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Licht und Schatten

Atemu x Yugi
von

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Es beginnt...

~~Yugi~~
 

„Nimm dein Gepäck und komm mit!“

Der Ton meines neuen Aufpassers lässt keinen Widerspruch zu. Wie gewohnt reagiere ich mit nonverbalem Widerspruch. Ich verschränke die Arme vor meiner Brust und ziehe eine Augenbraue nach oben. Der Kollege reagiert mit einem Schulterzucken.

„Es sind deine Sachen. Ab heute kümmerst du dich selbst darum. Es soll gleich regnen. Wenn sie nass werden oder verschwunden sind, ist das dein Problem. Hier gibt es sehr viele Langfinger, die sich über neue Sachen freuen.“

Okay, eins zu null für ihn. Meine Sachen sind mir heilig.

Anstandslos hänge ich mir meine Sporttasche über die Schulter und folge wortlos.

Erst einmal einen guten Eindruck machen! Mal sehen, wann ich die Chance bekomme, hier so schnell wie möglich abzuhauen. Freiwillig bleibe ich ganz sicher nicht! Schließlich habe ich einen Job... und nichts falsch gemacht!

Schweigend bringt er mich tief in das … Gelände. Weit und breit nur Bäume, Wiese und Berge!

Eigentlich ist es ganz schön hier. Die Landschaft ist weitläufig. Verschiedene Häusergruppen stehen mal hier und mal dort zwischen Wald und Wiesen. Nach japanischer Tradition gibt es einen großen Steingarten. Sogar ein Labyrinth?!

Hinter dem Wald geht es noch weiter in die Berge. Vielleicht ein Fluchtweg…
 

Mein Aufpasser bleibt vor einer kleinen Holzhütte stehen.

„Für die nächsten zwölf Monate wirst du hier mit Marik wohnen. Marik ist genau wie du ein straffällig gewordener Teenager. Gerade ist er noch beim Sport. Du hast also etwas Zeit für dich. In 30 Minuten hole ich dich zum Essen ab. Pack aus und mach dich frisch!“

Ich bin kein Teenager! Vollidiot, ich bin volljährig!

Damit lässt der andere mich alleine. Überraschend für mich ist, dass er mich nicht einschließt.

Sollte das jetzt schon meine Gelegenheit sein?

Auf meinem Gesicht macht sich ein Grinsen breit. Wenn der so fahrlässig ist, ...

Falls er allerdings noch irgendwo steht und mich beobachtet, befolge ich zum Schein erstmal seine Anweisung.

Meine Tasche wird auf das noch freie Bett abgelegt und ausgepackt. Die Hütte ist einfach möbliert. Für jeden von uns gibt es ein Bett, einen Schreibtisch, einen Schrank und ein paar Regalbretter. Marik hat noch einen Nachtkasten neben dem Bett stehen. An verschiedenen Wänden befinden sich ausreichend Steckdosen, um Handys aufzuladen bzw. einen Laptop zu verwenden. Licht fällt durch zwei große Fenster in den Wohnraum.

Ich find's irgendwie gemütlich!
 

Das Bad erinnert an ein Sentō. Großzügig bemessen befinden sich eine Dusche und eine Badewanne darin. Bambusstangen schmücken den Raum. Eine milchige Fensterfront sorgt für die Belüftung. Eigentlich wie in einem Spa!

Ich muss ziemlich über die Ausstattung staunen...

Und ändere trotzdem nicht meinen Plan! Dafür bin ich hergekommen. Die halbe Stunde müsste fast vorbei sein.

Vorsichtig öffne ich die Tür, spähe nach draußen und suche mit den Augen nach einem Fluchtweg. Der Weg zum Wald ist kurz und dort sollte es irgendwo in die Freiheit gehen.

Gedacht, getan!
 

Ohne Schwierigkeiten verschwinde ich im Dickicht des Waldes. Ich wurde noch nicht einmal von jemandem gesehen.

Langsamer bahne ich mir einen Weg durch die Äste, Blätter und Sträucher. Eingetretene Pfade gibt es hier nicht.

Bald höre ich von irgendwo den Lärm einer Straße und lächle siegessicher.

Das war doch einfach!

Geübt gehe ich auf das Geräusch zu. Selbst der Geruch nach Metall und Benzin dringt zu mir.

Plötzlich kann ich mein Ziel sogar sehen.

Innerlich jubelnd beschleunige ich meine Schritte und renne bald nur noch dorthin.

Doch … was ist das??

Kurz bevor ich mein Ziel erreiche, bekomme ich auf einmal keine Luft mehr. Ich kann nicht mehr ausatmen! Ein Asthmaanfall, den hatte ich seit Jahren nicht mehr…

Scheiße, wo kommt das her?

Ich lasse mich auf meine Knie sinken und ringe um Atem. Panisch kralle ich meine Hände in den Waldboden, senke sogar den Kopf, um mich zu entspannen. Krampfhaft versuche ich mich an die Übungen zu erinnern.

Und die Ablenkung hilft schon.
 

Nach ein paar Minuten ist die Luftnot auch schon wieder vorbei, als wäre nichts gewesen.

Doch ich habe wertvolle Zeit verloren. Hoffentlich hat noch niemand bemerkt, dass ich weg bin.

Vorsichtig schaue ich mich um und lausche nach möglichen Verfolgern. Es bleibt hinter mir alles still.

Also setze ich meinen Weg fort. Dieses Mal bin ich vorsichtiger. Ich muss bis zur Straße durchhalten. Dann bin ich frei.

Doch bevor ich auch nur einen Fuß auf den Asphalt setzen kann, werde ich gepackt. Mir werden die Augen verbunden.

Ich versuche mich so gut es geht zu wehren. Doch, es hilft nichts! Der Angreifer nimmt mich einfach in den Schwitzkasten. Mir wird schwarz vor Augen.

Ferne Worte berühren noch mein Ohr.

„Du hast es nicht anders gewollt, Kleiner!“

Super! Das war ja ein toller Fluchtversuch.
 

~~Atemu~~
 

Bakura erwartet mich breit grinsend im Büro. Er deutet auf den Bildschirm einer unserer Überwachungskameras, die Yugi zeigt. Er späht aus der Haustür heraus und wartet.

„Dein kleiner Satansbraten wagt seinen ersten Fluchtversuch. Hast du ihm nicht erklärt, dass eine Polizeistreife an der Straße auf ihn warten wird.“

Auch ich muss nun grinsen.

„Nein, es ist doch viel lustiger, wenn sie es selbst herausfinden dürfen, oder?“

„Da hast du auch irgendwie Recht. Er will es aber ganz schön früh wissen.“

Bakura öffnet eine Tüte Chips und macht es sich vorm Bildschirm gemütlich. Ähnlich wie vor einer Kinovorstellung. Ich schiebe mir einen Stuhl neben meinen Kollegen und lege das Telefon in Reichweite.

„Vielleicht benimmt er sich dann ja endlich wie ein Erwachsener und arbeitet mit uns zusammen.“

Okay, es ist schon gemein, dass wir uns so über unsere Insassen amüsieren.

Mit der Zeit haben wir die Erfahrung gemacht, dass alle Neulinge irgendwann einen Fluchtversuch wagen. Egal ob wir sie gewarnt haben oder nicht! Also lassen wir sie diese Lernerfahrung selbst machen. Danach können wir meistens mit ihnen arbeiten.

Mal sehen, ob Yugi seine Maske danach schon ablegt.
 

„Ein Fluchtversuch wird diesem Kerlchen nicht reichen. Lässt du ihn in meinen Kickboxkurs?“

Ich verschlucke mein aufkommendes Lachen schnell.

„Yugi wird von deinen Schlägern doch nur verprügelt.“

„Dann weiß er aber, wie man sich richtig als Gangster benimmt. Und meine Jungs würden sich über etwas Frischfleisch sicherlich freuen.“

„Als Straßmaßnahme hätte eine Stunde sicherlich etwas. So kann er legal Prügel beziehen. Sein Image soll nicht gefestigt, sondern aufgebrochen werden. Er soll resozialisiert werden.“

Bakura mustert mich mit gespielter Entrüstung.

„Meine schweren Jungs kehren in den seltensten Fällen in ihre Laufbahn zurück!“
 

Wir richten unsere Aufmerksamkeit wieder auf den Flüchtigen. Er hat es bis tief in den Wald geschafft. Plötzlich bricht er zusammen.

„Was ist mit ihm los?“

Ich zucke ratlos mit den Schultern. Es sieht ernst aus. Er ringt angestrengt nach Atem. In der Akte steht nichts von irgendwelchen Erkrankungen. Gespannt beobachten wir das Geschehen. Hilfe wird er jetzt von mir nicht annehmen. Anscheinend weiß er, was mit ihm los ist und kann sich wieder beruhigen. Er setzt seinen Weg fort.

Bakuras Vorfreude auf die kommende Szene spiegelt sich sehr breit in seinem Gesicht.

Ich grinse über meinen Kollegen. Er ist manchmal schon ein Sadist. Doch die schweren Jungs mögen ihn sehr. Wahrscheinlich genau deshalb!

Yugis Gefangennahme ist ein kleines Spektakel. Er ergibt sich nämlich dem Polizisten nicht einfach so, sondern legt es tatsächlich auf einen Kampf an. Der Polizist gewinnt und verfrachtet ihn in sein Auto.

Unser Telefon klingelt keine zwei Minuten später.

„Ich bin schon unterwegs, Officer. Bringen Sie ihn vorerst in einer Zelle unter und lassen Sie ihn zu sich kommen.“

Bakura hält mir die Autoschlüssel entgegen.

„Viel Spaß mit dem kleinen Satansbraten! Ich bereite mal die Einzelzelle für ihn vor.“

Dann mal los!

Ich drehe mich noch einmal auf dem Absatz um.

„Ach, Bakura! Falls ich den Kleinen in deinen Sportkurs stecke, erwarte ich ein paar blaue Flecke bei ihm. Ich denke, das hält er aus.“

„Das lässt sich einrichten. Die Neulinge stecken in den ersten Tagen doch sowieso am meisten an.“
 

~~Yugi~~
 

Mit Schmerzen im Nacken erwache ich aus meiner Ohnmacht. Dieser Schlägertyp von einem Beamten hat mir einen kräftigen Schlag in den Nacken versetzt. Danach erinnere ich mich an nichts mehr.

Ich zeige ihn an!

Jetzt liege ich auf einer Pritsche und es riecht etwas muffig. Irgendwie nach Keller!

Ich kann mir schon denken, wie es hier weiter aussieht. Es gibt eine silberne Toilette und Gitterstäbe vor der Maueröffnung. Welcome back im Knast! Blöder hätte es nicht laufen können...

Ich schaue nach links zu den Gitterstäben. Statt einem Gang und einer gegenüberliegenden Zelle sehe ich dort eine lange Holzbank und … meinen Betreuer?

Was macht der denn hier?

Im Moment sitzt er mit übereinander geschlagenen Beinen auf der Bank. Er tippt irgendetwas in sein Handy und lächelt liebevoll den Bildschirm an. Verliebter Schnösel!

Halte ich ihn etwa von einem freien Abend ab? Das nutze ich gerne noch etwas aus und stelle mich ohnmächtig. Es macht so viel Spaß, andere zu ärgern?

„Versuche es erst gar nicht, Yugi! Ich weiß, dass du wach bist.“

Ich rühre mich nicht.

„Na schön, Kleiner… Zuhören wirst du wohl noch können. Es wird Zeit, dir unser Programm und die Regeln zu erklären. Schon komisch, dass du gar nicht fragst, wo du bist…“

Vollidiot!
 

Ungerührt von meiner Ablehnung beginnt Atemu einen Monolog über den Verhaltenskodex im Camp – wie er es nennt.

„Die drei Mahlzeiten sind im Gemeinschaftsraum mit den anderen Mitbewohnern und den Betreuern einzunehmen. Du wirst vormittags und nachmittags ein auf dich zugeschnittenes Programm absolvieren, Yugi. An fünf Abenden in der Woche hast du an einer Arbeitsgemeinschaft teilzunehmen. Du wirst im ersten Monat jede Arbeitsgruppe einmal besuchen, um dir ein Bild zu machen. Danach kannst du wählen. Bei altersangemessenem Verhalten, respektvollem Umgang und motivierter Mitarbeit kannst du dir Freiheiten verdienen. Aktuell wirst du beaufsichtigt oder bist in deinem Zimmer eingesperrt. Dort findest du ein Bett, eine Toilette, ein Waschbecken, einen Tisch mit Stuhl, Papier und Stifte. Es stehen dir keine Medien oder Strom zur Verfügung. Durch deinen Fluchtversuch hast du dir sämtliche Privilegien für eine Woche verwirkt.“

Boah, da hätte ich auch gleich im Knast bleiben können. Dort wurde ich zumindest in Ruhe gelassen.

Atemu macht eine Pause. Anscheinend mustert er mich und erwartet eine Reaktion. Doch den Gefallen tue ich ihm nicht. Ich bleibe reglos liegen.

„Ich nehme an, du hast alles verstanden. Bei uns gibt es zwei Prinzipien. Das Prinzip der Gemeinschaft bedeutet, dass der Alltag gemeinsam bewältigt wird. Wir haben keine Reinigungskräfte oder Köche. Jeder hat an einem Tag eine Aufgabe zu erledigen. Im ersten Monat begleitest du deinen Zimmernachbarn Marik. Danach bekommst du deine Aufgaben und musst sie eigenverantwortlich erledigen. Und das Prinzip der Enthaltsamkeit. Drogen, Alkohol, Zigaretten und Nutten sind auf unserem Gelände verboten. Konsumierst du oder verkaufst dich an die Mitbewohner, fliegst du und wirst deine komplette Zeit im Knast absitzen. Hast du das verstanden?“

Keine Drogen, keinen Alkohol, noch nicht einmal Zigaretten sind erlaubt?! Die setzen mich auf kalten Entzug!
 

„Ihr spinnt doch!“

„So, der Herr hat Einwände… Wofür brauchst du Ersatzstoffe, um aus einer Abhängigkeit loszukommen?“

Für alles?! Wütend springe ich von der Pritsche auf und tigere unruhig an den Gitterstäben entlang. Doch plötzlich traue ich mich nicht, das zuzugeben.

So früh wollte ich meine Scharade doch nicht fallen lassen. Ich kann doch dort nur als taffer Macho bestehen, nicht als … der Nichtsnutz.

Mit Atemu liefere ich mir ein Duell über unsere Blicke. Irgendwann schaut er weg und tippt wieder auf seinem Handy herum.

„Anscheinend ist der Verzicht wohl doch kein Problem. Gibt es sonst noch Fragen?“

Ich schüttel fast automatisch den Kopf, obwohl in meinem Kopf gerade tausend Fragen umherfiegen. Sie drehen sich um meine Vergangenheit und wie ich mein Leben mit dieser Struktur weiter aufrechterhalten soll. Sonst habe ich doch nichts…

„Gut! Dann noch kurz zum Programm. Unser Resozialisierungsprogramm umfasst sieben Schritte. Du sollst dein altes Leben hinter dir lassen und neu anfangen. In den ersten drei Schritten wird das bearbeitet, was gewesen ist: die Straftat und es wird nach der Ursache gesucht. In Schritt vier und fünf lernst du deine Gefühle wieder wahrzunehmen und Beziehungen neu aufzubauen. In Schritt sechs geht es um eine Wiedergutmachung beim Opfer. Da die alte Dame verstorben ist, wirst du mit ihren Angehörigen sprechen und ihr Grab besuchen. Im siebten Schritt entwickeln wir eine Zukunftsperspektive außerhalb der Kriminalität. Dafür haben wir zwölf Monate Zeit.“

Jetzt muss mir das Entsetzen im Gesicht stehen. Atemu lächelt nur wissend und ich spüre, wie meine Maskerade die ersten Risse bekommt.

Das wird ein anstrengendes Jahr für mich werden…

„Ich sehe schon, du erkennst die Tragweite. Ach und noch eine Warnung, der nächste Fluchtversuch hat weitreichendere Konsequenzen. Eine Streife fährt Tag und Nacht die Straße entlang. Niemand schafft es zu entkommen.“

Das ist fies. Wieso hat er mir das nicht eher gesagt?

„Du hättest diese Warnung sowieso in den Wind geschlagen… Nachdem du jetzt weißt, was auf dich zukommt. Traust du dich wieder zurück oder soll ich dich gleich in die JVA bringen?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Mia11
2017-11-03T10:38:37+00:00 03.11.2017 11:38
Mir hat das Kapitel gut gefallen bin schon gespannt wie es weiter geht.
LG mia11


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