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Die Vergessenen

Stargate Atlantis
von

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New hope

Die Nacht war bereits hereingebrochen, als sie zu ihrem Lager zurückgelehrt waren und Rhyan hatte trotz Sheppards Bedenken ein kleines Feuer angefacht, über dem jetzt eines der beiden Beutetiere vom Nachmittag schmorte. Im Endeffekt war er dankbar für diese kleine Wärmequelle und so hatte er sich nahe der Flammen in seine Decken gehüllt zusammengekauert und starrte nun gedankenverloren ins das orangene Licht. Er war enttäuscht und wütend, dass er so kläglich gescheitert war. Doch die Schmerzen und die bleiernde Schwäche in seinen Gliedern erlaubten ihm keine andere Wahl. Die Sorge um Teyla und Ronon nagte an ihm und der Gedanke an McKay war beinahe noch viel unerträglicher. Wenn sich die Wraith dazu entschlossen, anstatt des stärksten das schwächste Glied für ihre Informationsgewinnung zu wählen, so würde Rodney nicht lange überleben können. Er hasste sich für diesen Gedanken. Doch der geniale Wissenschaftler war nun einmal ganz und gar nicht für den Kontakt mit dem feindlichen Gegenüber geeignet. Zumindest nicht im direkten Kontakt.

Rhyan saß ihm direkt gegenüber und beobachtete ihn durch die Flammen hindurch mit nachdenklicher Mine. Sie hatten nicht ein Wort mehr miteinander geredet, seit dem Kampf gegen die Wraith. Aber sie spürte, dass ihn irgendetwas furchtbar belastete. Er versuchte offenbar verschlossen zu wirken, doch seine Augen verrieten ihn. Er schaute in das Feuer, so als könne er in den Flammen etwas erkennen, das nur für ihn sichtbar war. Etwas, das sich in Wirklichkeit tief in seiner Seele abspielte.

Sie rang mit sich, ihn anzusprechen und aus den Grübeleien zu befreien. Doch bisher hatte die Scheu vor einer möglichen Zurückweisung über diesen Entschluss gesiegt. Sie wusste nicht, was er von ihr hielt. Und tief in sich wollte sie es auch gar nicht wissen. Sie biss sich auf die Lippe. Sie wollte nicht hören, dass er sie für ein Monster hielt, keinen Deut besser als die bleichen Fremdlinge.

Allerdings schien der Auslöser für seine Sorge ganz wo anders seine Wurzeln zu haben.

„Du bist nicht allein gewesen, habe ich recht?“

Erstaunt blickte Sheppard auf. Er hatte vieles erwartet, aber nicht, dass sie ihn derart gezielt ansprechen würde. Es war nicht allzu schwierig, seine Beweggründe zu deuten, nahm er an. Wer würde sonst in einer ihm fremden Umgebung fortlaufen, wenn er doch wusste, dass er noch nicht wieder genesen war? Und wenn er ihre Hilfe erwünschte, würde er sie ins Vertrauen ziehen müssen. Im Grunde gab es auch keine plausible Erklärung, weshalb er das nicht tun sollte. Doch ihr Auftreten am Nachmittag hatte ihn mehr als einfach nur ein bisschen verunsichert.

Er stieß in einem langen Atemzug die Luft aus. „Ganz recht. Ich in nicht allein hier her gekommen. Wir waren zu viert. Die anderen drei...“ Er stockte. Die Angst um seine Freunde war wirklich beträchtlich. „Die anderen sind noch in den Händen der Wraith. Bereits seit mehreren Tagen.“

Ihr war nur allzu klar, was er damit ausdrücken wollte. Jeder Tag in Gefangenschaft bedeutete weniger Hoffnung für sie. „Wraith?“

Sheppard fuchtelte halbherzig in die Richtung, aus der sie gekommen waren. „Ja, Wraith. So nennen wir diese weißhaarigen Nichtsnutze.“

Rhyan nickte langsam und war offensichtlich überrascht, dass er diese Wesen bereits kannte. Sie murmelte das Wort mehrmals leise vor sich hin, schüttelte dann jedoch den Kopf, so als würde sie einen Gedanken, den sie damit verbunden hatte, wieder verwerfen. Etwas schien sie zu verwirren.

„Es überrascht mich ein wenig, dass du diese Wesen bereits kennst. Weißt du, ich...“ Ihre Stimme erstarb und sie schaute ihm mit einem unergründlichen Blick in die Augen. „Ich hatte immer gedacht, dass sie von irgendwo auf diesem Planeten kommen würden. Von einem anderen Kontinent. Aber nicht, dass sie von weiter her stammen.“ Es war nicht die ganze Wahrheit, die sie ihm da sagte. Aber alles weitere hätte selbst in ihren Ohren zu verworren geklungen, als dass es irgendwer hätte verstehen können. Sie verband etwas mit Sheppard, ein Gefühl des Bekannten und Vertrauten, das sie jedoch noch immer nicht genauer benennen konnte. Aber sie wusste, dass ihr die Wraith auch bekannt vorkommen sollten, wenn er ihr bekannt war. Doch das taten sie nicht. Und das verunsicherte sie.

John lachte freudlos. „Es ist erstaunlich, was für eine bösartige Energie du deinem eigenen Heimatplaneten zusprichst, dass er solche Schreckenskreaturen hervorbringen könnte. Nein, dem ist nicht so. Die gesamte Galaxie leidet unter dem Joch dieser Rasse und viele der Planeten, die von ihnen heimgesucht werden, sind bereits in Vergessenheit geraten und ohne jegliches menschliches Leben zurückgelassen worden.“

Rhyan starrte ihn entsetzt an. Wie viele von diesen bleichen Fremden musste es denn geben? „Ich... verstehe nicht ganz...“

„Nun, im Grunde ist es ganz einfach. Die Wraith haben sich aus einem Käfer entwickelt, der sich von der menschlichen Essenz ernährt hat.“ Er zog eine Grimasse, als ihm seine ganz persönliche Erfahrung mit diesen Insekten in den Sinn kam. Es war wirklich grausam was für Lebensformen es tatsächlich geben konnte. „Auf diesem Weg haben sie mehr und mehr menschenähnliche Eigenschaften angenommen und wurden zu den Wraith. Die Wraith... brauchen uns Menschen zum Überleben, wir sind ihre einzige Nahrungsquelle. Und so halten sie die Bevölkerungen ganzer Planeten wie Vieh und kehren in Abständen immer wieder zurück, um ihre Zahl zu dezimieren und sich an ihnen zu nähren.“ John schüttelte sich. „Wir kämpfen gegen sie... so gut es uns eben gelingt. Und wir versuchen sie von unserem eigenen Heimatplaneten fernzuhalten.“

Rhyan hatte ihm mit wachsendem Grauen zugehört, doch jetzt runzelte sie nachdenklich die Stirn. Sie verstand nicht, weshalb sie dann nicht auf ihren Planeten zurückkehrten, auf dem sie ohne Angst vor diesen Wesen leben konnten. Als sie dem Colonel diese Frage stellte, trat tiefer Schmerz in seine Augen und er wandte den Blick beinah beschämt von ihr ab. „Dazu ist es bereits viel zu spät. Sie wissen von der Existenz der Erde und sie wissen, dass die dortige Bevölkerung all ihre Probleme lösen würde, wenn sie nur die Position des Planeten hätten.“ Er fuhr sich durch das wirre schwarze Haar und seufzte. „Wir tragen in Wirklichkeit die Hauptschuld daran, dass so viele Wraith auf einmal aus ihrem Stasis-Schlaf erwacht sind. Wir waren zu dem Zeitpunkt von unserem Heimatplaneten abgeschnitten und auf der Suche nach Hilfe... als wir auf eines ihrer Basisschiffe stießen. Ich tötete die Wächterin dieses Schiffes und besiegelte das Erwachen sämtlicher Wraith in dieser Galaxie.“

Fassungslos starrte Rhyan ihr Gegenüber an. Diese Geschichte war wahrhaft zu fantastisch, als dass sie nur erfunden sein konnte. Ihr Nacken kribbelte unangenehm bei der Vorstellung, was das bedeuten mochte.

„Das wir ausgerechnet hier auf sie gestoßen sind, ist denke ich einfach nur riesengroßes Pech. Wir sind aus einem ganz anderen Grund hier hergekommen. Doch dann trafen wir auf ihren Jäger... und das Schicksal nahm seinen Lauf. Meine Freunde sind noch immer in den Händen der Wraith und das bedeutet, dass sowohl ihr Leben auf dem Spiel steht als auch das Wissen über unsere Heimat. Sie haben versucht es aus meinem Geist zu erfahren, doch du hast mich gerettet bevor sie meinen Wiederstand brechen konnten. Jetzt werden sie es bei den anderen versuchen und dann haben sie keinen Grund mehr, sie länger am Leben zu lassen.“

Rhyan schüttelte sich und starrte für einige Herzschläge gedankenverloren in die Flammen des kleinen Feuers. Was Sheppard ihr da grade erzählt hatte klang unglaublich und ließ sie voller Grauen Schaudern. Sie wusste, dass es mehr gab als ihre kleine beschränkte Welt. Viel mehr. Und so konnte sie auch durchaus mit der Vorstellung leben, dass es Reisende zwischen den Welten gab. Allerdings war es ihr ein Rätsel, wie so etwas vonstatten gehen konnte.

Als sie John eine entsprechende Frage stellte, lächelte er schief. „Die Sternentore ermöglichen uns solche Reisen. Tore wie der große metallene Ring, der hier irgendwo in der Ebene herumsteht. Er wird dir aufgefallen sein."

Rhyan nickte langsam. Es war offensichtlich, dass sie bisher von seiner Bedeutung nichts geahnt hatte.

„Man kann verschiedene Adressen anwählen, die sich in den Symbolen auf dem Ring selbst wiederfinden, und öffnet so ein Wurmloch zu einem anderen Planeten. Es sieht aus wie Wasser, ist aber keines. Man geht hindurch," John zuckte mit den Achseln und grinste leicht, als er sich an sein erstes Mal erinnerte, als er zaudernd vor dem Ereignishorizont gestanden hatte, auf dem Weg nach Atlantis. „Man geht hindurch und kommt nur wenige Augenblicke später auf der anderen Seite wieder heraus. Nur eben auf einem anderen Planeten. Es ist wirklich...freaky." Er blickte zu der jungen Frau hinüber und musste feststellen, dass sie ihm scheinbar nicht mehr folgte. Ihre Augen hatten sich voller Staunen geweitet und ihr Blick ging glatt durch ihn hindurch. John war es gewohnt, dass manche Menschen mit Erstaunen auf die Funktion des Sternentores reagierten. Doch Rhyans Reaktion verwunderten ihn dann doch ein wenig. „Ist alles in Ordnung?"

Nichts war in Ordnung. Als hätte man einen Vorhang in ihrem Geist gehoben, erwachten plötzlich Erinnerungen in Rhyan. Erinnerungen die sie zum einen verstörten, zum anderen aber auch erleichterten, da sich offensichtlich das Rätsel, weshalb sie sich dem Colonel so verbunden fühlte, löste. Zitternd stieß sie den Atem wieder aus und beobachtete, wie er sich in einer kleinen Kondenswolke ausbreitete und in der Nachtluft verlor.

Sie wusste nicht, weshalb sie all diese Erinnerungen so sehr verdrängt hatte. Vielleicht war es auch ein unvermeidbarer Teil ihrer unnatürlichen Veränderung gewesen, der sie ihre Vergangenheit hatte vergessen lassen. Doch jetzt kehrte all das wieder zu ihr zurück.

„Rhyan, bist du ok?" Sheppard stand auf und kam um das Feuer herum, um sich an ihrer Seite in die Hocke sinken zu lassen. Behutsam berührte er sie an der Schulter, wobei sich seine Hundemarken unter dem T-Shirt lösten und frei an der zierlichen Kette schwangen. Rhyan griff nach ihnen. Jetzt machte alles plötzlich wieder einen Sinn. Jetzt wusste sie, warum ihr der Begriff der US Airforce so bekannt vorgekommen war. Ihr Herz zog sich schmerzhaft in ihrer Brust zusammen. Endlich wusste sie wieder wo sie hingehörte. Endlich wusste sie wieder wer sie wirklich war...oder einmal gewesen war.

Die Erde. Der blaue Planet. Ihre Heimat. Wie Colonel John Sheppard war sie auf dieser Welt geboren worden und hatte ihre Wurzeln dort. Dort und nirgendwo sonst. Sie hatte sich verändert, doch tief in sich war sie noch immer die Rhyan, die damals die Erde verlassen hatte. Ein Mensch, so wie Sheppard und die anderen, mit denen er hier her gelangt war. Sie würde nicht länger alleine sein.

Natürlich hatte sie hier Anschluss gefunden und natürlich war sie hier nicht allein. Doch sie hatte immer schon gespürt, dass sie anders war. Das sie sich von den Einheimischen unterschied, obwohl sie diesen Unterschied nie hatte benennen können.

Jetzt war ihr auch bewusst warum.

Sie sog die kühle Nachtluft tief in ihre Lungen und blickte John dann offen ins Gesicht. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, welches er jedoch nicht erwiderte. Stattdessen musterte er sie mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. „Du bist wirklich unheimlich."

„Nein. Nicht unheimlich. Nur vielleicht etwas...ungewöhnlich." Ihre Augen blitzten verschmitzt. „Auch ich bin einst durch dieses Sternentor hier her gelangt. Nur war mir das bislang nicht klar. Und mittlerweile ist es so lange her, dass ich mich schon gar nicht mehr recht erinnern kann. Ich verfolgte jemanden. Einen roten Priester, der den Tod meines Freundes verschuldet hat, und trat durch das Tor ohne wirklich zu wissen, was mich überhaupt erwartete. Ich jagte ihn und tötete ihn. Und wurde nach und nach immer mehr zu dem, was ich jetzt bin." Das verschlagene Lächeln, das über ihre Züge huschte, enthüllte mit einem sanften Blitzen die scharfen Zähne und ließen vor Johns innerem Auge die Bilder des Kampfes gegen den Wraith aufleuchten. Sie war in der Tat anders.

„Aber ich bin kein Monster. Um den Kampf gegen den Priester gewinnen zu können, habe ich eine Verbindung mit einem Wesen angenommen das noch viel mächtiger ist, als dieser Scharlatan es jemals hätte sein können. Ich verband mich mit einem Drachen, ging eine Allianz ein, die meine Seele mit der des Drachen verschmolz. Und obwohl ich ihn bereits vor vielen Jahren von dieser Bürde losgesagt habe, ist tief in mir der Funke einer Drachenseele erhalten geblieben und hat dafür gesorgt, dass mein menschliches Wesen mit dem eines Drachen verschmolz. So ist es mir möglich die Existenz anzunehmen, die du in dem Kampf vorhin erkennen konntest."

Nun war es an Sheppard mit offen stehendem Mund zu staunen. Und da sage ihm noch mal jemand, dass seine Geschichten fantastisch seien! Dass Rhyan von der Erde stammte, der selben Erde wie er und alle andern der Atlantis Expedition, verwunderte ihn sehr. In keiner der Datenbanken des SGC hatte er von einem Menschen gelesen, der in andere Welten reiste und nicht zum Stargate Kommando gehörte. Die Sternentore der Erde standen unter strengster Aufsicht und es war unmöglich, unbemerkt hindurch zu gelangen. Es sei denn Rhyan war durch eines der Tore gelangt, bevor sie in Vergessenheit geraten und vom Staub der Zeit begraben worden waren. Doch so lange konnte ein Mensch selbst in einer anderen Welt nicht überleben.

Und dann noch ein Drache. Er war durchaus schon Drachen begegnet und er wusste auch aus Berichten des SG-1 Teams, dass es auf vielen Welten noch immer Drachen gab. Aber dass sie sich mit einem Menschen zusammentaten war eine Wendung, die ihm nicht in den Kopf wollte. Doch er konnte nicht leugnen, dass diese Erklärung dem Erscheinungsbild von Rhyan einen Sinn gab. Allem voran den Augen.

Er kauerte sich neben Rhyan auf den Boden und rieb sich über das müde Gesicht. "Ein Drache, wie?" Sein Lächeln misslang gründlich, was Rhyan jedoch offensichtlich als äußerst amüsant empfand.

„Ein Drache. In der Tat. Und wir werden dir helfen, deine Freunde aus den Klauen der Wraith zu befreien.“ Sie streckte die Hand aus und nahm das mittlerweile durchgegarte Beutetier vom Feuer. Mit geschickten Fingern zerlegte sie es, warf ungenießbare Einzelteile zur Seite und reichte Sheppard dann einen Teil zum Verzehr. Sein Magen knurrte ungeduldig in Erwartung einer warmen Mahlzeit. Das Fleisch sollte ihm genügend Kraft spenden, um schnell wieder auf die Beine zu kommen.

„Wenn das was du sagst der Wahrheit entspricht... und ich habe keinen Zweifel, dass dem so ist... stimme ich mit euch überein, dass man diesen Wraith niemals erlauben darf, die Erde zu finden. Wir werden an eurer Seite kämpfen, das verspreche ich dir. Ihr seid weit von zu Hause fort. Und auch ich bin weit fort, weiter als dass ich jemals wieder dorthin zurückkehren könnte. Aber ich kann euch helfen, unser gemeinsames zu Hause zu schützen.“ Sie lächelte wehmütig, gefangen in längst vergessenen Erinnerungen und John spürte ihre Trauer, die sich unmittelbar neben der Erleichterung hielt, endlich wieder unter ihresgleichen zu sein.

Erschrocken fuhr er zusammen, als eine unerwartet starke Windböe die Flammen des Feuers zuckend höher schlagen ließ, so das tausende kleiner Funken tanzend in den dunklen Himmel aufstiegen. Sein Blick suchte instinktiv nach einem nahenden Unwetter, doch erkennen konnte er nur die sternenklaren Nacht. Und einen schwarzen Schatten, der in einiger Entfernung wendete und auf sie zugeglitten kam. Sein Herz setzte für einen Schlag aus und er sprang alarmiert auf.

„Sei unbesorgt. Uns droht keine Gefahr.“ Rhyan übergab den abgenagten Knochen dem Feuer und sah lächelnd zu dem verwirrten Colonel auf. „Ich ging davon aus, dass du alle deine Allianzpartner kennenlernen möchtest, bevor wir den Kampf gegen die Wraith eröffnen.“

Johns Herz hämmerte wild in seiner Brust, als ihm die Bedeutung ihrer Worte erst bewusst wurde, und er ließ sich behutsam wieder zu Boden sinken, in der Hoffnung, dass man das Zittern seiner Knie nicht bemerken würde.

Der Schatten kam näher, schien einen Moment lang reglos in der Luft zu verharren, ehe er herabsank und außerhalb des Lichtkreises des Feuers den Boden berührte. Die Anwesenheit einer unglaublich mächtigen Präsenz ließ Johns Haut kribbeln und er konnte nicht verhindern, dass er tief in sich den Wunsch verspürte, Hals über Kopf davon zu laufen. Etwas vergleichbares war ihm auf all seinen Reisen durch die Sternentore nur selten begegnet. Voller Ehrfurcht starrte er auf den gehörnten Schädel, der sich nur wenige Augenblicke später in den Feuerschein reckte.

Sheppards erster Gedanke war, dass die Zeichnungen altgermanischer Drachen durchaus keine Erfindung wilder Fantasien waren, sondern einen überaus wahren Kern besaßen. Mächtige geschwungene Hörner wanden sich aus seiner Schädeldecke, umrahmten das Gesicht und schützten den empfindlichen Halsansatz. Zwischen ihnen spannten sich hauchdünne, teils schon gerissenen Häutchen. Auch einige der Hörner wiesen Scharten und Brüche auf. Zwischen den Nüstern bog sich ein kleineres Horn zu den Augen, die von zähen Wülsten eingebettet wurden. Die Augen waren von dem selben leuchtenden Gold-Gelb wie die von Rhyan, strahlten jedoch eine Würde und ein Wissen aus, das John sich mickrig und unbedeutend vorkam, als ihn der Blick aus diesen Augen traf. Die unglaublich zahlreichen kleinen Schuppen schillerten im Feuerschein in einem dumpfen schwarz-rot, fast schon wie geronnenes Blut. Allein diese Reflexion ermöglichte es einem Betrachter überhaupt, den Drachen vor dem nächtlichen Hintergrund zu erkennen. Der Rest des geschuppten Leibes verschmolz mit der Dunkelheit.

„John, es ist mir eine Ehre, dir Arokh vorzustellen. Arokh, das ist Colonel John Sheppard.“

Es war wirklich seltsam einem Wesen wie diesem so förmlich vorgestellt zu werden und Sheppard wusste nicht so recht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Also neigte er nur leicht den Kopf. Das alles war so überaus... unwirklich. Doch allein die Möglichkeit mit einem derart mächtigen Partner gegen die Wraith zu kämpfen, ließ Sheppards Herz frohlocken. Sie würden eine reelle Chance haben Rodney, Teyla und Ronon zu befreien.

Rhyan riss ihn aus seinen Träumereien. „Morgen werden wir aufbrechen und nach dem unterirdischen Komplex suchen. Aus der Luft können wir ein wesentlich größeres Terrain absuchen als vom Boden aus. Du solltest dich schlafen legen und deine Kräfte sparen.“ Ihr Blick hielt seinem stand, wusste sie doch genau, dass er innerlich voller Unruhe war und am liebsten sofort aufbrechen würde. „Schlaf. Schlaf um deiner Freunde Willen.“

Widerwillig stand er auf und zog sich in den Unterschlupf zurück, um sich auf den Decken auszustrecken. Er fühlte sich derart aufgewühlt, dass er in naher Zukunft kein Auge würde zumachen können. Seine Rippen schmerzten ebenso wie seine Muskeln. An stilles Liegen war nicht zu denken und schon gar nicht an erholsamen Schlaf.

Noch während er sich darüber den Kopf zerbrach, glitt sein Geist davon und umhüllte ihn mit friedlichem Schweigen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  MorgainePendragon
2008-09-10T08:15:05+00:00 10.09.2008 10:15
Also DAS fand ich jetzt, auch wenn nicht wirklich viel PASSIERT, war eines der bislang interessantesten Kapitel überhaupt - und das meine ich nicht bloß, weil Arokh endlich seinen großen (wenn auch schweigsamen) Auftritt hat.^^ By the way: Auch ER hat sich wohl verändert, oder? Erscheint mir... dunkler... kampferprobter... Allein die Blessuren... Oder täusche ich mich da? Aber ENDLICH isser da! *rumfreu* *arokh knuddel*
Ja, also, wie gesagt, eines der aufschlussreichsten Pitel bislang.
Nicht nur, dass man als Laie eine dringend nötige Geschichtsstunde in SG-Kunde erhält (Danke^^; Der arme John... Trägt ja ein ziemlich schweres Schicksal mit sich herum... für die größte Plage der Menschheit mehr oder weniger verantwortlich zu sein... Uff...), man erfährt auch ENDLICH warum Rhyan das alles so bekannt vorkommt. Ich DACHTE mir so etwas... *smile*
Ich muss sagen, dass du deine beiden FFs an dieser Stelle wirklich gekonnt miteinander verbindest. Die Jagt auf den Roten Priester durch andere Welten, die erst durch Sternentore ermöglicht wurde... Das ist klasse.^^ Wo ich vorher noch irgendwie gerätselt hatte, wie du die beiden eigentlich doch so verschiedenen Themen miteinander verbinden würdest, und so meine Bedenken hatte, so passt das jetzt wirklich richtig gut zusammen mit dieser Erklärung. Hätt ich nicht gedacht.
Fantasy und SF liegen wohl doch näher beieinander, als ich das annahm.^^

Mich würde ja mal interessieren, wie alt die gute Rhyan inzwischen dann ist, wenn es ihr tatsächlich schon VOR den bekannten Aufzeichnungen möglich war durchs SG zu reisen.... mmm...
Und Arokh erst...^^
Tattergreis...
*ggg*
Aber ein SEHR SCHICKER Tattergreis.^^ Knusprig eben...^^

So, dann kann's ja losgehn. Auf in den Kampf! Ich hoffe, Arok klopft noch ein paar (weise oder auch weniger weise) Sprüche - oder kommuniziert er nur per Gedanken mit Rhyan??? *vergessen hat* O.o

Von: abgemeldet
2008-08-08T13:44:15+00:00 08.08.2008 15:44
Ich bins wieder und wieder einmal will ich dich für dein cooles Kapi loben. *schulterklopf*
Was gut war die Überraschung das das Mädchen von der Erde ist und einen Drachen hat, das hätte ich nicht gedacht. Echt coole Idee!!!!!

Freue mich schon auf die Fortsetzung!!!!! :)
mfg shippoliebling


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