Wenn jemand süchtig ist soll er versorgt werden, solange ich noch was hab
lg cole
Kapitel 6
Die letzten fünf Tage mit Alex waren die besten meines Lebens. Na ja, die Zeit wo meine Eltern noch gelebt haben, war auch nicht schlecht, aber das ist schon so weit weg für mich. Wir verstehen uns ziemlich gut, haben trotz des Altersunterschieds gleiche Interessen und er bringt mir so einiges bei. Alexander ist der Chef einer großen Computerfirma und dementsprechend viel Know-How hat er auch über diese Thema. Oft sitzen wir am Abend zusammen und er erklärt mir an seinem PC wie das alles funktioniert. Ihm macht das ziemlich viel Spaß und ich bin froh mal wieder etwas zu lernen. Ich hab auch irgendwie das Gefühl, dass er langsam in meiner Gegenwart auftaut. Zumindest ist er gerade unterwegs um uns was zum Mittagessen zuholen. Chinesisch oder so. Mir ist ein bisschen langweilig. An den Computer darf ich noch nicht alleine und ehrlich gesagt, versteh ich dass bei meinen Künsten auch. Also sehe ich mich mal wieder ein bisschen in der Wohnung um. Zwar kenn ich jetzt fast schon alles, bis auf sein Schlafzimmer, aber... Moment mal, Schlafzimmer. Ich tigere auf leisen Pfoten über den Gang und öffne dann die Tür. Es ist wirklich schön hier... Ich lasse mich auf das Bett fallen und es ist wirklich ein ziemlich angenehmes Gefühl. Mal sehen, was er so im Nachtkästchen hat. Ich ziehe die Schubladen heraus und finde am Anfang nur Klamotten erst in der zweiten Schublade von oben, ich habe unten angefangen, werde ich fündig. Ein Bild von einem Jungen, ungefähr mein Alter. Braune kurze Haare und Augen wie Zartbitterschokolade... Das könnte das Foto sein, dass Alex angesehen hat, als ich ihn weinend hier gesehen habe. In diesem Moment kracht die Wohnungstür und ich lege den Rahmen hastig zurück in die Schublade und stürme aus dem Zimmer. Zum Glück ist mein Zimmer gegenüber. „Ich hab uns Ente süß-sauer geholt, mit gebratenen Nudel. Ist doch okay, oder?“ fragt er mich aus der Küche. „Klar, ich esse doch eh alles. Aber das klingt verdammt gut.“ Gebe ich zur Antwort und höre ihn leise lachen. Ich beobachte ihn durch die Küchentür und ich fühle mich ziemlich mies, dass ich in seinen Sachen gestöbert habe. Langsam entwickle ich für ihn richtig familiäre Gefühle. Schade nur, dass ich hier nur für eine kurze Zeit bleiben würde.
„Was schaust du den so bedrückt, Ray?“ Eine Hand hebt mein Kinn an und ich sehe in dunkelblaue Augen, die mich leicht besorgt mustern. „Ach.. es ist nicht...“ Ich weiche dem Blick aus und sehe zur Seite. „Hey, lüg mich nicht an, ich hasse das.“ Alex Stimme ist dunkel und kalt geworden, sodass ich leicht zusammen zucke. „Es ist nur... ich will hier nicht weg. Ich will nicht wieder auf die Strasse und auch in kein Heim oder irgend so nen Scheiß.“ „Auf die Strasse gehst du nicht mehr. Dafür werde ich sorgen.“ bestimmend blickt er mich an und mir wird ganz anders. Kann er mich nicht einfach hier behalten? Die Wohnung ist groß genug, er hat genug Geld und Schwul ist er ja schließlich auch. So kompliziert ist das doch gar nicht. Bis auf die Tatsache dass ich erst 16 bin, ein Stricher und von einem Mafiosi gejagt werde. Ich seufze leise und setze mich an den Küchentisch. „Hey, wenn der ganze Mist vorbei ist, kommst du sicher irgendwo hin, wo es dir gefällt. Lass uns jetzt essen, und danach fahren wir ins Einkaufszentrum und besorgen dir neue Klamotten. Du kannst ja nicht ewig in meinen Sachen rum rennen.“ „Ich hab dir doch gesagt, dass ich noch Zeug in einem Schließfach habe.“ Meine ich aufgebracht. Ich brauche keine Almosen von ihm. Von wegen, der arme kleine Junge, kann sich nichts leisten. Auf so was pfeiff ich. „Da sollst du dich aber nicht blicken lassen, oder? Derek meinte dass sie dich wohl genau an solchen Orten suchen werden. Außerdem ist es für mich nicht der Weltuntergang wenn ich dir ein paar neue Sachen kaufe, key.“ Kurz verdrehe ich die Augen. „Aber wehe du steckst mich in ein Poloshirt.“
Das Essen war verdammt lecker und nun sitze ich papp satt neben Alex im Jeep auf dem Weg zum Einkaufen. Die Sache hat er natürlich mit Derek abgesprochen und der hat gemeint, dass das schon in Ordnung gehen müsste. Der Braunhaarige lenkt Richtung Parkhaus und lässt den dunklen Wagen in der zweiten Etage stehen. Türen führen direkt in das Herz des Warenhauses, sodass wir uns gleich ins Getümmel stürzen können. „Tommy Hilfiger.“ Weißt mich mein Sponsor als erstes an und zeigt nach rechts. Ich nicke und kaufe ein, na ja, eigentlich sucht Alexander mir Klamotten aus und ich probiere sie an. Er hat wirklich einen guten Geschmack und auf die Preise schau ich lieber nicht. Wir kämpfen uns so von einem Laden zum anderen. Gott sei dank müssen wir keine Taschen schleppen, denn das Center liefert ab einem Warenwert von 200 Euro frei Haus.
„So, ich glaube wir haben es geschafft.“ Alex lehnt sich an die nächste Wand und zieht scharf Luft ein um sie dann wieder ebenso schnell los zu werden. „Lass uns noch einen Kaffee trinken gehen und dann fahren wir wieder nach Hause.“ „Klar, hört sich gut an.“ Stimme ich zu und laufe neben ihm her zu einem kleinen Cafe. Ich bestelle mir einen Eiskaffee und der Braunhaarige sich einen Chappochino. „Du, ich geh mal schnell auf die Toilette.“ Entschuldige ich mich und stehe auf. Schnell habe ich den Zugang gefunden und steuere auf das Herrenklo zu. Als ich fertig bin, wasche ich mir die Hände und verlasse die Ort wieder um zu Alex zurück zukehren, als ich sie vor dem Cafe sehe. Lee und Henker erkenne ich sofort, doch die anderen beiden sind mir unbekannt. Waren die etwa wegen mir hier? Schnell verstecke ich mich hinter einer hoch gewachsenen Topfpflanze und beobachte die kleine Gruppe. Hoffentlich macht Alex nicht blödes, Big Daddy hat bestimmt schon herausgefunden wer mir geholfen hat. In diesem Moment steht der Braunhaarige auf und näherte sich schnellen Schrittens den WCs. Als er auf meiner Höhe ist, ziehe ich ihn schnell zu mir. „Was machst du den da? Unsere Bestellung ist gleich da.“ fragt er mich und baut sich vor mir auf. „Schh... Reg dich mal nicht so auf.“ Ich atme kurz durch und werfe erneut einen Blick auf die Typen. „Vor dem Cafe stehen vier Leute von Big Daddy.“ Ich hielt die Panik in meiner Stimme zurück und sah fragend zu dem Älteren auf. „Verdammt, wir hätten doch daheim bleiben sollen... Okay, das Cafe hat nicht nur den Ausgang über die Mal, sondern auch normal auf die Strasse. Wir zahlen und gehen dann. Ruhig und unauffällig.“ Alex sieht mir tief in die Augen und ich nicke ihm zu. „Hoffentlich klappt das.“
Alex legt dem Kellner noch Geld auf einen Tisch und schob mich dann langsam Richtung Ausgang. Immer wieder blicke ich panisch nach hinten, doch die vier Bluthunde scheinen uns nicht zu bemerken.. Mein Puls rast und ich mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Verdammt warum habe ich Sam auch finden müssen. Hätte ich doch einmal meine Nase aus fremden Angelegenheiten raus gehalten. Wir betreten die Hauptstrasse und ich spüre unsichtbare Blicke wie Nadeln auf meiner Haut brennen, doch es passiert nichts. Kein Schrei, kein brüllen. Wir gehen die Strasse entlang und gelangen schließlich durch eine Nobelboutique wieder in die Mall. Alex sieht sich kurz um und zieht mich dann Richtung Rolltreppe. „Anscheinend haben sie uns nicht gesehn.“ murmelt er dann leise. Ich hebe den Kopf und mustere ihn kritisch. Man sieht ihm an dass ihn die Sache nicht kalt gelassen hatte. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn und seine Pupillen sind ziemlich geweitet. „Hoffen wir, dass sie nur zufällig hier waren….“ meine ich leise und verschränke die Hände vor der Brust. Alex nickt nur leicht. „Ich rufe Derek trotzdem an.“
Er zahlt das Parkticket und dann gehen wir hinaus auf den Parkplatz. Ich habe mich wieder beruhigt und bin guter Dinge, da ich Big Daddy wieder mal entkommen bin. Kurz vor seinem Auto höre ich einen Knall. Ich werfe mich intuitiv gegen Alex und wir krachen in eine Parknische. Brennender Schmerz macht sich in meinem linken Arm breit und ich muss die Zähne fest zusammen beißen um nicht zu schreien. „Komm freiwillig raus und wir lassen deinen noblen Retter in Ruhe, Seek.“ Lees Stimme hallt im Parkhaus wieder und ich beiß mir automatisch auf die Lippe. Fuck. Das muss ja einfach schief gehen. . „Alles okay mit dir?.“ Alex zieht mich zu sich und schaut mich besorgt an. „Ich gehe raus.“ flüstere ich und versuche ihn von mir abzuschütteln. „Spinnst du? Du gehst nirgends hin.“ Alex halt mich an meinem verwundeten Arm fest und ich bleibe mit schmerzverzerrtem Gesicht neben ihm sitzen. In diesem Moment schlägt ein weiteres Geschoss im Wagen neben uns ein. Alex springt auf und zieht mich einfach mit sich. Mir steigt der Schmerz immer mehr zu Kopf und ich spüre wie sich mein Sweatshirt immer mehr mit meinem Blut voll saugt. Hinter uns höre ich gedämpft weitere Schüsse und Gebrülle. Irgendwann zieht mich Alex in eine geschützte Ecke. „Bleib hier. Ich rufe Derek an.“ Mit diesen Worten entfernt sich der Braunhaarige von mir und holt sein Handy hervor. Die Welt um mich herum verschwimmt. Ich schließe die Augen und weiß nicht ob Sekunden, Minuten oder Jahre vergehen, aber als meine Lieder wieder aufklappen steht Henker vor mir. Seine blonden fettigen Haare hängen wirr in sein Gesicht zielt hämisch grinsend mit seiner Dessert Eagel auf mich. Ich zittere. Das war’s dann wohl. Hoffentlich ist Alex weggekommen. Ich versuche mich umzusehen, doch ich kann nur noch die schemenhafte Gestallt meines Mörders ausmachen, bevor alles Dunkel wird...