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Save me from the dark

ShinichixShiho
von

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Was lange währt, wird noch lange nicht gut

Eines musste man Vermouth einfach lassen, sie wusste ganz genau, was sie tun musste, um zu erreichen, was auch immer sie erreichen wollte. Es gab nur ein paar wenigen Situationen, in denen ihr ein Detektiv namens Shinichi Kudo dazwischen gefunkt hatte und aus diesen Situationen hatte die Killerin gelernt, sie würde sich kein weiteres Mal von ihm aufhalten oder täuschen lassen. Oh nein, dieses Mal hatte sie einen Plan und sie würde nicht zulassen, dass irgendwer ihn vereitelte – sie durfte es auch gar nicht zulassen, denn wenn sie versagte, würde sie eine harte Strafe erwarten, denn gerade jetzt, wo die Organisation so geschwächt war, konnten sie sich keine Fehltritte mehr leisten. Es ging hier für die Blondine also nicht nur um irgendeinen wichtigen Auftrag, es ging viel mehr um ihr Leben und die Ehre der verhassten schwarzen Organisation.
 

Es war ein Kinderspiel gewesen, Shinichi davon zu überzeugen, dass sie mit dem Fahrtsuhl geflüchtet war, dazu war nicht einmal viel Vorarbeit nötig gewesen und während der Detektiv jetzt die Treppe hinunter stürmte in der Hoffnung, sie irgendwie einholen zu können, spazierte sie in aller Seelenruhe in das Appartement von Claire und Shiho, welche gerade das Telefon in die Hand genommen hatte, um die Polizei und Jodie zu verständigen. Allerdings kam das ehemalige BO-Mitglied nicht einmal dazu, die Nummer zu wählen, denn ein weiterer warnender Schuss streifte ihr Gesicht und traf erneut eine der wandhohen Fensterscheiben. Zwei große Löcher prangten nun in der ‚Außenwand’ und ließen die eiskalte Winterluft hinein.
 

„Leg das Telefon weg, Sherry!“ Mit der einen Hand hielt Vermouth ihre Waffe auf die Rotbraunhaarige, mit der anderen zog sie sich die schwarze Maske vom Kopf und gab ihr hübsches Gesicht frei, auf welchem eine Narbe zu erkennen war, welche ihr bei einem Kampf von Shiho selbst zugefügt wurden war, einige Tage bevor man die BO aufgelöst und Vermouth eigentlich ins Gefängnis gesteckt hatte.
 

Es war eine Situation gewesen, an die sich die einstige Wissenschaftlerin nicht gern erinnerte, denn sie wäre dabei nicht nur beinahe selbst ums Leben gekommen, sondern hatte auch Shinichi und Professor Agasa damit in Lebensgefahr gebracht und es war nur dem schnellen Eingreifen von Jodie und dem FBI zu verdanken, dass sie alle noch am Leben waren und das nirgendwo auf ihren Körpern eine Narbe von einer Kugel prangte.
 

„Spreche ich so undeutlich?! Leg das Telefon weg!“, forderte Vermouth harsch, nachdem Shiho nicht reagiert hatte, obgleich diese nicht aus Trotz, sondern aus Angst nicht den Willen gefunden hatte, dass Telefon beiseite zu legen.
 

Noch immer war sie wie starr vor Angst. Sie hätte niemals gedacht, diese gefährliche Person jemals wieder zu sehen und noch weniger hätte sie geglaubt, jemals wieder so hilflos vor ihr zu stehen. Es war Shiho ohnehin unerklärlich, wie diese Frau es aus dem Gefängnis geschafft hatte, aber einem Schauspielertalent wie Vermouth war vermutlich alles zuzutrauen, aus diesem Grund ließ Shiho letzten Endes auch das Telefon fallen, welches unsanft auf dem Boden landete.
 

„So Sherry… jetzt können wir uns ja ein wenig unterhalten“, das einstige Lieblingsmitglied des früheren Bosses der BO grinste siegessicher. Was die Blonde allerdings dazu veranlasste, die Tür nicht zu schließen, war Shiho ein Rätsel. Wollte sie, dass man sie hörte? Es war ja schon verwunderlich, dass noch keiner der Nachbarn auf die Schüsse reagiert hatte. Oder legte sie es darauf an, dass Shinichi zurück kam und mit ansehen konnte, was hier passierte? „Es ist lange her… Sherry.“ Die Killerin trat an Shiho heran und hielt der einstigen Wissenschaftlerin die Waffe an die Brust, machte aber im Moment noch nicht den Eindruck, wirklich abdrücken zu wollen. Noch wollte die Frau nur mit ihrem Opfer spielen. Ein gefährliches Spiel. „Eigentlich wollte ich dich ja gleich erschießen, kurz und schmerzlos, aber jetzt habe ich ein paar Skrupel, wo ich doch diese romantische Kussszene live verfolgen konnte.“ Sie lachte leicht, während sie Shiho mithilfe der Waffe so weit nach hinten dirigierte, dass die Rotbraunhaarige mit einem der noch vorhanden Fenster kollidierte, allerdings beängstigend nah an den Löchern war, die die beiden kaputten Fenster hinterlassen hatten.

Eine Antwort von der einstigen Wissenschaftlerin blieb aus. Selbst wenn Shiho in der Lage gewesen wäre, etwas zu erwidern, hätte sie nicht gewusst was. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass ihr gegenüber mit dem süffisanten Grinsen weiter sprach.

„Ich muss schon sagen, wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich gewettet, dass du den Mord an Ran arrangiert hast, um dir den hübschen Meisterdetektiv zu schnappen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hättest du das auch noch getan, wenn wir dir nicht zuvor gekommen wären, hab ich nicht recht?“ Die langen blonden Haare der Frau flogen mit einer eleganten Handbewegung nach hinten, während sie die Waffe immer noch gegen die Brust der Wissenschaftlerin drückte. „Du weißt doch, einmal ein Mörder, immer ein Mörder.“

„Das trifft vielleicht auf dich zu, aber nicht auf mich!“, zischte die Studentin endlich, während unter ihren Füßen eine Glassscherbe zerbrach, auf welche sie versehentlich getreten sein musste. Das Knacken der Scherbe erinnerte sie daran, dass eine der Glassscherben vielleicht ihre einzige Chance war, aus Vermouths Fängen noch zu entkommen. Apropos entkommen… „Wieso bist du nicht im Gefängnis?“

„Du weißt doch, ich bin eine Schauspielerin. Es ist ein Leichtes für mich, eine schwere Krankheit vor zu täuschen und einen Aufenthalt im Krankenhaus zu erreichen. Und für die Leute von der schwarzen Organisation ist es noch leichter, die paar Luschen von der Polizei, die versucht haben mich zu bewachen, zu beseitigen. Wenn du noch so lange leben würdest, könntest du Morgen sicherlich in der Zeitung von meinem genialen Ausbruch lesen“, grinste Vermouth.

„Du bist erst heute ausgebrochen und das Erste was du tust, ist hierher zu kommen, um mich zu töten?“, erkundigte sich Shiho fassungslos, während sie spürte, wie Adrenalin in ihre Adern gepumpt wurde, welches langsam aber sicher anfing, ihre Angst zu betäuben.

„Es ist deine Schuld, dass es soweit kommen konnte“, knurrte die Blonde. „Wenn du nicht so viele Informationen an Shinichi und das FBI weiter gegeben hättest, dann hätte man uns vermutlich niemals zerschlagen können.“ Es war ja nicht so, dass Vermouth selbst nicht zwischendurch immer mal wieder mit dem Gedanken gespielt hatte, die Organisation zu verlassen, aber… „Niemand verlässt die Organisation lebend, das solltest du wissen!“ Immerhin hatte auch Akemi ihr Leben verloren, bei dem Versuch, sich und ihre Schwester frei zu kaufen. „Und deswegen musst auch du sterben!“

Die Kälte, die durch die zersprungenen Fenster Shihos Körper streifte, ließ sie erzittern und so fiel es ihr schwer, halbwegs ruhig zu klingen, als sie antwortete. „Wenn du so wild darauf bist, mich zu töten, warum bringst du es dann nicht endlich hinter dich?“

„Hast du es so eilig zu sterben?“, lachte Vermouth. „Weißt du, ich dachte… ich warte noch, bis Shinichi hier auftaucht, damit er begreifen kann, in was für eine Gefahr er dich damit gebracht hat, dass er überhaupt Zeit mit dir verbringt. Dir, einer Mörderin!“

„Ich bin keine Mörderin!“, protestierte Shiho. „Ich habe niemals jemanden kaltblütig ermordet.“
 

Sie hatte nur das Gift hergestellt, welches am Ende viele Menschen das Leben gekostet hatte und sie lebte jeden Tag mit deren Blut, dass den Rest ihres Lebens an ihren Händen kleben würde. Sie lebte jeden Tag mit all den Jahren, die Shinichi nicht mit seiner Ran verbringen konnte, weil ihr verdammtes Gift ihn zu einem gejagten Kind gemacht hatte. Ja, sie war schuld am Tod und Leid einiger Menschen, aber trotzdem war sie keine Mörderin, denn sie hatte niemals wirklich jemandem schaden wollen.
 

Vermouth drückte die Waffe so stark gegen Shihos Brust, dass diese zu schmerzen begann und es der Rotbraunhaarigen unmöglich war, sich zu bewegen. „Du solltest dankbar dafür sein, dass ich dich jetzt töte, so entgeht dir immerhin, wie dein geliebter Detektiv deinetwegen sterben muss.“ Der irritierte Blick der einstigen Wissenschaftlerin gab dem BO-Mitglied offenbar Anlass, das Ganze näher zu erläutern. „Die Rache an Shinichi Kudo wäre mit dem Mord an seiner Frau eigentlich abgeschlossen gewesen. So lange er uns nicht wieder in die Quere gekommen wäre, hätten wir ihn in Ruhe gelassen, aber du musstest ja unbedingt auftauchen und alles verkomplizieren! Nur weil du ihn mit hierher gebracht hast, muss er nun ebenso sterben wie du.“

„Aber…“ Der vernünftige Teil von Shihos Gehirn machte ihr deutlich, dass es logisch betrachtet gar nicht ihre Schuld war, dass Shinichi dahinter gekommen war, dass die BO noch existierte und sie nun eben zur Strecke bringen wollte. Rans Tod war der Auslöser von allem. Aber wenn man es mit dem emotionalen Teil ihres Gehirns betrachtete, dann wäre Shinichi vielleicht niemals dahinter gekommen, dass die BO an Rans Mord schuldig war, wenn diese Leute nicht der Meinung gewesen wären, Rache an ihr, der Verräterin nehmen zu müssen und sich damit praktisch verraten hatten.

„Und nun, sag gute Nacht, Sherry!“ Vermouth war kurz davor, abzudrücken und eine Kugel mitten durch Shihos Herz zu jagen, als plötzlich ein atemloser Shinichi in der Tür stand und „Stopp!“, rief, als glaubte er, dass würde tatsächlich irgendetwas ändern.

„Ah… kommst du also doch noch, um zuzusehen, wie ich diese kleine Verräterin hier erschieße?“, grinste die Blonde und wendete sich kurz zu dem Detektiven um. „Schau genau her und erkenne, was mit jenen passiert, die uns in die Quere kommen!“ Erneut war sie darauf aus, Shiho zu erschießen und dieses Mal würde sie sich nicht von Worten stoppen lassen, zum Glück aber von Taten. Eine Kugel traf sie direkt ins Bein, die Überraschung und die Wucht des Schusses hatten sie Sekunden später ebenfalls zu einem Schuss veranlasst, welcher Shiho jedoch verfehlte, da diese den Moment genutzt hatte, um sich zu ducken, dies hatte jedoch zur Folge, dass die Scheibe hinter Shiho ebenfalls von einer Kugel durchbrochen wurde und zerbrach.
 

Vermouth taumelte, versuchte ihren Halt zurück zu erlangen und es gelang ihr schließlich auch irgendwie. Dem Mitglied der BO war klar, dass sie jetzt keine Chance mehr hatte, denn es war die FBI-Agentin Jodi, die den Schuss abgefeuert hatte. Dennoch richtete die Schauspielerin ihre Waffe erneut auf die am Boden kauernde Shiho. Wenn sie schon wieder zurück ins Gefängnis musste, dann wollte sie vorher wenigstens ihren Auftrag erfüllt haben. Doch soweit kam es nicht, denn Jodi feuerte einen weiten Schuss ab und traf dieses mal Vermouths anderes Bein. Das BO-Mitglied verlor endgültig den Halt und fiel nach vorne, direkt durch das von ihr selbst zerstörte Fenster. 15 Stockwerke in die Tiefe. Ein Sturz mitten auf die befahrenen Straßen New Yorks. Ihr Tod war besiegelt...
 

~*~
 

„Klingt ja nicht gerade nach einem besinnlichen Weihnachtsfest“, erkannte Heiji seufzend, der mit Shinichi und Jodie in der Hauptzentrale der Polizei war, um nun doch endlich das Schießen zu lernen. „Woher wussten Sie eigentlich, dass etwas nicht stimmt, Jodie?“

„Shiho muss meine Nummer gewählt haben, bevor sie das Telefon fallen gelassen hat“, antwortete die blonde FBI-Agentin. „Mein Handy klingelte plötzlich und als ich abnahm, hörte ich die Stimme von Vermouth, die jemanden Sherry nannte und da war mir sofort alles klar. Ich war zum Glück noch in einem Restaurant in der Nähe etwas essen, so dass ich nicht lange bis zu dem Appartement brauchte. Ich muss das Haus kurz nach Shinichi betreten haben.“

„Verstehe…“, nickte Heiji und musste zugeben, dass er beeindruckt war, dass Shiho in diesem Moment voller Angst noch daran gedacht hatte, einen stummen Hilferuf zu starten. „Und wieso bist du erst so spät wieder aufgetaucht, Kudo?“ Er wendete sich an seinen Freund, der ihm gegenüber an einem Tisch saß, während die drei darauf warteten, dass der Raum für die Schießübungen frei wurde.

„Weil ich dachte, dass der Schütze geflüchtet ist und ich ihn unbedingt einholen wollte! Ich war schon etliche Meter von dem Haus entfernt, als mir aufging, dass das auch eine Falle sein könnte und dass ich Shiho da oben vielleicht mit TWR allein gelassen hab“, seufzte Shinichi und blickte in die Kaffeetasse, die vor ihm stand. „Das Ganze ging mir alles etwas zu schnell…“, murmelte er dann und meinte damit sicherlich nicht nur Vermouths Angriff.

„Und? Ist Vermouth nun TWR gewesen?“, erkundigte sich Heiji neugierig, während er seinen Kaffeetasse leer trank.

„Nein.“ Jodie schüttelte mit dem Kopf. „Ich bin mir sicher, dass es sich bei ‚The Wild Rose’ um einen Mann handelt. Aber wir konnten Spuren an Vermouth finden, die beweisen, dass sie Rebecca Steel ermordet hat.“ So gesehen wenigstens ein kleiner Erfolg.

Heiji nickte nur. Einen Erfolg würde er in diesen Ereignissen eher nicht sehen. Man könnte guten Gewissens sagen, dass alles schief gegangen war, was nur schief gehen konnte, wenn man mal davon absah, dass Shinichi, Shiho und Jodie noch am Leben waren. „Und wie kommen Sie darauf, dass TWR ein Mann ist?“, kam der Dunkelhäutigere schließlich noch einmal auf seinen aktuellen Fall zurück.

„Weil es in dem Lied auch so ist.“ Die FBI-Agentin sprach das so aus, als müsste das doch für jeden glasklar sein, aber Heiji und auch Shinichi wussten beim besten Willen nicht, wovon sie sprach. Dementsprechend mussten auch ihre Gesichter aussehen, denn die Blonde setzte eine Erklärung nach. „Der Killer hat sich nicht aus Langeweile ‚The Wild Rose’ genannt. Sein Vorgehen lehnt sich an das eines Mörders an, aus einem Lied von Kylie Minogue und Nick Cave. Das Lied heißt ‚Where the wild roses grow’.Der Mörder aus diesem Lied hatte eine Schwäche für junge hübsche Mädchen. Er hat dafür gesorgt, dass sie sich in ihn verlieben und ihm vertrauen, so dass er sie umbringen konnte, ohne das sie sich wehrten, weil sie niemals damit gerechnet hätten. Die Opfer dieses Mörders wurden allesamt ‚The Wild rose’ genannt.“

„Aha…“, brachten die beiden Detektive gleichzeitig etwas ungläubig hervor.

„Aber spricht es nicht eher für eine Frau, sich an so ein kitschiges Lied anzulehnen?“, wagte Heiji zu spekulieren.

„Vor ein paar Jahren gab es hier einen Serienkiller, der die Frauen genau so wie in dem Lied ermordet hat und der hat sich Elisa Day genannt, dass war der Name des Mädchens, das in dem Lied ermordet wurde“, erklärte Jodie. „Und dabei handelte es sich definitiv um einen Mann, der nicht auf kitschige Lieder stand, das könnt ihr mir glauben.“ Denn sie hatte ihn gesehen und war sogar ein wenig an seiner Enttarnung beteiligt gewesen. „Ich denke übrigens, dass es zwischen diesen Männern einen Zusammenhang gibt. Es heißt, dass Elisa Day einen Sohn gehabt hat. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser in seine Fußstapfen treten wollte.“

„Aber warum nehmt ihr den Sohn dann nicht einfach fest?“ Für Heiji schien das logisch betrachtet der simpelste Weg.

„So einfach ist das leider nicht, denn wenn er einen Sohn hat, hat er ihn offiziell nie anerkannt, die Suche nach ihm war bisher jedenfalls erfolglos.“ Sehr zu Jodies Bedauern und das sah man ihr deutlich an.

„Gut, darum kümmern wir uns später“, entschied der Detektiv aus Osaka und blickte Shinichi an, der eher abwesend in seine Kaffeetasse starrte. „Im Moment interessiert mich erst einmal, was mit dir und Shiho los ist. Seit Weihnachten redet ihr ja offenbar nicht mehr miteinander und geht euch auch weitestgehend aus dem Weg, wie es scheint. Woran liegt das?“

Kurz war es still und man konnte Jodie deutlich ansehen, dass sie auch interessiert war an den Gründen für diese Schweigsamkeit zwischen dem Detektiv und dem ehemaligen BO-Mitglied. „An mir…“, kam irgendwann die Antwort von Shinichi…
 

~*~
 

„Er hat WAS gesagt?“, kam es fast etwas zu laut aus Claire, die gemeinsam mit Shiho und einigen anderen – vorwiegend Studentinnen – in dem Prüfungsvorbereitungskurs von Professor Founder saß, welcher die Angewohnheit hatte, diese Kurse immer zwischen Weihnachten und Silvester stattfinden zu lassen.
 

„Claire, haben Sie vielleicht eine Frage zu der Aufgabe?“, erkundigte sich der attraktive Professor auch sofort.

„N-Nein“, winkte die Dunkelhaarige sofort verlegen ab und zog den Kopf ein. Es dauerte nicht sehr lange, da hatten sich die Blicke ihrer Mitstudentinnen von ihr abgewendet und so konnte sich Claire wieder an ihre Freundin wenden, dieses Mal aber etwas leiser. „Also… noch mal jetzt, was hat er zu dir gesagt?“

Shiho seufzte und strich sich die Haare zurück. Die Wunde die der Streifschuss hinterlassen hatte, war immer noch deutlich zu sehen. „Er hat gesagt, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war und dass es nicht mehr vorkommen würde.“ Vielleicht sollte man zu seiner Verteidigung sagen, dass er sich zuvor besorgt erkundigt hatte, ob alles in Ordnung war und das er selbstverständlich mit dieser Abfuhr gewartet hatte, bis Jodie und die wenig später aufgetauchte Polizei verschwunden waren. „Du hättest sein Gesicht sehen sollen, so voller Schuldgefühle, als hätte er Ran betrogen. Derweil war es doch nur ein Kuss und Ran ist immerhin über ein halbes Jahr tot.“ Aber vielleicht hatte sie sich auch einfach zu viele Hoffnungen gemacht. Es war vermutlich dumm gewesen, sich überhaupt jemals Hoffnungen zu machen.

„Naja, es ist nicht leicht für ihn…“, versuchte Claire den Detektiv zu verteidigen. Dass sie knapp zwei Tage nach der Weihnachtsfeier schon wieder in der Uni sitzen würde, hätte die junge Frau nicht gedacht, aber nachdem sie gehört hatte, was Shiho beinahe widerfahren war, hatte sie unbedingt mit ihr reden müssen und Claires überbesorgte Eltern ließen sie nur für die Uni das Haus verlassen – unter der Bedingung, dass sie sich hinbringen und wieder abholen lassen würde. „Vielleicht braucht er noch etwas Zeit?“

„Nein. Er hat seine Entscheidung getroffen und sie ist gegen mich ausgefallen.“ Shiho kritzelte auf dem leeren Blatt vor ihr herum, anstatt die Aufgabe zu erfüllen, die Mr.Founder an die Tafel geschrieben hatte. „Es war dumm von mir, etwas anderes zu erwarten.“

„Ja aber, er hat doch die Kette angenommen, oder nicht? Und den Ring trägt er auch daran, nicht wahr? Das ist doch ein gutes Zeichen!“ Die Schwarzhaarige konnte sich nicht vorstellen, dass Shinichi diesen schweren Schritt gegangen war, seinen Ring ‚ab zu legen’, wenn er am Ende doch niemals vorhatte, sich mit dem Tod seiner Frau abzufinden und von vorne zu beginnen. „Vielleicht hat ihn die Sache mit dieser… Vermouth verunsichert?“

„Vermout hat damit überhaupt nichts zu tun!“ Shihos Stimme hatte sich deutlich erhoben, doch Cedrik sagte kein Wort, es schien viel mehr so, als würde er versuchen zu lauschen und heraus zu hören, was sie erzählte. „Shinichi ist ein verdammter Feigling, das ist alles. Er hat Angst vor dem, was sich zwischen uns entwickeln könnte und Angst davor, was passiert, wenn es schief geht. Aber anstatt es zu versuchen, lässt er es lieber gleich bleiben.“

Claire lehnte sich etwas in ihrem Stuhl zurück, blickte auf das leere Blatt, welches vor ihr auf dem Tisch lag und schien einen Moment zu überlegen. „Du solltest versuchen, ihn zu verstehen. Es ist nicht leicht für ihn. Er hat ja seine Ran schon an die BO verloren und nach allem was wir wissen, ist die Chance hoch, dass er auch dich an diese Leute verliert.“

„Alles nur Ausreden…“, murmelte die Rotbraunhaarige, während Professor Founder das Ende des Unterrichts einläutete und zum Glück erlaubte, die Aufgabe zuhause zu beenden.
 

„Shiho? Haben Sie noch einen Moment für mich?“, wendete sich der Blonde schließlich an die einstige Wissenschaftlerin, welche gerade begonnen hatte, ihr Zeug in ihre Tasche zu packen.

„Ähm…“ Sofort befand sich Shiho im Mittelpunkt der neidischen Blicke ihrer Mitstudentinnen, die sofort miteinander zu tuscheln begannen. „Ja, sicher“, nickte die Rotbraunhaarige dennoch. Sie machte sich nichts daraus, dass alle glaubten, dass sie und Founder etwas miteinander hatten, immerhin wusste sie es besser.

„Wir telefonieren, ja? Und sieh nicht so schwarz wegen Shinichi.“ Claire legte ihrer Freundin kurz eine Hand auf die Schulter, ehe sie und die meisten anderen Studentinnen langsam den Raum verließen.

„Was kann ich für Sie tun, Professor?“, wendete sich das ehemalige BO-Mitglied schließlich an ihren Professor und trat mit geschulterter Tasche auf diesen zu.

„Cedrik“, verbesserte der Professor sie zwinkernd. „Eigentlich wollte ich eher fragen, ob ich etwas für Sie tun kann. Immerhin haben Sie schwere Zeiten hinter sich und ich befürchte, dass Sie mit dem Stoff nicht mehr hinterher kommen.“

„Es geht schon.“ Das war übertrieben. Seit Shiho aus Japan zurück war, hatte sie kaum etwas nachgeholt und auch in den Vorlesungen war sie eher abgelenkt durch ihre Gedanken an Shinichi, die BO und die Dinge, die passiert waren. Sie hatte schon überlegt, ihr Studium für ein Semester zu unterbrechen, um sich erst einmal auf die Sache mit der schwarzen Organisation zu konzentrieren.

„Ich wollte Ihnen vorschlagen, bei mir ein paar Nachhilfestunden zu nehmen. Ich bin sicher, ich könnte Ihnen helfen, Ihren Rückstand wieder aufzuholen. Wir könnten uns dazu immer samstags bei mir treffen, was halten Sie davon?“ Er sah sie fragend, aber lächelnd an. „Machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihren Mitschülerinnen! Die haben auch schon Extrastunden von mir bekommen, wenn sie darum gebeten haben.“ Er war schließlich nicht nur der beliebteste Lehrer, weil er so gut aussah.

„Ich…“, die Rotbraunhaarige zögerte. Im Moment hatte sie eigentlich gar keine große Lust auf Physik oder sonst irgendetwas, was mit ihrem Studium zu tun hatte. Sie war heute auch nur wegen dem Treffen mit Claire hierher gekommen. „Ich denke, ich muss ablehnen.“

„Ich bitte Sie, Shiho! Ich möchte nicht, dass so eine begabte Studentin wie Sie auf der Strecke bleibt, nur wegen so eines dummen Zwischenfalls.“

„Eine Freundin von mir ist ums Leben gekommen, vor Kurzem eine Studentin aus Ihrem Kurs und vor wenigen Tagen war jemand hinter mir her! Wie können Sie das einen ‚dummen Zwischenfall’ nennen?“, fragte Shiho fassungslos.

„Die Welt wird immer dunkler, meine Liebe. Es ist nicht gut, sich all zu große Gedanken über solche Sachen zu machen. Sie sollten lieber an Ihre Zukunft als Lehrerin denken! Sie werden Ihr Ziel niemals erreichen, wenn Sie nichts dafür tun!“ Streng blickte der junge Professor seine Studentin an. „Also… diesen Samstag gegen acht Uhr abends?“ Nun lächelte er wieder.

„Wie Sie wollen.“ Dann würde sie ihm eben am Samstag Abend sagen, dass sie vorerst ihr Studium unterbrechen würde. Außerdem würde sie es genießen zu beobachten, wie Shinichi trotz allem an die Decke ging, sobald er hörte, dass sie sich abends mit dem Professor treffen würde und das auch noch ganz alleine…
 

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Ich möchte mich bei allen Kommischreibern für die 80 Kommentare bedanken. Ich freue mich wirklich sehr, dass ihr die Story mögt und hoffe, ihr bleibt ihr auch weiterhin treu.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  sanxbrit
2010-06-12T17:49:30+00:00 12.06.2010 19:49
deine story gefällt mir sehr gut, besonders weil es nicht so schnell voran geht (so ist es spannender).
und der lehrer kommt mir seeeeehr verdächtig vor, hab nen riecher für so was xDD
Von:  Goku-kun
2010-06-07T21:02:16+00:00 07.06.2010 23:02
Ich finde deine ff voll cool.Hab sie gleich als ich sie sah, komplett ohne Pause durchgelesen.Und ich bin begeistert.Schreib schnell weiter.Ich will wissen wann Shinichi endlich zu Shiho sagt das er sie liebt.Also schnell weiterschreiben.
Von:  Sandoran
2010-04-14T21:50:15+00:00 14.04.2010 23:50
Ja der Lehrer, sehr Offensichtlich...

Bin gespannt.

Mach weiter!! .... bitteee!!
Von:  Ryoko-chan
2010-04-13T12:33:15+00:00 13.04.2010 14:33
Hui, der Anfang war ja spanend. ;D Das war wirklich verdammt knapp. Vermouths Tod hat mir gut gefallen, ein Sturz in die Tiefe... der perfekte Abgang für eine Schauspielerin. xD


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