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Augenblick

"Es war so ein Moment, den man sonst aus dem Kino kennt..."
von

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Manchmal haben Frauen...

Manchmal haben Frauen...
 


 

„He…“

Jan brummte.

„Heeeee…“

Wieder brummte er und drehte seinen Kopf weg. Während er noch murrte spürte er plötzlich wie sich etwas weiches auf seine Nasenspitze drückte.

Momentchen… Waren das Lippen?

Völlig übermüdet öffnete er in Zeitlupe die Augen. Keine Sekunde später waren sie sperrangelweit offen. Henrike stand vor ihm und lächelte auf ihn hinab.

Jan schoss hoch und stand kerzengerade vor ihr. Er wusste gar nicht was er sagen sollte, er war einfach nur überglücklich. „Guten morgen Besserwisserboy.“

Sie sah selbst ziemlich müde aus, lächelte ihm aber dennoch zu.

Aber…Sekunde…?

„Moment mal… Was hast du hier bitte verloren?“

„Hä?“ war ihre verständnislose Antwort. „Du solltest doch im Bett liegen!“

Und ohne noch etwas hinzu zufügen drehte er sie auf der Stelle um und schob sie in ihr Zimmer zurück. „Heee, nicht so schnell. Autsch!“

Sofort hielt er an. „Alles in Ordnung?“

Henrike hatte sich eine Hand auf ihre Taille gelegt. „Es… geht schon. Ich sollte mich nur nicht so schnell bewegen.“

„Tut mir leid…, betroffen blickte er an ihr hinunter. Sie lächelte, wie so oft, nur.

„Is schon in Ordnung. Mir wird sowieso wieder schwindelig…“, mit den Worten und einer Hand am Kopf schlürfte zurück ins Zimmer und Richtung Bett.

Das Zimmer war durch die weißen Vorhänge abgedunkelt und wurde so nur schwach erhellt. Vor ihnen und neben Henrikes Krankenbett stand das Klappbett, in welchem Celina friedlich schlummerte. Jan blickte kurz auf sie hinab und musste lächeln als er sah, dass sie sich, beinahe wie eine Katze, in die Decke eingerollt hatte. Dann ging seine Aufmerksamkeit wieder Henrike über, welche sich gerade bemühte sich zwischen den Betten hindurch zu schlängeln ohne zu stolpern.

Erst jetzt registrierte Jan, dass es wahrscheinlich schon lange Morgen war und er, seit er Gestern auf dem Stuhl einpennt war, bis zu dem Moment wo Rike ihn… weckte, durchgeschlafen hatte. Das machte sich vor allem durch seine Nackenschmerzen bemerkbar. Knurrend rieb er sich mit der Hand die schmerzende Stelle.

„Ähm. Soll ich gehen?“ Verwundert blinzelte Rike zu ihm. Sie lag wieder halb in ihrem Bett und Jan war sich unsicher darüber, was nun besser war. Sie in Ruhe lassen oder ihr etwas Gesellschaft zu leisten.

„Nein… bleib… bitte…“

So schüchtern hatte er sie schon lang nicht mehr erlebt. Langsam ging er auf sie zu und ließ sich neben ihr auf das Bett nieder. All das natürlich leise, damit Celina nicht geweckt wurde.

„Wie geht es dir?“, fragte der blonde nach einem kurzen Augenblick Stille.

„Soweit, glaube ich, gut… mir tun noch ein bisschen die Stellen weh und ich fühl mich ganz schön ausgelaugt. Ich glaube fast, eben auf dem Flur hab ich halb Schlafgewandelt.“

Verlegen grinste sie, was er trotz der schwachen Lichtverhältnisse erkennen konnte.

Jan besah sie sich näher. Sie trug ein weißes Nachthemd, dass ihr viel zu groß war. Die Träger hingen schlabberig an ihren Schultern und verbargen so mehr schlecht als recht die Verbände. Sie hatte einen an ihrer Schulter und mehrere Pflaster, davon zwei allein in ihrem Gesicht, die ihre blasse Haut, mehr oder minder, zierten.

„Und… deine Wunde…“

Henrike blinzelte mehrmals durch ihre halb glasigen Augen. Offensichtlich war sie noch immer halb betäubt und konnte nicht so schnell reagieren.

Langsam kamen seine Worte jedoch an und sie legte sie sich eine Hand auf ihren Bauch. „Ich…“ Sie sah leicht irritiert drein und tastet um ihre Taille herum. Jan runzelte die Stirn. Er hatte ein wenig das Gefühl, dass sie geistig etwas abdriftete.

Ehe er jedoch etwas sagen konnte vielen ihm stattdessen die Augen fast aus dem Kopf, als sie sich vor ihm die Träger runter streifte und er direkte Sicht auf ihre entblößten Brüste hatte.

„Oh…äh…oooohhhh…“, stotterte er und drehte schnell seinen Kopf demonstrativ in eine andere Richtung. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Henrike offenbar erst jetzt den Verband richtig bemerkte. Er erkannte es daran, dass sie diesen recht erstaunt musterte.

„Was hast du denn?

Sie stellte diese Frage so unschuldig wie ein kleines Kind, dass noch nicht viel von der Welt wusste. Jan nicht wirklich einen Plan, was er machen sollte, daher räusperte er sich kurz und deutete auf ihre Brust. Henrike sah halb verschlafen hinunter, blickte wieder hoch zu ihm, dann wieder auf ihre nackte Brust und dann wieder zu ihm.

„Ups…“

Er sah halb, wie sie sich zügig die Träger wieder überzog. Die Ärzte mussten ihr den BH aufgrund der OP entfernt haben, was Henrike natürlich als letzte mit bekommen hatte.

„Sorry, dass ich dir das zugemutet hab.“, sagte sie.

„Och, dafür nicht.“ Er grinste so breit wie zehn Sonnen auf einmal, so dass Henrike sich ein lautes Lachen nicht verkneifen konnte.

„Spanner ey!“, sie kuffte ihm kurz in den Arm. Jan hatte sich ihr wieder zugewandt und lachte mit. So konnte er sehen, dass die Rothaarige beinahe die Röte ihres Haares angenommen hatte.
 

„Ach, dich haben sie also auch verarztet?“, fragte sie lächelnd und berührte ihn an der Stirn.

Was? Er hob ebenfalls seine Hand an. Dort wo ihre Finger ruhten war ein recht großes Pflaster.

Ok… nicht nur dass ihm die Ärzte offenbar erlaubt hatten hier zu nächtigen, sie hatten ihn sich auch noch heimlich vor geknöpft.

„Joa. Ein Versuchskaninchen für Anfängerärzte brauchen se… immer…“

Er stockte. Erst jetzt fiel ihm auf, wie nah er ihr war. Zu erst war er irritiert, er konnte sich nicht daran erinnern, sich ihr so sehr angenährt zu haben. Henrike schien es ähnlich zu gehen. Sie errötete wieder und sah schüchtern zur Seite. Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine, was sie aufblicken ließ.

Die rothaarige spürte ihr Herz rasen als sie sich zaghaft näherten…
 

„…uuuuuuuaaaaaaaaaaaaahhhhhhhh. Rike?“

Sie zuckte zusammen. Ihre Blicke schossen zur Seite und sie erblickten eine sich die Augen reibende Celina, die völlig verschlafen hoch blinzelte. Dann öffneten sich die Augen und wuchsen auf Tellergröße an.

„RIIIIIKEEEEEE!!!“

Kreischend stürzte die Afro Trägerin auf ihre Freundin und Henrike konnte sie in der letzten Sekunde davon abhalten, die berüchtigte Todesumarmung zu vollziehen.

„WAAAAH, Celli!!! Mein Verband… Verletzt… Ich!... Gnade!“, stammelte die Hamburgerin und wedelte mit den Händen herum so gut sie konnte.

Celina erstarrte für zwei Sekunden, dann fiel sie der kleineren lachend und so sachte sie konnte um den Hals. „Oh man Sis… Ich hab echt Schiss gehabt um dich!!“

Henrike guckte nicht schlecht, als Celina plötzlich so extrem kuschel freudig war, aber es störte sie nicht. „Klar… Hab noch viel zu viel aufm Zettel, um jetzt schon ins Gras zu beißen.“

Da spürte sie, wie das Bett leicht wippte, als es an Belast verlor.

„Jan… wo willst du hin?“

Der blonde Berliner stand schon an der Tür, als ihre Stimme ihn zurück hielt. Er drehte sich allerdings nicht zu ihr um. „Ich will den andern bescheid sagen, dass du wach bist. Bin gleich zurück…“ Irgendwie glaubte sie ihm nicht so recht. Doch ihre Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als Celina ein leichtes Schluchzen von sich gab.

„OH.. Sorry Sweetie. Bin nur echt erleichtert.“ „Ist schon gut...“
 

Mit einem Seufzer trat Jan aus der Tür. Gut, er hatte ein wenig geflunkert. Er würde als erstes etwas frische Luft schnappen gehen, dann würde er die anderen zusammen trommeln.

„Na, gut geschlafen?“

„Hmm?“

Die freundliche Krankenschwester von Gestern kam auf ihn zu und lächelte ihn wissend an. In dem Moment ging in Jan ein Licht auf und er fasste sich reflexartig an die Stirn. „Ja, auch das war ich!“, lachte sie und blieb bei ihm stehen. Offensichtlich musste sie noch wohin, sie hielt einen Stapel frischer Wäsche in den Armen.

„Eigentlich hätte ich Ihnen das nicht erlauben dürfen. Also schweigen Sie bitte.“ Die Frau legte sich bedeutungsvoll den Zeigefinger an die Lippen und verabschiedete sich auch schon wieder von Jan, nachdem dieser sie dankbar angelächelt hatte.

„Ach ja, ganz vergessen. Ich werde nix sagen wenn sie freundlich wären und mir ein Autogramm für meine Tochter hinterlassen.“

Jan Staunte nicht schlecht, als sie ihm das so ganz neben bei noch sagte. Dann grinste er breit.

„Kein Problem.“
 

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„Naaa was sag ich; Unsere Kleine lässt sich nicht unter buttern.“

Dirk zerwuschelte Rike neckisch die Haare und blickte sie stolz an. Henrike selbst lag wieder, da sie die Erschöpfung wieder etwas eingeholt hatte. Doch durch die Lehne des Bettes saß sie fast und konnte so gut mit den anderen reden, ohne sich den Hals zu verrenken.

„Mehr oder weniger…“, nuschelte sie schief lächelnd.

Jetzt, drei stunden ach ihrem Erwachen ließ auch die Narkose langsam nach und immer mehr Schmerzen traten hervor. All erstes war ihr jedoch aufgefallen, dass ihr Hals schmerzte. Musste an dem Schlauch liegen, der ihr während der OP zur Beatmung im Hals gesteckt wurde.

Danach hatte sich ihre Schnittwunde wieder bemerkbar gemacht, inklusive der angeknacksten Rippen. Direkt nach dem Erwachen hatte sie sich wesentlich besser gefühlt. Na ja, da war sie aber auch irgendwie doch nicht richtig wach gewesen…
 

Aber dass die anderen jetzt um sie herum saßen und versuchten sie aufzumuntern tat ihr sehr gut und rette ihre Laune, die mit den ansteigenden Schmerzen immer mehr bergab gegangen war. Irgendwann meldeten sich das pochende Stechen doch wieder so stark zu Wort, dass sie Celina drum bat die Schwester zu rufen. Damit diese ihr ein Schmerzmittel verabreichte.

„Wo ist Jan?“, fragte sie, nachdem sie das Mittel geschluckt hatte. „Sie meinen den Herrn Urlaub? Seit Ich ihn hab aus dem Haus gehen sehen ist er mir nicht wieder über den weg gelaufen.“

Henrike senkte etwas enttäuscht den Blick.

„Danke… Leute? Ich glaub ich möchte mich etwas hinlegen. Ich kann die Augen auch kaum noch offen halten.“ Das war nicht gelogen. So oft wir ihr die Lider schon zu gefallen waren, hatte es sich nur noch um eine Frage der Zeit gehandelt, bis ihr Körper der Erschöpfung nachgab.
 

Am Abend ging Celina wieder in das Krankenzimmer. Als sie ihre kleine noch immer schlafend vor fand, musste sie erst lächeln, ehe sie sich wieder umdrehte.

`Brauchst mich heute wohl nicht als Nachtwache. Bis morgen Sweetie.`

Damit ging sie und ließ den rothaarigen Teufel allein zurück.
 

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„AAAH!!!“

Henrike zuckte heftig zusammen und fuhr aus dem Schlaf. Sie brauchte einige Sekunden um zu begreifen, dass sie sich noch immer in ein und demselben Bett befand. Rike keuchte und als sie sich übers Gesicht wischte stellte sie fest, dass sie stark schwitzte.

Eine Tür fiel ins Schloss. Wieder zuckte sie in sich zusammen und suchte hektisch nach dem Schalter der Nachttischlampe.

Als sie endlich etwas sehen konnte fiel ihr zu erst auf, dass sie ganz allein in dem Zimmer war.

„Celina…?“, hauchte sie schwach, obwohl sie doch nun sah, dass ihre Freundin nicht hier war.

Ängstlich blickte sie sich um. Niemand war da…

`Scheiße…`

Leicht schluchzend kniff sie die Augen zu und zog sich die Decke über dem Kopf, um irgendwie wieder einschlafen zu können.

Dass auf dem Nachttisch ein Zettel lag, hatte sie komplett übersehen.
 

Wir kommen Morgen wieder so schnell es geht.

LG

Celina
 

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„Wo warst du denn Gestern?“, Dirk stichelte schon eine ganze Weile an dem blonden Wahlhamburger herum, doch blieb standhaft.

„Ich war spazieren gegangen und hab dabei total die Zeit vergessen. Als ich Gestern noch mal nach ihr gesehen habe hat sie tief und fest geschlafen.“

Halb Wahrheiten.

Spaziergang. Stimmt!

Noch mal nach Rike gesehn. Geflunkert.

Eigentlich hatte er durchaus vor gehabt noch einmal nach ihr zu gucken. Aber…
 

Celina versuchte offenbar in seinen Kopf zu gucken, so intensiv starrte sie ihn schon seit längerem von der Seite an. Rod und Mischa trotteten hinter dem Dreiergespann her.

„Oha, der guckt aber böse.“, sagte der Chilene plötzlich und die komplette Aufmerksamkeit ging nach vorn. Dort, vor Rikes Zimmertür, stand ihr behandelnder Arzt.
 

Mit leicht verärgerter Miene Schritt der ältere Mann auf sie zu.

„Haben Sie ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt?“

„Wie? Wer? Was fürn Floh???“, Dirk war sichtlich verwundert.

„Die ganze Zeit labert ihre Kollegin nur davon, dass sie raus will. Versuchen Sie sie etwa zu manipulieren?“ „Nein!“, Mischa wirkte empört.

„Wie auch immer… Ich weiß nicht was die Frau vorhat, aber sie muss sich unbedingt schonen. Noch ist die Wunde nicht verheilt und sie kann bei großer körperlicher Aktivitäten leicht wieder aufplatzen…“

„Ich kann aber gut verstehen, dass sie hier weg will.“ Alles schaute zu Michaela, die mehr als kampfbereit da stand. „Und bei allem Respekt für ihre Arbeit; Ich glaube das es eine gute Idee ist sie mit zunehmen. Dann ist sie bei uns…“

„Ich weiß nicht ob Sie mir richtig zugehört haben Madame: Ihre Kollegin…“

„UNSERE „Kollegin“ ist 1. unsere Freundin 2. haben sie so ein paar notgeile Wichser fast an ihr Vergangen!!!“

Der Arzt keuchte bei Mischa Wortwahl etwas empört auf.

Bevor die blonde Frau jedoch wieder etwas sagen konnte, schob Dirk sich ihr und dem Arzt. So verhinderte er möglicherweise ein Gemetzel der Extra-Klasse.

„Wir wollen sie nicht auf die Bühne hetzen, aber glauben sie uns; wir haben einen Arzt der uns auf der Tour begleitet, unsere nächsten Station in höchstens immer eine Nacht Fahrt entfernt und wir würden alle drauf achten dass sie sich schont.“ „Und sobald wir die nächste Stadt erreichen könnten wir sie dort wieder zur Behandlung schicken. Also ins Krankenhaus...“

Celina guckte leicht beschämt zur Seite. Ihre Wortwahl kam ihr ziemlich blöd vor.

„Im Prinzip könnten Sie es einfach als umtransport ansehen. Es geht wirklich nicht darum sie gleich wieder auf die Bühne zu zerren, aber wir sind uns alle sicher, dass es ihr gut tun wird.“, sprach Jan mit ernster Miene zu dem Arzt.

Dieser schien nun ernsthaft zu überlegen. Schließlich ergab er sich seufzend.
 

„Wenn sie mir schwören, dass sie am nächsten Morgen sofort und stante pede ins Krankenhaus gehen, bin ich einverstanden. Sie wird schon nicht sterben, aber trotzdem müssen sie sehr vorsichtig sein. Die junge Frau ist schwer verletzt und…“

Er stockte kurz und sänftigte seinen Ton.

„Wie Sie eben so dezent angedeutet haben (Michaela grummelte bei seinem Blick) wurde sie fast Vergewaltigt. So etwas verdaut man nicht einfach, dass kann schwere psychische Schäden hinterlassen. Seien sie also immer da, wenn sie Sie braucht!“

So wie er vor ihnen stand, hatte man das Gefühl, er würde sie alle ansprechen.

Nur Jan selbst bemerkte, dass der Arzt ihm beim letzten Satz direkt in die Augen blickte.

„Ich geh dann Mal die Papiere vorbereiten.“

Damit verschwand er und ließ die Gruppe stehen.
 

„Haben… Wir das richtige getan?“, fragte Celina unsicher.

„Ist ne gute Frage…“, Rodrigo kratzte sich am Kinn: „ Aber wenn du mich fragst: Ja!“
 

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Henrike hätte am liebsten einen drei-Meter-in-die-Höhe-Sprung vollzogen. Endlich weg hier!
 

„Danke Leute“, sagte sie jetzt schon zum 34.660 Mal, als sie mit Mischa als Stützte den Tourbus betrat.

„Jaaaaaaaa, wir habens begriffen. Werd einfach schnell wieder gesund kleene.“ Michaela tätschelte ihr leicht lächelnd den Kopf.

Bela-Farin-Rod hatten alles nötige in die Wege geleitet. Der Tourarzt würde auf einem der Sitze, die sich durch die Lehne schon fast zu einem kleinen Bett umfunktionieren ließen, pennen, damit er immer zur Stelle war. Der noch recht junge Mann, der auf den Namen „Spritze“ getauft war, hatte absolut nix dagegen. Er hatte sogar noch mal betont, dass er sich sonst immer komplett unterfordert fühle auf der Tour. Mit einem breiten Grinsen unterstrich dies der braunhaarige, der ungefähr Dirks Größe hatte und schnell war klar, dass er gut in die „Ärzte-Tour-Familie“ reinpasste.

Die nächste Station, welche die Ärzte bespielen würden, war wirklich nicht weit von hier.

Es musste allerdings noch geregelt werden, wie es mit Rike weiter lief. Sie konnte nun wirklich nicht auftreten, da mussten sie sich noch etwas überlegen.

Henrike selbst hatte irgendwann gespürt, wie viel Arbeit sie ihnen machte. Sie entschuldigte sich dafür und überließ es den Ärzten frei, ob sie sich eine neue Sängerin suchen würde.

Und um ehrlich zu sein war dies eine Möglichkeit, welche die drei ernsthaft in betracht ziehen mussten…
 

Erst am späten Abend kehrte Ruhe ein und die Männer schlichen auf langsam in ihre Kojen. Alle lagen in den Federn und der Bus ratterte fröhlich vor sich hin.

Kleine Veränderung allerdings: Rike und Celina hatten die Betten fürs erste getauscht.

Damit sie besser aufstehen konnte und nicht Gefahr lief, sich unnötig weh zu tun.

Bis eben noch war fast jeder bei ihr gewesen und hatte sie bestimmt (pro Person) 20-zig Mal gefragt, ob sie noch irgendetwas brauchte. Aber eben nur fast.

Jan war gar nicht bei ihr gewesen. Obwohl sie sich nichts hatte anmerken lassen, sie war darüber doch etwas enttäuscht.

Jetzt lag sie hier, auf Celinas, eigentlich sehr bequemen, Bett, schlief nicht ein und zerbrach sich den Kopf ausgerechnet darüber.

Das musste doch nicht sein!

War aber so… Seufzend schlug sie ihre Lider auf. Ihre Augen lagen als erstes auf den Vorhang, durch den schwach Licht schimmerte. Leicht verwundert runzelte sie die Stirn.

Da konnte wohl noch jemand nicht schlafen.

Was es wohl bei ihm oder ihr war, das sie wach hielt?

Bei ihr warens die fürchterlichen Grübeleien. Und die Erinnerungen, an das grauenhafte Ereignis.

Immer und immer wieder kamen Bilder in ihr hoch, die zusammen zucken ließen. Genauso wie in der letzten Nacht, die sie im Krankenhaus verbracht hatte

Wie ein kleines Kind, wenn auch nicht ganz so dramatisch, bekam sie Angst davor ein zu schlafen. Auf keinen Fall wollte sie das ganze in einem ihrer Träume noch einmal erleben!

Rike krümmte sich und kniff die Augen zusammen. Sie hatte allen versichert, es würde ihr gut gehen, aber jetzt war dies nicht der Fall. Das ganze nagte und brannte an und in ihr wie Säure. Da schien das Licht durch ihre Lider und sie bekam einen fast panischen Drang, denjenigen, der da draußen war, und es war ihr egal wer es war, zu sich zu holen.

Ehe sie handeln konnte, drängte sich ein Bild auf die innere Leinwand ihrer Lider und ein Geräusch ließ brauchte erneut zum zusammen zucken. Ihre Augen flogen auf und sie starrte verängstigt nach vorn.
 

Schweigen.
 

Das war die erste Reaktion, als sie ihn so plötzlich anglotzte.

Er hatte den Vorhang vorsichtig zur Seite gezogen, wohl sicher in dem Glauben, sie würde schlafen. Dass zwei grüne Augen auf ihn ruhten, hatte ihn anscheinend so überrascht, dass er quasi in der Bewegung gefroren war. Schließlich richtete sie sich auf.

„Jan…“, sagte sie schwach, aber dennoch mit Verwunderung.

„Hey.“, antwortete er und lächelte leicht.

„Wollte mal nach dir sehen….Dachte mir, dass es dir nicht so leicht fällt jetzt zu schlafen.“
 

Jan war als einziger dabei gewesen. Vielleicht war er deswegen erst jetzt gekommen.

Seine Anwesenheit machte sie wirklich froh.

„Oder störe ich?“, schob Jan vorsichtshalber hinterher, als sie stumm blieb.

„Nein!!!“

Beinahe hätte sie es ausgerufen.

Verlegen senkte sie den Blick. „Ich... kann wirklich nicht sonderlich gut… schlafen…“

Ihre Stimme erstarb. Er dürfte nicht gehen, aber sie schaffte es irgendwie nicht ihn drum zu bitten.

Schon wieder war es still. Und diese Stille, die immer länger wurde, war ihnen beiden sehr unangenehm.

„Alsooo… Ich geh dann mal.“, Jan erhob sich und war im Begriff zu gehen.

Doch da schaltete sich Henrikes Denken endgültig aus. Sie griff nach ihm und erwischte eine Hosenfalte, diese Geste brachte ihn tatsächlich dazu stehen zu bleiben.
 

„Kannst du dich vielleicht noch… etwas zu mir… legen…“

Ihre Stimme war immer leiser geworden.

Schweigen. Schon wieder. Doch dieses Mal konnte sie noch nicht einmal sein Gesicht sehen. Das machte sie nervös, wie hatte er ihre Bitte aufgenommen?

Ohne ihr die ersehnte Antwort zu geben zog er die Stoffalte aus ihrem Griff und ging weg.

Einfach so. Fassungslos aber auch etwas betreten sackte sie in sich zusammen und ihr Arm schwang taub nach unten, bis ihn die Bettkante stoppte.

Sie wollte sich nach vorne beugen, um nach ihm zu sehen, aber… sie traute sich nicht.

Als sie sich dann doch überwunden hatte, ging das Licht im Flur aus.

`Na danke…`

Sie musste fast schluchzen bei dem Gedanken, nun allein hier liegen zu müssen. Das würde sie nicht ertragen. Rike wischte sich mit dem Handrücken die Nase und überlegte, ob sie vielleicht zu Celina gehen sollte.

Ihr kam das ganz schön kindisch vor aber man entkam ja nicht jeden Tag nur knapp einer Vergewaltigung. Da wurde das kleine Stück, wo der Vorhang noch zur Seite gezogen war, noch dunkler. Noch bevor sie eine Theorie hatte, hockte Jan vor ihr.

Und das sah sie sogar in der Dunkelheit.

Seine Hand schob sich in die Kabine, um das Licht an zu knipsen.

Und sie fühlte sich so glücklich wie schon lange nicht mehr, als sie ihn erkennen konnte.

Er hatte seine Jeans ausgezogen, war unten rum nun in Boxershorts, hatte sich ein weites Shirt über gezogen und lächelte sie leicht an.

„Dann mach mal Platz.“, sagte er und sie rückte sofort ein Stück nach hinten.

Kurz darauf lag er vor ihr, mit dem Rücken zum, nun geschlossenen, Vorhang.

Fürsorglich zog er ihr die Decke ans Kinn und sie errötete glücklich.

„Danke…“, schluchzte sie und konnte die sich schon ewig stauenden Tränen nicht mehr aufhalten. Sofort war ihre Sicht verschwommen, doch sie spürte, wie er seine Arme um sie legte. „Ich… diese Kerle… und…fast…“, stammelte sie und Jan verstand was sie meinte.

Er drückte sie näher an sich und flüsterte ihr beruhigend zu.

„Lass es raus, das ist keine Schande…“

Und wieder lag er richtig!

Ihr war es unangenehm, vor anderen so unkontrolliert los zu heulen. Nein, sie sah weinen nicht als Schande an, im Gegenteil, aber sie hatte dann immer das Gefühl, den anderen eine Last zu sein. Diese Angst nahm er ihr gerade.

Er war so wunderbar warm und seine Anwesenheit und alles tat ihr so unglaublich gut!

Seine Hand fuhr sanft durch ihr Haar.

„Schlaf ruhig ein.“, sagte er nun und sie lächelte.

Ob er wohl ihre drückende Müdigkeit gespürt oder bemerkt hatte?

Jedoch fiel diese nun so plötzlich über sie her, dass sie nicht anders konnte, als sich dieser zu ergeben.
 

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Es war dunkel. Stockfinster.

Mehr wusste sie nicht. Noch nicht einmal, ob sie wach war, oder schlief.

Sie fühlte sich wir kurz nach der Operation, wo sie wach war, aber doch noch halb schlief, und das im stehen! Rike spürte nur, dass sie in einer Umarmung lag.
 

Plötzlich zurrten sich die Arme noch mehr um sie und drückten sie unglaublich fest an sich.

Etwas presste sich auf ihren Mund.

Lippen?

Die Arme hielten sie noch immer fest, aber gleichzeitig auch so sachte, als hätte dieser jemand Angst sie könne zerbrechen.

So viele Bilder drängten sich mit einem mal vor ihr Auge.

Sie sah Dirk, Jan, Rodrigo, dann Michaela zusammen mit Celina.

Alles, was sie bisher zusammen erlebt hatten, die Proben, die Albereien, die Auftritte…

All die Momente die sie glücklich gemacht hatten.

Seltsamer weise tat ihr nichts mehr weh, im Gegenteil.
 

Und immer wieder spürte sie diese Gesten, die sie in ihrer Zärtlichkeit fast erdrückten.

Die Hand, daran Finger sich mit ihrem langen Haar am Hinterkopf verflochten und sie ihre Lippen näher zu sich drückte.
 

Ok.

Wenn das ein Traum war konnte er ruhig bis in alle Ewigkeit so weiter gehen.

Dieses herrliche Raue…

Mehr konnte sie nicht denken als alles noch dunkler wurde.



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