Geheimer Gang
Neugierig wie er war nährte er sich weiter dem Podest, die schweren Schritte der Nonne halten aus der Dunkelheit und man konnte gut hören wie sie sich langsam entfernte. Tikai schluckte noch einmal und trat dann ebenfalls in die Finsternis. Kaum hatte er sich auf die erste Stufe nach unten gestellt, bewegte sich auch schon wieder das Podest um den geheimen Gang unter sich wieder zu verstecken. Verdutzt sprang der Junge ein paar Stufen nach unten und hatte nicht damit gerechnet, dass die Steine von glitschigem Moos bedeckt waren. Prompt entglitt ihm der Halt und er viel nach hinten. Mit den Armen hochgezogen um sein Gesicht zu schützen fiel er auf den Treppenabsatz.
Während des Falles hatte er die Lippen zusammengekniffen, damit kein Schrei durch seine Lippen fuhr. Erstmal hielt er die Luft an, der er war sich sicher, dass man ihn gehört hatte. Doch niemand kam.
Es vergingen einige Minuten bevor er versuchte sich wieder zu bewegen, vorsichtig setzte er sich auf und versuchte sich seinen Zustand anzusehen, was nicht ging, da er nicht mal die eigenen Hand vor Augen sah.
An der Wand abstützend zog er sich hoch.
Beruhigt stellte er fest, dass er nicht allzu schwer verletzt war, nur die Knie und Ellbogen schmerzten von dem Aufprall.
Noch immer sah er nichts, versuchte nun tastend vor zu bewegen. Nach einer ganzen Weile konnte er Schreie aus der Ferne hören, die ganz leise bei ihm ankamen.
Noch einmal schluckte er schwer und tastete sich weiter. Zu den Schreien gesellten sich nun hörbare Peitschenhiebe auf welche die Schreie folgten.
Mit jedem Schritt den er vorwärts machte wurde der dunkle Steingang von sanftem Licht mehr und mehr beleuchtet. Doch Sonnenlicht war es nicht.
Die Hiebe und Schrei waren nun deutlicher zuhören und Tikai erkannte das es ein Junge sein musste der so gequält würde.
Tikais Puls raste als er die seidenen Vorhänge erreichte, die den Eingang zu dem dahinter liegenden Raum waren. Vorsichtig berührte er den weichen, blutroten Stoff und schob ihn ein klein wenig zur Seite um einen Blick zu erhaschen.
Er erblickte ein rundes Gewölbe, an den Wänden hingen große Kerzenständer aus schwerem, schwarzem Metall die sanftes licht abgaben. Zwischen diesen standen Räucherschalen, aus ebenfalls schwarzem Metall, in welchen Kräuter schwellten und einen betörenden Duft verteilten. Der Boden war mit rotem Teppich ausgelegt und in der Mitte des Gewölbes hob sich ein pechschwarzer Altar empor, der ebenfalls mit roter Seide bedeckt war.
Tikai stockte der Atem als er sah was sich auf diesem abspiel.
Ein Junge, vielleicht ein bisschen Älter als er, lag auf dem roten Seidenstoff, gefesselt und Nackt.
Es dauerte eine Weile bis sich Tikai fasste und genauer hinsah.
„Der Junge hat ja Flügel...“
Flüsterte er zu sich selbst und beugte die schwarzen, ledrigen Schwingen.
Das weiß-lilane Haar des Jungen schimmerte matt im Schein der Kerzen. Die reine, weiße Haut des dort gefesselten Knaben wurde je unterbrochen von schwarzen, blutigen Striemen.
Neben dem Altar stand Schwester Saria in schwarzer Kutte und schwang genussvoll die Peitsche, während sie unverständliche, fremdklingende Worte vor sich hinsagte.
Erst jetzt fiel es Tikai wie Schuppen von den Augen. Der Junge der dort so gepeinigt lag, war ein Dämon.
