Lunatismus

- Ein Mädchen mit Charakter -

A.N.: WOW! Über 200 Kommentare! Leute ich bin gerührt und absolut überwältigt! Danke für die tollen und vor allem motivierenden Kommentare (und auch Danke für die Teigwaren... Wusstet ihr, dass Teigwaren Teigwaren sind, weil Teigwaren mal Teig waren?... Äh, ja...)
 

Zu diesem Kapitel: Schon wieder eines, dass ich zweiteilte! Eigentlich war es länger, aber dann fiel mir auf, dass ich eigentlich zwei Handlungsstränge in einem Kapitel bearbeite und das gefiel mir nicht. Also holte ich die imaginäre Schere heraus und ZipZap! machte zwei Kapitel draus. So schnell kann's gehen. ^-^
 

ENJOY!
 

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- Ein Mädchen mit Charakter -
 

Die folgenden Tage und Wochen waren für die vier Rumtreiber eine wahre Tortur. Auf der einen Seite wollten sie unbedingt an der Karte des Rumtreibers weiterarbeiten und sie fertigstellen. Sie hatten sich extra für die Versiegelung der Karte gegenseitig Spitznamen gegeben, die nun beim nennen des Losungswortes auftauchten und den Rumtreiber begrüßten. Auf der anderen Seite mussten sie aber auch für die anstehenden ZAG-Prüfungen pauken, was vor allem Peter, James und Sirius nicht schmeckte. Nachdem sie eine besonders lange Nacht in den Kerkern hinter sich gebracht hatten, um endlich die letzten unterirdischen Gänge auf der Karte fertigstellen zu können, saßen sie am Folgetag ziemlich müde im Gemeinschaftsraum und versuchten für Astronomie und Geschichte zu büffeln.

„Sirius, nimm eine andere Feder. Wenn du weiter mit dieser da Sternenkarten zeichnest, wird das nie was." meinte Remus lehrerhaft.
 

„Warum? Die ist doch vollkommen in Ordung." protestierte Sirius kraftlos. Er hatte von allen wohl am wenigsten Lust seine freie Zeit mit Hausaufgaben zu verbringen.

„Du kannst mit der ausgefransten Spitze doch überhaupt keine akkuraten Linien mehr zeichnen. Du malst Flächen damit aus." erklärte Remus geduldig und reichte Sirius eine neue Feder aus seiner Tasche.
 

„Wie kannst du nur nach einer durchgemachten Nacht noch so dienstbeflissen sein, Moony? Wirklich, du bist ganz unglaublich." meinte Sirius und schüttelte den Kopf, bevor er seine Stirn auf der Tischplatte abstützte.

„Das sagst du mir in letzte Zeit öfter." entgegnete Remus schmunzelnd und suchte in seinem Geschichtsbuch nach dem Eintrag über Paracelsus.

„Stimmt." pflichtete Peter fies grinsend bei. „Man könnte meinen, du baggerst Moony an."

Prompt hatte sich der kleine Gryffindor von Sirius einen Schlag in den Nacken eingefangen.
 

„Au!"
 

„Kümmer dich lieber um deine Zusammenfassung. Für die ZAG-Tests brauchst du mehr als drei Sätze über Claudius Ptolemäus und das geozentrische Weltbild."

„Äh, ich könnte vier anbieten. Wer hat mehr?" warf James ein, um die Situation ein wenig zu entschärfen. Er wusste, dass Peter keine Ahnung hatte und nur Spaß machen wollte, aber James wusste auch, dass Sirius mit solchen Witzen wahrscheinlich wenig anfangen konnte. Zum Glück war Remus viel zu beschäftigt, als dass er Sirius' etwas zu ernsten Tonfall hätte mitbekommen können.

„Vier, Herr Krone?" hakte Sirius nach und grinste schon wieder. „So wenig? Also wirklich! Ich bin enttäuscht von Ihnen!"
 

Ärger fingierend stämmte James die Hände in die Hüften.

„So, Herr Tatze? Wieviel haben Sie denn zur Astronomie des zweiten Jahrhunderts vorzuweisen? Fünf Sätze? Sechs?"

„Sechseinhalb." brüstete sich Sirius und lachte.

„Ich bin beeindruckt." gab James zu und stimmte mit ein.

„Jungs, ich bitte euch." sprach Remus und klang ein wenig enttäuscht. „Sechs Sätze in einer Astronomiezusammenfassung? Habe ich euch nicht mehr beigebracht? Und dabei habe ich mir solche Mühe mit euch gegeben."
 

„Gib's auf, Moony. Wir sind hoffnungslose Fälle. Da hilft nur noch Notschlachtung." meinte Sirius grinsend. Er unterdrückte den Drang den anderen Jungen wie sonst auch zu berühren, aber nachdem Peter eben diesen dämlichen Witz gerissen hatte, wollte er kein Risiko eingehen.

James bemerkte, dass etwas mit Sirius nicht stimmte.

Es wurde wirklich Zeit, dass er sich mit Lily darüber unterhielt.
 

~*~
 

Ein paar Tage später bekam James seine Chance. Er wusste, dass Lily bereits seit Wochen einen Tisch ganz hinten in der Bibliothek für sich beanspruchte, um sich dort beinahe abgeschottet von der Außenwelt auf die Prüfungen vorzubereiten. Ab und an stieß Remus zu ihr, um gemeinsam ein paar Probleme in Alte Runen durchzusprechen, oder um sich ein wenig auszutauschen. Aber die meiste Zeit über war Lily allein und das kam James gerade recht.
 

„Hey, Musterschülerin!" begrüßte er sie, nachdem er sich mit pantherhafter Agilität an sie herangeschlichen hatte. Geheimgänge waren wirklich eine tolle Erfindung und er konnte Remus gar nicht genug für die Karte danken. Lily zuckte nervös zusammen. Sie hatte nicht erwartet gestört zu werden.

„James! Musst du immer so aus dem Nichts auftauchen? Wie machst du das nur?" wollte sie wissen.
 

„Betriebsgeheimnis, Teuerste."

So galant wie irgendwie möglich ließ er sich neben sie auf einen Stuhl fallen und warf einen Blick auf die vor ihr ausgebreiteten Zettel.

„Was machst du?"

„Ich versuche den Atlantik unter Zuhilfenahme eines Fahrrads und zwei Dutzend Pixies zu überqueren."

„Sehr witzig, Lily. Es erschreckt mich immer wieder, wie ähnlich ihr euch seid."

„Wem bin ich ähnlich?"

„Remus. Wenn er will, kann er genauso bissig sein, wie du."

Sie lachte.

„Mit dem Unterschied, dass ich mich nicht einmal im Monat in etwas sehr bissiges verwandle."

Jetzt lachte auch James.

„Nicht? Ich dachte, bei euch Frauen sei das normal."
 

Eine Weile lachten sie einfach nur, was ungewöhnlich war.

„Du bist doch mit Sicherheit nicht hierhin gekommen, um mit mir über die weibliche Psyche zu diskutieren, oder täusche ich mich?" wollte Lily schließlich wissen, als sie beide sich beruhigt hatten.

„Stimmt." entgegnete er. „Ich wollte dich etwas fragen."

„Die Antwort ist nein."

Verdutzt sah er sie an.
 

„Du weißt doch noch gar nicht, was ich dich fragen will."
 

Sie kicherte und stand auf, um sich ein neues Buch aus dem Regal zu suchen. Er folgte ihr auf dem Fuß.

„Nun ja, bisher endete jedes unserer Gespräche in einem tölpelhaften Versuch von dir, mir deine unsterbliche Liebe zu gestehen und mich um ein Date zu bitten. Sollte ich etwa dieses Mal annehmen, das es anders sein wird?"

Während sie mit dem Zeigefinger über die Einbände fuhr, lehnte James neben ihr an einem Regal.
 

„Nun ja, wenn das dein Wunsch ist, kann ich natürlich die ein oder andere Silbe über meine amourösen Gefühle für dich verlieren, aber eigentlich bin ich nicht deswegen zu dir gekommen."

Nun war es an Lily verblüfft zu sein.

„Wenn das so ist, bin ich ganz Ohr."

„Nun ja..." sagte James und wusste nicht so ganz, wie er die Sache beginnen sollte. „Ich habe da einen Freund..."

Lily stöhnte.
 

„Wenn du mir die Ich-habe-da-einen-Freund-dessen-Namen-ich-nicht-nennen-will-Nummer geben willst, um herauszubekommen wie man mich rumbekommt, dann lass es. Das haben schon andere vor dir versucht und es hat nie funktioniert."

James war einen Moment lang still, bevor er weitersprechen konnte.

„Du kannst ganz schön nervtötend sein, weißt du das?"
 

„Oh! Armes Jamesie-Mäuschen! Hat die böse Lily gerade sein perfektes Weltbild zerstört?" neckte Lily. Sie wusste, dass sie die meisten Typen damit vergraulen konnte, wenn sie einfach so war, wie sie nun einmal war. Aber James überraschte sie immer wieder. Auch an diesem Tag.

„Ach, was! Echte Kerle halten das aus." meinte er nur. „Ich mag Mädchen mit Charakter."
 

Sie errötete gegen ihren Willen und zu ihrem Unglück grinste er wissend, sagte aber nichts dazu. Stattdessen:

„Aber das war nicht das, was ich sagen wollte. Es geht wirklich um einen Freund von mir. Er hat ein kleines Problem, bei dem ich ihm nicht weiterhelfen kann."

„Und da dachtest du, dass ich das könnte, ja?"

James zuckte mit den Schultern.

„Du bist eine Frau. Frauen kennen sich mit so was aus."

„Womit?"

„Na, mit Liebeskram und so."

„Liebenskram und so? James, worauf willst du hinaus?"

Er seufzte.

„Wenn ich das so genau wüsste, dann wäre ich jetzt nicht hier."
 

Sie ließ ihre Hand vom Einband des Buchs Magische Zeitreisen gleiten und drehte sich zu ihm. Zum zweiten Mal in der langen Zeit, die sie sich kannten, machte sie sich wirklich die Mühe ihn anzusehen. Sein Gesicht, das sonst so kindlich aussah, wirkte nun ernst und erwachsen und seine braunen Augen zeugten davon, dass er sich viele Gedanken um ein Problem gemacht hatte, das er alleine anscheinend nicht lösen konnte.
 

„Es geht um Black, richtig?"
 

Überrascht sah er sie an, aber sie sprach weiter, noch bevor er fragen konnte, woher sie das wusste.

„Black ist dein bester Freund, um wen sonst solltest du dir solche Sorgen machen? Außerdem zieht der Junge immer einen meterlangen Schwanz Probleme hinter sich her, da ist es nicht verwunderlich, dass du dich des ein oder anderen annehmen musst."

James lachte.

„Wenn du wüsstest, was für Schwänze er noch so hinter sich herzieht, du würdest uns für verrückt erklären." meinte er.

„Das tue ich auch so schon." sprach sie und grinste verdächtig rumtreiberisch. „Also, was hat Black verbrochen? Ist er bei einer seiner Angebeteten in ein Fettnäpfchen getreten, oder belagert ihn sein Fanclub so sehr, dass er nicht mehr weiß, mit welcher er zuerst ausgehen soll?"
 

„Sirius ist nicht mehr mit einem Mädchen ausgegangen, nachdem sein Date mit Fidelity in einem Desaster geendet ist." versicherte ihr James.
 

„Ach, Tatsache?"
 

„Du hörst dich nicht sonderlich überrascht an." meinte er skeptisch. Wusste sie etwa mehr, als sie zugeben wollte?

„Ich bin auch nicht überrascht. Black ist nicht der Typ, der sich auf ein Mädchen festlegt."

„Moment mal!" empörte sich James pflichtbewusst. „Ich glaube, Sirius ist sehr wohl in der Lage sich auf jemanden festzulegen, er ist nur ein wenig..."

„James!" unterbrach ihn Lily grinsend. „Ich habe nie gesagt, dass ich glaube, dass Black sich nicht festlegen kann. Ich sagte nur, dass er sich nicht auf ein Mädchen festlegen kann."
 

Einen Moment lang herrschte Stille, während James sie mit offenem Mund anstarrte.

„Du...du wusstest das? Wie? Woher? Seit wann?"

Lachend klopfte sie ihm auf die Schulter.

„Oh, James. Wirklich! Es ist, als stünde ihm eine große Neonreklame mit der Aufschrift Ich steh' auf Remus Lupin! auf der Stirn. Jede Frau mit ein wenig Verstand und Kombinationsgabe kann das sehen."

Noch immer vollkommen verblüfft starrte James sie an, so als sei sie eine neue Tierart, die er gerade entdeckt hatte.
 

„Aber, die anderen Mädchen-"
 

„James, verliebte Mädchen sehen immer nur das, was sie sehen wollen. Und das letzte, das Fidelity Woodrich und die Mitglieder aus dem Sirius-Black-Fanclub sehen wollen, ist die Tatsache, dass ihr lockentragender Adonis seinen Besen andersherum besteigt. Sie würden die Wahrheit nicht einmal glauben, wenn Dumbledore es beim Fest der Neuen offiziell verkünden würde."

James gluckste.
 

„Stell dir das nur mal vor... Liebe Schülerinnen und Schüler! Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts! Es gibt ein paar Mitteilungen zu machen: Das Rennen auf den Fluren ist verboten, den Lehrerjob für Fellpflege übernimmt der Schüler Remus Lupin, ach ja, und Sirius Black ist schwul. Guten Appetit! "
 

Lily versuchte ihr Lachen zu unterdrücken, was ihr nur zum Teil gelang.

„James! Wie kannst du so etwas nur ins Lächerliche ziehen?"

„Ach, Remus nimmt mir das nicht übel. Wir machen immer Witze über sein kleines pelziges Problem. Das ist keine große Sache..."

„Ich meinte nicht Remus." korrigierte ihn Lily. „Ich meine, dass Black...nun ja... auf Remus steht."
 

„Oh, Lily! Der steht nicht einfach nur auf Remus. Sirius ist unserem lieben Wölfchen mit jedem seiner lockigen Haare verfallen. Alle Anzeichen sprechen dafür. Ich glaube, wir haben es hier mit einem schwerwiegenden Fall von Großer Liebe zu tun."
 

James erzählte ihr von allen Kleinigkeiten und Indizien, die er zusammengetragen hatte.

„Oje." seufzte sie am Ende seines Berichts. „Das hört sich heftiger an, als ich gedacht hatte."

„Lily, was sollen wir nur machen? Sirius wird nie auf die Idee kommen, Remus seine Gefühle zu gestehen, aber wenn er nichts tut, dann wird er früher oder später daran kaputtgehen. Ich merke das doch. Er ist rasend eifersüchtig, wenn Remus sich zum Lernen mit den Ravenclawmädchen trifft und ist ganz miserabel drauf, wenn er nicht in seiner Nähe ist."
 

„Du vergisst da einen wichtigen Punkt, James."

Der Gryffindor legte die Stirn in Falten, was ihm diesen spitzbübischen Ausdruck verlieh, den Lily so niedlich fand.

„Und der wäre?"

Sie seufzte.

„Remus." sprach sie gewichtig. „Ich glaube, ach was, ich weiß, dass Remus mehr für Black empfindet, als gewöhnliche Freundschaft, auch wenn ich nicht einmal das unbedingt nachvollziehen kann."
 

„Keine Witze über Sirius, Lily." ermahnte er sie.
 

„Entschuldige." Sie fuhr fort. „Der Punkt ist: Remus ist so gefangen in der Vorstellung, dass er wegen seiner Krankheit nicht liebenswert ist, dass er die Große Liebe nicht einmal dann erkennen würde, wenn sie ihn mit einem Strauß Rosen verprügelt."

„Das erinnert mich an..."

„Lenk nicht ab." sagte sie fix. „Wir haben es also mit zwei Problemen zu tun: Einem dramatisch verliebten Black und einem ignoranten Remus."

„Und was machen wir nun?" wollte James wissen, denn schließlich war er wegen einer Lösung für das Problem zu ihr gekommen.
 

„Gar nichts." war ihr schlichte Antwort.

„Gar nichts?! Lily, wir können nicht nichts tun! Es herrscht akuter Handlungsbedarf! Sirius dreht wegen seinen Gefühlen am Rad und Remus tappt im Dunkeln und hält Sirius' Suche nach Körperkontakt wahrscheinlich für eine Art Kompensation familiärer Defizite! So kann das nicht weitergehen."
 

Lily nickte.
 

„Das stimmt, James. Aber es gibt Dinge, die müssen sich von alleine entwickeln. Wenn es so eine gute Idee wäre, mit Black über die Sache zu reden, warum hast du es dann noch nicht getan, sondern bist erst zu mir gekommen?"

Er überlegte einen Augenblick und seufzte dann kellertief.

„Weil es keine gute Idee ist."

„Richtig. Es ist keine gute Idee." stimmte sie ihm zu. „Black würde jetzt nur alles leugnen, aus Angst ausgelacht zuwerden oder wegen wasweißich. Mit ihm zu reden hätte jetzt überhaupt keinen Sinn."

James sah enttäuscht aus.
 

„Und was sollen wir stattdessen machen? Abwarten und Tee trinken?"

Sie legte ihm Halt gebend die Hand auf die Schulter.

„Manchmal kann man nichts anderes tun." meinte sie. „Du musst abwarten bis Black von ganz allein auf dich zukommt und um deine Hilfe bittet. Der Vorteil ist: Wenn er dann kommt, bist du schon bestens gerüstet, um ihm zu helfen."

Lily lächelte James aufmunternd an. Er lächelte zurück.

„Gut." sagte er schließlich und stand auf. „Ich warte."
 

Er machte ein paar Schritte in Richtung Ausgang, bevor er sich noch einmal zu ihr umdrehte.

„Lily?"

„Ja, James?"

Er grinste, wie es sich für einen Rumtreiber gehörte.

„Ich mag Mädchen mit Charakter wirklich."

Mit einer Kussgeste in ihre Richtung marschierte er davon. Sie schüttelte grinsend den Kopf.
 

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... to be continued...