Willkommen zu Hause, Harry Potter
Willkommen zu Hause, Harry Potter
Das Gedrängel in der Großen Halle war wie immer von Ungeduld und Spannung durchzogen.
Als sich endlich alle Schüler an ihren zugehörigen Haustischen verteilt hatten, erschienen auch schon die Erstklässler im Saal, um sich für die traditionelle Auswahlzeremonie bereit zu machen.
Mit einem wissenden Grinsen auf dem Gesicht ließ Harry seinen Blick durch den Raum gleiten, um zu bemerken, dass Hermine und Ron tuschelnd die Köpfe zusammensteckten, als sich ihre Blicke begegneten.
Der Schwarhaarige hatte sich mit Absicht etwas weiter abseits von den Beiden gesetzt, nicht nur, um seinen Standpunkt deutlicher zu machen, sondern auch, weil er sich deren heuchlerische Bemerkungen ersparen wollte.
Harry hatte bereits vor Beginn der Ferien realisiert, dass seine so genannten Freunde in Wirklichkeit gar keine waren und genau wie der Rest der Gryffindors nur mit ihm befreundet sein wollten, weil er der ach so tolle Harry Potter, Retter der Zaubererwelt, der Junge-der-lebt, Goldjunge Gryffindors und so weiter war.
Bei diesem Gedanken entwich dem Schwarzhaarigen ein wütendes Schnauben, erinnerte er sich doch gerade wieder einmal daran, dass seine besten Freunde sich zu Beginn der Sommerferien nicht einmal von ihm verabschiedet oder ihm in den Ferien wenigstens ein Mal geschrieben hatten.
Sein Blick glitt hinüber zum Haustisch der Slyterhins, von wo aus ihm ein sichtlich gut gelaunter Blaise Zabini zuzwinkerte, der neben einem eher missgelaunten Draco Malfoy saß.
*Äh, was sollte das denn jetzt?! Hat der ne Meise?! Na ja, was solls! *
Etwas überrascht, aber doch auch froh über eine freundlich gesinnte Seele am Tisch der Schlangen, schenkte Harry dem Braunhaarigen ein belustigtes Lächeln und deutete mit einem Nicken auf den immer noch düster dreinblickenden Draco.
Blaise wandte sich kurz zu seinem Sitznachbarn um, der jedoch immer noch keine Reaktion zeigte, sondern stumm vor sich hin starrte, drehte sich dann wieder zu Harry, zuckte mit den Schultern und verdrehte die Augen, als wolle er sagen: "Der immer mit seinen Launen!"
Diese Geste veranlasste Harry zu einem noch breiteren Grinsen und er erhob sich von seinem Platz, da die Auswahlzeremonie der Erstklässler offensichtlich beendet worden war.
Das unruhige Geplapper der gesamten Schülerschaft verstummte plötzlich, da Harry Potter von seinem Platz aufstand und Richtung Lehrertisch schritt.
"Harry, was kann ich für dich tun, mein Lieber?", fragte auch sogleich ein entzückt dreinschauender Albus Dumbledore, was Harry jedoch gar nicht zu gefallen schien, da dieser nur schnippisch antwortete: "Für Sie immer noch `Mr. Potter´, Sir. Und ja, Sie können etwas für mich tun. Erinnern Sie sich noch daran, dass ich damals die Wahl zwischen zwei Häusern hatte?" Ein verwirrtes Nicken des Schulleiters folgte, wovon sich der Junge jedoch nicht beirren ließ. "Nun ja, ich möchte gerne von meinem Recht Gebrauch machen, den Sprechenden Hut erneut aufzusetzen, da ich mir sicher bin, damals die falsche Entscheidung getroffen zu haben."
Kaum hatte Harry geendet, ging ein kaum überhörbares, nervöses Raunen duch die Große Halle.
"Ruhe! Ich bitte um Ruhe!", dämpfte Dumbledore dieses auch wieder sogleich und wandte sich dann an seinen Schüler: "Okay, Mr. Potter, wenn das Ihr Wunsch ist, bittesehr. Und mit diesen Worten wies er mit seiner rechten Hand auf den Stuhl, auf dem immer noch besagtes Kleidungsstück thronte."
Harry verbeugte sich kurz artig vor dem Schulleiter und nahm dann auf der Stuhl Platz, um den Sprechenden Hut erneut aufzusetzen.
Im Saal war es mucksmäuschen still, wollte doch jeder wissen, was dort oben gerade vor sich ging und in welchem Haus Harry Potter nun letztendlich sein Abschlussjahr verbringen würde.
"Hey, dich kenn ich doch! Du schon wieder! Wie oft willst du mich eigentlich noch aufsetzen? Das ist jetzt schon das dritte Mal und ich bleibe dabei: In Slytehrin würde es dir gut ergehen! Wie du willst jetzt sogar hin? Woher der plötzliche Sinneswandel? Na ja, wie auch immer! Und wehe, du kommst hinterher angelaufen und willst zurück nach Gryffindor! Sicher? Ja? Okay, dann nach SLYTHERIN!"
Wie üblich hatte der Zaubererhut das letzte Wort laut ausgesprochen und das Schweigen der Schüler nahm ein Ende.
Während man am Tisch der Gryffindors, Hufflepuffs und Ravenclaws entsetzes Lufteinziehen vernahm, brach der Tisch der Schlangen in schallenden Beifall aus, untermalt von Pfiffen und Jubelrufen.
Harry grinste zufrieden und wandte sich abermals seinem Schulleiter zu:
"Ach ja, und ich hätte noch was zu verkünden. Wenn Sie erlauben, Sir."
Ohne auf die Zustimmung Dumbledores zu warten, stolzierte der frischgebackene Slytherin an das Rednerpult, brachte seine Stimme mit einem Sonorusauf Mirkrophonlautstärke und verkündete lautstark und voller Überzeugung:
"Hey Leute, ich hab mir gedacht, dass ich euch, wenn ich euch heute schon damit schocke, nach Slytherin zu wechseln auch gleich die nächste Sache, die mir auf dem Herzen liegt, öffentlich mache.
Wieder ging ein aufgeregtes Raunen durch den Saal.
"Ich, Harry Potter, euer toller Held der Zaubererwelt, bin schwul. Dankeschön und schönen Tag noch!"
Mit diesen letzten Worten stolzierte Harry in Richtung Slytherintisch und wollte sich gerade an dessen Ende setzen, als kein geringerer als Blaise Zabini ihn zu sich rüberrief: "Hey, Harry! Hier, setz dich zu uns!"
Erleichtert und lächelnd begab der Angesprochene sich in besagte Richtung und nahm neben dem Braunhaarigen platz.
"Danke, Blaise. Hoffe, ihr könnt damit leben, dass ich jetzt hier bin und dazu auch noch schwul.", konnte sich Harry nicht verkneifen und sein Blick glitt zu einem gewissen blonden Slytherin, der immer noch regungslos und mit offenem Mund seinen Erzrivalen anstarrte.
Auch an Blaise ging diese Tatsache nicht unbemerkt vorbei, sodass jener sich an Draco wandte: "Hey, Draco. Jemand zu Hause?" Er wedelte mit seinen Händen vor dem Gesicht des Blonden herum, sodass jener sich schüttelte und nun aus seiner Trance erwacht schien.
"Sag mal, Potter! Woher der plötzliche Sinneswandel? Und glaub ja nicht, dass sich irgendwas an unserer Beziehung zueinander ändern wird, nur weil wir jetzt im selben Haus sind!", schnarrte Draco in alter Malfoymanier, was Harry jedoch kalt ließ, da dieser bloß antwortete:
"Sagen wir mal die Person, die mich damals dazu veranlasst hat, nicht nach Slytherin zu gehen, hat es nun geschafft, mich davon zu überzeugen, Gryffindor den Rücken zuzukehren." Dabei zwinkerte der Scharzhaarige seinem Widersacher grinsend zu.
Und noch bevor Draco irgendetwas darauf erwidern konnte, mischte sich Blaise auch schon wieder ein: "Hey, ihr Zwei! Harry sitzt nicht mal zwei Minuten am Tisch und ihr müsst euch schon wieder angiften! Ihr seid echt unmöglich! Denkt dran, schließlich muss ich es mit euch in einem Zimmer aushalten. Nehmt doch wenigstens ein bisschen Rücksicht auf mich!"
"Wie jetzt? Ein Zimmer? Der und ich? Oh! mein! Gott! Das kann ja wohl nicht wahr sein!", stöhnte Harry, woraufhin der Blonde nur erklärte: "Tja, so siehts aus, Potter. Da Nott letztes Jahr abgegangen ist, um ein männchenmachender Todesser zu werden, wirst du wohl mit uns beiden Vorlieb nehmen müssen, denn sonst ist nirgendwo mehr ein Bett frei. Es sei denn natürlich, du möchtest dir eins mit Crabbe oder Goyle teilen!"
"Ach komm schon, Draco. Jetzt tu mal nicht so zickig! Weißt du, Harry, eigentlich ist der liebe Dray hier nämlich ein ganz friedfertiges Wesen. Klar, er kann schon mal echt biestig werden und die kleinen bis großen Starallüren sind auch schon ganz schön nervig, aber im tiefen Inneren seines Herzens ist unsere kleine Diva ein richtig lieber Kerl!", unterbrach Blaise seinen besten Freund und klopfte ihm auf die Schulter, bevor er fortfuhr: "Ach ja, und um deine sexuellen Vorlieben brauchst du dir hier auch keine Sorgen zu machen! Sind hier alle sehr tolerant! Und da Dray selbst schwul ist, brauchst du dich von seinen blöden Kommentaren auch nicht unterkriegen lassen! Ich selbst bin auch nicht ganz hetero! Denn: Hey, wieso sollte Liebe nur zwischen Mann und Frau möglich sein?! Wär ja langweilig! Und außerdem.."
"Nix und außerdem!", unterbrach Draco den Redeschwall seines besten Freundes. "Du Idiot hast mich gerade geoutet! Ist dir das eigentlich klar? Sicher, die Slytherins wussten das eh schon, aber es muss doch nicht gleich die ganze Welt erfahren! Und vor allem Potter nicht!"
Sprachs, verpasste Blaise noch eine schallende Ohrfeige und machte sich hocherhobenen Hauptes auf den Weg in die Kerker.
Harry, der das ganze Schauspiel beobachtet hatte, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und meinte nur: "Puh, der sprüht ja förmlich mit Gift um sich! Ach, übrigens: Danke für deine Unterstützung, Blaise!"
Dieser klopfte ihm nur auf die Schulter und erklärte: "Nichts zu Danken! Und glaub mir, Dray kriegt sich auch bald ein. Er ist halt manchmal etwas schwierig. Aber jetzt erzähl mal! Ich fands ja schon komisch, dass du nicht bei Wieselbee und Granger gesessen hast, aber dass du nach Slytherin wechselst! Und dich gleichzeitig auch noch outest! Starke Show! Also, mich hast du beeindruckt!"
"Ach, weißt du. Ich hab halt einfach keinen Bock mehr, als Dumbledores Punchingball zu fungieren, den man hin und herwerfen kann, wies einem grad gefällt. Und da Ron und Hermine eh niemals wahre Freunde waren, wie ich diesen Sommer leider schmerzlich feststellen musste! Tjoa.. und jetzt bin ich hier.", erwiderte der Schwarzhaarige nur, was Blaise jedoch nicht zu befriedigen schien: "Hm, okay, aber, was meintest du damit, als du sagtest, dass jene Person dich dazu veranlasst hat, das Haus zu wechseln, die dich auch dazu bewegt, hat nicht nach Slytherin zu gehen?"
"Ich würde mal sagen, das fragst du Draco selbst. Er killt mich, wenn ichs dir erzähle. Hat er mir versprochen! Wie auch immer. Vielleicht erzähl ichs dir später mal, wenn Draco es nicht tut. Aber er ist echt ne kleine Diva! Muss ich schon sagen", lachte Harry und gemeinsam verließen er und Blaise schließlich auch die Große Halle, um dem Schwarzhaarigen seine künftige Behausung zu zeigen.
Am Porträt, welches zum Gemeinschaftsraum der Slytherins führte, wurden die beiden Jungen jedoch aufgehalten, denn der Hauslehrer Professor Snape erwartete den Neuankömmling bereits.
"Mr. Potter.", donnerte seine Stimme. "Glauben Sie ja nicht, dass ich sie nur, weil sie jetzt zu meinem Haus gehören, schonen werde. Im Gegenteil. Solche Eskapaden, wie solche, die sie sich in Gryffindor erlaubt haben und von Professor McGonnagol toleriert wurden, brauchen sie sich in meinem Haus nicht zu leisten."
"Ich werde mich bemühen, Sir.", erwiderte Harry daraufhin kleinlaut, da er mit einer Konfrontation mit seinem verhassten Lehrer frühestens am nächsten Tag gerechnet hatte.
"Professor, jetzt lassen sie ihn doch erstmal ankommen! Außerdem gibt es schließlich auch einen Grund, weshalb er das Haus wechseln wollte! Überlgen Sie doch mal!", integrierte sich nun Blaise mit in das Gespräch, wurde jedoch sofort wieder von seinem Lehrer unterbrochen: "Zabini, wenn sie ihre große Klappe nicht in den Zaum kriegen, sehe ich mich irgendwann wirklich gezwungen, meinem eigenen Haus Punkte abzuziehen. Und sie wissen genau, wie ungern ich das tue! So, zurück zu Ihnen, Potter. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, weshalb sie von Gryffindor nach Slytherin wechseln wollten! Die Einsicht kam spät, aber wenigstens kam sie überhaupt. Also," Snape beugte sich zu seinem Schüler hinunter, sodass dieser fast mit den Lippen dessen Ohr berührte, was Harry erschaudern ließ, da ihm nicht ganz wohl bei dieser Sache war. "Willkommen zu Hause, Harry Potter."
Nach dieser Aussage rauschte der Tränkelehrer auch schon wieder mit dem üblichen Schwingen seines weiten, schwarzen Umhangs davon.
"Was war denn das grade?" , fragte nun ein verwirrter Blaise, woraufhin Harry nur schulterzuckend erwiderte: "Was weiß ich! Vielleicht hat dem wer was in den Kaffee getan. Na ja. Komm, lass uns auf unser Zimmer gehen. Müssen schließlich noch auspacken."
Und zusammen begabem sie sich dann in ihren Schlafraum, wo ein unübersehbar erzürnter Draco Malfoy auf die Beiden wartete.
"Potter, mitkommen! Ich muss mit dir reden!", befahl der Blonde und zog einen sichtlich verdutzten Harry mit sich ins Badezimmer.