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Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie.

von

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Doppelt hält besser.

Die Welt bog sich – und das in mehrere Richtungen gleichzeitig.

Erst krümmte sie sich nach rechts, dann zuckten einige Farbkleckse vorbei, polterten über grelle Lichtreflexe und machten einen Kopfsprung ins Dunkel.

Auf diese mentale Achterbahn hin eröffnete sich ihr der Schmerz, der mit der Wucht eines 10-Tonnen Gewichts zuschlug.

„ARGH!“

Als ihr schwammiges Bewusstsein begriff, dass bereits ein bloßer Schmerzenschrei zu weiteren Schmerzen führte, war ihr Reflex verständlich.

„ARGH!“

Das sie ihm nachgab, war trotzdem nicht allzu klug.

„ARGH!“

Ein wuchtiger Hieb, der ihren Kopf dem Empfinden nach durch solides Holz hämmerte, machte der Wiederholungsschleife ein jähes Ende. Hibiki versank erneut im wohligen Dunkel.
 


 

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Oh Mann, Ryoga! – Eine schamlose Parodie.
 

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Kapitel 10 – Doppelt hält besser.
 

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Die Charaktere gehören mir nicht, sie gehören Rumiko Takahashi. Da ich weder weiblich noch kleinwüchsig bin, schließe ich, dass sie mir auch nie gehören werden.
 

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Besorgt musterte Kasumi das narkotisierte Mädchen und pflückte geistesabwesend einzelne Holzspäne aus deren Haar. Indes warf sie der jüngsten Tendo tadelnde Blicke zu, woraufhin Akane beschämt den Kopf senkte.

Sie hatte dem Mädchen schon so häufig gesagt: Nicht so übermütig sein!

Und siehe da, jetzt musste Nabiki schon wieder die Reparaturfirma herbestellen.

Der Engel des Hauses seufzte und platzierte einen kalten Waschlappen auf Ryogas Stirn.

Neben der Göttin regte sich ein zweites Stöhnen.

„Akane?“, lächelte Kasumi zuckersüß.

„Natürlich Kasumi“, grinste Akane gequält, hob den Hammer und ließ ihn herabsausen.

Das zweite Stöhnen stoppte unvermittelt.

„Herr Saotome, könnten Sie wohl Vater hereinholen. Er steht nun schon die ganze Zeit auf der Veranda.“

Der Panda warf dem sanftmütigen Mädchen einen Blick zu, der viel darüber aussagte, welche Erfolgschance er sich ausrechnete, zuckte aber letztendlich behäbig mit den Schultern.

Seine schweren Schritte verhallten auf dem Weg zur Terrasse.

„Nabiki?“

„Eh-he?“, grollte diese von ihrem Platz auf dem Sofa, den Kopf kraftlos über die Lehne geworfen.

„Könntest du wohl die Versicherung anrufen? Ich weiß nicht mehr so recht, ab welchem Gesamtschaden wir in der Versicherungsklasse aufsteigen.“

Die mittlere Tendo schielte zu ihrer älteren Schwester, rappelte sich mühsam auf – solche Ereignisse waren für Nabiki Tendo immerhin gleichbedeutend mit Blutverlust – und torkelte benommen zum Telefon in den Nebenraum.

Somit waren Kasumi und Akane alleine. Immer vorausgesetzt man schloss eine bewusstlose Göttin, eine komatöse Dämonin und eine Puppe ohne Bewusstseinszustand aus der Gleichung aus.

„Also…“, setzte Kasumi an und lächelte.

„Also…?“, retournierte Akane zweifelnd.

Kurz setzte eine unangenehme Stille ein, die der Engel des Hauses jedoch alsbald brach.

„Akane, hatte Ranma in letzter Zeit Alpträume?“

„Alpträume? – die Angesprochene runzelte die Stirn – Also nicht das ich…“

Ehe sie den Satz beenden konnte, schlug die Erinnerung an die letzten Tage zu.

„Also, Ranma meinte gestern, er hätte was Komisches geträumt.“

„Hat er dir gesagt, wovon er träumte?“

Hieraufhin schüttelte Akane betrübt den Kopf und schielte zu ihrem Verlobten.

Derweil rieb sich die älteste Tendo nachdenklich am Kinn und nahm die Dämonin ihrerseits in Augenschein.

Dem Rotschopf war es nicht besser ergangen, als der Göttin.

Beide waren mit schmerzhaft aussehenden Kratzern und Schürfwunden übersät. Das war auch der Grund, weshalb Kasumi Akane angewiesen hatte, beide Kämpfer beim leisesten Anzeichen von Bewusstsein zurück in die selige Ohnmacht zu schicken. Nichtsdestotrotz kam sie nicht umhin Akanes Übereifer zu tadeln. Schließlich sollten die Göttin und Dämonin nur für eine Weile schlafen, nicht bis aufs Weitere.

Sorgfältig brachte sie ihre Musterung zum Abschluss. Neben den erwähnten Kratzern und Schürfwunden, gesellten sich noch zahlreiche blaue Flecken hinzu, die Landkarten auf den Körpern der Bewusstlosen zeichneten. Zudem hatte Ranmas Arm ein knackendes Einrenken gefordert.

Unschwer nachzuvollziehen, dass der Dämon davon aufgewacht war.

Wie gut, dass Akane mit ihrem Hammer zur Stelle war.

„Akane?“

„Hm?“, gab ihre kleine Schwester zur Antwort, die Augen auf ihren Verlobten gerichtet.

„Könnte ich deine Hilfe haben?“
 

Nur mit Mühe riss Akane die Augen von ihrem Verlobten fort und schenkte ihrer großen Schwester ein Nicken. Im Gegenzug lächelte diese erleichtert und deutete mit dem Finger zur Küche.

„Holst du mir kurz einen kleinen Eimer mit Wasser?“

Verdattert zog Akane eine Augenbraue hoch – und sah Nabiki damit zum Verblüffen ähnlich -, stand aber trotzdem auf. Das Wohnzimmer verließ sie allerdings nicht, ohne einen letzten, fast sehnsüchtigen Blick auf Ranma zu werfen.

Dann entschwand sie in die Küche und Kasumi seufzte.

„Böse Dämonin. Einen solchen Ärger hast du meiner Familie gemacht. Du weißt doch sicher, dass das nicht nett war, oder?“

Die bewusstlose Dämonin antwortete mit potentem Schweigen.

„Dann freue ich mich aber, dass du mir zustimmst.“

Freudig lächelte die älteste Tendo-Tochter und strahlte die schlummernde Höllenbrut an.

Kasumi hatte man zwar gesagt, dass Schweigen Zustimmung bedeutete.

Allerdings musste wohl einer ihrer Eltern vergessen haben, sie darauf hinzuweisen, dass selbiges nicht auf Bewusstlose zutraf.

Im Ebenbild der Unschuld griff sie hinter sich an den Pferdeschwanz, fummelte dort mit ihren Fingern und innerhalb weniger Sekunden wickelte sie ein weißes Papierröllchen aus ihrem Haar hervor.

Bedächtig rollte sie es auf, hielt es beidhändig fest und strich es mit ihren Zeigefingern glatt.

Kantige Falten verknitterten das Papier, doch es würde genügen.

Ein unrhythmisches Platschen näherte sich ihr von hinten an und Kasumi wandte sich zu Akane um, die mit einem fünfzehn Liter Eimer Wasser ankam. Fröhlich spritzte kühles Nass aufs Parkett, erregte den Unmut des Holzes und würde es in den nächsten Stunden quellen lassen.

Kasumi seufzte innerlich.

Immerhin besaß Akane ein gutes Herz und den rechten Willen. Das Einschätzen von zu viel und genau diese Menge konnte ja noch kommen. Eventuell – irgendwann einmal.

Für die Außenwelt sichtbar belegte Kasumi ihre Lippen erneut mit ihrem engelsgleichen Lächeln und winkte die jüngste Tendo näher zu sich.

„Sehr gut Akane. Nun nimm das hier.“

Kritisch beäugte die Adressierte das Stück Papier in den Händen ihrer älteren Schwester und nahm es mit ruhigen Fingern entgegen. Schließlich wollte sie es nicht einreißen, denn alles was von Kasumi kam, war auf seine Weise eine Reliquie.

„Und jetzt tauche es doch bitte in den gefüllten Eimer.“

Verblüfft erwiderte Akane den Blick der ältesten Tendo wie als wollte sie nicht glauben, was sie da hörte. Tatsächlich konnte sie es nicht glauben.

Die Halbwertszeit von Papier in Wasser war ja nicht wirklich die Größte. In den Händen Akane Tendos war die Zeit sogar noch geringer.

Das wusste Akane – betrüblicherweise - nur zu gut.

„Traue dich ruhig. Es wird nichts passieren, was nicht passieren soll.“

Kurz argwöhnte die Erbin des Tendo-Dojos wegen der merkwürdigen Worte, tauchte das Papier dann aber beherzt ins Wasser.

Womit sie nicht rechnete war, dass sich das Wasser schlagartig erhellte.

Fast so, als hätte man Glühwürmchen hinein geschmissen, wurde der Schatten der Eimerwände aus dem Wasser gesaugt und eine unnatürliche Klarheit breitete sich aus.

„W-Wie, was?“

„Ganz ruhig kleine Schwester.“

Sanft presste Kasumi Akanes Hand tiefer ins Wasser und hielt sie dort; sanft aber bestimmt.
 

Augenblicklich prickelte Akanes Haut und sie zuckte erschrocken zusammen. Ganz langsam glitt die Helligkeit auch über ihren Handrücken, floss zwischen ihren Fingern hindurch und ins Papier.

Das Kribbeln wurde intensiver und hätte Kasumi ihre Hand nicht herabgedrückt, so hätte sie diese spätestens jetzt aus dem Eimer gezogen. So aber blieb ihr nichts übrig, als die seltsame Empfindung – ähnlich der eingeschlafener Füße, wobei Füße natürlich nicht schlafen; dafür können sie allerdings riechen – zu ertragen.

Gleich darauf vergaß sie ihr Unbehagen, denn das leere Papier nahm Farbe an, die sich darauf wie mit unsichtbaren Pinselstrichen verteilte. Scharf gesetzte Striche zuckten über die weiche Glätte von Weiß und hinterließen verzwirbelte Kanji.

Dann war es vorbei und Kasumi nahm den Druck von ihrer Hand.

Für einige Sekunden beließ sie die Hand noch darin, dann riss sie den Arm zurück wie als hätte sie ihr eigenes Essen berührt.

Weitaus weniger toxisch waren die Reaktionen auf ihre Haut, die bis auf eine schwache Röte völlig normal wirkte. So verhielt es sich aber nicht mit dem Zettel.

Er glühte nicht wirklich, aber er wirkte heller als seine Umgebung und schien ein schwaches Licht auszustrahlen. Ganz besonders fiel das einem auf, wenn man die schwarzen Schriftzeichen ansah.

In kindlichen Strichen prägten sie das Papier und sahen eher wie die Kunst eines schaffensfreudigen Vorschülers als die eines… ja, wessen aus?

Fragend bestaunte Akane den Talisman in ihrer Hand und wog ihn abschätzig hin und her. Man konnte schließlich nie wissen, ob dem Papierstreifen nicht irgendwelche negativen Effekte innewohnten. Akanes Erfahrungen mit Magie waren schließlich nicht besser als die Ranmas – ganz zu schweigen von denen mit Magie UND Ranma.

„Und jetzt lege ihn Ranma auf die Stirn.“

„Huh, wen?“

„Den Talisman.“

„Was ist damit?“

Kasumis Lächeln wurde gezwungen.

„Lege den Talisman auf Ranmas Stirn – okay?“

„Oh.“

Zögerlich musterte Akane ihren Verlobten und biss sich auf die Unterlippe.

Vor ihr am Boden lag ein schutzloses Mädchen, ihre Haut war gesprenkelt mit blauen Flecken; von den grünen, gelben und lilafarbenen einmal abgesehen; und ihre Kleidung gerissen. Dieses Mädchen war eine Dämonin, hatte Ukyo in eine Puppe verwandelt, beinahe ihren besten Freund umgebracht – und sie war ihr Verlobter.

„Du machst es mir wirklich nicht leicht, hm?“

Für einen Augenblick ließ Akane ihre Deckung fallen und entblößte ein warmes Lächeln als sie dem Rotschopf eine Strähne von der Nase strich.

Dann schlug besagter Rotschopf die Augenlider auf – und Akane mit eben der Hand zu mit der sie ihren Verlobten zuvor noch liebkoste.

Entschlossen wandte sich die jüngste Tendo zu der ältesten um.

„Wird ihm das helfen?“

Kasumi stimmte ein kleines Nicken an und schenkte Akane ein zuversichtliches Lächeln.

Letzteres nahm Akane zur Aufforderung, atmete tief durch und patschte den Talisman kraftvoll auf die Stirn der Dämonin.

Leider tat sie das ein wenig zu kraftvoll. Deswegen war es nicht weiter verwunderlich, als Ranmas Kopf eine Etage tiefer landete und der Fußboden des Wohnraumes eine neue Delle erhielt.

„Akane?“

„Eh-he?“

„Ich dachte du wolltest ihm helfen?“, flötete Kasumi.

„Kasumi!“, quengelte Akane.
 

Genma Saotome ignorierte die Geräuschkulisse aus dem Haus und gesellte sich zu seinem langjährigen Freund und Trainingskameraden.

Währenddessen kaute er am Bambus, den er wenig zuvor hastig aus dem Wasser gefischt hatte. Wohl gemerkt aus dem Wasser, das nun zwei Drittel des ehemaligen Hintergartens okkupierte.

„Saotome?“

„Grmph?“

„Mein Garten.“

„Grmph?“

„Ist das mein Garten?“

„Grmph!“

„Der Teich. E-Er ist w-weg.“

„Grmph! Grmph!“

Irrtiert starrte Soun Tendo über seine Schulter zurück.

„Du meinst, der Teich wäre nur größer geworden?“

„Grmph!“

Mutlos vergegenwärtigte sich der Hausherr den Zustand seines Gartens.

„So kann man das wohl auch betrachten.“

Dann brach er in Tränen aus.
 

Ranma warf einen ersten Blick an die Decke über ihr. Als sich dort nichts regte, rieb sie sich geschäftig die Nase.

Keine Sekunde später beschlagnahmte Akane ihr Sichtfeld, ergriff sie an den Schultern und schüttelte sie wie ein Barkeeper den Mixbecher. Dass das bei Akanes nicht unbeachtlicher Stärke mehr als eine lockere Schraube löste, dürfte auf Ranma Saotome wohl ohnehin keinen Einfluss mehr haben – erwähnenswert ist es trotzdem.

„W-W-W-W-A-A-A-A-S-S-S-S?“

„Ranma? Geht’s dir gut?“

„Wieso nicht?“

„Bist du wieder Ranma?“

„Wer sonst?“

„Wie heiß’ ich?“

„Machoweib?“

Ranmas letzte Antwort wurde von Akane stürmischer Umarmung erstickt. Mit dem Pathos einer Ertrinkenden vergrub ihre Verlobte das Gesicht in ihrer Schulter.

Und alles was Ranma tun konnte, war Blinzeln und Kasumi fragende Blicke zuzuwerfen.

Letztere allerdings erwies sich als ähnlich hilfreich wie ein Bananensplit nach einem Schlangenbiss.

Die älteste Tendo stand nur besonnen da, lächelte unbekümmert und imitierte den Stereotyp jeder Heiligen. Nur noch ein Heiligenschein fehlte.

Also blieb Ranma wohl nur eine Wahl.

„Aka-Akane!“

Zur Antwort schluchzte das Mädchen noch lauter und drückte sich hingebungsvoll an den Rotschopf.

„Ak-Akane! Was is’n los? Hab’ ich was verpasst?“
 

Akane Atem stockte.

Das lag einerseits am eigenen hysterischen Schluchzen.

Andererseits wünschte sie sich, die Frage überhört zu haben.

„Was’n ’kane?“

Ihr Verlobter starrte sie verständnislos an. Nicht, dass das unüblich war.

Es war im Grunde erstaunlich, wenn Ranma für etwas anderes als Kampfsport Verständnis aufbrachte. Doch – eine Ausnahme gab es.

Essen. In rauen Mengen.

Für Essen hatte Ranma immer einen Platz unter seinem Herzen – und zwar im Magen.

„’kane?“

Akane schluckte und hob ihren Kopf, um Blickkontakt herzustellen.

Sie hatte keine Ahnung, was sie ihm sagen sollte. So recht hatte sie ja selbst nicht begriffen, was vorgefallen war. Da war einfach zuviel passiert, als dass man es in einer Kurzmitteilung raffen könnte.

Außerdem konnte sie ja wohl schlecht damit herausplatzen, dass…

„Du warst besessen, spieltest mit Ryoga, Ukyo ist jetzt eine süße Puppe – und der Garten ist auch noch umgegraben und gewässert. Danke übrigens.“

„Gern geschehen Kasumi, aber…“, erwiderte Ranma und stolperte über die zugeworfene Information.

Währenddessen konnte Akane nur den Kopf schütteln, den Himmel um Hilfe anflehen – und Kasumi verdattert anglotzen.

Ranmas Ausbruch folgte im nächsten Moment.

„W-W-W-W-Was hab’ ich?“

Perplex starrte das bezopfte Mädchen von Kasumi zu Akane und vice versa. Nichtsdestotrotz schien das ihre Frage nicht zu beantworten. Vielleicht packte Ranma ja auch deswegen zweitere an den Schultern und schüttelte sie aufmunternd durch – nicht unähnlich Akanes eigener Vorstellung wenige Minuten zuvor.

Da sich das bei einem – echten – Mädchen aber nicht gehörte, verpasste Akane ihrem Verlobten dafür eine massive Kopfnuss.

„V-Verdammt, DAS tat weh ’kane!“

„Das sollte es ja auch!“

„D-Du M…“
 

Ranma sparte sich die Puste, atmete tief durch und ordnete ihre Gedanken.

„Akane, bitte sag’ mir, dass das nur’n Witz is’.“

„Es ist nur ein Witz?“

„Geht’s auch etwas überzeugender?“

Unsicher schüttelte ihre Verlobte den Kopf und starrte zu Boden.

„Herrgott, ich pack’s nich’! Jetz’ auch noch so’n Mist! Ich prügelte mich mit ’nem Möchtegerndrachen, ’nem Kerl mit Gottkomplex und jetzt bin ich auch noch von ’nem Dämon besessen!?“

Kasumi sah von ihrem Platz aus auf, nickte strahlend und widmete sich dem Zusammensammeln diverser Kleinigkeiten. Etwas des Geschirrs, einiger Holzstäbchen und dem einen oder andere Schraubverschluss – leider ohne dazugehörige Shampooflasche.

„Na herrlich, kann’s denn noch schl…“

Der Stein der Erkenntnis rollte ein Stückchen weiter, fiel aus dem zweiten Stock von Ranmas Oberstübchen und landete zielsicher auf dem großen Zeh des Verstehens.

Hinter Ranmas Stirn reihten sich vier Buchstaben als Leuchtlettern aneinander.

U-K-Y-O.

„Ukyo!“

Hart knallten Ranmas Handflächen aufs Holz, das sich wimmernd beschwerte.
 

Akane linste widerwillig auf und deutete mit dem rechten Zeigefinger auf ein rosafarbenes Kissen, das Ranma zuvor überhaupt nicht aufgefallen war. Eventuell war das dem Umstand zuzuschreiben, dass ihr für gewöhnlich nicht so viel seltsames widerfuhr.

„U-Ukyo?“

Langsam kroch die Kampfsportlerin auf allen Vieren zum Kissen, das auf dem Wohnzimmertisch postiert war. Darauf ausgebreitet, befand sich eine Puppe – kaum eine Elle lang. Die Puppe war gekleidet in einen blauen Überwurf, dekoriert mit den Kanji für Okonomiyaki. Darunter trug sie schwarze Leggings und ein Bandolier um die Schulter komplettierte die Uniform.

„D-Das is’ doch unmöglich.“

Von hinten platzierte Akane ihre Hand auf ihrer Schulter und drückte bestärkend zu.

„Ranma?“

„J-a“, dehnte diese ihre Antwort hinaus und glotzte dabei die Puppe hilflos an, ehe sie sich zu einem erstaunlich klaren Gedanken durchrang.

„Ak-Akane?“

„Hm?“

„Das is’ U-Ukyo, richtig?“

„Hm.“

„Sei ehrlich – war das ich?“
 

Akane musterte ihren Verlobten besorgt. Als Ranma ihr das Gesicht zuwandte, konnte das sonst so burschikose Mädchen nur schüchtern nicken.

Sie wusste nicht, woher Ranma diese Erkenntnis gekommen war.

Aber das war ihr eigentlich auch egal. Was ihr ans Herz ging, war wie Ranmas Schultern sich senkten und ihre Finger sich aneinander zu Fäusten ketteten.

„Wie du damals.“

Akane nickte abermals stumm. Ihr war genau dieser Gedanke gekommen, als sie Ukyos Puppenkörper entdeckt und wenig später gerettet hatte.

Plötzlich schien neues Leben in Ranma einzukehren.

„Dann können wir auch was machen!“

Entschlossen sprang Ranma in die Höhe und hieb mit der Faust in die Luft.

„Und ob wir was machen können. Auf geht’s!“

„Und wohin Ranma?“, fragte Kasumi unschuldig – und Ranmas Statur sackte zusammen wie Zucker unter Regen.

In einer Geste außergewöhnlicher Konzentration legte Kasumi indes den Zeigefinger an die Unterlippe und summte leise.

Akane indes wechselte ihre Aufmerksamkeit zwischen Ranma und Kasumi hin und her. Ihr Verlobter starrte bockig aufs Parkett – und dabei fast Löcher ins Holz; tatsächlich begann das Holz undeutlich zu qualmen.

Ihre ältere Schwester schien ernsthaft über das Problem nachzudenken – und ihre Unterlippe zu massieren.

Und sie selbst?

Nun, sie stand, respektive saß recht unnütz herum und hatte keinen Schimmer wie sie helfen konnte. Irgendwie kam ihr dieser Zustand sehr bekannt vor.

Leise tropfte Wasser aus der Küche und vage konnte man das Wimmern ihres Vaters und das Grunzen Herrn Saotomes vernehmen. Das alles wurde unterlegt von dem sonoren Summen ihrer Schwester.

„Ranma?“, merkte Kasumi schließlich auf.

„Ja? Ja? Ja?!“

„Könntest du wohl kurz den Wasserhahn in der Küche zudrehen?“

„W-Wie?“

„Könntest du…“

„H-Hab’ schon verstanden, alles klar.“

Mit forschen Schritten verließ der junge Saotome das Wohnzimmer. Die Dielen schmatzen unter ihren Tritten.

Im nächsten Augenblick stoppte das behäbige Tropfen und Ranma schleppte sich zurück in den Raum, wo sie neben Akane Platz nahm.

„Warum fragst du nicht Großmütterchen Cologne?“

„Cologne? Du meinst die alte Hexe?“

Kasumis fröhliches Lächeln unterstrich ihren Vorschlag.
 

Kurz wog Ranma Kasumis Rat ab und verbuchte ihn als nützlich. Nicht allerdings, ohne Akane einen kurzen Blick zuzuwerfen und ihre Reaktion auf den Ratschlag zu prüfen.

Ihre Verlobte zuckte mit den Achseln und zwang sich zu einem halbherzigen Lächeln – sie hatte also einen Freischein.

„Na dann los!“

Enthusiastisch sprang Ranma in die Höhe, wirbelte um die Achse und setzte den rechten Fuß vor. Sonderlich weiter kam sie auch nicht und stolperte stattdessen nach hinten.

„Huh?“

Wie sie im nächsten Moment feststellte, lag das an einer Hand, die sie am Zopf zurückgehalten hatte. Und diese Hand gehörte ihrer Verlobten.

„Was’n ’kane? Hab’ was zu tun.“

„Willst du wirklich so raus gehen?“

„So?“

Behutsam führte Akane Ranmas Zopf vor deren Nase – und entlockte Saotome damit einen schulmädchenhaften Schrei.

Die Reaktion war auch nicht weiter verwunderlich. Immerhin stand ihr roter Zopf in Flammen und unzählige Feuerzungen schlängelten sich darum wie Ranken um eine Säule.

„Ich krieg’ ’ne Glatze! Ich seh’ bald aus wie mein Alter!“

„Trottel“, ein sanfter Hieb auf den Hinterkopf riss Ranma aus ihrer Panik.

„Dein Haar brennt. Es verbrennt nicht.“

Für einige Sekunden herrschte Stille, die Ranma schließlich durchbrach.

„Puh, dann passt’s ja. Ich machte mir da fast Sorgen. Hehe.“

Kurz lachte der Rotschopf und Akane stimmte ins Lachen ein.

„WARUM brennt mein Haar!?“

„Was weiß ich? Warum trägst du noch immer DAS?“

Auf besagtes DAS deutete Akanes Zeigefinger und so wanderte Ranmas Blick an ihrem Körper herab.

Zuallererst fiel ihr auf, dass sie augenblicklich weiblich war. Das hatte sie jedoch schon vorher anhand des roten Haares bemerkt.

Was jedoch wesentlich stärker ins Auge sprang als ihr Vorbau, war ihr neues Outfit.

Kühl schimmerte ihr das Leder entgegen und die Flammen ihres Zopfes spiegelten sich umso heißer darauf.

Hätte Akane ihren Verlobten nicht im nächsten Augenblick festgehalten, so hätte Ranma sehr bald wieder Bekanntschaft mit dem Parkett geschlossen.
 

Ryoga gähnte – und bereute es sogleich.

Ihre Lippen fühlten sich an, als hätte man sie als Nadelkissen verwendet.

Nein, falsch, es war mehr als hätte sie Seeigel geküsst; und zwar ein ganzes Bataillon.

Gequält schlug sie die Augenlider auf und erstarrte.

Ihre Gesichtszüge entgleisten zu einer Grimasse aus Unglauben und Zorn – und letztlich zu einer des Schmerzes.

„RANMA!“

Ebenjener Rotschopf saß nämlich über sie gebeugt und lächelte sie keck an.

„Wie geht’s?“

„Du w-wirst vermeintlich g-große Schmerzen erleiden.“

„Is’ das ’ne Drohung?“

„E-Eher ein V-Versprechen!“

„Ranma, Ryoga hört auf! Ich habt euch für heute schon genug geprügelt.“

Fassungslos lugte Ryoga zu Akane, die ihrerseits die Arme bestimmend verschränkt hatte.

„Genug? Genug?! ER, SIE… ES hat meine F – ich meine es hat Ukyo getötet!“

„Mal langsam Alter, sie is’ doch gar nich’…“

In einem beispiellosen Beweis ihrer Willenskraft richtete Ryoga sich auf und knallte dabei – nicht ganz versehentlich – gegen Ranmas Stirn.

„Ryoga! Hör’ auf! Ranma ist wieder normal!“

„Normal? Wann war der Kerl denn je normal?“

„Ey – das nehm’ ich persönlich!“

„Ach halt doch die Klappe!“

„Ihr beide seid jetzt still! Auf der Stelle!“

„Aber!“, protestierten besagte „beide“ lauthals.

Akanes stechender Blick genügte allerdings, um wieder Stille einkehren zu lassen.

„A-Aber Ukyo!“

„Liegt da.“

Abermals lenkte Akane ihren Finger auf den Tisch, worauf das Kissen und obenauf die Puppe lag.

Der Anblick genügte, um jeden weiteren Protest Hibikis im Keim zu ersticken. Völlig benommen torkelte das Pseudo-Mädchen auf das Kissen zu und ließ sich kraftlos auf die Knie fallen. Ihre Augen aber verließen die Puppe nicht für eine Sekunde und selbst ihre Augenlider klammerten sich fest, um ja nicht herabzurutschen.

„U-U-Ukyo?“

Behutsam stupste die Göttin das Püppchen an – und zog den Finger sofort zurück.

Das war Ukyo. Keine Frage.

Zu unverkennbar war die Aufmachung, zu unvergleichlich dieses angedeutete Grinsen, zu unerträglich der Okonomiyakigeruch.

„RANMA!“

Wutentbrannt wirbelte Ryoga herum UND genau in Akanes Hammer, der sie verdattert zurücktaumeln ließ.

„Aus, hab’ ich gesagt. Keine Schlägereien mehr!“

„A-Aber Ukyo…“

„Ihr beide werdet ihr helfen, kapiert?“

„A-Aber…“

„Ihr BEIDE. Verstanden Ryoga?“

Akanes unerbittlicher Blick lag auf der Göttin des Frohmuts und wirkte mit der Subtilität eines Elefanten im Tütü. Also verstörend und doch schwerwiegend.

„Das krieg’ ich auch allein’ hin, dafür brauch’ ich unsren Partysnack hier nich’.“

„Partysnack? Saotome!“

„Ryoga!“

„Aber Akane…“

„Schweinebacke!“

„Ranma!“

„Du kannst dir glatt meinen Namen merken!“

„Saotome!“

„Ranma!“

„Akane?“

Die Dreierdiskussion nahm ein jähes Ende mit zwei kurzen Hammerhieben.

Seufzend heftete Akane ihren Hammer und besah sich die beiden bewusstlosen Mädchen.

„Idioten.“

Mit Mühe unterdrückte sie ein Schmunzeln, strich sich ein paar Strähnen aus den Augen und rief zu ihrer älteren Schwester in die Küche.

„Kasumi?“

„Ja Akane?“

„Könntest du wohl Cologne anrufen. Ich glaub’ es wär’ nicht schlecht, wenn wir sie vorwarnen.“

„Aber sicher doch Akane.“
 

Cologne balancierte auf ihrem Stab, maß die kochenden Nudeln kritisch und warf einen Blick hinaus auf den kristallblauen Himmel.

Egal wie alt man auch war. Ein solches Wetter erfrischte die Glieder, belebte die Geister und machte Lust auf einen ausgedehnten Spaziergang – oder eine Prügelei, je nachdem was näherlag.

Außerdem war es noch dazu so ruhig, dass man glauben könnte Vögel, Passanten und Jugendliche hätten sich Schlafen gelegt.

Wie gut, dass sie es besser wusste.

Und lag das auch nur daran, dass die älteste Schwester der drei Tendo-Geschwister vorhin angerufen hatte. In ihrem säuselnden Tonfall hatte sie ihr drei Punkte vorgetragen.

1. Ranma war eine Dämonin.

2. Ryoga war keine Dämonin. Sie war nämlich eine Göttin.

3. Und Ukyo war eine Puppe.

Ja, es schien, als würden wieder interessante Zeiten ins Haus stehen. Nerima tolerierte eben keine Langeweile, ebenso wenig wie Colognes Neugierde.

Jetzt musste sie nur noch herausbekommen, was der Kuno-Junge und Shampoos Widerwillen darin ihren Verlobten zu besuchen damit zu tun hatten. Vielleicht machte das alles dann sogar Sinn?

Ihre krause Stirn zog sich noch ein Stückchen krauser.

Nein, sehr wahrscheinlich würde es das nicht. Die Dinge hier in Nerima machten nie Sinn.

Darin lag ja gerade Nerimas Anreiz.

„Tellerwäscher, kümmer’ dich kurz um die Nudeln. Ich hab’ was zu tun.“

Mousse schielte sie argwöhnisch von der Seite an.

Immerhin schien es das zu sein, was er eigentlich vorhatte.

Nur schielte er leider die Katzenstatue auf dem Fensterbrett an.

Das störte zwar den Effekt, aber wenn er die Figur für sie hielt, bemerkte er auch nicht ihre baldige Absenz. Möglicherweise kam er sich ja dann ernst genommen vor? Wer war sie, dass sie ihm diese Illusion zerstörte?

Bedächtig verließ sie die Küche hin zum Gastraum und musterte die flinke Bedienung, die lächelnd von Tisch zu Tisch flitzte.

Shampoo war ihr ganzer Stolz. Die junge Amazone besaß großes Talent, sie war entschlossen und stolz auf ihr Amazonen-Erbe. Problematisch war nur, dass sie allem voran ein Dickschädel war.

Genau wie sie es früher selbst gewesen war.

„Shampoo?“

Die quirlige Amazone kam zum Stillstand, visierte die Sprecherin an und tippte sich an die Stirn.

„Ja Urgroßmutter?“

„Könntest du wohl kurz Mousse aushelfen?“

Eine Grimasse aus Widerwillen, Abneigung und widerwilliger Abneigung kreuzte das Gesicht ihrer Urenkelin. Auf Colognes strenges Befehlslächeln hin war sie allerdings rasch überredet und verschwand mit wehender Schürze in der Küche.

„Das Restaurant ist hiermit geschlossen.“

Die drei Besucher blickte irritiert auf, verließen aber rasch das Etablissement. Bei den Langsameren half der eine oder andere angedeutete Stockhieb.

Wahrlich, ihre Überredungskünste waren noch immer von einschlagendem Erfolg.

Amüsiert gackerte die Alte und hüpfte zur Tür hinaus. Mit einem Stups wendete sie das Schild auf [Geschlossen] und verharrte.

Verwirrt linste sie über die Schulter.

Sie hätte schwören können, dass da Stimmen gewesen waren. Sehr hektische Stimmen, die sehr laut miteinander stritten.

Uninteressiert zuckte sie mit den schmalen Schultern. Wahrscheinlich hatte sie es sich nur eingebildet.

„RANMA!“

„Ver-da-mmt Ry-og-A!

„Akane kannst du austricksen aber nicht mich!“

„Sagt das derselbe Trottel, der auf meine Verkleidungen hineinfällt?“

„RANMA!“

Amüsiert drehte sich Cologne in die Himmelsrichtung, aus der die Schreie sie ereilten.

Ihr Amüsement machte Bestürzung Platz, als sie die Verfolgungsjagd mitverfolgte, die die beiden Partizipanten geradewegs zu ihr führte.

Der Verfolgte war Ranma – respektive die Verfolgte. Zudem zog ihr Haar eine Funkenspur durch die Luft und die Geschwindigkeit ihrer Reaktionen übertraf jede bisherige Darbietung ihrer Fähigeiten. Ebendiese Reaktionen ließen die bezopfte Kampfsportkoryphäe nämlich zwischen zahlreiche Lampenpfosten hindurchhüpfen, die ihre Verfolgerin hinterher schleuderte.

Die Verfolgerin war ein hübsches Mädchen mit nachtschwarzem Haar, einem zornesroten Gesicht und nebenbei steckte sie in einem seidenen – und sehr freizügigen – Outfit.

Ein weiterer Laternenpfahl verfehlte Ranma und stürzte in eine angrenzende Gartenmauer.

Doch – DAS musste Ryoga sein.
 

Ranma wusste nicht, was sie falsch gemacht hatte.

Zugegeben, dass wusste sie die meiste Zeit über auch nicht. Dennoch probierte alle naselang jemand sie unter die Erde zu bringen. Ironischerweise bekam das mancher sogar hin.

Wie gut, dass sie nie liegen blieb, ansonsten könnte einer auf die Idee kommen, die Doppeldeutigkeit der Aussage auszuschöpfen – und sie daher permanent einzuebnen.

Ranmas Gedanken wurden von einem weiteren Laternenpfahl unterbrochen, der wiederum etwas anderes zerbrach – und zwar die Mauer zu ihrer Linken.

„Hey Ryoga, reg’ dich ab! Sind dir die Sicherungen durchgebraten?“

„Saotome, bleib stehen! Akane kann dich nicht mehr beschützen!“

„Beschützen? Pah! Sie kann ja nich’ mal auf sich selbst aufpassen!“

„Du wagst es auch noch sie zu beleidigen?“

„Reg’ dich ab! Ich dacht’, du stehst auf Ukyo?“

„Ukyo? Ukyo?! Du hast sie umgebracht!“

„Quatsch – sie is’ doch jetz’ ’ne Puppe. Is’ Akane doch auch schon passiert.“

„Du wagst es Ukyos Leid durch den Schmutz zu ziehen?“

„Wer sagt’n, dass sie leidet?“

„Es ist ganz allein’ deine Schuld!“

„Verdammt auch – das war der Dämon, nich’ ich!“

„Deine Ausreden will ich nicht hören!“

„Alles andre aber auch nicht!“

Ryogas nächste Antwort ging in einer gewaltigen Explosion von Stein unter, die sich keine fünf Schritte vor dem streitenden Paar abspielte. Staub und Schutt prasselte auf die beiden nieder.

Ranma fing die spitzen Splitter auf, Ryoga ließ sie an sich zerbröseln.

Ein Räuspern alarmierte die Kämpfer und lenkte die ungeteilte Aufmerksamkeit auf die Person in der Staubwolke, die mit einem beständigen Tok-Tok näher kam.

„Alte Hexe!“, grüßte Ranma ungestüm.

Der Schlag trieb den Rotschopf ungespitzt in den Boden.

„C-Cologne?“, probierte es Ryoga diplomatischer.

Die stechenden kleinen Augen fixierten sich auf die Göttin zweiter Klasse und musterten sie eingehend, bis sie an ihrem Haaransatz verharrten.

„Bist also tatsächlich Ryoga. – ein schallendes Gackern erfüllte die ramponierte Nebenstraße – Na kommt erst mal rein.“
 

Fragend berührte sich der ewig verlorene Junge an der Stirn und erspürte den Stoff ihres Bandana. Dann blickte sie seitwärts zu der bewusstlosen Gestalt.

Zutreten oder –schlagen? Zuschlagen oder –treten?

Das war hier die Frage.

Zu einer Antwort kam Ryoga jedoch nicht, als Cologne sie beide hereinrief.

„Kommt endlich!“

Also blieb Hibiki nichts anderes übrig, als ihren ungeliebten Erzrivalen über die Schulter zu schmeißen und ins Neko Hanten zu tragen.

Drinnen war alles noch genauso wie Ryoga es in Erinnerung hatte. Überall klebte der Duft chinesischer Gewürze, die Stühle standen ordentlich an den Tischen und Zeichnungen der Ländereien Chinas zierten die Wände.

Unsanft rammte die Göttin ihre Last auf einen der Stühle und nahm auf dem daneben Platz. Cologne ihrerseits setzte sich ihnen gegenüber.

„So Jungs, ich geh’ mal davon aus, dass ihr keinen Schimmer habt wie es hierzu kam. Stimmt’s?“

Ryoga schüttelte daraufhin nur den Kopf. Ranma indes schnarchte leise.

Eine Kopfnuss von Hibiki beendete diesen Zustand unlängst.

„Hey, was soll das?“

Ryoga schwieg dazu und nickte nur zu Cologne.

„Nachdem jetzt alle anwesend sind, können wir ja beginnen.“
 

Bevor Cologne allerdings ansetzte, warf sie noch einen forschenden Blick über die Schulter zur Küche. Sie konnte nur hoffen, dass Shampoo drinnen blieb. Denn der Anblick ihres Verlobten in dieser Aufmachung konnte nicht gut für ihre geistige Gesundheit sein.

Apropos, dass führte sie gleich zur ersten Frage.

„Du bist jetzt also eine Dämonin?“

Die Frage richtete sie mit scharfem Blick an Ranma, die trotzig schmollte und die Arme verschränkte.

„Warum muss es immer was Weibliches ein? Könnt’ ja ’n Dämon sein, aber ’ne Dämonin?“

Das beantwortete zumindest schon einmal eine ihrer Fragen.

„Brennt dein Zopf deswegen, zukünftiger Schwiegersohn?“

„Brennt? Mein Zopf brennt?“, skandierte Ranma.

„Idiot! Er brennt schon die ganze Zeit!“, knurrte Ryoga hilfreich.

„Brennt? Oh ja, stimmt, er brennt ja“, versicherte Ranma, jetzt bedeutend ruhiger.

Soso, ihr Schwiegersohn war jetzt also eine Botin der Hölle.

Was hieß das jetzt allerdings für ihr geistiges Wohl?

„Bist du noch immer unter der Kontrolle des Dämons?“

„Huh?“

„Hörst du noch immer die Stimme des Dämons?“

„Eh-eh“, bestärkend schüttelte Ranma den Kopf.

Das machte die Sache interessant. Ein Dämon ohne den Willen eines Dämonen Böses zu tun, konnte ein wichtiger Verbündeter für ihr Dorf werden. Immer vorausgesetzt der Rest des Dorfes akzeptierte die Mitgliedschaft des Feindes in der Gemeinschaft.

„Na immerhin etwas. Sonst hätten wir ein Problem.“

„Problem?“, konstatierte Ryoga und zog die Augenbrauen interessiert hoch.

„In der Tat, denn wir Amazonen trainieren nicht zum Spaß an der Freude. Unser beständiges Training verfolgt ein ganz gewisses Ziel.“
 

Ranma spürte das es bessere wäre nicht zu fragen. Sie fragte trotzdem.

„Was für’n Ziel?“

Hierauf hob Cologne den Blick und starrte ihr kalt in die Augen.

„Wir jagen und töten Dämonen.“

Auf diese bedeutungsschwangere Aussage hin setzte Stille ein.

„Oh – und das heißt?“

„Das heißt, dass der einzige Grund, weshalb dein Kopf auf deinen Schulter anstatt vor deinen Füßen liegt, der ist, dass du deinen stoischen Dickkopf beibehalten hast.“

„Oh – das ist gut.“ Ranma gönnte sich ein unsicheres Lächeln, das jedoch gleich abfiel.

„Hey, ich bin kein Dickkopf!“

Cologne überging Ranmas Einwand und widmete ihr Interesse Ryoga, die still auf ihrem Stuhl kauerte.

„Und du bist nun eine Göttin?“

Ohne Aufzusehen antwortete Ryoga.

„Göttin zweiter Klasse, dritter Kategorie mit limitiertem Zugriff. Göttin des Frohmuts, Ryoga Hibiki, steht zur Verfügung.“ Das Ganze kredenzte Hibiki noch mit einem sardonischen Grinsen.

„Frohmut?“, hierzu zog Cologne eine Augenbraue hoch, entschied sich aber nicht weiter ins Detail zu gehen.

„Und – Kasumis Aussage zufolge – habt ihr euch geprügelt. Und du – sie deutete auf Ryoga – hast sie – ihr Finger wanderte zu Ranma – besiegt?“

Augenblicklich war Saotome aktiver Teil der Unterhaltung.

„Unser Kampfferkel? Mich besiegen? Pah!“

„Saotome!“

„Ruhe! Ihr beide! Ihr seid nicht zum Spaß hier!“

Das wussten die beiden nur zu gut und so wurde die Stimmung bedeutend ruhiger.
 

Schließlich war es Ryoga, die mit der Sprache herausrückte.

„Es geht um Ukyo. Sie ist – Sie ist – Sie ist…“

„…ein Puppe“, ergänzte Ranma geflissentlich und wurde sogleich von Hibiki niedergestarrt.

Derweil lehnte sich die alte Matriarchin in ihrem Stuhl zurück und warf einen nachdenklichen Blick an die Decke.

Sie hatte ihrer Urenkelin und deren Verehrer sorgfältig zugehört, als diese von ihrer Auseinandersetzung mit den Phoenix-Menschen berichteten. Shampoo war von ihnen versklavt worden und Mousse hatte an der Seite Ranmas und Ryogas den Kampf aufgenommen.

Ein Aspekt, der dabei fast untergegangen war, war die Dehydrierung Akanes gewesen. Oder in anderen Worten: Akanes Verwandlung in eine kleine Puppe.

Vielleicht ließ sich daraus ja was Nützliches ableiten?

Aber halt, zuerst sollte sie sich etwas weitaus wichtigeres überlegen.

Weshalb sollte sie eigentlich dabei helfen, einer Rivalin ihrer Urenkelin neues Leben einzuhauchen?

Kurz beschaute sie sich Ryoga, die noch immer böse Blicke mit Ranma austauschte.

Cologne kam ein guter Gedanke.

„Ryoga?“

„Hm?“

„Ich denke, ich kann euch helfen.“

Überrascht glotzte die junge Göttin die alte Schachtel an.

„Wirklich? Das – Das ist ja klasse!“

„Allerdings geht das nicht ganz so leicht.“

Ryogas Enthusiasmus nahm einen schweren Schlag und ihre Schultern fielen.

Dafür war Ranma sofort mit Feuer und Flamme – durchaus wörtlich – dabei.

„Wie könn’n wir Ucchan helfen?“

„Ranma, du, als Shampoos Zukünftiger bekommst jederzeit Hilfe von uns Amazonen. Das weißt du. Ryoga jedoch besitzt keine Verbindung zu uns. Daher ist es schwer die anderen Dorfvorsteher davon zu überzeugen, dass es gut wäre unserem verlorenen Jungen hier zu helfen. Göttin hin oder her.“

„Hä?“, repondierte Ranma intelligent.

Ryoga jedoch knirschte mit den Zähnen und nickte geschlagen.

„Einverstanden. Was muss ich machen?“

Cologne grinste. Sie liebte es, wenn sich die Dinge so leicht zusammenfügten.

„Ein Loyalitätsschwur reicht vollkommen. Da du eine Göttin bist, wird uns deine Hilfe somit ewig erhalten bleiben.“

„Okay. Dafür hilfst du allerdings Ukyo!“

Cologne nickte und rieb ihre runzligen Lippen zu einem Schmunzeln aneinander.

„Ewig?“, unterbrach Ranma ihren kurzen Moment der Zufriedenheit.

Cologne erwiderte Ranmas fragenden Blick mit einem Lächeln.

„Ganz genau – ewig. Das gilt für Ryoga und auch für dich.“
 

„Oh.“ Fragend sondierte Saotome die Miene ihres alten Schulkameraden und Erzrivalen. Es genügt zu sagen, dass Ryogas Gesicht Bände sprach – und keine Seite davon wäre eines Lächelns würdig.

Es stimmte also, was die alte Schachtel sagte. Sie und Ryoga würden ewig leben?

Das war harter Tobak. Vor wenigen Tagen noch ein normaler Mensch – so normal wie es für Ranma Saotomes Verhältnisse möglich war – gewesen zu sein und heute eine unsterbliche Dämonin zu sein, war selbst für sie eine Umstellung.

„Wir können also nich’ mehr draufgehen?“

Hierauf schüttelte Cologne bestimmt den Kopf.

„Es ist ein Unterschied, ob du ewig lebst und ob du unsterblich bist. Ihr lebt ewig. Ihr seid aber nicht unsterblich.“

Jetzt war Ranma noch verwirrter. War denn ein Gott oder Dämon nicht unsterblich?

Cologne schien ihr ihre Unsicherheit anzumerken.

„Eine tödliche Verwundung kann dir noch immer ein Ende setzen. Es ist jetzt nur wesentlich schwieriger einen von euch beiden dauerhaft außer Gefecht zu setzen. Ihr heilt schneller, ihr seid widerstandsfähiger. Nur wenige Waffen und Techniken könnten euch ernsthafte Schäden zufügen.“

Das klang doch gar nicht mal so schlecht. Hatte der Vorfall also doch was Gutes gehabt?

Es fiel Ranma schwer das zu glauben. Immerhin war ihre überweltliche Seite alles andere als männlich.

Und überhaupt – was sogar noch wichtiger war – was war mit Ukyo?

„Hey alte Hexe, wie hilfste Ukyo jetz’?“

Auf den Stockhieb folgte eine Erklärung.

„Ich selbst kann nicht helfen. Aber ich habe mich belesen.“

„Belesen?“, hakte Ryoga nach, jetzt wieder voll beim Gespräch dabei.

„In der Tat; und es ist interessant, was sich so alles in 3000 Jahren Amazonengeschichte ansammelt.“

„Das da wäre?“, drängte Ryoga ungeduldig.

Zwischen halbgeöffneten Augenlidern spähte Cologne zu der Göttin.

„Lasst es mich so sagen. Es gibt Türen zwischen dem Hier und dem Jenseits.“

„Und?“

„Und jene ermöglichen den Übergang ins Jenseits. Daher nennt man sie ja auch Türen.“

„Und?“

„Herrgott, ihr müsst so eine Tür finden. Dann könnt ihr probieren Ukyo zu helfen.“

Es war an Ranma sich erneut einzuschalten.

„Ja aber, genügt denn nicht dieses Wasser von dem Reifungsdingsbumbs bei Saffron? Akane hat’s doch auch geholfen.“

Cologne gönnte sich ein Grinsen.

„Nicht schlecht zukünftiger Schwiegersohn. Du beginnst deinen Kopf für andere Sachen als nur zum Essen zu gebrauchen.“

„Hey…!“

„Deswegen muss ich dich enttäuschen. So einfach klappt’s nicht. Kasumi sagte mir, du warst es, die Ukyo verbrannt hat.“

„Gar nich’ war, ich…“

„Du warst besessen. Schon klar. Worauf ich hinaus will ist, dass es ein Unterschied ist, ob man von normalem oder verfluchtem Feuer berührt wird.“

„Verflucht?“

„Genau. Ebenso wie die Gegenwart einer Göttin heilen und in einem Kampf die Wende bringen kann, so sind die Angriffe eines Dämons vernichtend und vergiftend. Ein Dämon zerstört nicht nur. Er vernichtet.“

„Und – das heißt?“

„Normalerweise wäre Ukyo tot. Das überhaupt was übrig ist, überrascht mich.“
 

„Die Spathula.“

Die Augen der Alten und der Dämonin wanderten zu Ryoga, die verloren auf ihrem Stuhl saß.

„Ukyo’s Spathula steckte im Boden.“

Hierauf lehnte sich Cologne zurück und presste die Lippen aufeinander.

„Kluges Mädchen.“

„Hm?“

„Ukyo hat zwar nichts gegen die Hitze ausrichten können, aber sie schützte sich mit ihrer Waffe gegen das Feuer. Sie wurde also nur ausgetrocknet, nicht eingeäschert.“

„Also is’ es doch so wie bei ’kane?“

Cologne schüttelte den Kopf.

„Hast du nicht zugehört? Das Feuer ist trotz allem auf Vernichtung ausgelegt. Daher trocknete die Hitze sie nicht nur aus. Sie verbrannte auch ihre Lebenskraft.“

„Eh? Und wie füll’n wir die wieder auf?“

Colognes Augenbrauen zogen sich geschäftig zusammen.

„Dafür müsst ihr schon ins Jenseits. Eure neuen Identitäten dürften dafür recht hilfreich sein.“

Wie in einem Nachgedanken fügte sie noch hinzu.

„Vielleicht könnt ihr dort was ausrichten? Vielleicht aber auch nicht.“

Ryogas Pupillen sackten erneut zu Boden. Da hatte sie sich doch ernsthaft Hilfe und Rat erwartet, aber alles was sie bekam, war eine Märchengeschichte von Türen ins Jenseits. Einfach klasse, mit ihrem Orientierungssinn verwechselte sie ja bereits den Aufzug mit der Abstellkammer. Wie sollte sie da ein Portal in die Welt der Toten finden?

„Nun lasst mal nicht die Schultern hängen. Ein paar Tipps hab’ ich schon noch. Hab’ ja nicht umsonst einige hundert Jahre auf’m Buckel.“

Wenig erwartungsvoll fixierte Ryoga die Matriarchin.

„Fast hätt’ ich’s vergessen, aber es gibt Anzeichen für die Anwesenheit eines solchen Übergangs.“

„Dann spuck’ mal aus alte H…!“, intonierte Ranma und bekam den Stock unsanft zu spüren.

Nach einem missbilligenden Blick zu ihrem zukünftigen Schwiegersohn wandte sich Cologne wieder dessen Kamerad zu. Ryoga schien in dieser Angelegenheit der bessere Ansprechpartner zu sein.

„Diese Türen haben den unschönen Nebeneffekt, dass sie sehr viel Energie benötigten. Daher sammeln sie fast ständig. Ziehen Lebensenergie aus Wolken, Bäumen und Tieren.“

„Und?“

„Und da sie nur selten benutzt werden, geben sie einen Großteil der Energie auch wieder ungenutzt an ihre nähere Umwelt ab. Es wird also alles in der Nähe mit Energie durchdrungen.“

„Und?“

„Die meisten Pflanzen gedeihen dadurch prächtig, den Tieren geht es gut – allerdings wirkt es auf Menschen wie eine Überdosis Kaffee; jeden Tag des Jahres, jede Stunde des Tages, jede Sekunde der Minute.“

Bestürzt betrachtete Ryoga die alte Frau.

„In anderen Worten, die Leute knallen durch. Die überschüssige Energie wird in alles Mögliche gepumpt, die Realität verzerrt sich für diese armen Kerle.“

„Das klingt ja übel und der Wartungsdienst sollte dringend mal was dagegen machen, aber wo soll man so jemanden finden? Derjenige müsste ja total beklopp…“

Ryogas Ansprache stockte. Ihre Gehirnwindungen sprühten Gedankenblitze, die von einer Synapse zur nächsten hüpften, Salti schlugen und die Erkenntnis dämmerte.

„Das ist ein Witz.“

Cologne schmunzelte genüsslich und holte ihre Pfeife hervor, die sie sogleich behutsam zu stopfen begann.

„Was is’n? Fällt dir jemand ein?“, meldete sich Ranma zu Wort und schielte gelangweilt zu Ryoga.

„Lass’ es mich so sagen Saotome. Ich hab’ eine gute Ahnung, wo wir hin müssen.“

Mit diesen Worten schob Ryoga den Stuhl zurück, dankte Cologne mit einer tiefen Verbeugung, packte Ranma sodann beim Zopf und zog diese hinterher, ohne deren Proteste auch nur eines Schlages zu würdigen.

Sie hatten verdammt viel zu tun – und noch viel mehr vor sich.

Diesen Entschluss gefasst, stieß Hibiki die Tür zur Straße auf, zerrte Ranma mit sich und warf einen sehnsüchtigen Blick in Richtung Tendo Dojo – oder zumindest dorthin, wo sie es vermutete.

Wenn sich ihre Vermutung als korrekt erwies, so würden sie und Ranma eine lange Reise vor sich haben - eine sehr lange Reise.

Doch das schuldeten sie Ukyo. Das schuldete sie Ukyo.
 

Mousse verengte die Augen zu Schlitzen. Das lag nicht daran, dass er gerade schlecht sah. Er sah immer schlecht. Es war eher der Tatsache zuzurechnen, dass der Amazone konzentriert lauschte.

Er hatte nämlich das ganze Gespräch mitgehört.

Vorhin noch war Shampoo in die Küche gekommen, hatte ihn giftig in Augenschein genommen und dazu angewiesen die Teller zu waschen, während sie das Abtrocknen übernahm. Wenige Minuten später jedoch klingelte das Glöckchen an der Eingangstür und zwei weibliche Stimmen erklangen im Gastraum.

Die Stimme der alten Mumie antwortete unlängst.

Woher aber war ihm eine der weiblichen Stimmen so bekannt vorgekommen?

Diese Frage löste sich in Wohlgefallen auf, als er Shampoos starre Figur registrierte. Die junge Amazone war in ihrer Bewegung gefroren, quetschte das Wischtuch mit der Linken und die Scherben eine Tellers in der Rechten.

Dann – schneller als er Shampoo je hatte agieren sehen – flüchte sie aus der Küche und verschwand die angrenzende Treppe hinauf. Das Schlagen ihrer Zimmertür hallte bis hinab in die Küche. Erst im nächsten Augenblick begriff Mousse die Ursache hinter ihrem Verhalten. Da erst erkannte er nämlich die Eigentümerin der einen Stimme – oder sollte er besser den Eigentümer sagen?

Es war Saotome.

Seinen ersten Impuls, kopfüber in den Gastraum zu stürzen, hatte er mühevoll unterdrückt. Die letzte Niederlage war ihm noch zu gut im Gedächtnis geblieben. Daher hatte er abgewartet – und viel Interessantes herausgefunden.

Jetzt galt es nur noch zu bestimmten, was genau er mit dem Wissen anstellen sollte.

Auf den Lippen des Amazonen zeichnete sich ein sinisteres Lächeln ab.

Doch, ihm schwante bereits etwas vor.
 

Derweil sich IM Neko Hanten weitreichende Ereignisse anbahnten und DAVOR zwei Kämpfer ihren ersten Schritt entgegen einer langen Odysee taten, herrschte unerwarteter Friede im Hause Tendo.

Die vormals geflohenen Vögel waren zurückgekehrt und stimmten probeweise ihren Gesang an, Kasumi spazierte summend und mit dem Schrubber bewaffnet durch die Räume, Soun beklagte das Übermaß an Teich und Genma kaute gelangweilt seinen Bambus.

In dieser Ruhe nach dem Sturm störte nur das angestrengte Ächzen einer Person. Diese Person war Akane, die ihr Möglichstes tat, um die Schäden auszubessern, an denen sie nicht ganz unschuldig war. Namentlich die Dellen, die sie dem Parkett zugefügt hatte.

Stumm und anklagend starrte sie dabei die Miniatur-Ukyo an.

Aus der Diele hallte noch immer die Stimme Nabikis, die nun schon seit geschlagenen zwei Stunden mit der Versicherung verhandelte – und die Verhandlungen wohl noch für weitere zwei Stunden durchstehen würde.

Das neutrale Abstreiten jedweder Betrugsversuche von Seiten Nabikis und Kasumis wohlklingendes Pfeifen bildeten einen seltsamen musikalischen Hintergrund für einen seltsamen Tag und für die seltsame Tätigkeit, der sie augenblicklich nachging.

Es stellte sich nämlich als bedeutend schwerer heraus, eingesunkene Holzbretter zu straffen als sie zu demolieren.

Das ihr währenddessen die Puppe höhnische Blicke zuwarf, half dem Ganzen nicht wirklich.

„Guck’ mich nicht so an. Ich bin nicht schuld hieran!“

Die Puppe starrte beständig.

„Verdammt, Ranma hat’s nicht böse gemeint.“

Die Puppe starrte eindringlich.

„Nein, ich wusste auch nicht das Ryoga Ryoga ist!“

Die Puppe starrte besänftigt.

„Oh Mann, ich werd’ noch ganz irre. Ich trink erst mal was.“

Mit diesen denkwürdigen Worten erhob sie sich und machte sich auf zum Kühlschrank, aus dessen Bauch sie den gekühlten Orangensaft herbeisehnte. Sie brauchte irgendetwas um ihre geschundenen Nerven zu beruhigen. Orangensaft tat da Wunder, insofern sie ihn nicht selbst gepresst hatte.

So verließ sie das Wohnzimmer mit dem Ziel ihren Durst zu stillen.

Daran lag es wohl auch, dass ihr die unmerkliche Bewegung entging. Man nahm sie nämlich nur wahr, wenn man ganz genau hinsah. Denn wem fiel schon auf, wenn sich kleine Puppenfinger zu einer Faust ballten?
 

ENDE – Buch I
 

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Anmerkung des Autors:
 

Im Normalfall erwartet man spätestens an dieser Stelle ein paar einprägsame Worte. Leider habe ich mir nicht wirklich etwas zurechtgelegt, daher widme ich mich einfach mal dem Wesentlichen.

So beschränkte ich mich darauf ein paar Gedanken mit euch zu teilen. Mit euch? Ja, euch Lesern.

Weshalb möchte ich das tun? Nun, dass ist leicht.

Die Existenz dieser Geschichte ist nämlich ebenso euer Verdienst wie sie meiner ist.

Wäre da nicht euer ständiger Fluss an Interesse, eure beachtenswerte Kritik und letztlich eure bekundete Vorfreude auf das jeweils nächste Kapitel gewesen – ich hätte dieses Projekt nie bis zum Ende des ersten Buches gebracht.

Überhaupt ist es mein größtes Laster, dass ich viele meiner Geschichten unvollendet lasse. Ich mach’ das nicht aus Absicht oder bösem Willen. Es fehlt mir nur einfach an der nötigen Motivation, um mich aufzurappeln. Ich denke, viele von euch werden das verstehen.
 

Umso erstaunter bin ich über das Erreichen dieses vorläufigen Endes.
 

Noch dazu, da diese Geschichte ursprünglich ein Produkt einer langen Nacht gewesen war. Nie hätte ich mir erträumt, dass dieser wahnwitzige Oneshot mein bislang größtes und erfolgreichstes Projekt werden würde.

Das ist es nämlich.

Mit 12 Einträgen in Favoritenlisten und bisher 52 Kommentaren ist dieses kleine Werk mein absoluter Höhepunkt. Irgendwie unglaublich. Noch dazu war es doch nur eine fixe Idee…
 

Dafür bin ich euch allen unendlich dankbar, denn ihr habt mich dazu beflügelt viele Stunden an dieser Geschichte zu verbringen. Eure aufmunternden und hilfreichen Worte waren es, die mir die Kraft gaben, die Augenlider noch eine Weile länger aufzusperren.
 

Im Einzelnen möchte ich mehren Personen danken, die dies hier möglich gemacht haben.
 

1. Kiavalou: Meine Vertraute und Freundin, die wertvolle Zeit dafür opferte, dass ich mich meinen Flausen hingeben und euch Kapitel um Kapitel präsentieren konnte.

2. Mark Soul: Dir möchte ich für deine ausschweifenden Kommentare danken, die mir – insbesondere, da sie von einem Schreiber mit deiner langjährigen Erfahrung kommen – sehr wertvoll sind und mich in meinem Tun bestärken.

3. MichiruKaiou: Deine fortwährenden und durchweg positiven Rezensionen ließen mich des Öfteren grinsen und im Größenwahn die Gipfel der Schreibkunst erklimmen.

4. elina: Wenngleich ich Menschen wie dich auch nie verstehen werde, die sich frühmorgens an den Computer setzen, um eine unausgegorene Geschichte wie meine zu lesen – ich möchte dir trotzdem für dein lebhaftes Interesse danken.

5. Ghost6: Als mein beständigster Kommentator hast du dir meine Anerkennung verdient. Egal welchen Quatsch ich auch schreibe, du kommentierst ihn trotzdem. Und allem Anschein nach gefällt er dir. Ich hoffe, dass bleibt so.

6. Spike: Lass’ es mich so sagen: Du rockst! Ich hätte nie gedacht, dass jemand so verrückt sein könnte, seine Zugfahrtzeit mit meinem kreativen Murks zuzubringen. Du tust es. Das kann ich zwar nicht verstehen, aber es schmeichelt mir dennoch. Außerdem hältst du nie hinterm Zaun mit deiner Meinung und verplättest mir Fehler und Mängel ganz offen. Danke dir für diese Ehrlichkeit! Sie hilft mir ein besserer Autor zu werden.

7. Hinji: Auch du bist einer meiner vielen Spiegel, denn an deinen Worten spiegelt sich der Wert meiner Geschichten. Allem Anschein nach verdienen sie demnach das Prädikat: Besonders wertvoll. Für deinen Überschwang und dein Interesse möchte ich dir einen herzlichen Dank aussprechen. .
 

Bis dahin,
 

euer Deepdream



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  MichiruKaiou
2008-07-21T15:51:56+00:00 21.07.2008 17:51
Erst einmal ein ganz großes SORRY, dass es mit meinem Kommentar mal wieder so lange gedauert hat >.<
Aber endlich hab ich die Story zu Ende gelesen und ich muss sagen, du lässt die Geschichte gut ausklingen.
Dieses Kapitel war nicht ganz so turbulent, aber das ist auch gut so. Wichtige Dinge werden noch geklärt, der Kampf der letzten Kapitel findet ein passendes Ende, aber trotzdem bleibt die Spannung erhalten.

Im Gesamten muss ich wirklich sagen, dass mich die Story sehr beeindruckt hat. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut du deinen Schreibstil in jedem Kapitel umsetzen kannst und immer wieder tolle, neue Formulierungen findest, die witzig, passend und bedeutungsgewichtig sind. Und das bei der Kapitellänge (die haut mich immer noch vom Hocker)!
An dieser Stelle auch ein großes Lob für deinen Zeitplan, trotz dieser enormen Länge kamen die Kapitel recht regelmäßig, das sieht man auch nicht alle Tage.

Die Idee der Story ist auch einfach nur super. Ich kann mir beim besten Willen keine vernünftige Parodie ausdenken, aber das hier passt einfach. Es ist witzig, es ist spannend, nicht zu überdreht, aber doch ist es übertrieben dargestellt, so wie eine Parodie eben sein muss. Die Charaktere haben neue Eigenschaften, neue Beziehungen zu einander und doch sind sie noch sie selbst, wie man sie aus der Serie kennt. Das finde ich wirklich super.

Der Cliffhanger hier am Ende kommt jetzt natürlich superfies, aber das sogar noch mehr 'Bücher' geplant sind, finde ich sehr interessant. Aus der Geschichte ist wirklich ein Großprojekt geworden und ich finde es toll, dass du das alles umsetzen willst^^
Auf jeden Fall auch vielen Dank für die Erwähnung am Schluss, es freut mich sehr, dass ich mit helfen konnte, dich zu solchen Leistungen anzuspornen^-^
Ich werde auch weiterhin dabei bleiben und würde mich auch freuen, wenn du mich benachrichtigen könntest, sobald du mit dem zweiten Teil anfängst, ich würde dann gerne die Geschichte weiter verfolgen.
Natürlich fänd ich es auch toll, wenn andere Ranma-FFs von dir fortgesetzt würden!

Noch eine Kleinigkeit: den Titel finde ich wirklich gut gewählt, obwohl er so simpel ist, er hat mich wirklich sofort angesprochen. Da die Story jetzt aber zu Ende ist, wäre es noch eine gute Idee, jetzt vielleicht doch noch eine Kurzbeschreibung zu bringen. Mich persönlich interessiert so ein kurzer Vorabeinblick in die Story doch immer sehr^^

Ich glaube, jetzt bin ich auch fertig XD

Du kannst wirklich stolz auf dich und deine Arbeit sein! In diesem Sinne bis zum nächsten Teil,

MichiruKaiou
Von:  Ghost6
2008-06-30T22:18:52+00:00 01.07.2008 00:18
Hi

Ein Offenes ende.
Ich hoffe du verlierst die Motivtion bei der Fortsetzung nicht.

Also das Kapittel war wieder lang, lustig und spannend und mit freuden hab ich es gelesen.

Deine stärken sind eindeutig deine unnachamlichen formelirungen dinge zu beschreiben...

wie zum beispiel sie erwies sich so hilfreich wie ein Banansplit nach einen schlangengift ist eine meiner favoriten. das hat bisher keiner geschafft dinge so zu beschreiben.
behalt dir das auch bei das zeichnet dich aus und sorg immer für lacher oder ein flug zum boden in animestil.

Gespannt werde ich auf deine fortsetzung warten.
kannste mir bitte bescheid geben wenn du des erste kapitel von drausen ist^^

schon erstaunlich was so eine oneshort und eine lange nacht für auswirkungen haben und so anwachsen können.

auch bedanke ich mich für die widmung am ende^^
*rot bin*
und wenn du weiterhin so viel qutsch wie diesen hier schreibst lese ich ihn sehr gerne^^

bis dann und bis zum nächsten mal

Ghost6
Von:  Daifudo
2008-06-30T19:15:25+00:00 30.06.2008 21:15
Super ff, bin schon gespant wies weiter geht ,mal sehen was du dir einfallen läst.Dein schreibstiel is einfach super jedes mal wen ich die geschichte lese denke ich ich stehe direckt daneben und würde es selber sehen


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