Prolog
Die beiden lagen nun schon eine ganze Weile regungslos nebeneinander und schauten dem Sonnenuntergang entgegen. Ritsuka fühlte sich irgendwie seltsam. Er spürte in sich eine tiefe dunkle Leere, wie er sie noch niemals zu vor gefühlt hatte. Nicht einmal nach Seimei’s Tod.
„Was ist bloß los mit mir? Seit ein paar Tagen, ist es so, als ob ich mich selbst nicht mehr erkennen würde, wenn ich morgens in den Spiegel schaue.“
Der 15-Jährige drückte sich nun beide Hände fast schon hysterisch ins Gesicht und krallte sich anschließend an seinen tiefschwarzen leicht verstrubbelten Haaren fest. Es hatte schon fast den Anschein, dass er sie sich auszureißen versuchte.
„Ritsuka!“
Urplötzlich wurde er durch zwei kräftige blasse Händen von seinem Vorhaben abgehalten. Als er die Augen öffnete blickte er in Soubi’s beruhigende blass violette Augen, die ihn vor Schreck zunächst nur anstarrten, aber schon bald wieder die übliche Ausgeglichenheit ausstrahlten, die den Kleineren so anzog.
„S-Soubi“, kam es nur zögerlich aus Ritsuka’s Mund heraus.
„Was ist mit dir Ritsuka? Du verhältst dich schon seit Tagen so anders. Ich… kann spüren, dass dich etwas bedrückt.“, während der 6 Jahre ältere Student diese Worte dem Schüler zuflüsterte zog er ihn kräftig aber doch gefühlvoll zu sich heran, sein Griff umklammerte den Jüngeren fest. Ohne eine Antwort abzuwarten suchten Soubi’s Lippen die des Jugendlichen und verführten sie zu einem leidenschaftlichen Kuss.
Ohne das Ritsuka etwas dagegen unternehmen konnte legte sich ein rötlicher Schimmer auf seine Wangen und die angelegten Katzenohren auf seinem schwarzen wuschligen Kopf sprachen für sich. Der Neuntklässler genoss den ausgiebigen Kuss sichtlich, was auch dem erfahrenen Stundenten nicht entging. Sein Kuss wurde deshalb ein wenig fordernder, jedoch nicht zu aufdringlich, immerhin war er sich darüber bewusst im Grunde noch ein Kind vor sich zu haben, auch wenn Ritsuka Aoyagi in seinem tiefsten Inneren schon lang kein Kind mehr war.
„Was.. was mach ich eigentlich hier?“, fragte sich der Halbwüchsige und spürte eine unglaubliche Wut in sich aufsteigen, die er jedoch für völlig unbegründet hielt. Ritsuka konnte nun nur noch wie ein unsichtbarer Beobachter verfolgen was in den nächsten Minuten geschehen sollte.
Die zarten kleinen Hände, die sich bis vor wenigen Sekunden noch am Mantel des aschblonden Partners festklammerten, lösten sich ohne jede Vorwarnung und stießen den weit aus Größeren von Ritsuka-kun weg.
Der Schüler hatte jegliche Kontrolle über seinen Körper verloren, es war als würde ihn jemand anderes für den Schwarzhaarigen steuern.
Soubi war zum ersten Mal seit Jahren völlig fassungslos. Er hatte Ritsuka schon öfters bei kleineren Wutausbrüchen erlebt, aber diese waren im Vergleich zu dem was gerade geschehen war mehr als harmlos.
„Ich mag dich Ritsuka“, meinte der große Blonde zu dem vor Wut schäumenden Jungen, doch er hatte die Worte kaum richtig ausgesprochen und schon hörte man nur noch einen lauten Schlag.
Soubi’s Brille lag nun im Gras und die blonden Strähnen des langen Haars fielen ins Gesicht des Studenten, während dieser den Kopf regungslos seitlich hängen ließ, ohne jegliche Mimik.
„Fass mich nie wieder an!“, schrie Ritsuka den Aschblonden an.
„Hast du verstanden?“
„Ist das ein Befehl?“, entgegnete ihm Soubi fast tonlos.
„Ja verdammt!“, brüllte der Schwarzhaarige immer noch und rannte davon.
Doch Soubi Agatsuma waren die Tränen in den Augen des Kleinen nicht entgangen.
