfts, die alle gemeinsam verabredete waren, um Einige der medienscheuen sozialen Elite New Yorks mit ihren Fotoapparaten abzulichten oder auf anders geartete Weise in den Wahnsinn zu treiben.

Neji Hyuuga posierte gerade mit seiner hübschen, brünetten Freundin Tenten, einem populären Soapstar, im Arm für ein Fernseh- oder Reporterteam , das sich offenbar in das Pärchen verknallt hatte, denn immerhin ließen sie Kankuro Sabakuno, Besitzer eines der besten, mehrfach ausgezeichneten Theaters auf dem Broadway, unbemerkt vorbei schleichen.

Auch Sasuke selbst fand kaum Aufmerksamkeit, da er keiner Arbeit nachging, die für die Yellow Press für Bedeutung wäre, denn Aktienkurse hatten noch niemands Klatschsucht befriedigt.

Ein schadenfrohes, innerliches Grinsen erfasste ihn, als er, den Laphroaig im Arm wie einen Football oder ein Baby, die Stufen unbehelligt nach oben ging, als wäre er irgendein unwichtiges Partikelchen im Universum.

Bis Neji Hyuuga ihn am Ärmel packte und ihm zuraunte: „Die Party steigt im Hilton Room.“ Danke, Neji, es wäre sicherlich kein Problem geworden die Feier zu finden. Einfach Narutos grölendem Versuch, Karaoke zu singen, folgen.

„Wie heißen Sie?“, fragte die schlanke, rot gelockte Reporterin, die bereits Hyuuga und Anhang belästigt hatte, während sie ihm ihr silbernes Mikrofon förmlich ins Gesicht stieß, als verlangt sie von ihm, dass er es als Teil seines Körpers akzeptierte.

Irritiert sah Sasuke sie und das Mikrofon an. Würde sie jetzt zum alltäglichen Reporterkreuzverhör ansetzen, um ihn wie eine saure Zitrone auszuquetschen und seine ärmlichen Überreste in die People-Spalte ihrer niveaulosen Klatschzeitung zu verteilen?

Neji Hyuuga stahl sich mit einem schalkhaften Glitzern in den taubengrauen Augen davon, ließ ihn hilflos und verlassen, wie ein junges Schäfchen mit der klatschwütigen Reporterin, alias hungriger Wolf, zurück.

Der Schuft. Sasuke stellte sich befriedigt vor, wie sich die Spitze seines glänzenden Lederschuhs ins Gemachte Hyuugas bohrte, um die Familienplanung zu zermalmen wie ein widerliches Insekt.

„Sasuke Uchiha.“, antwortete er schließlich zur Erquickung der Reporterin zähneknirschend, den Laphroaig in seinem Arm an sich drückend.

„In welcher Branche sind sie tätig?“ Der Lockenkopf hüpfte vor ihm auf und ab, als sie die Frage nachdrücklich wiederholte.

„Aktien.“, war die kurz angebunden Antwort. Die Frau war sichtlich unzufrieden, da, wie Sasuke bereits erahnt hatte, Aktien so ziemlich das langweiligste war, das sie einer skandalsüchtigen Leserschaft vorsetzen konnte. Doch leider schien Gott mit einem Gedankenblitz durch sie zu fahren.

„Sind sie Mitglied des Uchihaclans, dessen Imperium die japanische Automobilbranche beherrscht?“ Sie penetrierte ihn weiterhin mit dem Mikrofon, während sie ihren Kameramann und ihren Fotografen anraunzte, Sasuke Uchiha genau zu dokumentieren, da er ein interessantes Objekt war, schaut euch doch mal diesen knackigen Arsch an.

Der Gehilfe des Kameramann hielt irgendein plüschiges, graues Riesenmikrofon über seinen Kopf, während der Kameramann und der Fotograf von ihm verlangten, abwechselnd in eine ihrer Linsen zu lächeln, als wäre es das wunderbarste, das ihm jemals passieren konnte, abgesehen vom Weltfrieden, natürlich.

„Ja.“

„Auf wie viel Dollar beläuft sich ihr Vermögen?“ Während sie ihn fragte, deutete sie auf Rock Lee, dessen schwarzer Topfhaarschnitt versuchte, hinter Sasuke Uchiha verborgen ins Waldorf Astoria zu schlüpfen. Bevor der erneut in laubfroschgrün, aber mit roter Krawatte, gekleidete Juniorchef von People Electronics durch die Drehtür verschwinden konnte, hatte der Fotograf ihn auch schon für die Ewigkeit gebannt.

„Kein Kommentar.“, antwortete Sasuke, genervt auf die dreiste Frage der Journalistin, verzweifelt nach einem neuen Opfer für die Reporterin suchend. Allerdings war außer ihm niemand zu sehen, und dass seine nicht die erwartete Antwort war, zeigte das enttäuschte Gesicht der rothaarigen Journalistin, dass Dank der wöchentlichen Botoxportion so beweglich war, wie eine gusseiserne Maske.
 

Doch sein Interesse dem Sensationserfolg der Journalistin beizutragen, belief sich auf gleich null, also nickte er den glänzenden Kameralinsen in einer kaum merklichen Bewegung zu, drehte sich mit wehender Anzugjacke à la James Bond um und verschwand über den dunkelblauen Teppich sichtlich erleichtert die vier Stufen hinauf, durch die schwingende Eingangstür, hinter der Rock Lee mit seinem breiten Grinsen im Gesicht schon auf ihn wartete.

Die Erleichterung war beim Anblick des laubfroschgrünen Anzugs, dessen Tragen in der Öffentlichkeit mit einem hohen Bußgeld bestraft werden sollte, wie weggeblasen.
 

Rock Lee grinste ihm voller Freude über die erneute Begegnung zur Begrüßung entgegen und deutete mit einer wegwerfenden Geste nach draußen zu den blitzenden Lichtern. „Paparazzi. Du hast wohl nicht so viele Erfahrungen mit denen? Man muss sie mit Sachen füttern, die ihnen nicht wirklich nützen, aber sie vorerst befriedigen, weißt du? Wenn du Kein Kommentar sagst, sind sie meistens beleidigt, weißt du?“

Lehrreiche Sätze, die mit Weißt du? endeten, begleiteten Sasuke bis in den großen Hilton Room, der mit einigen modernen ledernen Sitzelementen, die der Gastgeber zum Zwecke der Veranstaltung organisiert hatte, und dem ewig währenden Charme des alten New Yorks aufwartete.

Dort konnte er sich endlich von Lee loseisen, um zu dem am anderen Ende des Saales befindlichen violett beleuchteten DJ-Pult zu gelangen, wo Kiba Inuzuka zusammen mit Naruto Uzumaki saß und sich in der hohen Kunst des Scratchen übte.

Sasuke begrüßte den zukünftigen Bräutigam mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter und brummte Kiba, seines Zeichens begehrtester DJ an der Ostküste, ein raubeiniges „He!“, entgegen.

„Sasuke, man!“, brüllte Naruto sichtlich angetrunken, als er Sasuke bemerkte, warf die Arme nach oben und umarmte ihn, als wäre er ein lange Jahre Verschollener, der nun endlich wieder Heim gefunden hatte.

Dabei übertönte er Kibas Begrüßung, doch der begnügte sich trotz seines sonst so dominanten Aufmerksamkeitsbedürfnis mit einem Handschlag, während Sasuke noch immer in Narutos Umklammerung fest hing und dessen Stimme voll Schalk in sein Ohr hauchte: „Wie geht’s? Karin schon gesehen?“

Narutos warmer Atem, ein dichter Schleier, der nach hochprozentigem Alkohol roch, streifte Sasukes frisch rasiertes Gesicht.

„Es geht, wie immer. Wo ist Hinata?“ Sasuke überhörte bewusst den Teil der Frage bezüglich Karin, rümpfte die Nase angesichts des Alkoholgestanks und konfrontierte Naruto mit einer Gegenfrage, die diesen und sein unbeholfenes Scratchen aus dem Konzept brachte.

Der Blondschopf sah sich verwirrt wie eine geblendete Eule blinzelnd um. „Hinata? Hey! Hinata!“, rief er schließlich nach seiner Verlobten, die nirgends zu sehen war. „Hinata!“

„Hey, Naruto, hör auf.“ Kiba, eingehüllt in nunmehr blaues Licht, grinste amüsiert über Narutos halbherzigen Versuch, seine Verlobte herbei zu ordern, und prostete Sasuke mit einem Glas weißer Flüssigkeit geheimnisvoll zwinkernd zu.

Dann hob er ein zweites Glas unter dem Pult nach oben und sein schelmisches Grinsen wurde immer breiter, so dass fast alle seiner gebleichten Zähne zu sehen waren. Sein Blick fixierte Narutos Rücken, dessen Kopf suchend hin und her schnellte, während er sich über das moderne Pult lehnte, um sich mehr Übersicht im Saal zu verschaffen.

Als der Blonde sich wieder zurück auf die Bank lehnte, entdeckte er das Glas wenige Zentimeter über seinem Kopf schwebend, und knurrte anschuldigend, fast schon kindlich beleidigt: „Mein Wodka, Kiba. Hast du ihn getrunken?“

Da fiel bei Sasuke endlich der Groschen bezüglich Kibas höchst erfreutem Strahlen, und er konnte nicht umhin Naruto ein kurzes, aber schallendes, schadenfrohes Lachen zu schenken, dass mit unbeholfener Verwirrung von diesem quittierte wurde.

Kibas Trick war so alt und einfach – kein Wunder, dass ausgerechnet Naruto darauf hineinfallen würde.

Naruto hatte mehrere Gläser Wodka geleert, während Kiba ihn mit einem boshaften Schmunzeln zum gemeinsamen Trinken animierte, aber selbst nur stilles Wasser trank. Unterhaltsames Resultat war, dass Naruto beinahe mehr als nur angetrunken war und Kiba sich seines unglaublichen Witzes erfreuen konnte, indem er den mittlerweile lallenden Gastgeber dessen eintreffenden Gästen wie einen bunten Hund vorführte.

Nicht unbedingt nett. Aber ungemein unterhaltsam.
 

„Ist das da hinten etwa Rock Lee?“ Inuzuka grinste und nahm einen genüsslichen Schluck von seinem sprudelnden Wasser. „Willst du noch Wodka, Naruto?“

Tatsächlich, Rock Lee, alias Augenbraue, war im Anmarsch. Offenbar wollte er ihm oder einem anderen unschuldigen Geschöpf Gottes erneut das Ohr mit seiner bewegenden Lebensgeschichte oder irgendwelchen unsinnigen Ratschlägen abkauen.

Sasuke nickte zu Kibas Bestätigung eilig, und gesellte sich dann, angeblich weil er einen alten Bekannten gesichtet habe, schnellen Schrittes weit weg vom gelb illuminierten DJ-Pult, um nicht schon wieder mit Rock Lees sagenhafter Redseligkeit konfrontiert zu werden.

Nur um zwischen den allmählich in Pärchen, Grüppchen und Meuten herein tröpfelnden Gästen auf ein nettes Zweiergespann zu stoßen, das ihn metaphorisch umhaute.

Sai hatte einen eleganten, anthrazitfarbenen Anzug an, dazu leicht vergammelt wirkende Lederschuhe, die seine künstlerische Weltfremdheit bestätigten, während die Frau an seiner Seite ein frühlingsgrünes, trägerloses, an ihr unglaublich perfekt aussehendes Kleid trug, das ihre weiblichen Rundungen liebkoste und verboten gut zu ihren großen, im gedimmten Licht des Saals, dunkelgrün leuchtenden Augen passte.

Sakura Haruno lächelte ihn und seinen mehr als irritierten Gesichtsausdruck an, als wäre ihr Auftreten auf der Verlobungsfeier seines besten Freundes, auf der nur sorgfältig ausgewählte Gäste geladen waren, das natürlichste auf der Welt. „Das nennt man wohl Schicksal.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (23)
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Von:  Pretty_Crazy
2012-08-07T13:05:39+00:00 07.08.2012 15:05
Super Kapitel.
Ich fand es wirklich lustig. Es gab viele Stellen an den ich schmunzeln musste. Von der Genauigkeit der Story bin ich immer noch total begeistert. Da kann ich noch einiges von lernen.

Ein betrunkener Naruto sorgt mit Sicherheit für viel Stimmung. Da wird die ganze Gesellschaft ja noch zusätzlich belustigt. Ist sehr gut beschrieben worden. Sasuke kommt auch gut rüber. Sehr von sich überzeugt und mit seinen festverankerten Meinungen.

Ich bin wirklich mal gespannt wie das weiter geht :)

Lg
Rosetta
Von:  Nyo
2011-05-06T09:53:40+00:00 06.05.2011 11:53
*schwitz* schnell weiter schreiben D: !!! XD <3
Von:  DarkBloodyKiss
2011-04-30T09:29:32+00:00 30.04.2011 11:29
Ein sehr tolles Kappi ^^

bin schon sehr gespannt wie es weiter geht ^^


glg DarkBloodyKiss ^^
Von:  endoftherainbow
2010-06-20T10:33:29+00:00 20.06.2010 12:33
Wow echt toll.
Deine ff ist echt super.

Liebe Grüße.
Von:  bells-mannequin
2009-08-19T15:55:27+00:00 19.08.2009 17:55
Einfach toll. Dein Schreibstil ist klar und lustig und da ist die ganze Zeit ein roter Faden, der sich vor einem herschlängelt, ohne, dass man es bemerkt. Die Geschichte ist gut durchdacht und man merkt, dass du dir auch irgendwie Mühe damit gibst.

Ich hoffe einfach mal, dass es irgendwann hier weitergeht ^-^

bells
Von: abgemeldet
2009-06-09T12:25:43+00:00 09.06.2009 14:25
was ich bis jetzt gelesen habe ist wirklich gut.
Dein Schreibstil erinnert an Romane, die man sich in Geschäftem kauft, sehr klar, witzig, gebildet.

Auch die Storyline gefällt ungemein, ich bin gespannt was noch kommt.
Sicher hält diese Geschichte noch einigen Lesegenuss bereit.

Von:  BlackRose
2008-10-15T23:38:09+00:00 16.10.2008 01:38
Eine echt wunderschöne Geschichte^^
Hab grad alles in einem Zug durchgelesen und konnte gar nicht mehr davon ablassen *freu*
Mach bitte bald weiter, ja????
Liebe Grüße
BlackRose

*noch ein großzügiges Stück Torte hinstell*
Von:  starcatcher
2008-09-02T19:17:45+00:00 02.09.2008 21:17
Klasse FF!
Freu mcih wenn du weiterschreibst!

GLG Dreams-of-Sasuke-x3
Von:  nami110
2008-09-01T14:38:34+00:00 01.09.2008 16:38
wirklcih eine sehr interessante stors und dein schriebstil is rihcitg klasse bin total gespannt wie es wieter geht bis zum nächsten mal^^
Von:  Winterkind
2008-08-25T16:56:12+00:00 25.08.2008 18:56
haii klasse kap
macht echt spaß sie zu lesen
ich freu mich auf das nächste kap
sagst du mir bitte per ens bescheid wenn es soweit ist?
baii
Animegirl0710


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