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Die Legende

Der Fall der Prinzessin
von

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Der Fall der Prinzessin

Die Sonne stand hoch am Firmament, als Ludwig aufs Feld hinaus trat, die Hacke fest in der Hand. Sein Vater war bereits bei der Arbeit und bestellte das Feld. Die Saat musste in den Boden gebracht werden, sonst würden sie keinen guten Ertrag mehr dieses Jahr machen.

Auf einen Wink seines Vaters schlug er die Hacke in den Boden und begann die weiche Erde um zu pflügen. Sein Blick wanderte immer wieder zum schattigen Blätterdach des nahe gelegenen Waldes. Wie schön wäre es, einfach ein wenig zu entspannen. Die Muskeln spannten sich, als er die Hacke mit unerbittlicher Härte in den Boden trieb.

Es vergingen Stunden, doch dann war die Saat endlich unter der Erde. Ludwig war bereits vor seinem Vater fertig und begab sich in den schützenden Schatten einer Eiche am Waldesrand, um sich der Erschöpfung hinzugeben. Kaum hatte er die Augen geschlossen hörte er ein sanftes Säuseln hinter sich im Dunkel des dichten Waldes. Er öffnete die Augen, sah sich aufmerksam um, konnte aber nichts erkennen. Gerade als er sich erheben wollte um den Vorsprung des Geräusches zu ergründen, erschien das hochrote Gesicht seines Vaters vor seinem Gesicht.

„Ludwig was treibst du da? Ich habe dir doch verboten in den Wald zu gehen oder nicht?“

Im ersten Moment schrak der Jüngere zusammen, ob des plötzlichen Auftauchens seines Vaters, dann lächelte er entschuldigend.

„Aber Vater das war vor Jahren und außerdem ist es hellichter Tag.“ Sein Vater schnitt ihm jedes weitere Wort mit einer entschiedenen Handbewegung ab.

„Die Worte von damals stehen auch heute noch. Ich will das du und dein Bruder euch von diesem Wald fernhaltet, in ihm ruht das Böse.“ Der alte Mann schien aufgebracht, beinahe ängstlich, so kam es einem vor. Der Junge selbst seufzte nur leise.

„Ist gut Vater, ich werde daran denken. Lass uns lieber rein, Mutter wird das Essen fertig haben.“

Ein abwesendes Nicken folgte und der Bauer wand sich um, ging langsam in Richtung des schmalen Wohnhauses. Ludwig blieb einen Moment stehen und drehte sich wieder zum Wald. Seine Blicke durchdrangen das satte Grün, aber das Flüstern kehrte nicht zurück. Mit einem Stirnrunzeln wand er sich ab und folgte seinem Vater.
 

In der Nacht lag Ludwig wach. Das Mondlicht, welches durchs Fenster trat ließ seine lange, schwarzen Haare matt glänzen. Sein Blick wandelte zu der hellen Scheibe am Himmel.
 

Einer Legende nach sollte einst eine Prinzessin vom Mond herab gestiegen sein, schön und strahlend wie die Sonne, mit bleicher Haut, die wie der Mond selbst sanft zu leuchten schien. Jeder Mann schien ihr sofort zu Diensten, alle verfallen der bloßen Aura ihrer selbst. Ihr sanfter Gesang zog alle in ihren Bann und immer wenn sie herabstieg schien das Kind der Sonne und Mutter Mond schöner zu sein. Alle liebten sie und kamen selbst des Nachts um sie zu sehen.

Eines Tages jedoch kam es, dass ein junger Adeliger ein Auge auf sie geworfen hatte und sie für sich wollte. Er erwartete ihre Ankunft bei Nacht und entwendete ihr durch eine List ihr Amulett, ohne dass es ihr nicht mehr vergönnt sein sollte in ihr Reich zurückzukehren. Er warf es zu Boden und mit großer Wucht eines Steins zerstörte er es, auf das sie für immer bei ihm bleiben musste.

Als die Prinzessin dessen gewahr wurde, sah sie zum Himmel und dieser begann zu weinen und abertausende Sterne fielen einem Schauer gleich vom Firmament. Die Mondin selbst aber verdunkelte sich, weil sie ihren größten Schatz verloren hatte. Die Tränen des Himmels fielen zur Erde und benetzten sie und überall wo sie die Menschen trafen fielen diese in tiefe Trauer und missten fortan immer zu Lächeln. Der Adlige versank in Leid und Schuldgefühlen ob seiner Tat und starb an gebrochenem Herzen. Die Prinzessin selbst hörte auf zu Lächeln und vergrub sich in ihren Tränen und den Schmerzen, weil sie ihre Heimat nie wiedersehen sollte. Und mit ihrem Gemüt schien sich auch ihr Äußeres zu verändern, der einstige Glanz verschwand Stück für Stück. Sie wanderte in die Wälder und ward nicht mehr gesehen. Nur ein leises Wimmern war in lauen Nächten zu vernehmen, wenn sie um ihr altes Leben trauerte...
 

Er unterbrach seine Gedanken an die Legende.

Ludwig wand den Blick vom strahlenden Mond und seufzte leise. Mondprinzessin.. als wenn es so etwas gab. Und doch plagten ihn Zweifel, als er sich an das leise Wispern des Abends erinnerte. Er ließ seinen Blick zum Waldrand schweifen und beobachtete die nächtliche Szenerie. Langsam erhob er sich und schnappte sich seinen dünnen Parka um ihn über zu ziehen. Mit leisen Schritten verließ er das Zimmer und über die leise knarrenden Bodendielen schließlich das Haus. Ein Spaziergang würde ihn schon schläfrig machen. Und wie er so durch die Nacht wanderte, merkte er wie ihn seine Schritte immer näher an den Waldrand heran trugen, bis er sich schließlich an dem Baum wieder fand, an welchem er zuvor gelehnt hatte. Mit Blicken durchfuhr er das Dickicht und kam sich etwas lächerlich vor in dem was er tat. Doch gerade als er sich wieder zum Gehen wenden wollte, hörte er das leise Flüstern wieder. Und jetzt wo er genauer hinhörte schienen es Gesänge zu sein, so sanft, dass Ludwigs Herz einen freudigen Moment aussetzte. Seine Hand griff fest in die Rinde des Baumes, als er den lieblichen Tönen lauschte. Wie in Trance bewegte er sich einen Schritt vor und ein weißes Leuchten erschien zwischen den Bäumen. Vor seinen Augen bewegte sich, sachte im Wind wiegend, die Gestalt einer jungen Frau. Ihr Antlitz war makellos und wunderschön und der Körper, welcher von solcher Reinheit schien glänzte im sanften Mondenlicht, das durch das Geäst brach.

Unbedeckt wie der Körper war, hatte dieser Anblick trotzdem nichts Obzönes an sich und hielt Ludwigs Blick gebannt. Langsam wankte er auf sie zu, in seiner Faszination gefangen.

Doch als er die Hand hob wandte sich die Schönheit um und lief weiter, tiefer in den Wald hinein.

„Halt! Warte doch“ Er folgte ihr so schnell er konnte, wollte sie einfach nicht verlieren.

Dem sanften Aufleuchten ihrer bleichen Haut folgend, verlief er sich immer weiter in dem dichten Wald. Erst als der Weg schon verschwunden war und die zahllosen Blätter des Waldes ihn umspielten kam er wieder zu Verstand. Unsicher sah er sich einen Moment um und erhaschte den Blick auf die junge Frau die in einiger Entfernung stehen geblieben war.

Er trat an den dichten Büschen vorbei und fand sich auf einer Lichtung wieder. Nur wenige Meter von ihm entfernt stand sie, in ihrem Rücken ein seichter See, der ein sanftes Glitzern abstrahlte.

Sie sang immernoch ihre Weise, ohne das Ludwig wirklich die Worte verstehen konnte. Ihr Blick war verschleiert von Trauer und als er ihm begegnete bahnte sich eine einzelne Träne den Weg über ihre Wange.

Langsam, um sie nicht wieder zu verschrecken, trat er näher, bis auf wenige Schritt. Sie sang ihre traurige Melodie und sah zu ihm , während sie langsam ins Wasser trat, Schritt für Schritt. Er folgte ihr bis sie beide knietief im Wasser standen und legte seine Arme um sie. Er wollte sie berühren, ihr Trost spenden oder sie einfach nur bei sich haben. Und irgendwie dachte er, in wirren Gedankenfetzen, war es gut, dass das Amulett zerstört worden war..

Seine Arme schlossen sich fest um ihren schlanken Körper und drückten sie an sich. Sie wehrte sich nicht und fügte sich in seine Umarmung. Immernoch ihre leise Melodie auf den Lippen, hob sie langsam ihre Hände und legte sie auf seinen Rücken, während sich eine dunkle Wolke vor den Mond schob und langsam ging eine Veränderung vor sich...

Die Finger krümmten sich und gruben sich in seine Haut, die Nägel, zu scharfen Krallen geworden, welche in das Fleisch schnitten. Entsetzt keuchte er auf und versuchte sich von ihr zu lösen. Auf ihrer Haut begann sich Fell auszubreiten und das einst schöne Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze. Die Krallen wuchsen, die Hände verformten sich zu riesigen Klauen und gruben sich tief in das Fleisch des Jünglings. Das Blut sickerte aus den Wunden , lief über seinen Rücken und sein Gesicht wurde bleich. Er schrie, doch seine Schreie schienen einfach vom Wald verschluckt zu werden. Die bewegende Melodie passte nicht zu der grotesken, verformten Fratze die ihn anstarrte.

Er wollte wieder schreien, doch brachte nichts hervor. Seine Kehle verließ nur ein leises Röcheln als die Waldmär in seinen Hals biss.
 

Sie wanderte in die Wälder und ward nicht mehr gesehen. Nur ein leises Wimmern war in lauen Nächten zu vernehmen, wenn sie um ihr altes Leben trauerte...

Von Hass uns Trauer zerfressen wandele die Prinzessin immernoch in den Wäldern, so sagt man, nicht in der Lage zu ruhen in ihrem unsterblichen Leben. Männer die ihrem Ruf folgten kehrten nie mehr zurück, verschwunden im Wald der Prinzessin...
 

Und als das Röcheln verstummte und der Blick leer wurde ließ die Mär von ihm ab, ließ ihn beinahe sanft ins seichte Wasser gleiten, welches ihn aber nicht ganz bedeckte. Und jetzt erst war zu sehen, warum der See so seicht war.

Ein See voller Jünglinge, liegend unter Wasser wie in einem ewigen Schlaf gefangen.

Die Melodie klang aus und die Wolke, die sich vor die Mondin geschoben hatte, verschwand. Im Wasser stand die makellose Gestalt einer jungen Frau, umspielt von roten, leuchtenden Schlieren im Wasser, die um ihre Beine schmeichelten. Ihr Blick glitt nach oben, das Gesicht zeigte keine Regung. Und als ihre Augen die Mondin sahen begann sie zu weinen und die kristallenen Tränen liefen über ihre Wangen und fielen in den See hinein, bedeckten das starre Gesicht Ludwigs und vertrieben die Bahnen des Blutes auf der Oberfläche. Die Prinzessin trat aus dem Tränensee und schritt auf den Wald zu. Als sie zwischen den Bäumen verschwand hallte ein leises Wimmern durch das Geäst und eine Melodie erklang, traurig und schön und trug Kunde vom Leid dieser Nacht, in Worten die so alt waren, dass sie niemand verstand.

Und die eine alte Geschichte erzählten, vom Fall der Prinzessin..



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