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Kurzgeschichten, Briefe, Szenen etc
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Starving Eyes - Tagebuchauszug

Ich fühl mich wie ausgekotzt und der größte Teil meines Mageninhalts ist das vermutlich auch seit der letzten Nacht.

Langsam frage ich mich, wieso ich überhaupt noch zu Parties gehe, an deren Verlauf ich mich anderntags ohnehin überhaupt nicht, oder nur schemenhaft erinnern kann.

Irgendwie gehört es ja zum alltäglichen Leben dazu.

- Nicht zu meinem versteht sich, denn ich erinnere mich ja nicht, aber zum Dasein der anderen gehört es sicherlich.

Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht so wäre, wie ich bin.

- Und ich bin ein notorischer Säufer, wenn ich auf Parties bin. Das gehört einfach zu mir, wie meine Gitarre, meine grauen (Ja… GRAUEN) Haare.

Ich weiß, dass an diesen drei Eigenschaften, die mir zugeschrieben werden nur das mit der Gitarre NICHT peinlich ist.

Mittlerweile bin ich auch geduscht und in die verschwitzten Kleider der letzten Nacht gestiegen.

Seltsam, dass ich es zwar geschafft habe das Zimmer meiner Freunde voll zu kotzen (zumindest denke ich, dass das der Fall war, den mein Hals brennt wie Feuer und der Nachgeschmack von Galle in meinem Mund erregt Übelkeit in mir), aber meine Kleidung ist Gott sei Dank verschont geblieben.

Was solls? Mir ist es ohnehin egal, weil ich mich nicht erinnern kann.

Einen Kater hab ich eigentlich kaum, dafür aber den ziemlichen Drag Gitarre zu spielen und da ich alleine aufgewacht bin, habe ich außerdem das Gefühl eine weitere Freundin vertrieben zu haben.

Auch das ist mir letztendlich egal, was mich vielleicht noch mehr ins Licht des Kiffers rückt, der ich ja auch bin.

Ich beschließe zu warten, bis sie sich von mir trennt. Irgendwie finde ich das fair und es erspart mir Arbeit.

Passende Worte finde ich nur in meinen Liedern, ansonsten bin ich kein guter Redner.

„Morgen.“, sage ich nur, während Jade ins Zimmer kommt, um ein Fenster zu schließen.

Sie erwidert, ohne mich an zu sehen. Bingo!

Ich lag also richtig: Gestern habe ich entweder das falsche gesagt oder getan. – Vermutlich aber beides.

Neben meinem Bett entdecke ich einen blauen Eimer. – Von jetzt an werde ich blaue Eimer hassen.

Einen Kater spüre ich noch immer nicht, weiß aber, dass sich das beim Geruch von Essen ändern kann. – Ich glaube aber, dass ich in jedem Fall einen verdient hätte.

Meine Bandkollegen würden das sicher genau so sehen, aber ich hab heute Morgen noch keinen von ihnen gesehen, was vielleicht auch besser so ist.

Entweder ich ernte Spott oder (was schlimmer wäre) Wut.

- Vielleicht würden sie auch nichts sagen und mich so höflich ignorieren, wie Jade es gerade getan hat.

Das zeigt mir dann, dass ich mich gestern WIRKLICH übernommen habe.

„Morgen, Lex.“, fällt Mike ins Schlafzimmer ein und öffnet das Fenster, das Jade zuvor geschlossen hat.

„Wie geht’s dir?“

Ich grinse und meine es ehrlich.

Ich weiß jetzt, dass eigentlich alles in Ordnung ist.

„Alles okay.“, sage ich.

Mike lächelt. Er ist der Älteste und größte der Band. Man sieht ihm an, dass er sich Sorgen gemacht hat, obwohl er es nicht zugeben würde.

Das ist es, was ich an ihm so schätze. Er fühlt sich väterlich mir gegenüber, aber er versucht nicht mein Leben zu ändern, oder mich zu erziehen.

„Hast mir gestern Abend den Finger gezeigt, als ich dich ausziehen wollte.“, sagt er halb grinsend.

Ich zucke mit den Schultern und lache. „Hab dich bestimmt nicht erkannt.“, sage ich und stelle mir bildlich die Geste des erhobenen Mittelfingers vor.

„Die anderen Jungs wollten den Krankenwagen rufen. Du warst ziemlich neben dir.“

Er hatte sich ans Bett gesetzt und weil ich mich fühlte, wie bei einem Krankenbesuch, setze ich mich auch auf.

„Feiglinge.“, zwinge ich mich zu einem Lachen.

Dabei denke ich an Robin. Er macht sich immer viel zu schnell Panik.

„Sie haben sich Sorgen gemacht.“, sagt Mike. Dieses Mal klingt es fast tadelnd. „Aber sie hatten auch ordentlich getankt.“, räumt er ein und legt mir eine Hand auf die Schulter.

„Mag sein.“, sage ich und nach einer kurzen Pause in der ich an ihm vorbei gesehen habe: „Ich hätte nicht nach draußen gehen sollen. Der Tequila war tödlich in Verbindung mit der kalten Nachtluft.“

„Du hättest vielleicht nicht so viel trinken sollen.“, kommt es postwendend zurück.

Das ist genau die väterliche Art, die ich so hasse, aber ich sage nichts dazu.

„Und du?“, frage ich.

Mike grinst.

„Sturzbesoffen.“, gibt er zu. „Aber immerhin wusste ich meinen eigenen Namen noch und Mad und Robin wollten nicht meinetwegen einen Krankenwagen rufen.“

Ich nickte.

Die Sache mit Robin gibt mir einen Stich.

Mad kann mit so was umgehen. Er kennt mich schon länger. Aber Robin muss echt fertig gewesen sein und er ist ja erst sechzehn.

Ich nicke langsam, ohne, dass es eigentlich einen Grund dafür geben würde.

„Is schon okay. Lass Frühstück machen.“

Später erfuhr ich, was genau passiert war, nachdem ich meinen Filmriss hatte.

Heulend und total fertig hab ich in einer Ecke gesessen und dann das Bett des Freundes voll gekotzt, bei dem wir gefeiert haben und dabei unsinniges eingebildetes Zeug gelabert.

Was genau konnte niemand wiederholen, aber es muss erheiternd gewesen sein.

So lange, bis ich ohnmächtig geworden bin und meine Leute mich nach Hause tragen mussten.

Peinlich ist es nur deswegen, weil ich nicht einmal den Namen von Mikes Freund kenne und mein erster Eindruck bei ihm nun wirklich nicht der beste gewesen sein kann.

„Immerhin hab ich nicht auch noch gekifft.“, sage ich und lege das halb aufgegessene Brötchen zurück auf den Tisch in Mikes Wohnzimmer.

Frischkäse. – Heute irgendwie nicht mein Geschmack.

Außerdem traue ich meinem Magen noch nicht ganz.

„Was?“, fragt Robin leise und sieht von seinem Teller auf.

„Na, stell dir mal vor, ich hätte auch noch gekifft, dann würde Mikes Freund mich jetzt vollkommen hassen. Die Leute von Mike sind ja nicht so für…“

Ich lasse den Satz unbeendet, weil ich Robins niedergeschlagenen Blick sehe.

„Der hasst dich eh schon!“, ruft Mad und sticht mir von der Couch aus in die Seite. Ich sitze auf dem Boden.

„Du hast sein gesamtes Bett voll gereihert. Das war echt kein schöner Anblick.“

Ich sehe betreten auf mein Käsebrötchen, das mich von seinem Teller aus anklagend anzusehen scheint und schiebe den Teller etwas von mir weg.

Jetzt schaltet auch Mike sich ein. „Quatsch! Besoffen waren wir alle schon mal. Er ist sauer, aber gib ihm ne Gelegenheit dich nüchtern kennen zu lernen und er wird’s dir nicht übel nehmen.“

Ich lächele gezwungen.

Ehrlich gesagt weiß ich in diesem Moment selber nicht mal, ob ich nach dieser Nacht den armen Mann überhaupt noch mal wieder sehen will.

Irgendwie ist es mir verdammt peinlich vor ihm.

Mad kommt meiner Antwort zuvor und lacht schallend: „Lex und nüchtern??? Du hast Vorstellungen.“

Robin schweigt. Ich weiß, das ich mit ihm reden sollte, aber ich bin nicht gut darin Anfänge zu machen, also beschließe ich das mit dem Reden auf später zu verschieben und weiß dabei auch, dass es kein „später“ geben würde.

„Ehrlich, das war etwas übertrieben, oder?“, fragt Robin und sieht mich an. Er ist der bessere mit den Anfängen, das muss ich jetzt auch einsehen.

Aber ich bin auch nicht sehr gut darin mich zu rechtfertigen, also tue ich wieder das, was ich automatisch in solchen Situationen tue.

„Robin… wir sind Musiker!“

Mad reagiert wie auf Stichwort. „Yeah! Sex, drugs and rock n’ roll!“, brüllt er und springt headbangend auf. Mike versucht vergeblich sich ein breites Lächeln zu verkneifen.

Ich sehe, wie seine Hand auf Robins Schultern gleitet und fühle mich plötzlich schlecht.

Dumme Witze sind wohl meine schlimmste Eigenschaft.

Aus irgendeinem Grund bin ich in diesem Moment auch eifersüchtig, bin ich es doch, der die Rolle des besten Freundes inne hat und Robin trösten müsste.

Das ist meine zweitschlechteste Eigenschaft – Eifersucht.



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