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90 Minuten

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XXV. Wenn es nur um Fußball geht

DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Bayer Leverkusen. Das Stadion des FC ist ausverkauft. Eine Höllenkulisse in Rot und Weiß, spielen doch auch die Gäste in diesen Farben. Aufgrund des Heimrechts kann der FC gewohnt kariert spielen, während die Leverkusener ganz in Weiß auflaufen.

Raphael hibbelt auf der Bank herum. Er will auch auf den Platz! So unbedingt, dass er seine Füße gar nicht mehr stillhalten kann.

Knie sieht das natürlich und Raphael kommt sich wie ein dummer Junge vor, aber das ist egal. Er ist eben so und fertig. Trotzig schiebt er das Kinn vor und sieht der Mannschaft zu, wie sie sich auf dem Rasen verteilt und die Spieler ihre Positionen einnehmen. Sein Blick klebt an Julian, verfolgt dessen Bewegungen, wie er auf den Anstoß wartet, ungeduldig, irgendwie ohne stillzustehen, wie er dann den Ball annimmt, den Gabriel ihm zupasst und der Spielaufbau über seine Seite beginnt.

Das Spiel ist spannend. Verdammt spannend. Die Kulisse hält sich, die Fans pushen sich die ganze Zeit gegenseitig, fordern sich heraus, jede Gruppe will ihre Mannschaft noch mehr anfeuern. Und die Mannschaften schenken sich nichts. Das Spiel rast gerade zu von links nach rechts und wieder zurück. Beide Seiten machen sie schnelle und geschickte Aktionen nach vorne, Fehler in der Defensive und im Aufbau. Es hält sich perfekt die Waage und so ist der Stand von 2:2 zur Halbzeit nur berechtigt.

Als es in die Kabine geht, hat Raphael schon das Gefühl, dass das ein langer Fußballabend werden wird. Das hier, das schreit geradezu nach einer Verlängerung, denn die Teams sind sich so gleichwertig, dass eine Entscheidung in den üblichen 90 Minuten wirklich unwahrscheinlich ist.
 

Es ist schrecklich, auch nach der Halbzeit wieder nicht auf den Rasen zu dürfen, sondern nur daneben herumrennen zu können, um sich warmzumachen. Es ist frustrierend, auch wenn mit Acun nette Gesellschaft hat. Verdammt, er will in die Startelf! Er will, er will, er will! Auch wenn er weiß, dass das nicht allein deswegen passieren wird.

Langsam nähern sie sich der 70. Spielminute.

Bernd Schneider dreht ein geniales Solo über den Platz, wo auch den Dortmundern nur die Spucke wegbleiben kann. Dann kommt der Abschluss, Simon Rolfes macht den ersten Versuch, Reine kann den Ball aber noch wegfausten, der Greif versucht ihn wegzuschießen, trifft aber dann doch nur Stefan Kießling und der versenkt das Leder im Netz.

Und damit liegen sie hinten.

Mist aber auch!

Frustriert stampft Raphael auf. Das ist aber auch blöd gelaufen! Bisher haben die Leverkusener immer ihren Vorsprung aufholen müssen und nun rennen die Dortmunder einem Rückstand hinterher. Mist. Das ist etwas, was immer noch Hektik auf kommen lässt und nicht gerade dafür sorgt, dass ihr Spiel sicherer wird. Raphael beißt sich auf die Unterlippe. Das ist gar nicht gut.

Sein Blick wandert zu Knie, der gelassen wirkt. Klar, der Pokal ist für ihn nur Beigabe. Für sie alle ist es die Chance, einen Titel zu holen. Etwas zu tun, womit sie alle überraschen. Zu beweisen, dass sie mehr sind, als ein komischer Outsider in der Ersten Bundesliga und ein potenzieller Abstiegskandidat.

Die Dortmunder sind geschockt – und das schenkt Leverkusen das nächste Tor.

Und jetzt wird es richtig, richtig, richtig eng.
 

Endlich. Endlich schickt Knie ihn rein. Raphael reißt sich ja beinahe schon die lange Hose vom Leib, damit er endlich auf den Platz kann. Er klatscht Chris knapp ab, der durch einen blöden Fehler das 4:2 verursacht hat und stürmt auf den Rasen. Er ist da, er will das Team zusammenhalten. Er will spielen!

Und irgendetwas ist da, das spürt er. Als wenn er der ganzen Mannschaft neue Energie gibt und sie sich gegen den drohenden Untergang aufbäumt. Wie sie die Niederlage nicht geschehen lassen will.

Die Dortmunder stürmen mit neuer Kraft und neuen Ideen voran. Die Leverkusener versuchen zu mauern und sich zurückzuziehen, aber dafür sind sie einfach nicht richtig aufgestellt. Und die falsche Mannschaft. Sie gehören zu denen, die immer offensiv spielen und somit muss das einfach in die Hose gehen.

Der Killer geht mit nach vorne, Mürre auch. Raphael gibt den Pass aus dem Mittelfeld über zu Gabriel, der zwei, drei Leverkusener austanzt und dann den Ball rüberlegt auf Julian. Der flankt ohne groß darüber nachzudenken. Vier Dortmunder sind im Leverkusener Strafraum. Nicht nur der eingewechselte Acun und Augustin, sondern auch Mürre und der Killer. Und der Killer ist es, der den Ball mit unglaublicher Wucht in das Tor befördert. Er jubelt schon, als er auf seinem Hintern landet, dann fallen die anderen drei über ihn her und drücken ihn, als wenn er schon für die Entscheidung gesorgt hatte. Hat er nicht, aber er hat ihnen wieder mehr Hoffnung gegeben. Sie können das hier schaffen. Das Spiel in die Verlängerung retten und dann auch gewinnen. Ja, das können sie wirklich.

Der Killer kämpft sich aus dem Menschenknäuel frei und stürmt auf Raphael zu, herzt diesen überschwänglich und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Los, wir schaffen das!“ Er strahlt Euphorie und Überzeugung aus. Raphael muss lachen.

„Klar, wir holen den Pokal, schon vergessen?“

Der Killer wirft den Kopf in den Nacken und lacht, als wenn es nichts anderes mehr gäbe als den Pokalsieg in greifbarer Nähe zu haben.



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