Ich liebe dich
Ich liebe dich.
Wie oft habe ich dir diese Worte schon sagen können? Wie oft werde ich sie dir
in Zukunft noch sagen?
Hier sitze ich nun am Fenster. Sehe zu wie winzige Eiskristalle vom Himmel
herabfallen. Ich beobachte, wie die einzelnen Schneeflocken von unsichtbarer
Macht quer durch die Luft gewirbelt werden. Immer wieder entstehen neue Muster
und Wirbel. Im Prinzip sehe ich sie nicht wirklich. Solch ein atemberaubendes
Naturspiel und ich beachte es kein Stück.
Meine Gedanken sind bei dir. Wo sollten sie auch sonst sein? Seit ich dich
kenne, sind sie bei dir. Ohne dich fühle ich mich einsam, alleine und verloren.
Alleine der Gedanken an dich erweckt die Schmetterlinge in meinem Bauch erneut
zum Leben. Weißt du überhaupt, was du da mit mir anrichtest?
Ich liebe dich.
Ich lege meinen Kopf auf meine Knie und starre weiter in die Dunkelheit hinaus.
Versunken in Gedanken.
Gestern haben wir unsere Wohnung weihnachtlich geschmückt.
Ich habe mich dagegen gewehrt, wie jedes Jahr. Eigentlich mag ich Weihnachten
nicht einmal besonders. Weihnachten ist zu sehr Kommerz geworden für meinen
Geschmack. Den ganzen Stress mit Geschenke besorgen, dass durch die Straßen
hetzen, nebenbei noch von Unmengen von Menschen zerquetscht werden, dass alles
ist nichts für mich. Noch dazu gab es nie Menschen mit denen ich es in
Erwägung gezogen hätte dieses Fest zu feiern. Wozu auch? Es gab niemanden.
Du kennst meine Gründe, trotzdem schaffst du es jedes Jahr, dass ich mich auf
Weihnachten freue. Unsere kleinen Streitereien darüber sind mir über die Jahre
schon längst ans Herz gewachsen. Erinnern sie mich doch an den Anfang unsere
Beziehung, wie ich mich damals in mein Zimmer einschloss, verborgen vor der
Welt. Weihnachten Fest der Liebe? Damals wollte ich nicht daran glauben, doch du
hast mich eines besseren belehrt. Du hast mich aus meinem einsamen Zimmer
gezerrt und mich gezwungen einen Weihnachtsbaum zu schmücken.
Mein Gesichtsaudruck muss göttlich gewesen sein, wie ich da mit Girlanden in
der Hand da stand und einfach den Weihnachtsbaum anstarrte. Ein Wunder, dass du
eine Digicam nicht gezückt hast, sonst hast du sie doch immer in deiner Nähe.
Es gibt garantiert schon tausend von Fotos von uns gemeinsam.
Ein leises Lachen entflieht meiner Kehle.
So ging es damals den ganzen Tag weiter... Nach dem Weihnachtsbaum wurde die
restliche Dekoration in Angriff genommen. Für den Adventskranz wurde ein Platz
in der Nähe des Fensters gefunden an dem ich gerade sitze, ein
selbstgebastelter Adventskalender wurde an die Wand gehangen, am Ende fand ich
heraus, dass er für mich war, wir hingen Mistelzweige an die Decke,
Lichterketten an die Fenster und was es sonst noch alles gab. Selbst ich musste
am Ende zugeben, dass seine Wohnung gleich viel gemütlicher wirkte. Sie strahle
eine solche Nähe und Geborgenheit aus, die ich so noch nie erfahren hatte. Als
ich mich von dir verabschiedete stand ich unter einem Mistelzweig. Das Letzte
was ich gesehen habe, bevor ich deine Lippen auf meinen spürte, waren deine
liebevoll leuchtenden Augen. Genauso liebevoll, wie mich deine Augen
angeleuchtet haben, war der Kuss. Wirklich beenden wollte ich ihn nicht. Fast
schon verwirrt öffnete ich wieder meine Augen.
Deine Hand streichelten meine Wange, ein „Ich liebe dich!“ war zu hören.
Licht in der Dunkelheit ließ mich aus meinen Gedanken aufschrecken.
Autoscheinwerfer blitzen durch die Dunkelheit, noch mehr Schneeflocken wurden
bestrahlen, sie tanzend weiter durch den Himmel. Ein Strahlen legt sich über
mein Gesicht. Du bist wieder da.
Wenige Minuten später höre ich schon, wie sich der Schlüssel im Schloss
dreht. Kaum hat sich die Tür geöffnet suchen deine Augen schon nach mir. Sie
funkeln noch genauso liebevoll, wie vor einigen Jahren.
Ich liebe dich.