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Another Day in Paradise

Wo bist du, wenn ich dich brauche?
von

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Prolog

Prolog
 

Schnelle Schritte...
 

“...a!”
 

Dunkelheit. Überall ist Dunkelheit.
 

“...ma!”
 

Die Stimme eines kleinen Mädchens. Ich kann sie nicht verstehen.
 

“Mama!”
 

Es ist meine Stimme. Ich rufe nach meiner Mutter. Dummes Mädchen. Dummes, kleines, einfältiges Mädchen. Deine Mutter wird nicht kommen. Sie hat dich verlassen.

Verlassen. Ja, immer wurde ich verlassen.
 

“Mama! Komm zurück! Mama!”
 

Zuerst von meinen Vater. Er hatte mich nie gesehen und dennoch ging er. Warum? War ich ihm nicht gut genug? Fürchtete er sich vor der Verantwortung?
 

“Mama, bitte!”
 

Dann war da noch sie. Sie ließ mich einfach so zurück, ohne auch nur ein Wort des Lebewohls zu sagen.
 

Eine Straßen, gesäumt mit zwei Wänden aus Kirschbäumen in voller Blüte. Ein Wind fährt durch die Blätter und lässt die Blüten auf die junge Frau und das kleine Mädchen gleiten. Das Mädchen springt fröhlich umher und erfreut sich des schönen Wetters. Die Frau macht ein strenges Gesicht und missbilligt das Verhalten ihrer Tochter. In ihren Händen hält sie eine Reisetasche. Vor dem Roykan angekommen bleiben sie stehen. Die Okami-san kommt heraus und begrüßt das Mädchen liebevoll, das sogleich zu einem Jungen im Garten rennt. Die beiden Frauen bleiben zurück und sehen sich an. Die Mutter des Mädchen stellt die Tasche ab und redet auf die andere ein. Schließlich dreht sie sich um und geht.

Das Mädchen sieht noch einmal zurück und beobachtet, wie sie zwischen den Kirschblüten verschwindet. Wann sie sie wohl dieses mal abholen würde?
 

Sie ließ mich einfach so zurück. Ohne einen Wort der Erklärung. Und auch Fuwa-san konnte mir nie etwas dazu sagen.
 

“Mama!”
 

Als nächstes kam er.
 

“Sie kann gut kochen und sauber machen. Genau deshalb habe ich sie mitgenommen.”
 

Sho Fuwa. Ich habe ihn geliebt. Abgöttisch. Ich hätte alles für ihn getan. Doch er behandelte mich wie ein Stück Dreck. Wahrscheinlich bin ich auch niemals mehr gewesen, als ein Stück Dreck.
 

“Wer kann die schon lieben, du Mauerblümchen?”
 

Ich schwor ihm Rache und während meiner Rache begegnete ich ihm. Dem Mann, der mein Leben ein für alle mal veränderte.
 

“Ich liebe dich, Kyoko-chan.”
 

Ren Tsuruga. Der erste, der mich geliebt hat. Der Einzige.
 

“Lass uns zusammen ziehen, Kyoko-chan.”

“Ich möchte für immer mit dir zusammen bleiben.”

“Du bist wunderschön.”

“Alles Gute zum Geburstag, Liebes.”

“Ich liebe dich.”
 

Ich liebe ihn auch. Ich liebe ihn sosehr, dass es mir das Herz zerbricht, wenn ich daran denke. Daran, dass auch er mich verlassen hat. Für immer. Unwiderrufbar.

Und das schlimmste ist, dass ich mich an ihm nicht einmal rächen kann. Denn er ist nicht mehr da. Ich werde ihn nicht wiedersehen.

Er ist tot.
 

Alle haben mich verlassen! Alle! Ich bin allein. Völlig allein. Warum? Womit habe ich das verdient? Was habe ich nur getan?
 

“Kyoko! Kyoko, mach sofort die Tür auf!”

Yashiro kam die Treppe herauf und sah, wie Kaede verzweifelt an die Tür hämmerte. Er seufzte.

“Gibt sie immer noch keine Antwort?”

Sie schüttelte mit den Kopf. “Nein. Seitdem mein Bruder...”, sie stockte kurz und schloss ihre Augen um Kraft zu sammeln. “Seitdem Ren für Tod erklärt worden ist, hat sie sich in das Zimmer eingeschlossen und redet mit niemanden. Ich bin froh, dass sie wenigstens von den Tabletts isst, die ich ihr jedes Mal vor die Tür stelle.”

“Es ist zu verstehen. Das war wirklich ein... großer Schock.”

Kaede merkte wie sich ihre Augen zum etwa tausendsten Mal in den letzten Tagen mit Tränen füllten. “Ja, das war wirklich ein schwerer Schlag in die Magengegend. Ich geh nach unten und setz mich eine Weile hin. Ich habe das Gefühl, dass meine Beine jeden Moment ihren Geist aufgeben.”

“Soll ich dich begleiten?”

“Nein, musst du nicht, ich schaffe das schon.”

Yashiro beobachtete, wie sie langsam die Treppe hinunterlief, dann wandte er sich der verschlossenen Tür zu. Dahinter konnte er die junge Frau leise Schluchzen hören. Er biss sich auf die Unterlippe und blinzelte seine eigenen Tränen weg. //Es ist schon erstaunlich wieviel Schmerz ein einzelner Mensch verursachen kann.//

Dann wandte auch er sich ab und lief wieder die Treppe hinunter, damit er wenigstens seiner Verlobten irgendwie beistehen konnte. Ren war jetzt schon seit fünf Tagen tot. Morgen würde die Trauerfeier stattfinden. Dann würde auch er akzeptieren müssen, dass er seinen engsten Freund nie wieder sehen würde.

Draußen ging langsam die Sonne unter und erschuf einen feuerroten Himmel. Ein paar Möwen flogen über das Meer und auf dem Wasser waren einzelne Schiffe zu erkennen. Der Tag war wunderschön, doch das Haus, in dem Kyoko lebte, war erfüllt von einer eisigen Kälte.

Die Trauerfeier

Die Trauerfeier
 

Der Regen traf prasselnd auf den Grabstein und lief langsam auf den Boden herab. Normalerweise herrschte auf dem Friedhof feierliche Stille. Er war ein Ort des Friedens und der Ruhe. Und des Lebens. Menschen brachten immer nur den Tod mit ihm in Verbindung, doch wenn man genau hinsah. Wenn man genau aufpasste, dann konnte man erkennen, dass es nirgends mehr Leben kann. Zumindest nicht innerhalb einer Stadt.

Auch hier herrschte pures Leben. Vögel sprangen fröhlich zwischen den von Menschen gemachten Steinen herum und versuchten dem eisigen Regen auszuweichen. Eichhörnchen suchten Schutz unter den Blätter gewaltiger Eichen und selbst ein kleiner Fuchs eilte zu seinem Versteck in der Nähe. [Anmerkung: Tut mir Leid, aber ich habe wirklich keine Ahnung von der Tierwelt Japans...]

Ein kleiner Vogel flatterte auf den neuesten Grabstein. Er war grau, aber die dunkle Schrift war noch gut zu erkennen, auch wenn der Vogel sie nicht entziffern konnte. Auf dem Stein stand ein kleines Bild eines jungen Menschenmannes. Er war gutaussehend, mit dunklen Haaren und Augen. Aber obwohl er lächelte, wirkte er traurig. Unter dem Grabstein lagen viele Kränze und Blumen, die bereits vom Regen durchnässt worden waren.

Der Vogel drehte sich vorsichtig um und erkannte eine junge Frau. Sie hatte ihren Kopf zum Himmel gewandt und ließ das Wasser über ihr Gesicht laufen. Was sie damit wohl bezweckte? Um sie herum standen noch andere Männer und Frauen, allerdings nicht mehr so viele, wie noch vor ein paar Stunden. Alle waren in schwarz gekleidet und sie hielten Regenschirme über ihre Köpfe, um sich vor dem Wasser zu schützen. Nur die Frau ließ es unaufhaltsam auf sich zukommen.

Der Vogel neigte seinen Kopf zur Seite und fragte sich, ob sie weinte.
 

//Warum kann das Wetter nicht einmal so sein, wie ich mich nicht fühle?//, dachte Kaede und starrte in den wolkenverhangenen Himmel. Sie befanden sich auf dem evangelischen Friedhof Tokios [keine Ahnung, ob es so einen wirklich gibt]. Ren war mit vierzehn Jahren konfirmiert worden und sie und ihr Vater waren der Meinung gewesen, dass er auch in einem dementsprechenden Ort, die letzte Ruhe finden sollte. Sie hatten seine Leiche nicht gefunden. Es war noch nicht mal sicher, dass er tot war, aber die Experten meinten, es bestehe kein Zweifel. Sie wünschte, sie hätten das nie gesagt. Dann würde sie nicht hier stehen. Dann würde man nicht erwarten, dass sie von ihm Abschied nehmen sollte. Aber es wurde von ihr erwartet. Und ihr blieb nichts anderes übrig, als den Befehlen der Menschen, die nicht so von Trauer durchzogen waren wie sie, zu hören, so schwer es ihr auch fiel.

Ganz plötzlich hörte sie neben sich ein Schluchzen. Sie wandte langsam den Kopf in die Richtung und sah, wie ihrem Vater Tränen die Wangen hinunterliefen. Wann hatte er sie das letzte Mal besucht? Als er auf Grund des Geschäfts nach Japan musste. Einfach so besuchte er seine Kinder wohl nur, wenn sie starben.

Auf ihrer anderen Seite stand Yashiro. Er rang deutlich um Fassung. Kaede fragte sich, wen er wohl als nächstes betreuen würde, falls er wieder jemanden betreuen würde. Rens Tod hatte ihn ziemlich mitgenommen, das hatte sie bemerkt, aber er hatte den starken gespielt - um sie nicht unnötig zu beunruhigen.

Sie ließ ihren Blick über die anderen Anwesenden wandern. Kyoko, ganz in schwarz und mit beängstigender ausdrucksloser Miene, Shin, der tröstend einen Arm um sie geschwungen hatte und die ganze Zeit Kanae beobachtete, die an Kyokos anderer Seite Stellung bezogen hatte, der Präsident, Maria, die schon die ganze Zeit weinte, Midori und Sho.

Kaede fragte sich, was ihn dazu bewogen hatte, hierherzukommen, besonders, weil er ziemlich mitgenommen aussah. Hatte er Ren nicht gehasst?

Sie sah wieder zum Grabstein und sah den Pfarrer ungeduldig von einen Bein aufs andere hüpfen. Er wartet wohl darauf, dass auch sie endlich ihre Blumen auf das leere Grab legten, damit er Feierabend machen konnte.

Das Grab war eher eine symbolische Sache. Damit sie einen Ort hatten, an dem sie Ren besuchen konnten und damit auch der letzte Mensch einsah, dass er tot war. Tausende von Fans waren bis vor einigen Momenten noch da gewesen und hatten sich tränenreich von ihrem Lieblingsstar verabschiedet. Doch nun war nur noch der engste Kreis da, wie Familie und Freunde.

Da niemand anderes Anstalten machte, auf das Grab zuzugehen, seufzte sie und lief angemessenen Schrittes los. Der Pfarrer trat erleichtert zur Seite und alle anderen richteten sofort ihre Blicke auf sie. Ganz langsam kam sie direkt vor den anderen Blumen zum Stillstand und betrachtete sie. Sie waren vom Regenwasser ganz nass und leuchteten alle in demselben öden weiß. Ren hätte das nicht gefallen. Er hatte solche eintönigen Beerdigungen schon immer gehasst. Früher glaubte Kaede, es wäre wegen dem Abschiednehmen gewesen, doch nun begriff sie, dass nicht der Friedhof der Ort war, an dem man Abschied nahm. Manchmal nahm man niemals Abschied.

Sie kniete sich nieder und legte eine Kornblume auf die anderen Blumen. Dann erhob sie sich und atmete tief durch.

“Nun ist es endlich soweit”, sagte sie zu dem Bild, “Nun bist du Zuhause angekommen. Ich wünschte nur, du hättest mich mitgenommen, Kuon.” Kaede blickte noch einmal auf die Kornblume herab, dann wirbelte sie herum und eilte schnellen Schrittes davon. Sie konnte es nicht aushalten, an diesem Ort zu bleiben.

Die anderen sahen ihr mit starren Blicken hinterher. Schließlich tat Kuu es ihr nach. Auch er ging zu dem Grab seines Sohnes und legte eine weiße Blume ab, wie es sich eigentlich bei Beerdigungen gehörte. Er seufzte tief und sah hinauf in den Himmel. Ob es seinem Sohn dort besser ging, als auf der Erde? Ob er Julie, seine Mutter wiedersah? “Kein Vater sollte seinen Sohn zu Grabe tragen”, sagte er mit zitternder Stimme. “Kein Vater sollte das tun.”

Als nächstes gingen Rory und Maria zum Grab und legten. Das kleine Mädchen klammerte sich verzweifelt an ihren Großvater und schluchzte unentwegt. Rory versuchte sie mit trauriger Miene zu beruhigen, doch es gelang ihm nicht. Deshalb entschuldigte er sich und brachte sie nach Hause.
 

Kyoko hatte sie alle durch einen Schleier der Leere beobachtet. Ihr Kopf tat furchtbar weh und sie war hundemüde, da sie lange nicht mehr geschlafen hatte. Doch das nahm sie nur nebenbei wahr. Ihrer Welt war der Mittelpunkt genommen worden. Der Grund des Lebens. Denn Ren war tot. Sie konnte und wollte es nicht begreifen. Wie konnte er tot sein? Sie hatten doch noch viele schöne Tage miteinander verbringen wollen. Wie konnte er es nur wagen, sie einfach so zu verlassen?

Sie umklammerte die rote Rose in ihren Händen fester und stach sich mit den Dornen die Finger. Blut lief an ihrer Hand herunter, doch der Schmerz war nur ein lästiges Pochen, nichts im Vergleich zu ihrem seelischen Schmerz.

Plötzlich spürte sie, wie jemand an ihren Schultern rüttelte. “Kyoko, willst du nicht auch deine Blume hinlegen?”

Sie blinzelte und wandte mühsam den Kopf. Shin hatte sie angesprochen. Er sah sie mit einem besorgten Gesichtsausdruck an. Sie drehte ihren Kopf zum Grabstein und sah, wie Yashiro davor zusammengesunken dasaß. Sein Körper zitterte unbeherrscht und Midori hatte sich neben ihn gesetzt und sprach ihm beruhigend zu. Ob sie auch so aussehen würde, wenn sie sich dem Grab auch nur einen Schritt näherte?

“Kyoko”, hörte sie abermals Shins Stimme, diesmal etwas drängender.

Sie atmete tief ein und ging auf den schluchzenden Yashiro zu. Er blickte auf, als sie näher kam und ruschte zur Seite.

Nun stand sie vor dem Grab. Allein.
 

How can you leave me standing?

Alone in a world that's so cold?
 

Langsam, ganz langsam ging sie in die Knie und hockte sich auf die Nasse Erde. Ihren Regenschirm hatte sie irgendwo fallen lassen.
 

Maybe I'm just too demanding

Maybe I'm just like my father too bold
 

Sie legte die rote Rose neben Sakuras blaue Kornblume und sah hinauf zu Rens Bild.

Der Regen traf rücksichtslos auf ihren Körper und ließ sie unwillkürlich Frösteln.
 

Maybe you're just like my mother

She's never satisfied
 

“Ich liebe dich”, flüsterte sie. “Sag, warum hast du mich verlassen?”
 

Why do we scream at each other

This is what it sounds like

When doves cry
 

Sie erhielt keine Antwort. Wütend schlug sie mit der Faust auf die Erde und schrie: “Warum hast du mich verlassen, du Blödmann? Warum hast du mich allein gelassen? Warum bist du dorthin gegangen, wohin ich dir nicht folgen kann?” Sie spürte, wie die Tränen an ihrem Gesicht hinabliefen, wie sooft in den letzten Tagen und wurde etwas ruhiger. “Wie kannst du nur denken, dass ich ohne dich weiterleben kann?”

Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und schluchzte hemmungslos.

“Kyoko”, hörte sie Shin sagen. “Beruhige dich, bitte.”

Sie ignorierte ihn, auch seine warme Hand, die offenbar tröstend wirken sollte und auf ihrer Schulter lag. Sie ignorierte alles und ließ sich vollkommen von ihrem Schmerz, ihrer Trauer übermannen.
 

Die klare Flüssigkeit traf geräuschvoll auf den Boden des Glases, das bald zur Gänze gefüllt war. Manchmal ist es gut sich zu betrinken, aber es sollte immer einen geben, der einen klaren Kopf behält.

Kaede sah sich im Raum um. Alle saßen in kleinen Gruppen zusammen und lachten sich kaputt, unter Einfluss zu vielen Alkohols. Auch ihr Vater lachte laut und kräftig, auch wenn sein Gesicht tränenüberströmt war.

//Ist das wirklich eine Lösung? Sich zu betrinken, bis der Grund des Trinkens vergessen ist?//

Offensichtlich ja. Denn warum taten das sonst alle?

Sie nippte an ihrem Wasserglas und ging langsam auf die Tür zu, die nach draußen führte.

Der Regen hatte aufgehört und das Licht der untergehenden Sonne brach bereits wieder durch die dunkle Wolkendecke.

Kyoko saß auf einer Bank, mit dem Rücken zu ihr und sah hinüber zu der hochgewachsenen Hecke, hinter der der Friedhof lag. Kaede seufzte und ging zurück in die Gaststätte, die sie extra für die Trauerfeier gemietet hatten. Anwesend waren rund fünfizig Personen, von denen höchstens ein Viertel wirklich eine Beziehung zu Ren gehabt hatten. Langsam bahnte sie sich einen Weg zu den Getränken und füllte einen Becher mit warmen Tee. Dann ging sie wieder nach draußen.

“Hier bitte”, sagte sie zu Kyoko und hielt ihr den dampfenden Becher hin. Diese wandte langsam den Kopf und sah sie verständnislos an. Schließlich schien sie zu begreifen, dass der Becher für sie bestimmt war, denn sie nahm ihn mit zitternden Händen entgegen und begann daran zu nippen.

Kaede ließ sich neben ihr nieder. Gemeinsam schwiegen sie und lauschten den leisen Lachern, die von innen nach draußen drangen.

“Verlaufen alle Trauerfeiern so ab?”, fragte Kyoko schließlich.

Kaede nickte. “Ja, das tun sie.”

“Na toll.”

Die Ältere nickte und seufzte. “Kuon hat Beerdigungen nie gemocht. Er ist meistens geblieben bis die Person unter der Erde war und ist dann irgendwohin abgehauen, wo er erst einmal eine Zigarette geraucht hat. Ich wünschte, ich könnte es ihm nachtun.”

“In diesem Fall ist es unmöglich”, murmelte die Schwarzhaarige. “Wir haben keine Leiche.”

Kaede legte ihr einen Arm um die Schulter. Kyoko lehnte sich dankbar an sie und versuchte ihre erneuten Tränen zu unterdrücken.

“Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich weiß, wie du dich fühlst, aber ich kann es nicht. Das einzige, was ich dir mit Sicherheit sagen kann, ist, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem du es akzeptieren und weiterleben kannst. Im Moment denkst du zwar, dass das nicht sein kann, aber es wird passieren und dann wirst du einfach nur froh sein, eine so schöne Erinnerung haben zu können.”

Die Jüngere nickte und nahm einen weiteren Schluck Tee, während die Tränen weiter an ihren Wangen hinabliefen.

In diesem Moment brach der Himmel auf und ließ das Licht der Sonne auf ihre Gesichter strahlen. Alles hat ein Ende. Auch der Tag.

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So, hier melde ich mich nun zum ersten Mal in Another Day in Paradise.

Ich begrüße hiermit alle, die wieder mit dabei sind und jene, die neu dazugekommen sind. Ich hoffe, ihr lasst mir ein paar Kommentare da. ^^

Ja, was gibt es denn so zu sagen... *überleg*

Ah, ja. Der Titel hab ich mir von meinem Lieblingslied von Phil Collins ausgeliehen und der kursive Text in diesem Kapitel war ein Stück des Textes von dem Song When Doves Crys, aus dem Soundtrack von Romeo und Julia, mit DiCaprio. Ich finde, er passt ganz gut zu der Stelle.

Aber ihr fragt euch sicher, warum der Titel dieser FF so ist, wie er ist. Nun, ich bin schon auf eure Spekulationen gespannt. ^^

Ansonsten hoffe ich, dass euch diese FF gefällt und ihr mir weiterhin treu bleibt. ^^

Bis bald

Eure Ayako

Expeditionen, Karaoke und Schiffsfahrten

Expeditionen, Karaoke und Schiffsfahrten
 

Zu viert liefen sich über den Strand: Sho Fuwa, Kaede Hizuri, Midori Takechi und Rory Takarada. Es war nach der Trauerfeier für Ren Tsuruga und die Dunkelheit hatte sich bereits über das Land gelegt. Dennoch gingen sie zielsicher weiter, während die Wellen in einem gleichmäßigen Takt auf das Land zurollten.

“Hier ist es”, sagte Sho und leuchtete mit seiner Taschenlampe auf eine Stelle im Sand. Sofort suchten die anderen mit ihren Taschenlampen die Umgebung ab.

“Hier hast du Sen also gefunden?”, fragte Midori und ging ein Stück weiter. “Das heißt, hier in der Nähe muss Ren gest... ähm, ich meine verschwunden sein”, verbesserte sie sich, während sie Kaede einen unsicheren Blick zuwarf. Diese tat so, als hätte sie nichts davon mitbekommen. “Vielleicht finden wir ja eine Spur oder einen Hinweis wo und warum es passiert ist.”

“Ja, aber wenn die Polizei nichts gefunden hat, werden wir wohl kaum etwas finden, oder?”, warf Sho ein.

“Na und? Wir können es wenigstens versuchen.”

“Ja, aber was bringt es euch?”

Kaede antwortete ihm. Ihre Stimme war ruhig und ungewohnt ernst. “Wir könnten seine Leiche finden.”

Darauf sagte niemand mehr etwas und sie gingen langsam weiter und suchten nach irgend etwas, das ihnen weiterhelfen könnte.

Es war Kaede, die die Höhle entdeckte. “Seht mal, das sieht doch wie eine Todesfalle aus, meint ihr nicht?”

Die anderen kamen schnell herbeigerannt und sahen sich vorsichtig in der Höhle um, in der Ren seinen Tod fand - auch wenn sie es noch nicht wussten.

“Hier, eine Einbruchstelle. Wahrscheinlich ist Sen in diese Höhle gelaufen und Ren ist ihm gefolgt, wobei er dorthinein fiel.” Midori trat behutsam näher und leuchtete hinein. “Es ist kein Wasser drin, aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Höhle bei Flut volläuft. Vielleicht war auch gerade Flut, als Ren hier war, das heißt, er ist entweder ertrunken, hinaus in das offene Meer getrieben worden oder konnte sich irgendwie anders retten.”

“Wenn er sich hätte retten können, wäre er doch längst zu uns gekommen, um uns von unserer Sorge zu erlösen”, meinte Rory nachdenklich.

“Nicht, wenn er schwer verletzt ist.”

“Egal, was passiert ist, er müsste tot sein”, sagte Sho. Alle warfen ihm wütende Blicke zu und er wurde merklich kleiner. “Natürlich könnte ihn auch ein Fischfrachter mitgenommen haben und versorgt seine Wunden. Ich meine, es ist alles möglich, oder?”

Kaede drehte sich langsam zu ihm um und sah ihm tief in die Augen.

“Sho, hast du die Höhle wirklich nicht bemerkt, als du Sen gefunden hast?”

Er blinzelte. “Nein. Habe ich nicht.”

Sie sah nicht überzeugt aus, wandte sich allerdings den anderen zu. “Ich schlage vor, wir erzählen das hier der Polizei, die können ja einen Suchtrupp losschicken. Wer weiß, vielleicht finden sie ja noch etwas von ihm.”

Alle sahen sie mitleidig an. So sarkastisch ihre Worte auch gewesen sein mochten, so viel wahres steckte doch in ihnen. Und ihnen war klar, dass Kaede sehr unter dem Tod ihres Bruders litt und die Hoffnung daran, dass er noch lebte, aufgeben MUSSTE.

Sho beobachtete alle mit dem schlechtesten Gewissen, dass man haben konnte, doch noch war er nicht bereit, mit der Wahrheit rauszurücken. Noch nicht.
 

Am nächsten Tag schickte die Polizei tatsächlich einen Suchtrupp los, doch Ren Tsuruga sollte nicht gefunden werden...
 


 


 

Ein Jahr später...
 

“...tobt nun schon seit mehreren Tagen und scheint kein Ende zu nehmen. Bisher wurden schon 30 Tode gezählt und die Zahl der Verletzten ist unbeschreiblich. Im Moment zieht der Taifun auf die Westküste Japans zu. Die Menschen treffen bereits Vorsichtsmaßnahmen, aber werden sie dem schwersten Sturm seit hundert Jahren trotzen können?”

Die Moderatorin wandte sich dem Bildschirm neben sich zu, wo ein junger Mann zu sehen war, hinter dem die Wellen des Ozeans tobten und bereits erste dunkle Wolken die kommende Naturkatastrophe ankündigte.

“Naona-san, können Sie uns sagen, warum niemand diesen schlimmen Sturm vorhersagen konnte?”

In diesem Moment lehnte Kyoko sich zur Seite und berührte versehentlich die Fernbedienung und ein neuer Sender - ein Musiksender - flammte über den Bildschirm.

“Und die Nummer 1 der japanischen Charts ist in dieser Woche...”

“Hey, schalt wieder um, ich will sehen, ob der Taifun auch auf Tokio treffen wird”, beschwerte sich Midori und sah die Jüngere streng an. Diese schaltete schnell wieder zurück und lauschte der langweiligen Erklärung des Meteorologen, weshalb niemand diesen Sturm bemerkt hatte.

“Natürlich haben sie den Sturm nicht bemerkt”, kommentierte Midori dessen Rede spöttisch. “Sie wollten uns nicht beunruhigen und haben lieber ein paar Tote in Kauf genommen.”

“Du redest immer so schlecht von den Menschen”, entgegnete Kyoko und schaltete wieder um, da sie nun wussten, dass das Auge des Sturms nicht auf Tokio treffen würde, sie allerdings ein paar Auswirkungen mitbekommen würden. Nun erklang die Stimme von Misaki aus dem Bildschirm. Die Kleine hatte es innerhalb eines Jahres nach ganz oben geschafft. Nachdem sie zusammen mit Sho Fuwa die Titelmelodie zu Dark Moon, der erfolgreichsten Soap des letzten Jahres, gesungen hatte, hatte sie sich ein paar alte Freunde geschnappt und eine Band gegründet. Der Manager dieser Band war kein anderer als Yukihito Yashiro, Ren Tsurugas ehemaliger Betreuer und nun war Lullaby for Men, der erste Hit von Teen-Rock-School schon seit Wochen an der Spitze der Charts.

“Ach ja, meine kleine Nee-chan”, sinnierte Midori. “Wer hätte gedacht, dass sie mal die Sängerin einer Band würde? Tja, das Leben geht manchmal seltsame Wege. Im Übrigen rede ich nicht schlecht über Menschen, ich sage nur die Wahrheit und die ist nun mal hart und grausam.”

Kyoko verdrehte die Augen und stand auf. “Möchtest du was zu trinken?”

“Oh nein, vielen Dank.” Die Autorin erhob sich ebenfalls. “Ich muss los, May aus der Schule holen. Mein Gott, sie ist auch schon so groß.”

Sie küsste Kyoko zum Abschied auf die Wangen. “Einen schönen Geburtstag noch, Liebes. Das Geschenk gibt es Samstag bei der Party.”
 

“Schon wieder treffe ich Sie hier, Kotonami-san und schon wieder sind Sie in Schwierigkeiten.”

Kanae und der schmierige Typ, der sie gerade anzumachen versucht hatte, wandten sich gleichzeitig Shin zu, der die beiden grinsend betrachtete. Sofort ließ der Fremde von ihr ab und eilte davon. Shin Soto war inzwischen in Tokyo nur allzu gut bekannt war und jeder, der in seiner Nähe ein Mädchen unzüchtig anmachte, verschwand lieber sofort wieder.

“Soto-san”, sagte Kanae erfreut und errötete sofort, auf Grund eben dieser Freude. “Gut, dass Sie immer im rechten Augenblick zur Stelle sind.”

Shin seufzte. “Wann fängst du endlich an, mich zu duzen, Kanae?”

“Aber... Das geht doch nicht”, sagte sie und wurde noch röter.”

Er verdrehte die Augen. “Manchmal bist du in dieser Hinsicht noch schlimmer, als Kyoko.”

Er nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich fort. “Außerdem sind wir verabredet, schon vergessen? Und da ich weiß, wie du auf andere Männer wirkst”, er grinste sie gemein an und ihr Blick wurde sofort hart, “bin ich etwas früher erschiene, um dir zu helfen. Nur für den Fall.”

“Und mal wieder hattest du Recht”, entgegnete sie zähneknirschend.

Er blieb stehen und strahlte sie an. “Na bitte. Ich wusste doch, dass du es kannst.”

Sie öffnete ihren Mund für eine schnippische Antwort, doch er verhinderte das, indem er sie küsste. Es war nur ein flüchtiger Kuss, aber er reichte aus, um sie vollkommen zum Schweigen zu bringen.

“Na also”, hauchte er. “So ist es schon viel besser.”

Shin tätschelte ihr spielerisch die Wange und zog sie weiter zum Restaurant, während sie sich stumm alle möglichen Schimpfwörter ausdachte, die sie ihm am Liebsten an den Kopf werfen würde.
 

In einer kleinen Karaokebar in der Mitte von Tokyo war ein Zimmer voll von jungen Frauen, die sich die Seele aus dem Leib sangen. Diese Mädchen waren Midori, Misaki, Kaede und Kaedes beste Freundin, die sie an der Uni kennengelernt hatte.

Gerade sang Kaede Keep Bleeding von Leona Lewis [ich nehme jetzt einfach an, dass ihr das alle kennt. Ansonsten kann ich euch ja den Link schicken. ^^] und die anderen waren einfach nur begeistert und sangen fröhlich mit.

Schließlich ließ sie sich neben den anderen nieder, während ihre Freundin Nothing else matters anstimmte.

“Sagt mal, warum haben wir eigentlich Kyoko nicht mitgenommen?”, fragte Misaki.

“Na ja, sie ist noch nicht wirklich bereit für gute Laune”, entgegnete ihre große Schwester traurig. “Rens Tod nimmt sie noch immer ziemlich mit.”

“Er nimmt uns alle noch immer ziemlich mit, aber irgendwann muss man wieder anfangen zu leben”, meinte Kaede streng.

“Dabei warst du doch diejenige, die bisher das größte Verständnis für die Kleine entgegengebracht hat”, bemerkte Midori.

“Ich weiß, aber irgendwann kommt der Punkt, an dem es genug ist. Versteht ihr, was ich sagen will?”

“Ja, ich denke schon. Sie sollte mal wieder in der Agentur vorbeischauen”, sinnierte Misaki und trank einen Schluck Cola. “Takarada-san steht jeden Morgen in der Eingangshalle und rechnet fest damit, dass sie jeden Moment durch die Tür kommt, um ihre Arbeit wieder aufzunehmen.”

“Da kann er noch lange warten”, erklärte Kaede. “Zuerst muss sie wieder lachen, davor wird sie keine Fuß in die Agentur setzten.”

“Du kennst dich ziemlich gut damit aus.”

“Natürlich tue ich das. Oder hast du Ben schon vergessen?”

Midori schluckte. “Nein, natürlich nicht. Das war auch so ein schwerer Schlag. Genauso, wie bei Ren.”

“Wollen wir nicht lieber über etwas anderes reden?”, fragte Misaki. “Immerhin sind wir hier, um meine No 1 Single zu feiern, oder nicht?”

Sie lachten alle und stießen noch einmal an.

Die Gläser trafen klirrend aufeinander und plötzlich zerbrach Kaedes in tausend Stücke. Die dunkle Flüssigkeit lief an ihren Armen herunter und vermischte sich mit dem Blut, das aus den Wunden strömte, die die Glasscherben verursacht hatten. Diese fielen geräuschvoll zu Boden und zersprangen abermals in viele kleine Teile. Das Blut und die Cola tropften darauf, während die Midori hastig zu den Angestellten lief, um Verbandszeug zu holen und die anderen Frauen vorsichtig nachsahen, ob irgendeine schlimme Verletzung dabei ist.

Kaede selbst hatte ihren Blick starr auf die Scherben gerichtet. Das Blut und die Cola hatten eine kleine Lache gebildet in der die Scherben nur so glänzten. Das erinnerte sie unwillkürlich an ein Bild, dass sie einmal in einem Erdkundebuch gesehen hatte.

“Bahamas”, murmelte sie und plötzlich musste sie lächeln.
 

Er stand an der Reling und schaute zu der Inselgruppe hinüber, auf die sie zufuhren.

“Na? Was siehst du, mein Freund?”

Er drehte sich um und lächelte. “Land, Captain. Ich sehe Land.”

Der Kapitän lachte und klopfte ihm auf die Schulter. “Na, das ist doch ein gutes Zeichen, nicht wahr?”

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An dieser Stelle will ich mich schon mal für die ersten Kommentare bedanken und allen, die mir immer noch treu sind. Keine Sorge, ich hab keine Lust auf die ewige Melancholie, deshalb habe ich auch einen schnellen Zeitsprung gemacht, damit wir wieder zu einer einigermaßen fröhlichen FF kommen. ^^

Ja, meine spontanen Entscheidungen sind doch manchmal gar nicht mal so schlecht, nicht wahr?

Nun denn, das war es auch schon, was ich loswerden wollte.

Bis bald

Eure Ayako

Ein Mädchen, Kornblumen und ein Todesfall

Ein Mädchen, Kornblumen und ein Todesfall
 

Der zwölfte Schlag der Kirchturmglocke verklang und Stille kehrte in dem Vorort Tokios ein. Alle waren jetzt in ihren Betten und schliefen, nur einige wenige Fenster waren beleuchtet. Doch auch jene Lichter würden bald verlöschen und der Ort würde in die vollkommende Schwärze der Nacht gebettet werden. Selbst die Straßenlaternen schalteten sich nun leise aus.

Plötzlich erhellte weißes Scheinwerferlicht die verlassenen Straßen. Die wenigen Leute, die noch wach waren, eilten zu ihren Fenstern und beobachteten, wie ein weißer Toyota die Hauptstraßen entlang raste. Am Steuer war ein älterer Mann zu erkennen, der äußerste aufgeregt aussah.
 

Sozo Hira hatte einen erfolgreichen Tag hinter sich. Die Geschäfte waren perfekt gelaufen, die Aktien hätte nicht besser sein können und er so war er glücklich nach Hause gefahren. Doch sobald er das Haus betreten hatte, war die Schwermut zurückgekehrt. Seine Verlobte und Mutter seiner Tochter war zusammen mit eben jener Tochter im Krankenhaus. Saena hatten nun doch die Nachwirkungen der Geburt eingeholt und da die Ärzte sich nicht sicher waren, ob auch das Kind etwas abbekommen hatte, weilten sie nun beide im Tokioter Krankenhaus.

Sozo seufzte und stellte seine Aktentasche auf dem Boden ab. Dann lief er zum Telefon, um sich noch etwas zu bestellen. Doch gerade, als er nach den Hörer greifen wollte, klingelte das Gerät.

“Sozo Hira”, knurrte er mit seiner tiefen Stimme.

“Guten Abend, Hira-san. Entschuldigen Sie bitte die Störung, aber hier ist Doktor Soto.”

“Doktor Soto! Guten Abend. Was gibt es denn? Ist mit Saena irgend etwas nicht in Ordnung?”

“Nun, das kommt darauf an, wie Sie ‘in Ordnung’ definieren.”
 

Nun jagte er voller Wut auf den Straßen entlang. Sein Ziel war das Krankenhaus. In seinen Kopf gab es nur noch einen Gedanken: //Saena.//

Er hatte gewusst, dass dieser Tag irgendwann einmal kommen würde, doch nicht, dass es so schnell sein würde. //Na warte Saena, dafür wirst du bezahlen.//

Doch er würde keine Gelegenheit mehr dazu haben, sich an ihr zu rächen.

Er jagte um die nächste Kurve...

Ein lauter Knall.

Glas zersplittert.

Der Schrei Jugendlicher.

Ein unerträglicher Schmerz.

Und dann...

Nichts mehr.

Sozo Hira war sofort tot.

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Hallihallo!!!!!!

Da bin ich wieder. Mit einem frischen, neuen Kap von Another Day in Paradise.

Mit diesem Kapitel beginnt nun offiziell der Handlungsstrang dieser FF. Alles, was über den Strich da oben ist, also auch die vorherigen Kapitel, war eine Art Vorwort, um die Situation zu erklären... Wenn ihr versteht, wie ich das meine...

Doch sobald ich mit diesem Mittwort (anders kann man es ja nicht bezeichnen) fertig bin, beginnt der offizielle Handlungsstrang.

Nun, was erwartet uns und die Charaktere? Also... Tränen, Hass, Trauer, Liebe, Freude, Familie, Freundschaft,... also eine gesunde Mischung vom Leben. Es wird zwei wichtige neue Charaktere geben, aber auch einige aus der Vergangenheit werden wieder auftauchen, zum Beispiel unsere liebe Khira oder der gutmütige Mr. Teen.

Also, lehnt euch zurück und lasst euch entführen in den Abschluss dieser wunderbaren Trilogie. Und lasst mir bei Gelegenheit ein Kommi da, ja?

Danke im Vorraus und viel Spaß!!!!!

Eure Ayako

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Das kleine Mädchen saß zwischen den Bausteinen und versuchte, ein Haus zu bauen. Ihre Haare, die zu zwei Zöpfen zusammengebunden worden waren, waren ungewöhnlich hell. Sie machte einen glücklichen Eindruck. Ein Teddybär, der viel zu groß für das kleine Mädchen war, wachte über das friedliche Spiel.

“Das ist sie”, sagte Shin traurig. “Saya. Deine Mutter hat sie einfach hier zurückgelassen, ohne ein Wort des Abschieds.”

“Was ist mit ihrem Vater?”, fragte Kyoko und betrachtete ihre kleine Schwester nachdenklich.

“Tot”, entgegnete Shin ruhig. “Auf dem Weg hierher hatte er einen Unfall bei dem er tödlich verunglückt ist.”

Kyoko seufzte. “Armes Ding. Innerhalb einer Nacht beide Eltern zu verlieren ist wirklich hart.”

“Das Problem ist, dass ich nicht weiß, was ich jetzt mit ihr machen soll. Meine Eltern haben keine Zeit für ein kleines Kind und ich selbst bin mit der Arbeit zu gestresst. Aber ich will die Kleine auch nicht in ein Waisenhaus schicken. Das wäre ungerecht. Immerhin hat sie ja noch Familie.”

“Ja, eine Familie, die sie nicht haben will.”

Shin sah Kyoko wütend an. “Das ist nicht wahr, wir haben einfach keine Zeit.”

Die Schwarzhaarige musterte Saya noch einmal, dann seufzte sie. “Na schön, ich kümmere mich um sie.”

“Bist du dir sicher?”

“Ja. Ich möchte ihr das Schicksal ersparen in einer lieblosen Umgebung aufzuwachsen. Das hat sie wirklich nicht verdient.”

Shin drückte seiner Cousine fest an sich. “Danke, Kyoko-chan, du bist die beste.”

Die Jüngere verdrehte die Augen, riss sich los und ging auf das kleine Mädchen zu. Diese blickte neugierig auf, als sie näher kam und nahm die Fremde in Augenschein.

Kyoko kniete sich vor sie und streckte ihr die Hand hin. “Hallo Saya. Ich bin Kyoko, deine große Schwester. Ab heute sind wir eine Familie.”
 

Saya blieb noch eine Weile im Krankenhaus bis Kyoko mit Hilfe von Kaede, Shin, Yashiro und Sho ein Kinderzimmer für das Mädchen eingerichtet hatte. Außerdem kaufte sie ein paar Bilderbücher und Spielzeug und ließ sich erklären worauf sie beim Umgang mit kleinen Kindern achten musste. Schließlich kam der Tag, an dem das kleine Mädchen in sein neues Zuhause kam.

Es dauerte nicht lange und die beiden Schwestern waren der Schatten der jeweils anderen geworden. Saya lief ihrer “O-nee-chan” immer hinterher und versuchte ihr alles nachzumachen. (Sie hatte bereits bei ihrer Mutter das Laufen gelernt.)

Kyoko derweile machte es einen Heidenspaß, der Kleinen Märchen vorzulesen und sie in süße kleine Kleidchen mit vielen Rüschen zu stecken, die Maria-chan der Kleinen geschenkt hatte, als sie einmal zu Besuch da gewesen war. Jeden Tag sah man die beiden über den Strand spazieren, während Sen vor ihnen herumsprang und Saya ihn einzuholen versuchte. Und endlich konnte man Kyoko wieder lachen sehen. Aber ihre Trauer war noch nicht vorbei, auch wenn ihre kleine Schwester sie ablenkte. Immer wenn sie in einer Zeitung ein Bild von Ren erblickte oder er in einem Film mitspielte, verkrampfte sich etwas in ihr und sie brach sofort in Tränen aus. Das führte soweit, dass sie irgendwann den Fernseher nur noch anschaltete, damit Saya ihren Lieblingsanime angucken konnte oder sie sich den Wetterbericht für den nächsten Tag ansah. Zeitungen schlug sie überhaupt nicht mehr auf.

Einmal in der Woche brachte sie ihre kleine Schwester zu Midori, die gerne ein paar Stunden auf sie aufpasste und fuhr mit dem knallpinken Smart, den der Präsident ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, mit der Bitte, wieder in die Agentur zurückzukehren, zum Friedhof, um Ren zu besuchen.

Unter den Bäumen und zwischen den Toten fand sie den Frieden, den sie sonst nirgends finden konnte. Hier konnte sie in Ruhe ihren Gedanken nachgehen und Ren alles erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Nebenbei kümmerte sie sich um die Blumen.

Als sie an diesem Tag dorthin kam, fand sie Kaede vor, die eifrig dabei war, Kornblumen auf das Grab zu pflanzen und mit dem Pfarrer plauderte, der öfters seine Runden durch die Grabsteine drehte. Auch Kyoko hatte sich schon einige Male mit ihm unterhalten.

“Oh, guten Tag Mogami-san”, sagte er freundlich, als er sie entdeckte. “Wieder da?”

“Guten Tag, Pater”, erwiderte sie lächelnd. “Hallo Kaede.”

“Hi Kyoko. Wie geht es dir?”, fragte sie fröhlich und erhob sich. “Ich gehe kurz Wasser holen, nicht dass uns die Blumen jetzt schon verdursten.”

Sie lief in Richtung Pumpen davon.

“Sie ist wirklich ein sehr fröhlicher Mensch”, sagte der Pfarrer warmherzig und wandte sich der Schwarzhaarigen zu. “Sie hat ihr Leben wiedergefunden und auch du scheinst dorthin zurückzukehren. Das ist sehr beruhigend.”

Er lächelte ihr zu. “Nun, ich muss nun meiner Arbeit nachgehen, eine erneute Beerdigung steht an und ich möchte die Familie nicht zu lange warten lassen. Einen schönen Tag noch.”

“Ihnen auch, Pater.”

Sie beobachtete, wie er Richtung Kirche verschwand. Dann setzte sie sich auf die Parkbank, die vor Rens Grab unter einer alten Eiche stand und betrachtete die Blumen, die Kaede eben eingepflanzt hatte.

Diese kam auch schon einige Momente später mit einer Gießkanne zurück und schenkte den Pflanzen Wasser. Danach brachte sie die Kanne wieder dahin, wo sie hingehörte und ließ sich neben Kyoko auf der Bank nieder.

“Warum eigentlich Kornblumen?”, fragte die Jüngere. “Schon bei der Trauerfeier hast du eine Kornblume auf sein Grab gelegt und nun wieder.”

Kaede lächelte. “Kennst du die Blumensprache?”, fragte sie.

Kyoko schüttelte mit den Kopf.

“Früher hatten Liebende nur wenige Möglichkeiten, sich miteinander zu verständigen bevor sie verheiratet wurden. Deshalb überbrachten sie mit Hilfe von Blumen ihren Angebetenen Nachrichten. Rote Rosen zum Beispiel bedeuten Liebe und Lindenblumen bedeuten ‘Träume süß, ich denk an dich’.”

“Und was bedeuten Kornblumen?”, fragte Kyoko neugierig.

Kaede lächelte traurig. “Sie bedeuten ‘ich gebe die Hoffnung nicht auf.’”

Kyoko öffnete den Mund um etwas zu sagen und schloss ihn wieder. Ein langes Schweigen kehrte ein, bis sie sagte: “Ich glaube, ich sollte demnächst auch Kornblumen mitbringen.”

Die Ältere schüttelte mit den Kopf. “Es ist falsch, Kyoko. Du solltest lieber wieder leben, anstatt dich an einen Toten zu klammern. Ren hätte das auch so gewollt.”

“Aber du glaubst doch auch nicht an seinen Tod.”

“Doch, an Ren Tsurugas Tod glaube ich”, sagte sie ernst. “Und den möchte ich auch nicht wieder sehen.”

“Aber...”

“Es ist Kuon, an dessen Leben ich glaube. Und zwar nur Kuon.” Sie blickte hinauf in den Himmel und seufzte. “Es sieht nach Regen aus, wir sollten besser gehen.”

“Nein, ich bleibe noch ein bisschen.”

Kaede sah sie nachdenklich an, dann seufzte sie. “Wenn schon nicht für dich, dann lerne wenigstens für Saya zu leben, Kyoko.”

Damit ging sie davon.

Die inzwischen Neunzehnjährige blieb alleine auf der Parkbank zurück und wartete darauf, dass der kommende Regen ihre Tränen davon wusch.

Kaede hatte Recht. Sie durfte sich nicht in ihrer Trauer verkriechen! Sie musste wieder nach draußen und leben! Sie musste wieder ‘Kyoko’ werden!

Entschlossen stand sie auf und sah hinauf in die dunklen Wolken.

“Na warte, Kuon! Ich werde zurückkehren und du wirst das gefälligst auch tun!”

Lächelnd lief sie schnellen Schrittes über den Kiesweg zu ihrem Smart. Sie wusste, was sie nun zu tun hatte.

Kyoko Mogami war zurück und so schnell würde sie nichts mehr unterkriegen können.
 

Kaede beobachtete zufrieden, wie Kyoko in ihr Auto stieg.

“Na endlich”, murmelte sie grinsend. “Wurde ja auch Zeit.”

Hasen, Drogen und Erinnerungen

Gute Nacht meine Freunde. ^^

Es ist jetzt zehn Minuten vor Mitternacht und das heißt, dass Ayako jetzt gleich ins Bett geht. XDDDDDD

Doch für unsere Charas heißt es aufstehen, denn ich habe vor etwa zwei Minunten das neueste Kappi vollendet, nämlich dieses hier. Allerdings habe ich im Anbetracht der Uhrzeit keine Lust mehr auf einen Rechtschreibcheck, weshalb einige Fehler drin sein könnten, aber die könnt ihr ja einfach übersehen. ^^

Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß mit dem Kap und gute Nacht. ^^

Eure Ayako

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Hasen, Drogen und Erinnerungen
 

Er stand da, ohne eine sichtbare Bewegung von sich zu geben, die Arme verschränkt, das Kinn stolz gereckt und den Blick auf die Tür geheftet. Seine Körperhaltung strahlte Selbstbewusstsein aus, doch es war jedem klar, dass die Person, auf die er wartete, ein Pechvogel sein musste, da sein Gesicht zu einer wütenden Maske verzogen war. Er trug ein maßgeschneidertes Hasenkostüm, was seinem Aussehen einen amüsanten Touch verlieh. Dennoch wagte es keiner zu lachen, war dieser Anblick doch zu einem alltäglichen Gut geworden.

Ja, Rory Takarada wartete, wie er noch nie gewartet hatte und das bereits seit einem Jahr. Jeden Morgen stellte er sich aufs Neue in die Eingangshalle von LME und richtete seinen Blick auf den Haupteingang. Er wusste, früher oder später würde sie zurückkommen und solange würde er warten. Doch langsam wurde auch seine Geduld erschöpft und er nahm sich vor, ihr noch eine letzte Woche zu geben, bevor er eigenhändig in ihr Haus marschieren und sie zurückholen würde.

“Und er wartet schon wieder”, seufzte Misaki und starrte zu dem menschlichen Hasen hinüber. [Das Kostüm war übrigens rosa, so wie im Schuh des Manitu, falls es jemanden interessiert...]

“Ja, langsam gewöhnt man sich an das Bild”, entgegnete Yashiro und folgte ihrem Blick.

“Stimmt”, mischte sich Sawara-san ein, der in diesem Moment zu ihnen stieß. “Langsam könnten wir ihn als unser Markenzeichen bezeichnen, wir brauchen sowieso ein neues. Bis vor einem Jahr ist es ja Ren gewesen, aber... nun ja...”

Sie verfielen in Schweigen und betrachteten den Hasen.

“Wenn sie doch wenigstens wiederkommen würde”, meinte Sawara-san deprimiert. “Dann käme wieder Stimmung in die Agentur...”

“Redet ihr von Kyoko?”, fragte Kanae neugierig, die gerade aus einem Fahrstuhl stieg.

Sie nickten.

“Ja, es wäre wirklich gut, wenn sie hier wieder auftauchen würde. Dann könnte man wenigstens wieder mit ihr reden.”

“Immer noch keine Besserung?”, fragte Misaki.

“Nein. Ich dachte ja, Saya würde sie wieder aufbauen, aber...”

“Hey, seht mal!”

Sie wandten sich um und folgten Yashiros Arm, der auf den Eingang zeigte.

“Nee, das glaube ich jetzt nicht”, murmelte Kanae.

“Ich schon”, strahlte Sawara-san.

Kyoko hatte soeben das Gebäude betreten und wirkte selbstbewusster den je. Das Licht fiel ihr in den Rücken und gab der Szenen etwas beeindruckendes. //Filmreif//, dachte Kanae lächelnd.

Kyoko war beim Frisör gewesen. Sie hatte wieder dieselbe Frisur, wie damals, als sie das erste Mal nach LME kam, nur dass ihre Haare diesmal schwarz geblieben waren. Ihre Haltung war selbstsicher und lebensfroh, von der traurigen Stimmung des letzten Jahres war nichts mehr zu sehen. Was war nur mit ihr geschehen? Diese Wandlung war mehr als merkwürdig.
 

Kyoko blieb einige Schritte vor Rory stehen, der sie mit einem strengen Gesichtsausruck musterte. Sie atmete tief durch und verbeugte sich tief vor ihm.

“Ich bitte vielmals um Entschuldigung.”

Der Hase hob eine Augenbraue, konnte sich ein Schmunzeln allerdings nicht verkneifen.

“Ich bin ein ganzes Jahr lang von der Arbeit ferngeblieben ohne mich zu entschuldigen, das war unverantwortlich und ich würde es verstehen, wenn Sie mich dafür rauswerfen, aber dennoch bitte ich darum, meine Arbeit wieder aufnehmen zu dürfen.”

Rory setzte sofort wieder ein ernstes Gesicht auf. “Mogami-kun, würdest du dich bitte gerade hinstellen? Für eine Schauspielerin schickt es sich nicht, sich so tief zu verbeugen.”

Sie hob erstaunt ihren Kopf und starrte ihn an.

“Ich möchte, dass du sofort zu Sawara-san gehst und dir die Drehbücher geben lässt, die für dich angekommen sind. Außerdem wird er auch einen Betreuer für dich raussuchen, wir können doch nicht unsere Spitzenschauspielerin alleine in der Gegend rumlaufen lassen.”

Ein breites Lächeln erschien auf dem Gesicht der Schauspielerin. “Ja, das werde ich sofort machen. Danke Takarada-san.”

“Ach, geh einfach. Und ich warne dich, wenn du nicht mindestens so gute Leistungen wie letztes Jahr hervorbringst, könnte ich mir das mit deiner Arbeit noch mal überlegen.”

Sie verbeugte sich abermals und schlug den Weg zu den Fahrstühlen ein, wo immer noch alle beisammen standen und sie anstarrten.

“Ach, Mogami-kun!”

Sie drehte sich noch einmal um und sah in das lächelnde Gesicht von dem Präsidenten. “Willkommen Zuhause.”

Sie strahlte ihn an und nickte, dann drehte sie sich wieder um und lief direkt auf Sawara-san zu. “Guten Tag, Sawara-san.”

Er starrte sie mit offenen Mund an, dann strahlte er. “Mogami-san!”, rief er und umarmte sie. “Wie wunderbar, dich wiederzusehen.”
 

So ähnlich ging es den ganzen Tag weiter. Alle Mitarbeiter begrüßten sie mehr oder weniger erfreut und sie bekam einen Berg Drehbücher überreicht, die sie mit nach Hause nahm, um sie ausführlich studieren zu können.

//Wow, da könnte man meinen, dass man nach einem Jahr überhaupt keine Angebote mehr bekommt, aber wie es aussieht, vermehren sie sich sogar.//

Sie saß auf ihrem Sofa im Wohnzimmer und blätterte gerade eines der Drehbücher durch. Plötzlich spürte, wie jemand an ihrem Rockzipfel zog und sie blickte auf. Saya und Sen hatten sich zu ihr gesellt und die beiden sahen sie mit großen Augen bzw. Hundeaugen an. Sie lächelte. “Na ihr beiden? Was gibt’s? Hunger?”

Saya wandte ihren Blick auf die aufgeschlagene Seite, deutete darauf und gab einen undefinierbaren Laut von sich.

“Was ist? Willst du wissen, was das ist?”

Die Kleine nickte begeistert. Kyoko sah das Mädchen und den Hund schmunzelnd an. “Na schön, dann setzt euch zu mir.”

Das ließen sich die beiden nicht zweimal sagen. Sen sprang hastig auf das Sofa und legte sich neben sie und das Mädchen kletterte vorsichtig auf Kyokos andere Seite.

“Also, ich muss arbeiten, damit wir Geld haben und uns Essen kaufen können und das ist Teil meiner Arbeit. Das nennt man ein Drehbuch, da stehen Texte drin, zu denen ich vielleicht etwas spielen werde. Denn ich bin Schauspielerin, das heißt, ich spiele eine andere Person.”

Kyoko hielt inne und überlegte, was es für einen Sinn machte, dem Mädchen und dem Hund diesem Umstand zu erklären, immerhin verstanden sie wahrscheinlich sowieso nicht, was sie ihnen erzählte, aber es tat gut, mit jemanden zu reden und so begann sie, ihnen von den Handlungen zu erzählen und erklärte ihnen, was sie spielen würde. So gingen sie jedes einzelne Drehbuch durch, bis sie fertig waren.

Es waren wirklich die unterschiedlichsten Angebote dabei. Soaps, Liebesfilme, Krimis, Buchverfilmungen, die Synchronisierung für einen neuen Anime, die Verfilmung eines Anime, etc. Doch was sie am meisten interessierte, war ein Musical. Das Drehbuch dafür hatte sie zuallerletzt gefunden. Es handelte sich dabei um die Umsetzung eines Buches von Midori Takechi zu einem Musical, das verfilmt werden sollte, bevor es eine Bühnenaufführung hatte, was eigentlich ungewöhnlich war, doch der Regisseur (kein geringerer als Ogata-san, der Regisseur von Dark Moon) hatte es so gewollt.

Sie las sich interessiert die Inhaltsangabe durch...
 

Kaltes Wasser ließ an seinem nackten Körper herab und brachte ihm einen kurzen Moment des Friedens. Er schloß die Augen und lehnte sich an die kalte Wand, während die Dusche das Blut davon spülte. Von wem stammte das Blut? Von ihm oder von jemand anderen? Hatte er sich wieder auf eine Prügelei eingelassen? Er konnte es nicht sagen. Seit er die Pille geschluckt hatte, die Nate ihm gegeben hatte, war alles schwarz gewesen bis er die Stimme seiner Schwester gehört hatte. Sie hatte ihn zurückgeholt ins... Ja, wohin eigentlich? Ins Leben? Was war dieses Leben schon wert? Vielleicht hätte er doch lieber im dunklen bleiben sollen. Er seufzte und stellte die Dusche ab. Er war sauber, rein, doch an seinen Händen klebte vielleicht Blut, das sich nicht so einfach abwaschen ließ.

Er stieg aus der Dusche und griff nach dem Handtuch, das jemand für ihn dorthin gelegt hatte. Seine Schwester?

Langsam begann er damit sich abzutrocknen.

Was ist der Sinn des Lebens? Leben erschaffen? Oder der Tod? Warum lebte er, wenn er doch eh sterben würde? Und warum durfte er die Zeit bis dahin nicht so verbringen, wie er es wollte? Warum untersagten ihm alle, ins Land der Träume zu gehen? Warum durfte er keine Drogen nehmen?

Er seufzte und spürte bereits die ersten Anzeichen für den Entzug. Eilig griff er nach seiner Jeans und begann in den Taschen zu wühlen. Tatsächlich fand er das Kästchen. Es wunderte ihm, dass sie es ihm nicht abgenommen hatten. Sie waren sonst doch auch nicht so “tolerant”.

Hastig öffnete er das Kästchen und nahm eine der Pillen zwischen Daumen und Zeigefinger. Ein Teil von ihm, der schon von Anfang an dagewesen war, wollte diesen kleinen Gegenstand am liebsten in den Abfluss schmeißen. Seine Schwester würde wieder weinen, wenn er sie jetzt nahm und auch Mr. Teen, der einzige Erwachsene, der ihm wirklich etwas bedeutete, würde enttäuscht sein. Und ihm selbst tat es doch auch nicht gut. Immer, wenn er eine Pille nahm, wurde er zu einem anderen Menschen und tat allen weh. Das wollte er doch gar nicht. Er wollte sich selbst weh tun. Sich selbst verletzten, dem einzigen Menschen, den er hasste. Doch statt dessen tat er allen anderen weh und besonders den wenigen, die er liebte.

Ja, dieses Argumente waren gut, doch der Teil in ihm, der darauf appellierte, war mit jedem Tag kleiner geworden. Und so siegte auch diesmal wieder der andere Teil. Der Teil des Verlangens, des Egoisten, der Teil, der Erlösung wollte und Vergessen. Ja, vergessen konnte man gut. Alles vergessen. Das Leben, die Schule, die Familie, die Freunde und irgendwann würde er auch sich selbst vergessen. Ja, das klang gut.

Langsam führte er seine Hand zu seinem Mund. In dem Moment, in dem er schluckte, klopfte es an der Tür.

“Kuon? Ist alles in Ordnung? Kann ich reinkommen?”

Mr. Teen.

Doch das schlechte Gewissen verschwand in Nu und er wurde abermals in den Strudel des Vergessens gezogen...
 

“Und? Schon irgendwelche Ideen, wer du sein könntest?”

Kuon schüttelte mit den Kopf. “Nein, leider nicht. Ich weiß nur, dass ich eine Schwester habe.”

“Na, das ist ja schon mal ein Anfang.”

Kuon nickte und schaute auf das Schiff. Vor dem Sonnenuntergang erschien es wie ein großer Schatten.

“Keine Sorgen, Großer. Wir werden dein Zuhause schon finden.”

“Ja, das werden wir”, entgegnete er lächelnd und wandte sich vom Meer ab, um zu dem Wirtshaus zurückzukehren. Er musste so viel Schlaf wie möglich bekommen. Morgen würde ein langer Tag werden.

Neues aus LME

Tag auch, meine Lieben. ^^

Endlich hatte ich die Zeit und Muße, mich an diese Kappi zu setzen und es zu schreiben. Ich werde jetzt wahrscheinlich immer einmal, höchstens zweimal in der Woche ein Kapitel on stellen, da mich die Schule ziemlich in Beschlag nimmt. Unseren Lehrern ist nämlich auf einmal aufgefallen, dass wir nächsten Jahr ja in die Oberstufe kommen und bombadieren uns mit Vokabeltests, Leistungskontrollen, Stoffeinheiten, Hausaufgaben, ...

Sprich: ich bin etwas im Stress. ^^

Also, falls es mal etwas länger bis zum nächsten Kapitel dauert, wisst ihr ja jetzt, warum. ^^

Aber jetzt wünsche ich euch erst Mal viel Spaß mit diesem Kappili.

Bis bald

eure Ayako

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Neues aus LME
 

Es war 5 Uhr morgens. Im Hauptgebäude von LME herrschte noch friedliche Stille. Die Empfangsdamen ordneten schwatzend ihre Arbeitsplätze, ein paar erste Stars schlenderten gähnend durch die Gänge und ließen sich von ihren Betreuern den Tagesablauf schildern und auch im Büro war nur wenig los, die meisten würden erst in drei Stunden anfangen.

Doch das Büro des Präsidenten war bereits gefüllt, ähm... Büro?

“Und? Wie gefällt euch meine heutige Dekoration?”, fragte Rory strahlend und sah seine beiden übermüdeten Besucher an.

An den Wänden war ein Bild von dem Hafen Miamis, was daran zu erkennen war, weil auf einem der Gebäude auf dem Bild ein Schild war, wo das stand. (Übrigens erstreckte sich das Bild über alle vier Wände.)

Der Schreibtisch hatte die Form eines Schiffes angenommen und anstatt der üblichen Stühle hingen von der Decke Hängematten herunter. Rory selbst hatte sich als ein Matrose verkleidet und strahlte über beide Ohren. “Na kommt schon, setzt euch.”

Kyoko und Yashiro wechselten einen hilflosen Blick und ließen sich auf den Hängematten nieder.

“Nun gut, schön, dass ihr hier seid. Möchtet ihr etwas zu trinken? Einen Kaffee zum Beispiel oder möchtet ihr lieber etwas essen? Wir hätten Kuchen.”

“Nein danke, Takarada-san”, lallte Yashiro und gähnte ausgiebig. “Ich muss mich wieder daran gewöhnen, ohne Kaffee auszukommen, oder ich werde auf der Tournee sterben.”

“Ah, ja genau darüber wollte ich mit euch reden.”

“Hä? Warum wollen Sie mit mir und Kyoko-chan darüber reden?”

“Nun, es gibt da eine kleine Änderung in der Jobaufteilung. Yashiro-san, Sie sind hiermit als der Manager von Teens-Rock-School gefeuert.”

“WAAAS????? Aber... Wieso? Ich... Ich habe doch immer...”, begann Yashiro entsetzt, doch Rory gebot ihm, still zu sein. “Kano Muan wird nun deinen Job übernehmen, weil er besser ins Musikgeschäft passt. Doch da du einer der besten Manager bist, die LME je hervor gebracht hat, wirst du einen neuen Schützling bekommen und da kommst du ins Spiel, Kyoko-chan.” Er sah die beiden lächelnd an. “Herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Manager.”

Die beiden starrten ihn einen Augenblick lang verdutzt an. Rory konnte förmlich beobachten, wie die Informationen langsam in ihren Gehirnen einrasteten, bis Yashiro sagte: “Wow.”

Er wandte sich Kyoko zu und streckte ihr die Hand hin. “Nun, dann hoffe ich auf gute Zusammenarbeit.”

Kyoko strahlte und ergriff seine Hand. “Ich freue mich sehr darauf, Yashiro-san.”

Sie wandten sich wieder Rory zu und wichen unwillkürlich ein wenig zurück. In den Augen von dem Mann hatten sich einige Tränen versammelt.

“W... was ist?”

“E... es ist einfach so wunderbar zu wissen, dass es jetzt wieder ein Spitzenteam in LME gibt”, schluchzte er und schneuzte in ein überdimensionales Stofftaschentuch, das genausogut ein Teppich sein könnte. “Nun ja... Willst du jetzt eigentlich in dem Musical mitspielen?”, fragte er.

Yashiro blinzelte. “Musical?”

“Ja, in Anlehnung auf den Roman Meereskind von Midori Takechi.”

“Oh, dieser Liebesroman der in Miami spielt?”

“Genau der.”

“Wirklich? Und welche Rolle würdest du übernehmen?”

“Die der Kasumi.”
 

An dieser Stelle wäre es vielleicht angebracht, den Lesern zu erklären, um was es in Meereskind überhaupt geht. Nun, es handelt sich dabei um eine Liebesgeschichte, die am Hafen von Miami spielt. Die junge Kasumi Honda hat dort einen Anlegeplatz gemietet, wo ihr kleines Segelboot vor Anker geht. Jeden Tag fährt sie damit hinaus auf den Golf von Mexiko und unternimmt Tauchgänge. Mit der Zeit kennen die Arbeiter des Hafens und die Fischer die junge Frau und beobachten sie manchmal, wenn sie wieder ablegt. Was dabei auffällt ist, dass sie immer alleine ist und oft eine traurige Miene aufgesetzt hat. Eines Tages beobachtet Jack, ein Hafenarbeiter, wie sie ins Wasser springt und nicht mehr auftaucht. Nach einer Weile wird er besorgt und fährt mit seinem Motorboot hinaus, um nachzusehen, ob etwas passiert wäre. Tatsächlich sieht er neben ihrem Boot ihren leblosen Körper schwimmen. Im letzten Moment kann er ihr das Leben retten und bringt sie ins Krankenhaus. Dort stellt sich heraus, dass sie sich hatte umbringen wollen. Eine romantische Liebesgeschichte zwischen Jack und Kasumi beginnt, die von vielen kleinen Nebenhandlungen und musikalischer Begleitung umrahmt wird, allerdings mit einer dramatischen Todesszene endet.
 

“Juhuuu! Das heißt, wir fliegen nach Miami”, jubelte Yashiro begeistert, als die beiden das Büro des Präsidenten verließen.

Kyoko lächelte. “Ja, das werden wir. Aber erst nächste Woche und dann bleiben wir dort zwei Monate. Wirst du es überhaupt solang ohne Kaede aushalten können?”

Er seufzte. “Nein, aber was sein muss, muss sein. Außerdem wollte ich schon immer mal nach Miami. Ich bin ein Riesenfan von CSI-Miami musst du wissen. Und die Everglades wollte ich auch schon immer mal besichtigen, da müssen wir unbedingt einen Tag einplanen...” So ähnlich ging es noch eine Weile weiter, bis sie sich zu Kyokos ersten Job begaben: Dark Moon. Die Soap wurde immer noch gedreht, auch wenn sie bald eine Sommerpause einlegen würde, weil Ogata mit nach Miami fliegen würde. (Immerhin ist er der Regisseur.) In der letzten Folge davor würde Mio zurückkehren und alle waren schon gespannt darauf, Kyoko wiederzusehen.

Doch wie werden uns jemand anderem zuwenden.
 

Midori blinzelte. “Was?”

“Du hast schon richtig gehört”, sagte Kaede und trank ungerührt einen weiteren Schluck ihrer Limonade. “Ich bin schwanger.”

“Seit wann?”

“12. Woche.”

“Wow.”

“Wem sagst du das.”

“Weiß Yashiro es schon?”

“Nö. Ich war eben beim Frauenarzt und jetzt sind wir ja verabredet.”

“Na dann viel Spaß.”

“Danke, werde ich haben.”

Sie verfielen in Schweigen.

“Nun, dann solltet ihr vielleicht langsam mal heiraten...”

“Weiß nicht. So scharf bin ich nun auch wieder nicht drauf.”

“Ja, aber möchtest du ein uneheliches Kind zur Welt bringen?”

“Davon gibt es zur Zeit eine ganze menge.”

“Ja, stimmt, aber trotzdem. Kuon hätte es sicher auch so gewollt.”

“Was Kuon gewollte hätte und was nicht, müsste ich doch immer noch am besten wissen, oder?”

“Stimmt”, Midori lehnte sich zurück und musterte sie. “Du kanntest ihn wahrscheinlich am besten. Immerhin warst du seine Schwester.”

“Das bin ich immer noch.”

“Ja, das bist du. Aber er ist nicht mehr.”

Kaede zuckte mit den Achseln und trank einen weiteren Schluck.

Sie saßen auf der Veranda eines süßen Cafés inmitten eines Parks in Tokio. Es war ein friedlicher Ort und um diese Uhrzeit war auch nicht besonders viel los. Somit hatten die beiden Frauen ihre Ruhe und konnten ungestört miteinander reden.

“Und? Was macht das Studium?”

“Och, es läuft bestens. Ich komme gut voran. Und was macht dein neuester Roman?”

“Der wächst und gedeiht, meine Liebe.”

“Du musst ihn mir schicken, von mir aus auch nur das Manuskript. Dann habe ich wenigstens was zu lesen, wenn ich im neunten Monat bin und nichts mehr machen kann.”

“Nun, so extrem wird es schon nicht werden.”

“Na, wenn du meinst.”

“Ja, ich meine... Oh, ist das da nicht Sho?”

Kaede drehte sich um. Tatsächlich lief der Sänger lustlos am See entlang. “Sieht ziemlich deprimiert aus, der Gute.”

“Ich frage mich, was ihn so zugerichtet hat”, sagte Midori.

Die beiden Frauen sahen sich einen Augenblick an, dann standen sie auf und schlenderten zu ihm hinüber. Sho hatte sich inzwischen auf einer Bank niedergelassen und sah wirklich fix und fertig aus. So ähnlich wie jemand, der gerade einen Marathonlauf hinter sich.

“Hey, Fuwa-kun, kann es sein, dass du ein Problemchen hast?”, fragte Midori fröhlich und ließ sich neben ihm au fader Bank nieder.

Der Sänger sah sie erschrocken an und stöhnte. “Nein, bitte nicht.”

“Was denn? Woher diese plötzliche Abneigung, Fuwa-kun?”

“Midori, lass den armen Kerl doch in Ruhe. Er hat auch ohne dich schon genug Probleme.”

Sho zuckte zusammen und sah sie angsterfüllt an. “Probleme?”

“Ja, deine Songs sind wirklich erbärmlich, mein Freund. So deprimierend wie die sind, ist es kein Wunder, dass sie sich nicht verkaufen.”

Er senkte erleichtert den Kopf. “Ja, stimmt. Ist klar.”

Er erhob sich. “Ich muss dann weg. Bis bald.”

“Was ist denn mit dem los?”, fragte Midori verwirrt.

Kaede sah ihm nachdenklich hinterher. “Keine Ahnung.”
 

“Saya, wir fahren nach Miami”, rief Kyoko glücklich und knuddelte das kleine Mädchen stürmisch. Diese sah sie verständnislos an. “Ach, stimm ja, du kennst dich ja nicht damit aus. Also, Miami ist eine riesige Stadt in Amerika, das ist ganz weit weg und ich werde da einen Film drehen und du kommst mit.”

Sie holte den Laptop hervor, den Yashiro ihr in die Hand gedrückt hatte (und danach hatte er ihr noch Internet eingerichtet, was beide fast in die Verzweiflung getrieben hatte, bis irgendwann Kyoko auf die Idee kam, lieber einen Experten zu rufen) und öffnete den Internet Explorer.

“So, hier sind ein paar Bilder von Miami und das da”, sie vergrößerte eines der Bilder, die sie mit Hilfe einer Suchmaschine gefunden hatte, “wird unsere Ferienwohnung sein. Toll nicht? In der Nähe ist auch eine Kindertagesstädte, weil auch andere Schauspieler kleine Kinder mitbringen, da wirst du sicher ganz viel Spaß haben. Und du kannst auch mitkommen, Sen. Toll nicht? Wir fahren alle zusammen nach Amerika.”
 

Er streckte sich und ließ seinen Blick zu dem Sonnenaufgang gleiten, der das Meer zu einem riesigen Feuer werden ließ.

“Wunderschön, nicht?”, sagte Pete, einer der Matrosen, die zur Crew der Beloved Molly gehörten.

Kuon nickte. “Ja, das ist es.”

“Wir fahren heute weiter. Der Captain will nächste Woche nach Miami, um seine Familie zu besuchen. Wir werden dort etwa einen Monat bleiben. Solange arbeiten wir dann im Hafen.” Er wandte sich dem Halbjapaner zu. Seit er sich von seiner Lungenentzündung erholt hatte, die er bekommen hatte, nachdem sie ihn aus dem Meer gefischt hatten, waren sie beste Freunde geworden. “Vielleicht findest du dort jemanden, den du kennst. Hast du nicht gesagt, du wärst in Amerika geboren?”

“Ich denke schon, aber ich bin mir nicht sicher.”

Pete klopfte ihm auf die Schulter. “Das wird schon, Alter. Und vielleicht finden wir dort einen guten Arzt, der dir aus deiner Amnesie heraushilft. Und dann kannst du zu deiner Familie zurück, wer weiß, vielleicht hast du sogar irgendwo eine heiße Verlobte.”

Sie sahen sich an und prusteten gemeinsam los.

“Hey, wenn ihr schon Zeit habt, euch hier kaputt zu lachen, könnt ihr auch die Kisten auf das Schiff bringen, Jungs”, rief der Kapitän.

“Aye, aye, Captain!”, erwiderten sie im Chor und machten sich an die Arbeit.
 

Sie blickte auf, als er herein kam und wandte sich sofort wieder den Tomaten zu, die sie zerschnitt.

“Was ist?”

Er zuckte zusammen. So feindselig hatte er sie noch nie reden hören, zumindest nicht mit ihm. “Äh, ich wollte nur etwas zu trinken holen.”

“Dann nimm dir was und geh wieder.”

Er schluckte und holte ein Glas aus dem Küchenschrank. “Was gibt es denn heute zu essen?”

“Spaghetti, siehst du doch.”

Er stellte das Glas ab und sah sie misstrauisch an. “Sag mal, hab ich dir irgendwas getan?”

Sie antwortete nicht.

Er seufzte und füllte das Glas mit Leitungswasser. Dann drehte er sich um und wollte die Küche verlassen, doch da flüsterte sie: “Warum Kuon?”

Er drehte sich um und sah das sie ihn tieftraurig ansah. “Warum tust du dir das an?”

Das Gesicht hielt ihn für einen Moment gefangen. Er hatte sie noch nie so traurig gesehen. Es tat weh. Verdammt weh, sie so zu sehen. Hastig drehte er sich um und flüchtete vor diesem Bild, während Kaede in der Küche auf den Boden sank und zu weinen anfing.

Gespräche

Bonjour, mes amis!!!! ^^

Ich habe beschlossen, ab sofort auch in dieser FF die Kommentare immer im Vorwort zu beantworten, weil das für mich persönlich übersichtlicher ist. Ich denke, dass das auch einigen von euch gefallen wird. Denn so könnt ihr auch gleich alle Antworten lesen und nicht nur die, die ich euch allein geben.
 

Susilein: Yashiro war zuerst ziemlich geschockt, hat sich dann aber sehr gefreut. Genau beschreibe ich das allerdings nicht. *zu faul bin*
 

Patrice-Kyoko: Nein, Kaede bleibt in Japan, ich brauche sie dort. ^^
 

DarkEye: Der Tag ist gerettet, weil Kuon noch lebt? Na, da bin ich ja beruhigt. ^^
 

Umnije: Tja, das mit den Erinnerungen ist da so eine Sache... Denn es ist ja nur noch Kuon da und nicht mehr Ren... wenn du verstehst... ^^” Er wird sich also irgendwann mal an seine Schwester erinnern, aber verliebt war er ja erst als Ren Tsuruga und der ist... tot.
 

little-sister: Ist eine Schwangerschaft wirklich ein so großer Grund zur Freude? Na, ich weiß ja nicht... Und was das weiterschreiben angeht: Hier ist ja schon das neue Kappili. XDDDD
 

Hokuto: Tja, Sho wird noch eine Weile so bleiben und du wirst ihm da glaub ich auch nicht groß helfen können... ^^”
 

-_kisu_-: Ich hoffe, dieses Kapitel wird dir wirklich Ideen bringen. ^^ Aber ich kann dir nicht versichern, dass es die richtigen sind. ^.~
 

An alle: Merci für eure Kommentare. *knuddel* Und wer hat gesagt, dass Kuon und Kyoko sich treffen werden? Ich ganz bestimmt nicht. *grins*

Außerdem möchte ich auch hiermit eine Frage an euch stellen, die ich gerne beantwortet haben möchte. Ich habe nämlich letztens ein wenige mit -_kisu_- Enss ausgetauscht und da haben wir uns überlegt, warum eigentlich noch niemand darüber nachgedacht hat, warum meine FF Another Day in Paradise heißt. Also, für die Interpretationsfreudigen ist das hier die richtige Aufgabe. Schreibt mir doch bitte in den Kommis oder per ENS, warum meine FF so heißt, wie sie heißt. Richtig gute Interpretationen werden insofern belohnt, dass ihr die Handlung meiner FF ein bisschen beeinflussen dürft. ^.~

Also, ich warte.

Salut!!!!

Eure Ayako
 

P.s.: Der kursive Songtext in diesem Kapitel ist der Text von Another Day in Paradise von Phil Collins. Ich habe nur den wiederholenden Refrain weggelassen und darunter steht jeweils eine ungefähre Übersetzung. (Ich weiß, dass sie nicht vollkommen korrekt ist.)

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Gespräche
 

“Soso, Miami also”, sagte Kaede und nippte an ihrem Apfelsaft.

Kyoko nickte. “Ja, Miami. Aber wenn es ein Problem ist, wegen deiner Schwangerschaft, kann ich auch einfach absagen und andere Filme...”

“Ach, sei nicht albern. Ihr seid ja nur zwei Monate weg, solange werde ich es schon ohne Yashiro aushalten.”

“Bist du dir sicher?”

“Klar.”

Sie befanden sich in Kyokos Haus, im Wohnzimmer, um genau zu sein und hatten ihre Blicke auf den Fernsehbildschirm gerichtet, wo gerade eine Liveübetragung von einem Konzert kam, an dem auch Misaki und Sho teilnahmen. Dabei unterhielten sie sich über die neuesten Neuigkeiten.

“Aber willst du nicht lieber bei ihm sein? Ich meine, wir fliegen morgen los und vielleicht wollt ihr noch etwas Zeit miteinander verbringen?”

“Mach dir nicht immer so viele Gedanken, Kyoko. Er ist sowieso beschäftigt und ich möchte mich auch mal wieder mit dir unterhalten.” [Nein, Kaede und Yash haben sich nicht gestritten oder so. Sie leben immer noch in Frieden zusammen, aber Yash hat wirklich einiges zu tun und wird später auch noch zu Kyoko kommen, also keine Panik.]

“Oh, nun gut.”

Schweigen kehrte ein, während dem die beiden der blonden Moderatorin lauschten. “Und jetzt kommt eine Coverversion des Hits Another Day in Paradise. Das Original war einer der größten Hits von Phil Collins und heute hören wir es von Sho Fuwa!” Das Kreischen tausender Girlies war zu hören, als der Sänger die Bühne betrat und sich vor das Mikro stellte.

“Ach, Fuwa macht Phil Collins nach? Das ist ja mal was ganz neues”, kommentierte Kaede.

“Ich kenne das Lied nicht, ist das gut?”

“Oh, es ist richtig gut.”

In diesem Moment begann das Vorspiel und dann sang Sho.
 

She calls out to the man on the street

Sir, can you help me?

It‘s cold and I‘ve nowhere to sleep,

Is there somewhere you can tell me?
 

He walks on, doesnt look back

He pretends he can‘t hear her

Starts to whistle as he crosses the street

Seems embarrassed to be there


 

“Phil Collins hat das damals wegen den ganzen Obdachlosen gesungen, die es in New York gab”, erklärte Kaede. “In dem Text spricht eine alte Frau einen Mann an und fragt ihn, ob er weiß, wo sie übernachten könnte, weil sie kein Zuhause hat, doch er ignoriert sie und geht weiter.”
 

Oh think twice, its another day for

You and me in paradise

Oh think twice, its just another day for you,

You and me in paradise


 

“Doch dann sagt sie hinter ihm, dass er noch einmal darüber nachdenken soll, weil sie sich sozusagen einen weiteren Tag im Paradies sichern könnten, wenn er ihr hilft oder auch mitnimmt, zumindest verstehe ich das immer so...”
 

She calls out to the man on the street

He can see she‘s been crying

She‘s got blisters on the soles of her feet

Can‘t walk but shes trying


 

“Dann beschreibt Phil, wie sie aussieht, dass sie geweint hat und ihre Füße auch nicht mehr im besten Zustand sind. Sie kann nicht einmal mehr laufen.”
 

Oh lord, is there nothing more anybody can do

Oh lord, there must be something you can say


 

“Er spricht Gott an und fragt ihn, ob wir nicht irgend etwas dagegen tun können. Ich muss sagen, dass ich ihm Recht gebe.”
 

You can tell from the lines on her face

You can see that she‘s been there

Probably been moved on from every place

‘Cause she didnt fit in there


 

“Zuletzt sagt er noch, dass die Frau von einem Ort zum anderen gelaufen ist, weil sie nirgends hinpasste.” Kaede seufzte. “Es ist wirklich ein trauriges Lied und geholfen hat es auch nicht wirklich, aber immerhin hat er versucht, etwas zu ändern.”

Sie lauschten dem Nachspiel und sahen dabei zu, wie Sho wieder die Bühne verließ. “Ich frage mich, warum er dieses Lied gesungen hat”, sinnierte Kaede.

“Ich mich auch.”

“Was wirst du eigentlich in Miami machen?”

Kyoko blinzelte. “Äh, den Film drehen? Und Yashiro möchte einmal zu den Everglades. Warum?”

“Nun, die Christopher haben dort einen ihrer Geschäftsstandpunkte. Unter anderem arbeitet Jeremy dort, der, falls du es vergessen haben solltest, dein Vater sein könnte. Zumindest laut deiner Mutter und die müsste es ja eigentlich wissen, oder?”

Kyoko seufzte. “Ja, ich habe darüber nachgedacht, aber ich glaube nicht, dass ich ihn suchen werde.”

“Nun, mach was du willst, aber es wäre die perfekte Gelegenheit.”

“Ich weiß, aber ich werde sowieso keine Zeit haben.”

Kaede sah sie zweifelnd an. “Nun, wenn du meinst.”

In diesem Moment klingelte es an der Tür. Hastig sprang Kyoko auf.

“Hallöle, hier bin ich und ich hab uns was zu essen mitgebracht”, rief Yashiro, dem Kyoko einen Schlüssel gegeben hatte, da es vielleicht einmal sein könnte, dass Kyoko etwas aus ihrem Haus brauchte, sie aber mitten in Dreharbeiten war und somit Yashiro hinein musste. [Bei Ren war das öfters der Fall gewesen.]

“Hm, Pizza. Yash, du bist der Beste”, begrüßte ihn Kaede strahlend.

Kyoko wandte sich ab, als er sie mit einem Kuss begrüßte. Dabei fiel ihr Blick auf ein Bild, wo sie mit Ren zu sehen war. Sie standen Arm in Arm da und lachten in die Kamera. Hinter ihnen war die Aussicht vom Tokio Tower zu erkennen. Sie schluckte schwer. Das Bild war kurz vor seinem Tod entstanden. Hastig sah sie wieder auf den Bildschirm des Fernsehers. Jetzt war nicht die richtige Zeit, um darüber nachzudenken. Das konnte sie später immer noch machen.
 

“Ui, ich freue mich schon so auf Miami”, sagte Shin fröhlich. “Hast du schon gepackt, Kanae?”

Die Angesprochene sah ihn verwirrt an. “Was? Wieso freust du dich denn auf Miami?”

“Na, ich komm doch auch mit. Eine Weiterbildung, zwar nur zwei Wochen, aber da können wir doch trotzdem ein wenig miteinander durch die Clubs streifen, oder Schatzimausi?”

“Ich geb dir gleich Schatzimausi, warum sagst du mir das erst jetzt?”, fragte Kanae aufgebracht.

“Ich wollte dich überraschen”, entgegnete er grinsend.

Sie standen vor der Tür von Kanaes Apartment. Es ging auf Mitternacht zu und so hatte er darauf bestanden, sie nach Hause zu bringen. Davor waren sie im Kino gewesen.

“Nun, die Überraschung ist dir gelungen”, entgegnete sie kühl und begann, nach ihrem Schlüssel zu suchen.

Er setzte ein deprimierte Miene auf. “Du bist doch nicht etwa sauer, oder?”

Sie antwortete ihm nicht, sondern steckte ihren Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür. “Gute Nacht”, sagte sie und wollte die Tür hinter sich zumachen, als Shin diese mit seiner Hand aufhielt.

“Hey, was ist das denn für ein Abschied?”, fragte er schmollend.

Sie hob eine Augenbraue. “Was möchtest du denn für einen Abschied ‘Schatzimausi’?”, fragte sie spöttisch.

Er grinste gefährlich, zog sie hinter der Tür hervor und drückte sie an die Wand. “Das werde ich dir zeigen.”

Er legte seine Lippen auf die ihren. Für einige Augenblicke war Kanae zu verdutzt, um überhaupt etwas zu tun. Bisher hatte er sie niemals so richtig geküsst. Es waren eher freundschaftliche Küsse gewesen, doch das hier... War auf jeden Fall nicht einfach nur freundschaftlich. Für eine kurzen Augenblick spielte sie mit dem Gedanken, sich zu wehren und ihn wegzustoßen, doch die Gefühle, die er in ihr auslöste, waren zu gut, um sie einfach so zu beenden und so schloss sie ihre Augen und schlang ihre Arme um ihn, während ihre Zungen ein leidenschaftliches Spiel vollzogen.

Schließlich, es war eine halbe Ewigkeit vergangen, löste er sich von ihr und hauchte ihr ein “Gute Nacht” auf die Lippen. Dann drehte er sich um und ging davon.

Kanae sah ihm zuerst nur wie in Trance hinterher, bis sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte und in ihrer Wohnung verschwand.

“Verdammter Idiot”, murmelte sie und fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen. Warum musste er auch ausgerechnet voll und ganz ihr Typ sein?
 

Die Wellen schlugen fest gegen das Schiff und der Wind umspielte sanft seine Haare. “Das da ist die letzte Insel”, erklärte Pete. “Danach geht’s nach Miami.” Er grinste. “Wir haben übrigens Glück, während wir dort sind, wird da irgend so ein neuer Film gedreht. Wir werden da wohl zuschauen können.”

“Das wird sicher interessant”, entgegnete Kuon grinsend und wandte sich zu ihm um.

“Interessant? Machst du Witze? Das ist einfach nur genial. Vor einem Jahr wurde dort gerade CSI gedreht, als wir ankamen. Zuzusehen, wie die Leichen an Land gespült worden und die Schauspieler sie untersuchten, war einfach der Hammer. Und dieses Mal ist ein richtiger Film, der in die Kinos kommen wird. Und zwar nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa und Asien. Regisseur ist ein gewisser Ogata, der auch bei der Soap Dark Moon Regie geführt hat, ein internationaler Erfolg. Besonders nachdem der Hauptdarsteller Ren Tsuruga verschwunden ist.” Er hielt inne und betrachtete Kuon genauer. “Wenn ich es mir recht überlege, siehst du ihm ziemlich ähnlich.”

“Vielleicht bin ich’s ja”, meinte Kuon grinsend und die beiden brachen in schallendes Gelächter aus.

“Sagt mal, könntet ihr mir mal sagen, warum ihr euch neuerdings andauernd kaputtlacht, anstatt eure Arbeit zu machen?”, hörten sie plötzlich die Stimme des Kapitäns sagen.

Die Beiden wandten sich schuldbewusst um und grinsten ihn an. “Wir haben nur darüber gesprochen, dass Kuon Ren Tsuruga ähnlich sieht”, sagte Pete. Der Kapitän hob eine Augenbraue und musterte den Blonden [Ren hatte die Haar schwarz gefärbt, doch inzwischen ist die Farbe vollkommen verschwunden.].

“Nun eine gewisse Ähnlichkeit besteht da schon, aber kümmert euch lieber um das Schiff. In Miami habt ihr noch genug Zeit, euch darüber den Kopf zu zerbrechen.”

“Aye, aye, Captain”, entgegneten die Beiden im Chor und verschwanden hastig unter Deck.

Der Kapitän sah ihnen kopfschüttelnd hinterher. “Ren Tsuruga. Was für ein Schwachsinn.”

Er lief langsam über das Deck.

Das Meer war heute friedlich, zu friedlich für seine Geschmack. Es wäre wohl das beste, wenn sie diese Nacht im sicheren Hafen verbringen würden. Denn ein Sturm war das letzte, das sie gebrauchen könnten.
 

Der Mann betrachtete das Haus eine Zeit lang, dann ging er auf die Haustür zu und klingelte. Es dauerte seine Zeit, bis jemand kam, doch dann öffnete Kuu ihm die Tür. “Oh, Stanley, schön dich zu sehen. Komm doch rein.”

“Vielen Dank, Kuu.”

Mr. Teen betrat das Haus der Hizuris und folgte Kuu ins Wohnzimmer.

“Möchtest du was zu essen oder zu trinken?”

“Oh, danke, ein Wasser wäre nicht schlecht.”

“Nun, was führt dich zu mir, mein Freund?”, fragte Kuu, nachdem sie sich auf dem Sofa niedergelassen hatten.

“Nun, ich wollte mich eigentlich nur verabschieden, weil ich morgen für ein paar Wochen wegfahre.”

“Tatsächlich? Wohin denn?”

“Miami. Ich möchte meinen Bruder, seine Familie und meine Nichte besuchen.”

“Deine Nichte? Ich dachte, Jeremy hat nur einen Sohn.”

“Ich meine Khira, sie wohnt zur Zeit bei ihm und arbeitet in Miami. Als Kellnerin.”

“Kellnerin? Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut.”

“Ich auch nicht”, erklärte ihm Mr. Teen. “Und genau deshalb will ich ja zu ihr. Ich mache mir Sorgen. Ich möchte nicht, dass sie auf die schief Bahn gerät.”

“Nun, bei eurer Familie ist das nicht sehr wahrscheinlich”, entgegnete Kuu sarkastisch.

“Ja, genau deshalb mache ich mir ja Sorgen.”

Kuu seufzte. “Du bist wirklich ein guter Mensch, Stanley. Und du wärst auch ein besserer Vater als ich, hättest du Kinder. Kein Wunder, dass Kuon und Kaede immer bei dir Hilfe gesucht haben.”

“Kuon hat dich geliebt”, sagte Mr. Teen ernst. “Auch wenn er bis zum Schluss wütend auf dich war, er hat dich geliebt. Glaub mir.”

“Ich frage mich nur, warum er mich gehasst hat. Was habe ich ihm getan? War es wegen der Scheidung? Oder weil ich nie für die beiden da war?”

“Ich denke eher, es war deine Ignoranz”, eröffnete ihm Mr. Teen ungerührt.

“Meine was?”

“Nun, denke doch mal ganz genau nach. Kuon ist jetzt schon seit einem Jahr tot und du warst die ganze Zeit hier in L.A., hast gearbeitet und dich in deinem Selbstmitleid vergraben. Währendessen war deine Tochter in Japan und musste alleine mit ihrer Trauer fertig werden. Sie hat mich oft während des letzten Jahres angerufen, besonders am Anfang. Ich erinnere mich noch gut an ihrer tränenerstickte Stimme und an ihrer Verzweiflung. Ich habe immer versucht, sie zu trösten, was eigentlich deine Aufgabe gewesen war, Kuu. Ich hatte leider nicht zu seiner Beerdigung kommen können und ich bedauere das auch zu tiefst, aber warum bist du nicht in Japan geblieben, nach diesem Tag. Warum warst du nicht für dein letztes Kind da?”

Kuu antwortete nicht.

“Siehst du. Genau das ist die Ignoranz, die ich meine. Du kennst deine Kinder doch noch nicht mal. Hast du eine Ahnung, was die beiden mochten? Was ihre Träume waren und was sie an den ganzen Nachmittagen getan haben, an denen sie nicht zu Hause waren? Hast du dich nie gefragt, warum Kuon damals solange im Krankenhaus gewesen ist und danach sogar an einer Kur teilgenommen hat? Wusstest du überhaupt, dass er Drogen genommen hatte?”

Kuu sah ihn verblüfft an. “Drogen?”

“Nein, du wusstest es nicht. Genausowenig, wie du wusstest, dass Kaedes erste Liebe vor ihren Augen erschossen wurde und dass sie ihre Zeit in Museen und Bibliotheken verbracht hatte. Ihr war die Schule zwar egal, aber sie verabscheute auch die Beschäftigungen ihres Bruders und ihrer Freunde. Sie war lange allein. Deine beiden Kinder waren allein und du hast es nicht mitbekommen, weil auch du sie allein gelassen hast. Also, willst du mich immer noch allen Ernstes fragen, warum er dich hasste? Obwohl das noch nicht einmal stimmt. Kuon hat dich geliebt und das werde ich nie verstehen, glaub mir.”

Kuu sah ihn erschüttert an. Nein, er hatte nichts von dem gewusst, was er ihm gerade gesagt hatte. Er hatte es noch nicht einmal geahnt.

“Ich bin wirklich ein schlechter Vater, oder?”

“Ja, das bist du. Und jetzt entschuldige mich, ich muss mich um meine Familie kümmern.”

Mr. Teen stand auf und ging.
 

Die Reise nach Miami konnte beginnen.

Die Wahrheit

Dieses Kapitel hier widme ich meiner lieben Kohai. ^^ Alles gute zum Geburtstag, Hoku-chan. ^^ (Tja, ich hab ihn nicht vergessen, tut mir leid, meine Liebe, und ja, ich weiß, dass du am 15. Geburtstag hast, aber ich lade das Kap schon heute hoch, damit du es morgen lesen kannst. XDDDD)

Dieses Kapitel ist ehrlich gesagt sehr nachdenklich geworden und ich hab mal wieder viel zu viel philosophiert... Aber ich mag es trotzdem, gerade dieses nachdenkliche Art gibt dem Kapitel seinen Charakter...

Nun aber zur Beantwortung eurer Kommis. ^^
 

Susilein: Ja, ich weiß, warum es dir am besten gefallen hat. ^^ (Beim Schreiben kamst du mir sogar in den Sinn. ^.~) Ich mag Kanae und Shin übrigens auch. Sind echt süß, nicht?
 

Patrice-Kyoko: Schön, dass du das Kap so klasse fandest. Zur Schiffsmannschaft äußere ich mich NOCH nicht genauer. Außerdem wirst du ja sehen, was passieren wird. ^^
 

Hokuto: Tja, dieses Kap ist, wie bereits geschrieben, ganz allein für dich. Ich hätte ja ein komplettes Sho Kappili gemacht, aber das passt leider im Moment nicht rein... Ein andermal vielleicht. ^^ Und schön, dass du dich kaputt lachen konntest. XDDDD
 

DarkEye: *mitjubel* Ja, Kuon kommt wieder. ^^
 

Umnije: Ui, toll, dass dir dieser Stil gefällt. ^^ Mir gefällt er auch. (Logisch, sonst würde ich ihn nicht verwenden. ^.~) Tja, was in Miami passiert? Puh, das ist eine sehr gute Frage... *überleg* Ehrlich gesagt, ich weiß es selbst noch nicht sooo genau, die ungefähre Handlung hab ich schon, aber das war’s auch... Na ja, lass dich überraschen. XDDDD
 

little-sister: Meine Schwester ist auch im Moment schwanger (das dritte Kind). Und ihre Laune war noch nie besser, aber ich weiß, dass das nach der Geburt bald anders sein wird... *an das letzte Mal denk* *schauder* Egal, freu dich noch ein bisschen länger, denn das “Wiedersehen” ist noch far, far away. XDDDD *Shrek lässt grüßen*
 

-_Kisu_-: Du hast die Antwort ja schon bekommen. ^^
 

Pantapori: Ui, schön, dich auch wieder zusehen, aber hattest du das letzte Mal nicht einen anderen Nickname? *nachdenk* Na, egal. ^^ Danke für die ganzen Kommis, ich hab mich richtig gefreut. Und Kuu kann einem wirklich leid tun, auch wenn ich zugeben muss, er ist selbst schuld...
 

Nun denn, viel Spaß bei diesem Kap. ^^

Bis bald,

Eure Ayako

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Die Wahrheit
 

Menschen begehen oft Fehler. Egal ob in der Freundschaft, der Liebe oder dem Job. Sie geschehen immer wieder und selten sind sie beabsichtigt. Doch diese Fehler sind es, die alles zerstören, was wir brauchen.
 

“Das ihr mir gut aufeinander aufpasst”, sagte Kaede lachend und umarmte Yashiro zum letzten Mal.

Kyoko stimmte in ihr Lachen ein. “Keine Sorge, ich werde schon auf ihn aufpassen.”

“Pass du auch auf dich auf”, flüsterte ihr Yashiro besorgt ins Ohr. “Auf euch.”

Sie lächelte. “Keine Sorge, ich werde vorsichtig sein.” Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. “Komm einfach wieder sicher nach Hause. Wir werden auf dich warten.”

Danach drehten Kyoko und ihr Manager sich um, griffen nach ihren Koffern und liefen davon, ihren Leben in Miami entgegen. An ihrer einen Hand hielt Kyoko Saya, die sich aufgeregt umsah.

Kaede sah ihnen nach, bis sie in den Massen verschwunden waren. Sie hasste es, Abschied zu nehmen. Sie hasste es wirklich. Es erinnerte sie immer an Ben und ihren Bruder. Beide waren nicht mehr da.

Hastig drehte sie sich um. Jetzt nur nicht darüber nachdenken. Sie würde jetzt zwei Monate allein sein, da konnte sie keine traurigen Erinnerungen gebrauchen.

“Kaede?”

Verblüfft kam sie zum Stillstand und drehte sich um. “Dad?! Was machst du denn hier?”

Tatsächlich stand direkt vor ihr Kuu Hizuri, einen Koffer neben sich stehen habend. Er knetete nervös mit einer Zeitung, die er sich offenbar im Flughafen L.A.s gekauft hatte.

“Nun, ich... Ich wollte dich fragen, ob du was dagegen hättest, wenn ich eine Weile bei dir wohne. Ich hab nämlich ein Filmangebot hier bekommen und da dachte ich, ich könnte etwas Zeit mit dir verbringen?”

Sie sah ihn einige Minuten verdutzt an, dann lächelte sie. “Natürlich kannst du. Was für eine Frage.”

Erleichtert griff er nach seinem Koffer und folgte seiner Tochter zu deren Auto.

Für einige Sekunden hatte er befürchtet, sie würde nein sagen. Doch sie tat es nicht und das erleichterte ihn um einiges.
 

“MISS MENNOOO!!!!”, kreischte Kyoko und fiel ihrer besten Freundin um den Hals.

Kanae verdrehte zu Yashiro gewandt genervt die Augen, was ihm ein leichtes Lächeln entlockte. “Jaja, ich bin auch hier und wir fliegen zusammen nach Miami, könntest du dich jetzt bitte wieder einkriegen?”

Die junge Schauspielerin achtete nicht weiter darauf, ließ allerdings von ihr ab, um Ogata und ein paar vom Set begrüßen, die mit nach Miami fliegen würden.

“Hallo Kotonami-san”, sagte Yashiro lächelnd.

Kanae lächelte, doch plötzlich verschwand es wieder und sie sah ihn traurig an. Yashiro runzelte die Stirn. “Was ist?”

“Na ja, ich habe mich nur gerade daran erinnert, wie Sie früher immer mit Tsuruga-san durch LME gelaufen sind”, entgegnete sie und wandte den Blick ab. “Irgendwie fehlt einem dieses Bild.”

Yashiro schluckte schwer und schaute zu Boden. “Alles hat ein Ende”, murmelte er schließlich. “Und seines kam nun mal besonders früh.”

Damit ging er eilig an ihr vorbei und folgte seinem Schützling und Saya ins Innere der Maschine. Kanae sah ihm traurig hinterher. //Armer Mann. Er musste um seinen Freund trauern und dabei dessen Schwester trösten. Und nun hat er auch noch dessen Freundin auf den Hals. Er kann es nicht leicht haben.//

Seufzend griff sie nach ihrem Gepäck und betrat das Flugzeug.
 

Er betrat das Wohnzimmer und sah sich stirnrunzelnd um. “Wo ist Kaede?”

Kuu sah nicht einmal auf, als er antwortete. “Bei ihrer Patentante. Sie bleibt dort eine Weile.”

“Warum?”

Nun blickte der Schauspieler doch auf und sah seinen Sohn wütend an. “Woher soll ich das wissen? Ich bin beschäftigt. Geh auf dein Zimmer und lern und stör mich nicht.”

Kuon biss sich auf die Unterlippe und drehte sich um. Einige Minuten später, konnte man die Haustür zugehen hören.
 

“Hi, Kuon”, rief Ben und kam lachend auf seinen besten Freund zu. “Was gibt’s denn schönes? Wo ist Kaede? Ich hab sie lange nicht mehr gesehen.”

“Sie ist bei ihrer Patentante”, entgegnete er seufzend. “Ich hab sie selbst nicht gesehen.”

Ben runzelte die Stirn. “Ist irgendwas passiert? Normalerweise seid ihr doch ein Herz und eine Seele, oder?”

“Hmmm, sag mal, ist Nate da?”

“Jap, du findest ihn in der Hütte. Aber was willst du denn von ihm?”

“Ach nichts.”

Kuon ging an ihm vorbei, ohne weiter auf ihn zu achten.

In der Hütte angekommen, wurde er sofort von Patricia begrüßt. “Hey, Kuon, wie geht’s? Du hast dich lange nicht mehr blicken lassen.”

“Bestens. Wo ist Nate?”

“Raum 403. Warum?”

“Nur so.”

Er ging zur Treppe.

Raum 403 war ein kleiner Lagerraum, in dem... Wichtige Güter gelagert wurden.

Nate nahm dort gerade einige weiße Päckchen mit Pillen und ähnlichen an sich. “Oh, hi, Kuon. Ich weiß schon, was du willst, ich hab dir was zurückgelegt.”

Kuon grinste schief und nahm das Päckchen entgegen, dass er ihm reichte. Dann kramte er in seiner Tasche und holte seine Geldbörse hervor. “Wie viel heute?”

“Hm, lass mich nachdenken, zehn Pillen, das macht... 500 Dollar.”

Kuons Grinsen wurde starr. “Bitte?”

“500 Dollar.”

“Aber... Letztens haben sie doch nur 200 gekostet.”

“Tja, die Preise sind gestiegen, oder denkst du, das Zeug wächst auf Bäumen? Nee, die Herstellung bedarf fachmännischer Arbeit aus dem Ausland und nicht alle sind bereit, den Stoff ins Land zu schmuggeln, zur Zeit ist er sogar ziemlich knapp, also willst du nun was, oder nicht?”

Zähnknirschend holte er zwei zweihundert und einen einhundert Dollarschein hervor und reichte sie ihm.

“Vielen Dank, dass Sie mit New Nate and Co. Geschäfte gemacht haben”, sagte der junge Mann grinsend und steckte das Geld ein. “Und viel Spaß, mein Freund.”


 

Manche Fehler schaden nur uns selbst, manche aber auch anderen. Doch was ist ein Fehler? Was ist falsch? Was ist falsch daran, dieser Welt für einen Augenblick entfliehen zu wollen? Für einen Moment im Paradies zu sein. Was ist falsch daran, glücklich zu sein? Es heißt: “Bereue nichts, was du getan hast, wenn du in jenem Moment glücklich warst”. Aber... ist das eigene Glück wirklich das Einzige, das zählt? Ein Egoist würde sagen: ja.

Doch ist dieser Egoist wirklich glücklich? Es ist stark zu bezweifeln.

Aber... ist es nicht auch falsch, andere glücklich zu machen? Zum Beispiel, indem man sagt: “ich liebe dich”, obwohl das nicht stimmt. Die andere Person wäre dann vielleicht glücklich, doch wie lange wird dieses Glück halten?

Ist es richtig, jemanden anzulügen, damit diese Person glücklich ist?

Doch was ist “Glück”? Was ist das wirklich? Sind wir überhaupt in der Lage, glücklich zu sein? Vielleicht sollten wir diesen Versuch einfach aufgeben. Vielleicht sollten wir uns einfach zurücklehnen und alles so nehmen, wie es kommt. Ob das die richtige Lösung ist? Wer weiß.

Aber was sollen wir sonst tun? Was können wir sonst tun? Was müssen wir tun? Müssen wir überhaupt etwas? In der heutigen Gesellschaft sind uns bestimmte Pflichten auferlegt. Schule, Arbeit, Beziehungen, ja selbst Freundschaften sind ein muss, denn was willst du ohne Freunde und richtige Beziehungen mit dir und deinem Leben anfangen?

Alle sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, doch was ist der Sinn? Wo können wir ihn finden? Warum kann uns niemand eine Antwort darauf geben? Warum gibt es Fragen, die nicht beantwortet werden können?

Warum machen wir in unserem Leben so viele Fehler? Was sind “Fehler”?
 

Seufzend ging sie zur Tür und öffnete sie. “Sho? Was machst du denn hier?”

Sho Fuwa sah wagte es nicht, ihr in die Augen zu sehen, sondern hatte seinen Blick stur auf den Boden gerichtet. “Kann ich reinkommen? Ich würde gerne mit dir über etwas reden.”

Sie sah ihn forschend an, nickte jedoch und ließ ihn ein.

“Was gibt es denn?”, fragte Kaede, als sie sich auf dem Sofa niedergelassen hatten.

Der Sänger seufzte, bevor er all seinen Mut zusammen nahm und ihr endlich die Wahrheit eröffnete, die er schon so lange für sich behalten hatte: “Du weißt doch, dass ich an jenen Tag, an dem dein Bruder starb, Sen gefunden habe, nicht wahr?”

Sie nickte. “Ja.” Sie hatte keine Ahnung, wo das hinführen sollte.

“Ich habe euch ja erzählt, dass ich ihn an diesem Tag nicht gesehen hätte, doch das ist nicht wahr. Ich war in der Höhle. Ich habe ihn gesehen. Er war im See und schien an irgend etwas fest zu hängen. Ich habe ihn in die Augen gesehen. Ich habe gesehen, wie er mich stumm anflehte, wie er um Hilfe rief.”

Er blickte auf und sah fest in ihr Gesicht.

“Ich habe ihm nicht geholfen. Ich habe mich umgedreht und bin zu Kyoko gegangen. Ich bin Schuld an dem Tod deines Bruder.”

Rache

So, und pünktlich zum Karfreitag gibt es gleich mal ein Kappili von mir. ^^

Aber erst mal die Danksagungen:
 

Hokuto: Ich wusste, du würdest dich über Sho freuen. ^^ Ich hoffe, du vergibst Kaede noch für ihre Reaktion... Und Yash ist wirklich nicht zu beneiden... armer Kerl.
 

Patrice-Kyoko: Ja, Shos Mut ist bewundernswert. ^^ Aber bitte, bring ihn nicht um, ich brauch ihn noch, denn wo sollte ich denn sonst den fiesen Charakter hernehmen?
 

Susilein: Stimmt... Du hast Recht. Kuu müsste ausrasten... Jetzt tut mir Sho richtig leid... Aber danke für die Idee. *grins*
 

DarkEye: Ich gebe dir voll und ganz Recht. ^^
 

Umnije: Ich weiß, an Yash denken die wenigsten. Dabei hat er auch viel gelitten. Die Fragen in dem Kap hab ich gestellt. ^^ Es sind also nicht die Gedanken von jemand bestimmten, sondern einfach meine Hirngespinste, damit ihr mehr zu lesen habt. ^^ Und auf Kyoko und Kuon musst du noch ein bisschen warten.
 

Pantapori: Stimmt, Sho ist wirklich rücksichtslos. Aber ob Kaede ihn umbringen wird... Hmmmm...
 

-_Kisu_-: Danke noch mal für deine Idee. *freu* Und ich freu mich schon auf deine Kommis, in denen du mal wieder auf Höchstleistungen kommst. *_____* Ich werde mich bemühen, dir viel Stoff dafür zu geben. ^^
 

little-sister: Tja, wenn dir das Nachdenkliche gefällt, kann ich ja weitermachen. XDDDD

Und Sho... Na ja, er hat ja auch seine Gründe... (langsam muss ich einfach damit anfangen, ihn auch mal zu verteidigen, wo ich es bei den anderen auch nicht gemacht habe...)
 

Ich bin froh, dass euch das letzte Kapitel gefallen hat und hoffe, dass euch das hier auch gefällt. ^^

Baba,

Ayako

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Rache
 

Flashback
 

Er blickte auf und sah fest in ihr Gesicht.

“Ich habe ihm nicht geholfen. Ich habe mich umgedreht und bin zu Kyoko gegangen. Ich bin Schuld an dem Tod deines Bruder.”
 

Flashback - Ende
 

Die Worte erreichten nur langsam ihr Gehirn und selbst dort brauchten sie eine Weile, bis ihre Bedeutung zu Kaede durchdrang.

“Du...”, begann sie, doch dann verstummte sie wieder und sah ihn ruhig an. (Was in dieser Situation schon ziemlich unheimlich sein muss...) “Warum erzählst du mir das?”

“Weil ich dachte, du solltest es wissen...”

“Aha. Du dachtest, ich sollte es wissen. UND WARUM, VERDAMMT NOCH MAL, HAST DU MIR DAS NICHT SCHON VOR EINEM JAHR ERZÄHLT?”

Sho zuckte unwillkürlich zusammen. So wütend hatte er sie noch nie erlebt. “Ähm...”

“ICH WERDE DIR SAGEN, WARUM. WEIL DU EIN FEIGLING BIST!!!!! EIN MIESER DRECKIGER KLEINER FEIGLING. KEIN WUNDER, DASS ALLE FRAUEN VOR DIR WEGLAUFEN, DU A...”

“Kaede bitte, lass mich dir das erklären...”

“Raus”, sie hatte aufgehört zu schreien, war wieder ganz ruhig, doch er merkte, dass es unter ihrer Haut brodelte.

“Aber...”

“Was verstehst du nicht an dem Wort raus?”

Er sah sie kurz an, dann erhob er sich und folgte ihrer Aufforderung.

Kaede währenddessen sackte auf dem Sofa zusammen und starrte an die Decke. So fand Kuu sie etwa eine Stunde später vor, der bei den Dreharbeiten gewesen war und nun mit Sushi wiederkam.

“Äh... Ist irgendwas passiert?”

Sie blickte auf und sah ihn mit leeren Blick an. “Ja, dein Sohn ist tot.”

Was Kaede an Shos Worten getroffen hatte, war nicht die Tatsache, dass er Ren im Stich gelassen hatte, sondern die Tatsache, dass dieser wirklich tot sein musste. Sie hatte die Höhle gesehen. Wenn man dort im Wasser hängen blieb, an einem Seil oder was auch immer, dann war man verloren. Da konnte man nur sterben. Und wenn man dort nicht starb, dann im offenen Meer. Selbstverständlich war es dumm gewesen anzunehmen, dass er noch lebte. Aber es hatte ja keinen Beweis gegeben, dass er wirklich in dieser Höhle gewesen war, doch Sho hatte ihr nun den Beweis geliefert. Ihr Bruder war tot.

Kuu blinzelte überrascht. “Äh... Nun das ist er schon seit einem Jahr, oder?”

Kaede seufzte und stand auf. “Ja, das ist er.”

Damit verließ sie den Raum und ging Richtung Badezimmer davon. Kuu sah ihr nachdenklich nach. //Warum hab ich nur das Gefühl, wieder etwas verpasst zu haben?//
 

Sho saß an der Bar seines Lieblingsnachtclubs und nippte an einem Cocktail. Einem hochprozentigen Cocktail.

Warum machte er in letzter Zeit eigentlich nur Fehler? Zuerst hatte er Kyoko nur ausgenutzt, dann hatte er mit einer verheirateten Frau eine Affäre begonnen, die ihren Exfreund immer noch liebte und jetzt hatte er diesen auch noch indirekt umgebracht. Doch das schlimmste von allen war, dass er nun dem einzigen Menschen, der noch einigermaßen freundlich zu ihm war, in die eiternde Wunde gestoßen hatte und das Messer um 360° gedreht hatte.

Warum war er nur so ein Mistkerl?

Er trank seinen Cocktail in einem Zug aus und bestellte sich einen neuen. Dabei erinnerte er sich an jene Nacht, die in seit einem Jahr in seinen Träumen verfolgte, wie ein dunkler Schatten, der ihn nicht loslassen wollte. Denn genau das war sie. Ein dunkler Schatten in seinem Leben. Aber im Prinzip war er nicht so schlimm. Es gab genug andere Schatten. Genaugenommen war sein ganzes Leben ein Schatten. Es begann bereits in seiner Kindheit...
 

Ein weiterer Schlag traf seinen Rück und hinterließ eine weitere Platzwunde. Der Junge biss tapfer die Zehne zusammen. //Nicht schreien//, dachte er. //Egal was passiert, du darfst nicht schreien. Genau das ist es doch, was er will.//

Ungefähr eine halbe Stunde später war er endlich fertig damit, ihn auszupeitschen und sah hasserfüllt auf ihn herab. “Ich hoffe, du wirst dir diese Flausen endlich aus dem Kopf schlagen, Shotaro. Du wirst Kyoko-chan heiraten und meine Nachfolge antreten.”

Sho biss sich auf die Unterlippe, um ihm nichts falsches entgegenzuschleudern. //Hüte deine Zunge//, dachte er. //Sonst fängt er wieder an, dich zu schlagen.//

Sein Vater sah ihn wütend an, dann drehte er sich um und verließ den Raum. Erst jetzt erlaubte der Junge sich einen Moment der Schwäche. Er sank auf dem Boden zusammen und schloss die Augen. Sein Rücken brannte fürchterlich. Die letzten Wunden waren noch nicht verheilt gewesen und waren wieder aufgerissen.

“Keine Sorge, Otoo-san. Ich werde bald nicht mehr hier sein.”


 

Sho seufzte laut und nahm seinen dritten Cocktail entgegen. Die Narben waren immer noch zu sehen. Er erinnerte sich noch gut, wie sowohl Shoko als auch Midori erschrocken waren, als sie sie zum ersten Mal sahen. Nicht einmal Kyoko wusste, dass sein Vater ihn oft auf diese Weise misshandelt hatte. Genau deshalb wollte er auch so gerne ein Star werden. Er wollte fort von ihnen und seinem Vater zeigen, dass er auch ohne ihm auskam. Doch im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen, er wäre in Kyoto geblieben. Dann wäre das alles nicht passiert.

Er wusste noch genau, was an jenem Abend geschehen war.
 

Die Aufnahmen waren nicht gut gelaufen und wieder saß er da, an der Bar und trank. Trank, bis er nicht mehr fühlen musste und diese Bilder von Kyoko verschwanden. Er liebte sie. Das tat er wirklich. Aber sie liebte diesen Tsuruga, diesen Typ der alle haben konnte. Warum liebte sie ihn? Was hatte dieses Schwarzhaarige etwas, das er nicht hatte?

“Hey Sho”, sagte der Barkeeper. “Ich würd jetzt gern zumachen, also könntest du vielleicht gehen?”

Der Sänger erhob sich schwerfällig und verließ die Bar. Allein.

Das Mädchen, das er sich angelacht hatte, hatte einen Freund, der die beiden höfliche unterbrochen hatten, während sie in einer Ecke rumgeknutscht hatten.

Langsam lief er zur Bushaltestelle, wo er feststellte, dass nun kein Bus mehr fuhr. Die nächste U-Bahn war zu weit entfernt und Shoko ging nicht an ihr Handy.

Frustriert schlug er den Weg Richtung Strand ein.

Wenn es Ren Tsuruga nicht gäbe, dann hätte er eine Freundin. Und er wäre erfolgreich. Wenn dieser Idiot doch einfach abkratzen würde!

Es hatte eine gewisse Ironie, dass er gerade an diesem Abend, Ren antraf, nur das dieser unter Wasser war und er oben stand. Einmal in seinem Leben stand er über Ren Tsuruga. Und das würde er auskosten, voll und ganz.

Oh nein, er würde ihm nicht helfen. Nicht ihm, diesem Mann, der ihm alles kaputt gemacht hatte. Er konnte leiden, musste leiden, so wie er gelitten hatte.

Und so packte er einfach Sen und ging. Ohne sich auch nur einmal umzudrehen.


 

Er bereute diese Tat. Er bereute sie wirklich. Doch er konnte sie nicht mehr rückgängig machen. Dafür war es zu spät. Nun musste er damit leben. Ob er es wollte oder nicht. Doch wenn er genau überlegte, war er sich sicher, dass wenn er noch einmal zu dieser Höhle kommen würde, er ihn immer noch ertrinken lassen würde. Da war er sich sicher. Und genau das machte ihn so fertig, dass er sich jedes Mal aufs Neue vollaufen ließ.

Er hätte wirklich lieber in Kyoto bleiben sollen. Dann wäre das alles nicht passiert.

Um Mitternacht verließ er die Bar und lief in Richtung Bushaltestelle davon. Vor eineinhalb Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass er öffentliche Verkehrsmittel benutzte, doch inzwischen erkannte ihn noch kaum jemand.

Plötzlich wurde er von mehreren Händen gepackt und in eine finstere Ecke geschleift.
 

Am nächsten Morgen fand man ihn schlimm zugerichtet zwischen zwei Mülltonnen vor. Die Verantwortlichen konnten nie gefunden werden.

Doch Sho wusste, dass das seine Strafe für Rens Ableben gewesen war. Und er wusste auch, wem er das zu verdanken hatte.

Miami - The Magic City

So, heute ist mein letzter Ferientag. (Leider. T-T) Deshalb beglücke ich euch noch mal mit einem Kappili. Ich bin schon sehr auf eure Meinungen gespannt. *___*
 

Susilein: Nun, Sho musste halt auch mal ein bisschen in den Mittelpunkt gerückt werden. ^^ Wer ihn verkloppt hat, erfährst du in diesem Kap. XDDDD
 

Hokuto: Kaede hab ich ja schon genug verteidigt. ^^ Also... Ja, Sho tut mir auch leid. (Wirklich.) Seine Kindheit war echt hart. Aber ehrlich gesagt, habe ich mehr für Kaede Partei ergriffen. ^^” Aber danke für das lange Kommi. Das war wirklich beeindruckend.
 

DarkEye: Na ja, hassen tu ich Sho noch nicht. Aber ich verstehe, warum ihr es tut. ^^” Danke für das Lob. ^^
 

little-sister: Stimmt, dass Kaede ruhig geblieben ist, ist doch irgendwie bewundernswert. Aber sie ist ja auch schwanger und darf sich nicht allzu sehr aufregen. (Sho hätte ruhig einen anderen Moment wählen können, wir mir grade auffällt.) Ob Kyoko es je erfahren wird? Das ist eine gute Frage...
 

Patrice-Kyoko: Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass du Hokuto Recht geben würdest... *staun* Tja, man lernt halt nie aus. Mir tut Sho ehrlich gesagt auch leid, auch wenn ich ziemlich für Kaede Partei ergreife...
 

Umnije: Ich fürchte, du wirst noch eine Weile lang hibbelig bleiben müssen. *grins*
 

-_Kisu_-: Deinen Worten hab ich eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. ^^” Manchmal frag ich mich wirklich, wie du das immer schaffst... Danke. Ich freu mich immer wieder.
 

Also, viel Spaß mit dem Kap. ^^

Bye,

Eure Ayako

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Miami - The Magic City
 

Miami.

Eine Großstadt in Florida, USA, Nordamerika.

Inzwischen leben dort rund 500.000 Menschen. Wie in den meisten US-amerikanischen Großstädten haben sich auch um Miami viele kleine Vorstädte angesiedelt, die insgesamt von etwa 2,2 Millionen Einwohnern bewohnt wird. Doch genug dazu.

In Miami herrscht eine sehr große Kriminalitätsrate und auch der Drogenhandel ist dort nicht ungewöhnlich. Somit war es nicht weiter ungewöhnlich, dass sie die Familie Christopher dort ein kleines Imperium aufgebaut hatte.

Der dortige Kopf der Verbrecheruntergrundsorganisation war Jeremy Christopher, Bruder des Anführers George Christopher und des gutmütigen Stanley Teens.

Er führte sein kleines Imperium geschickt und steuerte viel zum familiären Vermögen bei. Denn er kontrollierte die Nachtclubs und den Drogenhandel der Stadt. Außerdem sorgte er dafür, dass die Kriminalität nicht über Hand nahm. Deshalb hatte er auch einen bestimmten Einfluss auf die Polizei und den Bürgermeister, allerdings war das alles inoffiziell. Offiziell führte Jeremy Christopher mehrer Hotelanlagen und wie der Zufall (oder Rory) es so wollte, wurden Kyoko und die anderen in einem von ihnen untergebracht.

Es handelte sich um eine Art Feriendorf an Meer am Rande einer Vorstadt. Die Häuser waren luxuriös eingerichtet, mit Whirlpool, Flachbildfernsehern, eigenen Küchen, etc.

Alles im allen mindestens fünf Sterne wert, wenn nicht noch mehr.

In der Mitte des “Dorfes” befand sich ein großes, mehrstöckiges Gebäude, wo die Verwaltung, die Rezeption, ein Schwimmbad, ein Casino, ein kleiner Laden, mehrere Restaurants, eine Bibliothek und der Kindergarten zu finden waren.

Kyoko mochte das “Dorf” vom ersten Augenblick an. Es strahlte eine friedliche Atmosphäre aus und lenkte sie von den Ereignissen des letzten Jahres ab. Sie war davon überzeugt, für immer dort bleiben zu können. Da war sie sich ganz sicher.
 

“Ist das nicht toll, Miss Menno? Wir wohnen nebeneinander.”

Kanae seufzte. “Ja, wunderbar.”

Sie und Yashiro wechselten ein kurzes Lächeln. Sie hatten sich die ganze Zeit im Flugzeug unterhalten und verstanden sich blendend. Warum hatte sie eigentlich zuvor nie mit ihm geredet? Allerdings vermisste sie Shin. Er hatte zwar gesagt, dass er auch in Miami war, doch es handelte sich dabei um eine große Stadt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich trafen, war also sehr gering.

“Komm Saya! Schauen wir uns mal unser neues Zuhause an.” Die Achtzehjährige nahm ihre kleine Schwester bei der Hand und betrat mit ihr zusammen das Haus. Kanae und Yashiro konnten schon bald darauf laute Begeisterungsrufe hören und grinsten.

“Wohnen Sie mit Kyoko zusammen?”, fragte Kanae.

“Ja, aber keine Sorge, wir schlafen in verschiedenen Zimmern”, entgegnete er lachend.

Kanae lachte ebenfalls. “Nun, dann viel Spaß.”

Damit drehte sie sich um und betrat ihr eigenes Haus.
 

Es war eine Woche nachdem die Dreharbeiten begonnen hatten, da steuerte ein kleineres Frachtschiff auf den Hafen zu. An seinem Deck standen mehrer Matrosen und der Kapitän. Sie sahen den wartenden entgegen, denn viele der Seeleute hatten hier Familie.

Kuon sah interessiert dabei zu, wie seine Kameraden sich über die Reling lehnten und heftig ihren Bekannten zuwinkten. Er wünschte sich, dass er auch einer von ihnen sein könnte, dass auch er jemanden hatte, der auf ihn wartete. Wahrscheinlich gab es irgendwo so jemanden, doch er wusste es nicht. Er wusste nicht einmal, wer er war.

Seufzend starrte er zu den Menschen hinüber, als sich auf einmal ein Arm um ihn legte.

“Heureka, wir sind in Miami. Ist das nicht cool?”

Kuon lächelte. “Ich weiß nicht, ob das wirklich so cool ist.”

Pete verdrehte theatralisch die Augen. “Mein Gott, du mit deinen Zweifeln immer. Das ist ja nicht auszuhalten. Wir sind gleich in einer Großstadt! Dort gibt es Kneipen, Nachtclubs, Kinos, Spielhallen und allen voran Frauen. Die werden dir hinterher laufen, mein Lieber, das kann ich dir versichern, auf solche Typen wie dir, stehen die doch.”

“Und was, wenn ich wirklich irgendwo eine Verlobte hab?”

“Tja, dann wirst du ihr halt mal untreu. Was soll’s, du kannst dich ja nicht an sie erinnern, also kann sie so toll nicht gewesen sein.”

Die beiden sahen sich einen Moment lang schweigend an, dann brachen sie in schallendes Gelächter aus.

“Genug gelacht”, rief der Kapitän. “Da ihr hier keine Familie habt, werdet ihr jetzt sofort damit beginnen, die Fracht abzuladen, verstanden?”

Die beiden seufzten. “Ja, Captain.”
 

Nachdem sie mit dem Abladen fertig waren, führte Pete Kuon zu einer Bar in der Downtown, wo sie sich in eine Ecke setzten und sich ein paar billige Drinks bestellten.

Es war eine gemütliche Bar, die denen aus dem wilden Westen nachempfunden war. So war der Boden mit Holz ausgelegt und auch die Wände sahen so aus, als wäre das ganze Gebäude nur aus Holz erbaut worden. Für Beleuchtung sorgten mehrere Kerzen, was dem ganzen einen romantischen Touch gab. Aus einem Lautsprecher an der Wand klang die Stimme eines Moderators des beliebtesten Radiosenders in der Gegend.

Kuon betrachtete die anderen Leute. An der Bar saßen mehrere Männer, die wie verzweifelte Trottel aussahen, die sich hier nach verrichteter Arbeit vollaufen ließen, um ihr elendes Leben zu vergessen. Einer von ihnen, der, der noch am nüchternsten wirkte, war in ein Gespräch mit dem Barkeeper vertieft. An einem Tisch in der Raummitte saßen mehrere ältere Herren und spielten Poker. In der Nähe der Tür hatte sich ein Pärchen niedergelassen, dass sich leise unterhielt. Alles in allen eine friedliche feierabendliche Atmosphäre, wie man sie in jeder Großstadt dieser Welt finden konnte.

“Morgen werden wir zu einem Freund von mir gehen. Er ist Arzt und kann dir sicher helfen.”

Kuon wandte sich seinem Freund zu und lächelte dankbar. “Vielen Dank, dass du mir hilfst.”

Pete winkte ab. “Ach, das ist doch selbstverständlich. Außerdem will ich wissen, ob du nicht doch Ren Tsuruga bist.” Pete zwinkerte schelmisch und Kuon verdrehte die Augen. Dann ließ er seinen Blick wieder über die Leute schweifen und merkte, dass der weibliche Anteil des Pärchens in nachdenklich musterte. Er wandte sich schnell ab und bemerkte somit Petes breites Grinsen.

“Siehst du, ich hab’s dir doch gesagt, die Bräute stehen auf dich.”

Kuon stöhnte, während sein Freund laut lachte.
 

“Sag mal, warum guckst du eigentlich die ganze Zeit zu diesem Typ dort hinüber, Kanae?”, fragte Shin misstrauisch.

“Ich weiß nicht”, sagte sie, ohne ihn anzusehen. “Aber er kommt mir irgendwie bekannt vor.”

Shin folgte ihren Blick und musterten den Typen und potentiellen Rivalen genauer. Plötzlich trat der Ausdruck des Erkennens auf sein Gesicht. “Aber klar, der sieht aus, wie Ren Tsuruga.”

Sie saßen im derselben Bar wie Kuon und Pete. Shin hatte sie nach den Dreharbeiten abgefangen, Kyoko abgeschüttelt und war mit ihr hierher gegangen, weil er glaubte, dass ihr dieser Ort gefallen könnte. Seine Hoffnungen waren nicht enttäuscht worden.

“Ren?”, wiederholte sie verblüfft. “Doch, stimmt, er sieht genauso aus, aber Ren ist tot, also kann er es wohl kaum sein.”

Shin nickte zustimmend. “Ja, wahrscheinlich ist es einfach jemand, der ihm zufällig ähnlich sieht. Jeder Mensch soll ja woanders jemanden haben, der genauso aussieht, wie man selbst.”

Kanae lächelte. “Ich bin mir sicher, dass dein Doppelgänger charmanter ist, als du.”

Shin verzog schmollend das Gesicht und spielte kurz mit dem Gedanken, ihr sein Getränk entgegenzuschütten, entschied sich allerdings dagegen und überlegte, wie er sich am besten an ihr rächen könnte.

“Wie sind denn die Dreharbeiten gelaufen?”, fragte er schließlich.

“Och ganz gut”, sagte sie und begann dann, ihm alles ganz genau zu schildern. Die beiden waren so sehr in ihre Erzählung vertieft, dass sie nicht merkten, wie Kuon und Pete die Bar verließen.
 

Lautes Lachen erfüllte den Raum, während der Manager die Spielfiguren angestrengt musterte.

“Äh, Yashiro”, sagte Kyoko, “du hast eine fünf gewürfelt, also musst du mit deiner Figur fünf Felder vorrücken.”

“Ich weiß”, fauchte der Blondhaarige und sah deprimiert auf das Brett. “Aber dann muss ich Saya schlagen und das will ich nicht.”

Die Kleine brach abermals in schallendes Gelächter aus und Kyoko schüttelte den Kopf. Sie saßen alle zusammen an dem Küchentisch von Kyokos Häuschen und spielten Mensch ärgere dich nicht. Allerdings war Yashiro, dank seiner Rücksicht auf die beiden Frauen, deutlich unterlegen.

In diesem Moment klopfte jemand ans Fenster und sie drehten sich um.

“Miss Menno”, rief Kyoko begeistert und eilte zur Tür, um sie zu öffnen.

“Hi, Cousinchen”, sagte Shin, der Kanae in den Raum folgte.

“Shin, du Idiot”, sagte sie und schlug ihn spielerisch. “Wie konntest du es wagen, einfach wegzurennen und Miss Menno zu entführen?”

Der Blondhaarige nahm seine Cousine in den Arm. “Ach, weißt du, ein Mann muss tun, was er tun muss.”

“Das ist keine Antwort!”

Die beiden kappelten sich noch ein bisschen und Kanae setzte sich zu Saya und Yashiro, die sich beide wieder dem Spiel zugewandt hatten.

“Yaschhiroh”, sagte die Kleine. “Da.” Sie deutete auf eines der Felder.

“Nein, Saya”, sagte er. “Ich muss da hin.”

Kanae beobachtete lächelnd, wie er versuchte, der Kleinen das Spiel beizubringen. //Er wird sicher ein guter Vater sein//, dachte sie. //Kaede ist fast zu beneiden.//

“Hey, ist das Mensch ärgere dich nicht?”, fragte Shin plötzlich.

“Nee, das ist Schach, weißt du”, sagte Kyoko ironisch, doch der Ältere achtete nicht weiter auf sie, sondern ließ sich neben Kanae nieder. “Platz da, jetzt kommt der Meister”, sagte er begeistert und ein amüsanter Abend begann.

Die Begegnung mit Kuon war vergessen.
 

“Es tut mir leid”, sagte sie. “Ich habe überreagiert. Ich hätte das nicht tun sollen.”

Sho nickte nur. “Mach dir keinen Kopf. Ich hätte genauso reagiert. Außerdem bin ich selbst schuld. Ich hätte es dir sofort sagen sollen.”

Kaede seufzte. “Stimmt, aber ich weiß, warum du es nicht getan hast. Und das verstehe ich - leider.”

Sie ging an das Fenster seines Zimmers und schaute hinaus in den kleinen Park des Krankenhauses. “Wer waren eigentlich die Typen, die dir das angetan haben?”, fragte sie besorgt.

“Ein paar Untergebene des Christopher Clans”, sagte er schwach. “Sie haben mir sogar Khiras Namen genannt. Soviel zu ihrer Dankbarkeit. Der werde ich noch einmal das Leben retten. Ich frag mich nur, woher sie es wusste.”

Kaede konnte sich gut vorstellen, woher. Da sie nach dem Gespräch sehr aufgewühlt gewesen war, hatte es ihr Vater irgendwie geschafft, die Wahrheit aus ihr rauszuquetschen - was sie eigentlich hatte vermeiden wollen - dieser war dann in eine Bar gegangen, um auf diesen Schreck was zu trinken und hatte dort wohl einen von den ganzen Christophers getroffen und ein bisschen zu viel erzählt. Genau deshalb hätte sie es ihm auch lieber nicht erzählt, na ja, jetzt konnte sie es auch nicht mehr ändern.

“Sie reagiert auch öfters über”, sagte Kaede nur. “Und bei ihr nimmt das nun mal andere Dimensionen an, als bei mir.”

Sho lachte bitter auf. “Das habe ich gemerkt.”

Schweigen legte sich über den Raum, bis Kaede sich umdrehte und Richtung Tür ging.

“Ich muss los. Gute Besserung.”

Ohne auf eine Antwort von ihm zu warten, verließ sie den Raum und ließ die Tür hinter sich zuschwingen.

Sho sah ihr vom Bett aus hinterher. Sie hatte ihm also nicht vergeben. //Warum auch, du Idiot?//, meldete sich seine innere Stimme. //Du hast ihren Bruder auf dem Gewissen. Es war schon unerwartet, dass sie hier aufgetaucht ist.//

Sho musste seiner inneren Stimme Recht geben. Auch wenn er das nicht gerne tat.
 

Kaede atmete tief aus, als sie den freien Himmel betrat. Genau wie ihr Bruder mochte sie keine Krankenhäuser. Sie erinnerten sie zu sehr an die Zeit in L.A., die sie am Liebsten vergessen würde. Damals hatte sie ihren Bruder schon einmal verloren. Warum hatte das wieder geschehen müssen?

Langsam ging sie in Richtung der Parkplätze.

Sie hatte Sho nicht verziehen. Sie wusste selbst nicht, ob sie es jemals könnte. Es ist nicht leicht, zu verstehen, dass ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Es ist sogar sehr schwer. Und das schwerste ist es, zu begreifen, dass dieser Mensch wirklich weg ist. Dass er nicht im nächsten Moment um die Ecke kommt und dich freundlich grüßt. Dass er wirklich nicht mehr da ist. Das ist verdammt schwer. Selbst jetzt noch, ein Jahr später hatte Kaede das Gefühl, dass ihr Bruder einfach auf Reisen gegangen war. Vielleicht wegen einem Film oder er hatte endlich mal Urlaub gekriegt. Tief in ihrem Inneren war sie immer noch der Überzeugung, dass er jeden Moment anrufen könnte und wieder mit ihr lachte.

Es war dumm, das wusste sie. Einfach nur dumm, so etwas zu glauben. Aber ihr Bruder war der wichtigste Mensch in ihrem Leben gewesen. Sogar noch wichtiger als Yashiro. Und deshalb war es besonders schwer, loszulassen. Sie wusste, dass er irgendwann gehen würde, doch für sie war es einfach zu früh gewesen.

Doch der Tod achtet nicht auf einzelne Gemüter.

Warum sie Sho besuchen gegangen war? So wütend sie auch auf ihn war, so waren sie doch Freunde. Irgendwie. Und auch wenn sie ihm im Moment am liebsten eine heftige Prügelei verpassen würde, wusste sie doch, dass sie es sich hinterher nicht verziehen hätte, ihn so zu demütigen, wie es einst sein Vater tat. Das wäre zu ungerecht.

Deshalb war sie ziemlich erschrocken gewesen, als sie hörte, was ihm passiert war. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie der Meinung war, dass er es verdient hatte. Doch sie wusste, es war nur eine Anwandlung des Zornes, der sie so denken ließ. Und irgendwie war das ziemlich frustrierend.

Brüder

Hallöchen, hier ist mal wieder ein neues Kappili von mir. XDDDDD
 

Susilein: Tja, Kuu ist halt ein Schwatzkopf. ^^ Und Rory... Möchte einfach wieder “eine Familie vereint sehen”. Tja, bei Miami hab ich mir Mühe gegeben. ^^ Schön, dass es dir gefallen hat.
 

DarkEye: Gesehen haben sie ihn... Aber das war’s auch schon. ^^
 

Hokuto: Du kennst meine Meinung. ^^
 

Patrice-Kyoko: Seit wann sind Kyoko und Kuon miteinander verlobt? (Das hab ich doch bisher nie geschrieben.) Das mit der Verlobten ist immer nur ein Scherz von Pete, mit dem er Kuon ärgern will. Und somit kann er ja nicht ahnen, dass er eine hat, außer du meinst Khira. XD
 

little-sister: Also... Kanae und Shin kannte ja nur Ren, also Kuon mit dunklen Haaren. Jetzt hat er ja wieder blonde Haare (weil er halt wieder Kuon ist). Von daher ist es wirklich verständlich, dass sie ihn nicht erkennen.
 

Umnije: Stimmt, Yash wird echt ein guter Vater. Da bin ich mir auch sicher. XDDDDD

Und was Sho angeht... Ich finde ja, dass es doch etwas hart war, dass er verprügelt wurde, aber... Irgendwie hat er es schon verdient.
 

Nun denn, ich bin froh, dass euch das letzte Kap doch irgendwie gefallen hat und hoffe, dass euch dieses hier auch gefällt. ^^

Baba,

Eure Ayako

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Brüder
 

“Stan. Es ist lange her.”

Jeremy Christopher umarmte seinen Bruder herzlich. Mr. Teen lächelte und löste sich sanft von ihm.

“Stimmt. Ich bin seit fünf Jahren nicht mehr hier gewesen. Ich habe ganz vergessen, wie sehr ich Miami doch liebe.”

Jeremy erwiderte sein Lächeln. “Ja, Miami ist wirklich die schönste Stadt auf Erden. Aber du hast ja schon immer L.A. vorgezogen.”

“Ja, denn dort sind die Menschen, die ich liebe.”

“Wie auch immer, komm setz dich.”

Sie waren in Jeremys Büro in der Downtown. Es befand sich im zwanzigsten Stock eines Hochhauses. Eine Wand war vollkommen verglast und gab den Blick auf die Stadt und das Meer frei. Der Boden bestand aus einem hellen Stein. Das Zimmer war modern eingerichtet und an einer Wand konnte Mr. Teen einen kleinen Brunnen erkennen. Angeberisch, wie er dachte.

Sein Bruder deutete auf einen der dunklen Ledersesseln und ließ sich selbst auf einen anderen nieder. Mr. Teen folgte seinen Beispiel und sah sich noch einmal um.

“Für die Pflanzen sind wohl deine Frau verantwortlich, was?”

Jeremy lachte. “Ich sehe schon, du kennst mich immer noch besser als George. Möchtest du was trinken?”

“Ein Wasser bitte.”

Jeremy erhob sich und ging zur Bar. “Ich hoffe, dein Apartment gefällt dir?”

“Oh ja, ich kann nicht klagen. Vielen Dank dafür.”

“Ach, sei nicht albern. Für meine Familie gibt es nur das beste.”

Er ließ sich wieder auf dem Sessel nieder und reichte Mr. Teen sein Glas. Er selbst nippte an einem anderen Glas.

Jeremy war sein Alter nicht anzusehen. Er wirkte etwa wie fünfzig, dabei war er noch nicht einmal vierzig. Mr. Teen wusste, dass das auf die letzten Jahren zurückführte, in denen er die meiste Zeit nur mit dem Geschäft verbracht hatte und sonst nichts. Sein Haar war schon vollkommen ergraut und es waren erste Falten zu erkennen. Doch seine Ausstrahlung und sein aufgeschlossenes Gesicht hatten nichts eingebüßt. Dadurch wirkte er doch wiederum zehn Jahre jünger. Stanley war sich sicher, dass ein außenstehender nicht sagen könnte, welches Alter sein Bruder wohl tragen könnte. Heute trug er einen dieser typischen Geschäftsmannanzüge, in denen man sich meist zu Tode schwitzte und vor seinen Augen saß eine ovalförmige Brille.

Bevor noch jemand etwas sagen konnte, klopfte es an der Tür und ein junger Mann von gerade mal neunzehn Jahren betrat den Raum. Sein Haar war leicht bräunlich und die Frisur erinnerte an Studenten. Wahrscheinlich war er auch einer. Auch er trug einen Anzug (braun, mit orange-gelber Krawatte) und auf seiner Nase lag eine Brille mit viereckigen Gläsern.

“Ah, Kim. Da bist du ja.”

“Du hast mich gerufen, Vater?”

Mr. Teen richtete sich etwas auf und ließ seinen Blick über seinen Neffen schweifen. Ein guter Bursche, zweifellos.

“Ja, das hab ich. Komm her und setzt dich zu uns. Du erinnerst dich doch sicherlich noch an meinen Sohn Kim oder Stan?”

Mr. Teen nickte. Natürlich tat er das. Der Junge hatte sich immer an Weihnachten mit Khira gestritten oder auch mit seinen Großvater, bis Jeremy endlich nicht mehr gekommen war. Er fragte sich wirklich, wie die beiden in derselben Stadt leben konnten, ohne sich umzubringen, was in dieser Familie nicht einmal so abwegig gewesen wäre. Er musste unwillkürlich schaudern, als er daran dachte, was seine Familie schon so alles angestellt hatte.

“Onkel Stanley”, sagte Kim fröhlich und begrüßte ihn. “Schön, dich wiederzusehen.”

“Ich freu mich auch, mein Lieber.”

Das stimmte. Sie hatten sich schon immer gut verstanden. Aus welchen Grund auch immer.

“Und? Was genau führt dich eigentlich her?”, fragte Jeremy neugierig und sah Mr. Teen durch seine Brillengläser an.

“Ich wollte einfach mal wieder meinen jüngsten Bruder besuchen. Und natürlich seine Familie.”

“Und nachsehen, was Khira hier treibt, nicht? Ja, ich kenne dich Stanley. Du vertraust mir nicht. Zumindest bist du davon überzeugt, dass ich nicht auf Khira aufpasse.”

“Oh, ich bin überzeugt, dass du auf sie aufpasst. Aber ich weiß nicht, was für einen Job du ihr gegeben hast.”

“Sie arbeitet in einem der Clubs, als Kellnerin. Ich finde, es tut ihr gut, mal andere zu bedienen.”

Die drei Männer schmunzelten gleichzeitig. Khira als Kellnerin war sicher ein äußerst amüsanter Anblick.

“Nun, dann werde ich mir vielleicht demnächst einen Drink von ihr bestellen lassen”, sagte Mr. Teen.

“Tu das. Es geht dann alles aufs Haus.” Jeremy trank sein Glas aus und durchbohrte seinen Bruder mit einem undefinierbaren Blick. “Du bist also nicht hier, um deine Frau zu besuchen?”

Er gab keine Antwort, sondern vertiefte sich in der Betrachtung des Meeres.
 

Jeder Mensch hat ein Schicksal. Die einen ein leichtes und andere ein schweres Schicksal. Die einen führen ein friedliches Leben und ihr größtes Problem ist die nicht erledigte Hausarbeit. Und die anderen... Sie leiden. Sie verlieren alles oder zumindest erscheint es ihnen so. Sie sind vom Leben enttäuscht wurden und nicht selten sehnen sie sich nach dem Tod.

Welches das schwerste Schicksal ist?

Wahrscheinlich jedes. Denn jeder muss mit seinem eigenen zurecht kommen. Da hilft kein Jammern und kein Zetern.

Doch manchmal muss man genau das tun, um damit klar zu kommen.

Sonst wird man eine leere Hülle ohne Gefühl und ohne Wahrnehmung. Ein wandelnder Schemen, dessen Existens schon so gut wie beendet ist.

Man kann sich sein Schicksal nicht aussuchen. Aber man kann lernen, mit ihm zu leben.
 

“Oh guten Tag Kuon, komm doch rein.”

“Vielen Dank, Mrs. Teen”, entgegnete er fröhlich und folgte der Frau ins Haus.

Mrs. Teen war eine freundliche Frau mittleren Alters. Ihre braunen Locken wippten bei jedem Schritt auf und ab und ihre warmen dunklen Augen leuchteten bei jedem Wort.

Kuon mochte sie. Sie war so etwas wie eine Mutter für ihn geworden. So wie Mr. Teen ein Vater.

Sie war Kunstlehrein. Das ganze Haus in dem sie lebten, war von Kopien Meisterwerke vollgehangen. Außerdem besaß sie ein Original von einem Straßenkünstler in Paris, worauf sie sehr stolz war. Es war eine Bleistiftzeichnung und zeigte einen Straßenjungen, der Zeitungen verkaufte. Nach der Kleidung zu urteilen, stammte er aus einem früheren Jahrhundert.

Kuon mochte das Bild irgendwie, auch wenn er Mrs. Teens Begeisterung nicht immer nachvollziehen konnte.

“Stanley ist noch in der Schule, aber er wird bald wiederkommen. Möchtest du etwas essen?”
 

Mrs. Teen und Stanley hatten sich auf einer Buchmesse kennengelernt. Er war auf der Suche nach Romanen, sie nach Kunstheften. Es war Liebe auf den ersten Blick und ein Jahr später heirateten sie und zogen in ein Haus in einem der Suburbs von L.A. Die Familie Christopher duldeten die Heirat nicht, doch das war Stanley egal. Denn endlich hatte er die Chance bekommen, sich von seiner Familie abzugrenzen, indem er seinen Namen ändern konnte.

Die beiden waren glücklich. Jeder, der sie sah, wusste sofort, dass sie zusammengehörten. Doch das Glück dauerte genau zwanzig Jahre. Man sollte meinen, das wäre ein lange Zeit und das ist sie auch. Aber wenn nach zwanzig Jahren das Glück zerplatzt, kommt es einem wie eine recht kurze Zeitspanne vor.

Den größte Kummer der beiden war, dass Mrs. Teen keine Kinder bekommen konnte. Stanley war das zwar egal, dennoch kam es öfters zu Streitereinen. Es war wieder so ein Tag gewesen. Seine Frau war weinend aus dem Haus gerannt und ins Auto gestiegen. Sie wollte in der Downtown eine Ausstellung besuchen. Stanley hatte sie eigentlich begleiten wollen, aber nun konnte er es nicht mehr. Sie würde ihn nicht sehen wollen. Allerdings nahm er sich vor, sich am Abend bei ihr zu entschuldigen.

Doch sie kam nicht nach Hause.
 

“Nein”, sagte Mr. Teen schließlich. “Ich habe nicht vor, sie zu besuchen.”

Jeremy und Kim wechselten einen Blick, beschlossen aber zu schweigen. Es war seine Entscheidung. Nicht die ihre.
 

“CUUUUUUT! Sehr schön, das habt ihr alle sehr gut gemacht. Das hätten wir im Kasten. Und das war’s auch schon wieder für heute. Bevor ich es aber vergesse: Morgen finden keine Dreharbeiten statt, das heißt, ihr könnt euch ein wenig entspannen. Und ich meine wirklich entspannen, ist das klar?” Ogata sah seine Crew mit einem bösen Blick an und alle nickten eifrig.

“Sehr schön, dann noch einen schönen Abend.”

“Und? Heute schon was vor?”, fragte Kyoko ihre beste Freundin, die bereits darüber nachdachte, wie sie sich zu Shin davonschleichen konnte. Sie saßen in der Maske und ließen sich abschminken.

“Äh. Nun, ich wollte mit Shin ins Kino”, sagte sie und wurde rot.

“Oh, na gut... Ich wollte dich eigentlich fragen, ob wir vielleicht zusammen was unternehmen”, sagte Kyoko traurig und starrte auf ihre Hände.

Kanae biss sich auf die Unterlippe. //Nicht schon wieder dieser tieftraurige Blick! Das halt ich nicht aus.//

“Kyoko, bitte. Shin ist doch nur noch diese Woche hier. Wir können doch noch einen Monat lang gemeinsam shoppen gehen.”

“Ja... Vergnüg dich ruhig mit ihm. Ich geh einfach mit Yashiro nach Hause und dann geh ich mit Saya und Sen spazieren.”

“Genau! Tu das. Ich bin dann weg.”

Kanae sprang hastig auf und ging davon.

Kyoko sah ihr zähneknirschend hinterher. //Toll.//

“Bist du fertig?”, fragte Yashiro, als sie aus der Maske trat.

“Ja, gehen wir.”

Sie liefen zum Parkplatz.

“Alles in Ordnung mit dir?”, fragte Yashiro. “Du siehst irgendwie so traurig aus.”

“Ach, ich wollte einfach mal wieder mit Miss Menno shoppen gehen, aber sie trifft sich lieber mit Shin.”

“Naja, der ist doch bald weg und dann wird sie wieder Zeit für...”, doch er kam mit seinem Satz nicht zu ende, weil Kyoko erstarrt stehenblieb und zu zwei männlichen Gestalten in der Nähe ihres Mietwagens hinübersah.

Barbecue und Kellnerinnen

Hallihallo. ^^

Willkommen bei einem neuen Kapitel von Another Day in Paradise. Mein Name ist Ayako Shiro und ich werde Sie durch dieses Kap führen. *Moderator nachahm*

Hach, das wollte ich schon immer mal schreiben. ^^

Diese Kap hier ist meiner Meinung nach eines meiner Besseren. Zwischenzeitlig hab ich sogar geweint beim Schreiben, sprich, ihr werdet viel Gefühl vorfinden. Ich denke ja, dass das hier ziemlich gelungen ist und bin schon sehr gespannt, ob ihr meine Meinung teilen werdet...

Zuerst aber die Danksagungen:
 

Susilein: Du wirst auf alle deine Fragen Antworten finden, aber noch nicht jetzt. ^^ Und ich mag Jeremy auch. Er ist gut für Dramatik zu gebrauchen. ^.~
 

-_Kisu_-: Ob du in diesem Kap interpretieren kannst, weiß ich nicht... Ich hab mir aber Mühe gegeben! Das mit Saya kommt auch noch, ich glaub im übernächsten Kap... Vielleicht auch später, kommt drauf an, wie lang ich sie mache. ^^ Aber es kommt. Freu dich schon mal.
 

Patrice-Kyoko: Lass mich raten, du glaubst, es ist Kuon. Obwohl du mich eigentlich zu gut kennen müsstest, um auf diesen Gedanken zu kommen... Also es wäre lieb, wenn du mir schreiben würdest, ob du Recht hattest, es würde mich echt interessieren. Und keine Sorge, die Christophers werden noch eine wichtige Rolle spielen, da werdet ihr sie gut kennenlernen.
 

Hokuto: Du wirst dieses Kap lieben: Khira als Kellnerin kommt vor. ^^ Was mit Mrs. Teen ist, wird noch geklärt.
 

little-sister: An wem hast du denn gedacht? Das würde mich echt interessieren. Ich finde auch, dass Khira der Job sehr gut tut. (Und ihre Verwandten sind derselben Meinung. XD) Was mit Mrs. Teen geschehen ist, werde ich noch klären, keine Bange. ^^
 

DarkEye: Stimmt. *seufz*
 

Umnije: Du kannst mich Loben soviel du willst und noch sooft sagen, dass meine FF zu deinen Favos gehört, ich werde dennoch die beiden noch nicht zusammentreffen lassen. Das wäre ja gelacht. Und total gegen meine Art. Also wirst du leider noch etwas länger warten müssen, denn zuerst kommt ihr Vater dran. ^^ Tja, Pech gehabt.
 

Nun denn, ich bin schon gespannt, was ihr diesmal schreiben werdet.

Baba,

Eure Ayako

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Barbecue und Kellnerinnen
 

Flashback
 

Sie liefen zum Parkplatz.

“Alles in Ordnung mit dir?”, fragte Yashiro. “Du siehst irgendwie so traurig aus.”

“Ach, ich wollte einfach mal wieder mit Miss Menno shoppen gehen, aber sie trifft sich lieber mit Shin.”

“Naja, der ist doch bald weg und dann wird sie wieder Zeit für...”, doch er kam mit seinem Satz nicht zu ende, weil Kyoko erstarrt stehenblieb und zu zwei männlichen Gestalten in der Nähe ihres Mietwagens hinübersah.
 

Flashback - Ende
 

Yashiro folgte verstört ihrem Blick und sah zu den beiden hinüber. Es handelte sich um zwei Männer, der eine war ihm unbekannt, doch der andere hatte auffallende Ähnlichkeit mit...

“Mr. Teen!”, rief Kyoko begeistert und ging eilig auf die beiden zu.

Der Angesprochene wandte sich überrascht um und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihren Gesicht auf, als er sie sah. “Kyoko-chan, was machst du denn hier?”

Sie blieb vor ihm stehen und strahlte ihn an. Der junge Mann neben ihr musterte sie neugierig und wandte sich dem Älteren zu. “Wer ist das, Onkel?”

Yashiro war nun auch bei ihnen angekommen und bekam mit, wie Mr. Teen sie vorstellte.

“Das ist Kyoko Mogami, eine... Bekannte aus Japan. Und Yashiro-san, ich nehme an, Sie sind ihr Manager geworden? Das hier ist mein Neffe Kim. Er ist Jeremys Sohn.”

Kyoko erstarrte unmerklich und sah den jungen Mann an, der ihr freundlich die Hand reichte.

Jeremy, so war auch der Name ihres Vaters. Könnte es sein, dass sie jetzt vor ihrem Bruder stand?

Sie schluckte und griff nach seiner Hand. “Hi, freut mich, Sie kennenzulernen.”

“Ich freue mich auch”, entgegnete Kim.

Für einen Moment starrten sie sich gegenseitig an, dann ließen sie ihre Hände wieder los und wandten sich dem alten Mann zu, der die beiden wohlwollend musterte.

“Nun, warum bist du hier, meine Liebe? Müsstest du nicht in Japan sein?”

“Ach, ich spiele hier in einem Film mit...”

“Tatsächlich? Du musst mir davon erzählen. Was haltet ihr davon, wenn wir uns alle zusammen in ein Restaurant begeben? Ich und Kim wollten das sowieso gerade tun.”

“Nun, eigentlich müsste ich Saya...”

“Das kann ich machen”, sagte Yashiro schnell. “Amüsier dich ein bisschen.”

Damit drehte er sich um und ging.

Kyoko sah ihn verwirrt hinterher. //Hä?//

“Nun, dann begleite uns doch, meine Liebe.”

Kyoko biss sich auf die Unterlippe und dachte kurz nach. Sollte sie sich nicht besser um Saya kümmern? Aber... Yashiro würde das schon hinkriegen und es würde sicher Spaß machen, sich mit den anderen zu unterhalten...

“Ja, ich komm mit.”
 

“Und? Was habt ihr beide heute so gemacht?”, fragte Yashiro und legte sich auf sein Bett.

Kaede auf der anderen Seite der Leitung lächelte.

“Wir waren beim Frauenarzt und haben uns untersuchen lassen. Es geht uns übrigens sehr gut, auch wenn wir den Herrn Vater vermissen.”

“Nun, der Herr Vater muss nun mal Geld verdienen, damit es euch beiden gut geht.”

“Das ist sehr lieb von dir, aber überanstreng dich nicht. Wie laufen die Dreharbeiten?”

“Sehr gut.” Er begann damit, ihr von allen Einzelheiten zu erzählen und sie brauchte nichts, außer bei den richtigen Stellen ja zu sagen oder Entrüstung zu zeigen. Währendessen beobachtete sie ihren Vater dabei, wie er munter vor sich herpfeifend das Wohnzimmer auf Fordermann brachte. Sie unterdrückte ein Grinsen. Er hatte zwei Kopfhörer in seinen Ohren stecken, deren Kabel zu einem MP3-Player in seiner Tasche führten und versuchte, die Lieder mitzusingen. Und dazu auch noch grottenschlecht. Es gab nun mal einen guten Grund, warum er Schauspieler und nicht Musiker geworden war.

Kuu blickte plötzlich auf und bedachte seine Tochter mit einem bösen Blick, als er sah, dass sie mit einem Lachkrampf kämpfte. “Ich hoffe, du lachst wegen deinem Verlobten, meine Liebe”, sagte er streng und hob drohend den Wischmopp. Nun konnte sie nicht anders, sie prustete los.

“Äh, Kaede, was ist daran bitte schön so lustig”, fragte Yashiro verwirrt, der ihr gerade von Kyokos Verzweiflung erzählt hatte, in der Hoffnung, er könne von ihr einen guten Tipp bekommen.

“Oh, tut mir leid, Yashiro, aber mein Vater war gerade unfreiwillig komisch.”

Yashiro seufzte lächelnd. Sie hatte ihm also nicht zugehört. Typisch.

Seit Rens Tod hörte sie oft nicht zu. Sie war zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Er hoffte, dass es ihr besser gehen würde, sobald das Baby da sein würde. Auch wenn sie inzwischen lachte und fröhlich war, wusste er, dass sie immer noch auf Ren wartete. Er selbst tat es auch irgendwie. Kindisch.

Er hörte dabei zu, wie Kuu eine gespielt empörte Antwort durch den Raum rief und Kaede lauter lachte. Plötzlich sehnte er sich danach, bei ihr zu sein, sie in den Arm zu nehmen und mit ihr zu lachen. Die Sehnsucht kam so schnell und mit solcher Macht, dass er für einen Moment nichts machen konnte, als dazuliegen und ihrem Lachen zu lauschen. Er würde es so gerne sehen. Aber er war nicht bei ihr. Er war hier in Miami und hatte zu arbeiten. So war das Leben nun mal.

Plötzlich dachte er daran, wie es ihr gehen musste. Sie war in Tokio und hatte keine wirkliche Aufgabe, außer zu Ärzten zu rennen und ihr Studium zu vollenden. Wie musste sie sich erst fühlen.

Er schüttelte entschlossen den Kopf. So sollte er nicht denken. Es ging ihr gut. Ganz bestimmt. Er hörte es doch. Sie lachte, sie war fröhlich und sie war nicht allein. Es gab keinen Grund zur Sorge.

Dennoch wünschte er sich Ren herbei. Er wünschte sich, dass er neben ihm säße und ein Grinsen unterdrückte, während er seinen Gesichtsausdruck musterte.

In den letzten Monaten war er sehr fröhlich gewesen. Sie hatten viel gelacht und standen sich näher, als je zuvor. Sie waren die besten Freunde gewesen. Dass Ren nicht mehr da war, hatte er nie wirklich begreifen können. Er hatte keine Zeit gehabt, es zu begreifen. Da war immer etwas gewesen, dass es verhindert hatte. Entweder Termine oder auch Kaede, die er trösten musste. Oder Kyoko.

Für sich selbst hatte er keine Zeit gehabt. Er wollte keine Zeit haben. Denn er wollte nicht begreifen, dass Ren nicht mehr da war.

Aber in diesem Augenblick, indem er auf dem Bett lag und seiner Verlobten lauschte, Rens Schwester, da wurde ihm in allen Maßen klar, dass Ren nicht mehr da war. Diese Erkenntnis war niederschmetternd, genauso wie die Sehnsucht zuvor. Seine Augen füllten sich plötzlich mit Tränen und umsomehr er sie zurückzuhalten versuchte, um so stärker kamen sie. Ren war nicht mehr da. Er war weg, verschwunden, tot, für immer. Er würde nie wieder da sein, nie wieder lachen, nie wieder schmollen, nie wieder dieses schreckliche Gentlemanlächeln aufsetzen. Er hatte ihn zurückgelassen in dieser großen, trostlosen Welt. Hatte ihm eine große Verantwortung übergeben, Kaede. Damals war er so froh gewesen, dass Ren für ihre Beziehung gewesen war, heute kam es ihm beinahe wie eine Last vor. So als hätte er nun die Verantwortung für ihr Wohlergehen, wo ihr großer Bruder nicht mehr da war.

Er wünschte sich, den Braunhaarigen noch einmal sehen zu können, auch wenn dieser ihn nur wütend ignorierte. Er wünschte sich seinen besten Freund zurück, der für ihn wie ein Bruder gewesen war.

“Yashiro, alles in Ordnung?”, fragte Kaede besorgt, die sein Schluchzen gehört hatte, das er mit aller Macht unterdrücken hatten wollte.

“Ja”, schneuzte er. “Ja, ich hab... ich musste nur eben an Ren denken.”

Schweigen kehrte ein. Ein tiefes Schweigen, das nicht durchbrochen werden durfte.

Nicht jetzt.

Also hörte Kaede seinen Schluchzern zu, während sich auch ihre Augen langsam mit Tränen füllten. Warum hatte sie die ganze Zeit eigentlich nie gemerkt, wie sehr er litt? Warum war sie nur so blind gewesen? Warum war das Leben so ungerecht?
 

Ist das Leben wirklich so ungerecht, wie alle glauben?

Haben wir nicht vielleicht doch verdient, was wir bekommen?

Kuon wurde zusammengeschlagen. Weil er aus der Gang aussteigen wollte. (Für genauere Informationen siehe Pieces of the Past Kap 27)

Er wusste, dass er es verdient hatte. Er bekam die Schmerzen zurück, die er seiner Schwester und seinen Freunden bereitet hatte.

Es war das, was er verdiente. Nicht mehr und nicht weniger. Aber wenn er bedachte, dass es gerade Ben und Kaede waren, die ihn nicht bestraften, kamen ihm die Tränen.

Es hätten die Beiden sein sollen, die ihn schlugen, zu Boden traten und auf die schlimmsten Weisen misshandelten. Doch sie standen daneben und sahen mit schmerzverzehrten Gesichtern zu. So als würden sie mitleiden. Womit hatte er soviel Liebe verdient? Wo er doch all die letzten Monate ein Idiot gewesen war, der nur für dieses verdammten Tabletten gelebt hatte. Warum war er nur so dumm gewesen? Warum hätte er fast sein Leben weggeworfen nur wegen diesem Zeugs? Warum taten das so viele Leute? Was war an Drogen so toll?

Der Schmerz wurde unerträglich. Er fragte sich, ob er später noch einen ungebrochenen Knochen haben würde. Ein weiterer Tag im Krankenhaus stand ihm bevor. Langsam wurde das Routine. Bald würden die Ärzte und Schwestern ein dauerhaftes Zimmer für ihn reservieren - zumindest, wenn das so weiterging.

Endlich - nach einer halben Ewigkeit - kam die erlösende Ohnmacht und seine Gedanken erstarben.
 

Es war beruhigend das Meer zu beobachten, das Ein- und Ausatmen der Welt. Es gab einem das Gefühl von Beständigkeit. Kuon lehnte an der Mauer und sah hinunter zum Steinstrand. Er hatte es in der Stadt nicht mehr ausgehalten. Deshalb hatte er sich ein Auto gemietet und war hinaus in die Vororte gefahren. Endlich war er an einem angekommen, das am Golf von Mexiko lag. Hier hatte er angehalten und stand nun schon seit einer stunde an der Mauer. Inzwischen ging bereits die Sonne unter und das Land wurde in ein wunderschönes Farbenspiel getaucht. Er war froh diesen Ort gefunden zu haben. Hier konnte er nachdenken und Stückchenweise kehrten Erinnerungsfetzen aus seinem alten Leben zurück. Er war Drogenabhängig gewesen und hatte Menschen verletzt, die ihn liebten. Hatte er vielleicht sogar Selbstmord begehen wollen, als er im Meer landete und hatte überlebt, weil der Captain und die anderen dagewesen waren? War er bereit gewesen, alles enden zu lassen? War sein Leben vielleicht gescheitert?

“Hey, was machst du denn hier?”, hörte er plötzlich eine bekannte Stimme.

Kuon drehte sich um und sah sich dem Captain gegenüber. Begleitet wurde er von einer gleichaltrigen Frau, einem männlichen Teenager und einem Mädchen.

“Meine Frau, mein Sohn und meine Tochter”, gab er als Erklärung. “Wir wohnen in dem Viertel hier.”

Er wusste selbst nicht, wie ihm geschah, doch plötzlich fand er sich in der Küche des Captains wieder.

“Hier, tragen Sie das bitte hinaus, junger Mann”, sagte dessen Frau und drückte ihm mehrere Salatschüsseln in die Hand. “Heute ist alles, was wir hören wollen: Barbecue.”

Im Sommer gab es fast täglich Barbecuepartys in den Vororten und zu ihnen wurde die ganze Nachbarschaft eingeladen. Und Kuon war heute auch dabei.

“So mein Junge, du hast also ein wenige der Erde beim Atmen zugesehen”, sagte der Captain und drehte eine Bratwurst um.

“Ja, Sir”, antwortete er überrascht. Er hatte genau dieselbe Metapher benutzt.

“Ah ja, eine gute Beschäftigung. Sie bietet Gelegenheit zum Nachdenken.”

Kuon nickte und stellte die Schüsseln auf den Büffettisch ab.

“Und du hast wirklich genug, worüber du nachdenken musst.”

Kuon schwieg und ordnete die Schüsseln der Größe nach.

“Du hast nichts mehr, außer dir selbst. Sogar deine Erinnerungen hast du verloren. Wir haben dich aus dem Meer gefischt und bei uns aufgenommen. Wir haben dich gesund gepflegt und dich zu einem Teil unserer Crew gemacht. Du bist eine gute Arbeitskraft und ein guter Mensch. Deshalb werde ich dir helfen.”

Der Blonde sah ihn überrascht an. “Wie...?”

“Das hier haben wir in einer deiner Taschen gefunden”, erklärte der Captain ernst und reichte ihm ein mitgenommen aussehendes Portmonaie. “Bitte verzeih mir, dass ich es dir nicht sofort gegeben habe, aber ich wollte zuerst wissen, wer du bist. Und zwar nicht deine Personalien, sondern deinen Charakter. Ich bin der einzige, der den Inhalt des Portmonaies gesehen hat, gib den anderen als nicht die Schuld.”

Kuon sah verblüfft von dem Portmonaie zu seinem Captain. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, was er in der Hand hielt: sein Leben.

Der Captain nickte ihm zu und griff nach einem Pappteller.

“Wer möchte eine Bratwurst?”
 

Kyoko starrte erstaunt die Frau an, die ihr die Karte reichte. “Khira?”

Khira Christopher setzte ein typisches Ich-hasse-dich-aber-du-bist-Kunde Lächeln auf und sagte: “Kyoko, was für eine freudige Überraschung, dich wiederzusehen.”

Ihr Unterton sagte etwas wie: Warum bist du nicht am Grunde des Atlantiks?

“Khira arbeitet hier als Kellnerin”, erklärte Kim und lächelte seine Cousine schadenfroh an. “Dad war schon immer ein Meister darin für jeden den richtigen Job zu finden.”

Khira schenkte ihm einen bösen Blick und zückte Zettel und Bleistift, wie ein Attentäter seine Waffe. “Was möchten die Herrschaften trinken?”, fragte sie mit gezwungener Freundlichkeit.

“Einen Esspresso bitte”, sagte Kim. “Und Onkelchen möchte sicher einen Tee.”

“Einen Grünen mit Vanillegeschmack, bitte”, stimmte der alte Mann nickend zu.

“Für mich bitte eine heiße Schokolade”, bat Kyoko.

Khira notierte die Bestellungen und ging davon. Es war ihr anzusehen, dass sie diesen Job für Zeitverschwendung hielt.

“Sie soll sich nicht so anstellen”, meinte Kim. “Es wird Zeit, dass jemand bei ihr pädagogische Maßnahmen ergreift.”

Die beiden anderen lachten auf und zogen damit ein paar neugierige Blicke auf sich.

Das Restaurant gehörte zu Kyokos Ferienanlage. Es war vollkommen mit Eichenholz vertäfelt. Vor den Fenster hingen cremefarbige Vorhänge und die Lampen wurden von gleichfarbigen Schirmen verdeckt, wodurch das Licht gedämpft wurde und der Raum eine romantische Atmosphäre erhielt. Wäre Ren hier gewesen, hätte er sie wahrscheinlich schon am ersten Abend hierher geschleift. Sie presste ihre Lippen fest aufeinander und starrte auf die Karte. Jetzt lieber nicht an ihn denken. Das konnte sie heute Abend immer noch, wenn sie allein in ihrem Bett lag.

“Ich muss kurz auf die Toilette”, verkündete Mr. Teen und erhob sich schwerfällig. “Du weißt ja, was ich essen will.”

“Klar, aber überanstreng dich nicht”, neckte ihn sein Neffe, doch dieser sah ihm wirklich besorgt hinterher, als der Mann davon humpelte.

“Ich mache mir Sorgen, dass er hinfallen könnte”, sagte er verlegen, als er Kyokos neugierigen Blick bemerkte. “Er ist nicht mehr allzu jung und sein Bein macht ihm auch ziemliche Probleme.”

“Das ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich so um ihn sorgen”, entgegnete Kyoko lächelnd. “Das würde nicht jeder tun.”

Kim lachte. “Ich weiß. Aber weißt du, äh, ich darf doch du zu dir sagen, oder? Mein Vater, er hat mir schon früh beigebracht, wie wichtig Zusammenhalt und Familie ist. Allein ist man nichts, aber zusammen, kann man fast alles erreichen. Das ist unser inoffizielles Familienmotto.”

“Und was ist euer offizielles?”, fragte Kyoko lachend, die einfach auch zum duzen umstieg.

Kims Blick wurde hart. “Der Gast ist König. Wir sind immerhin ein Hotelunternehmen.”

“Aha. Das heißt also, ich bin ein König?”

“Falsch”, sagte Kim. “Du bist Königin.”

Die beiden sahen sich regungslos an, bis Kyoko schließlich in lautes Gelächter ausbrach, in das Kim nach einer Weile einstieg.

Kyoko verstand sich selbst nicht mehr. Seit Rens Tod hatte sich nicht mehr so ausgelassen lachen können, aber nun konnte sie es mit diesem Kim Christopher und das, obwohl sie ihn erst seit einer Stunde kannte. Vielleicht war er ja das, was sie die ganze Zeit unbewusst gesucht hatte. Jemand, der sie wieder ins wahre Leben zurückführen konnte.

Ob er wirklich ihr Bruder war?

“So, hier sind eure Getränke”, sagte Khira missmutig und stellte sie ihnen hin. “Was wollt ihr essen?”
 

Kuon saß in seinem Zimmer, das er sich mit Pete und einem andern Matrosen teile. Die beiden anderen waren Skatspielen gegangen, doch er war geblieben. Nun saß er auf seinem Bett und starrte das Portmonaie an. Wenn er es öffnete, dann würde er die Wahrheit erfahren. Dann würde er wissen, wer er war. Wollte er das wirklich? War es nicht vielleicht besser, wenn er es sein ließ?

Langsam öffnete er den Gegenstand und starrte auf die Papiere. //Das kann nicht sein//, schoss es ihm durch den Kopf, bevor er an die gegenüberliegende Wand starrte. //Das ist unmöglich.//

Kuon trifft Saya

*räusper*

Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! ^^

Hach, ich war jetzt mit meiner Klasse in dem Film “Die Welle” und ich musste dieses Zitat jetzt einfach bringen. Die, die das Buch und den Film kennen, werden wissen warum, die anderen... Sind jetzt wahrscheinlich verwirrt. ^^

Wie auch immer. Dieses Kapitel hier widme ich der lieben -_Kisu_-, da sie für den Inhalt verantwortlich ist. ^^

Bin mal gespannt, wie ihr die Idee von ihr, die ich sofort aufgreifen musste, finden werdet. XD
 

Hokuto: Ich wusste, der Captain würde die gefallen. XD Er ist auch eine Art Ersatz für Rory, aber keine Sorge unser schräger Präsident wird bald wiederkommen. Was Kim angeht... Tja...
 

Susilein: Ja, ich habe mir auch besonders viel Mühe mit Yashs Gefühlen gegeben. Du weißt ja, es hat auch mich ziemlich mitgenommen... T-T Was Kuon angeht... Du wirst gleich wissen, ob er wieder weiß, wer er ist.
 

Patrice-Kyoko: Wow, du hast wirklich gewusst, dass es Mr. Teen sein wird... Meinen Glückwunsch. ^^ Ich bin froh, dass dir das letzte Kap so gut gefallen hat. Doch was Kuon angeht... Ich hab euch in letzter Zeit wirklich zu wenig gequält, wie ich sehe. Sonst würdest du dich noch nicht freuen. ^.~
 

Pantapori: Äh... Wer war noch gleich Munch? Die Idee mit dem falschen Portmonaie war echt gut und ich muss zugeben, ich war versucht, sie aufzugreifen... Sie gefällt mir nämlich wirklich... Und ob sich Kuon wieder an seine Zeit an Ren erinnern wird, weiß ich selbst noch nicht.... Auf jeden Fall ist Ren tot. Der Rest steht in den Sternen.
 

DarkEye: Tja, du weißt doch, ich hab eine sadistische Ader. ^^
 

Umnije: Ich bin auch schon gespannt, wie Jeremy reagieren wird. Ich hab nämlich noch keine Ahnung... ^^” Aber keine Sorge, bald werde ich es wissen. Hoffe ich. Und Kuon weiß nicht, dass er Ren war. Das wäre doch zu einfach.
 

little-sister: Was Kuon jetzt macht? Das wirst du gleich lesen. XDDDDD Bei Yash hab ich mir sehr viel Mühe gegeben und ich bin froh, dass es so gut angekommen ist. So haben sich diese nervenaufreibenden Stunden gelohnt.
 

-_Kisu_-: So, es ist soweit. Deine Idee wird umgesetzt. *strahl* Deshalb ist das Kap auch für dich, freu dich. ^^ Ja, ein Name ist wirklich wichtig. Vorrausgesetzt, in dem Portmonaie ist wirklich das, was ihr alle glaubt, was da drin ist. *grins*
 

Lioba: Ui, ich weiß, ich hab es schon oft genug geschrieben, aber ich bin so froh, dass du wieder da bist. Ich hab deine Morddrohungen richtig vermisst. T-T Und es könnte gut sein, dass es noch viele andere Cliffis geben wird. *grins*
 

Bis bald

Eure Ayako

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Kuon trifft Saya
 

Pete legte den Kopf schief und musterte seinen Freund.

“Komm schon Mann, nur weil da ein paar Blutstropfen drauf sind, heißt das nicht, dass das was zu bedeuten hat.”

Kuon war nicht überzeugt. “Der Captain wollte herausfinden, was ich für ein Mensch bin. Vielleicht bin ich ja ein weit gesuchter Mörder, der...”

“Nun zumindest kennen wir jetzt deinen Nachnamen und Geburtsort”, er setzte sich auf sein Bett und lehnte sich and die Wand. “Hizuri”, murmelte er nachdenklich. “Den Namen hab ich schon mal gehört... So hieß so ein ganz berühmter Hollywoodstar mit japanischer Abstammung. Vielleicht bist du ja mit ihm verwandt.”

In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und Pete wurde von einer wilden Lockenmähne umarmt.

“PETE! Endlich habe ich dich gefunden!”

“Pam?”, stammelte der Matrose, nachdem er sich losgerissen hatte. “Was machst du denn hier?”

Die Angesprochene löste sich beleidigt von ihm und wandte sich Kuon zu. “Hi, ich bin Pamela Nelson.”

Hinter ihrem Rücken formte Pete lautlos das Wort “Schauspielerin”.

Kuon unterdrückte ein Grinsen und stellte sich ebenfalls vor. Das erste, was man mit absoluter Sicherheit über Pamela sagen konnte, war, dass sie einen chaotischen Kleidungsstil bevorzugte. Auf ihrem Kopf thronte eine blonde Lockenmähne und nur ein Stirnband in roten Schottenmuster verhinderte, dass ihr Gesicht verdeckt wurde. Sie trug ein knallgrünes Top mit Spaghettiträgern und pinke Handschuhe, die bis zu den Ellebogen reichten. Um ihren Hals hatte sie einen pinken Schal gebunden, dessen beiden Enden an ihrem Oberkörper hinabhingen, und zahlreiche Ketten. Außerdem trug sie einen Schottenrock in derselben Musterung wie ihr Stirnband und grüne Turnschuhe.

Irgendwie fand Kuon sie sofort sympathisch.

“Wie dem auch sei, ich spiele in diesem Film mit. Du weißt schon, Meereskind. Zumindest hab ich gestern während der Dreharbeiten eurer Schiff im Hafen gesehen und nun bin ich da.” Sie klammerte sich an Petes Arm und rieb ihren Kopf an seiner Schulter. “Ich hab dich so sehr vermisst.”

“Ich glaube, ich gehe mir ein bisschen die Beine vertreten”, verkündete Kuon und verließ den Raum, ohne auf Petes flehenden Ausdruck zu achten.

Ihr Quartier gehörte zur Hafenanlage. Es war ein einfacher Betonklotz in einem Meer von Betonklötzen. Kuon trat hinaus unter den blauen Himmel und schlug den Weg Richtung Meer ein. Es war Sonntag und viele Familien hatten sich am Meer versammelt, um einen Spaziergang zu machen.

Kuon sah ihnen eine Weile zu. Eine Welle des Neids stieg in ihm auf. Auch er wollte eine Familie haben. Menschen, zu denen er zurückkehren konnte, die ihn liebten, bedingungslos. Natürlich wusste er, dass es so etwas heutzutage nur selten gab. Oft hasste man sich auch in der Familie. Er fragte sich, warum. Nun, da er keine Familie hatte, kam es ihm irrsinnig vor, diese zu verabscheuen. Wie er wohl früher über dieses Thema gedacht hatte?

Er drehte sich um und ging in einen ruhigeren Teil des Hafens. Und dunkleren. Keiner der Sonntagsspaziergänger oder Touristen würde sich hierher verirren. Sie kannten diese Stadt hauptsächlichst in ihren Sonnenseiten. Beneidenswert. Nur die Bewohner der Armenviertel, die Teilzeitarbeiter und Obdachlosen wussten wirklich, wie das Leben in solchen Städten ablief. Sie kannten die strenge Hierarchie der Gruppen und den harten Kampf ums Überleben.

Kuon seufzte und ging schnell an ein par rauchenden Teenagern vorbei, die ihn misstrauisch beäugten. Bloß nicht auffallen. Wenn du auffällst, bist du erledigt. Einfach weitergehen. Und ja nicht umdrehen.

Er bog um die nächste Ecke und blieb überrascht stehen. Vor ihm stand ein kleines Mädchen. Er sah sich um und suchte nach jemanden, der mit der Kleinen unterwegs sein könnte, doch da war niemand. Mit gerunzelter Stirn ging er auf sie zu und hockte sich vor ihr hin.

“Hey, hast du dich verlaufen?”

Das Mädchen nickte unsicher und sah ihn mit großen, braunen Augen an, die ihm irgendwie bekannt vorkamen.

“Wie heißt du?”

“Saya.”

Saya. Nein, den Namen hatte er noch nie gehört.

“Komm, gehen wir deine Mama suchen.”

“Nein, Mama weg. O-nee-chan suchen.”

“Oh na schön, dann suchen wir deine O-nee-chan.”

Er nahm ihre Hand und führte sie weiter. In Richtung des belebteren Teils. Währenddessen fragte er sich, was das für eine Mutter war, die ihre Töchter alleine ließ.
 

“Du hast WAS?”

Shin zuckte sichtlich zusammen und sah ängstlich zu seiner Cousine empor, die drauf und dran war, ihre Dämonen ausbrechen zu lassen.

“Es tut mir leid”, wimmerte er. “Ich hab mich nur kurz umgedreht und da war sie weg...”

“WEG?”, wiederholte Kyoko wütend. “WEG? Shin, ich habe dir meine Schwester anvertraut und du verlierst sie?”

“Nun, am besten, ihr hört erst einmal auf zu streiten und wir beginnen, sie zu suchen”, sagte Yashiro beschwichtigend. Kanae nickte zustimmend.

Sie standen mitten im Hafen. Um sie herum hatten sich ein paar neugierige Passanten versammelt, doch sie liefen eilig davon, sobald sie in Kyokos Dämonenreichweite kamen. Sie war wirklich wütend. Wenn ihrer Kleinen Schwester etwas passiert war... Sie wusste nicht, ob sie danach jemals wieder mit Shin reden würde.

“Genau, gehen wir sie suchen”, sagte Shin sofort und die anderen stimmten ihm zu. So verteilten sie sich alle auf dem Hafen und liefen los, um das Mädchen zu suchen. Währenddessen hatte Kyoko schreckliche Schuldgefühle. Was, wenn ihr wirklich etwas passierte? Was sollte sie dann tun?
 

Vergangenheit. Für die einen ist das ein schöner Begriff, für andere die reinste Qual. Die Vergangenheit ist immer eng mit Erinnerungen verbunden. Denn das eine kann ohne dem anderen nicht existieren. Ohne Vergangenheit hätten wir keine Erinnerungen. Und ohne Erinnerungen keine Vergangenheit.

Die Vergangenheit beschreibt etwas, das geschehen ist und das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Das kann sowohl gut, als auch schlecht sein.

Für manche beschreibt die Vergangenheit auch Leben. Früher lebten sie, heute sind sie nur noch leere Hüllen. Früher war es besser, sagen die einen. Früher habe ich gelitten, kontern die anderen.

Für Jeremy Christopher war die Vergangenheit beides. Es gab Dinge, die er vermisste und welche, die er am liebsten ungeschehen gemacht hätte. Doch noch lieber hätte er die Menschen vernichtet, die sie kannten. Denn sie stellten eine große Gefahr dar. Auch wenn sie es nicht wussten.

“Was machst du da?”

Jeremy blickte auf und sah seinen Bruder vor seinem Schreibtisch stehen. Stirnrunzelnd musterte er ihn. Er hatte nicht gehört, wie er hereingekommen war.

“Nichts”, entgegnete er schließlich und legte das Bild beiseite, dass er die ganze Zeit betrachtet hatte. “Setz dich doch.”

Mr. Teen kam der Aufforderung nur allzu gern nach.

“Gefällt dir Miami denn?”, fragte Jeremy, um ein Gespräch in Gang zu bringen.

Der Ältere lächelte. “Oh ja, es ist eine schöne Stadt. Doch ich ziehe L.A trotzdem vor.”

“Ja, die Stadt der Engel muss wirklich anziehender sein, als die magische Stadt.”

Die beiden Männer lachten, um sofort wieder in Schweigen zu verfallen.

“Warst du schon bei deiner Frau?”, fragte Jeremy irgendwann.

Mr. Teen nickte. “Ja. Und ich sehe keinen Sinn darin, noch einmal zu ihr zu gehen.”

Er sah auf und blickte direkt in die Augen seines Bruders. “Kyoko ist hier. Ich habe sie zusammen mit Kim getroffen.”

Jeremy wurde weiß.

Stanley nickte. “Ich weiß. Das ist ein Schock. Ich dachte nur, ich sage es dir lieber, bevor du ihr plötzlich gegenüberstehst.”

Er erhob sich und ließ seinen kleinen Bruder allein.

Jeremy sah ihm noch eine ganze Weile hinterher. Dann holte er wieder das Foto hervor, dass er betrachtet hatte. Es war ein Foto mit einem kleinen Mädchen mit zwei schwarzen Zöpfen, das den Betrachter anlächelte. Hinter ihr stand eine streng aussehende Frau.

Er packte das Bild mit beiden Händen und riss es in der Mitte durch. Dann stand er auf und verließ seinerseits das Zimmer. Dieser Teil seiner Vergangenheit würde ihm nicht in den Weg kommen. Denn es gab ihn nicht mehr.

Die beiden übriggebliebenden Hälften flogen sanft in den Mülleimer. Dort würden sie lange liegen bleiben.

Etwas ist an Vergangenheit auch besonders, sie entrinnt uns. Erinnerungen verschwinden und Dinge, die einmal wichtig waren, werden vergessen - oder verdrängt.

Deshalb wird die Vergangenheit von Fotos festgehalten. Denn sie zeigen uns, was einmal gewesen ist. Auch, wenn wir es nicht wahrhaben wollen.
 

“O-nee-chan”, hörte Kyoko plötzlich eine bekannte Stimme rufen. Sie drehte sich um und ein Stein fiel ihr vom Herzen. Da war sie. Ihre Schwester. Gesund und munter rannte die Kleine auf sie zu. Offenbar würde sie Shin doch nicht umbringen müssen. Schade eigentlich.

“Saya”, rief sie und kniete sich nieder, um sie in einer Umarmung aufzufangen. “Was für ein Glück, dass du wieder da bist.”

“Siehst du, ich hab doch gesagt, dass sie wieder auftauchen würde”, meinte Yashiro zufrieden und fuhr dem Mädchen zur Begrüßung sanft über den Kopf.

“Wie hast du uns eigentlich gefunden?”, fragte er.

Saya strahlte. “Ein netter Mann mit mir O-nee-chan suchen war. Er sah aus, wie Fotomann.”

Die beiden Erwachsenen runzelten die Stirn und sahen in die Richtung, aus der das Mädchen gekommen war. Dort war niemand.

“Nun, lasst uns am besten zurückgehen”, sagte Yashiro, dem die ganze Sache irgendwie unheimlich vorkam.

Kyoko nickte zustimmend und sie machten sich auf den Weg zu Kanae und Shin.
 

Kuon sah lächelnd dabei zu, wie Saya zu ihrer “O-nee-chan” lief. Es war schön, dass die Kleine eine so liebe Schwester hatte, die sich um sie sorgte. Irgendwie beneidenswert.

Er drehte sich wieder um und lief davon. Vielleicht gab es in der Nähe ja eine gemütliche Bar.

Mütter, Margendarmgrippen und Drohungen

Hallöle,

Ich hab mich mal wieder hingesetzt und euch ein neues Kappi gezaubert. ^^ Derweile wart ihr ganz fleißig und habt mir ganz viele Kommis geschrieben und zwar so viele, dass wir endlich die 100 übertroffen haben. DAAAANKEEE. *grins*

Als Belohnung gibt es ein ziemlich turbulentes Kap, ehrlich, so viel Tumult gab es schon lange nicht mehr in meiner FF...

Bin schon gespannt, wie ihr es finden werdet... *zitter*
 

Susilein: Ach ja... Jeremy... Er wird noch viel Ärger verursachen, glaub mir. ^^ Und ich könnte Shin auch umbringen, aber so ist die Kleine wenigstens auf Kuon gestoßen. ^.~
 

little-sister: Oh ja, Shin ist manchmal richtig blöd. Und du hast Recht. Ich werde dir die Frage nicht beantworten. ^^
 

DarkEye: Wie ich das tun kann? Na ja... Indem ich es einfach tue... Du warst übrigens der 100. Kommentar, danke dafür. *strahl*
 

Patrice-Kyoko: Äh, wer hat bitte schön kein Problem mit Saena? Und für Kuon und Kyoko ist es einfach zu früh... Tut mir leid...
 

Lioba: Stimmt... Er hätte sich eigentlich erinnern können... (fällt mir gerade so auf...) Aber was soll’s, er kann ruhig noch ne Weile im dunklen tappen, find ich. ^^ Jaja... Shin... Bitte lass ihn am Leben, ja? Ich brauch ihn noch... T-T
 

Hokuto: Ja, Pam ist toll. *strahl* Franzi hat mich übrigens ziemlich inspiriert. XDDDD Und Jeremy... Na ja...
 

Umnije: Oh ja, Kinder verliert man ziemlich schnell... Zum Beispiel mein Neffe, wir waren da in einem Haus mit Fahrstuhl und wir haben nur einen Moment nicht hingeguckt und schon war er viele Stockwerke unter uns... Von daher ist das wirklich nicht allzu abwegig, dass ein Kind verloren geht.
 

-_Kisu_-: Die Idee war ja auch genial, so richtig fies. Hätte fast von mir sein können. XD

Das mit der Vergangenheit hat mir persönlich übrigens auch am besten gefallen. Ich meine, es ist ja wirklich so... Erinnerungen sind unsere Vergangenheit. Ohne sie, gäbe es sie nicht.

Was das Wiederkennen des “Fotomanns” angeht, so ist das keine schlechte Idee... Mal sehen...
 

Pantapori: Der Fürst der Nacht war meines Wissens nach Kuons unterdrückte Seite. Doch da er jetzt nicht mehr unterdrückt wird, glaube ich kaum, dass er zum Vorschein kommt. -_-
 

Nun denn, ich wünsch euch noch viel Vergnügen mit dem Kap hier. ^^

Bye,

Eure Ayako

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Mütter, Margendarmgrippen und Drohungen
 

Mit Tränen in den Augen stand sie da. Allein.

In ihren Händen hielt sie den blauen Stein, das letzte, was ihr geblieben war. Sie sah sich um. Suchend. Er musste hier sein. Er konnte sie nicht verlassen haben. Er durfte nicht.

“Koon!”, rief sie. “Koon!”

Sie ging weiter, bis sie in der Mitte des Flusses stand. Das Wasser umspielte ihre Füße und drohte sie wegzureißen, doch das war egal. “Koon!”, rief sie abermals, doch sie bekam keine Antwort. Die Tränen wurden stärker. Warum antwortete er ihr nicht? Warum kam er nicht aus einem der Büsche hervor und rief: “Kyoko-chan, ich bin wieder da!”

Warum hatte er sie verlassen, wie er es angekündigt hatte?

Und warum hatte er sie nun wieder verlassen?
 

Sie sah zurück auf das kleine Mädchen, das sie einmal gewesen war. Das allein in dem Fluss stand und weinte. Weinte, bis keine Tränen mehr übrig waren.

Sie wusste, dass sie immer noch so war. Schwach. Doch sie begann auch zu begreifen, dass es in ihrem Leben immer nur eine einzige Hoffnung gegeben hatte: Koon. Immer, wenn sie Kummer hatte, hatte sie sich an ihn gewandt. Zuerst an ihm als Junge, dann an den Stein, den er ihr gegeben hatte und schließlich an den erwachsenen Mann. Denjenigen, den sie geliebt hatte. Auch an diesem Tag wandte sie sich wieder an ihn. Sie hatte den kleinen Stein schon seit langer Zeit nicht mehr in den Händen gehalten, doch an diesem Tag tat sie es.

Sie saß auf ihrem Bett und hielt den Stein ganz fest in ihren Händen. Dabei starrte sie auf das Foto.

Auch für sie war die Vergangenheit Leben gewesen. Leben, Licht, Freude, Glück. Einen kurzen Augenblick hatte sie all das gekannt. Doch innerhalb einer Sekunde war ihr das abhanden gekommen. Nun war sie allein und das einzige, was sie am Leben hielt, war die Verantwortung ihrer kleinen Schwester gegenüber.

Doch sie war an diesem Tag nicht verzweifelt auf Grund ihres Verlustes. Nein, es war wegen etwas ganz anderem. Denn sie hatte ihre Mutter wiedergesehen.

Die Frau war einfach so durch die Geschäfte geschlendert und hatte sie keines Blickes gewürdigt. In diesem Moment hatte sie nicht gewusst, was sie lieber getan hätte: weglaufen oder ihr ein Messer in die Brust stechen und es ganz liebevoll dreimal um 360° drehen.

Sie hatte es wirklich nicht gewusst. Und jetzt wusste sie es immer noch nicht.

“Koon”, wimmerte sie und drückte den Stein fest an sich. “Was soll ich nur tun?”
 

Diese Frage stellte sich gerade auch eine andere Person.

Stöhnend legte sie ihren Kopf auf den kalten Fließen des Badezimmers ab und schloss die Augen. Midori hasste Margendarmgrippen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wäre sie heute morgen auch nicht zu einem Arzt gegangen, der die Diagnose gestellt hatte, die sie sich selbst hätte erschließen können: “Sie haben Margendarmgrippe, Takechi-san. Wirklich Pech. Aber sehen Sie es positiv. Irgendwann wird es aufhören, spätestens dann, wenn nichts mehr da ist.”

Midori wurde übel, als sie an diese Aussage dieses Menschens dachte. Wie hatte so einer Arzt werden können?

In diesem Moment klingelte es an der Tür. Midori stöhnte. “May, geh aufmachen, sofort!”, rief sie schwächlich und hörte, wie sich ihre Tochter vom Fernseher erhob und in Richtung Wohnungstür schlürfte. Warum mussten Besucher immer dann kommen, wenn man sie am wenigsten brauchte? Wochenlang war niemand, außer ein paar Leute aus Werbeagenturen, hier vorbeigekommen. Warum musste also heute jemand vorbeischauen. Plötzlich dachte sie daran, dass ihr Mann vielleicht seine Mutter angerufen hatte, um ihr zu sagen, dass sie krank war. //Hoffentlich nicht. Dann kann ich gleich aus dem Fenster springen.//

Sie und ihre Schwiegermutter waren vom ersten Tag an verfeindet gewesen. Wenn die Ältere sie hier so vorfinden würde, konnte sie sich auf einen Nachmittag voller Beschimpfungen und Schmähungen gefasst machen.

Angstvoll lauschte sie der Stimme ihrer Tochter, die den Neuankömmling begrüßte. Eine zweite Stimme antwortete und ihr fiel ein Stein vom Herzen. Es war Kaede.

Diese kam auch einige Sekunden später zu ihr und sah sie mitleidig an. “Du siehst furchtbar aus, meine Liebe.”

Midori richtete sich mühsam auf und zwang sich zu einem Lächeln. “Danke.” Sie hielt inne und musterte ihre Freundin neugierig. “Kaede, alles in Ordnung? Du siehst auch nicht gerade so aus, als wärst du in Höchstform.”

Sie lächelte schwach. “Tja... Wärst du in Höchstform, wenn du erfahren würdest, wie dein Bruder gestorben ist?”

Midori erstarrte und sah sie erschrocken an. “Was?”

Kaede setzte sich neben sie auf den Boden und erzählte ihr von Shos Geständnis. Nachdem sie geendet hatte, sah Midori sie einfach nur entsetzt an, bis sie sich plötzlich über die Kloschüssel beugte und sich lautstark erbrach.

Ihre Freundin grinste. “Das nenne ich mal eine anerkennende Reaktion!”

Midori lachte trocken und richtete sich wieder auf. “Gott, er hat ihn einfach so sterben lassen? Wow, das ist hart...”

Kaede nickte. “Oh ja. Das Problem ist, wie bringen wir das Kyoko-chan bei?”

“Warum sollten wir das tun?”

“Weil sie ein Recht darauf hat, die Wahrheit zu erfahren!”

“Also zuallererst sollte es Sho sein, der ihr die Wahrheit sagt und außerdem können wir sie nicht noch mehr belasten.”

“Stimmt auch wieder, aber wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich es auch wissen wollen.”

“Du bist aber nicht an ihrer Stelle. Lass sie lieber in Ruhe ihren Film zu Ende drehen. Sie hat erst vor kurzem angefangen wieder zu leben. Das können wir ihr nicht einfach so wieder nehmen.”

“Ja... Da hast du wahrscheinlich Recht.”

Die beiden verfielen in Schweigen und starrten auf die Fließen.

“Nun, ich habe jetzt noch einen Arzttermin”, sagte Kaede irgendwann. “Gute Besserung und erhol dich gut.”

Midori lächelte. “Vielen Dank. Wird ich tun.”

Kaede stand auf und ging.

Midori sah ihr hinterher. “Kuon ist also wirklich gestorben. Schade.”
 

“Kyoko!”, rief Yashiro und klopfte an die Tür. “Kyoko, alles in Ordnung?”

“Ja”, rief sie zurück und einige Momente später stand sie vor ihm. In guter Verfassung. Seltsam.

“Ähm... Hier ist ein Besucher für dich”, sagte der Manager und studierte ihren Gesichtsausdruck.

“Tatsächlich? Wer denn?”, fragte sie lächelnd.

“Ich”, sagte ein bekannte Stimme und Kim kam hinter dem Älteren hervor. “Ich wollte fragen, ob du Lust hättest, ein bisschen die Stadt mit mir zu erkunden?”

Sie lächelte. “Klar.”
 

Er stand vor dem Bett und sah auf die schlafende Frau herab.

“Hallo Stella”, sagte er. “Hier bin ich.”

Sie antwortete ihm nicht, sondern blieb reglos liegen. Natürlich. Hatte er denn etwas anderes erwartet?

“Es tut mir leid, dass ich erst so spät dran bin”, sagte er und setzte sich auf einen Stuhl neben ihr. “Aber ich hatte in letzter Zeit viel zu tun, obwohl... Das ist auch nicht richtig. Kuon ist gestorben, weißt du? Der kleine Junge, der immer bei uns war und so viele Probleme hatte. Es ist ziemlich schockierend, ich weiß. Besonders wenn man bedenkt, dass er noch so jung war und wir, die wir alt sind, immer noch hier sind.” Er lachte leise. “Stella, ich musste das Haus aufgeben. Ich weiß, du willst mich dafür jetzt wahrscheinlich umbringen, aber ich konnte es einfach nicht mehr bezahlen. Stattdessen wohne ich jetzt in einer kleine Wohnung. Sie würde die gefallen.”

Er nahm ihre Hand und sah sie traurig an. “Ich wünschte, du könntest mit mir nach Hause kommen. Aber es geht nicht. Nie mehr. Tut mir leid, Stella.”

Sie reagierte nicht, sondern blieb weiter mit geschlossenen Augen liegen.

Mr. Teen verfiel in Schweigen und lauschte dem regelmäßigen Piepen der Geräte, die ihr Herzklopfen anzeigten. Wenn er dran dachte, dass sie jeden Tag hier dalag und nur noch durch Schläuche und technischen Geräten am Leben erhalten wurde, kam ihm die Galle hoch.

“Mr. Teen?”, hörte er die Stimme der Krankenschwester. “Sind Sie soweit?”

Stanley nickte. “Ja. Ja, ich bin soweit.”

Er ließ die kalte Hand seiner Frau los und drehte sich zum letzten Mal von ihr um. Während er den Raum verließ, kamen die Ärzte herein, die die Geräte abstellen würden. Eine Träne glitt über seine Wange, als er den Gang des Krankenhauses entlang ging. Es war eine schwere Entscheidung gewesen, doch es war die richtige.
 

Jeremy Christopher pflegte einen geregelten Lebensablauf zu haben. Man konnte schon zwei Tage vorher sagen, wo er sich zu welchen Zeitpunkt befinden würde. Grund dafür war sein immer ordentlich geführter Terminkalender, den außer ihn nur seine Sekretärin und seine Frau zu Gesicht bekamen. Doch etwas hatte er dabei vergessen: es war nie gut, sein Leben nur in die Hände von Frauen zu legen, denn diese waren unberechenbar.

An diesem Montag aß er in dem italienischen Restaurant in einem seiner Restaurants zu Mittag. Er tat es alle zwei Wochen und bestellte immer dieselbe Speise. Doch als er an diesem Tag zu seinem Stammtisch ging, saß da schon jemand. Und dieser jemand gehörte zu den Menschen, die er nie wieder sehen wollte. Wirklich zu dumm, dass man sich nicht alles aussuchen kann.

“Hallo Jeremy”, sagte sie und stand zur Begrüßung auf. “Schön dich einmal wieder zu sehen.”

“Saena”, entgegnete er und schluckte. “Lange nicht gesehen.”

“Setz dich doch, mein Lieber, ich bin mir sicher, dass wir uns viel zu erzählen haben.”

Am liebsten hätte er nein gesagt, doch da ein paar der anderen Gäste bereits ihren Aufmerksamkeit den beiden zuwandten, hielt er es für besser, sich hinzusetzen und diese Mahlzeit durchzustehen.

Also setzten sie sich gegenüber und starrten sich an. Eilig kam ein Kellner herbei und lächelte das übliche Geschäfstlächeln. “Guten Tag, was möchten die Herrschaften trinken?”

Jeremy und Saena nahmen dankend die Karten entgegen und bestellten sich jeweils ein Getränk (wobei Saenas das teuerste auf der Karte war, Jeremy vermutete, dass sie sich vorher diesbezüglich informiert hatte).

“Also, was hast du die letzten Jahre so getrieben?”, fragte Jeremy um ein Gespräch in Gang zu bringen.

“Oh, ich habe ein paar Beziehungen gefühlt und unsere Tochter ignoriert. Sie ist übrigens hier und wenn ich ihr sage, warum du sie die letzen Jahre auch ignoriert hast, könnte sie etwas ungehalten werden. Übrigens weiß deine Sekretärin über uns Bescheid.”

Er sah sie erschrocken an, während der Kellner ihnen ihre Getränke servierte.

“Was wollen Sie essen?”

“Äh, ein paar Pilzravolie bitte”, sagte Jeremy lächelnd.

“Für mich bitte nichts”, kam es von Saena.

Der Geschäftsmann sah sie fragend an.

“Nun, ein Getränk reicht mir. Ich habe nicht vor, lange in deiner Anwesenheit zu verweilen.”

Darauf folgte ein unangenehmes Schweigen, während dem der Kellner die beiden musterten.

“Wollen Sie nicht langsam meine Bestellung aufgeben, Mann?”, fragte Jeremy wütend.

Hastig lief der Kellner davon, nicht ohne Saena noch einen neugierigen Blick zuzuwerfen.

“Also gut, Saena, was willst du von mir?”

Sie lächelte süßlich. “Ich hatte gehofft, dass du mich das fragst. Ich will, dass du für die letzten achtzehn Jahre bestraft wirst. Du hast mich und unsere Tochter im Stich gelassen für das Geschäft. Du hast uns beide leiden lassen und nun wirst du das zurückbekommen.”

“Aha und wie wenn ich fragen darf?”

“Zuallererst wird deine Frau von uns beiden erfahren und von Kyoko. Und als nächstes wirst du dich um meine Töchter kümmern, verstanden?”

“Warum willst du, dass ich das tue? Du hast dich die letzten Jahre doch auch nicht für... Moment, Töchter?”

Sie lächelte. “Tja, das Leben schlägt schon manchmal seltsame Wege ein, nicht?”

Damit trank sie ihr Getränk aus und ging. Jeremy sah ihr verdattert hinterher. Warum mussten Frauen immer so kompliziert sein?

Ihr Name war Julie

Hallo meine Lieben. ^^

Ich weiß, es ist mal wieder ein kurzes Kapitel und das tut mir wirklich leid, aber zu meiner Verteidigung habe ich zu sagen: Das ist ein Füllkapitel. Es ist zwar auch für die Handlung sehr wichtig, aber dennoch, es füllt... Deswegen widme ich es gleich mal jemanden, denn es ist auf Wunsch einer einzelnen Person entstanden: Susilein. ^^

Und kleine Wünsche erfülle ich doch sofort. XD
 

little-sister: Ja, du hast Recht. T-T Saena ist grausam...
 

Lioba: Wer hat gesagt, dass keine Grabsteine mehr in Sicht sind? O.o Also ich bestimmt nicht... Und was ich mit Kyoko vorhabe... Na ja, ich glaube, du kannst dein Gift ruhig wieder rausholen... ^^”
 

Susilein: Tja, Saena hat halt einen Schaden. Und das dumme ist, dass immer die anderen drunter leiden müssen... *seufz* Dieses Kappi ist übrigens wie gesagt für dich entstanden. Du hast dir das ja gewünscht, nicht? ^.~
 

Patrice-Kyoko: Das will ich aber auch hoffen, dass es immer spannender wird! Immerhin will ich euch nicht langweilen. *grins*
 

DarkEye: Ja, du warst Nummero 100. ^^ Und ja, diese Frau ist ihre Mutter.
 

Umnije: Na ja, Spannung ist bei mir ja oberstes Gebot. ^^ Von daher wäre ich enttäuscht, wenn es nicht spannend wäre... Wenn nicht sogar deprimiert. T-T Und mir tut Mr. Teen auch leid, ehrlich... Aber es musste geschehen.
 

Hokuto: Ja... Mrs. Teen... Ich weiß, ich bin grausam... Tut mir leid... T-T Und Saena ist nicht kompliziert. Sie ist nur zickig. ^^
 

Ich wünsche euch allen viel Spaß mit diesem Kappili. ^^

Bis bald,

Eure Ayako

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Ihr Name war Julie
 

Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du dein ganzes Leben lang belogen wurdest? Würdest du schreien? Würdest du weinen? Dich verkriechen und über dein Los jammern?

Oder würdest du stolz der Sonne entgegen schreiten und all den Schatten trotzen, die dich umschließen wollen?
 

“Kaede? Bist du da?”

Kuu lauschte gespannt nach einer Antwort, doch als er keine erhielt, ging er zielstrebig auf die Küche zu und stellte die Einkäufe ab. In der Wohnung herrschte friedliche Stille, nur das laute Ticken der gelben Entenküchenuhr war zu hören. Er sah beiläufig auf die Zeiger und erkannte, dass es schon neunzehn Uhr war. Sie würde wahrscheinlich jeden Moment von der Gymnastik wiederkommen und dann würde sie sicher etwas zu essen vertragen können.

Er stellte das Radio an und packte pfeifend die Lebensmittel aus. Gerade als er die Packung Schokoladenpudding in den Kühlschrank stellen wollte, kam ihm plötzlich ein Bild vor Augen, an das er schon lange nicht mehr gedacht hatte. Ein Bild aus seiner Vergangenheit. Der Vergangenheit, die er nicht zurückholen konnte...
 

Er erinnerte sich noch gut, an den Tag, an dem er sie kennengelernt hatte. Es war ein sonniger Tag im Mai gewesen. Im Central Park, New York.

Er lief zwischen den Bäumen hindurch, begleitet von seinem Manager, der ihm die nächsten Termine mitteilte. Als er während des Gehens seinen Blick über die Wiese gleiten ließ, an der sie entlang liefen, entdeckte er eine junge Frau, die unter einem mächtigen Baum saß und zeichnete. Sie wäre ihm normalerweise wahrscheinlich niemals aufgefallen, doch an diesem Tag trug sie ein knallgrünes Kleid, dessen Farbe in den Augen wehtat. Somit war es beinahe unmöglich, sie zu übersehen. Später fragte er sich oft, ob sie das nicht beabsichtigt hatte. Doch an diesem Tag interessierte ihn das nicht weiter. Er starrte einfach zu ihr hinüber und fragte sich, ob er bei diesem schrecklichen Anblick lachen oder weinen sollte.

Seinem Manager fiel dieses seltsame Verhalten natürlich auf. “Kuu? Alles in Ordnung?”

Der Angesprochene schüttelte mit dem Kopf und deutete auf die junge Frau. Der andere folgte seinem Arm und wandte sich schleunigst wieder ab. “Mein Gott, was für eine Farbe!”

Kuu nickte abermals.

“Das ist ja fast schon gesundheitsschädlich”, sprach der Manager weiter. “So was müsste bestraft werden.”

Der Schauspieler grinste. Wenn er nicht genau wüsste, dass sein Freund das alles ironisch meinte, hätte er sich jetzt mit ihm gestritten, oder auch nicht.

Allerdings war er in diesem Moment noch in der Lage, sich von ihr abzuwenden. Doch als sie dann ein paar Stunden später auf seiner Pressekonferenz erschien, war ihm das unmöglich geworden. Denn wenn ein grünes Monster sich in die hinterste Reihe zwischen trist gekleideten Reportern quetscht, kann es sich gewiss sein, fast genausoviel Aufmerksamkeit zu bekommen, wie der Befragte selbst... Wenn nicht noch mehr.

So kam es, dass während er ausgequetscht wurde, immer zu dieser Frau hinüber sah, die fleißig Notizen machte und niemals aufsah.

Nach der Konferenz folgte er ihr hinunter in die Cafeteria des Hauses und sprach sie an.
 

Ihr Name war Julie. Julie Simons.

Sie war Studentin für Journalismus und war glücklich, die Gelegenheit bekommen zu haben, an dieser Konferenz teilzunehmen. Kuu konnte später nicht sagen, ob er sich nicht bereits in dem Park in sie verliebt hatte oder erst bei einem der unzähligen Dates, die auf diese Begegnung folgte. Auf jeden Fall wurde sie schnell zu seinem Lebensinhalt. Die Einzige, für die er sogar seine Karriere aufgegeben hätte. Es dauerte genau zwei Jahre, dann standen sie unter dem Traualtar und gaben sich auf ewig das Ja-Wort. Es war ein glücklicher, freundlicher Tag im Sommer gewesen. Doch im Nachhinein verfluchte Kuu diesen Tag. Denn an diesem Tag traf sein bester Freund George Christopher das erste Mal auf die junge Frau.

Doch auf die Hochzeit folgten fünf Jahre des Glücks, die das beste hervorbrachten, was dem glücklichen Brautpaar jemals passiert war: Kuon und Kaede.

Was allerdings darauf folgte, hätte niemand gedacht. Und es veränderte das Leben aller Beteiligten auf eine ungute Art und Weise...
 

Als George Julie das erste Mal sah, musste er sich sehr beherrschen, um seine Freundschaft zu Kuu nicht auf die Probe zu stellen. Sie faszinierte ihm vom ersten Augenblick an, denn sie war die einzige Frau, die sich nicht zu ihm umdrehte. Es ist oft so, dass gerade die, die jede haben können, sich für die entscheiden, die sie nicht haben können. Und genauso war es bei ihm. Seit er sie auf der Hochzeit seines Freundes gesehen hatte, war ihr Bild allgegenwärtig. Sie durchzog sein Leben wie ein roter Faden und als seine eigene Frau schließlich bei der Geburt seiner Tochter starb, beschloß er, dass er sie besitzen würde und es war ihm egal, was er dafür tun musste.

Ich möchte euch nicht erzählen, wie viele Intrigen und Drohungen nötig waren, bis er sein Ziel ereichte. Denn er erreichte es. Am Ende gehörte sie ihm. Und gleichzeitig verlor er einen Freund. Ob sich diese Investition wirklich gelohnt hatte? Es ist stark zu bezweifeln. Besonders, weil sie sich zum Schluss in den Pazifik stürzte... Moment... Pazifik?


 

“So, da wären wir”, sagte Pete und sah das Gebäude vor ihnen an. “Hier drin hat sie ihre Praxis.”

Kuon sah ihn neugierig an. “Warum scheinst du alles andere als begeistert zu sein?”

Pete schluckte. “Nun... Du kennst sie nun mal nicht...” Er atmete ein letztes Mal tief durch und öffnete die Tür. Der Geruch von Desinfektionsmittel schlug ihnen entgegen und am anderen Ende des kleines Zimmers, in das sie gerade getreten waren, blickte die Arzthelferin auf. “Ja bitte... Pete?” Sie sah den Matrosen überrascht an. “Was machst du denn hier?” “Ähm... Mein Freund leidet an Amnesie und wir wollte mal die Frau Doktor fragen, was wir jetzt machen sollen... Können wir...”

Die Arzthelferin rückte ihre Brille zurecht und musterte Kuon neugierig. “Natürlich könnt ihr. Aber ihr müsstet noch ein bisschen warten, die Frau Doktor hat gerade eine andere Patientin. Allerdings kann das nicht mehr... Ah, da kommt sie ja auch schon raus.” Eine Tür zu Kuons linken öffnete sich und eine etwas ältere, attraktive Frau kam heraus. Sie hatte langes, gewelltest blondes Haar, leicht gebräunte Haut und Augen, die ihm auf eine verrückte Weise bekannt vorkamen. Denn er hatte sie schon einmal in einem Spiegel gesehen... “Kuon?”, hauchte die Frau fassungslos und sah ihn an, als stünde ein Geist vor ihr. Pete sah sie überrascht an. “Kennen Sie ihn, Ma’am?”

Sie nickte. “Ja... Ja, das tue ich.” Ihre Augen füllten sich mit Tränen. “Ich bin deine Mutter.”
 

Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du dein ganzes Leben lang belogen worden wärst? Wenn du geglaubt hättest, keine Mutter mehr zu haben und sie plötzlich vor steht? Und wie würdest du dich verhalten? Würdest du ihr vergeben? Oder würdest du sie von dir stoßen?

Was würdest du tun...?
 

Kyoko stand am Meer und sah hinaus an den Horizont. Hinter ihr hörte sie das vergnügte Kreischen ihrer kleinen Schwester, die mit ein paar anderen Kindern im Sand buddelte.

“Wunderschön, nicht wahr?”

Sie zuckte erschrocken zusammen und fand sich plötzlich neben Kim wieder, der gedankenverloren den Sonnenuntergang beobachtete, der das Meer in eine wunderschöne Farbe tauchte.

“Warum kann die Welt eigentlich nicht immer so sein?”, sinnierte er. “Eingetaucht in eine märchenhafte Farbe, die einem vergessen lässt, was einem verfolgt.”

Kyoko sah ihn fragend an, doch er lächelte nur. “Tut mir leid, ich werde um diese Zeit immer so melancholisch.”

Sie erwiderte sein Lächeln. “Macht nichts. Das stört mich nicht.” Sie lächelten sich weiter im stummen Einvernehmen an und wandten sich schließlich wieder dem feurigen Meer zu, während hinter ihnen die Kinder zu einem erneuten Lachen ansetzten.

Alte Freunde

Alte Freunde


 

Es ist seltsam, wie sehr dein Körper sich nach dem Leben sehnt, wenn es zu Ende geht. Alles in ihm schreit danach, weiterzuleben, er kämpft, auch wenn der Geist bereits aufgegeben hat. Er kämpft solange, bis er für immer erschlafft.

Julie trieb zwischen den Wellen. Innerlich verfluchte sie ihr Schicksal. Hätte sie nicht einfach auf die Felsen fallen können? Aber nein, sie sollte lieber noch ein paar Minuten leben und warten, bis sich der Tod endlich ihrer erbarmte. Sie sah zurück auf die Klippe, auf der sie vor ein paar Sekunden noch gestanden hatte. Dort stand nun eine einzelne Person und sah zu ihr hinunter. Ob Stanley bereits einen Krankenwagen gerufen hatte? Eine Träne quoll aus ihrem Auge und lief ihre Wange hinunter. In ihr reflektierte sich das Licht des Mondes, der majestätisch am Himmel stand und diese Szene beobachtete. Die Träne verlor ihren Halt und fiel hinunter in die schäumende See. Sie verband sich mit dem salzigen Wasser und verlor die Einzigartigkeit, die sie besessen hatte. Julie wollte dasselbe tun. Denn ihre Einzigartigkeit hatte nichts als Ärger gebracht.

“Bitte, pass auf unsere Familie auf, Stanley”, flüsterte sie. Dann lockerte sie ihre Muskel und versank im Wasser.
 

“Ich wollte mein Leben nicht beenden”, erklärte sie. “Das war niemals meine Absicht gewesen. Aber ich machte mir auch keine große Mühe, es zu behalten. George ist kein schlechter Mensch, das kann ich wirklich nicht behaupten. Aber er hatte mir genommen, was mir wirklich wichtig war: dich und Kaede.” Sie seufzte. “Aber an sie kannst du dich wohl auch nicht erinnern, was?”

Kuon seufzte auch. “Nein, leider nicht. Obwohl, ich glaube mich an ein Mädchen erinnern zu können und sie ist meine Schwester gewesen, das weiß ich, aber richtig erinnern tu ich mich nicht.”

Julie nickte. “Ja, das habe ich mir gedacht.”

Schweigen kehrte ein, während dessen beide gedankenverloren aus dem Fenster starrten. Sie waren in einem kleinen Café in der Nähe der Arztpraxis und tranken Kaffee.

Die junge Kellnerin beobachtete die beiden von ihrem Platz an der Bar aus und dachte sich ihren Teil dazu. In diesem Moment öffnete die Tür und mehrere Personen kamen herein. Personen, die die Kellnerin sehr gut kannte. Eilig sprang sie auf und ging auf sie zu. “Guten Tag, Mr. Christopher, kann ich Ihnen Ihre Jacke abnehmen?”

Kim lächelte. “Nein danke. Ich würde sie gerne bei mir haben.”

“Selbstverständlich, Sir. Und Ihnen?”

“Nein, ich möchte sie auch behalten”, entgegnete Mr. Teen lächelnd, doch dann fiel sein Blick auf Julie und Kuon, die sich neugierig zu ihnen umgewandt hatten. “Gott!”

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*grins* Ich bin heute mal wieder besonders gemein und lass euch noch ein bisschen schmoren. *breiter grins* Denn jetzt kommt erst mal mein altbekanntes Mittwort. XDDDD

Mit dem letzten Kap hab ich euch ja ganz schön verwirrt. Ich würde ja jetzt schreiben, dass es mir leid tut, aber das glaubt ihr mir eh nicht, also kann ich es ja gleich bleiben lassen.

Zumindest hoffe ich, dass mit den nächsten ein bisschen Klarheit in eure Köpfe kommen wird...

Außerdem kann ich euch allen jetzt auch gleich was zu Julies grünen Kostüm sagen, ihr alle habt euch ja in euren Kommis darüber ausgelassen und deshalb tu ich es gleich hier, damit ich mich nicht andauernd wiederholen muss: Ja, die Love-Me-Uniform hat mich dazu inspiriert. Ich dachte mir nämlich: Wie ist Julie Kuu aufgefallen? Und was gibt es da besseres, als so was? ^.~
 

Hokuto: Tot: Mrs. Teen. Lebend: Julie, Kuon und noch viele andere.

Todeskandidaten: Alle Charas, die besonders Gefährdeten verrat ich in diesem Kap. ^^ Betrüger: Keine, aber George hat Julie solange erpresst, bis sie zu ihm kam. So weit klar?
 

Patrice-Kyoko: Es dachten alle, dass Julie tot wäre, doch sie ist nicht, wie angenommen, im Meer gestorben, sondern hat überlebt.
 

Susilein: Ich wusste, du würdest mich nach diesem Kap zu Tode knuddeln. *mir den Hals reib* Hoffentlich wirst du mir so alles weiter verzeihen können... Das mit Julie werde ich übrigens noch mal GENAU erklären. Aber nicht heute. ^^
 

Umnije: Ich weiß, es war kurz... Ich hoffe, dieses ist mehr nach dem Längegeschmack von meinen Lesern.
 

Lioba: Na du müsstest mich doch inzwischen kennen. Zu meinen FFs gehören zwei Dinge untrennbar dazu: plötzliche Wendungen, die die Story um 180° drehen und Cliffis. ^^ Und so schnell werde ich das auch nicht ändern, glaub mir.
 

little-sister: Ob ich darauf stehe, Tote zum Leben zu erwecken? *am Kopf kratz* Doch eigentlich schon, aber nur bei Fantasy FFs. Hier war ja

keiner tot. *lach* Und ich persönlich sehe ehrlich gesagt noch keinen Lichtblick, aber ich will deine Hoffnungen nicht zerstören.
 

DarkEye: “is ja krass” Hm, du hast recht, das beschreibt diese Situation vollkommen. Ich frag mich nur, in welchem Unterton du das wohl gesagt hättest...
 

Serenade: Oh, danke. Ich werde nach so viel Lob ja ganz verlegen... ^///^ Und ich wusste, dass du früher oder später zurück kommen würdest. Also? Warum deinen Namen streichen. ^.~
 

-_kisu_-: Warum sollte ich denn diese tollen Sätze streichen? Ich meine, sie sind doch inzwischen zu meinen Markenzeichen geworden, nicht? Und ich bin schon sehr gespannt auf deine Bombe. *wart*
 

Außerdem geht mein Dank an meinen neuen Beta: Ryuno-Ki. Danke sehr, dass du dich meiner Fehler angenommen hast... ich hoffe, es waren nicht zu viele... ^^"
 

Ach ja, ich danke euch allen dafür, dass ihr mir immer noch treu seid. Das ist wirklich lieb von euch. T-T

Aber egal, amüsiert euch erst mal mit diesem Kap hier.

Bis bald,

Eure

Ayako

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Rory Takarada lief fröhlich pfeifend durch die mit Rotkiefern gesäumte Straßen entlang und achtete nicht auf die Blicke, die er auf sich zog.

“Eeeeeeeendless rain, fall on my heart kogoro no kizuuu niiii. Let meeeeee forget all of the hate!!! All of the saaaaaaaaadneeeeeeesssss!!!!” [Der Text ist von Endless Rain von X ausgeliehen.]

Rory blieb vor einem einfachen Wohnhaus stehen und summte fröhlich weiter. Dann ging er auf die Haustür zu und klingelte mehrmals. Nach dem fünften Mal meldete sich eine weibliche Stimme. “Ja?”

“Hallo Kaede-chan, ich bin es!!!”

Er hörte ein Seufzen und im nächsten Moment erklang ein schriller Ton. Der Präsident von LME öffnete die Tür und lief glücklich zum Apartment von Kaede Hizuri.

Dort wartete auch schon eine junge Frau auf ihn, die mit gehobener Augenbraue seine Erscheinung betrachtete.

“Was ist denn?”, fragte er strahlend.

“Was... Ist das?”

Rory blinzelte und sah an sich herab.

"Oh, du meinst das? Na, das ist doch zu erkennen, eine Gitarre mit pinken Herzchen drauf.”

“Ah ja. Und der Rest?”

“Na das ist doch zu erkennen. Eine neongrüne Hose, ein pinkes Jackett, schöne, große schwarze Schuhe und der Knüller”, er grinste breit, “eine pinke Perücke.”

“Und... Wen stellen Sie heute dar, Präsident?”

Rory schürzte die Lippen. “Kaede-chan, Kaede-chan”, sagte er kopfschüttend. “Wie kannst du mich nur mit dieser Unwissenheit schockieren? Sieh mich doch noch einmal genauer an, dann wirst du es wissen.”

Sie musterte ihn noch mal von Kopf bis Fuß. “Tut mir leid, Präsident, aber ich habe keine Ahnung.”

Rory zog eine Schnute. “Na ist doch sonnenklar. Ich bin Hide!”

Die Blondhaarige runzelte die Stirn. “Pardon?”

“Na Hide! Der Typ von X!”

“Ach, Sie meinen den, der sich an seiner Türklinke aufgehängt hat?”

“Ja, genau”, strahlte Rory. “Auch wenn das nicht bewiesen ist!”

“Aha. Wollen Sie nun reinkommen, oder nicht?”

“Natürlich!”

Der durch Rory wiedererweckte Hide hüpfte glücklich Richtung Wohnzimmer, wo er sich auf dem Sofa nieder ließ.

Kaede folgte ihm, nachdem sie die Wohnungstür wieder geschlossen hatte und setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel. “Nun, was führt Sie zu mir?”

Der Pinkhaarige rückte sich auf dem Sofa zurecht. “Wie geht es dem Baby?”

Kaede stöhnte. “Welchem Baby?”

Rory runzelte die Stirn. “Werden es etwa Zwillinge?”

“Haben Sie schon vergessen, wer mein Vater ist?”

Er blinzelte mehrmals bis er in lautes Gelächter ausbrach. “Nun, eigentlich meinte ich ja den Fetus in deinem Bauch, aber wie geht es denn de anderen Baby?”

“Hey, ich bin auch hier”, hörten sie Kuus Stimme aus der Küche rufen und einige Augenblicke später kam er mit einem Tablett voller Leckereien und einer großen Kanne Apfelsaft inklusive Gläser ins Wohnzimmer und stellte eben jenes Tablett auf dem kleinen Couchtisch zwischen Rory und Kaede ab. “Präsident, diese Verkleidung ist äußerst geschmacklos.”

“Geschmacklos? Weshalb? Gefällt dir mein pinkes Jackett nicht?”

“Damit hat es nichts zu tun! Sie können sich doch nicht einfach als einen Toten verkleiden?”

“Warum nicht?”, fragte Kaede. “Das tun viele Leute.”

Kuu sah seine Tochter schockiert an. “Kaede!”

“Was denn? Ist doch wahr.”

Rory kicherte fröhlich, während sie Vater und Tochter stritten. Vor etwa einem Jahr wäre es ihm nicht mal im Traum eingefallen, dass er dieses Bild einmal sehen würde. Wie die Zeit doch Beziehungen verändern konnte.

“Und? Wie geht es dem Baby nun?”, fragte er schließlich.

“Och, gut. Es tritt mich zwar ein bisschen, aber die Ärzte sagen, es ist alles in Ordnung.”

Rory lächelte. “Das ist gut zu hören.” //Eure Familie hat wirklich mal einen Lichtblick verdient.//

Doch manche Menschen haben nicht das Glück auf Lichtblicke. Sie werden von einem Abgrund zum nächsten gescheucht. Bedauernswert. Aber nicht zu ändern. Man kann nur hoffen, dass man selbst nicht zu diesen Menschen gehört...

Rory blieb noch eine Weile bei ihnen, doch schließlich kam der Moment des

Abschiedes.

Allerdings fiel ihm das nicht schwer. Denn er wusste, dass er glückliche Menschen zurückließ. Und so lief er wieder die Straßen entlang, fröhlich Endless Rain vor sich hin summend, ohne zu wissen, dass einer der beiden bald tot sein würde.
 

Er saß mit geschlossenen Augen auf einer Parkbank und lauschte dem Gesang der Vögel. Es war lange her, seitdem er die Natur das letzte mal so intensiv wahr genommen hatte. Er sollte das öfter tun. Es entspannte ihn und gab ihm einen kurzen Moment des Friedens.

Plötzlich erklang von irgendwo in den Tiefen seiner Tasche sein nerviger

Klingelton. Er stöhnte und begann damit, nach seinem Handy zu suchen.

“Ja?”

“Sho, wo bist du schon wieder?”, sagte Shoko anklagend. “Ich such dich überall. Du hast gleich ein Fotoshooting.”

“Bin schon auf dem Weg”, knurrte der Sänger und legte wieder auf.

Er hasste es inzwischen. Das ganze Showbiz und diese Verpflichtungen. Er wünschte sich, das alles einfach wegschmeißen zu können. Aber er hatte solange dafür gekämpft. Er konnte das nicht tun. Das würde doch die ganze Arbeit der letzten Jahre zunichte machen.

Seufzend erhob er sich und machte sich auf dem Weg zum nächsten Job.

Wieder einmal.
 

“Kuon?”

Er drehte sich um und lächelte. “Ja?”

“Guck mal, die Frau dahinten beobachtet uns schon die ganze Zeit.”

Der Blondhaarige folgte dem Blick seiner kleinen Schwester und entdeckte eine Blondine mit einer Sonnenbrille und einen breiten Sonnenhut auf dem Kopf, die schon die ganze Zeit zu ihnen starrte. Seltsam. Ihre Kleidung war ein cremefarbiger Rock, eine weiße Bluse und braune Schuhe mit den größten Absätzen, die Kuon jemals gesehen hatte.

“Vielleicht ist sie ja eine Kollegin unseres Vaters, die uns erkannt hat”, meinte er schulterzuckend.

“Meinst du?”

Es war zwei Jahre nachdem ihre Mutter sie verlassen hatten. Kaede war jetzt sechs Jahre und er selbst acht. Gerade waren sie auf dem Weg nach Hause. In ein leeres Haus. War das wirklich ein Zuhause?

“Oh! Da gibt es Eis!”

Er sah sich überrascht um und erkannte, dass seine Schwester recht hatte. Da vorne stand tatsächlich ein kleiner Wagen, hinter dem ein freundlich wirkender Mann stand, der gerade einem Jungen ein Eis in die Hand drückte. Kaede sah ihren großen Bruder mit strahlenden Augen an. “Kuon! Bitte!”

Er biss sich auf die Unterlippe und sah zwischen seiner Schwester und dem Eiswagen hin und her. Schließlich gab er nach. “Na gut, aber nur eine Kugel!”

“Juhu!”, rief Kaede und lief zu ihrem Ziel hinüber. Kuon folgte ihr lächelnd.

Ein paar Minuten später saßen die Geschwister auf einer Parkbank und schleckten jeweils an einer Kugel Eis. Es war ein schöner warmer Tag Ende Juni. Bald würde wieder die Zeit beginnen, in der die Touristen nach L.A. kamen. Dann würde hier alles wieder noch voller sein, als es ohnehin schon war.

“Entschuldigung? Kann ich mich vielleicht zu euch setzten?”

Die beiden Kinder blickten auf und sahen die verdächtige Frau vor sich stehen. Dann verschafften sie sich einen Überblick über das Gelände. Es waren mehr als genug andere Bänke frei. Also musste sie tatsächlich etwas beabsichtigen.

“Was wollen Sie denn?”, fragte Kaede ohne Umschweife.

“Ich möchte mich auf meine Stammbank setzten. Wisst ihr”, begann sie und setzte sich unaufgefördert neben das Mädchen. “Diese Bank ist mir besonders wichtig, denn hier habe ich meine erste große Liebe kennengelernt.”

“Ach, sich selbst?”, fragte Kuon misstrauisch.

Die Unbekannte sah ihm empört an. “Aber nein, wirke ich etwa so eingebildet? Wie dem auch sei, ich und mein Geliebter konnten leider aus

einer Verkettung unangenehmer Zwischenfälle nicht zusammen bleiben und so

haben wir uns geschworen, dass wir, wenn wir jemals hierher kommen sollten, uns an diese Bank setzten, in der Hoffnung, uns irgendwann einmal wiederzusehen.” Die Frau hatte ihre Hände wie zum Gebet erhoben und sah hinauf zum blauen Himmel. Kuon konnte wetten, dass sie Tränen in den Augen hatte, allerdings wurden sie von der Sonnenbrille verdeckt, weshalb er keine Bestätigung für seinen Gedanken erhalten konnte.

“Ich glaube, Sie haben zu viele Liebesromane gelesen”, sagte er.

Kaede kicherte leise und die Frau seufzte genervt auf. “Also wirklich, hat die Jugend von heute denn keinen Sinn für Romantik?”

Die Geschwister wechselten einen Blick und nickten sich zu. “Wir müssen dann auch schon wieder nach Hause. Tschüss”, sagte Kuon und die beiden standen auf.

Die Frau allerdings sah ihnen nachdenklich hinterher.

Plötzlich hörte sie Schritte näher kommen und jemand ließ sich neben ihr nieder. “Na? Wie war das Gespräch mit deinen Kindern, Julie?”

Sie griff seufzend nach ihrer Brille und zog sie von ihrer Nase runter.

“Nicht so gut, wie ich erhofft habe, aber...”, sie lächelte ihren Gegenüber an, “es hat sich gelohnt.”

Stanley lächelte. “Da bin ich beruhigt.”


 

“Stan”, flüsterte Julie erschrocken.

Kuon, Kim und die Kellnerin sahen überrascht zwischen den beiden her. “Ähm, ist irgend etwas nicht in Ordnung?”, fragte letztere.

Mr. Teen achtete nicht weiter auf sie, sondern ging auf die beiden am Tisch sitzenden zu. “Ju... Julie! Ku... Kuon”, stammelte er und sah die beiden an, als wären sie eine Erscheinung. “D... das ist unmöglich.”

Kuons Augen weiteten sich.

“Kennen Sie mich etwa?”

Der alte Mann sah ihn an. “Ob ich dich kenne?” Er zog sich einen Stuhl vom nächsten Tisch heran und setzte sich zu ihnen. “Natürlich tu ich das. Aber... aber... du bist tot!” Er wandte sich Julie zu. “Und du auch! Ich habe dich doch in die Fluten stürzen sehen. Also, was macht ihr hier?”

“Wir trinken einen Kaffee”, entgegnete Julie gelassen. “Möchtest du auch einen?”

“Julie, wie kannst du... Aber ihr beide seit es doch, oder?”

“Natürlich. Wer sollten wir sonst sein? Unsere imaginären Zwillinge?”

“Ähm, Onkel, wer sind das?”, fragte Kim und setzte sich zu ihnen.

“Das sind Julie und Kuon Hizuri”, erklärte der Grauhaarige.

Kims Augen weiteten sich. “Moment, ich dachte, die beiden wären tot.”

“Oh, das dachten alle”, meinte Julie trocken. “Und zumindest bei mir war es beabsichtig. Kuon hier hat allerdings sein Gedächtnis verloren.”

“Sein Gedächtnis...”, wiederholte Mr. Teen verwirrt. “Gott, das müssen wir Kuu und Kaede erzählen! Und Kyoko-chan!”

“Hä? Wer ist denn Kyoko-chan?”, fragte Kuon verwirrt. Von Kuu und Kaede hatte er bereits gehört, dank seiner Mutter.

Aber von dieser Kyoko nicht.

“Nun, ihr beide wart bis vor einem Jahr zusammen”, erklärte der Älteste ihm trocken. Kuon blinzelte.

“Oh.”

Also hatte Pete doch Recht gehabt. Irgendwo gab es tatsächlich jemanden, der auf ihn gewartet hatte. Und es war auch noch eine junge Frau.

Wow.

“Bist du dir wirklich sicher, dass du es ihnen sagen willst?”, fragte Julie. “Sie haben sich doch bereits mit unseren Toden abgefunden.

Ignorier uns doch einfach und lass uns weiter unser neues Leben leben.” Sie sah ihren Sohn an. “Nun, mach es zumindest bei mir so. Kuon hat sicher andere Bedürfnisse.” Sie stand auf. “Lebt wohl, alle zusammen.”

“Julie! Warte, du kannst doch nicht einfach so...”

“Doch das kann ich. Ich habe mich schon vor zwei Jahren von dir verabschiedet, Stan.

Heute tue ich es wieder.” Im nächsten Moment hatte sie das Café verlassen.

Ein bedrücktes Schweigen kehrte ein. Doch irgendwann unterbrach Mr. Teen es.

“Also, vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Stanley Teen.”
 

Als Jeremy Christopher an diesem Tag nach Hause kam, wusste er augenblicklich, dass etwas nicht stimmte. Das erste Anzeichen war der offene Kofferraum des Autos seiner Frau. Das zweite waren die Koffer, die bereits darin standen. Und das dritte war seine Frau selbst, die mit einem neuen Koffer aus dem Haus trat. Als sie ihren Mann sah, verengten sich ihre Augen und er wusste, dass jetzt wahrscheinlich sein letztes Stündchen geschlagen hatte. Er nahm sich vor, Saena persönlich den Hals umzudrehen, falls er sie jemals wiedersehen sollte. “Schatz, was machst du da? Willst du verreisen?”, fragte er in einem gespielt fröhlichen Tonfall.

Doch seine Frau ging nicht darauf ein. Sie griff nach dem nächsten umentopf und warf ihn in seine Richtung. “Du Schwein!”, rief sie. “Du elendes, verlogenes, dreckiges, notgeiles Schwein!”

Jeremy wich geschickte dem Geschoß aus und sah seine Frau verwundert an. “Darf ich fragen, womit ich diese Beschimpfung verdient habe?”

“Tu nicht so unschuldig! Du hast seit achtzehn Jahren eine Tochter!”

Jeremy seufzte. “Ja, habe ich.”

Sie begann förmlich zu kochen vor Wut. “Und warum, warum zum Teufel erfahre ich das erst JETZT?”

“Weil du mir vor achtzehn Jahren nicht zuhören wolltest”, entgegnete er sachlich.

Sie funkelte ihn an und sah sich nach einem weiteren Blumentopf um. Zu Jeremys Glück fand sie keinen, weshalb sie wütend zum Auto lief, den Koffer hinein presste und die Kofferraumtür zuschlug. “Ich gehe!”

“Das sehe ich. Viel Spaß bei deinem Wellnesswochenende, Schatz.” Sie lächelte ihn eisig an. “Vielen Dank, aber ich habe nicht gesagt, ob ich wiederkomme.”

Im nächsten Moment saß sie im Auto und fuhr davon. Jeremy schüttelte den Kopf. “Warum müssen sich immer alle erst einmal so aufregen?”

Er lief zur Haustür, die seine Frau offen gelassen hatte und betrat sein Haus. Sie würde wiederkommen. Spätestens dann, wenn ihr Konto leer war.

Wieder vereint?!

So, ein neues Kap ist fertig und bereit von euch gelesen zu werden. ^^

Zuallererst ein ganz großes Dankeschön an meinen Beta. Ich bewundere dich nämlich dafür, dass du es tatsächlich schaffst, die Fehler vom richtigen zu unterscheiden und andersrum. Ich überlese sie ja immer...
 

Susilein: Kuon hat ihr aus einem ganz einfachen Grund geglaubt: Es war so für mich einfacher. Ich weiß, der Grund ist nicht gerade der beste, aber ich finde ihn dennoch gut.
 

Lioba: *seufz* Ja... Der Grabstein. *träum* Ist er nicht wundervoll? Ich kann schon den Namen auf ihm lesen. Nein, genug dazu. Kyoko und Kuon werden sich schon noch innerhalb dieser FF irgendwann mal sehen (und dann wird einer von den beiden von einem Auto überfahren ^.~) Ne, Spaß beiseite, die beiden bleiben schön am Leben. Ich brauch sie noch.
 

Umnije: Ich will nicht alle sterben lassen. Obwohl das auch ne gute Idee wäre... Aber nein, das will ich nicht tun. Es wird in dieser FF nur noch einen Toten geben! Oder eine. Das schwöre ich euch hiermit feierlich. *Hand zum Schwur erheb*
 

Patrice-Kyoko: Womit wir auch gleich bei der Person wären, die vor meinen Todesengeln sicher ist: Saena. So böse sie auch ist, ich habe eine Sympathie für sie entwickelt, die sie nicht sterben lässt. Aber ich bin froh, dass dir die Aussicht auf ein eventuelles Treffen zwischen Kyoko und Kuon gefällt. ^^
 

Serenade: Aye, Captain. Ich werde versuchen, mein Niveau zu halten und meinen Beta bei Laune zu halten. Und dabei schnell meinem Spitznamen gerecht bleiben. ^^
 

DarkEye: Deine Kommentare sind zwar immer kurz, treffen aber vollkommen zu. “Jetzt geht’s aber rund.” Also, besser kann man das wirklich nicht ausdrücken.
 

little-sister: Das Kap ist ja schon da! Keine Hektik.
 

Hokuto: Die telefonische Antwort auf die Todesfrage hat sich schon wieder geändert... ^^” Hab mich jetzt doch schon wieder unentschieden, du wirst also doch ausharren müssen, bis ich es geschrieben hab. (Denn bis dahin wird ich mich noch oft umentscheiden.) Ansonsten bin ich froh, dass der Roryhide dir gefallen hat. ^^ Hab ich extra für dich eingebaut.
 

Also, viel Vergnügen mit dem Kap hier. ^^

Baba,

Eure Ayako

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Wieder vereint?!
 

Stell dir vor, du gehst eine leere Straße entlang und das einzige, was zu hören ist, sind deine Schritte. Es ist schon spät und die Sonne verschwindet bereits hinter dem Horizont. Du weißt, dass es um diese Uhrzeit nicht ratsam ist, allein unterwegs zu sein, doch du hast im Moment keine andere Wahl.

Die Straße führt dich durch einen Vorort. Um dich herum sind nur elegant aussehende Gebäude mit kleinen Vorgärten. Du selbst wohnst in einem Mehrfamilienhaus einen Block weiter. Im Moment wird niemand anderes in deiner Wohnung sein und ein paar entspannende Stunden der Ruhe liegen vor dir. Doch davor musst du erst einmal ankommen. In der Nähe hörst du die üblichen Rufe der Teenager, die sich wie jeden Tag am nahen Spielplatz getroffen haben und eine Flasche nach der anderen in sich reinschütten. Du weißt, wenn sie betrunken sind, tun sie öfter Dinge, die du dir gar nicht vorstellen willst. Also beschleunigst du deine Schritt und während du um die letzte Ecke biegst, suchst du bereits hastig nach deinem Schlüssel. Plötzlich hast du das Gefühl, nicht mehr allein zu sein und blickst verwirrt auf. Vor dem Haus in dem deine Wohnung liegt, steht ein junger Mann. Und du kannst es nicht glauben.

“Kuon?”
 

“Nein, ich verstehe es immer noch nicht”, sagte Kim und musterte seinen Onkel kritisch. “Kyoko liebt diesen Typen doch, oder? Also warum hast du ihn zuerst zu seiner Schwester geschickt?”

“Weil ich denke, dass Kaede ihr besser beibringen kann, dass er wieder da ist, als wir, mein Junge”, erklärte Mr. Teen sachlich.

Kim schien nicht überzeugt zu sein.

“Nun überleg doch mal. Was würdest du tun, wenn plötzlich deine große Liebe vor dir stehen würde, von der du glaubtest, sie wäre tot?”

“Nun, ich würde mich sehr freuen.”

“Ja, das würdest du. Aber Kyoko-chan ist hier, um zu schauspielern. Sie braucht dafür ihre ganze Konzentration. Außerdem finde ich, dass seine Familie ein Recht darauf hat, zuerst zu erfahren, dass er noch am Leben ist.”

“Das hätte man auch mit Hilfe eines Telefonats regeln können”, erinnerte ihn sein Neffe.

Stanley seufzte. “Kuon kann sich nicht mehr an Kyoko-chan erinnern. Das hast du doch gemerkt, oder? Stell dir vor, sie würden sich jetzt treffen. Wie würde Kyoko sich denn fühlen? Von Kuon ganz zu schweigen. Was, wenn er sie gar nicht mehr liebt? Nein, ich finde es besser, wenn er erst mal bei seiner Familie ist.”

“Na schön, diese Argumentation ist verständlich. Dennoch, ich finde das nicht richtig.”

“Ach, hör auf dir immer so viele Sorgen zu machen, Kim. Das tut dir nicht gut und verdirbt nur die gute Laune.”

“Gute Laune? Onkel, das hier bringt keine gute Laune, es ist einfach nur...”

In diesem Augenblick sprangen alle Menschen in ihrer Umgebung auf und jubelten begeistert. Mr. Teen und Kim sahen schnell zum Spielfeld und erhoben sich ebenfalls und schlossen sich den Jubelnden an.
 

“Du hast wirklich ein Händchen für Wetten”, bemerkte der alte Mann freudig. “Jetzt haben wir doch tatsächlich gewonnen und das, obwohl Stancer bis jetzt niemals als erster ins Ziel gekommen ist.” "Nun, ich kenne seine Pfleger nun mal persönlich”, erwiderte der Jüngere grinsend. “Und die haben mir gesagt, dass er diesmal in Höchstform sein wird.”

“Und das, obwohl du Pferde noch nie leiden konntest.”

“Kann ich auch nicht.

Aber Pferderennen bringt Geld. Besonders hier in Miami. Außerdem muss ja jemand das Geld wieder reinholen, dass Dad letztens beim Glücksspiel verloren hat.”

“Stimmt, im Gegensatz zu dir hat er dafür wirklich kein Händchen.”

Die beiden Männer erhoben sich und folgten den anderen Zuschauern von der Tribüne.

“Komm, gehen wir zu Zith und gratulieren ihm.”

“Zith?”

“Der Reiter. Ein alter Klassenkamerad.”

“Ah. Du hast wirklich gute Beziehungen, mein Lieber.”

“Mein Vater hat nun mal dafür gesorgt, dass ich sie habe.”

“Wenn man vom Teufel spricht, da kommt er ja. Zusammen mit deiner liebreizenden Cousine.”

Kim folgte dem Blick seines Onkels und seufzte. Ja, da kam sein Vater und an seinem Arm geklammert lief Khira neben ihm her und sah sich aufgeregt um. Dabei lauschte sie Jeremys Monolog. Kim vermutete, dass er ihr alles über die Pferde erzählte, was er in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes in Erfahrung gebracht hatte. Typisch.

Als Jeremy die beiden entdeckte, winkte er ihnen fröhlich und zog Khira zu ihnen. “Hallihallo, meine Lieben. Ihr seid also auch hier?”

“Ja, ich wollte Onkel Stan doch nicht das berühmte Miamier Pferderennen vorenthalten”, meinte Kim lächelnd.

“Nun um die zu sehen, hätte er auch einfach nach Vegas fliegen können”, verkündete Jeremy sachlich, doch niemand außer Khira beachtete ihn.

“Wo ist denn deine Frau?”, fragte Stanley und sah sich neugierig um.

“Oh, sie ist zu einem Wellnesswochenende gefahren. Da fällt mir ein...”, er sah seinen Sohn an.

“Du hast übrigens eine Schwester.”

Ein kurzes Schweigen kehrte ein. Ein sehr kurzes Schweigen.

“WAS?”

“Ja, ich hab das bisher immer vergessen zu erwähnen, aber du hast eine jüngere Schwester. Ich denke, ihr kennt sie schon.”

Alle sahen ihn verdutzt an. “Sag uns jetzt nicht, dass Khira eigentlich deine Tochter ist”, meinte sein Bruder spöttisch.

“Oh nein, natürlich nicht. Seine Schwester ist Kyoko Mogami.”
 

“Bitte? Ich hab einen Bruder?”

Kyoko sah Saena entsetzt an. “Das ist ein guter Witz, wirklich. Vielen Dank dafür, jetzt kannst du ja wieder gehen.”

Ihre Mutter sah sie scharf an. “Tut mir leid, meine Liebe, aber das werde ich nicht tun.” Sie zog ein weiteres Mal an ihrer teuren Zigarette. “Zuerst wirst du mir glauben.”

“Glauben? Dir? Wow, du solltest dringend unter die Komiker gehen.”

Die Ältere ignorierte die Bemerkung. “Vor etwa neunzehn Jahren habe ich deinen Vater auf der Universität kennengelernt...”


 

Saena studierte Biologie. Die Aufnahmeprüfung hatte sie mit Bravour gemeistert, doch das und ihr abweisender Charakter, hatten sie nicht sonderlich beliebt gemacht. Die meisten Studenten mieden sie und das kam ihr gerade Recht. Sie hatte auch schon so genug zu tun, da brauchte sie keine menschlichen Kontakte.

Doch so dachte sie nur, bis zu jenem Tag.
 

Langsam ging sie den Gang entlang und versuchte verzweifelt, die ganzen Blätter und Bücher nicht fallen zu lassen. Aber wie das Leben nun einmal so spielt, wurde sie ausgerechnet an diesem Tag angerempelt und einen Moment später verteilte sich alles, was sie getragen hatte, auf dem Boden.

“Kannst du nicht besser aufpassen?”, fuhr Saena den Studenten an, der dafür verantwortlich war.

“Oh, 'tschuldigung”, entgegnete er fröhlich. “Tut mir echt leid.”

Er bückte sich und sammelte schnell alles auf, was er greifen konnte. Saena beobachtete das verdutzt. So schnell waren nicht viele.

“Aber warum schleppt eine junge Frau wie du auch so viel mit sich herum? Ist doch klar, dass alles auf dem Boden landet.”

“Was geht dich das denn an?”

In diesem Augenblick sahen die beiden sich das erste Mal richtig an und dieser Augenblick änderte alles.

Jeremy war das komplette Gegenteil von Saena. Fröhlich, gut gelaunt und bei den anderen sehr beliebt. Außerdem war er Amerikaner und sehr sportlich. In seiner Gegenwart fühlte sie sich immer irgendwie verloren. Er war ein strahlendes Licht, dass alles andere überstrahlte, während sie der dunkle Schatten war, den keiner haben wollte. Deshalb waren alle verwirrt, als die beiden eines Tages unzertrennlich wurden. Dabei war das vollkommen logisch. Licht und Schatten können nicht ohne einander sein. Selbst wenn sie es versuchen. Denn das eine ist die Voraussetzung für das andere. Doch diese Liebesgeschichte hatte kein Happy End. Jeremy hatte bereits eine Verlobte, die mit einem Sohn auf ihn wartete und eines Tages verließ er Saena... und seine Tochter, die aus der kurzen Beziehung hervorgegangen war.
 

In Saena erwachte ein dunkler Hass, der sich gegen diesen Menschen und seiner Tochter richtete. Immer wenn sie Kyoko ansah, sah sie diesen Mann vor sich und am liebsten hätte sie das Mädchen im nächsten Fluss ertränkt. Doch sie besaß genügend Mutterliebe, ihr ein neues Zuhause zu suchen. Danach machte sie sich auf den Weg in eine neue Zukunft. Diese war durchtränkt mit dem Gedanken nach Rache. Einer Rache, die sie unbedingt stillen wollte. Denn sie konnte diesen Mann nicht vergessen, der ihr das Herz gebrochen hatte. Und dafür verfluchte sie ihn.

Nach einigen Jahren hatte sie endlich Erfolg. Zusammen mit Sozo Hira [Anm.: Sayas Vater] fand sie den Wohnsitz dieser Person. Das Glück, das sie dort erwartete, traf sie unvorbereitet und bis tief in die Seele. Sie sah einen liebenden Vater, eine liebende Mutter und die friedliche Kindheit eines Jungens. Sie wusste, dass sie oder besser gesagt Kyoko auch eine solche Kindheit hätte bekommen können. Doch dafür war es zu spät.


 

“Ich wurde wieder schwanger. Mit deiner Schwester. Ich hoffte, ihr eine bessere Kindheit bieten zu können. Doch als ich sie dann in meinen Armen hielt, wusste ich, dass du Recht hattest. Damals im Krankenhaus sagtest du zu mir, dass ich eine schlechte Mutter wäre und du hattest Recht. Ich bin eine schlechte Mutter. Und deshalb habe ich Saya im Krankenhaus zurückgelassen. Denn solange ich da gewesen wäre, hätte sie nicht die Kindheit bekommen, die sie verdient. Wer hätte denn auch ahnen können, dass ihr Vater gleich abkratzt.”

Kyoko sah ihre Mutter erschrocken an. Sie hatte also auch eine tiefe seelische Wunde erlitten. Und zwar auch von einem Mann. Bis zu einem bestimmten Punkt konnte sie die Ältere beinahe verstehen. Doch nichts von alledem rechtfertigte, was passiert war. Nichts.

“Das ist ja alles schön und gut”, sagte sie wütend. “Und es war auch eine interessante Geschichte, aber nun muss ich dich bitten, zu gehen.”

“A...”

“Sofort! Ich muss mich noch auf meine Rolle vorbereiten.”

Saena sah ihre Tochter missbilligend an und erhob sich. Kyoko wartete bis die Frau aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, dann lehnte sie sich erschöpft gegen zurück. “Wo bleiben nur Yashiro und Saya so lange?”
 

“Ha! Siehst du, ich bin der König des Majong!”, verkündete Shin stolz und sah seine Mitspieler triumphierend an.

Kanae zog eine Schnute.

“Es macht keinen Spaß mit dir zu spielen, du gewinnst sowieso immer und

du”, sie wandte sich Yashiro zu, “lässt immer alle gewinnen. Die einzige,

die wirklich vernünftig spielt ist Saya.”

Das kleine Mädchen strahlte die Ältere an, als sie ihren Namen hörte und begann wieder damit, die Spielsteine nebeneinander hinzulegen.

“Das Dumme ist nur, dass sie es überhaupt noch nicht spielen kann”, vollendete Kanae ihren verzweifelten Monolog.

“Wenn du dich so beschwerst, können wir ja Kyoko anrufen. Die wird sicher gerne mitspielen”, meinte Shin.”

“Ja, das schon, aber...”

Sie verstummte und sah beschämt auf den Tisch. So gerne sie ihre Freundin auch hatte, sie war genauso schlimm wie Yashiro, was das Verlieren anging. Und einer von der Sorte reichte ihr.

“Nun dann halt nicht”, sagte der junge Mann fröhlich. “Dann auf ein Neues.”
 

Kaede blieb stehen und sah ihren Bruder an. Es gab keinen Zweifel, dass er es war. Nicht einen einzigen. Kuon wandte sich ihr zu und sah sie an. Für einen Moment standen die beiden wie versteinert da, dann ging sie langsam auf ihn zu und fragte: “Bist du das wirklich?”

Er nickte. “Ja. Ja, das bin ich. Denke ich.”

“Denkst du?”

“Ich hab meine Erinnerungen verloren. Bist du meine Schwester?”

Sie sah ihn an und Tränen bildeten sich in ihren Augen.

“Ja.”

Im nächsten Moment schlug sie heftig auf ihn ein. “Du Idiot! Du absoluter Vollidiot! Egal ob mit oder ohne Erinnerungen, dieses letzte Jahr

werde ich dir nicht verzeihen!”
 

“Stell dir vor, du würdest plötzlich vor deinem toten Bruder stehen. Wie würdest du dich da fühlen?”

“Keine Ahnung. Denn man kann es nicht wissen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Das ist unmöglich. Aber ich denke, ich würde auf jeden Fall glücklich sein.”

Wenn Rory, Kuu, Kaede und Kuon zusammentreffen...

Und wieder kommen wir den Ende ein Stückchen näher. *grins*

Nein, keine Sorge, es werden mindestens noch 10 Kaps, wenn nicht noch mehr. Aber ich musste das jetzt einfach schreiben. ^^

Auf dieses Kapitel habe ich mich schon lange gefreut, denn endlich, ENDLICH konnte ich wieder meine geliebten Dialoge zwischen Kuon und Kaede schreiben. Oh, wie ich sie vermisst habe. *tränenreich strahl*

Aber zuerst mal ein riesengroßes Lob an meinen Beta. ^^ Danke für die Beseitigung jeglicher Fehler. (Hoff ich einfach.)
 

Susilein: Tja, was kann ich dem noch hinzufügen? Ich hoffe, du magst diese Kap. ^^
 

little-sister: Danke für deine Geduld. Es beruhigt mich ungemein.
 

Umnije: ALSO, Kuon ist ganz spontan von Miami nach Tokio geflogen, um seine Schwester zu sehen (da Mr. Teen ihm die Adresse gegeben hat). Aber Kanae und Yash sind immer noch in Miami. Darum kann Kuon gar nicht bei ihnen gewesen sein. Wenn du immer noch nicht verstehst, frag mich noch mal, dann erklär ich es dir per ENS. ^^
 

Hokuto: Saena... Mitleid? Na ja, es macht ihr eigentlich nicht wirklich was aus, eine schlechte Mutter zu sein (es geht ihr sogar am A... vorbei). Es war eine Feststellung und hat sie nicht besonders berührt. Hach, sie ist so wunderbar kalt. *_____*
 

Patrice-Kyoko: Oh ja, die Begrüßung. Ich hab sie bestimmt zweimal umgeschrieben, weil ich einfach nicht die kaedische Reaktion gefunden habe. Aber ich denke, durch den kurzen Absatz hab ich es endlich getroffen.
 

Lioba: Es tut mir leid, aber... Dieses Kap hat einen noch gemeineren Cliffi als das letzte... Sorry... Darf ich trotzdem meinen Felsen wiederhaben?
 

Serenade: Jaja... Äh, ich meine: “Aye, aye Captain! Das neue Kap ist da. Ich hoffe, es ist genehm, Captain. Zu Befehl Captain, ich werde meinem Namen alle Ehren machen und alle sterben lassen. Und ja, ich werde mein Niveau halten und meinen Beta noch dazu.” ^.~
 

DarkEye: Endlich hat es mal jemand erkannt! *___* Jah! Die Rache ist vererbt. DAS war mein Hintergrundgedanke. Ich danke dir, ich hab die ganze Zeit gewartet, dass es noch jemand schreibt. ^^
 

Ich freue mich schon wieder sehr auf eure Kommentare. ^^

Bis bald,

Eure Ayako

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Wenn Rory, Kuu, Kaede und Kuon zusammentreffen...
 

Flashback
 

“Du Idiot! Du absoluter Vollidiot! Egal ob mit oder ohne Erinnerungen, dieses letzte Jahr werde ich dir nicht verzeihen!”
 

Flashback - Ende
 

“Ich hab gedacht, du wärst tot! Ich hab mir die Augen ausgeweint, hab nächtelang nicht geschlafen und jetzt stehst du einfach so vor mir! Weißt du, wie ich mich fühle?”

“Nein, tu ich nicht.” Kuon sah seine Schwester amüsiert an. Er hatte das Gefühl, dass sie beide wirklich gute Freunde gewesen sein mussten, bevor er seine Erinnerungen verloren hatte.

“Natürlich weißt du das nicht”, fauchte sie und drehte sich auf dem Absatz um. “Hast du einen Platz zum Schlafen?”

“Ähm, nein...”

“Gut, dann komm mit rein. Es ist noch ein Gästebett frei.” Plötzlich grinste sie breit. “Außerdem will ich Dads Gesicht sehen, wenn er dich vor sich stehen sieht.”

“Unser Vater ist also auch hier?”, fragte er neugierig.

“Ja, ist er. Aber im Moment noch nicht.”

Sie schloss die Tür auf und ließ ihn als erstes in den Korridor eintreten.

“Ich glaube, ich werde dich davor auch seelisch und moralisch darauf vorbereiten müssen.”

Er hob eine Augenbraue. “Ist er so schlimm?”

Sie lächelte. “Nein, schlimmer.”

Etwas später fand er sich auf einem Sofa wider. Vor ihm auf einem gemütlich aussehenden Sessel hatte es sich seine Schwester mit einer Tasse Tee bequemt gemacht. Er selbst hatte seine eigene auf dem Couchtisch abgestellt.

“Lebst du hier allein?”

“Nö, eigentlich wohne ich mit meinen Verlobten zusammen, aber er ist zur Zeit in Miami.”

Kuon blinzelte. “Miami? Tatsächlich. Kenn ich ihn?”

“Ja, schon. Ihr wart immerhin das Dreamteam von LME.”

“LME?”

Kaede seufzte tief. “Du solltest dringend zu einem Therapeuten, weißt du das?”

“Ja, das weiß ich, aber was hat ein Therapeut mit LME zu tun?”

“Weißt du denn nicht mehr, was du gemacht hast, bevor du... im Meer gelandet bist?”

“Nicht wirklich. Was hab ich denn gemacht?”

Kaede warf einen Blick auf die Uhr und schaltete den Fernseher ein. Dort war gerade der Vorspann von einer Soap namens Dark Moon zu sehen und in diesem Vorspann sah er... Sein eigenes Gesicht.

“Du warst Schauspieler”, erklärte seine Schwester überflüssigerweise. “Und mit dieser jungen Frau da”, fügte sie bei dem Bild einer unheimlich wirkenden Schwarzhaarigen hinzu, “warst du zusammen. Bis zuletzt.”

In diesem Moment begann die Folge und die Schwarzhaarige begann mit der offensichtlichen Hauptdarstellerin zu sprechen. Kuon bekam bei ihrem Anblick eine Gänsehaut. “Mit ihr war ich zusammen?”, fragte er nach.

Kaede kicherte. “Stimmt, als Mio ist Kyoko-chan ziemlich abschreckend, aber eigentlich ist sie der netteste Mensch auf Erden. Glaub mir. Auch wenn ihr beide euch oft gestritten habt. Aber das haben wir auch oft.”

Kyoko-chan. Von ihr hatte doch auch dieser Mr. Teen gesprochen, oder?

Kuon betrachtete die Schauspielerin nachdenklich. So viele Informationen strömten auf ihn ein. Er war Schauspieler. Neben ihm saß seine Schwester an die er sich nur noch vage erinnern konnte und im Fernsehen sah er seine Freundin, an die er gar keine Erinnerung mehr hatte. Was kam als nächstes? Sein schwuler Liebhaber?

In diesem Moment hörten sie, wie eine Tür aufging. “Oh, das wird wohl Dad sein.”

Kuon versteifte sich unwillkürlich. Jetzt würde er also seinen Vater kennenlernen. Wer das wohl war?

"Kaede, bist du da?”, rief eine Stimme. “Ich hab Besuch mitgebracht.”

Kaede runzelte die Stirn. “Wirklich? Wen denn?”

“Mich!”, rief eine Stimme und Rory Takarada betrat fröhlich den Raum, dicht gefolgt von Kuu. Der Präsident von LME war heute in das prachtvolle Gewand eines Kreuzritters gehüllt und an seinem Ledergürtel hing tatsächlich ein Schwert. Kuon und Kaede fragten sich beide unwillkürlich, wie er so ungeschadet durch die Gegend hatte laufen können.

Beide Männer schienen etwas angetrunken zu sein, das bezeugten ihre roten Gesichter und der beißende Geruch des Alkohols, der von ihnen ausging, doch als sie Kaedes Gesellschaft sahen, ernüchterte sie das wieder.

Für einen Moment kehrte absolute Stille ein und die junge Hizuri war sich sicher, dass die beiden daran dachten, nie wieder Alkohol zu trinken. Doch nach einer Weile schien ihnen klar zu werden, dass es sich keinesfalls um eine Wahnvorstellung infolge zu hoher Promille handelte, sondern wirklich um einen lebenden Menschen.

Rory ließ sich erst 'mal auf den zweiten Sessel fallen und Kuu starrte seinen Sohn mit offenen Mund an.

Schließlich brach Kaede das Schweigen, indem sie sich ihrem Bruder zuwandte und sagte: “Darf ich vorstellen? Unser lieber Vater Kuu Hizuri, der Typ mit dem offenen Mund.” Kuon unterdrückte ein Lachen und seine Schwester zwinkerte. “Der andere ist Rory Takarada, auch bekannt als die wohl verrückteste Person ganz Tokios. Wirklich, er hat jedes Mal, wenn ich ihn sehe, ein anderes Kostüm an. Allerdings ist das nur seine inoffizielle Tätigkeit. In der Öffentlichkeit ist er als der Präsident von LME Pops Production bekannt.”

“Freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen”, sagte Kuon höflich.

“Er hat scheinbar all seine Erinnerungen verloren”, erklärte das einzige weibliche Geschöpf den beiden Männern. “Takarada-san war mal dein Chef, weißt du? Ihr beide hattet zwar eure Differenzen, aber im Prinzip habt ihr euch gut vertragen.”

“Nun, das hört man doch gerne.”

Endlich schaffte es Kuu zu sprechen. “Aber... Ich dachte, du bist tot?”

“Nun. Offensichtlich nicht”, entgegnete Kuon zaghaft.

Sein Vater ging langsam um das Sofa herum und ließ sich neben seinen Sohn nieder. “Das muss ein Traum sein. Ich bin bestimmt in der Bar eingeschlafen.”

“Gab es dort eine gut aussehende junge Kellnerin, die mit dir geflirtet hat?”

“Ähm... Ja.”

“Dann liegst du jetzt wahrscheinlich gerade neben ihr und dein schlechtes Gewissen führt dich im Traum zu uns, damit wenigstens dein Unterbewußtsein leidet”, mutmaßte seine Tochter.

Kuu warf ihr einen strafenden Blick zu, widersprach ihr allerdings nicht. Was hätte er auch sagen sollen?

“Na ja, da die beiden anscheinend einen zu großen Schock erlitten haben, führe ich weiterhin die Konversation”, beschloß Kaede endlich und wandte ihre ganze Aufmerksamkeit Kuon zu. “Was hast du das letzte Jahr alles getrieben?”
 

Das laute Schnarchen des Mannes war in dem Raum deutlich zu vernehmen. Er lag ausgestreckt auf einem Bett, den Mund halb geöffnet und die Augen fest geschlossen. Viele Haarsträhnen hatten sich in sein Gesicht verirrt und hätten seine Sicht behindert, doch auf Grund des schlafenden Zustandes störte es ihn nicht weiter. Es war dunkel, draußen herrschte noch tiefste Nacht und die ganze Hotelanlage war erfüllt mit einer angenehmen Stille - wenn man von dem Schnarchen absah.

Doch plötzlich wurde die Stille durch den Klängen von Beethovens Mondscheinsonate unterbrochen, die bedrohlich aus den Lautsprechern eines Handys ertönten. Es dauerte nicht lange und der schlafende Mann erwachte. Er begann verschlafen zu murmeln und schlug schließlich seine Augen auf, deren Blick sofort zur Leuchtanzeige seines Weckers wanderte. Wer rief ihn denn um diese Uhrzeit an? Wollte ihn jemand ärgern? Gähnend tastete er nach der Quelle seiner Störung.

“Jah?”

“Hi, Yukihito, tut mir leid, dass ich dich störe, aber...”

“Kaede?”, fragte Yashiro bestürzt. “Warum rufst du mich um eine so unmenschliche Uhrzeit an? Ist etwas passiert?”

“Passiert? Oh ja, es ist jede Menge passiert. Weißt du, wer hier gerade neben mir sitzt?”

“Wahrscheinlich dein Liebhaber, der sich jetzt mit dir verlobt hat und deshalb willst du mir jetzt sagen, dass es aus ist”, entgegnete der Manager trocken.

Kaede kicherte leise. “Nein, auch wenn das eine gute Idee wäre, ich sollte mal mit meinen Liebhaber darüber sprechen.”

“Ich wusste, unsere Beziehung würde nicht lange halten.”

“Ja, das habe ich von Anfang an gesagt, aber auf mich wollte keiner hören. Aber das ist jetzt nebensächlich. Neben mir sitzt mein Bruder.”

Yashiro runzelte die Stirn.

“Sag mir nicht, dass dein Vater noch ein Kind hat.”

“Natürlich hat er eines. Und du kennst ihn sogar.”

“Ach ja? Sho Fuwa?”

“Yuki-kun!”

“'Tschuldige, aber ich muss doch schon verlauten lassen, dass es eine recht unpassende Uhrzeit ist, in der wir das besprechen, da ich morgen wieder früh raus muss, um Kyoko genügend zu unterstützen und...”

“Neben mir sitzt Kuon.”

Yashiro erstarrte mitten im Satz und überlegte, ob er sich verhört hatte. “Wenn du Kuon sagst, meinst du doch nicht etwa...”

“Doch, genau das tue ich.”

“Aber... Ist er nicht...”

“Nein, er hat überlebt.”

“Wie...”

“Ein Schiff hat ihn aufgegabelt, nachdem er ins Wasser fiel und auf dem hat er das ganze letzte Jahr verbracht. Er hat nämlich all seine Erinnerungen verloren, weißt du? Doch dann hat er Stanley getroffen, der ihm gesagt hat, wer er ist und wo er uns finden kann und jetzt ist er hier. Ist das nicht wunderbar?”

“Ähm... Ist heute erster April oder so was?”

“Hey, das ist kein Scherz!”

“Natürlich nicht. Vielleicht solltest du dich einfach hinlegen, Kaede, dann geht es dir sicher sofort wieder besser.”

“Ich kann ihn dir ja geben, wenn du mir nicht glaubst.”

“Kaede, ich kann dir gar nicht glauben, denn dein Bruder ist...”

“Ähm... Hallo?”

“...tot”, vollendete der Manager seinen Satz ungläubig, denn dieses letzte Wort stammte eindeutig von...

“Ku...Ku... Kuon?!”

“Ähm... Ja, hi.”

“Aber... aber... aber... aber.... aber... da... das... ist unmöglich! Wir waren doch auf deiner Beerdigung, du bist tot. Du kannst gar nicht...”

“Tut mir leid, aber ich fürchte, ich bin noch am Leben.”

Das war zu viel für den armen Mann. Er ließ das Handy fallen und starrte entsetzt an die Decke. Das musste ein Traum sein! Das war doch viel zu gut, für das wahre Leben! Viel zu gut.

“Yashiro-san? Sind Sie noch da?”, ertönte Kuons Stimme aus dem Lautsprecher. Er erhielt keine Antwort. Dafür war der Schock zu groß.
 

Einige Stunden später klopfte es an seiner Tür. “Yashiro? Bist du wach?”

Der Blondhaarige begann sich langsam zu regen.

“Yashiro?”

Er setzte sich erschrocken auf und starrte das Handy an, das neben ihm lag. Es war defekt. Also hatte er das wirklich nicht geträumt. Kuon war wirklich wieder da. Aber... Das war unmöglich. Absolut unmöglich. Das ging nicht!

“Yashiro? Lebst du noch?”

Sein Kopf drehte sich langsam Richtung Tür. Er wusste, eigentlich müsste er Kyoko diese frohe Botschaft nun mitteilen, aber wie würde sie reagieren? Besonders, weil er selbst immer noch keine näheren Informationen erhalten hatte. Er würde ihr nicht einmal etwas erklären können.

“Mist, was mach ich denn jetzt?”

“Yashiro?! Wenn du mir nicht sofort antwortest, komme ich rein!”

Sollte er es ihr sagen? Immerhin war sie deswegen die ganze Zeit so deprimiert gewesen. Aber wie würde sie reagieren?

“Ich komme jetzt rein!”

Die Tür öffnete sich langsam und er erblickte die junge Frau, die ihm halb wütend, halb belustigt ansah. “Ach, du bist also doch wach? Hattest du einen Albtraum?”

Ihr Blick fiel auf das defekte Handy. “Oh, hast du mit jemanden telefoniert?”

“Kyoko-chan”, begann er mit trockenem Mund. “Ku... Kuon lebt.”

...bleibt kein Auge trocken

So, da heute ja mein Geburtstag ist (wie sich schon bei einigen Leuten rumgesprochen hat) dachte ich, warum nicht mal seinen Lesern eine Freude machen. Und das tue ich, indem ich euch von diesem schrecklichen Cliffi befreie. Ich hoffe, ihr seid mir dankbar. ^^
 

Susilein: Danke für das Lob. ^^ Ich bin froh, dass mir die Reaktionen so gut gelungen sind. *verbeug*
 

Umnije: Kim und Kyoko werden sich ganz bestimmt noch mal treffen. Ich kann ihn doch nicht einfach so beiseite schieben und ignorieren. Denn nur weil Kuon wieder da ist, heißt es nicht, dass die anderen Charas verschwinden.
 

Lioba: *grins* Ich sehe, du kennst mich. *breiter grins* Ich hoffe, dir gefällt das Kap. ^^
 

Patrice-Kyoko: Immer diese Ungeduld. *mit dem Kopf schüttel* Na ja, wie Yash reagiert ist eigentlich eine gute Frage... Sollte ich vielleicht wirklich mal drüber nachdenken... Und Kuon und Kyoko... Na, ob das eine Freude wird? Ich meine, sooo toll sind solche Szenen auch wieder nicht. Ich denke sowieso, dass sie viel zu überschätzt sind.
 

little-sister: Siehst du? Ohne Druck bin ich viiiieeeel schneller. Ansonsten gibt es zu deinem Kommi eigentlich nichts zu sagen... Aber bei mir hat Yash bestimmt schon 90 Handys auf dem Gewissen. *grins*
 

Serenade: Ich hab diese Kap wirklich erst geschrieben, NACHDEM ich deinen Kommi gelesen hatte. Und das “Jaja” hast du richtig gedeutet. *grins*
 

-_Kisu_-: Du bist die erste Person, die den Cliffi gut fand. *staun* Das hab ich wirklich noch nicht erlebt. Kaedes Reaktion hat mir, wie gesagt, wirklich Schwierigkeiten bereitet. Ich meine, wie begrüßt man seinen toten Bruder? Genauso wie bei Kuu und Rory. Wie verhält man sich da? Was sagt man? Und was sagt man nicht? Also habe ich beschlossen, das wohl typischste Elemente von Skip Beat! zu verwenden und Humor mitrein zubringen. Und wie man sieht, war das die richtige Entscheidung. Allerdings wird mir Kyoko da mehr Probleme bereiten, weshalb ich froh bin, dass die Gegenüberstellung noch ein bisschen dauert...
 

DarkEye: ^^
 

Hokuto: *kicher* Der Herzinfarkt gefällt mir immer noch am Besten. Wirklich zu schade... *seufz* Hättest du mich nicht eher auf die Idee bringen können? Ansonsten bin ich froh, dass du dich mal wieder so richtig kaputt lachen konntest. ^^
 

Und dann natürlich noch ein großes Dankeschön an meine Beta. ^^
 

Nun denn, viel Spaß mit diesem schönen Kappi hier.

Baba,

Eure Ayako

_______________________________________

...bleibt kein Auge trocken
 

“Sieh mal Kyoko. Da oben war gerade eine Sternschnuppe.”

Die junge Frau blickte auf und folgte dem ausgestreckten Arm ihres Freundes mit den Augen. Tatsächlich war der Himmel mit Sternen überzogen und auch sie konnte noch einen winzigen Rest des weißen Streifens erkennen, der geschwind über den Horizont gefegt war.

“Du darfst dir jetzt etwas wünschen”, murmelte sie und kuschelte sich an Rens freien Arm.

“Es gibt nichts, was ich mir wünschen könnte”, entgegnete er liebevoll. “Denn alles, was ich brauche, habe ich hier. Neben mir.”

Sie lächelte und er drückte ihr einen sanften Kuss auf den Mund. Danach gingen die beiden weiter. Am Himmel leuchtete eine weitere Sternschnuppe auf und Kyoko wünschte sich im Stillen etwas.

//Bitte lass es für immer so bleiben.//
 

Als Yashiro ihr sagte, dass Kuon noch lebte, brach für Kyoko die Welt von Neuen zusammen. Zuerst dachte sie, er würde sich einen Scherz mit ihr erlauben. Was sollte sie auch sonst denken, immerhin war er ja tot, oder etwa nicht? Allerdings merkte sie schon sehr bald, dass es sich offenbar nicht um einen Scherz handelte und von diesem Moment an war sie ... verwirrt. Es gab kein besseres Wort, um ihren Zustand zu beschreiben. Ihr

ganzes Befinden war ein wildes Durcheinander zwischen Ungläubigkeit und

bodenloser Freude. Kuon ... Wenn er wirklich wieder da war, dann wäre das

einfach unglaublich. Wunderbar. Unbeschreiblich. Sie würde ihn endlich wieder haben. Ihn wieder sehen können. Sein Lachen, sein wutverzerrtes Gesicht, sein furchterregendes Gentlemanlächeln, seine wunderbar warmen braunen Augen ...

Aber... Wenn er wirklich lebte, also nicht gestorben war, warum hatte er sich dann ein Jahr nicht mehr gemeldet und sie in dieser schrecklichen Angst leben lassen? Sie konnte das nicht verstehen.

“Ich weiß es selbst nicht”, sagte Yashiro auf dem Weg zum Hafen. “Kaede hat irgendwas von einer Amnesie erzählt oder so ähnlich. Aber er ist am Leben. Ich hab mit ihm gesprochen.”

“Warum hast du ihn mir nicht gegeben?”, fuhr Kyoko ihn an.

“Na, es war ziemlich spät. Mitten in der Nacht, weißt du? Und ... ich hab ja zuerst selbst nicht realisiert, was los war.”

“Aha.”

“Es tut mir leid, Kyoko-chan...”

“Ach, ist ja auch egal.”

Sie sah aus dem Fenster des Mietwagens und beobachtete, wie Miami an ihr vorbeiraste. Am liebsten würde sie augenblicklich zum Flughafen fahren und von dort aus nach Tokio fliegen, aber sie waren mitten in den Dreharbeiten. Darum würde sie sich noch einen Monat lang gedulden müssen. Wenn sie sich nur davon überzeugen könnte, dass er wirklich noch da war. Am Leben. In ihrer Reichweite. An ihrer Seite. Doch gab es dafür einen Beweis? Was, wenn er gar nicht mehr mit ihr zusammen sein wollte? Würde sie das

überstehen?

//Hauptsache er lebt. Solange ich das weiß, werde ich alles andere ertragen können.//

Sie lehnte sich erschöpft zurück und bereitete sich mental auf den kommenden Tag vor.
 

Kuon betrachtete die Szene vor sich verwirrt. Rory, Kuu und Kaede saßen alle am Küchentisch und hatten Tränen in den Augen.

“Ähm... Ist alles in Ordnung?”

Kaede blickte auf und lächelte, was mit den Tränen etwas irritierend wirkte. “Ja, es ist alles in Ordnung. Nur dieses Zwiebeln sind etwas...”

“JULIE”, schluchzte Kuu und genehmigte sich ein weiteres Glas Whiskey. (Er trank es in einem Zug aus.)

“Ist ja gut”, entgegnete Rory lachend und klopfte ihm auf die Schulter.

“Ja, aber ich muss Julie doch erzählen, dass unser Sohn immer noch da ist”, entgegnete er und wollte sich schwerfällig erheben. Doch seine Beine trugen ihn nicht und er plumpste wieder auf den Stuhl.

“Mit den beiden ist auch alles in Ordnung”, beruhigte Kaede ihren Bruder. “Sie sind nur noch etwas angetrunken. Willst du 'was essen? Ich bereite grade Curry zu.”

“Ähm. Gerne.”

Er ließ sich auf einen noch freien Stuhl fallen und beobachtete die beiden Männer. Kuu schien in Depressionen zu versinken und rief immer wieder nach seiner Frau, während Rory von einem Lachkrampf zum nächsten überwechselte. Da sah man, wie unterschiedlich Alkohol doch wirken

konnte.

Kaede werkelte derweil ungerührt am Herd herum und fuhr sich währenddessen immer wieder über ihren runden Bauch. Ein Kind wuchs darin.

Das war unübersehbar. Er würde Onkel werden! Wer hätte das gedacht? Es war seltsam. Vor zwei Tagen hatte er nichts gehabt und nun saß er bei seiner Familie. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Er war Zuhause!

Endlich.

"Kann ich dir irgendwie helfen?”, fragte er.

“Nein danke. Ich schaff das schon.”

Sie holte ein paar Gewürze aus einem Regal hervor und streute sie abwechselnd auf die dampfende Pfanne, die auf dem Herd stand.

Schon bald hatte sich in der ganzen Küche ein angenehmer Geruch ausgebreitet und er spürte, dass er tatsächlich Hunger hatte. Glücklicherweise dauerte es auch nicht mehr lange, bis die Speise fertig zubereitet war und Kaede servierte sie ihnen auf weißen Tellern.

Kuu begann sofort zu essen, doch Rory und Kuon bewahrten soviel Anstand, darauf zu warten, dass die Köchin sich selbst vor ihr Abendessen gesetzt hatte. Diese warf einen Blick auf die Uhr und schenkte dem Präsidenten einen bösen Blick. “Sie wissen schon, dass Sie eine Enkelin haben, oder?”

“Ja, natürlich, wa...”, auch sein Blick wanderte zur Uhr und er stand erschrocken auf. “Ach du meine Güte, es ist schon so spät? Marias Babysitter wird mich umbringen.” Er erhob sich.

“Tut mir leid, Freund, aber ich muss jetzt gehen. Kuon, es war wunderbar dich wiederzusehen. Erhol dich gut und ich hoffe, dass deine Erinnerungen bald zurückkommen werden.”

“Vielen Dank, das hoffe ich auch.”

“Gut, Kaede-chan, pass auf dich auf, ja? Denk immer an dein Baby, bevor du etwas tust und...”

“Gehen Sie, bevor ich Ihnen die noch heiße Pfanne an den Kopf werfe.”

Rory lächelte und wandte sich zu guter Letzt Kuu zu. “Also, ich bin dann weg.”

Der Mann gab ihm keine Antwort. Also drehte der Präsident sich um und verschwand.

Kuon häufte sich währenddessen etwas Reis und Curry auf seinen Löffel, den Kaede ihm wohlweislich neben die Stäbchen gelegt hatte und schob ihn sich in den Mund. Kaum hatten die Zutaten seine Geschmacksnerven berührt, traten ihm Tränen in die Augen und er griff hastig nach dem nächsten Glas, das er finden konnte und schüttete sich die Flüssigkeit in den Rachen. Ein Fehler, wie sich herausstellte.

“Ups, das ist wohl doch etwa zu scharf geworden”, sagte Kaede entschuldigend, während Kuon sich hustend den Hals hielt. “Tut mir leid.”

“Macht nichts”, entgegnete Kuon, als er endlich wieder sprechen konnte.

“Ich kann dir schnell was anderes...”

“Nein, mach dir keine Umstände. Ich guck einfach, ob was im Kühlschrank ist...”

“Na schön. Aber wehe, wenn du nur einen Joghurt isst. Du musst schon was anständiges zu dir nehmen.”

“Jaja.”

“Also, erst mal heißt jaja, leck mich am ... Na ja, du weißt schon wo. Und zum anderen musst du was essen. Du warst doch die ganze Zeit unterwegs, nicht? Und deine letzte Mahlzeit ist doch bestimmt auch gewesen, bevor du losgeflogen bist. Wenn nicht sogar noch eher.”

“Ähm.”

“Hab ich es doch geahnt. Deinen Unwillen zum Essen hast du also nicht eingebüßt.”

“Nein, hab ich nicht.”

“Schade dass Kyoko-chan nicht hier ist. Ihr Essen hast du immer mit Vorliebe gegessen. Da musste man dich nicht einmal zu zwingen.”

“Wirklich nicht? Sie muss eine gute Köchin sein.”

“Ja, das ist sie. Andererseits geht Liebe bekanntlicherweise durch den Magen, nicht?”

Die Diskussion ging noch eine Weile weiter, während Kuu auf seinem Teller einschlief. Zumindest sah es so aus. In Wahrheit lauschte er lächelnd seinen Kindern. Obwohl sie ein Jahr lang getrennt gewesen waren und Kuon seine Erinnerungen verloren hatte, war es genau wie früher. So als wäre er nie weg gewesen. Diese Erkenntnis fühlte sich gut an. Sehr gut sogar.
 

//Egal, wie sehr man sich auch anstrengt, am Ende versagt man doch. Es ist einfach unmöglich zu erreichen, was man erreichen will. Besonders, wenn man so ein Nichtsnutz ist, wie ich.//

“Das stimmt doch gar nicht.”

//Doch, das tut es. Ich bin ein elender Nichtsnutz. Und erreichen kann ich auch nichts mehr.//

“Hör auf 'rumzunörgeln und fang endlich an, an dich zu glauben! Du kannst es schaffen. Ich weiß es.”

//Nein. Ich werde nichts schaffen. Ich kann nichts schaffen. Mein Leben ist zuende. In einer Einbahnstraße. Ich kann nicht weitermachen.//

“Red nicht so einen Unsinn. Natürlich kannst du! Du bist stark! Stärker als du denkst. Steh gefälligst auf und mach weiter. Das ist ein Befehl!”

//Aber wie kann ich weiter machen, nachdem ich eine solch große Schuld auf mich geladen habe? Wie kann ich da weiterleben?//

“Versuch es wenigstens. Jede Schuld wird irgendwann vergeben.”

//Und was ist, wenn man sich die Schuld nicht einmal selbst vergeben kann? Sag Kaede, was soll man dann tun?//

“...”

“SAG ES MIR!”

Shoko sah ihren Schützling verwirrt an. “Was soll ich dir sagen?”

Der Sänger blinzelte mehrmals, bis ihm klar wurde, dass er wieder einmal in seinen Gedanken versunken gewesen war. “Ähm... Nichts. Ich... hatte nur einen Albtraum.”

“Du hast doch gar nicht geschlafen.”

“Doch, ich habe gelernt, mit offenen Augen zu schlafen”, erwiderte Sho ernst.

Seine Betreuerin warf ihm einen zweifelnden Blick zu, um sich sofort wieder der Straße zuzuwenden. Sie waren auf dem Weg zu Shos Apartment. Er war endlich aus dem Krankenhaus entlassen worden, allerdings sah sein Körper immer noch etwas angeschlagen aus.

“Nimm dir erst einmal etwas Urlaub”, sagte Shoko.

“Das wird dir gut tun.”

//Sag doch gleich, dass ich endlich aufhören soll, Sänger zu sein//, dachte er. Sho wusste, dass seine Erfolgssträhne vorbei war, bevor sie begann und er im Moment der Agentur nur noch ein Klotz am Bein war. Vielleicht wäre es tatsächlich das beste, einen anständigen Job zu erlernen. Genauso, wie sein Vater es immer gewollt hatte.

//Ich hätte in Kyoto bleiben sollen. Dann wäre ich jetzt mit Kyoko verheiratet und wir würden zusammen...//

Aber es machte keinen Sinn über die Vergangenheit nachzudenken. Oder über das, was hätte sein können. Es konnte nicht mehr geschehen. Das hatte er sich selbst zuzuschreiben. Warum war er auch so dumm gewesen?

Er sah aus dem Fenster und versank wieder in seinen Selbstzweifeln.

Währendessen ging draußen die Sonne auf und kündigte einen neuen Tag an.

Zwillinge?!

Argh, ich bin schon wieder spät dran. Tut mir wirklich leid, aber ich hatte eine Mathevergleichsarbeit, einen Gesichtstest und noch einige andere solcher unangenehmen Sachen hinter mich zu bringen, weshalb ich diese FF ein wenig vernachlässigen musste. Aber jetzt ist ja wieder ein neues Kap da und alles ist wieder gut.

Dieses Kap war ausnahmsweise nicht bei meinen Beta, da er offenbar keine Zeit zu haben scheint und ich will euch nicht solange warten lassen. Deshalb werden die Rechtschreibfehler erst im Nachhinein berichtigt. Vielen Dank für euer Verständnis. ^^

Mein Dank geht an:
 

Umnije: Sho wird noch ziemlich viel leiden. Der arme Kerl. Denn es wird nicht lange geheim bleiben, was er getan bzw. nicht getan hat. Und dann gnade ihm Gott... *schluck* Bis zum Treffen zwischen Kyoko und Kuon dauert es noch etwas, aber das der Geschwister kannst du gleich lesen. ^^ Viel Spaß damit.
 

Susilein: Ähm... Seit wann erhöre ich eure Bitten? Julie und Kuu können ruhig noch bis zum Ende dieser FF vor sich hinvegetieren. Oder so ähnlich. Nein, Scherz. Er wird es schon noch erfahren. Hab Geduld! “Wer eilt, der fällt, drum eile nur mit Weile.” (William Shakespeare)
 

Hokuto: Sag mal, denkst du eigentlich wirklich, dass ich so grausam bin oder tust du nur so? Ich lasse meine Charaktere zwar leiden, aber irgendwann reicht es. (Macht keinen Spaß mehr.) Wie dem auch sei, auch Sho wird es irgendwann besser gehen, aber halt erst nach JENER Szene. ^.~
 

Serenade: *mir die Ohren zuhalt* Danke für das Lied. *ächz* *wieder strahl* Und für das Geburstagsgeschenk. *knuddel* Das war sehr nett von dir. Wie dem auch sei, ja, Kuon ist endlich wieder Zuhause. Hat ja auch lange genug gedauert, nicht? Und das zwischen ihm und Kyoko... Sagen wir soviel: Es verspricht interessant zu werden. (Meine Apokalypse ist zwar vorbei, aber *devilsmile* es macht einfach zuviel Spaß.)
 

Patrice-Kyoko: Tja, was kann ich dazu noch groß sagen? Ich bin auf jeden Fall froh, dass dir die Szenen zwischen Kuon und Kaede genausogut gefallen wie mir. ^^
 

Lioba: *lächel* Hach, weißt du, Cliffhanger sind viel zu überschätzt. Es gibt da viel bessere Methoden.... Und schön, dass dir die Reaktion gefallen hat. Mir selbst kam sie ja zu harmlos vor, aber sie schien doch richtig gewesen zu sein.
 

DarkEye: Ich würde nicht sagen, dass Sho ein A**** ist. Er hatte einfach nur ziemlich viel Pech gehabt und befindet sich zur Zeit in einem tiefen Abgrund. Aber jedem seine Meinung.
 

little-sister: Stimmt ja, Maria war ja auch noch da. *mir mit der Hand an die Stirn schlag* Gut, dass du mich daran erinnert hast. Hätte ich fast vergessen. Ich fürchte mich auch schon vor dem Treffen zwischen Kuon und Kyoko. Ich hab nämlich gar keine Ahnung, wie das sein soll. Na ja, ich werde es schon noch herausfinden. Spätestens, wenn es soweit ist. ^^
 

-_kisu_-: Deine Antwort hast du schon als ENS erhalten. Solche Kommis verdienen ja auch eine ENS. Danke. *knuddel*
 

Ich wünsche allen viel Vergnügen mit dem Kap. ^^

Baba,

Eure Ayako

______________________________________

Zwillinge?!
 

Geschwister. Einige haben sie und andere wiederum nicht. Erstere empfinden sie oft als nervig, überflüssig und sadistisch, während letztere sich oft nach ihnen verzehren. Aber egal, wie sehr sie sich auch streiten und gegenseitig nerven, wenn man Geschwister hat, kann man sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Sie gehören einfach dazu. Waren immer da und werden auch immer da sein. Sie haben mitgelitten, wenn die Eltern Streit hatten und halfen einem, wenn man wirklich ein Problem hatte. Natürlich gibt es auch Geschwister, die sich wirklich hassen. Die findet man immer. Aber trotzdem fühlt man das unsichtbare Band des Blutes, das immer da sein wird, dem man sich nicht entziehen kann, so sehr man es auch will. Seine Freunde kann man sich aussuchen, mit der Familie muss man leben. Und manchmal können Freunde auch die Familie ersetzten, die man nie hatte.

Kim hatte sein ganzes Leben lang in dem Glauben gelebt, dass er allein war. Allein, wenn seine Eltern sich stritten. Allein auf einer dieser Familienfeiern. Allein, wenn er nachts nicht schlafen konnte. Allein, wenn er auf dem Schulhof stand. Allein...

Er hätte nicht sagen können, dass seine Eltern schlechte Eltern waren. Das wäre gelogen. Sie hatten versucht, ihm ein gutes Leben zu bescheren. Aber ein Versuch genügt nicht immer. Seine Kindheit war nicht die Glücklichste gewesen, aber auch nicht die schlechteste. Er war mit Geschenken überschüttet worden, hatte immer die neuesten Markenklamotten, das neueste Spielzeug, den neuesten Fußball, die besten Karten fürs Stadion... Sein Vater war bemüht, durch Geschenke, seine Abwesenheit wieder gut zu machen. Seine Mutter fuhr währenddessen vom Kaufhaus, zur Maniküre und wieder zurück. Kim wurde sich schon früh darüber bewusst, dass sie lieber ein Mädchen gehabt hätte, das sie überall hin begleitete. Es tat weh, das einzusehen. Doch er konnte nichts machen.

Sie schickten ihn auf eine Privatschule. Irgendwo ganz weit weg, so daß sie ihn nur zweimal im Jahr sehen mussten. In seinem vierzehnten Lebensjahr kam er nicht einmal zu Weihnachten nach Hause. Er fand dort ein paar Freunde. Freunde, die genau wie er von Intrigenhaften, skrupellosen Männern abstammten, die nicht davor zurückschreckten, es ihren Vätern gleich zu tun. Darum war er doch allein, wie viele Leute auch um ihn waren.

Er war eines dieser Wunderkinder, die mit einem hohen Intelligenzquotienten in Form eines photographischen Gedächtnisses gesegnet waren, weshalb er viele Klassen mühelos überspringen konnte.

“Du bist der Stolz der Familie”, sagten die Erwachsenen zu ihm. “Du wirst einmal das Geschäft deines Vaters übernehmen und mit deiner Intelligenz wirst du es florieren lassen.”

Kim wusste damals weder, was “florieren” bedeutete, noch wie “Intelligenz” geschrieben wurde. Erwachsene erzählen seltsame Dinge. Sie sind zu sehr mit der Welt da draußen beschäftigt ohne darauf zu achten, was vor ihnen liegt. Doch das ist der Preis des Erwachsenswerdens und des Bildens. Man vergisst, was wirklich wichtig ist und wird in den Strudel der Welt hineingezogen, ohne sich wehren zu können. So ist das Leben.

Nein. Nicht das Leben. Die Zivilisation.

Doch genug dazu. Kommen wir zum eigentlichen Thema zurück.

Geschwister.

Kim hatte sich immer einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester gewünscht. Er hatte gehofft, dass er so einen Freund oder eine Freundin fürs Leben finden konnte. Jemand, der ihn bedingungslos liebte und den er bedingungslos lieben konnte. Jemand, der zu ihm aufsah, der für ihn da war, den er ärgern konnte, mit dem er lachen konnte, einfach irgend jemand.

Doch er bekam diese Person erst, als es schon zu spät war. Er fragte sich, ob man das Schicksal nennen konnte.

Nun war auch er zu einem dieser Geschäftsleuten geworden, die keine richtigen Freundschaften pflegten und nur Affären hatten, anstatt richtige Beziehungen. Er brauchte niemanden mehr, kam besser allein klar, warum also wurde er gerade jetzt mit einer Schwester konfrontiert? Und warum hatte Jeremy seinen Mund nicht eher öffnen können?
 

Stanley beobachtete seinen Neffen besorgt. Er stand allein am Fenster und sah nach draußen. Das Spiegelbild zeigte ein weißes, müdes Gesicht.

“Kim?”, fragte er behutsam.

Der Angesprochene drehte sich um und lächelte. “Ja?”

“Bist du dir wirklich sicher, dass du das heute tun willst?”

“Natürlich. Warum denn nicht?”

“Es ist nicht nur für dich schwer. Auch Kyoko-chan muss damit fertig werden. Und im Gegensatz zu dir, hat sie auch noch einen Vater bekommen. Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich hinzufüge, dass er nicht der beste auf dieser Welt ist.”

“Onkel Stanley, mach dir nicht so viele Sorgen. Mir geht es gut. Und ich werde Kyoko so gut es geht unterstützen.”

Mr. Teen seufzte. “Gut, wenn du meinst.”

“Ja, ich meine.”

Damit drehte der Jüngere sich um und lief davon. Stanley sah ihm hinterher. Na wenn das mal gut ging.
 

Kyoko sah das Haus an und schluckte. Da drinnen waren ihr Vater und ihr Bruder. Na toll. Jetzt hatte sie auch noch einen Halbbruder. Als ob eine Halbschwester nicht reichen würde.

Saya hielt sie in ihrer linken Hand. Rechts stand Yashiro, der ihr versprochen hatte, ihr beizustehen. Das beruhigte sie ungemein. Denn sie hatte keine Ahnung, was sie dort erwarten würde.

Sie hatte das Zusammentreffen so weit wie möglich rausgeschoben. Doch inzwischen ging es nicht mehr, denn am nächsten Tag würde sie nach Japan zurückkehren. Am liebsten würde sie das jetzt schon. Sie hatte riesengroße Angst vor dem, was kommen würde. Angst vor der Familie, die sie nicht kannte. Jeremy war der Anführer der Verbrecherorganisation von Miami. Soviel hatte man ihr bereits sagen können. Außerdem hatten ihre Nachforschungen ergeben, dass er ein äußerst kaltherziger Mensch war. Seine Angestellten sollten sich angeblich vor ihm fürchten und die Tatsache, dass er sich jahrelang nicht um seine einzige Tochter geschert hatte, bestätigte diese Annahme noch.

Das Haus musste von einem sehr begabten Architekten entworfen worden sein. Außerdem musste er aus Europa stammen. Denn im Gegensatz zu typischen US-amerikanischen Häusern, war es aus festen Stein, Metall und viel Glas erbaut worden. Es handelte sich um ein Atriumhaus, dessen Besonderheit war, dass in der Mitte des Gebäudes eine Öffnung im Dach ist, die das Licht ins Haus lässt. Dadurch entstand in dort ein kleiner Innenhof, den die Christophers als einen Poolbereich genutzt hatten. Bei schlechten Wetter ließen sie einfach ein Glasdach darüber fahren, was bei einem Tornado allerdings nicht viel bringen würde. Doch das ist ein Thema, das wir erst einmal fallen lassen. Vielleicht komme ich bei Gelegenheit noch einmal darauf zurück.

Eine weitere Besonderheit von einem Atriumhaus ist, dass alle Räume sich kreisförmig an den Innenhof anordnen und von dort aus zugänglich sind. Um die Bewohner von plötzlich eintretenden Einflüssen des Wetters zu schützen, umgab den Hof ein Kreuzgang, wie man ihn oft in Klöstern antreffen kann. Die Räume waren stilvoll eingerichtet und jeder Gegenstand schrie einem förmlich ins Gesicht, dass man sich in dem Haus einer reichen Person befand.

Doch Kyoko, Yashiro und Saya wussten von dem allen noch nichts. Im Moment standen sie immer noch vor dem Gebäude und betrachteten den riesigen Garten, der es wie eine natürliche Mauer umgab.

“Warum müssen Reiche eigentlich immer so angeben?”, murmelte Yashiro.

Kyoko konnte sich die Antwort irgendwie denken, beschloß jedoch, zu schweigen.

In diesem Moment öffnete sich die Haustür und Mr. Teen streckte seinen Kopf heraus. Als er die drei Menschen entdeckte, lächelte er. “Wusste ich doch, dass ihr erst einmal eine Stunde lang stehen bleibt und das Haus anstarrt.”

“Mr. Teen”, sagte Kyoko und erwiderte sein Lächeln.

Stanley winkte ab. “Nenn mich Onkel Stan, immerhin bin ich das ja, nicht?” Er zwinkerte und Kyokos Lächeln wurde breiter. Ja, für diesen Mann lohnte es sich fast, in diese Familie zu gehören. Aber nur fast.

“Nun denn, was steht ihr hier so dumm rum? Kommt rein!”

Sie folgten ihm ins Haus und betraten somit den Innenhof. Yashiro sah sich staunend um. “Wow.”

“Ja, nicht? Obwohl ich denke, dass Jeremy maßlos übertrieben hat. Eine einfache Villa, wie man sie überall auf diesem Kontinent findet, hätte eigentlich gereicht, aber er muss ja unbedingt den Baustil der Ägypter und Römer nachahmen. Na ja, da kann man nichts machen... Ah! Kim!”

Ein junger Mann war aus einem der Räume herausgekommen und begrüßte die Neuankömmlinge nun höflich. “Hallo, Kyoko, Yashiro-san und Saya.”

Die drei erwiderten die Begrüßung und die beiden Geschwister musterten sich.

An diesem Abend sollte eine Barbecueparty im Hause Christopher stattfinden, bei der einige Nachbarn und Freunde der Familie dabeisein würden. Jeremy hatte diesen Anlass als eine gute Gelegenheit empfunden, sich mit seiner Tochter vertraut zu machen und die schockierende Wahrheit zu verkünden. Kim fragte sich bereits, wie viele Journalisten da sein würden. So wie er seinen Vater kannte, würde dieser diese Gelegenheit wieder beim Schopf packen und eine dramatische Story für die Öffentlichkeit draus machen, von wegen einer kritischen Phase in seiner Beziehung mit seiner Frau und einer großen geheimen Liebe, die er wegen ihr aufgeben musste. Oh, und natürlich seine beiden Kinder. Das eine Schauspielerin und das andere ein Genie, der die Geschäfte einmal übernehmen würde. Selbstverständlich war beides ganz allein Jeremys Verdienst und ohne seine Unterstützung hätte es keiner von den beiden geschafft.

Manchmal könnte Kim seinen Vater umbringen. Kyoko tat ihm richtig leid. Es wäre besser gewesen, sie wäre vaterlos geblieben. Dann hätte sie ein Problem weniger. Aber es gibt einige Dinge, die kann man sich leider nicht aussuchen (außer natürlich, man glaubt an eine Religion oder so, in der man diesen Glauben hegt) und Eltern gehören zu diesen Dingen dazu. (Außerdem kann man Lehrer, Mitschüler, Arbeitskollegen und Bosse dazutun, ach ja, und Nachbarn! Hätte ich jetzt fast vergessen.)

Nun, Jeremy war zweifellos gut gelaunt. Dies verstärkte Kims Vermutung, dass viele von der Presse da sein würden. Oder er hatte schon eine Flasche Wein intus. Das wäre auch eine Erklärung. Der Mann begrüßte seine Tochter und deren Mitbringsel fröhlich und unterhielt sich ein wenig mit ihnen. Das heißt, er und Stanley unterhielten sich. Der Rest saß stumm auf dem großen Sofa, auf dem Kim seine Unschuld verloren hatte [mit wem und wie genau überlasse ich euren schmutzigen Fantasien] und lauschten den Brüdern.
 

Ein leichter Wind drang durch den Spalt des Fensters und brachte die Blätter der Zimmerpflanzen zum wippen. Das Fenster gehörte zu einem mittelgroßen Raum in einem typischen Bürokomplex. Die Wände waren weiß gestrichen und an ihnen hingen verschiedene Poster, mit menschlichen Organen oder Akupunktur und ein schönes, farbenfrohes Gemälde. Die Möbel waren ein Schreibtisch, mit Telefon, Computer, Drucker, Papier und weiteren Büroausstattungen, drei Stühlen, einer Liege, wie man sie oft in Arztpraxen antraf und ein paar Schränken. Aus dem Raum führten zwei Türen. Die eine war leicht angekippt und man konnte das Rauschen elektrischer Geräte hören.

Zwei Menschen saßen auf den Stühlen. Beide waren Frauen. Junge Frauen.

Kaede sah ihre Frauenärztin mit offenen Mund an. Es sah aus, als hätte sie gerade einen großen Schock erlitten und würde eine Weile nicht sprechen. Die Ärztin nutzte diese Zeit, indem sie in den Unterlagen blätterte, die vor ihr ausgebreitet lagen.

Schließlich war Kaede wieder in der Lage zu sprechen.

“W...warum haben Sie mir das nicht schon eher sagen können?”, fragte sie bestürzt.

“Nun, wir waren uns nicht sicher. Und bitte, regen Sie sich nicht so auf, Hizuri-san. Immerhin sind beide gesund und munter...”

“Ja, aber es ist ZWEI! Hätten Sie mir nicht eher sagen können, dass ich Zwillinge bekomme?”

“Sehen Sie es doch einmal so: früher haben es die Mütter erst bei der Geburt erfahren. Sie haben aber noch ein paar Monate.”

“Sehr witzig, Doktor!”

“Wie dem auch sei. Sie bekommen zwei kleine Jungen. Das wird den Papa sicher freuen.”

“Wir werden sehen.”

“Er kommt morgen zurück, nicht wahr?”

Kaede nickte. “Ja, wird auch Zeit.”

“Er wird sich sicher freuen, Sie wiederzusehen. Sie und Ihren Bruder.”

Die Blondhaarige sah sie verwundert an und bekam ein entschuldigendes Lächeln auf ihre stumme Frage. “Ich kenne Takarada-san”, war die schlichte Antwort.

Als sie wieder auf dem Fußgängerweg vor dem Haus in der Innenstadt Tokios stand, fuhr sie sich über ihren gewölbten Bauch. Zwillinge! Wer hätte das gedacht? Ihr Vater würde durchdrehen und Yashiro sowieso. Plötzlich sah sie zwischen den ganzen Menschenmassen eine einzelne, blonde, hochgewachsene Person stehen, die mehrer Beutel mit sich trug, die offenbar mit Lebensmitteln gefüllt waren.

“Sushi?”, fragte Kuon und grinste breit.

Kaede grinste zurück. “Immer.”

Klatschtanten

Hallo, meine Lieben.

Ich bin mit diesem Kap hier überhaupt nicht zufrieden. Im Gegenteil, ich wollte es fast gar nicht on stellen, aber erstens habe ich keine Lust, es noch mal zu schreiben (zu faul) und zweitens will ich mit der Handlung vorankommen. Deshalb müsst ihr euch heute mit einem, meiner Meinung nach, drittklassigen Kapitel begnügen. Ich hoffe, ihr verkraftet das.

Dieses Kap war übrigens wieder nicht bei meinen Beta...

Aber nun zu den Danksagungen *räusper*:
 

Susilein: Ich finde Zwillinge auch toll. Bin ja selber einer (vom Sternezeichen XDDDD).
 

Patrice-Kyoko: Poet... Ich? *prust* Nee, ganz bestimmt nicht. Ich versuch einfach, euch mit dieser FF auch etwas vernünftiges mitzugeben und euch etwas zum Denken anzuregen. Poet... Das hat mir auch noch nie jemand gesagt...
 

DarkEye: ^^
 

Lioba: Ob ich Kim noch öfter vorkommen lasse, weiß ich nicht. *mir am Kopf kratz* Vielleicht... bin mir wirklich noch nicht sicher. Und vor dem Wiedersehen zwischen Kuon und Kyoko hab ich ja Angst. Denn ich weiß immer noch nicht, wie ich das realistisch hinkriegen soll. Tja, dann halt unrealistisch...
 

Serenade: Danke fürs Lob. ^^
 

little-sister: Ich hoffe, du freust dich immer noch. ^^
 

-_kisu_-: Ein Sonnenaufgang? ^.~ Tja... Was soll ich sonst noch sagen? Diesmal wirst du wohl wieder nichts interpretieren können. Außer wenn du meine sprachlichen Mittel auseinandernehmen willst. Ellipsen sind auf jeden Fall dabei. *grins*
 

Hokuto: Ich glaub, ich will gar nicht wissen, was du so alles in diesen harmlosen Satz reininterpretiert hast. Auch wenn es mich wirklich interessieren würde, mit wem er in deiner Fantasie seine Unschuld verloren hat...
 

Umnije: Ich glaube, das was du hoffst, hoffen alle. Das Problem ist nur, dass ich diese FF schreibe... ^.~ Ja, was soll ich sonst dazu sagen? ^^
 

Viel Vergnügen beim Lesen , Kommis könnt ihr beim Ausgang abgeben.

Baba,

Eure Ayako

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Klatschtanten
 

“Ach, Sie sind also Jeremys Tochter?”, fragte eine dieser reichen Frauen und musterte Kyoko abschätzig. “Sein Bastard, ja? Nun, Jeremy hatte schon immer eine Schwäche für Frauen aller Art, aber ich denke, er hätte sich dennoch in manchen Dingen auf seine Frau beschränken können.”

Kyoko errötete und sah beschämt zu Boden. Ihr behagten diese alten, eingebildeten, reichen Damen nicht, die sie von oben herab betrachteten und sich nur für den Skandal interessierten, der sich in diesem Haus abgespielt hatte. Wenn sie daran dachte, dass sie jetzt vielleicht öfters mit ihnen zu tun haben würde, wurde ihr schlecht. Darauf konnte sie dankend verzichten.

Die Dame redete inzwischen weiter.

“Ich hörte, Sie wären Schauspielerin? Ein sehr unsicherer Beruf. Und so jung wie Sie sind, haben Sie sicher noch nicht einmal einen Abschluß, oder? Hätten Sie doch lieber eine High School besucht und danach mit einem BWL Studium angefangen, so wie der liebe Kim. Er ist ja ein so kluger Junge. Unter seinem Regime wird das Unternehmen wieder aufblühen.”

“Ich wäre mir da nicht so sicher, Elena.”

Die beiden Frauen zuckten erschrocken zusammen und wandten sich Kim zu, der zu ihnen getreten war. Der junge Mann hatte sich in einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und blauer Krawatte gekleidet und sah mehr denn je wie ein Geschäftsmann aus.

“Kim, Sie haben mich erschreckt.”

Er lächelte und irgendwie erinnerte dieser Gesichtsausdruck und auch die Aura, die den Mann wie ein unheilverkündender Schatten umgab, Kyoko an Ren. Genaugenommen an sein Gentlemanlächeln. Sie schluckte. “Das tut mir wirklich sehr leid, Elena”, sagte ihr Bruder nun. “Aber ich dachte, ich mische mich ein. Ich hoffe, es stört nicht?”

“Nein, selbstverständlich nicht”, die ältere Dame unbehaglich. “Ah, da hinten ist ja Rebecca. Ich muss sich unbedingt begrüßen. Vielleicht sehen wir uns ja später noch mal.”

Damit wackelte sie davon.

“Tut mir leid, dass du dir so etwas anhören musstest”, wandte sich Kim an seine kleine Schwester. Jene lächelte verlegen und wedelte mit ihrer rechten Hand vor ihrem Oberkörper herum. “Ist schon in Ordnung. Ich habe schon mit so etwas gerechnet. Sind hier alle so?”

Er lachte. “Die meisten. Aber einige sind auch in Ordnung. Zum Beispiel die da drüben.” Er nickte zu einer Gruppe junger Leute hinüber, die in eine Diskussion vertieft waren. “Sie sind alle richtig gut drauf. Und dort hinten...”

So ging es etwa eine halbe Stunde lang und danach kannte Kyoko alle Namen (auch wenn sie sich bei weiten nicht merken konnte) und ein paar Klatschgesichten.

Während Kim seine Schwester eine Einführung in die höhere Gesellschaft Miamis gab, hatte sich Elena zu ein paar Leuten gesellt, die aus einem ganz bestimmten Grund hier waren: eine neue Klatschgeschichte aufzuschnappen und sie als aller erstes in ihren Zeitungen präsentieren zu können. Kurz gesagt: sie stand bei Journalisten.

“...ein Skandal”, sagte eine von ihnen gerade. “Jeremy hätte uns ruhig darauf vorbereiten können. Aber nein, er muss uns aus heiterem Himmel mit dieser Neuigkeit überraschen.”

Der Gastgeber hatte vor kurzem eine Rede gehalten, in der er Kyoko den Gästen vorgestellt hatte, ohne eine große Erklärung abzugeben. Seitdem war er immer von einer Menschentraube umgeben und wurde ausgefragt.

“Habt ihr dieses junge Ding gesehen, das an seiner Seite stand? [Anmerkung: Es ist Khira gemeint, die ihrem Onkel nicht von der Seite weicht.] Ich wette, das ist seine neue Affäre.”

“Red keinen Quatsch. Das ist George Christophers Tochter. Also Jeremys Nichte. Sie ist hier zu Besuch, um Miami kennenzulernen.”

“Arbeitet sie nicht in einem der Hotels? Ich hab sie neulich gesehen.”

“Ja, es soll angeblich eine Erziehungsmaßnahme sein.”

“Stimmt, sie soll unausstehlich sein.”

“Bei der Familie? Eine Schande.”

“Es kann ja nicht jeder wie Kim sein. Ich wette, George hat sie verwöhnt.”

“Ganz sicher. Männer kriechen ihren Töchtern oft hinterher.”

“Hey, das nehm ich jetzt aber persönlich.”

“Wo ist eigentlich seine Frau?”

“Wahrscheinlich hat sie ihn verlassen.”

“Meinst du?”

“Na, was würdest du denn tun, wenn du hören würdest, dass dein Mann eine Tochter hat und das schon seit zig Jahren?”

“Okay, gutes Argument. Aber warum hat er ihr das nicht erzählt?”

“Vielleicht wusste er selbst nicht davon.”

“Oder die Mutter ist eine Hure.”

“Das könnte auch sein.”

“Hatten die beiden nicht sowieso in letzter Zeit ziemlich viele Probleme?”

“Ja, ich habe gehört, sie haben sich gestritten.”

“Meint ihr, es war wegen ihr?”

“Nein, es hatte mit etwas anderem zu tun...”

“Drogen?”

“Meinst du, sie steigen jetzt auch auf so was um?”

“Man kann nie wissen. Diesen Leuten geht es doch nur ums Geschäft.”

“Dann wird der Bürgermeister sie aber nicht mehr unterstützen.”

“Nein, vermutlich nicht.”

“Ich hörte, seine Frau wäre auf einem Wellnesswochende mit einem neuen Mann gesichtet worden.”

“Ob sie ihn betrügt?”

“Wäre ja mehr als billig.”

“Vielleicht haben sie sich ja deswegen gestritten.”

“Wer ist seine Tochter eigentlich?”

“Eine Schauspielerin aus Japan. Soll sehr erfolgreich sein.”

“Sieht ja auch gut aus.”

“Stimmt, irgendwie süß. War aber ein Jahr lang nicht im Geschäft.”

“Warum nicht?”

“Ihr Freund ist angeblich gestorben.”

“Kennt man den?”

“Auch ein Schauspieler. Der Sohn von Kuu Hizuri.”

“Ach, Kuus Sohn?”

“Ja, laut den Medien...”

“Hey, Jeremy ist jetzt frei. Schnappen wir ihn uns.”
 

“Wo ist eigentlich deine kleine Schwester?”, fragte Kim.

“Oh, sie schaut sich mit Yashiro ein paar Animes an”, antwortete Kyoko.

“Ah.”

Die beiden verfielen in Schweigen und beobachteten die Gäste. Es gefiel dem jungen Mann überhaupt nicht, dass die Journalisten da hinten so aufgeregt tuschelten. Sie tauschten gerade wahrscheinlich wieder die unglaublichsten Spekulationen aus, weshalb seine Mutter nicht hier war und was das mit Kyoko zu bedeuten hatte und überhaupt. Morgen würden sicher wieder viele neue Gerüchte auf dem Markt sein. Na toll.

Er spähte zu seinem Vater hinüber, der gerade dabei war, die Gerüchteküche zu schüren. Na toll. Er konzentrierte sich auf die Lippen des älteren Mannes. Gut, dass er sich so lange mit Lippenlesen beschäftigt hatte, so war er wenigstens vorgewarnt.

“Ja, wir befanden uns damals gerade in einer Krise”, sagte Jeremy gerade. “Sybille wurde schwanger, aber zur selben Zeit mußte ich nach Japan. Mein Vater wollte, dass ich dort studierte und wirtschaftliche Beziehungen knüpfte. Und da lernte ich Kyokos Mutter kennen. Sie war auch Studentin, wissen Sie und es war Liebe auf dem ersten Blick. Aber ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, immerhin...”

Kim wandte sich wieder ab. So etwas hätte er sich schon denken können. Schön jegliche Schuld von sich schieben. Typisch Jeremy.

“Ist irgend etwas nicht in Ordnung?”, fragte Kyoko besorgt.

Er sah sich verdutzt an. “Was?”

“Du siehst irgendwie so grimmig aus.”

“Wirklich?”

“Ja.”
 

//Seltsam//, dachte Kyoko, als sie den Deckel ihres Koffers schloss. //Danach hat er nichts mehr gesagt. Ob wirklich alles in Ordnung ist?//

“Kyoko-chan! Es ist Zeit!”

“Ja, ich komme schon!”

Sie griff nach ihrem Koffer und verließ das Haus, in dem sie die letzten zwei Monate verbracht hatte. Es war Zeit, nach Hause zurückzukehren.

Sie schluckte. Was sie dort wohl erwarten würde?
 

“Sho! Warte mal!”

Der Sänger drehte sich um und fand sich vor Kaede wieder, die ihn anstrahlte. “Du wirst nicht glauben, was passiert ist.”

“Hast du dein Studium abgeschlossen?”, fragte er.

“Nein, ich hab noch ein paar Jahre.”

“Und was willst du mir dann sagen? Dass du schwanger bist?”

Sie sah ihn verärgert an. “Hey! Etwas mehr Ernst, wenn ich bitten darf.”

Die beiden standen in einem Park mitten in Tokio. Ein paar Passanten sahen neugierig zu ihnen hinüber, ansonsten waren sie ungestört.

“Ernst...”, wiederholte Sho.

Kaede runzelte die Stirn und beugte sich zu ihm vor. Plötzlich wich sie angeekelt zurück. “Hast du etwa schon wieder was getrunken?”

Er zuckte mit den Schultern. “Vielleicht. Was geht es dich an?”

“Das ist nicht gut für dich, Sho”, ermahnte sich ihn. “Zuviel Alkohol schadet deinem Körper.”

“Er wird es überleben.”

Sie sah ihn zweifelnd an, behielt aber jegliches Kommentar für sich. “Eigentlich wollte ich dir sagen, dass Kuon wieder da ist.”

Schuldig

Soooo, nachdem das letzte Kap eher bescheiden war, bin ich in diesem wieder zu meiner Höchstform zurückgekehrt. Und wie die aussieht, wisst ihr ja schon.

Wie dem auch sei, auf geht’s zu den Danksagungen:
 

Patrice-Kyoko: Du wirst ihn gleich leiden sehen. Und ich bin froh, dass dir die Diskussionsrunde gefallen hat.
 

Lioba: Wow. Du regst dich nicht über den Cliffi auf. Fast würde ich sagen, du bist krank. Aber nur fast. Und auf Kyoko müsst ihr noch ein Kap warten.
 

-_kisu_-: Diesmal sind wieder Ellipsen dabei. Und ich glaub, ich hab auch Anaphern eingebaut...
 

Hokuto: Ich glaub, nach diesem Kap ist die Sympathie wieder verschwunden... Und die Adjektive für die Klatschtanten gefallen mir. ^^
 

Umnije: Hm... Kuon und Kyoko: noch nicht. Sho und Kuon: Jap! ^^
 

Susilein: Kim ist komisch? Wieso? O.o
 

Serenade: Danke für die aufbauenden Worte. Das letzte Kap hat mir dennoch nicht gefallen. Ich habe übrigens beschlossen, meinen Spitznamen mal wieder alle Ehre zu machen. Wollte dich nur schon mal vorwarnen. ^.~ Und die Klatschtanten waren auch das einzige, von dem ich dachte, dass es mir gut gelungen ist. Deshalb bin ich froh, dass die allen gefallen haben. *erleichtert desu*
 

So, ich hoffe, ihr lasst mich nach diesem Kap wenigstens noch solange leben, dass ich das nächste Kap schreiben und on stellen kann.

Dennoch, viel Spaß da mit dem hier.

Baba,

Eure Ayako

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Schuldig
 

“Du Nichtsnutz!”

“Du kannst nichts.”

“Du bist das letzte.”

“Wie konntest du das tun?!”

“Du hast ihn umgebracht! Ich hasse dich!”

“Warum hast du das getan?”

“Du kannst nichts.”

“Ich wünschte, du wärst nie geboren!”

“Du bist schuld! Es ist alles deine Schuld.”

“Wie konntest du das nur tun?”

“Fahr zur Hölle.”

“Verschwinde.”

“Stirb.”

...

Egal, was ich tat, es war ein Fehler. Ich war und bin zu nichts zu gebrauchen. Meine Anwesenheit bringt nur Probleme mit sich. Meine Existenz ist ein Fluch. Ich hätte lieber nie geboren werden sollen. Es wäre besser, wenn ich einfach ausgelöscht werde. Denn ich bin an allem schuld. An allem.

...

“Du bist nicht schuld. Wie oft soll ich dir das noch sagen? Du kannst doch nichts dafür.”

...

Doch. Es ist meine Schuld. Alles ist meine Schuld. Die Tränen. Die Schreie. Das Blut. Der leblose Körper. Ich war es. Ich habe es getan. Es ist meine Schuld.

...

“Nein, du weißt, dass das nicht wahr ist. Du warst es nicht.”

...

Auch er ist wegen mir gestorben. Ich habe ihn treiben sehen, auf dem Wasser. Wieder alles meine schuld.

...

“Aber er lebt doch!”

...

Lüge. Hör auf, mich zu belügen. Hör auf, Mitleid vorzutäuschen. Hör auf, dich um mich zu sorgen. Bitte, ich flehe dich an. Lass mich endlich los. Lass mich endlich gehen! Ich will nach Hause! Also bitte, nimm deine Hand weg und lass mich fallen. Ich will fallen. Hinunter in die Dunkelheit. Und dort möchte ich bleiben. Denn dort gehöre ich hin.

...
 

Ein kleiner Junge sitzt alleine in einem dunklen Zimmer. Er hat die Beine angewinkelt und seine Arme um diese geschlungen. Er schaut traurig ins Leere. Seine Einsamkeit ist ihm anzusehen. Irgendwo in der Ferne sind streitende Stimmen zu hören, doch man kann nicht verstehen, was genau sie sagen.

Der Junge beginnt auf und ab zu wippen.

Etwas zerbricht.

Ein lauter Schrei.

Ein Weinen.

Er wippt auf und ab.

Schnelle Schritte.

Ein wildes Rufen.

Auf und ab.

Ein Schlag.

Wieder zersplittert etwas.

Immer weiter auf und ab. Nicht aufhören. Nur nicht aufhören.

Ein lautes Kreischen.

Eine Tür wird zugeworfen.

Auf und ab. Auf und ab. Ja nicht aufhören. Auf und ab.

Auf und ab...


 

Es gibt Kinder, die haben das Glück in einer heilen Welt aufzuwachsen. Deren einziges Problem das Erscheinen auf der nächsten Party oder das Erreichen einer vernünftigen Schulnote ist. Die von ihren Eltern unterstützt werden, die von ihnen all die Liebe bekommen, die sie brauchen. Die einzigen Tränen, die sie vergießen, sind auf Grund von Liebeskummer, Streitereinen mit Freunden oder weil sie hingefallen sind.

Diese Kinder wissen nicht, was Tränen eigentlich sind. Sie kennen nicht die Sehnsucht, die man empfindet, wenn man nicht mehr weinen kann. Wenn bereits alle verschwunden sind und nichts, als eine dumpfe Leere zurückbleibt. Sie kennen nicht die Stärke, die man dadurch erlangen kann. Diese schreckliche, einsame Stärke, die jeden Moment gebrochen werden kann. Mit nur einem Wort. Einen weiteren Schlag.

Weinen.

Er möchte weinen. Möchte seine Tränen fühlen. Tränen, die schon vor langer Zeit aufgebraucht wurden. Er möchte eine sanfte Umarmung spüren. Möchte wissen, dass er nicht allein ist, dass es da draußen jemanden gibt, der ihn festhält und niemals loslassen wird. Es gab so einen Menschen. Aber diesen Menschen hat er auf ewig verloren. Genauso wie seine einzige Freundin. Die hat er auch verloren. Und wieder ist es seine schuld. Sie wird ihm nie verzeihen können. Er wird nie gutmachen können, was er tat.

Oder etwa doch?
 

“Eigentlich wollte ich dir sagen, dass Kuon wieder da ist.”

Sho konnte den Sinn dieser Worte nicht begreifen. Obwohl Kaede sie laut und deutlich ausgesprochen hatte und auch, wenn der Satz wirklich nicht gerade der komplizierteste auf der Welt war, konnte er ihn nicht verstehen. Kuon sollte wieder da sein? Einfach so? Wo er doch vor seinen Augen gestorben war? Hätte er sich nicht ankündigen können, bevor er plötzlich wieder am Leben ist? Oder machte sich Kaede über ihn lustig und wollte ihn noch tiefer in seine Verzweiflung stürzen?

“Was?”

“Kuon”, wiederholte sie und strahlte ihn an, “er lebt. Du bist nicht für seinen Tod verantwortlich. Denn er ist ja noch da.”

“Das ist jetzt nicht dein Ernst.”

“Doch. Glaub mir. Er ist wieder da.”

Er wollte es ihr glauben. Er wollte glauben, dass er endlich mal was richtig gemacht hatte. Das endlich eine Sünde aus seinem Leben verschwand. Aber er konnte es nicht. Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Viel zu schön. Und das hatte er nicht verdient. Nicht im geringsten.

“Aber... Er ist doch gestorben. Vor meinen Augen.”

“Nein, ist er nicht. Er wurde von einem Frachtschiff gerettet und bis nach Miami gefahren. Dort hat er Mr. Teen getroffen, der ihm gesagt hat, wie es nach Hause geht. Er hat nämlich seine Erinnerungen verloren.”

“Und das soll ich dir einfach so glauben?”

“Ich kann ihn dir zeigen, wenn du willst. Dann kannst du dich mit deinen eigenen Augen überzeugen.”

//Und was, wenn ich mich nicht überzeugen will?//

“Lass mich in Ruhe, Kaede. Ich hab noch zu tun...”

“Was denn? Willst du wieder in eine Bar und dich vollaufen lassen?”

Er funkelte sie zornig an. “Nein, ganz bestimmt nicht.”

“Was willst du dann tun?”

“Arbeiten.”

“Arbeiten? Als was denn? Sho Fuwa? Der erfolglose Sänger?”

“Ja.”

“Das glaubst du doch selber nicht.”

“Natürlich tu ich das!”

“Ach ja?”

“Ja!”

Wann hast du denn das letzte Mal einen richtig guten Hit geschrieben? Geschweige denn gesungen? Du bist am Ende, Shotaro. Gib es endlich auf.”

“Ich gebe nicht auf!”

“Ach nein? Und weshalb stehst du dann vor mir? Betrunken und mit einer Fahne, die bis zum anderen Ende des Parks reicht? Warum bist du dann nicht in der Agentur und zeigst mir, dass du noch nicht aufgegeben hast? Warum stehst du nicht vor deinem Mikrophon? So wie früher! Die Musik ist doch dein Leben! Willst du sie wirklich aufgeben wegen einer Tat, für die du nichts kannst?”

“Halt den Mund.”

“Du bist wirklich ein Feigling. Anstatt dass du dich deinen Problemen stellst, läufst du vor ihnen davon.”

“Halt den Mund, habe ich gesagt!”

“Warum? Weil du nicht hören willst, was du im Grunde selbst weißt?”

In diesem Moment tat der Sänger etwas, das er bis an sein Lebensende bereuen würde. Noch mehr, als alles andere, was er jemals zuvor getan hatte. Denn die Folgen waren einfach zu katastrophal.

Er schlug Kaede. Ganz fest, so daß es auch weh tat. Er wollte sie verletzten. Oh ja. Aber er wollte nicht, was geschah. Sie standen auf einer Anhöhe. Der Schlag brachte Kaede sosehr aus dem Gleichgewicht, dass sie zu schwanken begann und hinunterfiel. Dabei überschlug sie sich mehrmals und blieb schließlich reglos am Boden liegen.

Ein paar der Passanten schrieen erschrocken auf und eilten zu ihr. Jemand rief einen Krankenwagen. Menschen sahen zu ihm herauf, wollten wissen, wie das passieren konnte.

Er starrte einfach nur auf ihren Körper. Auf ihren reglosen Körper. Und das Blut.

Was hatte er getan? Was hatte er nur wieder getan?
 

Kuon ging besorgt auf dem Gang des Krankenhauses auf und ab und betete, dass endlich ein Arzt kommen möge und ihn von dieser schrecklichen Ungewissheit befreite. Sho Fuwa, der beim Zeitpunkt des Unfalles dabei gewesen war, saß zusammengesunken auf einem Stuhl und murmelte zusammenhanglose Worte vor sich hin. Er stand offensichtlich unter Schock. Plötzlich wurden Schritte laut und die beiden Männer drehten sich um. Kuu Hizuri und ein blondhaariger Mann, der offensichtlich Yukihiro Yashiro sein musste, kamen auf sie zugerannt und blieben laut nach Luft schnappend vor ihnen stehen.

“Wie... geht es ihr?”, fragte der Jüngere von beiden sofort.

Kuon schüttelte den Kopf, um zu verstehen zu geben, dass er es nicht wusste und der Verlobte seiner Schwester ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken.

“Dabei hatte ich mich so auf meine Rückkehr gefreut”, seufzte er. “Und nun das.”

“Wie ist es überhaupt passiert?”, fragte Kuu und blickte in die Runde.

“Das würde ich auch gerne wissen”, entgegnete Kuon und sah den Sänger herausfordernd an. Doch dieser bemerkte es nicht einmal, sondern starrte mit leeren Blick zu Boden.

Yashiro sprang plötzlich auf und packte ihn am Kragen.

“Was hast du jetzt schon wieder angestellt?”, rief er wütend. “Los, raus mit der Sprache!”

“Yashiro-san, so beruhigen Sie sich...”

“Ich habe sie geschlagen.”

Stille kehrte ein und alle starrten den Sänger verdutzt an.

“Was?”

“Ich habe sie geschlagen. Ich wollte es nicht, aber dann lag sie plötzlich am Boden. Einfach so. Dabei wollte ich ihr doch nie wieder weh tun.” Er starrte seine Hände an. “Ich bin so ein Mistkerl.”

“Das stimmt!”, rief Yashiro, sobald er sich wieder gefasst hatte. “Ich schwöre, dir, wenn ihr oder dem Baby irgendwas passiert ist, dann kannst du dein Testament schreiben!”

“Ich habe sie geschlagen”, wiederholte Sho, anstatt zu antworten. “Ich bin schuld. An allem.”

Der Manager blinzelte überrascht. Was war denn mit dem Sänger passiert? So kannte er ihn ja gar nicht.

Kuon und Kuu waren genauso erstaunt wie Yashiro. Natürlich waren sie auch wütend, aber diese Gemütsverfassung von dem jungen Mann war seltsam und unnatürlich. Er sah aus, wie ein gebrochener Mann. Doch bevor sie sich weiter Gedanken machen konnten, öffnete sich die Tür des Operationssaales und der zuständige Arzt kam heraus. Er sah ziemlich blass aus und hatte den Gesichtsausdruck aufgesetzt, der nur schlechte Nachrichten bedeuten konnte.

Alle Anwesenden schluckten und starrten ihn an.

“Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist, dass die Mutter überlebt hat und wahrscheinlich auch bald wieder auf die Beine kommen wird.”

“Und das Baby?”, fragte Yashiro besorgt.

“Wir haben getan, was wir konnten”, begann er und der Vater sah so aus, als würde er gleich ohnmächtig werden. “Aber Hizuri-san ist erst im sechsten Monat. Durch den Sturz sind innere Blutungen entstanden und uns blieb nichts anderes übrig, als die Kinder mit Hilfe des Kaiserschnittes herauszuholen. Ich denke, ich muss hier nicht erwähnen, dass Frühgeburten immer ein hohes Risiko darstellen. Ein Junge hat überlebt. Wir bringen ihn sofort in die Notaufnahme und werden alles tun, was in unserer Macht steht, um sein Überleben zu sichern. Doch für den anderen Jungen kommt leider jede Hilfe zu spät.” Er sah traurig in die Runde. “Mein Beileid.”

“Moment”, sagte Kuon, bevor auch nur irgend jemand anderes reagieren konnte. “Kaede hat Zwillinge erwartet?”

“Ja.”

“Das hat sie überhaupt nicht erzählt.”

“Vielleicht wollte sie uns ja überraschen”, meinte Kuu.

Yashiro war das alles egal. Er sah den Arzt an. “Wann kann ich zu ihr?”

“Wir werden sie bald auf ein Zimmer bringen. Bis dahin bitte ich Sie, noch etwas zu warten. Das Baby werden wir auch in dasselbe Zimmer legen und eine Schwester wird immer in der Nähe sein, für den Fall des Falles. Allerdings kann ich für nichts garantieren. Das Kind lebt zwar noch, aber das kann sich sehr schnell ändern.”

Yashiro nickte mechanisch und ließ sich wieder auf den Stuhl sinken. Der Arzt nickte ihnen noch einmal zu und verschwand wieder.

Es würde eine lange Nacht werden. Eine sehr lange Nacht.

Wiedersehen im Krankenhaus

*eure Kommis noch mal durchles*

Wow. Das waren aber mal Reaktionen. Ich glaube, ich hab schon lange nicht mehr von ALLEN so lange Kommis bekommen. Gut, es sind jetzt keine Monsterkommentare gewesen, aber trotzdem. *beeindruckt desu*

Allerdings teile ich die allgemeine Meinung über Sho nicht. Er ist nicht dieser Idiot, den ihr alle in ihm seht. Ich würde ihn sogar die Rolle des Opfers zuschreiben, aber da ich kaum glaube, dass ihr diese Meinung teilen werdet und ich mit der Erklärung dazu ein ganzes Kap füllen könnte, werde ich es an dieser Stelle sein lassen und ein andermal wieder drauf zurückkommen. Wenn allerdings jemand von euch, meine persönliche Interpretation von Sho haben will, kann ich sie derjenigen gerne per ENS schicken. Ihr müsst einfach Bescheid sagen. ^^
 

Susilein: Ich hab dir meine Meinung ja schon ausführlich genug geschildert. ^^
 

Umnije, little-sister und Patrice-Kyoko: Wie gesagt, ich teile eure Meinung über Sho nicht. Auch wenn ich zugeben muss, dass eure Argumente berechtigt sind. Und ich bin froh, dass ihr so denkt. Denn verschiedene Meinungen sind ja erlaubt und erwünscht. ^^
 

Hokuto: Kaede meinte es genauso. Sie wollte ihn wieder aufbauen. Leider ist der Versuch nach hinten losgegangen. *drop*
 

Serenade: Ob du es glaubst oder nicht, das Kap hat mir keinen Spaß gemacht. Im Gegenteil, ich fand es selbst äußerst deprimierend. Warum ich es trotzdem geschrieben hab? Weil dieser "Unfall" notwendig war, um den Handlungsverlauf so zu beeinflussen, damit es zu dem Ende kommt, dass ich erreichen will. Aber diesmal hat es mir wirklich nicht Spaß gemacht euch und die Charas zu quälen... wirklich.
 

-_kisu_-: Tja... was soll ich da noch groß zu sagen? Du hast es erfasst. Herzlichen Glückwunsch. *dir einen Orden schenk* Auch wenn mir dein Wunsch, einen Cliffi vorgesetzt zu bekommen, Sorgen macht... ^^"
 

Den Songtext hab ich mir übrigens von James Blunt ausgeliehen. Es ist ein kurzes Ausschnitt aus seinem neuen Hit I really want you. Ein wirklich schönes Lied. Hört es euch doch mal an. ^^

Nun denn, was soll ich sonst noch sagen? Viel Spaß mit dem Kap hier.

Bis bald,

Eure Ayako
 

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Wiedersehen im Krankenhaus
 

Are there silver shores on paradise?

(Sind dort silberne Ufer im Paradies?)

Can I come in from the cold?

(Kann ich hineinkommen von der Kälte?)

I killed a man in a far away land,

(Ich tötete einen Mann in einem weit entfernten Land)

my enemy I’m told

(Meinen Feind, wurde mir gesagt)
 

I really want you to really want me

(Ich möchte wirklich, dass du mich wirklich willst)

But I really don’t know

(Aber ich weiß wirklich nicht)

If you can do that.

(Ob du das wirklich tun kannst.)

I know you want to know what’s right

(Ich weiß, du willst wissen, was richtig ist)

But I know it’s so hard

(Aber ich weiß, es ist so schwer)

For you to do that.

(Für dich, das zu tun.)

Time’s running out as often it does

(Die Zeit vergeht wie sie es oft tut)

And often dictates

(Und dir oft vorschreibt)

That you can’t do that.

(Dass du das nicht kannst.)

Fate can’t break this feeling inside,

(Schicksal kann nicht das Gefühl in mir brechen)

That’s burning up through my veins.

(Das durch meine Adern lodert)


 

Sie erinnerte sich später oft an das Lied. Es war das erste, was sie hörte, als sie aufwachte. Die Krankenschwester ließ es in ihrem Radio draußen auf dem Gang laufen, damit die Arbeit nicht ganz so trostlos war. Sie vergaß niemals die Stimme des Sängers. Niemals den Augenblick, als sie ihren Sohn neben sich in einem Glaskasten liegen sah und das Gefühl, als sie realisierte, dass er allein war.

"Ihr anderer Sohn ist gestorben", war der schlichte Kommentar der Schwester, als sie sie darauf ansprach.

Gestorben. Nachdem sie ihn solange in sich getragen hatte. Einfach fort. Ungerecht.

Kurz nachdem die Schwester gegangen war, kam ihr Verlobter herein. Sie mussten nicht reden um zu wissen, was in dem jeweils anderem vorging. Also nahmen sie sich einfach bei der Hand und schwiegen. Selbst als ihr Bruder hereinkam, schwiegen sie noch. Bis sie schließlich die Frage stellte:

"Wie ist es passiert?"

Sie hatte es vergessen. "Der Schock muss einen kurzzeitigen Gedächtnisverlust verursacht haben", meinten die Ärzte.

Also erzählten die beiden ihr, was sie wussten und es brach ihr das Herz.
 

"O-nee-chan? Was sind das hier für Leute?"

"Das sind Ärzte und Krankenschwestern, Saya."

"Und was tun die?"

"Sie kümmern sich um Menschen, denen es nicht gut geht."

"Oh. Und warum geht es den Menschen nicht gut?"

Kyoko sah ihre kleine Schwester halb belustigt an. "Du stellst vielleicht Fragen."

"Ich finde, es sind wirklich gute Fragen."

Kyokos Augen weiteten sich und sie drehte sich um. Vor ihr stand ein blondhaariger Mann, der sie anstrahlte.

"Shin!", rief sie und fiel ihm in die Arme. "Arbeitest du ab jetzt hier?"

"Nein, aber ich wollte ein paar Untersuchungsergebnisse abholen." Er löste sich von ihr und kniete sich vor Saya hin. "Und? Was machst du hier, meine Kleine?"

"Wir gehen Kaede-chan und das Baby besuchen", strahlte sie.

"Oh, da tut ihr was feines", entgegnete Shin. "Sie wird sich sicher freuen."

"Warst du schon bei ihr?"

"Ja, vorhin. Es geht ihr soweit gut, auch wenn der Schock ihr anzumerken ist."

"Es war ja auch schrecklich. Was ist eigentlich passiert?"

"Soweit ich weiß, hat sie sich mit Sho Fuwa unterhalten und der hat sie aus einen mir unbekannten Grund geschlagen. Dabei hat sie laut Zeugenaussagen das Gleichgewicht verloren und ist der Hügel runtergefallen, auf dem sie standen. Ein Sturz ist sowieso immer bedenklich, besonders bei einer Schwangerschaft."

"Dieser Arsch", fauchte Kyoko und sah die Kleine sofort entschuldigend an. Diese kicherte nur.

Shin schüttelte den Kopf. "Ich bin mir nicht sicher, ob er wusste, was er tat. Er macht mir sowieso schon länger Sorgen.”

“Wie meinst du das?”

“Nun, Sho benimmt sich schon länger so seltsam. Ich frage mich, ob er vielleicht eine psychische Erkrankung hat.”

“Denkst du?”

“Ich vermute es.”

“Oh...”

Die beiden schwiegen eine Zeit lang.

“Na ja, ich muss dann auch schon wieder. Es war schön, dich getroffen zu haben, Kyoko-chan.” Damit drehte er sich um und verschwand zwischen den Leuten.

“Nun denn, komm Saya. Wir müssen Kaede finden.”

Sie nahm die Kleine bei der Hand und gemeinsam kämpften sie sich zu dem Empfangstresen durch. Dahinter stand eine schlecht gelaunte Schwester, die den Eindruck machte, nur noch auf ihren Ablösung zu warten, anstatt zu arbeiten. Sie hatte kurzes, abstehendes, knallrotes Haar, das ein mürrisches, schmales Gesicht umgab. Da die Frau allerdings Japanerin zu sein schien, zumindest bezeugten das Hautfarbe, Augen und ihr perfektes Japanisch, vermutete Kyoko, dass die Haare gefärbt waren. Sie trug eines dieser weißen Schwesteroutfits, wie man sie aus Arztserien kannte, die inzwischen immer populärer wurden, Kyoko allerdings nicht interessierten. An ihrer linken Brust war ein kleines Namenschildchen hängen, wo in schwarzen, langweiligen Ziffern der Name “Nora Tsubaki” stand.

“Guten Tag, was kann ich für Sie tun?”, fragte Tsubaki-san gelangweilt.

“Ähm, wir würden gerne Kaede Hizuri-san besuchen, wenn es möglich wäre”, entgegnete Kyoko höflich.

Die Frau ließ ihren Blick über das sie und ihre Schwester schweifen und hob eine Augenbraue. “Hizuri-san, sagten Sie? Nun, leider bin ich nicht befugt, Ihnen einfach so zu sagen, wo sie sich befindet. Ja, ihre Familie hat mir sogar ausdrücklichst verboten, einfach so Leute zu ihr zu lassen.”

“Hören Sie, Tsubaki-san. Ich bin eine sehr gute Freundin der Familie.”

“Das sagen sie alle”, teilte die Schwester ihr mit. “Wenn Sie jetzt bitte gehen würden...”

“Ich bin Kyoko Mogami! Hizuri-san hat sicher nicht gesagt, dass ich nicht hineindarf.”

“Er sagte aber auch nicht, dass...”

“Gibt es hier ein Problem?”

Die beiden Frauen wandten sich überrascht um und Saya kreischte begeistert auf. “Guck mal, O-nee-chan! Das ist der Fotomann!”

Kyoko schluckte und starrte Kuon an. Er war es wirklich, stand nur ein paar Meter von ihr entfernt und sah neugierig zwischen den dreien her. Gut, er hatte jetzt blonde Haare, aber er war es. Da gab es keinen Zweifel. Es waren dieselben brauen Augen, die jetzt ihren Blick streiften. Dasselbe angedeutete Lächeln, das er immer aufgesetzt hatte, wenn er Ärger roch. Am liebsten hätte sie sich sofort in seine Arme geworfen, aber sie hielt sich zurück. Kuon erinnerte sich nicht an sie. Das hatte Yashiro ihr erklärt. Er hatte sein Gedächtnis verloren. Also hätte es ihn wahrscheinlich abgeschreckt, wenn sie ihn plötzlich umarmt hätte.

Kuon derweile betrachtete die junge Frau neugierig. Er hatte das Gefühl, ihr schon einmal begegnet zu sein und als er das Kind neben ihr sah, erinnerte er sich wieder. "Ah, Sie waren doch in Miami, nicht wahr?"

Kyoko sah ihn verdutzt an, doch er hatte sich bereits hingekniet, um mit Saya auf gleicher Höhe zu sein. "Na? Bist du diesmal nicht verloren gegangen?"

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

"Da bin ich aber froh. Nicht, dass sich deine O-nee-chan wieder Sorgen macht."

Er erhob sich wieder und streckte Kyoko die Hand hin. "Kuon Hizuri", sagte er. "Sie sagten, Sie kennen meine Schwester?"

Kyoko nickte mit trockenem Mund und ergriff seine Hand. Sie war warm und am liebsten hätte sie sie nie wieder losgelassen. Doch er entriss ihr seine Hand sofort wieder und bedeutete ihnen, mit ihm zu kommen.

Tsubaki-san sah ihnen empört hinterher, sagte jedoch nichts.

"Wie war noch gleich Ihr Name?", fragte er, als sie durch die Gänge der Klinik liefen.

"Kyoko", antwortete sie ruhig. "Kyoko Mogami. Und das ist meine Schwester Saya."

Kuon blinzelte.

Kyoko Mogami. Der Name sagte ihm was. Hatte Kaede ihn nicht einmal erwähnt?

“Du warst Schauspieler”, erklärte seine Schwester überflüssigerweise. “Und mit dieser jungen Frau da”, fügte sie bei dem Bild einer unheimlich wirkenden Schwarzhaarigen hinzu, “warst du zusammen. Bis zuletzt.”

In diesem Moment begann die Folge und die Schwarzhaarige begann mit der offensichtlichen Hauptdarstellerin zu sprechen. Kuon bekam bei ihrem Anblick eine Gänsehaut. “Mit ihr war ich zusammen?”, fragte er nach.

Kaede kicherte. “Stimmt, als Mio ist Kyoko-chan ziemlich abschreckend, aber eigentlich ist sie der netteste Mensch auf Erden. Glaub mir. Auch wenn ihr beide euch oft gestritten habt. Aber das haben wir auch oft.”

Er musterte Kyoko. Ja, es musste diese Schauspielerin von Mio sein. Sie sah genauso aus und auch einige Gestiken und Mimiken waren sich ähnlich. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass Kyoko nicht ganz so angsteinflößend war.

"Waren wir zusammen?"

Die Worte waren draußen, bevor er sie stoppen konnte und ihr Gesicht verfärbte sich zusehends, bevor sie zaghaft nickte.

Er schluckte. "Tut mir leid."

"Was tut dir leid?"

"Dass ich dir weh getan habe."

"Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen!", widersprach sie heftig. "Du kannst doch nichts dafür, dass du ins Meer gestürzt bist. Das hätte jedem passieren können!"

"Und dass ich mich nicht mehr an dich erinnere", fügte er hinzu.

"Das ist auch nicht deine Schuld."

Er hörte den Schmerz in ihrer Stimme. Offenbar hatte sie gehofft, dass er sie doch nicht vergessen hatte. Aber leider hatte er es. Dennoch spürte er eine gewisse Verbundenheit zu ihr. Sie war ihm bereits in Miami sympathisch gewesen, obwohl er sie dort nur von weiten gesehen hatte. Vielleicht konnte er sich ja neu in sie verlieben...?

Sie kamen vor dem Zimmer an, in dem Kaede lag. Die Tür war offen und sie konnten hineinsehen.

Kuons Schwester saß auf dem Bett und hatte ihren Sohn in den Armen, den sie liebevoll ansah. Neben ihr saß Yashiro, der einen Arm um ihre Schulter geschlungen hatte und mit der Hand des anderen Armes die Wange des Babys streichelte.

Kuon und Kyoko blieben bei diesem Anblick stehen und beobachteten die beiden schweigend. Das Bild war einfach zu intim. Da konnten sie jetzt nicht einfach stören.

Schließlich blickte Kaede auf und entdeckte sie. Die Andeutung eines Lächelns schlich sich auf ihre Lippen. "Na? Wie geht's?"

Yashiro wandte sich auch um und strahlte.

"Kuon! Ich habe dich ja noch gar nicht richtig begrüßt!" Er stand auf und umarmte ihn. "Es ist ja so wunderbar, dich endlich wiederzusehen."

"Ich freu mich auch. Obwohl ich mich nicht an dich erinnere."

"Das nehm ich jetzt aber persönlich", entgegnete er blinzelnd. "Und Kyoko-chan, schön dass du gekommen bist."

"Ach, da ist doch nichts groß dabei", murmelte sie.

"Saya!", rief der Manager, anstatt auf die große Schwester einzugehen und kniete sich hin. "Na? Was machst du denn hier?"

"Kaede-chan und das Baby besuchen!", kreischte sie fröhlich.

"Da wird sich das Baby aber freuen", entgegnete er und nahm sie kurzerhand auf den Arm. "Komm, gehen wir zu ihm."

Er trug sie zu Kaedes Bett und das Mädchen betrachtete staunend den kleinen Jungen.

Kyoko folgten den beiden leise und betrachtete die junge Mutter. Ihr Kopf war mit einem Verband verbunden und sie sah sehr müde aus. Man konnte auch die Spur der erneuten Trauer aus ihrem Gesicht herauslesen, doch die Freude über den Jungen in ihren Armen und die Menschen, die bei ihr waren, überragte.

Kyoko fragte sich, ob sie weinen würde, wenn es dunkel werden würde und niemand mehr da wäre.

"Hallo, Kyoko-chan", sagte sie. Ihre Stimme war heiser.

"Hi, Kaede-chan." Sie sah den Jungen an. “Wie heißt er denn?”

“Ben”, antwortete sie lächelnd. “Nach einem alten Freund.”

“Ja, aber das nächste Kind bekommt einen japanischen Namen”, versicherte ihnen Yashiro und alle lachten.

Der Schrei nach Hilfe

*euch anstrahl*

Ihr habt es geschafft!!!! *Luftschlangen rumfliegen lass* Ihr habt die magische Barriere von 200 Kommentaren geknackt. Als Belohnung gibt es wieder mal ein neues Bildchen bei den Charakteren und für jeden einen Eisbecher seiner Wahl. Lasst ihn euch schmecken, ihr habt ihn euch verdient. ^^

Aber jetzt erst mal die Beantwortung der letzten Kommis... es war ja schon irgendwie interessant. Die einen fanden das Wiedersehen zu nüchtern und die anderen realistisch... tja... was soll ich dazu jetzt sagen? Ich persönlich finde es ja genau richtig, aber ich kann eure Meinungen nachvollziehen. Andererseits... Leute, habt ihr etwa gedacht, sie werden sich freudestrahlend in die Arme fallen und sich ihre ewige Liebe schwören? DAS wäre dann aber allerdings unrealistisch. Aber was die Kritik mit den wenigen Gefühlen angeht, gebe ich euch recht. Die waren wirklich etwas rar gehalten. Aber das ändert sich. Versprochen. ^.~
 

Susilein: Was soll ich da noch groß sagen? Es war schon Sho, der sie geschlagen hat. Aber er hat es nicht gewollt... es ist... kompliziert. Frag mich am besten noch mal.
 

Patrice-Kyoko: Ich selbst bewundere Kaede auch sehr und langsam kommt mir ihr Verhalten unrealistisch vor. Denn irgendwie glaub ich, dass eine Mutter eher um das eine Kind trauern würde, als sich über das andere zu freuen... aber damit kenn ich mich leider nicht so aus. Sollte ich dringend mal recherchieren.
 

Lioba: Ich warne dich schon mal vor: Cliffi. Und zwar einer der gemeinsten seit langem.
 

Umnije: Tja, was als nächstes passiert, wirst du gleich lesen können. ^.~ Ich denke auch, dass es für Kyoko schwer ist, vor Kuon zu stehen, aber ich hab es leider nicht so ausführlich beschrieben, wie es einige (und auch ich selbst) wollten. Muss ich dringend irgendwann mal nachholen.
 

Serenade: Wenn du die Todesankündigung aus einem der letzten Kaps meinst, da war das Baby gemeint. Was soll ich sonst groß sagen? Ach ja. Ich werde in diesem Kap meinem Spitznamen noch einmal gerecht. ^^ Aber es wird eine der letzten Male in dieser FF sein. Versprochen.
 

Hokuto: Sho kommt in diesem Kap genügend vor und Rory... kommt auch bald wieder. ^^ Bist du jetzt zufrieden?
 

-_kisu_-: Was meinst du mit "ayako is back"? Ich bin doch nie fort gewesen. XDDD Und dieses Kaptitel ist voll mit Sho. Also wirst du ganz auf deine Kosten kommen. Und ein Cliffi ist auch wieder dabei. Tja, wenn du das Kap nicht liebst (auf Grund der Spannung) dann weiß ich auch nicht, was ich machen soll. ^.~
 

little-sister: Ja, Ben wurde so benannt nach Benjamin Swan, Kaedes erster großer Liebe und besten Freund. Hach, da werden Erinnerungen an PotP wach. *seufz*
 

DarkEye: Danke für das Lob. *verbeug*
 

So, viel Vergnügen beim Lesen und stellt euch lieber schon mal ein paar Taschentücher hin. Und alles Zerbrechliche außer Reichweite! Damit ihr zum Schluss nicht sagen könnt, ich hätte euch nicht gewarnt.

Baba,

Eure Ayako

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Der Schrei nach Hilfe
 

Stanley Teen lief durch die Straßen eines Stadtteiles Miamis. Er hätte auch mit dem Auto fahren können, doch sein Bein erlaubte es ihm nicht mehr und beim Laufen könnte er sich wenigstens ab und zu hinsetzten. In seiner linken Hand hatte er einen Zettel mit der Adresse, die er suchte, mit der rechten stütze er sich auf seinen Stock, den er zum Laufen brauchte. Auf seinem Weg, den er nur langsam voranschritt, kam er an mehreren Drogendealern und Banden vorbei, die ihn alle argwöhnisch musterten, jedoch in Ruhe ließen. Er war in ihren Augen nur ein alter Mann, der wahrscheinlich irgendwo in der Gegend wohnte. Es war eine heruntergekommene Gegend, die sich an den Hafen anschloss. Touristen würden sich niemals hierher verirren und die Bewohner der besseren Gebiete auch nicht. Er hatte sich extra ältere Kleidung angezogen, damit die Bewohner keinen Verdacht schöpften. Es wäre unpraktisch gewesen. Und unpraktisch hieß in dieser Gegend tödlich.

Schließlich war er angekommen, wo er hinwollte. Mr. Teen musterte das Haus neugierig. Es war ein älteres, vierstöckiges Gebäude, voller runtergekommener Wohnungen. Er erhaschte nur vereinzelt einen Blick auf ein wohnliches Inneres. Hier sollte sie also wohnen?

Er ging auf die Tür zu und studierte die Namen an der Klingel. Als er ihren fand, drückte er den Knopf.

Nach ein paar Minuten hörte er eine wohl bekannte Stimme aus der Lautsprechanlage. "Ja?"

"Ich bin's", sagte er.

Für einen Moment schwieg sie, dann hörte er das Geräusch des Türöffners. Er betrat das Haus und machte sich daran, die Treppe zu erklimmen. Sie wohnte im obersten Stock und wartete bereits, lässig an die Tür gelehnt und mit verschränkten Armen, auf ihn. Ihr Gesicht zeigte eine ausdruckslose Miene, doch er wusste, dass sie wütend war. Sie wollte nicht, dass er herkam. Aber er musste herkommen. Er musste ihr etwas sagen und das konnte er nur, wenn er vor ihr stand.

Sie drehte sich um und ging in ihre Wohnung, ließ die Tür allerdings offen. Er folgte ihr und schloss sie hinter sich.

"Was machst du hier?", fragte sie, nachdem er sich auf ihren Sofa niedergelassen hatte. Sie wohnte in einer ein Raum Wohnung. Sie hatte sie hell und freundlich eingerichtet. Das Wohnzimmer, ihr Schlafzimmer und die Küche bildeten einen Raum. An einem Ende war eine Tür, die offenbar zu einem Badezimmer führte. Eine große Glastür führte auf einen kleinen Balkon und sorgte am Tag für genügend Licht. Überall standen Pflanzen und andere dekorative Sachen. Doch besonders fiel ihm der Fernseher auf, mit DVD-Player und Videorekorder. Sie war nicht arm. Das konnte sie nicht sein. Dennoch lebte sie in einer solchen Gegend. Er fragte sich, warum.

"Ich bin hier, weil ich dir etwas mitteilen möchte."

"Und das wäre?"

Er sah sie an. Sie sah älter aus denn je. Ihr einst so volles Haar, war zerzaust und ungepflegt. Erste graue Haare mischten sich unter die blonden Locken. Ihre Augen hatte auch die frührer Kraft verloren. Sie schienen dumpf und leer. Stanley wollte wissen, was mit ihr in den letzten Jahren geschehen war, doch er wagte es nicht zu fragen.

"Es geht um deine Tochter."

"Was ist mit ihr?"

"Sie hat einen Sohn bekommen."

Die Frau hob eine Augenbraue, sagte jedoch nichts.

"Kaede hatte Zwillinge erwartet, Julie", eröffnete Mr. Teen ihr ungerührt. "Und einer von beiden ist gestorben, der andere war eine Frühgeburt und sein Zustand ist auch noch kritisch. Meinst du nicht, sie braucht in diesem Moment eine Mutter?"

Julie Hizuri schnaubte. "Sie ist die letzten sechzehn Jahre ohne mich ausgekommen, dann wird sie es jetzt auch schaffen."

"Du bist grausam geworden."

"Das Leben hat mich grausam gemacht." Sie ging zur Balkontür und spähte hinaus. "Kaede hat ihren Bruder, ihren Vater und ihre Freunde. Sie ist nicht allein. Und wenn ich jetzt auftauchen würde, würde es sie unnötig aufregen." Julie lachte leise. "Außerdem würde Kuu durchdrehen, wenn er mich vor sich stehen sehen würde. Und das würde keinem weiter helfen."

"Kuu liebt dich immer noch, Julie."

"Vielleicht tut er es wirklich. Aber ich habe nicht vor, nach Japan zurückzukehren." Sie drehte sich zu ihm um. "Mir gefällt die Rolle der Toten."

"Du wirst bis zu deinem Lebensende allein sein und deinen Enkel nie kennen lernen. Genauso wenig wie die Ehepartner deiner Kinder. Ist es wirklich das, was du willst? Willst du das alles verpassen?"

"Aber ich habe doch schon alles verpasst, was es zu verpassen gibt."

Die beiden sahen sich an. Irgendwo schlug jemand eine Tür zu und ein Baby weinte. Eine Gang lief am Haus vorbei und warf ein paar Mülltonnen um. Sie lachten. Unten im Haus schaltete jemand ein Radio ein...

Geräusche, wie man sie in jeder Stadt finden kann. Genauso wie das Schluchzen einer Frau, die keinen Ausweg mehr sieht.
 

Es ist schwer ein Kind zu verlieren. Ein Wesen, dass Monatelang mit dem Körper der Mutter eins gewesen ist und den Samen des Vaters in sich trägt. Den Schmerz, den die Eltern danach empfinden, ist nicht zu begreifen, außer man hat ihn selbst erlitten. Doch was ist größer? Der Schmerz des Verlustes oder der der Schuld?

Sho hatte es nicht gewollt. Er hatte nicht gewollt, dass Kaede ihr Kind verliert. Aber sie hatte es verloren und es war seine Schuld. Mal wieder. Als er erfuhr, was geschehen war, als er es wirklich realisiert hatte, da war etwas in ihm zerbrochen. Er war schon davor nicht ganz gewesen. Ein wandelndes Frack. Doch jetzt war er... nichts. Zumindest kam ihm das so vor.

Allerdings würde es nicht mehr lange so sein. Dafür würde er sorgen.

Mit gleichmäßigen Schritten ging er voran. Sein Körper war aufrecht, voller Selbstbewusstsein, doch dieser Anschein wurde von seinem starren Gesicht zu Nichte gemacht. Leere Augen starrten in die Ferne. Stumme Tränen rannen an seinen Wangen herab. Das Meer klang laut in der Stille. Es klatschte mit der Wut der Natur an die Klippen und hinterließ Seetang, Nässe und Kälte. Denn auch wenn es mitten im Sommer war, fror der Sänger. Der Himmel war Wolkenbedeckt. Er fragte sich, wann es anfangen würde zu regnen und ob er ihn noch einmal spüren würde. Den Regen.

Jeder Schritt war wohl überlegt und bedacht. Es waren seine letzten Schritte. Die durften nicht unwillkürlich gesetzt werden.

Irgendwo in der Ferne erklang ein Donnern. Keine Menschenseele würde hier vorbeikommen. Niemand, der ihn aufhalten würde.

Wenn doch nur jemand kommen würde! Wenn ihn doch nur irgendjemand festhielte!

Aber es gab niemanden, der das tun würde. Es hatte nie jemanden gegeben...

Das Meer kam weiterhin auf die Klippe zu und peitschte gegen die Felsen. Immer, wenn die Wassermassen in die tiefe Dunkelheit zurücksanken, war es ihm, als riefe ihn jemand. Er hob seinen rechten Fuß...

...und trat ins Leere.
 

"Sho-chan?"

"Was ist denn?"

"Sieh mal, da ist eine Sonnenblume!"

Der blondhaarige Junge wandte sich um und richtete seinen Blick auf das schwarzhaarige Mädchen mit den beiden Zöpfen, die bei jedem ihrer Schritte auf und ab wippten. Sie war kleiner als er, obwohl er selbst auch nicht sonderlich groß war, doch diese Tatsache schien ihr nichts auszumachen. Sie hüpfte fröhlich durchs Leben, vollauf zufrieden damit, ihn glücklich zu sehen. Ein sanftes Lächeln huschte über seine Lippen, doch es verschwand, sobald sie sich zu ihm umdrehte. Stattdessen setzte er eine gelangweilte Miene auf.

"Na und? Sonnenblumen gibt es viele. Was ist an dieser so besonders?"

Sie runzelte kurz die Stirn, als sie seinen fehlende Begeisterung registrierte, doch sofort strahlte sie ihn wieder an.

"Auf dieser Blume", erklärte sie ihm, "lebt eine Elfenfamilie! Mit einem Elfenpapa, einer Elfenmama und einem Elfenbaby. Und sie sind froh, uns zu sehen."

Sho nahm die Blume genauer unter die Lupe. Er konnte nichts besonderes feststellen.

"Das bildest du dir nur ein."

Damit lief er weiter.

Kyoko rannte ihm eilig hinterher. "Das bilde ich mir nicht ein! Ganz bestimmt nicht!"

"Natürlich nicht", entgegnete er sarkastisch.

"Sie sind dort. Irgendwann wirst du das auch einsehen."

Er verdrehte nur die Augen. "Wir kommen zu spät zur Schule."

Der Junge hörte sie seufzen, aber sie fing nicht mehr mit ihnen an.
 

Eine Woche später war die Sonnenblume nicht mehr da. Kyoko weinte den ganzen Weg über und trauerte um die Elfenfamilie. Sho ließ diese ganze Angelegenheit ziemlich kalt. Er sorgte sich mehr um den Kurzvortrag, den er heute halten musste.

Als er am Nachmittag nach Hause kam, war er deshalb ziemlich schlecht gelaunt. Der Vortrag war nicht gut gelaufen und Kyoko kam ihn heute auch nicht besuchen. Ihre Mutter wollte mit ihr in ein Museum, damit sie sich weiterbildete. Langsam stieg er die Stufen zum Ryokan hinauf, bemüht so wenig Lärm wie nur möglich zu machen. Aber er hatte auf ihn gewartet. Wie jeden Tag. Sein verhasster Vater.
 

Sho erinnerte sich noch genau an diesen Tag. Dieser Mann, diese Person, diese Kreatur... er hatte ihn mit einem kalten, hasserfüllten Blick angesehen. Wie viele Schläge auf das kurze Gespräch folgten, das sie führten, wusste er nicht mehr. Er wusste nur, dass sein Vater, oder besser die Person, die seine Mutter immer so bezeichnet hatte, danach tot war. Herzinfarkt. Doch Sho war sich sicher, dass es Kyokos Elfen gewesen waren. Sie waren gekommen, um ihn von diesem Menschen zu befreien. Und jetzt waren sie wieder da und zogen ihn hinab in die Tiefe. Es ist schwer, seine Eltern zu hassen. Die Verbindung zwischen ihnen und dem Kind ist einfach zu groß. Doch man kann es schaffen und ab diesem Augenblick ist die Kindheit für immer vorbei.

Sho hatte nicht erwachsen werden wollen. Er hatte Angst davor gehabt. Angst, dass er genauso werden könnte, wie sein Vater. Dass auch er andere mit Hass betrachtet und sie schlägt. Und was war aus ihm geworden? Genau das, wovor er sich immer gefürchtet hatte. Er hatte sich immer gewünscht, wieder ein Kind zu werden. Klein, unbesonnen, ohne die Fähigkeit zu verstehen. Aber das Leben tat ihm diesen Gefallen nicht. Er hatte niemals wirklich Kind sein dürfen. Nein. Das einzige, was er bekommen hatte, waren Schläge. Und diese hatte er alle verteilt. An seinen Vater, an seine Mutter, an seinen Stiefvater, an Kyoko, an Ren Tsuruga, an Shoko und jetzt auch noch an Kaede und ihrem Kind.

Es war gut, jetzt zu gehen. Bevor er noch mehr Schläge austeilte. Langsam verlagerte er sein Gewicht auf den vorderen Fuß, der immer noch über dem Abgrund schwebte. Schließlich konnte ihn sein anderer Fuß nicht mehr halten und er stürzte in die Tiefe. Das Wasser war eiskalt und kraftvoll. Er schlug mehrmals gegen die Felsen, die überall verteilt waren. //Also, wenn ich hier nicht sterbe//, dachte er, //dann nirgendwo.//

Die Wellen trugen ihn schließlich mitten in den Ozean. Noch trieb er an der Oberfläche und sein Atem ging schnell, auch wenn ihm jeder Zug weh tat. Doch endlich kam, was er sich ersehnt hatte: die wohltuende Ohnmacht. Doch bevor er hinab in die Tiefe gezogen wurde, kam es ihm so vor, als würden sich ein starker Arm um seinen Oberkörper legen. Doch das hatte er sich gewiss eingebildet, oder?
 

Kim beobachtete, wie sein Onkel am Pool vorbeilief und trat aus dem Zimmer heraus. "Na? War der Besuch bei deiner alten Freundin erfolgreich?"

Der alte Mann zuckte mit den Schultern. "Er hätte besser laufen können."

"Oha. Das hört sich nicht gut an. Ist was passiert?"

"Ich wollte, dass sie zu Kaede geht."

"Kyokos Freundin?"

"Genau. Sie hat ein Kind verloren und ich denke, da braucht sie eine Mutter."

"Hast du mir nicht erzählt, dass sie ohne ihrer Mutter aufgewachsen ist?"

"Ja, hab ich."

"Dann ist es vielleicht wirklich besser, wenn sie nicht zu ihr kommt."

"Hä?"

"Ich glaube nicht, dass man in diesem Moment einen Menschen bei sich haben will, der einen jahrelang nicht einmal angerufen hat. In diesem Moment möchte man lieber die Personen um sich haben, die man liebt und denen man vertrauen kann."

Mr. Teen blinzelte und Kim sah ihn verwirrt an. "Was ist?"

"Genau dasselbe hat Julie auch gesagt."

Der Jüngere lachte. "Dann hat sie wohl Recht."

Damit verschwand er wieder in dem Raum aus dem er gekommen war und ließ seinen Onkel allein zurück, der ihm verdutzt hinterher sah.

Chiquitita

Warum ist dieses Kapitel nach einem Lied von Abba benannt, werden sich jetzt einige von euch fragen. Tja... die Antwort ist ganz einfach: Ich war im Kino und zwar in Mama Mia. Und deshalb bin ich jetzt erstens in Abba-Stimmung und zweitens... passt das Lied auch zu dem Kap. Immerhin geht es da ja darum, jemanden zu trösten, richtig? Und ich denke, mehr als genug Leute in dieser FF brauchen Trost. Von euch mal abgesehen. Deshalb... genießt das Kap und hört euch das Lied nebenbei an, wenn ihr mögt. Es ist wirklich schön.

Aber genug mit dem Vorwort, kommen wir zu den Beantwortungen der letzten Kommentare.
 

Susilein: Ich weiß, wenn es nach dir ginge, würde Julie jetzt sofort zurückkommen und sie und Kuu würden noch mal heiraten. ABER ich persönlich finde, dass das zu unrealistisch wäre und ob Kaede das akzeptieren würde, ist auch eine Frage. Immerhin ist sie doch ganz schön wütend auf ihre "Mutter". Wenn du verstehst, was ich meine.
 

Umnije: Nö, Kuon rettet Sho nicht. Obwohl ich zugeben muss, dass ich das zuerst so machen wollte, aber... nein.
 

Patrice-Kyoko: 1. Kyoko und Kuon kommen vor. 2. Ich bin froh, dass ich dich so tief berühren konnte, dass du Sho nicht mehr hasst. *stolz desu* 3. Viel Spaß mit dem Kap. ^^
 

DarkEye: *nick* Ich glaube, es gibt niemanden in dieser FF, der keine schlimme Kindheit hat.... *drop*
 

Lioba: *dir weinend nachseh* *Tränen wegwisch* *mich ans nächste Kap setz* *schnüff*
 

little-sister: Sagst du mir, von wem die Arme in deiner Einbildung waren? *neugierig desu* Und ich kann verstehen, dass du ihn nicht magst, aber ich bin froh, dass Sho dein Mitgefühl bekommt. *freu*
 

Hokuto: Okay. *schreib* Er starb auf den Weg ins Krankenhaus... Nein, nur ein Scherz. Lies es dir selber durch. ^^ Übrigens gefällt mir deine Idee mit Saya und Sen. Aber... nein. Denn das wäre zu unrealistisch. Auch wenn ich zugeben muss, dass es mich gereizt hat, so was zu schreiben... Was Kaede angeht bin ich deine Meinung...
 

-_kisu_-: Tja... was soll ich dazu noch groß sagen? Du hast es mal wieder erfasst... und für eine ausführliche Antwort bin ich zur Zeit einfach zu faul... tut mir leid... ^^"
 

Viel Spaß beim Lesen. Ich freue mich schon auf eure Reaktionen. ^^

Baba,

Eure Ayako

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Chiquitita
 

"Du Idiot!", rief er aufgebracht. "Was fällt dir ein, dich einfach so umbringen zu wollen, ohne dich vorher bei Kaede zu entschuldigen?"

"Es tut mir leid", sagte er.

"Entschuldige dich nicht bei mir", fauchte der Ältere. "Sei mir lieber dankbar. Ich habe dir das Leben gerettet. Und ich schwöre dir, wenn du es wagst, das wegzuwerfen, dann gibt es Ärger. Gewaltigen Ärger. Haben wir uns verstanden?"

"Ja..."

Sho und Yashiro saßen in dem Auto des Managers. Beide waren klatschnass und auch die warme Luft der Heizung konnte nichts an der Tatsache ändern, dass sie froren. Der Ältere hatte eigentlich nur einen Spaziergang über den Strand machen wollen, um die Ereignisse der letzten Stunden noch einmal zu verarbeiten, als er sah, wie jemand von der Klippe ins Meer sprang. Er hatte nicht lange überlegt und war selbst ins Wasser gerannt und zu der Stelle geschwommen, wo er die Person vermutete. Er staunte nicht schlecht, als er Sho erkannte, denn er eiligst zum Strand zog und wiederbelebte. Nun fuhr er ihn zum Krankenhaus, da der Sänger einige Verletzungen aufwies, die dem Älteren Sorgen bereiteten.

"Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?", fuhr er fort. "Hast du schon mal daran gedacht, was du ihr damit antust?"

"Kaede müsste mich jetzt doch hassen", murmelte er. "Ich würde es an ihrer Stelle tun."

"Ich auch", versicherte ihm der Brillenträger. "Aber Kaede macht sich Sorgen um dich. Sie hat sogar sofort nach dir gefragt. Sie hat wohl vermutet, dass du dir was antun würdest."

"Sie macht sich Sorgen um mich?", wiederholte der Jüngere ungläubig. "Wieso?"

"Frag mich was leichteres."

Die beiden verfielen in Schweigen, während sie an den ersten Häusern von Tokio vorbeifuhren.
 

"Du hast WAS?", fragte Kaede ungläubig und sah zwischen Yashiro und Sho her.

"Es tut mir leid", murmelte der Sänger.

"Das will ich aber auch hoffen! Da komm ich endlich wieder aus dem Krankenhaus nach Hause und du wolltest dich schon wieder umbringen!"

"Ich wollte mich davor noch nie umbringen", verteidigte sich der Sänger.

"Das ist eine Redensart!", schrie sie und weckte damit Ben auf, der zu weinen anfing.

"Seid ruhig, alle beide", rief Yashiro dazwischen. "Ihr hab ja den armen Ben aufgeweckt."

Alle drei sahen den Jungen besorgt an, der laut schrie.

Es war ein Monat vergangen. Ein Monat des Schreckens, der Hoffnungslosigkeit und der Trauer. Yashiro war froh, dass dieser Monat vorbei war, da es einer der anstrengensten in seinem Leben gewesen war. Wenn er nicht mit Kyoko von einem Termin zum nächsten gehetzt war, war er zu Kaede und Ben ins Krankenhaus gehastet oder hatte Sho dabei geholfen, einen Therapeuten zu finden. Seitdem er den Sänger aus dem Meer gezogen hatte, fühlte er sich für ihn verantwortlich. Doch diese Verantwortung war ziemlich anstrengend. Er hatte Sho bei sich einziehen lassen, solange Kaede im Krankenhaus war, da es dem armen Jungen - wie Yashiro ihn in der Zwischenzeit nannte - wirklich nicht gut ging. Außerdem machte er sich immer wieder Sorgen, dass er sich wieder ins Meer stürzen könnte. Allerdings hatte er sich die ganze Zeit über vor Kaedes Reaktion gefürchtet.

Eilig nahm er Ben auf seinen Arm und brachte ihn zu seiner Wiege.

Währenddessen ging die "Diskussion" zwischen Sho und Kaede weiter.

"Es tut mir leid", sagte er. "Ich wollte das alles nicht, aber..."

"Erwartest du etwa, dass ich dir vergebe?", fragte sie.

Er öffnete den Mund zu einer Antwort und schloss ihn wieder. Die Wahrheit war: Nein, er erwartete es nicht. Aber er hoffte es. So wie er es schon immer gehofft hatte, dass ihm einfach mal jemand vergab. Doch darauf würde er noch lange warten müssen. Denn man konnte manche Sünden einfach nicht vergeben. Allerdings sagte Kaede etwas, das er nie erwartet hätte und auch niemals in Betracht gezogen hatte. Und es veränderte sein Leben.

"Wie soll ich jemanden vergeben, der sich nicht selbst vergeben kann?", fragte sie. "Wie soll ich das tun?"

Er sah sie unverwandt an, ohne mit einer Wimper zu zucken. Was sagte sie da?

"Vergib erst einmal dir selbst. Dann werde vielleicht ich dir auch vergeben können."
 

Das Leben ist ein seltsames Ding. Mal scheint in ihm die Sonne und ein andermal ist es voller Regen. Kuons Leben war durchzogen von einem undurchdringlichen Nebel. Er konnte weder sehen, was vor ihm lag, noch was hinter ihm war. Er war sich auch nicht sicher, ob er es wissen wollte. Doch eines wusste er genau. Irgendwo hinter diesem Nebel wartete die Sonne auf ihn. Und er würde alles tun, um sie zu erreichen.

"Eine wirklich sehr lobenswerte Einstellung", sagte der Therapeut fröhlich. "Nicht viele, die in Ihrer Lage sind, würden so denken, Hizuri-san."

"Ich bin fürs Verzweifeln nicht geschaffen", entgegnete Kuon genauso fröhlich.

"Das ist eine gute Einstellung. Ich bin sicher, Sie werden Ihre Vergangenheit wiederfinden. Denn sie ist da. Irgendwo in Ihrem Kopf. Doch etwas sperrt sie in den hintersten Teil Ihres Bewusstseins und nun müssen wir irgendwie versuchen, sie zurückzuholen."

"Und wie wollen wir das anstellen?", fragte Kuon.

"Keine Ahnung", gab der Therapeut zu. "Aber zusammen werden wir das schon rausfinden, versprochen."

"Da bin ich jetzt aber beruhigt."

"Das freut mich."

"Kann ich jetzt gehen?", fragte Kuon.

"Natürlich. Und denken Sie immer daran, Ihre Vergangenheit existiert! Sie will sich nur nicht zeigen."

"Klar", entgegnete der Blondhaarige und war bereits verschwunden.

Ob seine Vergangenheit immer noch da war, wagte er zu bezweifeln. Gut, dieser Therapeut musste sicher was davon verstehen, aber dennoch...

Er verließ das Gebäude und mischte sich unter die Menschenmasse, die um diese Uhrzeit durch Tokio zu traben pflegten. Er mochte diese Massen nicht. Sie machten ihm irgendwie Angst und er freute sich schon darauf, endlich wieder in die ruhige Vorstadt und zu der Wohnung zu kommen, die er mit Yashiro gesucht hatte. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zur Zeit, indem er das Maskottchen für eine riesige Firma spielte und bei dem ein oder anderen Werbespot mitwirkte.

"Du bist Ren Tsuruga", hatte Rory Takarada ihm gesagt. "Auch wenn du dein Gedächtnis verloren hast, das Talent verlierst du dadurch nicht. Aber fangen wir noch mal von klein an. Wir werden ja sehen, ob du immer noch in der Lage bist, in Soaps mitzuspielen."

Er seufzte tief. Wollte er das eigentlich? Ren Tsuruga sein? Schauspielern? Was war denn schauspielern anderes, als sich selbst zu verlieren und jemand anderes zu werden? Und er hatte sich selbst doch schon verloren? Da half ihm die Schauspielerei auch nicht weiter.

"Hey, ist alles in Ordnung mit dir?"

Er blinzelte überrascht und drehte sich um. Ein breites Grinsen trat auf seine Lippen. "Peter, was machst du denn hier?"

Der Matrose erwiderte sein Grinsen munter. "Ach weißt du, der Captain hatte Lust, mal wieder einen Rekord zu brechen und so sind wir innerhalb einer Woche von Miami nach Tokio gefahren. Das war vielleicht eine Aufregung. Die anderen verstanden nicht, was jetzt schon wieder loswar, aber ich konnte es mir schon denken."

Kuon hob eine Augenbraue. "So, konntest du das?"

"Ja." Er lächelte. "Er will dich zurückholen, Kuon. Denn du gehörst auf die See und nicht aufs Land. Oder denkst du da anders?"
 

"Du willst... was?", fragte Rory und starrte den jungen Mann an.

"Ich will eine Weile mit um die Welt segeln und der Crew bei der Arbeit helfen. Sie brauchen mich."

"Das redest du dir doch nur ein", meinte der Präsident von LME skeptisch.

Kuon schüttelte mit dem Kopf. "Das Leben auf dem Meer hat mir gut getan. Ich glaube, es liegt mir auch eher, als die Schauspielerei. Deshalb möchte ich dahin zurückkehren."

"Bist du dir wirklich sicher?"

"Ja."

"Nun, wenn du denkst, dass es die richtige Entscheidung ist, werde ich dich nicht aufhalten", ergab sich der Ältere seufzend. "Ich hoffe, dass du deinen Weg finden wirst."

"Danke, das hoffe ich auch."
 

Kyoko stand an der Wand gelehnt da und beobachtete, wie Kuon aus dem Fahrstuhl stieg. Er würde LME verlassen, für immer. Das konnte sie ihm ansehen. Eine bodenlose Traurigkeit breitete sich in ihr aus, die nur noch von der Verzweiflung übertroffen wurde, die mit jedem Tag größer wurde. Am liebsten würde sie auf ihn zugehen, mit ihm reden, sich von seiner sanften Umarmung einfangen lassen, seine Nähe genießen, seine Küsse auf ihrer Haut spüren. Doch das war ihr nicht vergönnt. Er erinnerte sich nicht an sie.

Sie wusste nicht, was mehr weh tat. Die Tatsache, dass er sich nicht mehr an sie erinnerte oder die Folgen, die sich daraus ergaben. Außerdem hatte er sich verändert. Er war offener als früher, fröhlicher. Sie konnte sein Lachen öfter sehen als früher. Es war, als wäre er ein völlig anderer Mensch. Und dann war er es doch nicht. Er lachte immer noch auf dieselbe Art und Weise, hatte immer noch denselben nachdenklichen Gesichtsausdruck, dieselbe Ausdrucksart, dieselbe magische Anziehungskraft...

Seine Gefühle für sie waren nicht mehr da. Er liebte sie nicht mehr. Aber sie liebte ihn. Viel zu sehr. Und immer, wenn sie ihn sah, war es, als würden sich tausend Dolche in ihr Herz spießen und es für immer vernichten wollen. Warum musste Liebe nur so weh tun? Konnte sie nicht einfach verschwinden, sobald es schmerzhaft wurde und Platz für einen Neuanfang schaffen? Doch was für ein Neuanfang sollte das sein? Wen sollte sie denn sonst lieben können, als dieser Mann, der sie verstanden hatte, wie sonst keiner?

//Dieser Mann existiert nicht mehr//, dachte sie und sie konnte nur schwer die Tränen unterdrücken. //Er ist wirklich damals gestorben.//

In diesem Moment wandte der Blondhaarige seinen Kopf um und seine braunen Augen trafen auf die ihren. Es schien Kyoko, als würde ihr Herz stehen bleiben, während sich ein freundliches Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete und er ihr zunickte. Auch sie wollte nicken, doch sie konnte es nicht. Sie konnte ihn nur weiter anstarren und hoffen, dass dieser Moment niemals vergehen würde. Doch die Zeit nimmt keine Rücksicht auf den Einzelnen und so wandte er sich wieder ab und schritt weiter.

Lange nachdem er hinter der großen Tür verschwunden war, starrte sie immer noch darauf und wünschte sich, sie wäre einfach hinter ihm hergerannt. Aber dafür war es jetzt zu spät.

"Warum tust du mir nur so weh?", flüsterte sie. "Und warum kann ich dich nicht einfach vergessen?"

Das Leben ist oft ungerecht. Doch hinter all diesem Chaos musste einfach ein Sinn stecken. Kyoko nahm sich vor, diesen zu finden. Denn was sollte sie sonst tun?
 

Kuu seufzte. Tief. Sehr tief. Wenn nicht zu sagen abgrundtief. Der Grund für dieses "tiefe" Seufzen war seine Tochter. Wie konnte es auch anders sein? Die meisten Eltern verbrauchten ihre Seufzern an ihre Kinder. Was diesmal der Grund war? Tja, sie hatte einen Sohn, doch den anderen hatte sie verloren. Und jetzt lag sie im Bett und hatte Fieber. Toll. Und wer durfte sich jetzt um das Kind kümmern? Nicht etwa der rechtmäßige Papa, oh nein. Er, der Großvater. Wo er doch überhaupt nicht mit Kindern umgehen konnte. Na ja, da konnte er jetzt auch nicht viel machen. Außer zu versuchen, dem Kleinen die Windeln zu wechseln. Leichter gesagt, als getan, besonders da es ziemlich unangenehm für die Nase war. Aber irgendwie hatte er es dann doch geschafft, seine Arbeit als Großvater zu erfüllen und Ben gluckste fröhlich vor sich hin. Soweit Babys in diesem Alter schon Glucksen konnten.

Vorsichtig legte der Ältere das Kind wieder in dessen Wiege und begann damit, diese auf und ab zu wiegen, damit der Kleine einschlief.

Plötzlich klingelte es an der Tür und das Baby begann zu schreien. Kuu fluchte laut. Wer kam jetzt bitte schön auf die tolle Idee, einfach so zu klingeln?

Fuchsteufelswild stapfte er zur Haustier und nahm sich fest vor, die Person, wer immer es auch war, die er jetzt gleich sehen würde, zur Schnecke zu machen. Er riss die Tür auf...

...und seine Wut war vergessen.

"Julie? Wa... wa... wie ist das möglich?"

Gefühlsausbruch

Wir rücken dem Ende immer näher, meine Freunde.

Aber genug zu diesem Thema, hier kommen eure Antworten:
 

Susilein: Ich wusste, dass das letzte Kap dich glücklich machen würde. XD
 

Patrice-Kyoko: Äh... schön, dass dir das Kapitel gefallen hat... aber... was soll das heißen, dass ich nicht so gemein bin, wie ich immer tue? Ich tu doch nicht so! Ich bring nur Spannung in die Story. XDDDD Schön, dass du es übrigens noch geschafft hast, das Kap zu kommentieren. ^^
 

Umnije: Ich bin froh, dass ich dir den Tag gerettet habe. *freu* Bei Kyoko und Kuon würde ich die Hoffnung übrigens noch nicht aufgeben. (Das würde ich erst, wenn er wirklich auf See ist und eine neue Braut gefunden hat. ^.~)
 

Hokuto: Rory hatte... äh... ein... Yoshikikostüm an! *dich anstrahl* Das mit der Türzuschlagen hätte ich auch gerne gemacht, aber... ich habe im Moment keinen Sinn für solchen Humor. XDDDDD
 

Lioba: *dich anstrahl* Du sprichst wieder mit mir. *gerührt ist* Wie auch immer. *wieder ernst wird* Tja... was soll ich zu diesem Kommi noch groß sagen? Kannst du zufälligerweise hellsehen?
 

little-sister: Mit Yash hat niemand gerechnet. Und deshalb hab ich ihn genommen. XD Und was soll ich sonst sagen? Man darf die Hoffnung nie aufgeben! Denn ich bin ja auch nur ein Mensch. ^.~
 

-_kisu_-: Ich hoffe, du freust dich jetzt immer noch. ^^
 

DarkEye: *dich anseh* Äh... heißt das jetzt, ein Kap ist gut, wenn alle leiden? Na ja, wenn du meinst...
 

Ich wünsche euch auch diese Mal wieder viel Spaß mit dem Kapitel. ^^ Es ist leider wieder ein trauriges, aber... nicht so schlimm wie ein paar andere, die ihr schon überlebt habt. (Meiner Meinung nach.) Nur mal als Vorwarnung.

Bis bald,

Eure Ayako
 

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Gefühlsausbruch
 

In den Jahren ohne seine Frau hatte sich Kuu Hizuri immer zerbrochen gefühlt. So, als würde etwas wichtiges fehlen. Er beobachtete, wie ihre Kinder aufwuchsen, wie sie täglich in die Schule gingen, Freunde fanden, Freunde verloren, Erfolge hatten, mit ihren Ideen fehlschlugen, gute Noten nach Hause brachten, schlechte Noten nach Hause brachten... und immer älter wurden. Doch egal, wie viele Jahre auch vergingen. Er kannte seine Kinder nicht. Sie waren für ihn so fremd, wie das Zuhause, das er ihnen geschaffen hatte. Sein Leben spielte sich auf der Arbeit ab. Vor der Kamera. Es fiel ihm einfach, der Welt ein lachendes Gesicht vorzuspielen. Einen zufriedenen Mann, dem es an nichts fehlte. Der erfolgreich und berühmt war. Er hatte einige Affären und wollte sogar wieder heiraten. Aber man erlaubte es ihm nicht.

Irgendwann wusste er nicht mehr, wie viele Jahre vergangen waren, er sah nur das Unglück seiner Kinder und wollte dieses aus der Welt schaffen. Denn egal was er dem Rest der Welt auch erzählt hatte, er war froh gewesen, als sie ihn beide verlassen hatten. Denn endlich konnte er sich in seiner Einsamkeit suhlen und für ein paar Momente vergessen, wer er war. Und dass er einsam war. Einsam, allein, verlassen.

Auch wenn er Kinder hatte, sie waren für ihn Fremde. Seine Freunde waren nur flüchtige Bekannte. Seine Arbeit... eine Möglichkeit dem Leben zu entkommen. Der Alkohol... eine sanfte Betäubung seiner Gefühle. Die Frauen... ein kurzes Vergnügen für eine Nacht.

Seine Frau... tot.

...

..

.
 

.

..

...

Fuchsteufelswild stapfte er zur Haustür und nahm sich fest vor, die Person, wer immer es auch war, die er jetzt gleich sehen würde, zur Schnecke zu machen. Er riss die Tür auf...

...und seine Wut war vergessen.

"Julie? Wa... wa... wie ist das möglich?"

Die Blondhaarige sah ihn überrascht an, doch ihr Blick wurde sofort hart. "Was machst du denn hier?", fauchte sie.

"Was ich hier... Hallo? Du bist diejenige, die sich umgebracht hat!"

"Natürlich und vor dir steht ein Geist", sie verdrehte die Augen. "Ist unsere Tochter da?"

"Julie, könntest du mir bitte meine Frage beantworten?"

"Ich bin nicht hier, um mit dir in alten Erinnerungen zu schwelgen", meinte sie und kämpfte sich an ihm vorbei.

Er sah ihr verdutzt nach und folgte ihr. "Du... du kannst nicht einfach so zu ihr. Sie ist krank und das letzte, was sie jetzt gebrauchen kann, ist eine Mutter, die sich die letzten Jahren einen Dreck für sie interessiert hat."

"Ich glaube kaum, dass ein Vater, der sich in den letzten Jahren nur um die Arbeit, Alkohol und andere Frauen gekümmert hat da eine bessere Option ist", konterte sie.

Ein kurzes Schweigen kehrte ein, während dem die beiden sich gegenseitig anfunkelten. In diesem Moment öffnete sich die Tür zu Bens Zimmer und Kaede lugte heraus. "Sagt mal, was...", sie verstummte, als sie ihre Mutter erblickte. "Wer sind Sie?", fragte sie neugierig.

Julie warf ihrem Exmann einen fassungslosen Blick zu. "Willst du mir etwa sagen, dass du ihr nicht einmal Bilder gezeigt hast?"

"Bilder? Was für Bilder? Es gibt keine Bilder. Du hast alle mitgenommen!"

"Habe ich nicht!"

"Oh doch. Jedes einzelne verfluchte Bild."

"Äh... könnte mir mal jemand erklären, was hier los ist?"

Die beiden verstummten und sahen sie an. "Na ja... Kaede... das hier... ist... deine... Mutter."

Kaede hob ihre Augenbrauen und öffnete ihren Mund zu einer Antwort, den sie aber sofort wieder schloss und sie sah zwischen den beiden her. Dann drehte sie sich um und sah ihren Sohn an, der im Kinderbett schlief. "Ach du Schande."
 

"Okay, erklär mir das noch mal von Anfang an. Du standest vor deiner toten Mutter?"

"Genau", stöhnte Kaede.

"Und du sagst, ICH wäre verrückt", meinte Sho und trank einen Schluck Tee. Es war eine Woche vergangen, in der die junge Frau wieder vollkommen gesund geworden war, auch wenn sie den leisen Verdacht hatte, dass es ihrem Kopf nicht so gut ging. Die beiden saßen in ihrer und Yashiros Wohnung auf dem Sofa, bzw. dem Sessel und Ben lag in einer Wiege, die neben Kaede stand, die die Mutter ab und zu anschubste, um den Jungen zu beruhigen.

"Dass ich verrückt bin, ist eine unanfechtbare Tatsache", sagte sie. "Aber Wahnvorstellungen hatte ich noch nie und der Reaktion meines Vaters nach, war es auch keine."

Kuu hatte sich danach wieder in die Arbeit gestürzt und bereitete bereits seine Abreise vor. Er wollte so schnell wie nur möglich zurück nach L.A. Allerdings hatte seine Tochter ihn überreden können, bis zur Hochzeit zu bleiben. Yashiro und sie hatten beschlossen, in ein paar Wochen den "heiligen" Bund der Ehe einzugehen. Kaede freute sich jetzt schon auf den Moment, wenn all das vorbei sein und sie ihr neues Leben als "Yashiro-san" beginnen konnte. Juhu. Das einzig gute war, dass sie in all den Jahren immer noch nicht ihren Sarkasmus verloren hatte.

"Dein Bruder reist doch auch bald ab, oder?", fragte der junge Mann vor ihr und riss sie damit aus ihren Gedanken.

"Ja", erwiderte sie und Schwermut breitete sich in ihr aus. Kuon wollte wieder zur See. Mit seinen neuen Freunden. Einerseits freute sie sich ja, dass er endlich gefunden hatte, was er tun wollte, doch andererseits machte der Gedanke sie traurig, dass er sie wieder verlassen würde. Doch ändern wollte und konnte sie daran nichts. Ihre einzige Aufgabe war es jetzt, damit zu leben.

"Habt ihr deshalb beschlossen, demnächst zu heiraten?"

"Nein, wir wollten so oder so heiraten, sobald Ben da ist", ihren zweiten Sohn wollte sie jetzt lieber nicht erwähnen. Sie war noch zu schwach, um sich aufzuregen.

"Ah... na dann bin ich mal gespannt. Wer organisiert das ganze Spektakel eigentlich?"

"Rory Takarada."

Sho verschluckte sich an dem Schluck Tee, den er sich gerade genehmigen hatte wollen und begann fürchterlich zu husten.

"Rory Takarada?", keuchte er, als er wieder reden konnte. "Bist du wahnsinnig? Der wird doch eine total verrückte Party organisieren, bei der..."

"Danke, ich weiß, wie der Präsident von LME drauf ist."

"Warum überlasst ihr dem denn dieses ganze Spektakel?"

"Ganz einfach, weil niemand anderes in unserer Familie oder in unserem Bekanntenkreis Zeit hat, da mitzuhelfen und wir selbst auch mehr als genug um die Ohren haben."

"Warum wartet ihr dann nicht einfach bis..."

"Weil ich das endlich hinter mir haben will, okay?"

"Ah, du willst also gar nicht..."

"Könnten wir bitte das Thema wechseln?"

Sho stellte seine Teetasse ab und bedachte sie mit einem strengen Blick. "Kaede Hizuri. Das nennt man Verdrängung."

Sie schüttelte den Kopf.

"Oh doch!"

"Hey, du bist in Therapie und kein Psychologe!", rief sie.

In diesem Moment öffnete sich die Haustür und Kuu kam herein, vollbepackt mir Einkaufstüten. Froh, einen Vorwand gefunden zu haben, um sich von Sho abzuwenden, sprang sie auf und eilte zu ihm, um ihm zu helfen. Der junge Blondhaarige schüttelte den Kopf, doch er wusste, dass es keinen Sinn machen würde, weiter mit ihr zu diskutieren. Frauen waren des Öfteren ziemlich kompliziert.
 

"Meinen Glückwunsch!", rief Kyoko begeistert und Kanae nickte zustimmend. Auch Sawara-san, Maria und Shin, der vorbeigekommen war, um seine Mittagspause mit seiner Liebsten zu verbringen, waren begeistert.

Yashiro hatte ihnen gerade mitgeteilt, dass er bald heiraten würde und selbstverständlich waren sie alle eingeladen. Es sollte ursprünglich eine kleine Hochzeit werden, doch der Präsident hatte entschieden, dass es eine Hochzeit in Weiß sein sollte, mit Kirche und allem drum und dran. Die Einladungen sollten noch an diesem Wochenende abgeschickt werden. Irgendwie graute es dem Mann vor diesem Tag. Ihm wäre eine kleine Hochzeit lieber, aber... na ja, die Argumente des Präsidenten waren leider gut. Und wenigstens würde er so die Woche danach Urlaub bekommen...

"Wie geht es dir eigentlich, Maria-chan?", hörte er auf einmal Kyokos Stimme und er bemerkte, dass sich wieder alle ihrer Arbeit gewidmet hatten. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Kanae und Shin fröhlich nach draußen gingen.

"Gut, O-nee-chan", sagte das Mädchen. Doch ihre Stimme klang besorgt. "Sag mal... geht es dir auch gut?"

Yashiro hob rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie sein Schützling blinzelte. "Äh, ja. Warum sollte es mir denn nicht gut gehen?"

"Na ja... es muss doch schwer sein. Immerhin erinnert sich Ren-sama nicht mehr an dich."

Oh nein. DAS war das falsche Thema.

Kyokos Aura hatte sich auch sofort verändert. Gerade war sie noch fröhlich und in Plauderstimmung gewesen, doch jetzt legte sich wieder die übliche Unnahbarkeit über sie, die schon seit über einem Jahr all ihren Freunden bekannt war. Doch heute war es etwas anderes, das dem Mann Angst machte. Die junge Frau, denn ein Mädchen war sie nicht mehr, sah aus, als würde sie jeden Moment zerbrechen. Es war schrecklich, sie wieder so zu erleben. Das letzte Mal hatte er sie so während und nach der Beerdigung gesehen...

"Ähm, ich will euch ja nur ungern unterbrechen", log der Älteste, "aber wir müssen dringest zu Kyokos nächstem Termin."

Er stellte sich hinter sein Schützling und legte seine Hände auf ihre Schultern. "Ihr könnt ja ein andermal weiterplaudern." Damit schob er sie hastig vor sich her aus der Agentur heraus, bis sie bei seinem Auto angekommen waren. Dort setzte er sie kurzerhand auf den Beifahrersitz und setzte sich selbst hinters Steuer, sobald er sich davon versichert hatte, dass sie angeschnallt war. Danach fuhr er los.

"Wir müssen doch nicht wirklich schon zum nächsten Termin, oder?", fragte sie und versuchte dabei, ihre Fassung wiederzugewinnen. Doch Yashiro hatte nicht vor, es ihr so einfach zu machen. Er hatte geschwiegen. Die ganze, verdammte Zeit hatte er geschwiegen. Und heute war der Tag gekommen, an dem er das Schweigen brechen würde und wenn es das letzte war, was er jemals tun würde.

"Wie fühlst du dich?", fragte er.

Sie sah ihn fassungslos an. "Was?"

Langsam lenkte er das Auto aus der Tiefgarage der Agentur heraus und fuhr Richtung Vorstadt. Es war ein heißer Tag und er stellte die Klimaanlage an. Draußen liefen Leute herum, unterhielten sich, kauften ein, eilten zur Arbeit. Viele sahen fröhlich aus und genauso viele unglücklich. Hier und da waren Pärchen zu erkennen. Doch die meisten Leute waren Teenager. Hatten sie Ferien?

Draußen herrschte sicher viel Lärm, doch er drang nur bruchstückenhaft und abgedämpft in das Innere. Dort herrschte Schweigen.

"Wie soll ich mich denn fühlen?", fragte die Jüngere schließlich und fiel in sich zusammen. Tränen sammelten sich in ihren Augen und im nächsten Moment weinte sie, wie sie schon lange nicht mehr geweint hatte. Yashiro hätte sie gerne irgendwie getröstet, doch er hatte keine Ahnung, wie er es tun sollte. Frauen waren so schwer zu verstehen.

"Immer wenn ich ihn sehe, habe ich das Gefühl, gleich zu sterben", schluchzte sie. "Ich dachte, er wäre tot. Gestorben. Für immer. Und würde nicht wieder kommen. Es tat so weh, das zu begreifen. Und jetzt ist er wieder da! Einfach so. Er wandelt unter dieser Sonne da oben, die hämisch auf mich hinabschaut und lacht und ist glücklich und kennt mich nicht mehr! Aber ich kenne ihn! Ich habe all diese Erinnerungen in mir, diese schrecklichen Erinnerungen, die mich überallhin verfolgen und nicht loslassen. Ich wünschte, sie würden verschwinden. Mich endlich in Frieden lassen! Doch diesen Gefallen tun sie mir nicht. Sie sind da und zeigen mir Bilder, die ich vergessen will. Ich meine, was soll ich denn tun, wenn er eines Tages eine andere Frau liebt? Wenn er sie heiratet und mit ihr Kinder bekommt? Was soll ich dann tun? Wie soll ich das überstehen?"

Yashiro hatte das Gefühl, dass sie ihn bereits vergessen hatte und eigentlich nur noch mit der Luft vor ihr sprach. In sich breitete sich ein Gefühl der Beklommenheit aus. War es wirklich eine gute Idee gewesen, sie zu diesem Gefühlsausbruch zu bewegen?

"Ich verlange ja nicht einmal, dass er mich noch liebt", fuhr sie fort. "Ich habe das nie von ihm erwartet. Aber ich will wenigstens, dass er sich an mich erinnert. Ich möchte für ihn eine Bedeutung haben und wenn es nur die Bedeutung einer vergangenen Beziehung ist. Aber ich will nicht Nichts für ihn sein." Ihr Schluchzen wurde stärker und es schien Yashiro, als würden ihre Tränen niemals enden. Ein langes Schweigen kehrte ein, in dem sie weinte und er weiterfuhr. Doch irgendwann sprach sie wieder. Ganz leise, doch der Ältere konnte ihre Worte dennoch verstehen. "Warum hat er mich vergessen? War ich wirklich so bedeutungslos?"

Yashiro schluckte und trat aufs Gaspedal. Diese Frage war ihm nicht fremd. Er hatte sie sich selbst schon einmal gestellt. Waren sie vielleicht wirklich das? Bedeutungslos? War die Freundschaft und die Liebe, die Ren Tsuruga ihnen entgegengebracht hatte, vielleicht nur ein Spiel gewesen? Er war immerhin ein ziemlich guter Schauspieler gewesen, nicht wahr?

Das Auto verließ die Stadt und bog in eine Straße ein, die zum Meer führte. Es hatte immer eine beruhigende Wirkung. Besonders auf Menschen, die zurückgelassen wurden. Denn wer weiß. Vielleicht werden die Wellen ja eines Tages die Person zurücktragen, die sie verlassen hatte...

Hochzeit auf der Titanic

*euch alle anstrahl*

Hallöle, hier ist ein neues Kap von mir. Ich hoffe, ihr vergebt mir, dass ich die Hochzeit nicht allzu ausführlich beschrieben habe und seit dennoch mit diesem Kapitel zufrieden. Ich persönlich bin es, weil es eigentlich mal wieder eines meiner besseren ist. Zumindest meiner Meinung nach. ^^

Aber zuerst kommen eure Kommentare dran.
 

Susilein: Ja.... sie haben es nicht leicht... *seufz*
 

little-sister: Ich kann mir Kaede auch nicht im Hochzeitskleid vorstellen. Ehrlich gesagt fällt mir die Vorstellung immer noch schwer. Aber na ja... Und was Julie angeht, sie ist so kalt zu Kuu, weil sie Angst hat, von ihm verletzt oder zurückgewiesen zu werden. Deshalb weist sie ihn zuerst zurück. Ich weiß, das Verhalten ist nicht das beste, aber in ihren Augen scheint es so...
 

Umnije: Also, Julie ist noch da, aber so richtig hat sie noch mit niemanden geredet. Und etwas unerwartetes verspreche ich dir in diesem Kap. ^^
 

Lioba: Nö, Kuon erinnert sich an nichts. Tja, armes Bürschchen, er braucht dringend Nachhilfe. *grins* Bei der Hochzeit ist er auf jeden Fall dabei. Aber das kannst du ja gleich selbst lesen.
 

Kyoko_16: Willkommen im Kreise meiner Kommischreiber. *dir Tee und Plätzchen hinstell* Mach es dir ruhig gemütlich und komm doch mal wieder. XD Nein, werden wir ernst. Ich bin froh, dass dich die Handlung so gefesselt hat und du von meiner FF begeistert zu sein scheinst. Da bin ich doch gleich mal so frei und hab dich auf die ENS-Liste gesetzt. ^^ Viel Spaß beim Weiterlesen!
 

Hokuto: Warum kannst du Julie denn nich leiden? Und ja, Ren hat die beiden geliebt, aber es fiel ihm sehr schwer, es ihnen zu zeigen... hoffen wir mal, dass er sie bald wieder lieben kann. Obwohl, das ist ja meine Entscheidung... *mich am Kopf kratz*
 

KLOSI: Herzlich Willkommen auf Mexx!!!!! *dich anstrahl* Fühle dich hier ganz wie Zuhause, die meisten Leute (die ich kenne) sind echt nett und wenn du Fragen hast, kannst du dich gerne an mich oder andere wenden. Doch genug dazu. Ich bin froh, dass dir meine Trilogie gefällt. *gerührt ist* Deshalb gibt es gleich mal Tee und Plätzchen und einen Platz auf meiner ENS-Liste. ^^
 

So, viel Spaß mit dem Kap.

Bis bald,

Eure Ayako

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Hochzeit auf der Titanic
 

Die Wochen vergingen wie im Fluge. So, wie sie nun mal vergehen, wenn man zu tun hat. Kaede erinnerte sich später nur schemenhaft an ihre eigene Hochzeit. Sie wusste, dass sie ein wunderschönes Kleid getragen hatte und dass die Schuhe der reinste Horror gewesen waren. Sie wusste, dass alle da gewesen waren. Ihre Familie, ihre Freunde, ein paar Bekannte. Auch Freunde und Familie von Yashiro waren da gewesen. Es waren viele Leute gewesen. Zu viele. Sie wusste, dass sie sich die ganze Zeit gewünscht hatte, die Stunden würden endlich vergehen und alles würde vorbei sein. Und sie wusste, dass sie froh gewesen war, als sie zu dritt in ihrer Wohnung angekommen waren. Endlich ins Bett fallen konnten. Schlafen.

Doch was sie nicht wusste, waren die vielen Worte, die sie gefallen waren. Die Gerüchte, die entstanden waren und die Tränen, die geflossen waren. Sie hatte keine Ahnung von den Schmerzen der anderen Menschen. Doch an etwas erinnerte sie sich noch ganz deutlich. Kyokos Gesichtsausdruck war aschfahl gewesen, als sie den Brautstrauß gefangen hatte. Und ihren Bruder würde sie für lange Zeit nicht wieder sehen.

Später gab sogar der Präsident zu, dass es keine schöne Hochzeit gewesen war. Aber das war für sie bedeutungslos. Sie wollte einfach nur schlafen.

Yashiro schlang seine Arme um sie und schlief bereits tief und fest, während sie noch mit dem Schlaf kämpfte, da sie glaubte, noch einen letzten Gedanken festhalten zu müssen. Ihre Eltern hatten den ganzen Tag lang kein Wort gewechselt und sie selbst hatte auch nicht mit ihnen gesprochen. Aber was war mit Kuon? Hatte sie mit ihm gesprochen? Sie konnte es nicht sagen. Stattdessen ließ sie sich in einen sanften, traumlosen Schlaf ziehen, aus dem sie in ein paar Stunden wieder erwachen würde, wenn ihr Sohn anfangen würde zu schreien.
 

Einige Stunden zuvor
 

Gibt es etwas deprimierenderes als Hochzeiten?

Kyoko konnte sich das nicht vorstellen. Sie saß auf einer dieser elenden Kirchenbänke, eingequetscht zwischen deren Ende und einer rundlichen, älteren Dame, die sie noch nie zuvor gesehen hatte und laut schluchzte. Die junge Schauspielerin hätte sich am liebsten übergeben. Das war doch sicher eine Strafe Gottes, Buddhas oder jemand anderes, der da oben das sagen hatte. Sie hatte gewusst, dass es schrecklich werden würde, dass sie leiden würde und überhaupt. Doch warum musste sie dann auch noch neben SOETWAS sitzen?

Nun, es könnte schlimmer sein. Sie hätte auch neben Kuon sitzen können und ob sie das ertragen hätte, war fraglich. Dieser elende Priester, Pfarrer oder was auch immer sollte sich gefälligst beeilen! Sie wollte hier raus und während der Party schnell verschwinden. Kaede und Yashiro würden es ihr nicht übel neben. Das wusste sie.

Endlich kam der Typ da vorne zu einem Ende und sagte zu Yashiro, dass er die Braut jetzt küssen durfte. In der Kirche brach donnernder Applaus aus und Kyoko hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Unwillkürlich bekam sie Mitleid mit ihrer Freundin. Jetzt gab es kein Zurück mehr, außer, sie wollte viel Geld ausgeben.

Das Brautpaar zumindest störte sich nicht weiter an ihren trüben Gedanken und hastete aus der Kirche, verfolgt von all ihren Bekannten, Freunden, Familienmitgliedern und denjenigen, die sich eingeschlichen hatten. Kyoko versuchte sich möglichst weit hinten zu halten. Sie hatte kein Interesse, sich an der allgemeinen Freude zu beteiligen. Vielleicht hätte sie wirklich einfach zuhause bleiben sollen.
 

Der Präsident hatte für die Hochzeit ein Kreuzfahrtschiff gemietet. Obwohl sie überaus deprimiert war, kam sie bei diesem Anblick nicht aus dem Staunen heraus. "Wow", sagte sie, als sie ins Innere trat. Das könnte eines dieser teuren Hotels in Westindien sein. Alles war edel eingerichtet, es gab sicher Hunderte von Bedienstenten und das Büffet...

Es dauerte nicht lange und die junge Schauspielerin fühlte sich gut und vergaß fast, wie sich davor gefühlt hatte. Sie schwebte fast durch die Gänge, bediente sich hier und da von einem vorbeikommenden Tablett und ging den anderen Gästen aus dem Weg. Von dem Programm der Gesellschaft bekam sie deshalb auch nichts mit. Irgendwann, als es bereit dämmerte, führten ihre Schritte sie aufs Deck. Staunend betrachtete sie den wunderschönen Sonnenuntergang, der das Meer in Feuer verwandelte. Langsam schritt sie an der Reling entlang, bis sie am Bug angekommen war. Augenblicklich konnte sie die Roses und Jacks Begeisterung aus dem Film Titanic nachempfinden. Es war ein unglaubliches Gefühl hier vorne zu stehen. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, es den beiden gleichzutun und auf die Reling zu steigen, doch sie verwarf ihn schnell wieder. Am Ende würde sie noch jemand sehen und glauben, sie wolle abspringen. Aber dafür hätte sie sich dann doch lieber das Heck ausgesucht. Genau wie Rose...

Plötzlich hörte sie, wie schwere, aber langsame Schritte näher kamen und kurz hinter ihr zum Stehen kamen. "Ein schöner Sonnenuntergang, nicht?"

Sie glaubte für einen Moment, ihr Herz würde stehen bleiben. Bitte nicht diese Stimme. Nicht diese wunderbare, vertraute Stimme. Langsam, beinahe mechanisch drehte sie sich um und sah direkt in Kuons freundliches Gesicht. Dahin war sie, die wunderbare Stimmung. Irgendwie hatte sie das Gefühl, auf etwas einschlagen zu müssen.

Im nächsten Augenblick ertönte ein klatschendes Geräusch und der junge Mann rieb sich verdutz seine Wange. "Was soll das denn?", fragte er verärgert.

Kyoko selbst war absolut verblüfft und sah von ihrer Hand zu seiner Wange. Hatte sie ihm gerade eine Ohrfeige verpasst? Ein seltsamer Laut entwich ihrer Kehle und dann brach sie in schallendes Gelächter aus. Sie wusste selbst nicht, warum sie lachte. Es war einfach gekommen und ließ sie jetzt nicht mehr los. Sie war hier. Auf einem Schiff. Bei der Hochzeit der Schwester ihrer großen Liebe. Die sie soeben geschlagen hatte. Viele hätten keinen einzigen Grund zum Lachen gefunden, doch sie konnte nicht anders. Im letzten Jahr hatte sie sooft geweint oder gar nichts getan, dass es Zeit wurde, mal wieder so richtig zu lachen.

Währendessen sah der Hizuri sie weiterhin an und wurde immer verwirrter. Konnte es sein, dass diese junge Frau vor ihm durchgedreht war? Das Lachen war ein ziemlich verdächtiges Anzeichen dafür, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass es etwas anderes war. Dennoch dauerte es nicht lange, bis Wut in ihm heraufkroch.

"Könntest du mir vielleicht mal erklären, was so lustig ist?", knurrte er.

Augenblicklich verstummte das Lachen und Kyoko blickte grinsend auf. "Tut mir leid, aber... dein verdutztes Gesicht war einfach zu köstlich."

Ein weiterer Kicheranfall folgte und Kuon fragte sich, ob da nicht jemand einen zu viel über den Durst getrunken hatte. Es dauerte eine Weile bis sie sich wieder beruhigt hatte und sich streckte. "Hach, das hat gut getan. Danke sehr. Ich hab lange nicht mehr so gelacht."

"Freut mich, dass meine Schmerzen wenigstens einen aufmuntern", entgegnete Kuon sarkastisch, doch er konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Diese Person war unglaublich. "Du hast doch vorhin den Brautstrauß gefangen, nicht?", fragte er, um ein Gespräch in Gang zu bringen. Das Gesicht der Schwarzhaarigen verdüsterte sich. "Ja, habe ich."

"Und? Schon jemanden im Blickfeld, den du heiraten willst?"

Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. "Du erinnerst dich ja nicht mehr an mich."

Er seufzte. "Müssen wir das heute ausdiskutieren?"

"Nein, aber du hast damit angefangen."

Er beschloss, dass es besser war, ihr nicht zu widersprechen. Sie drehte sich um und lief die Reling entlang Richtung Heck. Kuon folgte ihr nach kurzem Zögern. Was sollte er jetzt auch anderes machen? Er hatte keine Lust hinunterzugehen. Da war es ihm zu voll und überhaupt war ihm Kyokos Gesellschaft da lieber. Sie war ihm von allen Hochzeitsgästen wirklich die sympathischste. Er fragte sich zum etwa hundertsten Mal, woran das liegen mochte.

Schweigend gingen sie weiter, bis sie plötzlich hinter der nächsten Ecke zwei streitende Stimmen hörten. Die beiden blieben stehen und lauschten.

"...mir immer hinterherzulaufen!", rief die Stimme einer Frau und Kuon erkannte erschrocken, dass es sich um Julie handelte.

"Ich lauf dir doch gar nicht hinterher!", entgegnete die Stimme Kuu Hizuris aufgebracht. "Was kann ich denn dafür, wenn du immer dahin gehst, wo ich auch hinwill?"

Ein kurzes Schweigen kehrte ein, doch es währte nicht lange.

"Ich liebe dich, Julie", sagte Kuu leise. "Nach all diesen Jahren tue ich es immer noch. Ich habe nie aufgegeben, dich zu lieben, sogar als ich hörte, dass du tot wärst..."

"Ach, hör auf mit deinem albernen Geschwätz", fauchte sie. "Das kannst du einer deiner Nutten erzählen, aber nicht mir!"

Sie hörten, wie Schritte näher kamen und andere ihr folgten. Julie trat in ihr Blickfeld und wurde von Kuu festgehalten, der so wütend wirkte, wie Kyoko ihn noch nie gesehen hatte.

"Wie kannst du es wagen, mich einfach nicht ernst nehmen zu wollen?", rief er. "Weißt du, wie ich mich all die Jahre gefühlt habe?"

"Das ist mir vollkommen egal! Du bist mir egal! Das einzige, was uns noch verbindet, sind die Kinder, die ICH in die Welt gesetzt habe und die du all die Jahre vernachlässigt hast!"

"Wenn du das wusstest, warum hast du sie dann nicht mit zu deinem George genommen?", schrie er, sodass wahrscheinlich das ganze Schiff ihn hören konnte.

"Weil er sicher nicht darüber froh gewesen wäre, deine Kinder bei sich zu haben. Und lass mich los." Sie hatte die Worte ruhig gesprochen, doch es klang gefährlicher, als alles, was sie je hätte schreien können.

Sie drehte ihm den Rücken zu und rieb sich ihr Handgelenk.

"Du sagst, du würdest mich lieben", sagte sie immer noch ruhig. "Doch leider muss ich dir sagen, dass ich dich nicht liebe. Im Gegenteil, du bist mir vollkommen egal."

Sie drehte sich wieder zu ihm und lächelte liebenswürdig. "Geh wieder zu einer deiner Huren und vergnüge dich mit ihnen. Das zwischen uns war schon vor Jahren vorbei. Finde dich endlich damit ab."

Sie machte kehrt und ging wieder unter Deck, ließ Kuu einfach stehen, der aussah, als hätte sie ihn geschlagen. Schließlich - es kam Kuon wie eine Ewigkeit vor - drehte auch er sich wieder um und folgte ihr.

Die beiden Lauscher sagten für lange Zeit kein Wort, sondern lauschten nur den Wellen, die gegen das Schiff peitschten.
 

Kuon lehnte sich an die Reling des Hecks und sah hinunter ins tiefe Wasser. Der Streit seiner Eltern hatte ihn ziemlich bedrückt. Auch wenn er sich an keinen von beiden erinnern konnte... es war traurig.

Eine Hand legte sich auf seinen Arm und er blickte auf. Kyoko stand immer noch bei ihm und sah ihn mitfühlend an. Er lächelte und wandte sich wieder den Wellen zu.

"Es tut mir leid", sagte er irgendwann. Er konnte ihren verdutzten Blick aus den Augenwinkeln sehen und fügte hinzu: "Ich meine, meine Anwesenheit tut dir doch bestimmt weh, oder? Und dennoch nutze ich dich aus..."

"Das stimmt doch gar nicht!", widersprach sie ihm und schüttelte zur Bekräftigung ihrer Worte mit dem Kopf. "Du... ich bin froh, mit dir hier zu sein. Es ist besser, als da unten bei all den anderen zu sein und mitfeiern zu müssen."

Das stimmte. Die Ruhe hier oben und die düstere Stimmung taten ihr gut. Sehr gut sogar.

Er lächelte abermals. "Danke."

"Wofür?"

"Dafür, dass du hier bist."

Ihre Augen trafen sich und ließen sich nicht mehr los. Die Sonne sank tiefer und es wurde zusehends dunkler. Irgendwo stimmte jemand ein Lied an und mehrere Leute sangen mit. Die Wellen schienen die Sänger begleiten zu wollen und ein sanfter Wind fuhr über das Deck und brachte ihr Haar zum Tanzen. Es war ein warmer Tag gewesen und auch jetzt war es noch warm. Plötzlich fiel ihm auf, dass sie nur ein kurzes, schwarzweißes Sommerkleid mit Spaghettiträgern trug. Ihre helle Haut schimmerte im letzten Licht des Tages und sie erschien ihm plötzlich schmerzhaft schön. In Tokio, das er aus den Augenwinkeln sehen konnte, gingen immer mehr Lichter an und über ihnen flog eine Taube hinweg.

//Was tue ich hier?//, fuhr es ihm durch den Kopf, als er sich zu ihr hinüberbeugte und sanft seine Lippen auf die ihren legte.

Hör auf, mit den Mädchen zu spielen, Kuon! Irgendwann rächen sie sich bestimmt bei dir.

//Aber ich spiele doch gar nicht mit ihr//, dachte er, während sie ihre Arme um seinen Nacken schlang und sich fester an ihn zog. Auch er fing sie mit seinen Armen ein und öffnete seinen Mund, um ein leidenschaftliches Spiel ihrer Zungen zu beginnen.

//Das ist Wahnsinn! Hör sofort damit auf!//, schrie sein Gewissen.

Doch er hörte nicht auf, sondern gab sich ganz dem Gefühl hin, das wie eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit wirkte. Er hatte sie wirklich geliebt. Das spürte er. Diese Wärme, diese Gefühle, dieser Geschmack, dieser Geruch, alles war im fremd und doch so vertraut.

Allerdings war ihm das im Moment ziemlich egal. Das einzige, was im jetzt zählte, war dieser wunderbare Körper, den er am liebsten nie wieder loslassen würde.

Kindheitserinnerungen

So meine Lieben. Hiermit kündige ich an, dass dieses Kap das letzte ist, dass ihr in den nächsten... äh... elf Tagen von mir lesen werdet. Denn ich fahre frohen Mutes nach Frankfurt am Main und geh ein bisschen auf der Zeil shoppen. Und zwischendurch schau ich viell. bei der ein oder anderen Bekannten vorbei. *Hoku-chan angrins*

Deshalb habe ich auch kurzerhand beschlossen, euch von einem “richtigen” Cliffi zu verschonen, obwohl ich ihn bereits geplant hatte und gebe euch ein schönes Füllkapitel. Viel Spaß damit. XD

Doch nun zu euren Kommentaren.
 

little-sister: Ja, Julie muss so hart sein. Denn “meine Julie” ist so, wie ich sie darstelle. Und wie es weitergeht, weißt du ja gleich. XD
 

-_kisu_-: Wow, es gibt jemanden, der Julie klasse findet. *dich knuddel* Das finde ich wiederum toll. Ich finde ja auch, dass sie hart besser ist, als wenn sie ihm jetzt um den Hals gefallen wäre, doch das sollte ich vielleicht nicht so betonen... wer weiß, wer das dann wieder falsch versteht. Und ich freue mich, dass ich dich fertig mach. XDDDD Mal sehen, wie es zwischen Kyoko und Kuon weitergeht.
 

Susilein: Das Thema Julie und Kuu hatten wir ja schon. Also komm ich gleich zu Koyko und Kuon. Ich finde die Stelle auch sehr traurig und bin froh, dass es noch jemand so sieht. ^^ Wie es weitergeht, weißt du ja gleich. Und sorry, dass es zum Cliffi nicht geklappt hat. Das nächste Mal wieder. ^.~
 

Lioba: *dich erstaunt anseh* Lia, woher wusstest du das schon wieder? Langsam wirst du mir unheimlich. Nein, Spaß beiseite. Sie landen NICHT im Bett. So fieß bin ich auch wieder nicht. ^^ Und deinen zweifelnden Blick hab ich gesehen!
 

milmirjia: Sempai!!! *knuddel* Noch mal vielen, vielen Dank fürs Kommi. ^^
 

KLOSI: Dann hoffe ich doch, dass du dich immer noch freust. ^^
 

Hokuto: Na ja, das mit der Liebe ist kompliziert. Irgendwie liebt sie nämlich ein Mittelding zwischen Ren und Kuon... und somit hat sie ein Problemchen. Und ich auch, wie mir grad auffällt.
 

Umnije: Kaede hasst Hochzeiten. Da wäre es ein Wunder gewesen, wenn sie ihre eigene gemocht hätte. Und schön, dass das Kap schön war. XDDDD
 

DarkEye: Es geht so weiter, wie du es gleich lesen kannst. ^^
 

Serenade: Danke für die vielen Kommis. *freu* Und keine Sorge. Ich bin zwar eine Katastrophenschreiberin (und ich betone das “eine”, es gibt noch ein paar andere auf dieser Seite), aber Kyoko wird höchstens schwanger, wenn sie irgendjemanden geheiratet hat. Zum Beispiel... Shotaro! XDDD Nein, keine Sorge. DAS wird auch nicht passieren. Und das mit den Brautstrauß hat einen ganz bestimmten Grund. Mal sehen, wer zuerst drauf kommt. ^.~
 

Ich wünsche euch noch eine wunderbare Woche. Wir sehen uns dann nächste Woche wieder. ich werde nämlich Stifte und Papier mitnehmen und abends vor dem Schlafengehen ganz fleißig sein, damit ihr dann wieder was zum Lesen habt. ^^

Baba,

Eure Ayako

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Kindheitserinnerungen
 

Es war ein verregneter Sonntag. Der Himmel vor dem Fenster war grau und es sah so aus, als wollte der Regen niemals enden. An solchen Tagen kann man nicht viel machen und so hatten sich Kaede, Kanae, Kyoko und Midori bei ersterer versammelt, um das Baby zu bewundern. Und um neue Tratschgeschichten auszutauschen. Außerdem berichteten sie Kanae von der Hochzeit, da die junge Schauspielerin sich an jenem Tag am anderen Ende des Landes befunden und einen Film abgedreht hatte.

"Was hast du eigentlich die ganze Zeit gemacht, Kyoko-chan?", fragte Midori. "Ich habe dich dann gar nicht mehr gesehen."

Die Schwarzhaarige verschluckte sich an dem Schluck Wasser, den sie gerade hatte nehmen wollen und begann zu husten. Ihre beste Freundin klopfte ihr auf dem Rücken, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Allerdings hatte sich ihr Gesicht in eine leuchtende Tomate verwandelt, weshalb die Freundinnen einen Blick tauschten.

"Oho, du wirst deine Zeit doch nicht etwa mit einem jungen Mann verbracht haben?", spekulierte die Älteste in der Runde und das Rot vertiefte sich.

"Okay, wer ist es?"

Als sie schließlich den Namen nannte, war es an Kaede zu husten. "WAS?"

"Und? Was ist passiert?", fragte Midori neugierig.

"Wir haben uns ge...küsst."

//Kuon, du bist ein Idiot//, dachte Kaede, doch sie beschloss erst einmal zu schweigen und zu hören, ob es bei einem Kuss geblieben war. Offenbar war es so. Na ja, wenigstens hatte ihr Bruder noch ein wenig Anstand übrig. Dennoch würde sie ein ernstes Wort mit ihm wechseln, sobald er zurückkam. Doch wann sollte das sein?

“Warum hat er sie denn geküsst?”, fragte Kanae verwirrt. “Ich dachte, er erinnert sich nicht mehr an sie.”

“Ach weißt du, Männer tun oft Dinge, die noch nicht einmal sie selbst verstehen”, versicherte ihr Midori. Darauf folgte eine äußerst amüsanter Monolog, in dem sie ihnen ihre zahlosen Beziehungen und Affären schilderte. Aber Kaede wusste, dass sie vom Thema ablenken wollte. Auch sie selbst hatte ihren Bruder geliebt, nicht wahr? Ob es ihr weh tat, zu hören, dass die erste Frau, die er in seinem “neuen Leben” küsste nicht sie selbst war?

Es war alles so kompliziert, doch was hatte sie erwartet? Dass alles wieder gut sein würde, wenn ihr Bruder wieder da wäre?

Es wird nie wieder alles gut werden. Das weißt du. Zuviel ist geschehen und zu viele Wunden sind verursacht worden. Es gibt kein Happy End in dieser Geschichte. Also hör auf, dich zu beklagen und genieße dein eigenes Happy End.

Happy End. Sie war verheiratet, gut. Sie hatte einen Sohn, toll. Sie hatte Freunde, wunderbar. Ihr Bruder war nicht tot, juhu! Doch erstens hasste sie Ehen, zweitens hatte sie auch einen Sohn verloren, drittens waren ihre Freunde auch regelmäßig am Streiten oder wollten sie umbringen und viertens hatte ihr Bruder alles vergessen. Wirklich ein tolles Happy End!

“Hey, Kaede. Wie geht’s eigentlich deinem lieben Gatten?”, holte Midori sie aus ihren Gedanken heraus.

“Oh gut. Die Woche Urlaub hat ihm gut getan. Aber ab jetzt geht er wieder richtig an die Arbeit.”

“Hoffentlich überarbeitet er sich nicht”, sagte Kanae besorgt.

“Keine Sorge, ich werde das schon verhindern”, entgegnete Kaede grimmig und alle lachten.
 

Als Kyoko später an diesem Tag fühlte sie sich frisch und erleichtert. Sie war froh, dass Kaede sie nicht mehr auf den Kuss angesprochen hatte und es ihr auch nicht übel nahm. Die Schwarzhaarige hielt kurz inne und erinnerte sich an diesen Moment auf dem Schiff, als er ihr näher kam und... aber warum hatte er das getan? Diese Frage stellte sie sich seitdem immer wieder. Hatte er mit ihr gespielt oder empfand er vielleicht doch noch was für sie? Und wenn ja, was dann? Würden sie wieder zusammensein, so wie früher? Zusammenleben, Saya großziehen, in einem Haus leben, vielleicht selbst Kinder haben? Aber darüber durfte sie sich keine Gedanken machen. Denn wenn sie sich Hoffnungen machte und sie wusste, dass sie das tat, dann würde es zu sehr schmerzen, wenn sie enttäuscht werden würden.

Vielleicht wäre es einfach das beste, wenn sie sich einen neuen Freund suchen würde. Es schien ja ganz einfach zu sein. Midori hatte schon so viele gehabt. //Stimmt, aber sie liebt Kuon immer noch//, sagte die zynische Stimme in ihr. //Genauso wie du, kann sie sich nicht von ihm lösen.//

Es gibt Liebe, die vergeht und dann gibt es auch noch Liebe, die ewig währt. Kyoko hatte das Pech letztere Liebe bereits kennengelernt zu haben.
 

Es gibt Männer, mit denen ist man nur eine Zeit lang zusammen. Als Beschäftigung und Ablenkung von der tristen Welt da draußen. Damit man nicht ganz so allein ist. Manchmal kommt es auch vor, dass man diese Männer wirklich liebt, doch diese Liebe ist nicht von Dauer. Die Trennung tut weh, ja. Aber man ist in der Lage, ohne sie weiterzuleben und jemand anderes zu finden. Doch einige haben das Pech oder Glück, je nach dem, wie man es auffasst, eines Tages dem Einen gegenüber zu stehen. Sobald man Ihn kennengelernt hat, gibt es niemand anderen mehr. Nur noch er zählt für dich, du willst alles für ihn tun und weist er dich zurück ist es, als würdest du sterben.
 

Kyoko erinnerte sich an diese Worte. Sie hatte sie einmal in einem von Midoris Büchern gelesen. War es nicht sogar Desert Rose gewesen?
 

Desert Rose ist meine Gesichte. Es ist nicht einfach ein Buch. Es ist mein Leben. Darin sind meine Gefühle, meine Gedanken, meine Wünsche, Ziele und Ängste zu finden. Wenn man mich kennenlernen will, sollte man dieses Buch lesen. Denn dann weiß man alles über mich.
 

Das hatte die Autorin Kyoko einmal erklärt, vor langer Zeit, als Kuon noch an ihrer Seite gewesen war und das Leben voller Licht. Aber das Leben ist doch immer noch voller Licht! Ganz plötzlich wurde der Schwarzhaarigen diese Tatsache bewusst. Das Licht war überhaupt nicht mit Kuon verschwunden! Es war verschwunden, weil sie es nicht mehr sehen wollte! Dabei war es die ganze Zeit da gewesen, hatte sie umkreist und versucht, zu ihr durchzudringen. Sie hatte es aber nicht gelassen, sondern sich in der Dunkelheit verkrochen und alles andere vergessen. Wie hatte sie nur so dumm sein können?

Lachend schloss sie die Tür auf und achtete nicht auf das verdutze Gesicht von Sayas Babysitterin. Endlich! Endlich hatte sie es verstanden! Das Licht war immer noch da! Es war nie weggewesen. Aber sie konnte es wieder sehen! Selbstverständlich waren die Wunden der Vergangenheit noch da. Doch sie taten nicht mehr so weh. Denn sie hatte endlich begriffen, dass sie nicht alleine damit war.
 

Es ist schon seltsam, wie man immer wieder zum gleichen Ort zurückkehrt. So, als würde er einen anziehen, ein unendlicher Fluch, der einen nicht loslässt. Eigentlich hat jeder Mensch einen solchen Ort. Sei es das Elternhaus, ein geheimer Platz, den man sich in seiner Kindheit als Versteck ausgesucht hatte oder die Nähe einer bestimmten Person. Man braucht so einen Ort, eine Art Heimat, in die man immer wieder zurückkehren kann, ohne darüber nachzudenken. Es ist ein Zufluchtsort, der einem Sicherheit gibt. Ein Mensch, der einen solchen Ort nicht besitzt, ist sehr zu bemitleiden.

Kuon hatte auch einen solchen Ort. Es war ein Ort, den er fast überall finden konnte. Zumindest auf jeden Kontinent. Denn dieser Ort war das Meer. Die Wellen, der salzige Geruch, die Möwen, das wunderbare Rauschen, der Sand unter seinen Füßen, ein schaukelndes Boot... Dinge, die ihm immer Trost gespendet hatten. Wenn er jemals Kummer gehabt hatte, war er ans Meer gegangen. Wenn er sich einsam fühlte, war er ans Meer gegangen. Wenn er Entscheidungen zu treffen hatte, nachdenken musste oder einfach seine Ruhe haben wollte, war es immer das Meer gewesen, das er sehen wollte. Das er brauchte.

So getrübt seine Erinnerungen auch sein mochten, das Gefühl war geblieben. Wenn er irgendwo auf diesem Planeten ein Zuhause hatte, dann war es auf den Ozeanen. Oder zumindest an ihnen. Deshalb war es ihm nicht schwer gefallen, zwischen der Schauspielerei und dem Seemannsdasein zu wählen.

Jetzt, wo er wieder an der Reling stand und hinüber zum nächtlichen Tokio sah, fühlte er sich so wohl, wie lange nicht mehr. Nun, das stimmte auch nicht ganz. Auf der Hochzeit seiner Schwester hatte er sich auch wohl gefühlt. Besonders als er Kyoko...

Hastig schüttelte er den Kopf. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sie einfach so zu küssen? War er wahnsinnig geworden? Wahrscheinlich. Aber es hatte sich so richtig angefühlt. Vielleicht liebte er sie ja immer noch, irgendwo tief in sich.

In diesem Moment hörte er, wie Schritte näher kamen und im nächsten Moment stand der Captain neben ihm und lehnte sich an die Reling.

"Ein schöner Anblick, nicht wahr?"

Kuon nickte.

Schweigen kehrte ein. Die Wellen klangen plötzlich unangenehm laut und die Lichter waren zu intensiv.

"Morgen brechen wir auf", sagte der Ältere leise.

"Ich weiß."

"Kuon, ich bin natürlich froh, dass du dich uns wieder anschließen willst, aber du wirkst nicht glücklich mit dieser Entscheidung."

Der Blondhaarige wandte sich verdutzt zu ihm um und sah ihn an. Nicht glücklich? Was meinte er damit?

"Irgendetwas hält dich hier fest, Kuon", sagte der Captain ruhig. "Etwas, das du selbst nicht verstehst. Oder vergessen hast."

Vergessen. Er hatte schon so viele Dinge vergessen. Auf eines mehr oder weniger kam es da wirklich nicht mehr an. Dennoch wusste er, dass er Recht hatte. Irgendetwas oder vielleicht doch irgendjemand? hielt ihn hier fest.

"Captain", sagte er und heftete seinen Blick auf die aufgehende Sonne. "Kann man jemanden lieben, den man vergessen hat?"

"Ich denke schon", entgegnete der Gefragte ruhig. "Aber das wirst du selbst herausfinden müssen. Eins sei jedoch gesagt: Egal, wie du dich entscheidest, du bist immer auf meinen Schiff willkommen. Das verspreche ich dir."

Er klopfte dem jungen Mann auf die Schulter und ging davon. Als er an der Tür zum Unterdeck angekommen war, hörte er ein lautes Platschen und er lächelte. Ja, das hatte er sich schon gedacht. Es hätte ihn schon sehr gewundert, wenn der Junge sich anders entschieden hätte.
 

Wenn man es genau nimmt, ist man niemals zu alt zum schaukeln. Das Gefühl der Freiheit, dass man dabei empfindet, bleibt immer haften und die Erinnerungen an die Kindheit, in der man glücklich auf einer solchen Gerätschaft gewesen ist, gehören oft zu den Kostbarsten im Leben eines jeden Menschen. Auch, wenn diese es niemals zugeben würden und es wahrscheinlich nicht mal begriffen hatten. Denn was ist schöner, als an den Ort seiner Kindheit wiederzukehren. In die Zeit, in der man glücklich war.

Kim beobachtete lächelnd das schaukelnde Kind. Ein Junge. Wahrscheinlich drei Jahre alt. Seine Mutter stand hinter ihm und schubste ihn an. Er lachte immer, wenn er den höchsten Punkt erreicht hatte und wieder zurückgezogen wurde, sich gewiss, dass seine Mutter ihn auffangen würde. Manchmal wünschte er sich, dass auch er das behaupten konnte. Dass seine Mutter ihn auffangen würde, wenn er fallen würde.

Er war früher oft zu diesen Spielplatz gegangen, an dem er im Moment stand. Es war ein schönes Fleck Erde. Mitten in einem der größten Parkanlagen Miamis, umgeben von Bäumen, die zu jeder Tageszeit Schatten spendeten. Der Spielplatz war nicht groß. Es gab noch nicht einmal eine Rutsche. Doch das interessierte ihn nicht. Der Sandkasten und die Schaukel hatten ihm immer gereicht. Immer, wenn es regnete oder alle anderen Kinder im Schwimmbad waren, hatte er sich dorthin geschlichen, manchmal in Begleitung seines Hausmädchens. Dann hatte er stundenlang auf der Schaukel gesessen und war hin und her geschaukelt. Denn er war fest überzeugt gewesen, dass sie ihn eines Tages wegtragen würde. An einen anderen Ort, wo er eine Mama hatte, die ihn lieb hatte und einen Papa, der sich um ihn kümmerte, wenn er nicht arbeiten war. Kindische Gedanken, doch er war ja damals auch noch ein Kind gewesen. Da war es vollkommen normal, so etwas zu haben.

"Bist du schon wieder hier?"

Kim nickte nur und sah aus den Augenwinkeln, wie sein Onkel sich neben ihn stellte.

"Du bist langsam etwas zu alt, um dich andauernd an diesen Ort zu flüchten, mein Lieber."

"Wenigstens habe ich einen Ort, an den ich flüchten kann."

Mr. Teen seufzte tief. "Wie geht es dir?"

"Gut", entgegnete der Jüngere automatisch. "Wie soll es mir denn sonst gehen?"

"Deine Eltern wollen sich scheiden lassen, Kim. Niemand fühlt sich da gut."

"Hör auf, mir irgendwelche Vorträge zu halten, Onkel. Denn auch wenn du es glaubst, so hast du noch lange keine Ahnung."

"Gib bitte Kyoko-chan nicht die Schuld daran", bat Stanley. "Sie hat das ganz sicher nicht gewollt."

"Warum sollte ich ihr die Schuld geben? Es war mein Vater, der uns belogen hat. Nicht sie."

Er ballte seine Hände zu Fäusten und hatte das dringende Bedürfnis auf etwas einschlagen zu müssen. Immer war es sein Vater, der an allen Schuld hatte. Immer aus den egoistischsten Gründen. Hätte er nicht einfach schon früher seinen Mund aufmachen können? Hätte er nicht ein einziges Mal zu seinen Fehlern stehen können? Hätte er nicht ein einziges Mal etwas tun können, dass die Familie nicht ruinierte? Vielleicht ist das der Preis, wenn man ein Geschäftsmann wird. Man verliert sich selbst und die, die man liebte. Doch... liebte Jeremy wirklich irgend jemanden auf dieser Welt? Kim wagte es zu bezweifeln.

Als hätte Mr. Teen seine Gedanken gelesen, sagte dieser: "Dein Vater, er liebt dich."

Der junge Mann murmelte etwas unverständliches.

"Ich weiß, du glaubst mir nicht. Ich könnte mir selbst auch nicht glauben, wenn ich du wäre. Dein Vater hat den Hang, alles zu zerstören, was er anfässt. Nur das Geschäft... das beherrscht er. Wahrscheinlich, weil es in seinem Geschäft darum geht, andere zu zerstören. Verurteile ihn nicht, weil er immer alles zerstört. Denn auch wenn es nicht so aussieht, er beabsichtigt das nicht. Im Gegenteil: er bereut es."

"Du bist sein Bruder", sagte Kim. "Du kannst nur das Gute in ihm sehen."

"Und du bist sein Sohn. Eigentlich müsstest du genau das tun."

"Ich bin nicht sein Sohn", entgegnete Kim und schüttelte mit dem Kopf. "Denn er war niemals ein Vater."

Mr. Teen öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Letztendlich klopfte er seinem Neffen einfach auf die Schulter und ging wieder. "Denk noch einmal darüber nach", sagte er ruhig. "Das bist du ihm schuldig. Denn auch wenn er nicht dein Vater ist, so hat er dir doch das Leben geschenkt."

Kim schnaubte, sagte jedoch nichts darauf.

Leben. Na toll.

Happy Ends

So, hier ist wieder ein neues Kap von mir und ich hab es auch ein wenig länger gestaltet. Ich hoffe, euch gefällt die heutige Länge. (Und ich hoffe, dass sie auf Mexx auch wirklich zu sehen ist. Es sind auf meinen Schreibprogramm auf jeden Fall sechs Seiten Handlung, jawohl!)

Danke übrigens an alle, die mir einen schönen Urlaub gewünscht haben. Er war wirklich klasse, nur leider viel zu schnell um. Na ja, ich hab ja (zum Glück) noch zwei Wochen Ferien...

Und keine Sorge, das ist nicht das letzte Kapitel, auch wenn der Titel das vielleicht vermuten lässt. Noch bin ich nicht fertig. XDDDDDD

Doch nun zu euren Kommentaren:
 

DarkEye: ^^
 

Susilein: Ich hab nicht weitergeschrieben, weil ich beim Kuss nicht weiterschreiben wollte. Punkt. Kims Gespräch mit Stanley war übrigens auch mein Lieblingspart. ^^
 

-_kisu_-: Ich könnte dir jetzt eine seitenlange Antwort schreiben. Aber ich hab Angst, dann zu viel zu verraten. Auf jeden Fall: Danke. Vielen, vielen Dank. Mit so einem langen Kommi hab ich wirklich nicht gerechnet. XDDDD Erinnere mich daran, dir bei Gelegenheit noch mal eine ENS dazu zu schreiben. Im Moment hab ich nämlich leider keine Zeit... ^^"
 

little-sister: Doch, ich kann es mir vorstellen.
 

KLOSI: Ich beeil mich nicht mit den Urlaub. Er war eh viel zu schnell vorbei. T-T Aber egal. Ich bin froh, dass du dich über die Handlung freust. Hoffen wir, dass es so bleibt. Und dein Warten hat ja jetzt auch ein Ende.
 

Umnije: Also... mir gefallen die Gedankengänge auch immer sehr gut. Und mit dem Finale hast du nicht ganz Unrecht... aber dazu gibt es demnächst noch mehr Infos.
 

Serenade: Danke für dein Lob und alles. Ich hoffe, dieses Kap gefällt dir auch wieder.
 

milmirjia: Kurze Kommis mag ich auch. *strahl* Danke schön. Ich hab übrigens nicht zuviel Geld ausgegeben. Wenn du magst, kann ich dir ja noch ne ENS zu dem Thema schreiben. ^^ Aber genug dazu. Dieses Kap ist auf jeden Fall KEIN Füllkapitel. Und jeder, der das behauptet gehört erschossen (oder etwas weniger tödliches XDDD).
 

Lioba: Was Kuon vorhat weißt du gleich. XDDDDD
 

Hokuto: Ja, Kindheitsträume sind was tolles. *seufz* Und ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie du das mit Mr. Teen meinst. Denn ich persönlich empfand es nicht so... aber vielleicht ist das auch ganz gut so. XDDDD Und ich denke auch, dass sich der Captain gut mit Rory verstehen könnte. Mal sehen... vielleicht bau ich ja mal einen Absatz mit den beiden ein...
 

Patrice-Kyoko: Ich glaub, dass mit Kim wird nichts mehr. Auch wenn mir der Gedanke doch ganz gut gefällt... na ja, vielleicht mach ich es einfach genauso wie andere Leute und mach noch eine OS mit Outtakes. XDDDDDDDD Und ich denke, dieses Kap ist schon mal ein gutes Zeichen für die Erholung. ^^
 

Kyoko_16: Ich bin froh, dass ich dir helfen konnte. ^^ Und ja, das Licht ist überall! *fest überzeugt ist*
 

So, wie immer wünsch ich euch allen ganz viel Spaß oder zumindest Spannung mit diesem Kap. Und danke auch für die inzwischen 250 Kommigrenze, die ihr geknackt habt. Dafür gibt es für jeden Kekse wahlweise auch Gummibärchen!!!!

Bis demnächst,

Eure Ayako

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Happy Ends
 

Der Moderator räusperte sich und sagte: “Es folgt ein Auszug aus dem Hörbuch zur Biographie von Kyoko Hizuri, geschrieben von Midori Takechi.”

Er verstummte und die melodische Stimme, einer berühmten Synchronsprecherin erklang aus den Lautsprechern des Radios:

“Ich habe eine Frage. Diese Frage erfordert eine Antwort, auch wenn sie mir vielleicht niemand geben kann. Es ist eine Frage, die sich viele stellen, aber nur wenige sprechen sie auch laut aus, weil sie Angst vor der Antwort haben. Es ist eine Frage, die in allem steckt, was wir sehen, fühlen, hören und tun. Doch kenne ich niemanden, der die Antwort darauf kennt.

Wie die Frage lautet? Was ist Liebe? Drei Worte. Ein Fragewort, ein Verb und ein Substantiv. Nicht zu vergessen das Fragezeichen am Ende. Was ist Liebe? Rein grammatikalisch ist es eine einfache Frage nach einem Objekt oder Adjektiv. Auch die Antwort wäre einfach formuliert. Liebe ist Punkt, Punkt, Punkt. Aber was kommt anstatt des Punkt, Punkt, Punkt? Was ist die Antwort?

Einige Leute behaupten, dass Liebe nichts weiter ist, als eine Illusion, die unser Gehirn und Körper entstehen lässt, damit die Fortpflanzung gesichert ist. Was für ein Quatsch kann ich da nur sagen. Liebe ist doch nicht einfach für die Fortpflanzung gut, auch wenn das ein netter Nebeneffekt sein kann, wie ich zugeben muss. Denn was ist dann bitteschön mit der Liebe unter Freunden, auch genannt Freundschaft oder der Liebe unter Geschwistern. Oder Nächstenliebe? Ich meine, da geht es ja nun wirklich nicht um die Selbsterhaltung, oder? Es ist eher ein Gefühl, wenn nicht sogar ein Gefühlsgemisch: Vertrauen, Freude, Erinnerungen, Zusammensein, Lachen, Weinen, Trauer, Wut, Eifersucht... Liebe.

Oder wenn jemand ganz gerne reitet, dann sagt er: Ich liebe reiten. Aha. Laut obengenannten Personen müsste das heißen, dass er sich durchs reiten fortpflanzt. Was ich zu bezweifeln wage. Andererseits, kann ich es wissen? Immerhin konnte ich mich niemals wirklich mit Pferden anfreunden.

Aber kommen wir zum eigentlichen Thema zurück. Liebe. Da ist keine Illusion. Das ist vielmehr die harte Realität. Irgendwie hat jeder schon einmal geliebt. Denn nur durch Liebe entstehen auch Gefühle wie Hass und Verbitterung. Nur ein Mensch, der vollkommen gleichgültig und gefühlsarm ist, kann behaupten, er hätte nie geliebt. Obwohl, auch das kommt durch Liebe.

Auch ich habe geliebt und liebe immer noch. Märchen. Sie sind mir wichtig. Es ist gut zu wissen, dass manche Dinge ein Happy End haben, selbst wenn sie nur in unserer Fantasie geschehen. Es ist schön, der Realität zu entkommen...

Ich liebe meine Mutter. Auch jetzt noch, nach allem, was sie mir angetan hat. Ich wünschte, sie könnte auch mich lieben. Doch es gibt Wünsche, die können nicht erfüllt werden. Oder?

Ich liebe meine Freunde, die immer für mich da sind, wenn ich sie brauche. Mit denen ich lachen und weinen kann. Ich bin dankbar, ihnen begegnet zu sein.

Ich liebe meine Familie. Meinen Vater, meinen Cousin, meinen Halbbruder und meine kleine Halbschwester. Auch wenn ich einige von ihnen kaum kennen, sind sie mir wichtig und ich will sie nicht missen.

Ich liebe meine Arbeit.

Ich liebe mein Leben.

Ich liebe mich selbst, meine Fehler, meine Erinnerungen, meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft. Wie sie auch aussehen mag. Wie viele Tränen ich auch vergießen werde. Jeder neue Tag wird kostbar sein. Denn du bist wieder an meiner Seite.

Ich liebe dich und ich werde immer da sein. Bis zu deinem letzten Atemzug.”

Das Mädchen drehte sich staunend zu ihrer Mutter um. “Sind das wirklich deine Gedanken, Mom?”

Kyoko lächelte. “Ja, das sind sie, aber keine Sorge”, sie fuhr ihrer Tochter mit der Hand über die Wange. “Daddy wird noch lange leben, also ist bis zu seinem letzten Atemzug noch viel Zeit.”

Das Gesicht ihrer Tochter hellte sich sofort wieder auf. “Das ist toll! Dann können wir ja alle zusammen Eis essen gehen, wenn er wieder da ist.”

“Ja”, entgegnete ihre Mutter. “Das können wir.”


 

Erinnerungen sind nicht etwas greifbares. Sie sind viel eher wie Seifenblasen. Man kann ihnen dabei zusehen, wie sie vorbeifliegen, doch sobald man nach ihnen greifen will, zerplatzen sie und kommen nicht zurück. Man darf Erinnerungen nicht herbeizwingen, sie kommen von ganz allein.

Während Kuon durch das kalte Wasser schwamm, kam es ihm vor, als schwämme er durch seinen Kopf. Mit jeder neuen Armbewegung kam eine neue Seifenblase und zeigte ihm eine Szene aus einer Vergangenheit, die er zu vergessen geglaubt hatte. Doch nun kam sie zurück. Stück für Stück.

Seine Familie, seine Freunde, seine Arbeit, Gefühle, Emotionen... es war, als wäre ein Damm gebrochen und das Wasser würde ihn nun überfluten. So kam es, dass der Mann, der an diesem Morgen aus dem Meer stieg nicht Kuon Hizuri war. Es war auch nicht Ren Tsuruga. Nein, dieser Mann war eine Mischung aus beiden und er hatte nur ein Ziel: Kyoko Mogami alias seiner großen Liebe. Doch da es sie vielleicht erschrecken könnte, wenn er am früh en Morgen bei ihr auftauchte, darüber hinaus auch noch klitschnass, beschloss er, sich zuerst ein etwas gepflegteres Aussehen zuzulegen. Also machte er sich auf den Weg.
 

Kaede wusste sofort, dass er seine Erinnerungen wieder hatte. Sie konnte es an seine Mimik und Gestik erkennen. er hatte wieder etwas von seinem früheren Ich angenommen und diese Tatsache war gleichzeitig beruhigend und besorgnisregend. Allerdings schluckte sie jegliche Befürchtungen und anklagende Worte herunter und sagte: “Du bist klitschnass.”

Ihr Bruder verdrehte die Augen. “Tatsächlich? Wie kommst du nur auf die Idee?”

“Ganz einfach, weil du mir die Diele voll tropfst. Was hast du denn gemacht? Bist du in den Fluss vor deiner Kneipe gestürzt, weil du zu besoffen warst, um einen vernünftigen Schritt zu tun oder was?”

“Nein, ich hatte Lust, auf ein kleines Bad am Morgen und war ein bisschen im Meer schwimmen.”

“Wirklich? Und sie ist die Temperatur?”

“Recht kühl.”

“Ja, das merke ich, aber ich wollte die vom Wasser wissen und nicht von der hiesigen Umgebung.”

Er warf ihr einen bösen Blick zu, der aber einen Moment später von seinem berühmt berüchtigten Gentlemanlächeln abgelöst wurde. “Recht kühl? Es ist hier doch nicht recht kühl. Ich würde eher sagen, es ist eiskalt.”

"Ja und die Kälte kommt von irgendeinen Punkt in deiner Nähe, Darling. Ich frage mich, ob das beabsichtigt oder Zufall ist."

"Das würdest du wohl gerne wissen."

"Oh ja, aber ich glaube, ich kenne die Antwort."

"Tatsächlich? Und wie lautet sie?"

"Du willst mich einschüchtern."

"Nicht schlecht, meine Liebe. Hundert Punkte."

"Ui, hundert Punkte! Was bekomm ich denn jetzt dafür?"

Sie sah ihn mit strahlenden Augen an. Er verdrehte die seinen. "Kann ich reinkommen oder soll ich hier solange stehen bleiben, bis das Wasser verdunstet ist?"

"Das wäre mir sehr recht", versicherte sie ihm. "Denn dann muss ich nichts aufwischen. Komm trotzdem rein. Nicht dass du dich noch erkältest."

"Danke", sagte er und betrat die Wohnung. In diesem Moment kam Yashiro mit einem schreienden Ben aus dem Nebenzimmer und sah die beiden verdutzt an. "Kuon, was ist denn mit dir passiert?"

Das Baby hörte auf, zu schreien und sah seinen Onkel mit großen Augen an. Kaede kicherte.

"Oji-san hat ein Bad genommen. Da musst du nicht so erschrocken sein."

Sie klopfte ihrem Bruder auf die Schulter und nahm ihrem Mann das Kind ab. "Komm, mein Kleiner. Zeit zum essen."

Ihn auf und ab wippend ging sie Richtung Wohnzimmer davon. Bevor sie den Raum betrat, drehte sie sich noch einmal um und lächelte. "Du weißt doch, wo das Badezimmer ist, nicht wahr?" Damit war sie verschwunden.

Die beiden Männer sahen ihr leicht irritiert hinterher, ohne ein Wort zu verlieren. Schließlich sagte Yashiro: "Du warst im Meer schwimmen? Mit deiner Kleidung?" Er klang belustigt.

Kuon zuckte mit den Schultern. "Es war gerade keine Umkleide in der Nähe."

"Ah, natürlich. Da musstest du schließlich alles anlassen." Der Manager kicherte. "Was machst du eigentlich hier? Müsstest du nicht auf diesem Schiff sein?"

"Ja, schon..."

Plötzlich kamen ihm Zweifel auf. Machte er wirklich alles richtig? War es wirklich die richtige Entscheidung, zurückzukehren?

//Ja, ist sie.//

Er wusste nicht weshalb, doch er war überzeugt, dass alles gut gehen würde. Sein ganzes Leben war eine Tragödie gewesen. Es hatte gute Zeiten gegeben, das konnte er nicht bestreiten, aber letztendlich hatten die schweren überwogen. Er hatte Menschen verloren, die er liebte. Andere hatte er verletzt und auch er selbst war nicht vom Schmerz verschont geblieben. Wenn jemand behauptet, dass er oder sie weiß, was das ist, kann diese Person es nicht wissen. Denn alles, was weh tut, kann zu einer sanften Berührung werden, sobald man einen größeren Schmerz erleidet. Seine Vergangenheit war eine Tragödie gewesen, doch Kuon würde sich sein Happy End holen. Koste es, was es wolle. Aber davor war es Zeit, für eine warme Dusche.

Und einen Besuch in der nächsten Einkaufspassage.
 

Kyoko Mogami hatte frei. Sie konnte es selbst noch nicht ganz glauben, aber es war so. Der Präsident war der Meinung gewesen, dass sie sich einen Tag Urlaub redlich verdient hatte. Aber was tun an seinen freien Tag? Kyoko dachte lange über dieses Problem nach, bis sie zu dem Schluss kam, ihre beste Freundin anzurufen.

"Hallo?", hörte sie nach dem fünften Klingeln die mürrische Stimme Kanaes.

"Meine Liebe, ich bin es!", verkündete die Jüngere fröhlich. "Hast du Lust, mit mir shoppen zu gehen? Der Präsident hat mir nämlich frei gegeben und da du ja auch frei hast, dachte ich, wir könnten..."

Bevor sie ihren Satz beenden konnte, unterbrach Kanae ihren Redeschwall: "Tut mir wirklich Leid, Kyoko-chan, aber ich bin mit Shin verabredet."

Kyoko schluckte und wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Eigentlich hätte sie es ja wissen müssen. Während sie allein war, hatte alle anderen jemanden, der...

"Vielleicht ja ein andermal", sagte ihre Freundin schnell.

“Ja, okay... viel Spaß und grüß Shin von mir.”

Noch bevor die andere etwas sagen konnte, legte sie auf.

Toll. Wirklich toll. Und nun?

Saya war in ihrer Kindergrippe. Das heißt, sie musste sie erst heute Nachmittag wieder abholen. Aber jetzt war es Vormittag, die Sonne schien und sie stand mitten in einem Park im Herzen Tokios. Obwohl Park übertrieben war. Genaugenommen war es nur eine kleine Wiese mit ein, zwei Bäumen unter denen sich ein paar Leute versammelt hatten, um ihre Bentos zu verspeisen. Seufzend verließ sie diesen Ort wieder und lief den Fußgängerweg entlang zur nächsten U-Bahnstation. Was sollte sie jetzt tun? Ziellos herumlaufen bzw. fahren? Oder sich ein Ziel suchen? Aber was sollte das sein?

Eine halbe Stunde später fand sie sich am Meer wieder. Sie mochte es eigentlich nicht, da es sie an Kuon erinnerte, aber ihre Füße hatten sie hierhergeführt. Vielleicht wollte sie ja gerade deshalb hierher. Weil das Meer für sie Kuon war. Tief seufzend wanderte sie den Fußgängerweg entlang, der sich auf einer Anhöhe unweit des Wassers befand. Die Augustsonne strahlte erbarmungslos auf sie herab und schon bald wünschte sie sich, sie wäre wieder Zuhause. Da gab es wenigstens eine Klimaanlage. Andererseits würde es dort auch nicht viel besser sein und hier konnte sie wenigstens laufen und den Geräuschen des Meeres lauschen. In diesem Moment waren noch nicht viele Leute hier. Nur einige ältere Ehepaare, die spazieren gingen und die eine oder andere Familie, die im Wasser herumtobten. Stimmt, es war ja Wochenende. Seltsam, dass dennoch nur so wenige Leute hier waren...

Plötzlich blieb sie stehen. Moment. War das da vorne nicht...?

Eilig lief sie weiter, auf die einzelne Gestalt zu, die sich an das Geländer gelehnt hatte, dass vor dem Runterfallen schützen sollte und ins Meer hinaus starrte. Mann oh Mann, der sah ja heute noch deprimierter aus, als sie selbst im letzten Jahr.

Neben ihm blieb sie stehen und sagte: "Hizuri-san?"

Kuu drehte sich erschrocken um und sah sie an. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, das dem seines Sohnes so sehr ähnelte und einen schmerzlichen Stich der Sehnsucht in ihr auslöste. Wann sie Kuon wohl wiedersehen konnte?

"Kyoko-chan", sagte der Mann. "Was für eine Überraschung."

"Was machen Sie denn hier? Ich dachte, Sie würden wieder nach Amerika fliegen."

"Nun... ja. Morgen früh geht es fort."

"Ah..."

"Ich wollte mir ein bisschen die Beine vertreten", fuhr Kuu eilig fort und versuchte erfolglos eine heitere Stimmung aufzusetzen. "Mein Hotel ist ganz in der Nähe und... na ja." Er verstummte wieder, als er sah, dass er sie nicht überzeugen konnte und sah wieder aufs Meer hinaus. "Ein schöner Tag heute, nicht wahr?"

"Ja", erwiderte Kyoko. "Aber Hizuri-san, ist irgendetwas passiert? Sie sehen etwas... geknickt aus."

Kuu sah sie überrascht an und winkte lächelnd ab. “Ach was. Ich bin nur etwas müde. Hab letzte Nacht schlecht geschlafen. Die Hitze. Sommer ist schon etwas elendes.”

Die Jüngere legte ihren Kopf schief und sah ihn durch zusammengekniffenen Augen an. “Hizuri-san”, sagte sie und mit jeder Silbe wuchs die unterdrückte Drohung. “Was ist passiert?”

“Ähm... nun... ach, es ist wegen Julie”, gab er auf und ein trauriger Ausdruck legte sich auf seine Züge. “Ich verstehe sie einfach nicht. Und überhaupt.”

Ein tiefes Seufzen schloss diesen kurzen Monolog ab und Kyoko fragte sich, ob sie nicht doch lieber etwas anderes hätte fragen sollen. Sie suchte gerade nach einem Themenwechsel, als er fortfuhr: “Ich habe in meinen Leben viel falsch gemacht. Besonders wenn es um Kaede und Kuon ging. Doch das schlimmste, was ich ihnen antun konnte war, ihre Mutter zu verlieren. Ich glaubte, sie wäre tot. Aber sie lebt und ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich... ich liebe sie. Und ich denke, dass sie mich auch liebt, aber... ich scheine mich zu irren. Reden tut sie auch nicht mit mir. Ich würde ihr gerne so viele Fragen stellen, aber sie würde mir nie antworten. Weißt du, als ich sie das erste Mal wiedersah, dachte ich für einen kurzen Moment, dass jetzt alles wieder so wie früher werden könnte, aber ich habe mich geirrt. Es wird nie wieder so wie früher sein. Dafür ist es jetzt wohl zu spät.”

Kyoko schluckte. Warum gab es eigentlich immer jemanden, der unglücklich war?

“Nun, das ist jetzt auch egal”, sagte Kuu und es klang abschließend. “Morgen fliege ich wieder nach Hause und...”

“Julie liebt Sie.”

Der Blondhaarige blinzelte. “Was?”

“Sie liebt Sie”, wiederholte Kyoko. “Ich habe es ihr angesehen. Wenn sie mit Ihnen spricht, ist da dieser Ausdruck, den nur Liebende haben. Ihre Frau, Julie, sie liebt Sie immer noch. Glauben Sie mir.”

Kuu Hizuri sah sie ungläubig an. “Bist du dir sicher?”

“Ja. So sicher, wie nicht oft im Leben.”
 

“Du hattest Recht.”

Kaede blinzelte und sah Sho verdutzt an. “Hä?”

Er setzte sich auf einen Küchenstuhl und starrte auf den Tisch. Sie war gerade dabei gewesen, das Mittagessen zuzubereiten, als es an der Tür geklingelt hatte und der junge Mann hereingekommen war.

“Also wirklich, immer diese jungen Männer. Da werd ich ja fast eifersüchtig”, hatte Yashiro daraufhin kommentiert. Im Moment saß er vor seinem Laptop und bereitete Kyokos Zeitplan für die nächste Woche vor, während Ben neben ihm in einem Laufgitter lag und vor sich hin brabbelte.

“Du hattest doch gesagt, dass ich zuerst mir selbst vergeben müsste, wenn ich von jemanden Vergebung verlange”, fuhr Sho fort. “Ich habe über deine Worte nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass du Recht hast. Die ganze Zeit über habe ich mir selbst viel zu große Vorwürfe gemacht. Doch anstatt mir selbst zu arbeiten, wollte ich von allen anderen die Vergebung haben, dich ich selbst nicht...”

Kaede hob die Hand. “Stop.”

Der Jüngere verstummte augenblicklich und sah sie reuevoll an. Zu seiner Überraschung lächelte sie. “Sho”, begann sie. “Hör auf, so zu reden, ja? Du hörst dich ja an, wie eine Figur aus einem schlechten Liebesroman.” Er lachte und ihr Lächeln wurde breiter. “Allerdings bin ich froh, dass du das genauso siehst, wie ich. Also, mein Freund. Hunger?”

“Na klar.”

“Yashiro!”, rief sie. “Essen ist fertig!”

“Ich komme gleich!”, rief er.

Kaede schüttelte den Kopf. “Das heißt also, in fünfzehn Minuten.”

Sho grinste, während sie Teller herausholte und auf den Tisch verteilte. “Du kommst ziemlich gut damit klar.”

“Womit?”

“Na mit allem. Muttersein und das Hausfrauendasein. Ich hätte dir das nicht zugetraut.”

“Ich mir auch nicht”, versicherte sie ihm. “Ich dachte, ich würde es vom ersten Augenblick an hassen. Aber... ich komme damit zurecht.” Sie lächelte. “Ich bin froh, Mutter zu sein und eine Familie zu haben. Früher hätte ich gedacht, dieses Leben würde mich langweilen, doch inzwischen weiß ich, dass es das ist, was ich immer gesucht habe. Und ich bin glücklich damit.”

“Das freut mich”, entgegnete er und ihr Lächeln wurde breiter.

“Danke”, sagte sie. “Danke, dass du hier bist.”

Er sah sie verdutzt an. “Hä?”

“Ich bin froh, dir begegnet zu sein”, sagte sie. “Und, dass wir Freunde sind.”

“Hey! Jetzt klingst du, wie jemand aus einem schlechten Liebesroman!”, empörte er sich. Sie brach in schallendes Gelächter aus.

“Kaede?”, sagte er, als sie sich wieder beruhigt hatte.

“Hm?”

“Ich bin auch froh, dir begegnet zu sein.”

Sie lächelte und nickte. Danach wandte sie sich wieder den Töpfen auf dem Herd zu, die vor sich hinköchelten. Ja, sie war mit ihrem Leben vollkommen zufrieden. Denn sie war nicht allein.
 

“Kuon, was ist denn los?”

“Gar nichts.”

“Das glaube ich dir nicht! Du bist schon die ganze Zeit so seltsam. Ist etwas passiert?”

“Nein.”

“Sicher?”

“Kaede, halt deinen Mund.”

“Aber...”

“Ich habe gesagt, du sollst deinen Mund halten!”

Er sah sie zornig an und sie verstummte sofort. Vor Schreck, vermutete er. Gut so. Eilig stand er auf und rannte davon. Ließ sie einfach mitten auf dem Schulhof stehen. Das hatte er noch nie getan. Genausowenig, wie er sie jemals zuvor angeschrieen hatte. Die beiden war ein Traumpaar, vollkommen aufeinander abgestimmt. Nicht nur Geschwister, sondern beste Freunde. Niemand wusste, warum er sie angeschrieen hatte, aber seit jenem Tag änderte sich etwas zwischen ihnen. Die Verbindung blieb zwar, aber dennoch entfernten sie sich voneinander. Denn sie wussten: Zusammen konnten sie nicht ihr Happy End bekommen. Das konnten sie nur, wenn sie sich trennten.
 

Genau aus diesem Grund hatte Kuon seine Schwester nicht in das eingeweiht, was er jetzt tun würde. Er wusste auch so, dass sie es gutheißen würde. Vielleicht wusste sie auch schon, was er tun würde. Doch egal, warum auch immer. Es war an der Zeit zu tun, was er tun musste.

Er war aufgeregt. Verdammt aufgeregt. Was, wenn alles schief gehen würde? Wenn er sich blamieren würde?

//Reiß dich gefälligst zusammen! Du schaffst das!//

Ach, er wünschte, er könnte sich selbst glauben. Doch das war nicht ganz so einfach. Besonders weil sein Herz schmerzvoll in seiner Brust klopfte und er das Gefühl hatte, er müsste sich jeden Moment übergeben.

//Ganz ruhig. Es wird alles gut.//

Langsam ging er auf die Tür zu und klingelte. Das Kästchen in der Brusttasche seines Hemdes drückte unangenehm und er hatte das Gefühl, dass das Gewicht des Verlobungsringes ihn erdrücken würde. Gott, was wenn sie nein sagen würde?

Hinter der Tür wurden Schritte laut und sie öffnete ihm. Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, während er bereits fragte: “Willst du mich heiraten?”

Aus der Überraschung wurde Verwirrung und schließlich tränenreiche Freude.

Jeder Mensch hat Happy Ends verdient und manchmal schafft man es auch, eines zu bekommen.
 

Es vergingen genau fünf Jahre, bis die beiden heirateten. Während dieser Jahre, geschah vieles. Kyokos Beziehung zu ihrer Familie wurde wieder besser. Ren Tsuruga kehrte zurück und brachte viele junge Frauen dazu, vor den Kinos Schlange zu stehen. Khira Christopher stürzte sich in einen Fluss, dessen Namen Kyoko schon nach der Erwähnung vergaß. Sie hatte anscheinend zu viel getrunken. Yashiro wurde wieder Ren Tsurugas Manager und gemeinsam erreichten sie einige Erfolge. Kyoko bekam derweile eine weibliche Betreuung. Kaede widmete sich vollkommen dem Mutterdasein und schmiss den Haushalt, bemüht, ihrer Familie ein gutes Leben zu widmen. Sho Fuwa kehrte ins Musikgeschäft zurück und landete bald wieder Hits.

Midori Takechi hörte niemals auf, den Jungen aus ihrer Kindheit zu lieben, doch auch sie kümmerte sie lieber um ihre Familie und träumte nur in ihren Büchern von ihm. Shin und Kanae blieben weiterhin zusammen.

Doch das ist eine Geschichte, die nicht hier erzählt werden soll.

Kyokos Märchenhochzeit

So, da ihr alle ja zu wollen scheint, dass diese FF endlich endet, stelle ich das letzte Kapitel heute schon on. Ja, gleich ist es zuende. Irgendwie kann ich es selbst kaum glauben, dass ich es so weit geschafft habe... da werde ich doch fast melancholisch.

Aber genug dazu. Wie jedes Mal bedanke ich mich bei allen, die mir ein Kommi hinterlassen haben und diese Story von Anfang an verfolgt haben. Deshalb gilt mein besonderer Dank DarkEye, Susilein, Patrice-Kyoko, Lioba und Hokuto, die alle vom ersten Kap von PotP dabei sind und bis jetzt immer ein Kommentar hinterlassen haben. Ich danke euch dafür, dass euch diese drei FFs so gut gefallen haben und ihr immer eure Meinung dagelassen habt. Danke.

Als nächstes danke ich milmirjia und -_kisu_-, die mir beide immer die längsten Kommis überhaupt dagelassen haben. Ich hoffe, wir lesen auch weiterhin voneinander.

Außerdem geht mein Dank auch an Umnije, Serenade, Pantapori, little-sister, zhara, Mai_ling, KLOSI und Kyoko_16 für ihre Kommentare. Ich habe mich immer über jedes einzelne gefreut.

Und dann natürlich auch noch meinen Beta Ryuni-Ki. Ich glaube, da muss ich nicht viel hinzufügen.

Als allerletztes gibt es noch einen Dank an die 17 Leute, die ADiP als Favo haben. Ich bin froh, dass euch meine FF so gut gefallen hat. ^^

Die, die mir zum letzten Kap ein Kommentar geschrieben haben, müssen mir dieses Mal verzeihen, dass ich ihnen an dieser Stelle nicht antworte. Wenn ihr noch eine Antwort wollt, dann schreibt mir einfach eine ENS oder fragt mich im Kommi danach. ^^

Ach ja und wenn jemand von euch jetzt schon auf die ENS Liste einer weiteren FF möchte, die ich eventuell schreiben könnte, dann sagt mir bitte Bescheid. Ihr kommt ganz bestimmt drauf, versprochen.

So, aber nun genug. Beenden wir diese FF.

Bis zum nächsten Mal,

Eure Ayako Shiro

__________________________________

Kyokos Märchenhochzeit
 

“O-kaa-san! Wo bleibst du denn? Wir kommen noch zu spät zu Oji-sans Hochzeit!”

“Ben, stresse deine Mutter nicht so. Sie ist immerhin eine Frau”, versuchte Yashiro ihn zu beruhigen.

“Jaja, macht euch nur lustig über meine Leiden”, hörten sie Kaedes Stimme und sie drehten sich um. Yashiro verschlug es unwillkürlich die Sprache. Ihr blondes Haar war zu einer kunstvollen mit Blumen verzierten Frisur hochgesteckt. Sie trug ein cremefarbenes Kleid mit einem sehr gewagten Dekollete und er war sich sicher, dass ihr Rücken vollkommen frei war. Der Saum des Kleides reichte bis zum Boden. Um ihren Hals hing dieselbe Perlenkette, die sie schon zu ihrer eigenen Hochzeit getragen hatte. Für einen kurzen Moment versank er in den Erinnerung an diesen Tag, doch sein Sohn erinnerte ihn schmerzhaft daran, dass sie eigentlich schon längst losgefahren sein müssten.

So kam es, dass sie schließlich alle im Auto saßen und zur Kirche fuhren, wo die Hochzeit stattfinden würde. Vor dem heiligen Gebäude standen schon einige Autos und ein paar Leute von der Presse versuchten gerade, sich Zutritt zu verschaffen.

“Nun denn, ich bin dann mal bei der Braut”, sagte Kaede, sobald sie von dem Secruityteam hineingewinkt worden waren und ging davon.

Sie fand Kyoko in demselben Zimmer wieder, in dem auch sie schon vor einigen Jahren gewesen war. Kanae, Midori, Misaki, Saya und Maria leisteten ihr bereits Gesellschaft und versuchten erfolglos, sie zu beruhigen. Als sie Kaede bemerkte, schrie sie auf und rannte auf sie zu.

“Ich schaff das nicht!”, kreischte sie. “Ich schaff das einfach nicht!”

Die Ältere kicherte. “Komm, ich helf dir mit deinen Haaren. So kannst du doch nicht mit Kuon an den Traualtar treten.”

Die Jüngere ließ sich widerstandslos vor den Spiegel führen und ließ sich auf dem Stuhl, der davor stand nieder. “Es war vielleicht doch viel zu überstürzt”, jammerte sie. “Wir sollten lieber noch eine Weile warten.”

Die Blondhaarige begann damit, sie zu kämmen. “Kyoko-chan, mein Bruder liebt dich. Und du liebst ihn auch. Außerdem benehmt ihr euch jetzt schon wie ein altes Ehepaar. Also ist es nur gut, wenn ihr es endlich auch mal seid.”

So ähnlich ging es noch eine Weile weiter, bis es irgendwann an der Tür klopfte und Jeremy den Kopf hereinstreckte. Als er Kyoko sah, zog er scharf die Luft ein. “Oh mein Gott, wer ist das?”

“Deine Tochter”, entgegnete Kaede bestimmt. “So Mädels, räumen wir das Feld. Die Brautjungfern stellen sich vor der Tür auf und warten. Wir, die wir bereits verheiratet sind, gehen zu unseren geliebten Gatten und warten auf den Beginn. Du bleibst hier und verabschiedest die von deinem Papa”, fügte sie hinzu, als Kyoko Anstalten machte, das Zimmer zu verlassen. “Entspann dich ein bisschen. Es wird schon alles gut gehen. Glaub mir.”

Kyoko nickte und ließ sich wieder auf den Stuhl fallen.

“Bist du dir wirklich sicher, dass alles gut geht?”, fragte Kanae, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten.

Kaede lächelte. “Natürlich.”
 

Die Kirchenbänke waren schon gefüllt und alles wartete auf die Braut. Vor dem Altar standen ein etwas nervöser Pfarrer, der Bräutigam und die Trauzeugen. Mit anderen Worten: Kuon, Yashiro, Peter und Shin, zusammen mit den bereits erwähnten Pfarrer.

“Mann oh Mann”, sagte der Matrose und sah sich begeistert um. “Wen du nicht so alles kennst?”

Kuon lächelte gequält. “Ja, es sind ein paar Leute.” Dabei ließ er seinen Blick über die Gäste schweifen. In der ersten Reihe saßen seine Eltern, die ihn anstrahlten, sobald er zu ihnen sah, Mr. Teen, der in ein Gespräch mit Rory hinter sich vertieft war, Kyokos Mutter, die unbeteiligt ein paar Blumen musterte und Kim. In diesem Moment kamen Kaede und Midori durch die große Tür getreten, hinter der sich die Braut befand und liefen eilig vorwärts. Midori ließ sich schließlich neben ihren Mann und ihrer Tochter in der vierten Reihen nieder und winkte Kuon lächelnd.

Kaede allerdings ging weiter und blieb vor ihnen stehen. “Es dauert nicht mehr lange”, verkündete sie und strahlte. “Du siehst wunderbar aus, O-nii-chan.”

Er lächelte. “Danke. Nee-chan.”

Die beiden Geschwister hielten den Blickkontakt einige Zeit lang aufrecht, dann drehte sie sich um und setzte sich neben ihre Eltern. Sofort kam Ben angewuselt und begann damit, auf seine Mutter einzureden. Yashiro lachte leise.

“Es ist wirklich wunderbar, Kinder zu haben”, sagte er.

Kuon war sich sicher, dass er Recht hatte und er fragte sich, ob auch er und Kyoko Kinder haben würden. Und wie viele?

Auf einmal ging ein Raunen durch die Hochzeitsgäste und er hob seinen Blick. Was er sah, war ein Engel. Sein persönlicher Engel.

Kyoko sah aus, wie eine dieser Märchenprinzessinnen, die sie so sehr liebte. Das Kleid war schneeweiß und ähnelte im Schnitt am ehesten dem 12. Jahrhundert. Ihr schwarzes Haar war hochgesteckt nur zwei Strähnen hingen links und rechts neben ihren Ohren herunter und baumelten bei jedem Schritt auf und ab. Auf ihren Kopf saß ein kleines, silbernes Diadem, an dem ein Schleier angebracht war, der ihren Kopf vollständig verdeckte. In ihrer linken Hand hielt sie einen Strauß mit roten Rosen und in ihrer rechten die Hand ihres Vaters, der sie zu ihm führte. Laute “Ah” und “Oh” rufen hallten durch das Gebäude, während von irgendwoher der Hochzeitsmarsch ertönte und die Braut gefolgt von ihren Brautjungfern langsam voranschritt.

Schließlich waren sei bei Kuon angekommen und Jeremy legte die Hand seiner Tochter in die Kuons. “Pass gut auf sie auf”, flüsterte er und entfernte sich ein paar Schritte.

Kuon sah unverwandt Kyoko an. Er konnte nicht glauben, dass sie gleich für immer vereint sein würden. Dass sie, dieser Traum, für immer ihm gehören würde. So viel Glück hatte doch kein Mensch verdient! Und dennoch wurde es ihm zuteil.

“Du siehst wunderschön aus”, sagte Kuon, während sie sich dem Pfarrer zuwandten, der eifrig zu sprechen begann. Kyoko errötete unter ihrem Makeup zusehends und er musste grinsen. Ja, das war sie. Seine Kyoko. Seine Frau.
 

Es folgte die üblichen Hochzeitszeremonie, mit jeder menge Geschwafel und vielen Tränen, doch endlich war es vorbei, die Ringe saßen an den Fingern des Ehepaares und die Gäste verließen glücklich die Kirche. Nun hieß es Beeilung, denn die Party hatte gerade erst begonnen. Der Austragungsort war Rorys riesiger Garten, den er extra für die Hochzeit hatte dekorieren lassen. Insgesamt waren dort 10 Zelte aufgebaut worden, in der Mitte der “Tanzsaal”. In den anderen Zelten befanden sich verschiedene Büffets und Hochzeitgeschenke. Und viele Tische und Stühle. Im großen und ganzen war es eine sehr erfolgreiche Feier, voller Freude und mit viel Gelächter.

Allerdings habe ich keine Lust, sie in allen Einzelheiten zu beschreiben, da das eigentlich unmöglich ist, man könnte damit sogar einen ganzen Roman füllen, denn es war eine so gewaltige Feier, dass man noch Jahre später darüber sprach. Deshalb erzähle ich euch nur von den wichtigsten Ereignissen...
 

“Weißt du, wie lange ich schon auf diesen Tag gewartet habe?”, fragte Kuon, während er und seine Braut sich im Wienerwalzer über das Tanzparkett drehten.

“Seit wir uns wiedergetroffen haben?”, mutmaßte Kyoko.

“Nein. Schon immer.”

“Hahaha.”

“Das ist kein Witz.”

“Natürlich nicht.”

“Hey!”

Kyoko lächelte sanft und sah ihm tief in die Augen. “Ich habe auch auf dich gewartet. Und jetzt sind wir endlich zusammen. Für immer.”

“Ja. Für immer.”

Er zog sie näher an sich und grinste dämonisch. Dann drückte er seine Lippen auf die ihren und versiegelte somit ihren Mund mit einem langen, leidenschaftlichen Kuss.

Endlich waren sie zusammen. Es hatte ja auch lange genug gedauert.
 

Kuu seufzte herzzerreisend. “Ist es nicht wundervoll? Jetzt sind unsere beiden Kinder unter der Haube.”

Julie sah zu ihrem Sohn hinüber und lächelte. “Ja. Da hast du Recht.”

“Obaa-san?”, fragte Ben, der sich leise angeschlichen hatte. “Kann ich mich zu euch setzten?”

“Natürlich, mein Lieber”, entgegnete Julie und sah dabei zu, wie ihr Enkel sich zwischen sich und seinen Großvater setzte.

“Otoo-san und Okaa-san tanzen die ganze Zeit”, jammerte er. “Deshalb setzte ich mich zu Obaa-san und Ojii-san.”

“Das ist eine gute Idee von dir gewesen, Ben. Und was wollen wir jetzt machen?”

“Ihr könnt mir was versprechen.”

Kuu und Julie wechselten einen Blick. “So? Was denn?”

Ben strahlte. “Dass ihr beide ab jetzt immer zusammenbleibt. Dann kann ich nämlich euch beide besuchen und nicht immer nur einen von euch beiden.”

Die Erwachsenen wechselten einen verdutzen Blick und der Junge sprang auf. “Ich glaube, dahinten ist Maria-chan. Sie wollte mir ihre Vodoosachen zeigen. Bis später.”

“Kinder machen sich die Welt wirklich recht einfach”, meinte Julie und sah ihm hinterher.

“Stimmt”, entgegnete Kuu. “Aber findest du nicht, dass das eine gute Idee von ihm war?”

“Bitte?”

“Nun... Wollen wir es nicht vielleicht noch einmal versuchen? Wir hatten zwar in der Vergangenheit einige Differenzen, aber wir kommen doch gut miteinander aus.”

Er sah, dass sie nicht überzeugt war und atmete tief ein. “Was ich sagen will ist: ich liebe dich immer noch. Und ich will, dass wir zusammenbleiben. Komme was wolle.”

Julie sah ihn mit offenen Mund an. Sie hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Deshalb konnte sie für einen Augenblick nicht sprechen. Doch als er sie vorsichtig von der Seite her ansah, breitete sich ein breites Lächeln auf ihren Gesicht aus und in ihren Augen glitzerten ein paar Tränen. “Ja”, sagte sie. “Ja, bleiben wir zusammen. Komme was wolle.”

Kuu erwiderte ihr Lächeln und er ergriff ihre Hand, um sie auf die Tanzfläche zu führen.
 

Ohne Vorwarnung hielt ihm auf einmal jemand ein Glas unter die Nase. “Hier, bitte.”

Sho sah auf und traf Kyokos Blick. Er lächelte und nahm dankend das Glas an. Sie ließ sich neben ihm nieder und seufzte tief.

“Na? Das Eheleben schon satt?”, stichelte der Sänger.

Sie warf ihm einen gespielt beleidigten Blick zu. “Nein, ganz bestimmt nicht.” Ein seliges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. “Es gab nur einen glücklicheren Moment in meinen Leben und das war, als Kuon nach diesem schrecklichen Jahr vor mir stand. Aber darüber wollen wir heute nicht sprechen.”

“Nein, das wollen wir wirklich nicht”, pflichtete ihr ihr alter Freund bei.

Für mehrere Augenblicke sahen sich den tanzenden Paaren beim Tanzen zu. “Hey, wollen wir auch tanzen?”, fragte die Braut plötzlich.

Sho sah sie überrascht an. “Willst du nicht lieber mit deinem Bräutigam tanzen?”

“Doch schon. Aber er tanzt doch grade mit Kaede. Also?”

Der Sänger grinste. “Darf ich bitten?”

Er führte sie auf die Tanzfläche, wo gerade der Cha-Cha-Cha eingespielt wurde. Die beiden tanzten fröhlich übers Parkett, voll mit den Grundschritten und den Drehungen beschäftigt.

Schließlich endete der Tanz und die beiden kamen wieder zum Stillstand.

“Danke, dass du heute hier bist”, sagte sie. “Das bedeutet mir wirklich viel.”

“Hab ich doch gern gemacht”, erwiderte er. “Auch wenn mich der Gedanke etwas wurmt, dass ich jetzt an Tsurugas Stelle sein könnte, wenn ich dich damals nicht so einfach abgehakt hätte.”

“Ja, dann hätten wir bestimmt geheiratet. Aber das Schicksal hatte andere Pläne. Ich hoffe, du wirst glücklich.”

“Das hoffe ich für dich auch.”

“Kyoko!”

Die beiden drehten sich um und sahen, wie Kuon ihnen winkte.

“Ich muss dann mal.”

“Klar. Bis bald.”

“Ja, bis bald.”

Er sah ihr hinterher und stieß einen großen Seufzer aus. Er hätte sie niemals glücklich machen können. Denn das konnte nur er. Auch wenn es ihm schwer fiel, diese Tatsache einzusehen.
 

“Los Kanae-chan, gehen wir, der Brautstrauß wird jetzt geworfen”, kreischte Maria und zerrte die Ältere hinter sich her.

“Hey, nicht so schnell, Maria-chan”, murrte sie und fand sich plötzlich in einer Traube voller Frauen wieder, die alle gespannt zu Kyoko sahen, die ihren Strauß fest umklammerte und sich langsam umdrehte.

“Okay Ladys”, rief sie. “Hier kommt er.”

Sie warf das Gewächs über ihren Kopf und drehte sich schnell um, damit sie sehen konnte, wer ihn fing. Der Strauß traf auf die ersten tastenden Händen und prallte zurück. Dieser Vorgang wiederholte sich mehrmals, bis er wie durch Zauberhand in Kanaes Hände gelangte.

“Meine Liebe”, kreischte Kyoko begeistert. “Du wirst die nächste sein, die vor dem Traualtar steht.”

Kanae errötete und sah zu Shin hinüber, der am Rande der Meute stand und interessiert zugesehen hatte. Er zwinkerte ihr zu und sie wurde noch röter.

Das Leben ging weiter. Mit jedem Tag. Es gab glückliche Tage, aber auch schlechte. Aber sie wusste, dass sie nicht alleine sein würde.
 

Schließlich war der Moment gekommen, in dem das Brautpaar von einer riesigen Limousine abgeholt wurde, die sie in die Flitterwochen bringen würde.

Alle Gäste winkten liefen nach draußen und winkten ihnen eifrig hinterher.

Es war vorbei. Endlich. Sie waren zusammen. Und nichts in der Welt würde sie jemals wieder trennen können. Nichts, als der Tod. Doch davor standen ihnen viele glückliche Jahre bevor, in denen sie lachen, aber auch weinen würden. Das Leben meinte es endlich gut mit ihnen.

Langsam zerstreuten sich auch die anderen Gäste und schließlich ließ Rory die Lichter löschen. “Hach, solche Partys sollte es öfter geben”, meinte er fröhlich und lief auf sein Haus zu. Er grinste, als er an die Lektüre dachte, die auf seinem Nachttisch auf ihn wartete. Während der Flitterwochen würde er sie zwar in Ruhe lassen, aber dann wurde es Zeit für einen Kinohit mit Ren Tsuruga und Kyoko als Hauptdarsteller. Höchste Zeit.

Er beschleunigte seine Schritte und sah gerade noch, wie Yashiro, Kaede und der kleine Benjamin davonfuhren. Auch die drei waren glücklich.

“Ach, dieses ganze Glück ist ja nicht auszuhalten”, schimpfte er. “Wo bleibt denn da die Spannung?”
 

Jedes Mädchen wünscht sich eine Märchenhochzeit. Zumindest wird das allgemein behauptet. Tatsächlich ist es möglich, eine Märchenhochzeit zu halten. Man kann einfach im nächsten Disneyland vorbeischauen und dort mit Mickey Maus den Hochzeitswalzer tanzen. Doch es ist nicht die Umgebung, die eine Märchenhochzeit zu einer Märchenhochzeit werden lassen lässt. Nein, es sind die Personen, mit denen man feiert und die Person, die man heiratet. Kyoko hatte ihre persönliche Märchenhochzeit bekommen. Es waren alle Menschen da, die sie liebte und sie bekam den besten Mann, den man sich nur vorstellen konnte. Es hatte lange gedauerte, bis sie zusammenkamen. Sie hatten viele Hürden zu überstehen. Doch jetzt waren sie vereint. Und sie würden es bleiben.

“Bis dass der Tod euch scheidet.”
 


 

The End



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Von:  fragile
2008-08-19T18:01:36+00:00 19.08.2008 20:01
hier bin ich also^^
erst einmal ein etwas kürzereres kommi xD hab ja noch ein kappi
*___________*
das ich jetzt endlich im feuereifer lesen kann xD tadaaaaaa^^

ich hab erst irgendwie gedacht... du machst was fieses. es hätte ja gepasst. wirklich. ich war mir sicher, dass noch irgendwas kommen muss... xD die heirat... naja.. nich wirklich fies... aber es ist was gekommen.

^^

es ist ein gutes happy end... kein übertriebenes. gefällt mir xD
Von: abgemeldet
2008-08-11T19:46:54+00:00 11.08.2008 21:46
Ach meine Holde,ich brauch einen Rettungsring,sonst werde ich von meinen Tränen weggeschwemmt.Einfach nur geil.Ich bedauere schon zutiefst,das diese FF vorbei ist.Aber es ist ein wunderschönes Ende.
Es gibt nur noch eins zu sagen:Schreib weiter so geile FF`s und setz mich auf deine ENS-Liste. BBBBBIIIIITTTTTTTTEEEEEE!!!!
Wir lesen uns hoffentlich bald wieder.
*ganzliebdichdrückenundknuddeln*

Bis demnächst deine KLOSI
Von:  Serenade
2008-08-11T12:20:47+00:00 11.08.2008 14:20

*Schniff* Und wieder geht eine richtig gute FF zu Ende.
Aber was für ein Ende! Ein normales? Nein, du musstest ja einen draufsetzten!
In diesem Fall könnte ich Rory knuddeln! Was musste ich lachen, wie ich den letzten Satz von ihm gelesen habe!
Du bist immer wieder für eine Überraschung gut.

Und das du alle wieder vereint hast, find ich auch nicht übel, wobei es auch gepasst hätte, hättest du Kuu und Julie nur ganz am Rande erwähnt. So bleibt etwas zum nachdenken und selbstfantasieren. Aber ich will nicht meckern.

Brauchst nicht danke zu sagen, ist doch selbstverständlich. Bei solch einer guten FF Kommis zu geben, macht auch richtig Spaß!

Ansonsten bleibt nicht mehr viel zu sagen, außer:

1. ENS --> Bitte auch weiterhin, wenn du was neues schreibst!
2. Man liest sich ganz sicher wieder!!

LG, Serenade

Von:  Lioba
2008-08-10T19:08:46+00:00 10.08.2008 21:08
Und wenn sie nicht gesorben sind dann leben sie noch heute.
So wie jedes schöne Märchen endet halt.
Wirklich toll.
Wegen der neuen Ens-Liste muss ich wohl nichts mehr sagen. ;-D
bis die Tage Lia
Von:  DarkEye
2008-08-10T18:05:27+00:00 10.08.2008 20:05
boa...*schnief*
schönes ende!
dark
Von:  Kyoko_16
2008-08-10T09:47:04+00:00 10.08.2008 11:47
*schlurz* nun ist die ff endgültig vorbei *nase schnäutz*
schon komisch, die ganze zeit wünscht man sich irfgendwie das ende herbei, weil sich so eine ff über monate oder jahre hinwegzieht, und wenn sie dann vorbei ist, dann wünscht man sich, es ginge weiter.*schiff*

eine schöne hochzeit TT_TT
ich liebe hochzeiten^/./^
hier war es für mich auch ein bisschen schade, dass nicht weiter in die bezihung zwischen Kuon/Ren und Kyoko eingegangen wurde, aber da es bei allen pairings so war, ist es akzeptabel.^^
so wurde wenigstens keiner bevorzugt *smile*

auf eine neue ff zu skip beat von dir würde ich mich riesig freuen^^ du hast ein ausgesprochenes schreibtalent und es macht wirklich viel spaß deine story´s zu lesen^^

Kyoko-Chan
Von:  Kyoko_16
2008-08-10T09:32:42+00:00 10.08.2008 11:32
schönes kap^///^
ein happy end muss es für mich sowieso immer geben, sonst werde ich schnell deprimert, weil ich mit den charakteren mitfühle und fiebere.

ich fand es wie immer eigentlich supi beschrieben, nur hatte ich wohl ein bisschen zu viel erwartund in den ausbau der nächsten geschehnisse zwischen Kuon/Ren und Kyoko gelegt^^°
daher war es recht enttäuschend für mich, dass die allgemeinen situationen für alle charas beschrieben wurden -.-° *seufz*
aber hauptsache ist, dass es ein happy end für alle gibt *freu*

Kyoko-Chan
Von:  Hokuto
2008-08-09T20:56:13+00:00 09.08.2008 22:56
“Ach, dieses ganze Glück ist ja nicht auszuhalten”, schimpfte er. “Wo bleibt denn da die Spannung?” hach, Rory, ich liebe dichXD das war mein gedanke!

und, wird Sho auch noch heiraten?

hm, also für ein letztes Kapitel ist es schön, alles ist gut ausgegangen^^ bloß wars etwas zu viel.....Glück auf einem Haufen für mich, das muss ich jetzt erst mal verarbeiten>.<

dann also herzlichen glückwunsch zur abegeschlossenen FF, ne, sempai?^^
*dir schoko schenk*
Von:  Hokuto
2008-08-09T20:40:14+00:00 09.08.2008 22:40
interessant^^

hach, mein kleines Sho-chan, es ist ja so niedlich*tätschel*

nun, ich geh dann mal weiter zum nächsten Kapitel.
Von:  Kyoko-Hizuri
2008-08-09T19:27:03+00:00 09.08.2008 21:27
*kreeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiisch*...^^...*strahl*...das Kap ist wunderschön^^
Ayako ich könnte dich durch knuddeln,...für so eine hervoragende ff, deine ff ist wirklich eine der besten die ich jeh gelesen habe^^ (und ich habe wirklich schon viele gelesen^^)
das Kanae auch heiraten wird finde ich klasse...*herlich*

ich würde mich wahnsinnig freuen wenn du ein paar Outtakes dazu machst^^,...und ich möchte auf jedenfall eine ENS bekommen wenn du eine neue ff schreibst^^...ich möchte ja schließlich kein Kap verpassen^^

bis bald
Patrice-Kyoko
PS: Ben ist süß und ich hätte nichts gegen eine weitere fortsetzung^^


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