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Hotaru Tomoe - Aus dem Strickkorb geplaudert

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Hotaru Tomoe

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Aus dem Strickkorb geplaudert
 

Guten Tag. Mein Name ist Tomoe. Hotaru Tomoe. Auf deutsch bedeutet das ungefähr soviel wie "Tödliches Glühwürmchen" oder "Glühwürmchen der Apokalypse". Ich weiß, es ist ein Scheiß-Name, aber ich habe ihn mir ja schließlich nicht ausgesucht. Dafür war meine Mutter zuständig. Die ist jetzt übrigens tot.

Auch mein Vater ist nicht mehr ganz auf der Rolle. Früher war er Genforscher. Jetzt ist er in der Klapse gelandet, weil er die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Folglich bin ich ein Waisenkind.

Und als solches wurde ich natürlich auch adoptiert.

Wissen Sie, um genau zu sein, hasse ich Adoptionen. Ich meine, versetzen Sie sich doch mal in meine Lage. Ich wohne hier mit ZWEI Müttern und einem Vater, der auch eine Frau ist.

Fragen Sie mich nicht, wieso, aber es macht meine Papa immer unheimlich glücklich, wenn ich sie Haruka-Papa nenne. Eltern muß man behandeln wie rohe Eier. Man kann sie auch ruhig in die Pfanne hauen.

Meine Papa sieht aus wie ein Mann, bewegt sich wie ein Mann, spricht wie ein Mann, kleidet sich wie ein Mann, benimmt sich wie ein Mann und hält sich auch für einen. Erwähnte ich bereits, daß sie blond ist?

Meine eine Mama schafft an. Bilder. Manchmal malt sie sie selber, manchmal kauft sie welche. Bezahlen tut das Papa. Die hat nämlich Geld wie Heu. Und ich hab' Heuschnupfen. Aber das gehört nicht hierher.

Die andere Mama ist ziemlich zeitlos. Sie hat ihre Uhr letzte Woche verloren. Vorletzte Woche hätte meine Papa ihre Uhr auch fast verloren. Die Uhr ist stehengeblieben und Haruka-Papa weitergelaufen.

Wo wir gerade bei Geschwindigkeit sind, Haruka-Papa ist Rennfahrerin. Vorgestern hat sie aber, genau wie Michiru-Mama, den Führerschein entzogen bekommen. Michiru-Mama hat auf einer Bushaltestelle geparkt und Haruka-Papa hat 37 km vor der Ausfahrt geblinkt. Jetzt sind sie in einer Mischung aus Verkehrsunterricht und französischer Küche: "Chez Mon Dieu". Sie haben sich darauf gut vorbereitet: Sie haben es sich besorgt. Fragebögen.

Fernschaltung nach "Chez Mon Dieu": Der Kellner steht vor dem Tisch von Haruka und Michiru. "Wieviele Meter muß man von einem Schneepflug entfernt fahren?" fragt er. "Zwanzig, dreißig oder fünfzig?"

Ohne groß zu überlegen, antwortet Haruka: "Zwanzig."

Im selben Moment zieht der Kellner das Tablett mit der Vorspeise, das er gerade serviert hatte, wieder weg. "Falsch", sagt er. "Vielleicht haben Sie beim Hauptgang ja mehr Glück."

Setsuna-Mama ist auch weggegangen. Sie hat mir das Versprechen abgenommen, ein ganz ruhiges und artiges Mädchen zu sein. Das ganz ruhige und artige Mädchen hat eine Party für die ganze Klasse geschmissen. Eine klasse Party also. Daß dabei einige Gläser zu Bruch gegangen sind, war nicht meine Schuld. Ich meine, was kann ich denn dafür, wenn ich beim Rock 'n' Roll keinen Partner mehr finde und deshalb einen Besen nehme und damit rein zufällig und aus Versehen den bestellten Kellner absteche, der nach hinten über die Kommode mit dem Meißner Porzellan drauf fällt und dabei die Glasvitrine mit den teuren, feingeschliffenen Sektgläsern zu Boden reißt?

Auch das Wett-Trampolin-Springen auf Haruka-Papas und Michiru-Mamas Wasserbett war nicht meine Schuld. Ich meine, Michiru-Mama liebt doch das Wasser, und auf dem Fußboden hat's auch nicht jeder...

Und der von Michael Chang unterschriebene Tennisschläger... wir brauchten halt 'nen Gitarren-Ersatz... und Haruka-Papas sündhaft teure Paul Reed Smith Dragon III war schon beim Jimi-Hendrix-Imitations-Wettbewerb über den Jordan gegangen.

Haruka-Papa und Michiru-Mama kommen gerade wieder zurück. "Ich hab' dir doch gesagt, daß man in einer Kirche nicht rückwärts einparken darf. Ich habe es dir gesagt! Da versucht man mal, ein netter Mensch zu sein, aber nö... Und dann haben sie uns das Dessert auch noch weggenommen!!!" schimpft Michiru-Mama. Haruka-Papa zieht den Kopf ein, um Michiru-Mamas Straps... äh... Strafpredigt zu entgehen, als ihr beider Blick auf das Chaos - nein, Entschuldigung, auf die organisierte Unordnung - fällt. Haruka-Papa sieht die Überreste ihrer PRS an und sagt: "Kann ja mal passieren". Anschließend fällt sie erst einmal in Ohnmacht. Auch Michiru-Mama ist nicht so GANZ begeistert angesichts der Tatsache, daß der Kühlschrank ausgeraubt wurde.

Ich glaube, das ruhige und artige Mädchen schläft schon seit einer halben Ewigkeit. Das ist der natürliche Selbsterhaltungstrieb. Zumindest steht das so in den psychoanalytischen Büchern von Setsuna-Mama.

Nachdem ich erst einmal 48 Stunden geschlafen habe und sich der Rauch der Wut und der Rauch des Lagerfeuers, das wir auf dem Wohnzimmersofa gemacht haben, verzogen haben, geht alles wieder seinen normalen Lauf. Na ja, sofern man in einem Haushalt mit zwei völlig überdrehten Nixtuern und einer völlig überlasteten Hausfrau und dem Engel auf Erden (sprich: mir) von "normal" reden kann...

Setsuna-Mama hat Werbung gemacht. Für ein Waschmittel namens "Schlonz". Paps wurde auch engagiert, sie durfte den Werbefachmann spielen, während Setsuna-Mama die glückliche, strahlende, zufriedene und erotisch angehauchte Hausfrau darstellte. Na ja, davon abgesehen, daß sie wie eine hausbackene Vierzigjährige mit Putztuch auf dem Kopf und blau-gelb-geblümter Kittelschürze aussah...

Das ganze sah folgendermaßen aus: Eine riesige Kulisse mit der Aufschrift "Supermarkt", in der Setsuna-Mama hilflos allein und vor dem Haruka-Papa als glücklicher, strahlender, zufriedener und... äh... breitgrinsender Meinungsforscher, beständig auf und ab wippend, als müsse sie aufs Klo, stand, dazu eine Pyramide, aufgebaut aus "Schlonz"-Kartons und ein Haufen andere kleiner "Schlonz"-Packungen, obenauf eine riesige Familienpackung, an die sich Setsuna-Mama glücklich, strahlend, zufrieden und... jetzt gehen mir die Worte aus... also an die sie sich auf jeden Fall wandte.

Sie nahm diese Familienpackung auf, ging durch die Schiebetür und wurde von Haruka-Papa belästigt. Mit der ersten Frage. "Frau Meiô... äh... Mayo... naise... also, äh, Frau Mayonaise, Sie haben sich für das 82kg-Paket von "Schlonz" entschieden. Warum?"

Setsuna-Mama starrte in die Kamera und setzte ein glückliches, strahlendes, zufriedenes und atemloses Lächeln auf. Sie schwankte unter der Last des Waschmittels kaum merklich hin und her. "Ja, wissen Sie, ich habe zwei Kinder, den Koko und den Lores, und einen Mann, der ist Mechaniker, der bekommt einiges an Schmutzwäsche zusammen, und "Schlonz" ist halt ein gutes Waschmittel."

Haruka-Papas Grinsen wurde immer breiter. "Und dann gibt es natürlich noch den praktischen Füllschlauch an der Seite und die tollen Tragelaschen..."

"Oh, das zieht", unterbrach Setsuna-Mama Haruka-Papa da aufstöhnend und mit leerem Blick. Langsam aber sicher ließ sie die Packung sinken, bis sie nur noch zur Hälfte im Bild zu sehen war.

"...und die tollen Tragelaschen an den Seiten", wiederholte Paps, deren Grinsen langsam einfror. "Machen Sie doch mal."

"Ja, wie denn, du Tünnes", empörte Setsuna-Mama sich und versuchte hektisch, Haruka-Papas Aufforderung zu folgen, aber jedesmal, wenn sie mit der rechten Hand die Packung losließ, um die Tragelasche zu ergreifen, rutschte die Packung nach unten, so daß Setsuna-Mama wieder unter diese fassen mußte, ohne dabei die Lasche festhalten zu können. Das ging eine Weile so, bis die Regisseurin "SCHNITT!!!" brüllte.

Im selben Moment erstarb Haruka-Papas Grinsen, und sie begann, sich die Wangen zu massieren, um die Muskeln zu lockern. Die Regisseurin lief auf Setsuna-Mama zu und schrie sie an: "Frau Meiô, was machen Sie denn da?! Die Packung ist ja vollkommen aus dem Bild gerutscht!" Sie nahm die Arme hoch, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. "Vergessen Sie nicht, "Sch-h-lonz" ist der Hauptdarsteller!"

Moment mal, das geht mir entschieden in eine falsche Richtung! In diesen Aufzeichnungen bin ICH der Hauptdarsteller, und deswegen will ich wieder über meine Probleme reden! Und ich habe große Probleme, denn ich muß ganz allein für die Sicherheit der ganzen Stadt sorgen. In Wirklichkeit bin ich nämlich nicht Hotaru Tomoe, sondern Clark Kent alias Superman, und ich komme vom Planeten Krypton. In Telefonzellen kann ich mich verwandeln, und wenn ich mein cooles blaues Dress trage, kann ich sogar fliegen!

Ich weiß, ich sollte nicht immer lügen, denn ich habe noch nie eine Brille getragen, aber es wäre eine schöne Vorstellung.

Wo wir gerade von Vorstellung reden: Stellen Sie sich doch mal vor, Sie lägen gefesselt auf Eisenbahnschienen. Was kommt jetzt? Genau, das Motto der Deutschen Bahn...

Apropos Deutsche Bahn, wir haben alle demletzt eine Reise nach Europa gemacht. In Deutschland haben Haruka-Papa und Michiru-Mama einen Bahnhof besucht. (Oh hell yeah!) Plötzlich liefen sie ganz aufgeregt zum Stellwerksmeister. Haruka-Papa fing schon Meter vor dem Häuschen des Mannes an zu rufen: "Da Gleis auf Schienen liegen!"

Der Mann tippte sich an den Kopf. "Ja, das hoffe ich auch", antwortete er.

"Nein, nein, da tatsächlich Gleis auf Schienen", schrie Haruka-Papa aufgebracht und schüttelte den Mann hin und her.

"Hören Sie, ich weiß ja nicht, wo Sie herkommen, aber bei uns in Deutschland ist es normal, daß Gleise auf Schienen liegen."

Michiru-Mama starrte den Mann fassungslos an. "Ganz viele Gleise auf Schienen?!"

"Ja, wirklich. Ganz viele deutsche Gleise auf ganz vielen deutschen Schienen."

"Ja?" fragte Haruka-Papa fasziniert. "Und wel zahlt Begläbnis von viele alme alte Männel?"

Im selben Moment war das Quietschen von Bremsen des einfahrenden Intercitys zu hören, gefolgt von einem erstickten Aufschrei und einem, nun ja, "matschigen" Geräusch.

"Und alme alte Männel nolmal zu übelfahlen wilklich?" vergewisserte sich Michiru-Mama noch einmal bei dem plötzlich kalkweiß gewordenen Stellwerksmeister.

Dieser brachte gerade noch ein "Ich glaub, mich tritt ein Pferd" hervor, bevor er in Ohnmacht fiel.

"Pfelde so blutal in Deutschland? Seltsame Land." Paps kratzte sich am Kopf. "Komm, Michiru, wir gehen", sagte sie dann auf japanisch und stiefelte gemeinsam mit dieser an dem Notarztwagen vorbei, der den "almen alten Mann" von den Schienen kratzte.

Setsuna-Mama und ich waren derweil auf Fotosafari. Setsuna-Mama knipste alles, was nicht niet- und nagelfest war und rief dabei immer wieder begeistert, wie toll doch alles sei. "Oh, deutsche Einwohner", rief sie. "Deutsches Rathaus, deutsche Kirche, deutsche Straßenbahn, deutsche Döner, deutsche..." Ein "matschiges" Geräusch war zu hören. Setsuna-Mama blickte nach unten. "Deutsche Hundescheiße..."

Haruka-Papa und Michiru-Mama hatten uns kurz danach, als Setsuna-Mama sich wieder von ihrem "Mitbringsel" getrennt hatte, eingeholt. Haruka-Papa strahlte übers ganze Gesicht und schwenkte ein Buch hin und her. "Schaut mal, was ich gekauft habe! Ein deutsches Buch! Es handelt vom kleinen Brockhaus, der als Aal in Aachen anfängt und als Zyklon auf Zypern endet!" erzählte sie begeistert.

Unsere für den nächsten Tag geplante Abreise mit dem Thalys nach Frankreich mußte allerdings verschoben werden, weil Haruka-Papa, der das deutsche Geld ausgegangen und nicht zurückgekommen war, ihre unter großen Anstrengungen geschnorrte Zigarette nicht aufgeben wollte; auch nicht, als ihr die halbgerauchte Kippe auf die Schienen fiel. Kurzerhand sprang sie hinterher und wollte sie gerade wieder aufheben, als sie Michiru-Mamas Stimme hörte. "Ich sag' jetzt nur das Motto der DB", sagte diese recht ruhig, bevor sie losbrüllte: "DIE BAHN KOMMT!!!"

Glücklicherweise handelte es sich bei dem Zug um einen solchen nach Osnabrück, der kurz vor Haruka-Papa über eine Weiche in eine andere Richtung fuhr, was Setsuna-Mama und mich spontan singen ließ: "Ich fand das ganz große Glück, mit dir im Zug nach Osnabrück..." Unser Gesang begeisterte die Leute, die uns prompt Geld in die Taschen steckten. Die Deutschen sind ja so was von freundlich, sie haben uns sogar die Tür vom Bahnhof gezeigt UND aufgehalten.

Haruka-Papa bemerkte etwas spät, daß wir nicht mehr da waren und kletterte behende auf den Bahnsteig zurück. Ganz behende schwang sie sich über ein Gitter, blieb oben ganz behende hängen und verstauchte sich ganz behende den Knöchel, so daß wir erst einmal mit dem von den Deutschen bereitgestellten Taxi (ich sag's ja, sehr freundlich, dieses Volk) ins Krankenhaus düsen durften.

Da wir unseren Zug ja folglich verpaßt hatten, sind wir mit dem Schiff nach Frankreich geschippert. Setsuna-Mamas Fotosucht hatte sie wieder eingeholt, und so knipste sie jede Brücke von vorne, von unten und von hinten. Ich meinte zu ihr auf deutsch: "Keine Angst, die Männer in den weißen Kitteln kommen gleich." Setsuna-Mama fragte mich, was das heiße. Ich antwortete, daß ich das nicht wisse, aber es mußte etwas ganz nettes gewesen sein, denn der letzte, der das über Setsuna-Mama bzw. zu mir gesagt hatte, hat mir fünf Mark und einen Lolli geschenkt, mir liebevoll den Kopf getätschelt und "Herzliches Beileid" gesagt. Herzlich wie in Glückwunsch. Das ist der einzige Satz, den ich auf deutsch sprechen kann. Und das sagt man dann, wenn man jemandem gratuliert.

Haruka-Papa und Michiru-Mama hatten sich derweil ans Bug des Schiffes gequetscht und standen in schönster Titanic-Manier auf dem Geländer. "Ich fliege", flüsterte Michiru-Mama Haruka-Papa zu. Leider übersahen sie dabei die Bauarbeiten zu ihrer Rechten auf dem Ufer, wo ein Kran gerade einen Stahlträger schwenkte.

Noch heute zeugt eine Narbe auf beider Stirnen von der umwerfenden Begegnung mit dem Metall.

Anschließend haben wir uns so schlecht benommen, daß wir das Deck schrubben mußten. Ich habe da wohl eine Kleinigkeit verwechselt. Ich habe das Fischernetz geschrubbt und das Vorderdeck über Bord geworfen.

In Frankreich angekommen, wollte Haruka-Papa unbedingt ihre tollen Französisch-Kentnisse demonstrieren und zerrte uns in die nächste, wie sie sich ausdrückte, "Buhlanjerie". Ich glaube, das ist so was ähnliches wie eine Bäckerei. Sie wollte sich ein Milchhörnchen bestellen. Nach einigen haarsträubenden Konversationsversuchen erhielt Haruka-Papa dann schließlich auch ihr Hörnchen. Doch als sie herzhaft hineinbeißen wollte, zerbröselte es in ihrer Hand und vor ihren Augen. Diese wollten ihr erst aus dem Kopf fallen, dann lief dieser rot an und sie auf den Verkäufer zu. Auf eine betont französische Aussprache bedacht herrschte sie den armen Mann an: "Also 'ölen Sie mal, fül Milch'ölnchen, Sie nicht dülfen velwenden Blättelteig!"

Da sagte der etwas von "Krassang".

Paps studierte das Schildchen vor dem "Milchhörnchen" eingehend. "Da steht aber nicht Krassang", beschwerte sie sich lautstark.

Setsuna-Mama, die mal einen französischen Freund gehabt hatte, versuchte, sie zu beruhigen. "Das ist französisch", erklärte sie.

"Ach, ne, in Frankreich wird französisch gesprochen?!" erwiderte Haruka-Papa spöttisch.

"Das wird halt anders geschrieben. Kroh-ih-sant", buchstabierte Setsuna-Mama. "Das heißt Krassang."

"Ach, die Franzosen sind doch alle doof. Warum steht denn da nicht einfach Krassang?"

"Woher soll ich das denn wissen?"

Dann besann Haruka-Papa sich auf den eigentlichen Grund ihrer Beschwerde. "Also bei uns in Japan, die Dingel 'eißen Milch'ölnchen und nicht fallen auseinandel!" Sie wollte ihm auch noch das Rezept geben. Darüber war der Bäcker so dankbar, daß er uns spontan ein paar Brötchen und Teilchen schenkte. Ich wußte nur nicht, daß es in Frankreich so üblich ist, einem Geschenke hinterherzuwerfen...

Nach diesem Reinfall verdrückten wir uns ins Restaurant und ungefähr den halben Vorrat der Küche. Michiru-Mama bestellte sich ein "Canard flambée", ohne zu wissen, worum es sich dabei handelte.

Als der Kellner ungefähr eine Stunde und mein armseliges Leben später sich herabließ, uns zu bedienen, servierte er auf einem silbrigglänzenden Tablett unter einem silbrigglänzenden Deckel das Canard flambée. Es handelte sich dabei um eine knusprigbraun gebratene Ente. Als ich dies sah, bekam ich sofort Mitleid mit meinem Artgenossen.

Ja, Sie haben richtig gelesen. In Wirklichkeit bin ich nämlich nicht Hotaru Tomoe, sonden Eddie Erpel und verwandele mich immer dann, wenn Gefahr ruft, in Darkwing Duck. Mein Motto ist "Zwei, eins, Risiko", und ich werde begleitet von Quack, einem Bruchpiloten, wie er im Buche steht!

Ich weiß, ich sollte nicht immer lügen, denn ich bin und war noch nie eine Ente, aber ich finde dieses Cape und den breiten Hut so cool.

Also, auf jeden Fall lag da dieses bemitleidenswerte Stück Ente. Michiru-Mama starrte es an. "Das ist ja gar nicht flambé", sagte sie fast enttäuscht.

Haruka-Papa erklärte sich hilfsbereit: "Das kann man sofort ändern." Sprachs, zog ihr Zippo aus der Hosentasche und zündete damit das Flügelvieh an. Leider wußte sie, im Gegensatz zum Kellner, dessen Aufgabe es eigentlich gewesen wäre, die Ente zu flambieren, nicht, daß der Braten mit Spiritus übergossen war. Sehr zum Leidwesen von ihrem Jackenärmel und Michiru-Mamas Haaren. Die Kurzhaarfrisur steht ihr gar nicht mal so schlecht...

Danach geschah nichts wesentliches mehr. Außer vielleicht Haruka-Papas Versuch, einem Crêpes-Verkäufer zu erklären, daß seine Pfannkuchen doch etwas dünn wären. Der Verkäufer hätte Haruka-Papa fast seine Crêpes-Maschine auf den Kopf geschlagen.

Zurück in Japan bemerkten wir, daß wir vergessen hatten, den Gasherd auszuschalten. Leider zu spät, denn Haruka-Papa hatte sich in diesem Moment schon eine Zigarette angesteckt.

Der Krater, der früher mal unser Haus war, macht sich hervorragend in der Landschaft. Momentan sind wir damit beschäftigt, ein neues Zuhause zu finden.

Ach ja, und Haruka-Papa hat sich übrigens das Rauchen abgewöhnt. Das kann man wohl eine explosionsartige Besserung nennen...
 

Haruka-Papa ist mal wieder auf Wohnungssuche unterwegs. Sie hat schon zwei Versuche hinter sich. Bei der ersten Vermieterin handelte es sich um eine ältere Dame. Die Wohnung sah noch gar nicht mal so schlecht aus, ich meine, sie soll ja nur übergangsmäßig sein, wir wollen schließlich so bald wie möglich zurück in unser Haus ziehen, wenn es wieder aufgebaut ist, und wir sind sogar in die engere Wahl gekommen, so unter die letzten achtzig Bewerber, und die Chancen standen gar nicht mal so schlecht beim letzten Vorstellungstermin, aber Haruka-Papa hat's dann vergeigt. Ich meine, das mit den Pralinen, sie konnte ja nicht ahnen, daß die Vermieterin Diabetikerin war, und ihr Anzug, der saß doch etwas eng, und Michiru-Mama etwas eng an ihr dran, und die Dame schaute schon etwas seltsam zu den beiden herüber, ich meine, sie war ja auch etwas älter, und als Haruka-Papa das dann auch anmerkte und meinte, sie sei aber doch noch recht rüstig für ihr Alter, da sagte sie ganz entrüstet, sie sei erst fünfundsiebzig und wir könnten jetzt gehen...

Der nächste war ein alter Kriegsveteran, ehemaliger U-Boot-Kommandeur der japanischen Flotte, so richtig schön militärisch zackig, und die Wohnung war auch klasse, auch wenn der Ausblick auf einen Truppenübungsplatz nicht so ganz das Wahre war, aber dafür war die Miete auch recht niedrig. Haruka-Papa wollte richtig schön Eindruck schinden, hat sich dann im Kostümverleih so richtig schöne Army-Klamotten gekauft, dazu Springerstiefel und ein Bandana mit der Hinomaru drauf und wollte dann so richtig schön als Einzelkämpfer auftreten...

Pünktlich zur vereinbarten Uhrzeit hangelte sie sich also an der Regenrinne entlang, kletterte über das Fenstersims direkt in sein Wohnzimmer... leider hatte sie sich in der Hausnummer vertan, und als sie am nächsten Morgen aus der U-Haft entlassen wurde, war die Wohnung bereits vergeben.

Dann ist sie auf den Trichter gekommen, das Fräulein von der Anzeigenleitung der Zeitung zu bestechen, wollte sie zum Essen einladen, aber keine Chance, sie war schon für Monate im Voraus ausgebucht. Abgesehen davon hätte Haruka-Papa einen Termin für ein Essen wohl kaum wahrnehmen können, denn wenn Michiru-Mama dahintergekommen wäre, hätte meine liebe Paps das Bett wohl für die nächsten Wochen nicht verlassen können...

Aber auch ansonsten ist hier alles tuffig und super. Setsuna-Mama meinte demletzt, sie würde langsam den Verstand verlieren, wenn sie nicht endlich wieder in eine eigene Wohnung ziehen könnte (Wir haben uns nämlich für die Zwischenzeit eine gemütliche Baracke unter einer Brücke gemietet). Schön, dann können Haruka-Papa und ich mal wieder Detektiv spielen und versuchen, Setsuna-Mamas Verstand aufzuspüren. So à la Toffifee-Werbung schleichen wir dann immer quer durch das Haus auf der Suche nach Geheimgängen, versunkenen Schätzen und verlorengegangenen Ringen.

Einmal hab' ich einen Stapel Videos entdeckt, in irgendso einem Geheimfach im Schrank. Da hat Haruka-Papa mich auf schleunigstem Wege auf den Spielplatz verfrachtet und gesagt, ich solle solange schaufeln, bis ich den Grund des Sandkastens entdecke. Zwei Stunden später hatte mich dann ein Suchtrupp aus dem Sand befreit. Haruka-Papa hatte vergessen, daß wir am Meer wohnen.
 

Inzwischen haben wir eine Interims-Wohnung gefunden. Ich habe sogar mein eigenes Zimmer. Das hatte Haruka-Papa mir versprochen, nachdem wir ja in der Baracke alle in einem Zimmer zusammen hausen mußten, obwohl das mich schätzungsweise weniger gestört hatte als sie... Nun gut, am Anfang, als Haruka-Papa mir das mit einem eigenen Zimmer sagte, hatte ich auch etwas überzogene Vorstellungen, aber davon muß man sich dann ja verabschieden...

Bei dem Zimmer handelt es sich um eine ehemalige Speisekammer, 'ne Steckdose gibt's nicht und elektrisches Licht auch nur indirekt, ich hab' so 'ne kleine Milchglasscheibe in der Tür, und wenn dann im Nebenraum das Licht brennt, dann... ja.

Haruka-Papa meinte, wenn alles glatt geht, könnten wir schon vor Weihnachten wieder in unser Haus ziehen. Um es noch etwas glatter gehen zu lassen, habe ich ihr Wasser vor das Bett gekippt und es gefrieren lassen. Jetzt hat Haruka-Papa das Steißbein verstaucht und kommt gar nicht mehr aus dem Bett - sehr zur Freude von Michiru-Mama.

In der Schule haben wir heute Klassenphotos gemacht. Sowohl Gruppenfotos als auch Portraits. Der Fotograf baute sich mit seiner Kamera vor mir auf und sagte mir, wie ich mich auf den Stuhl setzen sollte. Dann stellte er etwas an seinem Objektiv herum und winkte mit der Hand. "Huhu, hier kommt das Vögelchen", zwitscherte er.

"Passen Sie lieber auf ihre Blende und das Weitwinkelobjektiv auf, sonst ist Ihre Aufnahme im Arsch", wies ich ihn zurecht. Kurze Zeit später sah ich ihn heulend aus der Schule rennen.

Danach hatten wir Kunst. Wir sollten ein Haus mit Perspektive zeichnen. Ich habe es probiert. Es sah aus, als hätte ein schielender Architekt den Schuppen gebaut. Gleichzeitig hatten die Jungen im selben Raum wie wir Werken. Der Lehrer hatte ihnen aufgetragen, etwas aus Holz zu bauen. Keiichi, ein wurmliebender Verrückter, ging das sehr professionell an. Er lief die ganze Zeit im Raum herum, hat verschiedene Holzstücke mit einem Maßstab vermessen und dabei "So so" und "M-hm" gemurmelt. Keiichi bekommt garantiert eine Eins im Werken.
 

Halleluja, wir sind in unser Haus zurückgekehrt. Und das sogar recht pünktlich! Es sind noch zwei Wochen bis Weihnachten, und das Haus ist schon wieder komplett eingerichtet und wohnlich. Endlich kann ich auch wieder die Tür zu meinem Zimmer aufmachen ohne daß ich sofort an der gegenüberliegenden Wand stehe!

Heute haben wir Plätzchen gebacken. Paps backte schwarze Pfefferkuchenschweine. Sie ließ vier Bleche anbrennen. Ich sollte Mandelhäufchen auf Backoblaten häufeln, häufelte sie aber statt dessen in mich hinein. Setsuna-Mama wurde erst zu einem Häufchen Unglück und häufelte die Mandelhäufchen dann lieber selbst.

Wir haben gleich doppelt so viel wie sonst an Plätzchen fabriziert, weil wir an Weihnachten Besuch bekommen. Einmal von meiner Michiru-Oma und von meinem Setsuna-Onkel, der in den USA lebt.

Ich habe jetzt auch meine Wunschliste geschrieben. Diesmal habe ich mich von meiner bescheidenen Seite gezeigt. Es sind nur 56 Wünsche geworden. Letztes Jahr hatte ich 37 Wünsche und habe nur 13 bekommen. Diesmal hat das anders zu werden. Wenn ich 56 Geschenke haben will, bekomme ich auch 56 Geschenke. Ansonsten verhalte ich mich, wie es sich für eine fast erwachsene Frau gehört: ich werfe mich auf mein Bett und schreie, was das Zeug hält.

Ich weiß nur noch nicht, was ich Paps schenken soll. Die hat doch schon alles! Manchmal ist es mir wirklich ein Rätsel, wieso Michiru-Mama mit ihr zusammen ist. Allein schon die Tatsache, daß ich mir jedes Jahr zu ihrem Geburtstag und Weihnachten was Geschenkmäßiges überlegen müßte, würde mich mit dem Gedanken spielen lassen, ihr den Laufpaß zu geben... aber verstehe einer die Erwachsenen!

Vielleicht sollte ich es mal mit einem symbolischen Geschenk versuchen. Ein Radiergummi, den ich nicht mehr brauche, oder ein etwas abgenutzter Bleistift. Und Paps muß dann sagen, daß sie sich genau das gewünscht hat. Oder ein Gutschein. Wenn sie tatsächlich damit rechnet, daß dieser je eingelöst wird, steht sie gehörig aus dem Schlauch. Aber ich hab' mich dann bravourös aus der Affäre gezogen.
 

Ich eifere jetzt meinem Klapsen-Papa nach und bin unter die Wissenschaftler gegangen. Ich beschäftige mich mit Atomphysik. Für meine Experimente habe ich ein paar Materialien aus der Schule mitgehen lassen. Zuerst habe ich versucht, eine Atombombe zu bauen. Sehr zur Freude von Haruka-Papas Zweitwagen, ein Ferrari Maranello 500. Dann habe ich eine Rakete gebastelt, wobei ich das Ex-Armaturenbrett des Ex-Ferraris verwendet habe.

Ich habe eine Barbie von mir daran gebunden und die Rakete dann gezündet. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon die Schlagzeilen: "Erste Barbie im Weltall".

Leider kam es nicht dazu. Fünf Meter über unserem Haus gab es ein Problem mit dem achten Sauerstofftank. Zum Glück kann es durch das Loch im Dach ja nicht hineinregnen. Es schneit ja nur den ganzen Tag.

Aber das mit der Rakete hat mich auf eine andere Idee gebracht. Ich besorgte mir vier Dutzend Feuerwerksraketen. Zu diesem Zweck hab ich mir Stöckelschuhe, Make-Up, Netzstrümpfe, Hot-Pants, Haarspray, Nagellack und ein hautenges Top von Michiru-Mama ausgeliehen, um älter zu wirken. Das Zeug hat sie nie wieder gesehen.

Die Raketen habe ich dann auf ganz tolle Weise in Paps' Ferrari 512 M eingebaut, um diesen schneller zu machen. Als Haruka-Papa den Zündschlüssel umdrehte, flog ihr der ganze Motor weg. Er bat kurze Zeit später um die Landeerlaubnis am Tokyoter Flughafen.

Daraufhin hat Haruka-Papa mir verboten, mich mit Atomphysik zu beschäftigen. Daher lerne ich jetzt alles über Säuren und Basen in der Chemie. Wenn ich am Schreibtisch sitze, kann ich jetzt sogar meine Füße sehen.
 

Im Radio hab' ich demletzt gehört, Weihnachten käme mit schnellen Schritten heran. Deshalb hab ich mich heute Nacht auf die Straße gestellt, um Weihnachten zu suchen. Plötzlich fuhr ein Christbaum an mir vorbei. Ob das wohl Weihnachten war?

Gestern ist endlich mein Onkel Takeshi aus den USA angereist. Er muß ziemlich berühmt sein, denn nach ihm ist ein Schloß benannt worden. Im "Takeshi's Castle" werden jetzt so komische Actionspiele abgehalten.

Onkel Takeshi ist cool. Er hat massenhaft Gel in den Haaren, läuft auch im Winter mit Sonnenbrille rum, trägt Cowboy-Stiefel und ist Diabetiker. Von Beruf ist er Computer-Spezialist. Haruka-Papa ist auch Computer-Spezialist. Sie hat sich darauf spezialisiert, meinen Computer zum Abstürzen zu bringen.

Onkel Takeshi hat mir angeboten, meine CD-ROMs zu cracken. Setsuna-Mama ist ihm fast an die Gurgel gesprungen und hat ihn gefragt, was ihm einfallen würde, ein armes, unschuldiges Kind, wie ich es bin, zu Drogen zu verführen. Dann hat Onkel Takeshi ihr empört erklärt, daß es sich beim Cracken nur darum handelt, CD-ROMs komplett auf Festplatte zu überspielen, damit die CDs überflüssig werden.

Aber, um ehrlich zu sein, bin ich ja voll auf'm Trip... es hat bei einer harmlosen Party angefangen... ich wollte es ja zuerst nicht... aber dann hab' ich's doch getan... ich war voll high... ich dachte eigentlich, es wäre zu heavy... aber es war gigantisch... dann hab' ich's ein paar Tage später nochmal genommen... und gestern dann noch einmal... ich habe ein dickes, ganz dickes, fettes Mettwurstbrötchen gegessen! Ich wollte es nicht, und ich kann es keinem empfehlen, aber es waren Zwiebeln drauf... und es war ein ganzes Tablett... und dann war gar nichts mehr da auf dem Tablett... und dann war das Tablett auch nicht mehr da.

Da fällt mir ein, demletzt habe ich vier Aprikosen mit Schale gegessen. Michiru-Mama hat daraufhin ganz aufgeregt beim Arzt angerufen und ihm das erzählt. Der Arzt hat sie beruhigt und gemeint, das wäre nicht schlimm. Ob denn die Schale gespritzt gewesen wäre, wollte er nur wissen. Michiru-Mama meinte, das wisse sie nicht, aber sie sei aus Porzellan gewesen. Da hat der Arzt einen Herzinfarkt bekommen.

Haruka-Papa hat mir jetzt auch das Experimentieren mit Säuren verboten und mir einen neuen Tisch gekauft. Jetzt beschäftige ich mich mit Genetik und kreuze fröhlich alles, was meinen Weg kreuzt. Zum Beispiel einen stinkenden, alten Käse und einen Bumerang. Das ergab einen Gestank, den wir bis jetzt noch nicht losgeworden sind. Oder einen Regenwurm und einen Igel. Jetzt haben wir einen Stacheldrahtzaun um unser Haus gezogen. Meine letzte Kreuzung war die eines Känguruhs und eines Elefanten. Unsere Nachbarn waren platt.
 

Juhu, in zwei Tagen ist Weihnachten. Gestern haben wir Besuch von Oma Misato bekommen. Sie kann Onkel Takeshi nicht besonders leiden. Onkel Takeshi ging sofort zum Angriff über und war den ganzen Abend über die Freundlichkeit in Person. Oma kochte fast vor Wut.

Oma bleibt bis Neujahr. Sie meinte, sie habe nur das Nötigste mitgenommen. Nachdem Paps keuchend uns stöhnend die fünf überdimensionalen Riesenkoffer in das zweites Gästezimmer - das erste belegt Onkel Takeshi - geschleppt hatte, half ich Oma beim Auspacken. Sie war sehr erfreut darüber und sagte zu mir: "Dafür erhältst du jetzt auch diesen nigelnagelneuen, knitterfreien 100 Yen-Schein." Ich nahm ihn entgegen, erwiderte aber noch höflich: "Das wäre doch nicht nötig gewesen, Oma Misato. Ein alter, verdreckter, verknitterter 10 000 Yen-Schein hätte es doch auch getan." Daraufhin schnaubte sie etwas von "verwöhntes Kind" und "alles Harukas Schuld".

Haruka-Papa hat sich auf den Besuch gründlich vorbereitet. Sie hat sämtliche Bücher über Krampfadern, Rheuma und Blutstau in den Knien gelesen, damit sie beim Essen auch Gesprächsstoff besitzt. Als Oma uns das letzte Mal besucht hatte, hatte sie nämlich immer von ihrem Blutstau in den Knien erzählt. Als Paps fragte, was das sei, antwortete Oma, daß sich Blut hinter ihren Kniescheiben sammelte. Ich murmelte "Guten Appetit" und stocherte in meinem Steak herum.

Oma Misato hat sich über den Gestank in ihrem Zimmer beschwert. Der Bumerang-Effekt. Als ich das Fenster aufmachte, um den Gestank endlich zu vertreiben, sagte sie, ich solle das Fenster wieder zumachen, draußen sei es so kalt. Ich glaube kaum, daß es davon draußen wärmer geworden wäre...

Apropos warm. Wir haben heute morgen noch vor dem Frühstück draußen im Garten eine Schneeballschlacht gemacht. Onkel Takeshi pfefferte Michiru-Mama einen Schneeball mitten ins Gesicht. Diese blieb ganz cool, schloß sich mit Haruka-Papa zusammen und heizte Onkel Takeshi heftig ein. Ein Querschläger traf Setsuna-Mama. Diese warf wutentbrannt einen Schneeball nach Paps, die sich aber rechtzeitig hinter Oma Misato geflüchtet hatte.

Anschließend wollten wir frühstücken. Plötzlich, die Kaffeekanne war schon leer, stellten wir fest, daß wir auf dem Weg nach drinnen Haruka-Papa und Michiru-Mama verloren hatten. Wir starteten eine Suchaktion. Ich fragte Setsuna-Mama, ob wir nicht die Polizei alarmieren sollten. Sie meinte jedoch, das ich übertreiben würde. Hey, ich hab' mir echte Sorgen gemacht!

Onkel Takeshi hat die beiden dann gefunden. Sie hatten scheinbar den Weg zurück zum Haus nicht gefunden, denn sie hockten hinter einer Schneewehe und versuchten, sich gegenseitig zu wärmen. Ich stelle schockiert fest, daß a) unser Garten zu groß ist und b) meine Eltern unter Alzheimer leiden. Vielleicht sollte ich mir ein Schild umhängen, damit sie meinen Namen nicht vergessen.

Letztens habe ich ein Schild gesehen. Darauf stand: "Alzheimer-Selbsthilfegruppe. Telefon: 0190-83 83 83." Mensch, bis die Leute, die das angeht, zu Hause sind, haben die das doch wieder vergessen!

Und direkt daneben: "Analphabeten-Selbsthilfegruppe." Das können die doch gar nicht lesen!

Es gibt ja immer noch Leute, die behaupten, es gäbe keine Geister und Zombies. Aber die sind im Unrecht. Und ich kann es beweisen. Bei uns im Haus leben nämlich welche. Immer wenn ich nachts mal auf Toilette muß, höre ich aus Michiru-Mamas und Haruka-Papas Zimmer geisterhaftes Gestöhne. Und Leute, die nicht an Zombies glauben, sollten morgens mal Setsuna-Mama sehen. Sie ist totenbleich und hat Ringe unter den Augen. Hängt das wohl damit zusammen, daß ihr Zimmer direkt neben dem von Michiru-Mama und Haruka-Papa liegt?
 

Endlich ist Weihnachten!!! Ich habe auch endlich ein Geschenk für Paps gefunden. Die zündende Idee hatte ich ja bereits, als Haruka-Papas Motorhaube weggeflogen war. Ausgearbeitet habe ich sie aber erst, als mir auch die Genetik verboten worden war und ich zur Technik überwechselte. Zuerst habe ich ein Gute-Nacht-Gerät gebastelt. Es erwies sich aber leider als völlig nutzlos. Es tanzte Rumba und fing dabei Fliegen. Dann wollte ich einen Disc-Man entwickeln lassen, der jedes beliebige Musikstück auf nur einen Ton reduziert. Nachdem das Photo-Labor sich geweigert hatte, ging ich das Vorhaben selber an.

Als ich das gute Stück Setsuna-Mama stolz präsentierte, verlangte sie eine Demonstration. Ich drückte also auf Play. Im selben Moment explodierte das Ding. Als sie leicht gerö(s)tet fragte, was das gewesen sei, antwortete ich: "Beethovens Neunte", und suchte schleunigst das Weite.

Setsuna-Mama habe ich einen Pulswärmer gehäkelt, und Michiru-Mama bekommt einen echt fetzigen selbstgestalteten Kalender. Onkel Takeshi kriegt ein zusammengeleimtes Modell von Takeshi's Castle. Leider klebt etwas Stoff dran. Ich hab's nicht mehr vom Teppich losbekommen. Oma Misato hab' ich ein Dart-Spiel mit Onkel Takeshis Bild drauf gebastelt.

Bin mal gespannt, was ich bekomme. Ein Geschenk habe ich heute morgen schon erhalten. Als Bestechung, damit ich mich wieder aus dem Schlafzimmer verzöge. Im Paket war ein Xylophon. Leider fehlt der wichtigste Ton, den ich brauche, um ein Lied zu Ende zu spielen. Als Ersatz nehme ich jetzt einfach eine Krähe.

Als ich demletzt in einem Mathe-Buch für die höheren Jahrgangsstufen blätterte, fiel mir eine Formel für die Berechnung des Volumens eines Kegelstumpfes auf. Ich wollte das praktisch ausprobieren und säbelte unseren Christbaum in der Mitte durch. Das Ergebnis schwankte aber, da der Baum sich auch durch gutes Zureden nicht davon abhalten ließ, zu nadeln.

Als wir neulich im Einkaufscenter waren, schrie plötzlich jemand, daß sein Christstollen weg wäre. Haruka-Papa kratzte sich am Kopf und fragte: "Wer würde denn einen Christstollen stehlen?" Da meinte Setsuna-Mama: "Das wüßte ich auch gerne. Ich habe nämlich zu Hause noch einen vom letzten Jahr stehen."

Michiru-Mama sagt, daß Farben die Psyche beeinflussen, und daß ich nur deshalb bisher immer so oft krank war, weil ich soviel schwarz getragen habe. Also hat sie mich in weiße Strumpfhosen, weiße Socken, weiße Stiefel, eine weiße Hose, einen weißen Pullover, einen weißen Anorak, weiße Handschuhe und eine weiße Mütze gesteckt. (Um nicht alles neu kaufen zu müssen, hat sie einfach die Farbe aus meiner Kleidung gewaschen.) Dann schickte sie mich nach draußen zum Spielen in den Schnee. Als ich mich bückte, um einen Schneeball zu formen, wurde ich von einem Schneepflug überfahren.

Da fiel mir ein guter Witz ein. Ich fragte Michiru-Mama kurze Zeit später, was ein Schneemann und eine Schneefrau zusammen im Schnee veranstalten. Sie wußte es nicht. Die Lösung des Rätsels war "Schneetreiben". Als ich ihr das sagte, schickte sie mich auf mein Zimmer.

An dieser Stelle möchte ich etwas ernstere Töne anschlagen. Ich möchte von einer bedrohten Tierart berichten. Von einer speziellen Art der Läuse. Der Niko-Läuse (Nikus Lamus). Auch wenn es an zwei Tagen im Jahr, nämlich am 6. und am 24. 12., zu explosionsartigen Vermehrungen der Population kommt, sind die Nikoläuse die restlichen 363 Tage nur sehr, sehr selten anzutreffen. Helfen Sie diesen armen Geschöpfen Gottes. Spenden Sie unter http://www.niko@laus.jp. Danke.
 

La-la-laaa, La-la-laaa, La-la-la-la-laaa... (Gesungen auf die Melodie von "Jingle Bells")

Schade, Weihnachten ist schon vorbei. Wir haben gestern schön gefeiert. Der Höhepunkt war, als der Baum anfing zu brennen.

Ich habe ganz viele tolle schöne Geschenke bekommen. 90% waren leider Kleidungsstücke. Von Onkel Takeshi habe ich ein Survival-Set für die Tropen bekommen. Oma Misato hat mir eine sich drehende Baby-Born-Küche geschenkt. Sie hat gesagt, das sei für die kleine, perfekte Hausfrau. Die kleine perfekte Hausfrau hat erst einmal den piepsenden Herd in die Luft gejagt.

Meine Familie hat sich über meine Geschenke riesig gefreut. Onkel Takeshi hat leider Probleme, das Schloß-Monstrum in seinen Koffer zu bekommen. Und der Pulswärmer paßt leider nur auf Setsuna-Mamas kleinen Finger. Oma Misato hat ihr Dartspiel sofort ausprobiert. Man kann ihr Zimmer jetzt nicht mehr betreten, ohne Gefahr zu laufen, von Pfeilen durchbohrt zu werden.

Als ich Michiru-Mama den Kalender überreichte, fragte sie mich begeistert, wie lange ich denn schon mit den Füßen malen würde. Ich antwortete ihr, daß ich die Bilder nicht mit den Füßen gemalt, sondern ihr neues großes Bild aus dem Atelier in kleine Teile zerschnipselt und diese dann in den Kalender gekleistert hätte. Dann löste ich mich erst einmal mit dem Zauberkasten, den Paps mir geschenkt hat, in Luft auf.

Anschließend wollten wir gemütlich unser traditionelles Gans-Wettessen veranstalten. Dieses Jahr war ich für die Zubereitung des Essens zuständig. (Natürlich half Setsuna-Mama mir dabei.) Niemand hatte mir aber gesagt, daß ich die Gans töten muß, bevor ich sie in den Ofen schiebe. Daher rannte die Gans weg. Seltsam, daß mit der Gans auch unser ganses (kleiner Wortwitz mal so locker eingeflochten... na, aber eigentlich ist es eher ein Rohrkrepierer) Besteck verschwand. Plötzlich hörten wir eine Stimme wie aus dem Off: "Fehlt Ihnen in der Küche noch das ein oder andere zu Weihnachten? Bei IKEA finden Sie alles, was Sie brauchen. IKEA. Entdecke die Möglichkeiten."

Oma Misato war fest davon überzeugt, daß es sich hierbei um ein Attentat des schwedischen Geheimdienstes handelte und verschanzte sich hinter ihrem Korbsessel. Onkel Takeshi hingegen war total begeistert. Er meinte, in Amerika gäbe es so etwas nicht. Da würde ein Haus sofort in die Luft gesprengt.

Einige Zeit später fiel eine dicke, fette Schneeflocke an unserem Fenster vorbei. Setsuna-Mama regte sich bereits wieder auf, daß sie jetzt wieder Schnee schippen müsse, als plötzlich ein erstickter Aufschrei aus Paps' Arbeitszimmer kam. "Mein Computer ist abgestürzt!!!"

Wir fanden die Überreste verstreut im Garten.

Haruka-Papa weigert sich übrigens beharrlich, im Haushalt mitzuarbeiten. Als Setsuna-Mama sie heute bat, doch bitte das Geschirr zu schälen und die Möhren abzutrocknen, zog sie schnell den rechten Arm durch den linken Ärmel ihrer Jacke und sagte, sie habe zwei linke Hände. Setsuna-Mama verdrehte daraufhin die Augen und warf Paps aus der Küche. Diesen Moment nutzte ich, um in die Speisekammer zu schleichen und ein paar Plätzchen zu mopsen. Als ich jedoch die Schachtel öffnete, ging eine Alarmanlage los. Binnen weniger Sekunden stand meine ganze Familie in der Tür und sah mich strafend an. Michiru-Mama fragte mich, wo die ganzen Plätzchen geblieben seien. Ich deutete auf die Krähe in der Dose und sagte, daß diese sie gefressen hätte. Durch den Augenblick der Verwunderung konnte ich entwischen. Paps und ich lieferten uns eine heiße Verfolgungsjagd quer durch das Haus. Sie verlief nach Schema F des Türenlabyrinthes jedes besseren (oder schlechteren) Ami-Trickfilms: Beide in Tür 1 hinein, aus Tür 4 wieder heraus, in Tür 3 hinein, aus Tür 6 heraus, in Tür 5 hinein. Dann kommt einer aus Tür 7, der andere aus Tür 2, in die gegenüberliegende Tür hinein, dann der Verfolger aus Tür 5, der Verfolgte aus Tür 6. Beide stehen sich gegenüber, schreien sich an und kehren in ihre Türen zurück. Dann besinnt sich der Verfolger auf seine Aufgabe und jagt dem Verfolgten weiter hinterher. Irgendwann dann rennt der Verfolgte dem Verfolger hinterher usw. usf.

Schließlich verschanzte ich mich in der Trommel der Waschmaschine. Da hörte ich, wie Haruka-Papa Setsuna-Mama zurief, sie wolle ganz spontan die Wäsche waschen. Da gab ich ganz spontan auf.
 

Heute lief Michiru-Mama den ganzen Tag durch die Wohnung und sang eine stupide Melodie vor sich hin - auf "la, la, la". Nach einiger Zeit sagte Paps völlig entnervt zu Michiru-Mama, daß der Text so wenig abwechslungsreich sei. Ob sie da nicht was ändern könne. Michiru-Mama grinste und sang weiter - auf "no, no, no". Paps brach zusammen und wurde zu einem kleinen Häufchen Elend.

Dann versuchte ich mein Glück, baute mich vor meiner Pflegemama Nr. 2 auf und sagte: "Danke, Noo-Noo." Sie erwiderte: "Lchschlurp." Dabei brachte sie es faszinierenderweise fertig, die Luft beim Reden nicht aus-, sondern einzuatmen. Anschließend ging sie an mir vorbei und sang immer noch weiter - diesmal auf "mi, mi, mi". Ich gab es auf.

Ich beschäftige mich jetzt mit Fremdsprachen. Momentan lerne ich Polnisch. Die Sprache klingt schon total geklaut. Zum Beispiel: "Flobbielääsche". Geschrieben wird das "W zlobie lezy". Da kommt doch kein A... Schwein drauf! Ich habe dann Haruka-Papa einen Vortrag über das Land an sich gehalten. Als ich sagte, bezahlt werde in Polen mit "Zloty", die in 100 "Grosze" unterteilt werden, meinte sie: "Ich habe immer gedacht, die Währung sei folgendermaßen: 1 Auto, 2 Autos, 3 Autos... und 1 Mercedes ist gleich 100 Skoda." Dann lachte sie so richtig schön herzhaft. Ich mußte seltsamerweise an ein Steak denken.

Letztens habe ich ein bißchen länger ferngesehen, als ich eigentlich durfte... na, aber diese vier Stunden... die muß man relativ sehen... das hab ich mir auch gesagt... ich hab' also nach Mitternacht ferngesehen... und da hat mich eine Werbung sehr fasziniert... aber so was von fasziniert, das muß man sich mal vorstellen! Da waren also zwei halbnackte Frauen, die sich auf einem... die haben auch kein Geld mehr, die Fernsehstudios... also auf einem einzigen Sessel räkelten und andauernd guckten, ob noch alles an ihnen dran war und der Salzgehalt ihrer Haut nicht zu hoch war... und dann sagte die linke... oder war es die rechte... aber die sahen sich ja sowieso so ähnlich... die hatten sich ja ohnehin schon inzwischen ineinander verknotet... aber das ist ja auch egal... also auf jeden Fall sagte die eine... mit weit aufgerissenem Mund... aber so was von aufgerissen, man hätte glauben können, die wollte die Kamera essen... also die sagte dann... unterstützt von den primitiven, gutturalen Lauten, die die andere ausstieß... oder war es doch die eine... also die sagte... ja, was sagte die doch gleich... oder war es die andere... also die sagte... aaaaaaaaahhhh... und sie sagte: "Bist du ein Mann mit Ausdauer?"... da warf die andere, um nicht in Vergessenheit zu geraten... also, die mußte wirklich Magenschmerzen gehabt haben, die stöhnte vielleicht... die warf dann wieder ein aaaaaahh ein... und dann sagte die eine... oder die andere... auf jeden Fall sagte die eine... oder die andere...: "Und stehst du auf lange Nummern? Dann wähle, ohne zu zögern: 0190 456 078 054 987 057 675 781 334 546 879 135 456 789 571 357 487 540 999 123 456 789 333 666 666."

Währenddessen mixte sich die eine... oder die andere... ein Getränk... könnte Zitronenlimonade gewesen sein...

Wow, dachte ich mir total benebelt und high und schmierte mir ein Mettwurstbrötchen mit Zwiebeln.

Da auch der Rest meiner Baby-Born-Küche bereits an Harfensaiten zupft (das Teil hat plötzlich angefangen, sich so schnell wie ein Rotor zu drehen und ist aus dem Fenster geflogen), hat sich Setsuna-Mama bereit erklärt, mir in der richtigen Küche kochen beizubringen. Als erstes machten wir Karpfen "Sacre Bleu". Sie sagte: "Um den Karpfen richtig zuzubereiten, müssen wir auf zwei Dinge achten: Erstens, der Fisch darf nicht mehr lebendig sein, und zweitens..." Dabei schlug sie den in Zeitungspapier eingewickelten Fisch kräftig auf den Tisch. "...zweitens sollte der Fisch nach Möglichkeit tot sein."

Ich nickte fasziniert über die Genialität, die meine Pflegemama Nr. 1 an den Tag legte. Dieser Unterschied, oder besser, diese Problematik der Haute Cuisine war mir in so einer Schärfe noch nie dargelegt worden.
 

So, es ist der erste Tag im neuen Jahr. Ich habe einige gute Vorsätze für das neue Jahr gefaßt. Zum Beispiel, daß ich mehr im Haushalt helfen werde. Als ich das heute allerdings in die Tat umsetzte und beim Abtrocknen aus Versehen drei Teller zerdepperte, durfte ich das aus meiner Liste wieder streichen.

Unsere Silvesterfeier war ein ähnlich großer Erfolg wie unser Versuch, Weihnachten zu feiern. Zuerst fuhren wir ganz traditionell zu einem Tempel. Als ich aber dann mit einem China-Böller Klasse A fast die gesamte Anlage

in die Luft gejagt hätte, machten wir uns schnell aus dem Staub.

Wir landeten auf einer mehr oder weniger öffentlichen Veranstaltung (Haruka-Papa schleuste uns durch die Hintertür ein), in der es sehr, sehr fröhlich zuging. Feuchtfröhlich, um genau zu sein. Sehr zu meinem Mißfallen. Nein, nicht, was Sie jetzt denken. Es gab nur Alkohol und Milch.

Paps hielt sich an die Milch, weil sie uns ja noch nach Hause fahren mußte, ganz im Gegensatz zu Michiru-Mama. Die kippte fröhlich, was das Zeug hielt... Wein, Champagner, Feigling, auch kleine, Wodka, Bacardi, Sektbowle, Sekt ohne Bowle, Sekt ohne Glas, also direkt aus der Flasche... Setsuna-Mama hingegen beschäftigte sich damit, mich von der Bowle und vom (Satanarchäolügenialkohöllischen) Punsch wegzuscheuchen. Onkel Takeshi beteiligte sich an Michiru-Mamas Trinkgelage, und Oma Misato stöhnte die ganze Zeit über ihr Rheuma und ihren letzten Bandscheibenvorfall.

Kurz vor Mitternacht verließen wir dann die Party, um bei uns im Garten noch ein paar Böller zu zünden. Auf der halben Strecke wurden wir von der Polizei angehalten, die "nur eine Routinekontrolle" durchführen wollte. Sie ließen uns aus dem Wagen aussteigen und über einen Kreidestrich laufen. Paps zuckte mit den Schultern und meisterte die Prüfung mit Bravour. Michiru-Mama hingegen kippte sofort um.

Endlich zu Hause angekommen, begaben wir uns in den Garten, wo ich am Nachmittag bereits mit Onkel Takeshi die Raketen aufgebaut hatte. Da diese dummen Dinger aber immer aus den Flaschen kippen wollten, hatte ich in die Flaschenhälse etwas Wachs gestopft.

Leider fiel mir das erst in dem Moment ein, als Haruka-Papa mit einem "Und jetzt alle mal aufgepaßt" die Lunten anzündete. Es war ein rasanter Erfolg. Die Flaschen flogen alle mit in den Himmel. Das erinnerte mich an meine Barbie-Versuche. Ich frage mich nur, wo die Flaschen wohl gelandet sein mögen...

Dann machten wir noch Bleigießen. Ich habe aus Versehen den Löffel mit geschmolzen. Ich erhielt einen Mops. Seltsamerweise stand in der Deutung, ich würde gesundes Haar bekommen.

Oma Misato hat uns heute wieder verlassen. Ich glaube, sie kann Onkel Takeshi immer noch nicht leiden. Zumindest hat sie ihm bei der Verabschiedung beinahe die Hand zerquetscht.

Michiru-Mama war ganz geknickt, daß ihre Mutter schon wieder abreiste. Sie sagte das immer wieder, und so sah sie auch aus. Irgendwann ging ich zu ihr und sagte: "Ich kann das nicht mit ansehen, so geknickt... nimm doch bitte den Hosenknopf aus dem Knopfloch deiner Bluse."

Onkel Takeshi bleibt übrigens noch eine Woche, bis zu meinem Geburtstag. Möchte bloß wissen, was er mir diesmal schenkt. Vielleicht ja eine Bauanleitung "Wie baue ich mir ein Iglu"?
 

Ta-ta-taaaaahh! (Dramatische Musik) PASSIERT!!!

Guten Tag. Mein Name tut nichts zur Sache, und das ist passiert:

Schockierend: Hotaru Tomoe hat morgen Geburtstag.

Schockierender: Sie hat bisher noch keine Wunschliste geschrieben.

Am Schockierendsten: Heute ist Sonntag. Die Geschäfte sind geschlossen.

Der ultimative Schock: Die Eltern des armen, kleinen Mädchens tun so, als wüßten sie von nichts, und am Allerwenigsten von einem Geburtstag.

Als die junge Hotaru Tomoe an diesem Morgen ihr Bett verließ, ahnte sie noch nicht, welcher Schock sie heute erwarten würde. Doch dann fiel wie durch Zufall ihr Blick auf den Kalender, und da fiel es ihr wie Schuppen aus den Haaren. Sie hatte am nächsten Tag Geburtstag. Und das Schlimme war, keiner wußte es. Nicht einmal ihre Eltern.

Wird das Mädchen seinen Seelenfrieden finden? Wird es seinen Geburtstag fröhlich feiern können, oder wird der schönste Tag in ihrem Jahr zu einem einzigen Desaster? Die Antworten erhalten sie nach der Werbung. Bleiben Sie dran.

Ta-ta-taaaaahh! (Dramatische Musik) PASSIERT!!!

(Meditative Musik) Dieser totale Schrott wird Ihnen von "Ihr persönliches Horoskop" angedreht.

Heute: Skorpion. Ihre Gefühle stehen momentan im 8. Haus des Wassermanns, zweite Etage, dritte Tür links, bitte zweimal klingeln, sonst macht keiner auf.

Gestern hat meine Familie versucht, Musik zu machen. Michiru-Mama spielte Geige, Haruka-Papa E-Gitarre (Sie hat sich eine neue gekauft, eine Yamaha GPZ 500 R mit wunderschönem Translucent Finish, welches bereits einige Kratzer hat, weil ich mit einem Schraubenzieher getestet habe, ob es hält), Onkel Takeshi versuchte sich am Akkordeon und Setsuna-Mama schlug den Takt. Und Haruka-Papa und Onkel Takeshi. Nach einer heftigen Auseinandersetzung (Haruka-Papa wollte Hardrock spielen, Onkel Takeshi war für Klezmer und Michiru-Mama beharrte auf Klassik) gaben sie ihr Vorhaben dann auf und spielten Tabu.

Letztens habe ich im Fernsehen eine deutsche Talkshow mit japanischen Untertiteln gesehen. Es war sehr interessant, doch immer dann, wenn der Talkmaster anfing zu labern, waren die Zeichen total krude zusammengesetzt. Entweder lag das am Talkmaster oder am Übersetzer. Und dieses komische "A-O", immer dann, wenn Ricky im Bild erschien, habe ich auch nicht verstanden. Aber das Thema war spitze: Es hieß: "Ricky, ich will meinen Namen ändern!" Als der erste Gast eintrat, fragte Ricky: "Harald, warum tust du hier sein wollen?" Harald antwortete: "Ricky, ich will meinen Namen ändern!" Ricky sagte: "Wie du denn heißen?" Harald: "Harald." Ricky: "Nein, wie du weiter am heißen sein?" Harald: "Ziehts." Ricky: "Aber das schöner Name am sein tun." Harald: "Ja, aber immer wenn ich am Telefon sage "Hier Ziehts", sagen die anderen, "Dann machen sie doch das Fenster zu!"!"

Dann wurde Werbung eingeblendet: "DuschDem. Für die wo Schwierigkeiten haben mit das Grammatik tun!"

Der nächste Gast stellte sich als Harold Brennts vor. Auf die Frage, was er wolle, sagte er: "Ricky, ich will meinen Namen ändern!" Ricky machte ein betroffenes Gesicht und meinte: "Das schlimmes Zufall sein, ich vorhin haben hatte Gast auch hat Namen ändern am sein wollen." Harold erwiderte: "Aber bei mir ist das Problem akut!" Ricky starrte ihn an und sagte: "Bei dir ist kaputt? Dann du nehmen Tesafilm am besten sein tun. Aber nun, wie heißen du so schlimm du wollen Namen ändern sein müssen?" Harold sagte: "Ich heiße Brennts. Und immer, wenn ich mich am Telefon melde, mit "Hier Brennts", sagen die anderen, "Dann rufen sie doch um Himmels Willen die Feuerwehr!"!"

Ich finde es immer wieder faszinierend, welche weltbewegenden Probleme in Deutschland publik gemacht werden... da könnten wir uns glatt eine Scheibe von abschneiden... das wollte Setsuna-Mama demletzt übrigens auch mit der Krähe machen, die sich an den eingemachten Früchten gütlich tun wollte. Sie floh im letzten Moment und baute ein Nest auf Haruka-Papas Kopf. Also die Krähe, meine ich jetzt.
 

Jaaaa, toll, gestern war mein Geburtstag. Nicht, das ich was gegen die "Takeshi's Castle"-Eintrittskarten gehabt hätte (auch wenn ich zuerst testen wollte, ob sie feuerfest sind), und der Geburtstag an sich war wirklich schön, nur der Abend... ich meine, wenn meine Eltern sich an meinem Geburtstag zusaufen wollen, bitteschön, da halte ich sie nicht von ab... ich habe auch nicht auf den Teppich gekotzt... ich mach' das auch nicht weg...

Als ich irgendwann völlig aufgelöst "Und das an meinem Geburtstag" seufzte, reagierte zunächst kein Schwein. Ich wiederholte diesen Satz noch ein paar Mal, bis Setsuna-Mama sich meiner erbarmte und mich mit einem Yes-Torty mit Kerze und "Happy Birthday" überraschen wollte. Leider fand sie nur noch ein Kitekat. Ich sagte ihr, daß ich nicht auf Katzenfutter stehen würde. Da wischte sie das e weg. Als sie dann aber versuchte, eine Kerze auf das KitKat zu stecken, brach der Schokoriegel in der Mitte durch. Plötzlich blieb die Zeit stehen.

Nachdem Setsuna-Mama uns wieder aufgetaut hatte, wollte ich erst einmal aus der Mikrowelle raus. Anschließend setzten wir uns um den Tisch und spielten Tabu.

Setsuna-Mama mußte "Krähe" beschreiben. Sie sagte: "Das nervt mich schon die ganze Zeit." Ich drückte auf den Quicker. "Zeit" war nicht erlaubt.

Dann war Michiru-Mama dran. Sie erwischte "Sexappeal". Sie versuchte es folgendermaßen: "Laguna nennt es Sechsappel."

Haruka-Papa kratzte sich am Kopf.

"Du sagst, ich hätte es."

Paps überlegte angestrengt. "Begabung?"

"Nein, es hat mehr mit... Bienchen... und Blümchen zu tun."

"Bestäubung? Nektar? Mendel? Vererbungslehre? Biene Maja? Erster Anime in Deutschland? Sailor Moon?"

Michiru-Mama raufte sich derweil die Haare. "Es geht nicht um Hotaru."

"Sexappeal!" strahlte Haruka-Papa.

Michiru-Mama hüpfte vor Freude auf und ab und fiel Paps um den Hals. Dann fiel ihnen auf, das die Zeit bereits vor zwei Minuten abgelaufen war.

Nachdem wir genug mehrfach tabuisiertes Gebiet betreten hatten, durfte ich zur Feier des Tages ein Glas Sekt trinken. Ich ließ es mir noch mal durch den Kopf gehen. Dann ruhte ich mich über dem Lokus aus.

Apropos Lokus, ich lerne jetzt Latein. Ganz toll finde ich das Wort für Kopf: Caput. Um mir die Wörter besser merken zu können, visualisiere ich sie. Also habe ich auf Haruka-Papas Kopf gezeigt und "Caput" gesagt. Setsuna-Mama kippte vor Lachen um. Paps hingegen drohte mir mit Enterbung.

Zum Abschluß des Abends sahen wir uns noch ein paar Kindervideos von mir an. Eines zeigte Michiru-Mama, die mich als kleines Kind auf dem Arm hielt. "Hotaru kann schon ganz toll rechnen", sagte sie mit leuchtenden Augen (lag das an den Scheinwerfern oder kam das von innen?). "Hotaru-Schatz, wieviel ist zwei plus zwei?" Meiner einer sagte damals: "Sieben." Das hielt Michiru-Mama nicht davon ab, weiter zu strahlen: "Siehst du, nur um eins verrechnet!"

Da drückte Michiru-Mama auf den Aus-Knopf. "Sieh nicht so einen Schund, Kind", sagte sie strafend. Setsuna-Mama ließ vor Lachen zwei Teller fallen. Und Michiru-Mama drohte mir ebenfalls mit Enterbung. Mir scheint, Setsuna-Mama ist die einzige in meiner Familie, die Spaß versteht. Außer mir natürlich. Und der Krähe.
 

Heute sind zwei Inhalte meines Lebens aus unserem Haushalt verschwunden: Die Krähe und ihr Nest. Ein dramatischer Punkt dieser Tatsache: Ich kann auf meinem Xylophon mein Lieblingslied nicht mehr spielen.

Ach so, ja, außerdem ist Onkel Takeshi zurück in die USA gereist - und hat Michiru-Mama gleich mitgenommen. Na ja, nicht direkt, er hatte sie nicht in seinen Koffer gestopft, aber Michiru-Mama macht eine Konzerttournee durch die USA, und zufällig haben sie denselben Flieger gebucht.

Es ist sehr leer geworden in unserem Haus. Sie fehlen mir sehr. Ich bin so deprimiert, das ich ein Gedicht geschrieben habe. Es heißt "Melosine". Das kommt von Melodram und nicht von Melone, wie meine geistig etwas minderbemittelte Papa glaubte. Nachdem sie das gesagt hatte, lachte sie so richtig schön gackernd. Ich bekam plötzlich Heißhunger auf Hähnchenschenkel.

Aber jetzt das Gedicht.

Melosine

Kräwehl, kräwehl

Taubtrübes Nest am Musenhain

Taubtrüber Hain am Musennest

Kräwehl, kräwehl

Ich halte es für ein Meisterwerk der modernen japanischen Literatur. Könnte ein Asbestseller werden.

Ich legte es Haruka-Papa vor und fragte sie, ob ich eventuell noch mehr Feuer in meine Gedichte legen sollte. Sie antwortete: "Nein, eher mehr Gedichte in das Feuer." Dann lachte sie so richtig schön... high. Ich schmierte mir ein Mettwurstbrötchen mit Zwiebeln.

Paps langweilt sich ohne Michiru-Mama jetzt schon so sehr, daß sie, kurz nachdem wir vom Flughafen zurückgekehrt waren, begann, im Wohnzimmer ihre Zeitungsbestände zu sichten und zu sortieren. Ich half ihr beim Sortieren und legte eine Spur zum Kamin.

Dann begann sie, die Zeitungen chronologisch zu lesen. Inzwischen ist sie bei der Fußball-WM '94 in den USA angelangt. Frage mich, wo das hinführen soll. Ich glaube, ins Kaminfeuer.

Setsuna-Mama ist froh darüber, daß das Haus leerer ist. Sie denkt, sie müsse jetzt weniger arbeiten. Denkt sie. DENKT SIE!!! Ich habe nämlich ausprobiert, was passiert, wenn man den Hebel am Staubsauger von "Saugen" auf "Blasen" stellt. Schließlich heißt es ja in der Werbung: Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur... saugen kann. Ich habe über das Ergebnis doch sehr gestaun(b)t.

Dummerweise war es soviel Staub, daß Setsuna-Mama spontan eine Stauballergie bekam. Na ja, zuerst dachten wir, es sei eine. Aber scheinbar hat sie sich erkältet, als sie dachte, es sei Sommer und im Bikini im Schnee spazieren ging. Auf jeden Fall ist sie jetzt krank und kommt überhaupt nicht mehr aus dem Bett raus. Sehr zur Freude von Haruka-Papa. Die darf nämlich jetzt staubsaugen.
 

Jetzt haben wir den endgültigen Beweis, daß Haruka-Papa im Haushalt nichts taugt. Erst hat sie den Salat anbrennen lassen. Dann versuchte sie, die Wäsche zu waschen. Es blieb bei dem Versuch.

Sie wundert sich jetzt noch, warum die Waschmaschine plötzlich übergelaufen ist. Sie meinte, sie habe doch alles befolgt, was auf der 82kg-Packung von "Schlonz" (wir haben sie geschenkt bekommen, nachdem der Clip im Kasten war) stand. Ich fragte sie, was genau sie getan habe. Sie erzählte es mir. Man muß es gehört haben.

Paps stand also vor der Waschmaschine und las sich die Anweisungen durch. "Pro Wäsche ein Becher Pulver", murmelte sie. Dann rechnete sie. "Wir haben etwa vierzig Wäschestücke, also..." sagte sie und kippte mit Hilfe eines Gabelstaplers die halbe Packung in die Maschine. Als ich sie fragte, ob sie die Menge wenigstens abgemessen habe, sagte sie nö. Eine Frau habe das im Gefühl. Das Gefühl konnte man nachher in der ganzen Wohnung sehen.

Gestern am frühen Abend wurde ich dann Zeuge eines interessanten Telefongesprächs. Michiru-Mama war an der Strippe. Und Haruka-Papa war am Stricken. Die Zeitungen hat sie nämlich inzwischen alle durch.

Paps warf einen kurzen Blick auf die Uhr und zog eine riesige geographische Tafel aus der Jackentasche, um zu errechnen, wieviel Uhr es zur Zeit in den USA war. Dabei mußte sie feststellen, daß es in den USA mehrere Zeitzonen gab. Sie fragte Michiru-Mama, wo sie zur Zeit sei.

"In Seattle."

"Da ist es jetzt aber doch Mitternacht."

"Schon, aber ich kann nicht schlafen."

"Was, du bist Schlaflos in Seattle?"

"Ja, Während du schliefst, habe ich schon einmal angerufen, aber da ist keiner drangegangen."

"Na ja, ich hatte heute einen schweren Tag, weißt du? Heute waren Vier Hochzeiten und ein Todesfall. Und das war einfach Two Much für mich. Plötzlich war ich überzeugt: Eins und Eins macht Vier, also ging ich mit Speed ins Rosenbett. Dann klingelte es, und ich dachte, es sei Mr. Nice Guy, daher gab ich mit meiner Pistole Hot Shots ab. Aber wie geht's dir eigentlich sonst so in Kalifornia?"

"Ich bin in Seattle."

"Oh."

"Ich hatte eigentlich eine E-Mail für dich abgeschickt, aber die scheint nicht angekommen zu sein."

"Die Matrix meines Computers ist zusammengebrochen. Aber dir geht's gut?"

"Ja, Besser geht's nicht."

"Ich wünschte, ich könnte per Backdraft zu dir fliegen."

"Wünschte ich mir auch - hier sind alle Verrückt nach Mary. Ich bin total Ungeküßt."

"Das ist auch gut so!!!"

"Keine Sorge, der Spion, der mich liebte ist Zurück in die Zukunft gekehrt. Und bald komme ich zurück, und dann stehen wir wieder Seite an Seite."

"Ich freu' mich drauf - Marvins Töchter haben zwar Zauberhafte Schwestern, aber Wenn der Postbote zweimal klingelt, dann kommen Die Vögel - und dann sind wir immer Vom Winde verweht."

Dann lachten beide so richtig schön kindisch. Ich rannte in die Küche und verdrückte zwei Scheiben Tubby-Toast. Als ich zurückkam, hatte Haruka-Papa das Telefonat beendet. Ich bekam einen Heulkrampf und schrie, daß ich auch hätte mit Michiru-Mama telefonieren wollen. Paps versuchte, mich zu beruhigen und schenkte mir etwas ganz besonderes: Sie zauberte aus einem Hut die Krähe hervor. Als ich fragte, ob das nicht eigentlich hätte ein Kaninchen sein sollen, schalt mich Haruka-Papa ein undankbares Kind und stopfte mir die Krähe auf den Arm. Ich war unheimlich begeistert über das Wiedersehen. Die Krähe auch. Sogar so sehr, daß sie sofort wieder ein Nest auf Haruka-Papas Kopf baute. Setsuna-Mama war weniger erfreut über den neuen alten Zuwachs. Sie wollte sich vom Dach stürzen. Leider war sie dazu zu schwach und fiel gleich beim Aufstehen zurück ins Bett. Sehr zur Freude von Haruka-Papa. Die darf nämlich jetzt abtrocknen.
 

Heute habe ich etwas desillusioniert in der Gegend herumgesessen. Ich dachte über meine Kindheit nach. Da fiel mir ein, daß Haruka-Papa mich immer in den Schlaf gesungen hatte. Sie hatte mich auf ihre Arme genommen und sacht hin und her gewiegt. Und dann hat sie (ETWAS gröhlend) gesungen: "Guten Aaaabend, gute Naaacht..." An Schlaf war nicht zu denken! Ganz toll war auch die Stelle: "Morgen früüüh, wenn Gott wiiiill, wirst du wiiieder gewääääckt... morgen früüüüüüüüüüüüüh", bei diesem Wort warf sie mich in die Höhe... einmal aus Versehen auch auf den Schrank, "wenn Gott wiiill, wirst du wiiieder gewääääckt!"

Und wenn der das vergißt? Das ist ein vielbeschäftigter Mann!!! Ich hab' nächtelang kein Auge zugetan!!!
 

Nachdem wir in einer feierlichen Bestattung im Kreise der Familie Paps' Computer zu Grabe getragen haben (Sie hätten das sehen müssen - Haruka-Papa ist in Tränen ausgebrochen, und Michiru-Mama mußte sie trösten. Stellen Sie sich das mal vor - oder besser, HEBEN Sie sich das mal vor!), der an akutem Absturz gestorben ist (Wir berichteten), hat Paps sich doch tatsächlich eine Neue zugelegt. Eine neue Tastatur zum neuen Computer, meine ich. Auf jeden Fall haben wir über die Vor- und Nachteile eines Microsoft Side Winder diskutiert. Um sie von meinem Standpunkt (ich vertrat die Pro-, sie die 7-Seite) zu überzeugen, schmierte ich ihr kräftig Honig um's Maul. Dann ging sie sich erst einmal waschen. Als sie zurückkam, erklärte sie mir, sie würde eine einfache Maus kaufen. Ich freute mich, denn ein Haustier hatte ich mir schon immer gewünscht - jetzt abgesehen von der Krähe.

Als Haruka-Papa die Maus jedoch auspackte, war ich doch sehr enttäuscht. Die Maus war rot-grün gestreift, sie quiekte nicht, ihre Ohren lagen flach am Körper an und klickten, wenn man darauf drückte, und sie roch nicht. Nicht einmal an mir, obwohl ich es ihr mehrfach ausdrücklich befohlen hatte. Ich wußte zwar, daß es schwer ist, Mäusen Tricks beizubringen, aber SO schwer, verdammt, nein...

Gegen Mittag hat mein liiiiebes Papilein (ich hab' die Hoffnung auf den Side Winder Pro noch nicht aufgegeben) zu mir gesagt, ich solle doch bitte nachsehen, ob Setsuna-Mama noch schlafe. Falls ja, solle ich sie doch bitte wecken, es gäbe Mittagessen. Sie hat Pizza bestellt.

"Weck' sie so, wie wir es bei dir immer gemacht haben - zärtlich und liebevoll", schärfte sie mir noch ein.

"Natürlich, Papa", sagte ich zärtlich und liebevoll. Dann ging ich nach oben. Ich riß die Tür auf und brüllte: "AUFSTEHEN!!!!!" Dabei übersah ich, daß Setsuna-Mama bereits aufgewacht war und sich gerade aus dem Bett erheben wollte. Vor Schreck versteinerte Setsuna-Mama (Ich fragte Paps, ob ich nicht eine tolle Skulptur von Setsuna-Mama hergestellt hätte - Paps fragte mich, ob es nicht eher Frankenstein sei...)und fiel zurück ins Bett. Sehr zur Freude von Haruka-Papa. Die darf nämlich jetzt aufräumen.
 

Michiru-Mama ist zurück! Wie heißt doch gleich das japanische Sprichwort: "Das Glück tritt gerne in ein Haus ein, wo gute Laune herrscht." Frage mich, warum Michiru-Mama dann zurückgekehrt ist... Obwohl, ob Michiru-Mama wirklich das Glück in persona ist, sei dahingestellt... (Ich hab's anschließend weggeräumt.)

Schließlich schickt sie mich immer weg, eine unmenschliche Aufgabe zu erfüllen. Ich muß... es ist so grausam, aber ich muß immer... das Leergut entsorgen. Ich weiß, die Flaschen können nichts dafür, aber... Friede ihrer Scherben.

Ich maaaaaag Flaschen. Zum Beispiel Haruka-Papa.

Und ich mag es unheimlich gern, wenn die Flaschen so schön im Container zersplattern. Einmal spritzte mir Blut entgegen. Ich sah in den Container. Ich sagte: "Oh." Dann sagte ich: "Entschuldigung."

Anschließend nahm ich die Beine in die Hand und fiel um.

Paps war total überglücklich über die Rückkehr von Michiru-Mama. Zur Feier des Tages wollte sie einen Sudelsalat machen. Sie kippte etwas Alkohol in den Nudelsalat. Den konnte dann man später nicht mehr essen. Also wollte sie einen neuen Salat machen. Da sie keine Spaghetti finden konnte, machte sie kurzerhand einen Kabelsalat.

Jetzt hat auch die Schule wieder begonnen. Als kleinen Einstieg sollten wir zu Hause ein Arbeitsblatt ausfüllen. Es ging dabei um Entdecker, Erfinder und Wissenschaftler. Leider nur die berühmten, weswegen ich in dieser Liste noch nicht vertreten bin. Aber ich bin unter die Schreiner gegangen, damit ich irgendwann einmal den Hobel-Preis gewinne.

Ich kam mit dem Arbeitsblatt nach Hause. Da ich kein Mu(s)s hatte, diese Aufgabe selber zu erledigen, nahm ich Konfitüre. Und Haruka-Papa. Ich stellte ihr die Fragen und hoffte, daß sie die richtigen Antworten wüßte. Immerhin hatte sie selber oft genug behauptet, in Geschichte immer "Eins" gestanden zu haben.

"Was entdeckte Kolumbus im Jahre 1492?"

"Baumkuchen", antwortete sie, ohne von ihrer Zeitung aufzusehen.

"Was fiel Isaac Newton auf den Kopf, so daß er das Prinzip der Schwerkraft entdeckte?"

"Baumkuchen", kam es hinter der Zeitung hervor.

"Wie heißt das Bild, mit dem Leonardo da Vinci weltberühmt geworden ist?"

"Baumkuchen", war die prompte Antwort.

"Wie hieß Albert Einstein mit Vornamen?"

"Baumkuchen", sagte sie.

"Und was entwickelte Otto Hahn?"

"Baumkuchen."

Frohgemut schrieb ich die Antworten auf. Wer hätte gedacht, daß Geschichte so einfach ist?

Setsuna-Mama ist übrigens wieder gesund. Aber als sie aufstand und das Chaos in der Wohnung sah, wäre sie beinahe wieder in Ohnmacht gefallen. Michiru-Mama sah mich strafend an und fragte mich, was ich denn jetzt schon wieder angestellt hätte. Als ich erwiderte, daß das Paps' Schuld sei, sagte sie, faule Ausreden würde sie nicht gelten lassen.

Da kullerten Tränchen meine weißen Wangen hinab. Mein Kinn bebte, und meine Hände zitterten, und Michiru-Mama sah Haruka-Papa an und sagte: "Haruka! Schäm Dich!"

Es ist schon toll, wenn man seine Eltern so im Schwitzkasten hat...
 

So eine Pleite! Alle Antworten waren falsch! Warum hat Haruka-Papa mir auch nicht gesagt, daß sie nur Hunger auf Baumkuchen hatte?! Und vor allem, als ich ihr dann vorwarf, sie hätte mir doch gesagt, sie habe in Geschichte immer "Eins" gestanden, sagte sie jupp. Sie wäre die Eins gewesen. Die einzige, die nie etwas gewußt habe. Ich heulte auf, ließ meine Schulmappe zu Boden fallen und rannte in mein Zimmer. Die einzige, die mich noch lieb hat, ist die Krähe. Alle anderen hassen mich. (Na ja, zumindest Haruka-Papa.)

Nach einer halben Stunde ging ich wieder nach unten, zog mir meinen Mantel über und warf mir Schuhe an. Dann ging ich zu Haruka-Papa, nahm die Krähe von ihrem Kopf und trat ihr feste gegen das Schienbein. Nun heulte sie auf und fragte mich weinerlich, was das denn solle. Ich brüllte sie an: "Mir reicht's! Ich trete aus!"

Anschließend verließ ich das Haus und verschanzte mich hinter der Hecke.

Zwei Stunden später gab ich auf und bestellte per Handy eine Pizza.

Als ich zurückkehrte, übte Michiru-Mama gerade Geige. Sie fiedelte aus Leibeskräften die Zigeunerweisen von Sarasate herunter. Währenddessen schnitzte Paps aus einem Stück Holz Heiligenfiguren. Michiru-Mama endete total fix und fertig und außer Atem und fragte Haruka-Papa: "Und, wie fandest du es? Das waren die Zigeunerweisen."

Da antwortete Haruka-Papa: "Zigeunerschnitzel wär' mir lieber." Ich habe noch nie jemanden gesehen, der fünf Zentimeter über dem Boden laufen kann...

Aber heute Nacht schien alles wieder in Ordnung zu sein. Als ich so gegen Mitternacht die Pizza verabschieden wollte, stolperte ich über die Krähe. Es war wahrscheinlich die Fuge des Schicksals (von Bach), daß ich genau vor Haruka-Papas und Michiru-Mamas Schlafzimmer landete. Von drinnen konnte ich eine Stimme hören, die da sagte: "Mon Cheri, du bist wundervoll." Ich nehme an, daß es Michiru-Mama war, denn kurz darauf sagte Haruka-Papa mampfend: "Ich mag das Zeug auch."
 

Mettwurstbrötchen in the morning... Mettwurstbrötchen late at night... Mettwurstbrötchen in the evening... Mettwurstbrötchen makes me feel alright! And if I'd ever be king and I'd get a crown it will surely be made of... Mettwurstbrötchen? Nee. Hm. Und was nu'? Ah! And if I'd ever be king and I'd get a... Flittchen... it will surely be made of... äh... Mettwurstbrittchen!

Oh mein Gott... ich glaube, für mich ist der Zug inzwischen wirklich abgefahren... ich meine, ich bin soweit, ich esse das Zeug bald pur! Da kann mir nicht einmal mehr das Ersatzwurst-Programm helfen!

Aber es gibt auch schöne Dinge im Leben. Zum Beispiel Krähen. Heute Morgen habe ich eine interessante Diskussion mit Haruka-Papa über dieses Thema geführt. Sie erklärte mir: "Krähen sind nie dort, wo man sie gebrauchen kann." Mit diesen Worten zog sie die Krähe aus ihrem Ausschnitt und warf sie über ihre Schulter hinweg. Das arme Tier.

Paps ist auf die bescheuerte Idee gekommen, in einem Eisloch zu fischen. Sie bewaffnete sich mit Angel, Käscher und Heizofen und machte sich auf den Weg zum Teich. Als ich nach ungefähr Stunden bei ihr vorbei sah, saß sie unbeweglich am selben Fleck. Ich schielte über ihre Schulter und fragte: "Angelst du?" Sie antwortete: "Nein, ich ersaufe die Würmer." Dann lachte sie so richtig schön feurig. Ich lief nach Hause und machte mir eine große Portion Chili con carne in der Mikrowelle heiß.

In vier Tagen ist Haruka-Papas Geburtstag. Ich überlege noch, was ich ihr schenken soll. Vielleicht schenke ich ihr eine kostenlose Reparatur ihres Disc-Mans, der beim ersten Versuch, ihn zu starten, in die Luft geflogen ist...

Paps' Eislochfisch-Idee hat mich dazu gebracht, jetzt finnisch zu lernen. Eine tolle Sprache. Zum Beispiel das Wort für Notfall: Hättäta Pauxja. (Oder so ähnlich.) Bis das einer, der über Bord gefallen ist, ausgesprochen hat, haben ihn doch schon längst die Haie gefressen! Oder wenn man Guten Appetit sagen will, hört sich das ungefähr so an: Hyvää Ruokahalua. Das klingt doch schon total besoffen! (Abdafür!)

Gegen Abend muß ich wohl etwas ausfallend geworden sein, denn plötzlich stand Haruka-Papa drohend vor mir und sagte mit zornesgefüllter Stimme: "Ab auf dein Zimmer!"

Ich wurde sehr kleinlaut und schlich nach oben. Nach einer Viertelstunde kam Paps rein, mit gramverzerrtem Gesicht, als wolle sie sich entschuldigen - und erwischte mich dabei, wie ich am Computer ein paar Sowjets fertig machte ("Ja, Sir. Ich bin bereits unterwegs. In der Tat. Natürlich."). Da wurde ihr Gesichtsausdruck wieder hart. Härter. Noch härter. Härter als das Gesicht von Zeldi... Zelgi... Zelgadas... Zel... gi... Also von dem Kerl aus Slayers halt. So hart, daß ich befürchtete, sie morgen im Garten als Statue ausstellen zu können. Dann trat sie auf mich zu, packte mich am Kragen und brüllte: "Wie zum Donner..."

"Zum Teufel", sagte ich ruhig.

"Bitte was?!"

"Bei spontanen Wutausbrüchen sagt man "Zum Teufel", verstehst du?" erklärte ich ihr gelassen.

"Also... Wie zum Teufel..."

"Zum Donner."

"Was zum Henker...?!"

"Das geht auch."

Sie ließ mich los und sank zu Boden. Einem kleinen Häufchen Elend gleich (Ich glaube, ich habe heute meine poetische Phase) wimmerte sie: "Wie... was... wo... wie... wie hast du das Level in der unterirdischen Waffenfabrik der Sowjets geschafft?!"

Ich zuckte mit den Schultern. Auf meinem Gesicht breitete sich ein verklärtes Grinsen aus. "Tja..." meinte ich unbestimmt. Dann schlug ich ihr ein Netzwerk-Geplänkel vor. Es wurde ein Bombenerfolg. Ein BOMBENerfolg, Sie verstehen?

Ich glaube, im Moment heult sie sich bei Setsuna-Mama aus - woraufhin Michiru-Mama Migräne bekommen hat. Migräne sind Kopfschmerzen, auch wenn man keine hat.
 

Häääpi Börsdäi tuh juuuuh... Häääppi Bööörsdäi tuh juh... Haruka-Papa hat heute Geburtstag! Zur Feier gehen wir essen. Paps lädt uns alle ein.

Heute Morgen haben sich unsere sämtlichen Nachbarn vor unserem Haus versammelt, um Haruka-Papa zu gratulieren. Die scheinen aber etwas mißverstanden zu haben, denn sie gratulierten alle zum Hochzeitstag. Nein, das ist kein Witz. Wirklich. Sie brauchen nicht zu lachen. Ich verstehe es selber nicht. Nein, ich habe damit nichts zu tun. Das war kein Joke. Das haben die wirklich gesagt. Ehrlich, sie brauchen wirklich nicht zu lachen. Das ist nicht lustig. Das war höchst dramatisch. Michiru-Mama hätte Paps fast verlassen deswegen. Wirklich. Kein Witz. Nicht lachen. Das ist mein Ernst. Und mein Hans. Das ist der mit der Kappe.

Bereits das Frühstück begann sehr geburtstäglich. Zur Feier des Tages saß Haruka-Papa mal nicht am Tisch und las die Morgenzeitung. Sie las das Abendblatt. Das hatte sie am Abend zuvor nicht mehr geschafft. Michiru-Mama saß etwas gelangweilt daneben und rührte bereits den fünften Löffel Zucker in den Kaffee. Irgendwann seufzte sie. "Du redest nicht mehr mit mir."

Paps verdrehte die Augen. "Nimm ein Stück von der Zeitung."

Michiru-Mama blätterte in der Zeitung und riß sie förmlich auseinander. "Das ist nicht dasselbe."

Paps schwieg.

"Nicht dasselbe!"

Immer noch schwieg Haruka-Papa.

Notgedrungen las auch Michiru-Mama in der Zeitung. Plötzlich begann sie zu lachen. "Hör mal!" stieß sie Paps an. "Ein Patient aus dem Krankenhaus in Jubangai sollte im 9. Stockwerk in den Fahrstuhl geschoben werden. Obwohl sich die Türen öffneten, befand sich der Fahrstuhl im 10. Stock. Der Patient stürzte mit dem Bett 10 Stockwerke in den Keller hinab, wo er auf dem Parkplatz stehen blieb. Dies soll bereits der dritte Vorfall dieser Art in diesem Monat sein."

Haruka-Papa lachte kurz und höflich auf und vertiefte sich dann wieder in die Zeitung. Gedankenverloren griff sie nach ihrem Leberwurstbrötchen und wollte gerade hineinbeißen, als Michiru-Mama aufschrie: "Iiiiih! Das ist ja eklig! Hör mal! Die koreanischen Hundeschlächter..."

"Michiru-Schatz, bitte, ich esse gerade!"

"Na schön, dann lies du was vor." Michiru-Mama knallte die Zeitung unordentlich auf den Tisch.

Paps suchte in der Zeitung. Schließlich wandte sie sich Michiru-Mama zu. "Hier. Hör mal. Ein rätselhafter Mordfall beschäftigt die Polizei. In einem Einfamilienhaus etwas außerhalb von Tokyo wurde eine Frau von ihrer Liebhaberin mit einem halben Leberwurstbrötchen erstickt."

"Was?!" Michiru-Mama riß Paps die Zeitung aus der Hand. "Zeig mal. Wo denn?! Das steht hier doch gar nicht!" Da entdeckte sie, daß Haruka-Papa ihr grinsend ein halbes Leberwurstbrötchen hinhielt. Einen kurzen Moment glotzte sie nur doof, dann lächelte auch sie, und gemeinsam bissen sie in das Brötchen.

Nur gut, daß sie Leberwurst genommen haben - wehe, die hätten sich an meinem Mett vergriffen!
 

Unser gemütliches Abendessen war höchst faszinierend. Zuerst bestellten wir alle etwas zu trinken. Der Kellner stand mit gezücktem Bleistift und Block neben unserem Tisch und wartete geduldig eine halbe Stunde, bis wir uns alle entschieden hatten. Setsuna-Mama brüllte quer durch das gesamte Restaurant mit emporgerissenem Arm: "BAILEYS!!!"

Michiru-Mama bestellte lächelnd ein Glas Wasser, und Paps entschied sich für Tomatensaft. Dann war ich an der Reihe. Mein Mund wurde trocken, und meine Augen tränten. Mein Atem ging schneller und schneller, und dann sagte ich mit letzter Kraft: "Nummer Neun."

Der Kellner sah mich an. "Nummer Neun?"

Setsuna-Mama blickte in die Karte. "Aber... Nummer Neun ist ja..."

"Ich weiß", sagte ich erschöpft. "Milch."

"Oh mein Gott!" schrie Paps. "Sie haben Hotaru getötet!"

Michiru-Mama wedelte mir mit der Speisekarte Luft zu. "Geht es dir gut, mein Schatz?"

Setsuna-Mama half dem Kellner wieder auf die Beine. Inzwischen war es totenstill im Raum geworden. Man hörte nur das langsame Tropfen der Kartoffelsuppe, die vom Löffel eines schockierten Gastes in den Teller zurücktropfte. Der Kellner war kalkweiß im Gesicht geworden und taumelte langsam zurück in die Küche, wo alles bisher noch seinen normalen Lauf genommen hatte.

Der Koch sah auf. "Was ist denn?"

"Ein Glas Milch bitte."

Der Koch grinste und füllte die Milch in das Glas. "Für wen ist es denn?"

"Für..." Der Kellner stockte. "Hotaru Tomoe."

Das Glas entglitt den Händen des schockierten Koches. "Verarsch mich."

"Ich wünschte, ich könnte es, aber es ist wahr."

Der Koch schüttelte den Kopf. "Oh mein Gott. Sie steht unter Drogen!"

Schließlich kam der Kellner wieder mit dem Glas Milch in der Hand angewankt. Er stellte es vor mich hin, zog sich ein paar Schritte zurück und beobachtete mich gespannt, wie es auch das restliche Restaurant tat.

Ich nahm langsam das Glas in die Hand und führte es genauso langsam an meinen Mund. In Zeitlupe öffnete ich meine Lippen und setzte das Glas an. Das weiße, ekelhafte Gebräu tropfte auf meine Zunge. Ich spürte das unbändige Verlangen, alles in hohem Bogen wieder auszuspucken, aber ich dachte mir: "Mädchen, so weit bist du, jetzt ziehst du das durch."

Eine halbe Stunde später wachte ich im Krankenhaus wieder auf.
 

Heute habe ich mit Paps eine heftige Diskussion geführt. Sie wollte mir nicht glauben, daß man eisenhaltiges Essen nicht in den Generator der städtischen Elektrizitätswerke stecken sollte. Wir stritten uns ungefähr eine halbe Stunde, bis ich sie völlig entnervt fragte: "Weißt du eigentlich, wie man Leute nennt, die eine Antwort geben und sich nicht davon abbringen lassen, dies weiter zu behaupten?"

"Klar! Showmaster", antwortete sie.

Ich kam zu keiner Antwort mehr, da in diesem Moment der Strom ausfiel. Die Generatoren der städtischen Elektrizitätswerke hatten ihren Geist aufgegeben.

Setsuna-Mama bekam davon nicht viel mit, weil sie inzwischen einen Job als Taxifahrer angenommen hat. Sie erzählte uns von einer höchst amüsanten Begegnung.

Ein Mann stieg ein und wollte zum Bahnhof. Setsuna-Mama meinte, er habe einen schweizerischen Akzent gehabt. Weil er lange Zeit nichts sagte, schob Setsuna-Mama eine Kassette in das Autoradio und fragte: "Wie wär's mit Musik?"

Der Schweizer nickte und sang begeistert mit, als Hansi Hinterseer aus den Boxen dröhnte. Als das Lied zu Ende war, sang der Mann weiter: "Ich reise fröhlich durch die Welt, und jetzt her mit deinem Geld!"

Setsuna-Mama stutzte. "Wieso?! Das gibt doch keinen Sinn!"

"Doch!"

"Warum?"

Der Mann zückte eine Pistole. "Weil ich ein Taxiräuber bin!"

Zähneknirschend rückte Setsuna-Mama das Geld raus. Der Schweizer lupfte seinen Hut, sagte "Grüezi miteinand" und verschwand. Kurze Zeit später hörte man das Quietschen eines Reifens, einen Knall und einen Aufschrei.

"In Japan, da herrscht Linksverkehr, das lernt ein Schweizer nimmermehr..." sang Setsuna-Mama leise vor sich hin, bevor sie die Geldscheine von der Straße wieder einsammelte und weiterfuhr.
 

Haruka-Papa hat angebaut. Wir besitzen jetzt einen überdachten, verglasten Tenniscourt, auf dem sie versucht, Michiru-Mama das Tennisspielen beizubringen. Sie stellt sich auch ganz gut an, wenn man mal von ihrer Eigenart absieht, den Schläger dem Ball hinterherzuwerfen in der Hoffnung, er schlüge ihn von alleine.

Als Michiru-Mama den Schläger das erste Mal in der Hand hielt, fragte sie übrigens, wo man denn Batterien reintun würde. Paps war kurz davor, in den Schläger zu beißen. Also, da bleibe ich doch lieber bei meinem Mett. Ich muß allerdings betrübt mitteilen, daß diese Sucht ansteckend ist. Die Krähe ist auch schon drauf. Und ich stehe vor dem Problem, sie da wieder runterzukriegen, weil es ja schließlich MEIN Brötchen ist, auf dem sie ihre Ferienwohnung gebaut hat. Ich glaube, ich sollte doch auf das Ersatzwurst-Programm umsteigen...

Letztens blickte ich durch das Fenster in unsere Tennishalle und sah, daß Haruka-Papa, Michiru-Mama und Setsuna-Mama, die immer Schiedsrichter spielen muß, eine Übung zur Nackendehnung machten. Ich dachte mir zunächst nichts dabei; als sie allerdings nach zehn Minuten immer noch so da standen, fragte ich doch mal vorsichtshalber nach, warum sie alle so angestrengt gen Glasdach starrten.

"Und ich sag noch, den Lob nicht so hoch, Michi!" schimpfte Haruka-Papa vor sich hin.

Setsuna-Mama verstellte den Höhenmesser am Fernglas. "4000... 4500... 5000... oh, oh... äh... ruf mal die Russen an und entschuldige dich wegen der MIR..." murmelte sie. "Oh, ich glaube, da kommt er wieder!" Der Tennisball durchschlug das Glas zum zweiten Mal und fiel Setsuna-Mama auf den Kopf. Seitdem hat sie übrigens diesen Knödel in den Haaren.

Ich dachte, jetzt sei alles wieder in Ordnung, doch Paps sah immer noch nach oben. Irgendwann jammerte sie leise: "Hol mal eine heiße Kompresse, Hotaru-Spatz!"

Spatz! Sie nannte mich Spatz! Ich fragte argwöhnisch: "Wieso?"

"Ich hab' nen steifen!" wehklagte sie.

Setsuna-Mama schnaufte hörbar.

"Doch nicht vor dem Kind!" zischte Michiru-Mama.

"...Nacken", ergänzte Paps.

Setsuna-Mama atmete hörbar auf.

Ich taperte in die Küche und holte die Kompresse. Ich verbrannte mir die Finger und verirrte mich in unserer Wohnung, weil der Wasserdampf so dicht war.

Die Kompresse half aber nichts, und so mußte Setsuna-Mama ihre neuen, physiotherapeutischen Kenntnisse ausprobieren. Sie nahm Paps' Kopf in die Hände, und mit einem lauten Krachen bog sie den Kopf nach vorne. Das war aber auch nicht besser. Also versuchte sie es noch einmal... und noch einmal... und noch einmal... Irgendwann glaubte sie, sie habe es endlich geschafft, da meinte Haruka-Papa, so verdreht würde ihr ihr Rücken aber nicht gefallen. Setsuna-Mama machte also weiter.

Ich ging in der Zwischenzeit schlafen. Am nächsten Morgen wurde ich von einem wunderschönen Schrei geweckt und sah Haruka-Papas und Setsuna-Mamas Kopf am jeweils falschen Körper.

"Ne, du, das war auch falsch", sagte Setsuna-Mama nach einer kleinen Weile. "Ich glaube, ich habe dir meine Oberweite gegeben. So flach bin ich nicht."

"Dann gib mir doch deinen rechten Arm, und du bekommst mein linkes Bein", schlug Paps vor.

"Ne, ich habe schon deine gesamten Muttermale."

"Dafür habe ich deine Pickel."

"Setsuna-Mama, möchtest du vielleicht meine Blässe haben? Ich hätte gerne deine Bräune dafür", sagte ich, die ich inzwischen auf den Tenniscourt getreten war.

"Ich habe noch ein paar Haare anzubieten!" rief Michiru-Mama dazwischen, die wieder aussah wie ein Wischmop. Sie brauchte immer Stunden, um ihre Haare einigermaßen in Form zu bringen.

Haruka-Papa runzelte Setsuna-Mamas Stirn. "Wieso denn deine schönen Haare von deinem wunderschönen Kopf?!"

"Nein!" winkte Michiru-Mama ab. "Ich meine die Haare von meinen Beinen!"

"Wir haben hier einen Finger zuviel!" stellte Setsuna-Mama fest.

"Wo ist mein rechtes Ohr?!" schrie Paps.

"Die Krähe hat's! Die Krähe hat's!" Ich stellte der Krähe nach, bekam sie aber nicht zu fassen.

"Dafür fehlt ihr auch der Schnabel", bemerkte Michiru-Mama scharfsinnig.

Setsuna-Mama quiekte auf. "Der Finger macht sich selbstständig! Der ruiniert mir meine Nägel!"

"Meine Augen!" Haruka-Papa tastete sich blind durch die Gegend.

Michiru-Mama lief rückwärts weiter. "Ich habe sie an meinem Hinterkopf... cool!"

Ich hatte die Krähenjagd aufgegeben, nachdem die Krähe mir mein rechtes Bein gestohlen hatte und ich bewegungsunfähig auf dem Boden lag. Der Krähenfuß war zu kurz geraten...

"Ich kann wieder sehen!"

"Bist du gut. Mit dem Fuß?"

"Du hast meine Hühneraugen! Na, behalte sie..."

"Meine Nägel! Meine NÄGEL!!!"

"Kraaah... Kraahaaahaaaah!"
 

...und somit verabschiede ich mich. Ich weiß zwar nicht mehr, wo mir der Kopf steht und ob ich wirklich mit meiner Hand schreibe... oder eher mit Haruka-Papas Fuß, Setsuna-Mamas Nase oder Michiru-Mamas Unterlippe. Die Krähe hat inzwischen Untermieter, die es sich in Haruka-Papas Augenbrauen bequem machen. Oma Misato ist zum Renterwrestling gegangen und tritt als "Garstige Oma" auf. Onkel Takeshi arbeitet beim größten aller amerikanischen Geheimdienste namens "Pizza-Hut" - die Zutaten sind strengst geheimst.

Ich glaube, ich sehe eine strahlende Zukunft vor mir - mit Michiru-Mamas Augen.

Und nicht vergessen: Immer den Schimmel im Augen behalten.

Nun denn: Gute Nacht da draußen. Wer auch immer du sein magst...
 

E N D E

Wie aus dem "Vorspann" ersichtlich (Riegel no Miko ist übrigens ein weiterer Spitzname von mir...), entstand diese Geschichte in Kooperation mit meinem Bruder. Danke, Bup-Bro.!



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Kommentare zu diesem Kapitel (17)
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Von:  _Tenn_
2007-01-14T12:37:24+00:00 14.01.2007 13:37
XDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDDD
*weglach*
Gott, auf sowas muss man erstmal kommen!!
Das ist wirklich zu genial...
mach ruhig weiter so XD
Von:  Sweet-Akane
2005-07-01T09:51:35+00:00 01.07.2005 11:51
*verbeug*
sarkasmus und kindliche naivität kann niemand so gut als das andere ausgeben wie du!
die fanfic ist echt der hammer.
du hast echt talent!
bitte mehr davon.
hab lang nicht mehr so gelacht. *ggggggggggggggg*
Von:  Trailerpark
2005-02-21T12:36:23+00:00 21.02.2005 13:36
*LOOOL* wie geil is das denn eh? xD Zum ersten mal, dass ich Tränen bei ne Fanfic gelacht hab xDDD

Die Aktion mit der Rechenleistung von Hotaru als kleines Kind war echt göttlich! xD zu genial xDD
Von: abgemeldet
2004-06-09T12:13:46+00:00 09.06.2004 14:13
Hi Daphne,
ganz ehrlich, diese Geschichte ist wohl das abstruseste, das ich je gelesen hab - und ich muss zugeben, dass ich schon lang nicht mehr so gelacht habe. Hab sogar alles in einem Stück gelesen ohne mir auch nur eine Kippe anzustecken - das ist schon ne Leistung! Besonders mag ich dir Krähe ^^ Bitte, schreib mehr!
Gruß, Jacky
Von: abgemeldet
2004-03-16T18:11:50+00:00 16.03.2004 19:11
Ich sag nur
H.A.M.M.E.R.O.B.E.R.M.E.G.A.G.E.I.L.
XD~ Hab mir n zweites Loch in den Arsch gelacht dabei bin ich nich ma Sailor Moon Fan XD
Von: abgemeldet
2003-02-20T13:26:57+00:00 20.02.2003 14:26
*vorlachennichtmehreinkrieg* Echt super die Story!! Sollte man als Buch veröffentlichen!!
Von: abgemeldet
2002-08-04T14:17:54+00:00 04.08.2002 16:17
*sichvorlachenambodenrollt*...*wiederaufstehenwill*...*mitkopfgegentischplatteknallt*...
echt geil,mach weiter so!
Du magst wohl die bert-tagebücher,hm? *g*
Von:  Nika
2002-07-25T17:20:13+00:00 25.07.2002 19:20
Hahah *löööl*...*sichnimmereinkriegt*...*lachendzusammenbricht*.. also sowas lustiges hab ich scho lang nimmer gelesen!!! *uff*...^.^... mein Vater kam vorhin vorbei und hat mich so blöd angeschaut, wie ich brüllend vor lachen auf meine tastatur gehämmert hab...^.^V
Weiterschreiben!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Von: abgemeldet
2002-07-14T14:04:42+00:00 14.07.2002 16:04
*rofl* *nicht mehr aus lachen rauskomm*

Die Geschichte hat nur einen Nachteil: Man darf sie nicht morgens direkt nach dem Aufstehen lesen. Ich glaube ich kipp gleich um. Mettwurst-Brötchen-Entzug.
Von: abgemeldet
2002-06-24T00:45:58+00:00 24.06.2002 02:45
Erst hab ich geacht, Oh nee nich schon wieder ne ellenlange Story, aber als ich die erste Seite halb durchgelesen hatte, lag ich vor lachen unterm Schreibtisch und musste ein Loch hineinbohren, um weiterlesen zu können. Meiner Mum hat das zwar nicht gefallen, aber ich glaube, durch meine 7 Lachanfälle (und 2 abgebrochnen wegen Sägespänen in den Augen) habe ich heute mehr abgenommen als in den letzten 2 Jahren bei den Weight Watchers.


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