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Tu nur das, was dein Herz dir sagt

wenn ein geliebter Mensch schrumpft..
von

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Ein fataler Fehler

Kapitel 1 – Ein fataler Fehler
 

Endlich war Feierabend. Na gut, sagen wir fast.

Nur noch eine Seite Bericht schreiben und fertig. Erleichtert blickte sie auf ihre Arbeit, doch genauso schnell entwich ihr wieder ein Seufzer. Wenn nur nicht diese verdammten Kopfschmerzen wären, die sie so quälten, schon die ganze Zeit. Miwako wäre schon längst fertig gewesen, wenn sie sich besser konzentrieren könnte. Im Moment war das aber einfach nicht möglich.

Sie starrte auf dem Stift und dachte angestrengt darüber nach, was sie denn noch schreiben sollte, als sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter spürte und sie sich erschrocken umdrehte.

„Alles in Ordnung?“ Fragte sie ihr Kollege, der sich leise von hinten an sie heran geschlichen hatte. Die junge Frau nickte nur.

„Natürlich, alles bestens!“ Der Angesprochene lächelte leicht und nickte verstehend.

„Dann ist ja gut. Wenn es recht ist, ich würde jetzt gerne Feierabend machen.“

Satô nickte nur verständnisvoll und widmete sich wieder ihrer Arbeit zu.

„Kannst du vorher aber vielleicht noch mal zu Megure gehen und das Beweisgut abgeben? Oder du gibst es am besten gleich ins Labor, kann sicher auch nicht schaden.“

Der junge Mann sah zu ihr, griff in seine Tasche und holte einen kleinen Beutel raus.

„Klar, kein...hm?“ Die war ja leer. Verwirrt sah er sich den Beutel an. Der war doch vorhin noch rappelvoll gewesen.

„Ist irgendwas nicht in Ordnung?“ Neugierig sah sie zu ihm auf und hob fragend eine Braue.

„Ähm, nein, alles bestens!“ Schnell sammelte er die ganzen Tabletten ein, die nun in seiner Tasche herumlagen. Warum musste auch immer ihm das alles passieren? Er stopfte sie zurück in den kleinen Plastikbeutel und knotete ihn gut zu, so dass nichts mehr herausfallen konnte.

„Nanu?“ Ein leises Seufzen war zu vernehmen. Da waren ja immer noch welche in seiner Tasche. Das gab es doch gar nicht! Er nahm die restlichen noch heraus und vergewisserte sich sofort, dass er auch alle hatte.

„Was machst du denn die ganze Zeit, wolltest du nicht gehen?!“ Erschrocken von ihren genervten Ton ließ er gleich ein paar aus der Hand fallen.

Nicht schon wieder!

„Ähm, sicher!“ Er bückte sich sofort nach ihnen und hob sie auf. „Bin doch schon weg, also bis morgen dann.“ Er schnappte sich seine 7 Sachen und eilte aus dem Büro.

Seufzend sah sie ihm nach. Eigentlich war es nicht ihre Art, ihn so anzugehen. Aber wenn sie genervt war und obendrein noch Kopfschmerzen hatte, war das manchmal eben unvermeidlich.

Und noch immer war sie nicht fertig. Das war doch so was von zum Kotzen.

Genervt schlug sie die Akte zu. Morgen war ja auch noch ein Tag. Würde sie es eben da machen. Am besten gleich nach Hause und ins Bett.

Sie stand von ihrem Platz auf, brachte die Akte zurück ins Regal und zog sich ihre Jacke drüber.

Kurz lehnte sie sich zurück gegen den Schreibtisch, schloss für einen Moment die Augen und ließ den heutigen Tag noch einmal Revue passieren, so wie sie es häufig tat, wenn sie bereits alleine war.

Eine einfach Angewohnheit von ihr.
 

Eigentlich war es ja ein ganz normaler Tag gewesen, wie jeder andere auch. Am Morgen in der Innenstadt, Kontrollen und so weiter. Sie waren sogar richtig erfolgreich. Irgend so einen Taschendieb hatten sie geschnappt, zumindest bis Takagi ihn wieder entkommen lassen hatte. Was war das auch für ein Depp. Aber den fand man sicher schnell wieder, immerhin hatten sie ja jetzt eine detaillierte Personenbeschreibung. Und das Beweisgut hatten sie ihm auch abnehmen können, eine Geldbörse und einen Plastikbeutel voller Tabletten. Entweder war der süchtig nach dem Zeug oder er hatte gerade eine Apotheke ausgeraubt, vielleicht auch beides zusammen, wer wusste das schon.

Aber unheimlich war ihr dieser Typ schon gewesen. Völlig in schwarz gekleidet. Okay, viele Leute heutzutage tragen schwarz und trotzdem hatte er etwas an sich, was einem eine gewisse Angst einflößen konnte.

Ach ja, das Beweisgut...
 

Sie öffnete wieder die Augen und sah auf Takagi´s Platz,.

Moment, darum hatte er sich doch schon gekümmert. Total verwirrt schüttelte sie nur mit dem Kopf.

Wie konnte man nur so schnell etwas vergessen? War wahrscheinlich wirklich Zeit, dass sie nach Hause kam. Sie nahm ihre Tasche und ging Richtung Tür.

„Nanu?“ Miwako blieb stehen, blickte zu Boden, hockte sich nach unten und griff danach.

„Eine Tablette? Was macht die denn hier?“ Sie schien kurz eine Weile zu überlegen. Dann schaute sie in ihre Handtasche. Komisch...

Leise seufzend stand sie wieder auf. Die musste ihr wohl aus der Tasche gefallen sein. Anders konnte sie es sich nicht erklären. Sie nahm die Kapsel in die Hand und ging mit ihr nach draußen.

Langsam ging den Gang hinunter und kam beim Getränkeautomaten vorbei. Sie blieb grübelnd davor stehen, holte dann ein paar Münzen aus der Jackentasche und kaufte sich einen Becher Wasser. Sie nahm die Kapsel in die Hand, legte sie in den Mund und spülte sie mit dem Wasser herunter. Denn wenn das so weitergehen würde, würde sie nicht mal schlafen können.

Vielleicht hatte sie ja Glück und bis Zuhause war sie wenigstens die Kopfschmerzen los.

Sie trank den letzten Schluck noch aus, knüllte den Becher zusammen und er landete im nächsten Papierkorb.

Dann verließ sie das Gebäude und ging hinaus auf die Straße.
 

Warum hatte sie heute nicht das Auto genommen?! Ziemlich erschöpft ging sie durch die Passagen Tokios. Ihr kam es bereits wie eine Ewigkeit vor, dabei wohnte sie doch gar nicht so weit von ihrer Arbeit weg. Ihre Tasche wurde auch von mal zu mal schwerer. Sie kniff die Augen zusammen, blieb stehen und lehnte sich an eine Wand. Ihr Atem wurde immer schwerer und sie schwitzte fürchterlich. Das konnte doch gar nicht normal sein. Sie schluckte kurz, ging aber dann vorsichtig weiter. Musste sie sich eben mal zusammenreißen. So schlimm war doch nun auch nicht.

„Ah...!“ Miwako riss die Augen auf. Was war das? Sie holte tief Luft, ließ ohne es wirklich zu merken ihre Handtasche fallen und ging ein paar Schritte weiter, in eine Gasse.

Was sollte sie denn jetzt machen? Sie lehnte sich wieder gegen eine Hauswand und sah sich mit zusammengekniffenen Augen um. Hier war zumindest keiner, auch...

„Ahhh....!“ Langsam rutschte sie die Wand herunter. Was war das? Diese verdammten Schmerzen, wo kamen sie her? Wie Blitze durchzogen sie ihren Körper. Miwako´s Atem wurde schneller, ihr trat der Schweiß über die Stirn.

Ein weiter stechender Schmerz.... dann wurde es schwarz um sie herum...
 

Ein paar Stunden später kam sie langsam wieder zu Bewusstsein. Keuchend versuchte sie sich aufzusetzen. Was war nur passiert? Langsam spürte sie die eisige Kälte. Sie rieb sich kurz die Hände und stand dann vorsichtig auf.

Leicht verwundert sah sie auf ihre Ärmel herunter, die deutlich an ihrer Haut herunter rutschten. Was war denn jetzt los?

Miwako weitete die Augen. Das konnte doch gar nicht....

Ihre ganze Kleidung war ja viel zu groß. So schnell konnte doch keiner abnehmen?! Daran konnte es doch gar nicht liegen! Eine kalte Brise umfuhr ihren Körper und sie zog ihre Kleidung höher, um nicht frieren zu müssen. Aber es half nichts. Die Sachen waren einfach zu groß! Sie kniff kurz die Augen zusammen, legte ihre schwere Jacke und die Jeans erst mal ab. Zum Glück hatte sie heute genügend Unterwäsche an, auch wenn die auch ziemlich groß ausfiel. Achtlos ließ sie das Zeug liegen, ging ein paar Schritte weiter, zu ein paar Säcken.

Wenn sie Glück hatte... war demnächst nicht Altkleidersammlung? Noch ziemlich erschöpft riss sie die riesigen Säcke auf und kramte ein bisschen herum. Was sagt´s denn! Glück muss man haben!
 

Sie zog ein paar Kindersachen an und besah sie skeptisch. Das konnte doch niemals passen. Nicht ihr! Leicht wie in Trance, zog sie einfach eine Jacke und Hose drüber, Hauptsache es war warm. So ganz konnte sie gar nicht realisieren, was gerade passierte. Danach ging sie einfach weiter, bis sie wieder zurück auf die Straße kam. Viele Leute blickten sie verwundert, wenn nicht sogar mitleidig an. Das jedoch bemerkte sie noch nicht einmal. Ziellos lief sie weiter, wobei sie immer mehr den Boden unter den Füßen verlor.

Erschöpft sackte sie zusammen und blieb regungslos auf den Fußweg liegen...
 

„Hallo?! Hey, was ist mit dir!“ Vorsichtig öffnete die Angesprochene die Augen. Wer war das? Irgendwie kam ihr die Stimme bekannt vor, so vertraut. „Warte, ich rufe einen Krankenwagen.“ Der junge Mann zückte sein Handy.

Miwako schluckte und schüttelte nur mit dem Kopf.

„Nein, keinen Krankenwagen bitte!“ Erschrocken zuckte sie zusammen. Was hatte sie denn plötzlich für eine komische, so kindliche Stimme?

Skeptisch sah Wataru zu dem kleinen Mädchen und steckte das Handy wieder weg.

„Okay... Kannst du aufstehen?“ Sie nickte nur und stand mit wackeligen Beinen auf.

„Gut...“ Ein leichtes Lächeln zierte sein Gesicht.

Was guckte der denn so komisch? Miwako war verwirrt. Der benahm sich aber auch seltsam.

„Dann werde ich dich jetzt mal nach Hause bringen, Kleine..“

Kleine? Satô riss die Augen auf. Dem ging es wohl zu gut. Sie schüttelte nur mit dem Kopf und ging verärgert weiter.

„Hey!“ Perplex eilte er ihr hinterher. „Bleib doch mal stehen!“

Die Angesprochene schüttelte nur immer wieder mit dem Kopf und ging stur die Straße entlang.

Sie kam an ein paar Schaufenstern vorbei, welche ihre Aufmerksamkeit erregten. Schluckend blieb sie stehen und sah hinein, ohne dabei wirklich darauf zu achten, was es zu kaufen gab, vielmehr um ihr eigenes Spiegelbild zu sehen. Entsetzt starrte sie darauf.

Das konnte doch gar nicht sein! Miwako schluckte.

Sie war ein .... Kind?!

Der Schein trügt...

Kapitel 2 – Der Schein trügt…
 

Nein, dass konnte doch gar nicht wahr sein. Das war nur ein Traum, ein böser Albtraum. Verzweifelt schlug Miwako gegen die Fensterscheibe und kniff die Augen zusammen. Das durfte einfach nicht wahr sein!!!

„Hey, was machst du denn da? Das ist Sachbeschädigung!“ Wataru seufzte leise und zog sie leicht nach hinten zu sich. Warum erzählte er ihr das eigentlich? Konnte die Kleine denn überhaupt schon Sachbeschädigung schreiben? Ihm war es ein echtes Rätsel. „Ich bring dich jetzt nach Hause, okay?“ Erschrocken sah Miwako zu ihm auf. Ganz schlechte Idee. Aber was machte gerade er jetzt hier?

„Will nicht nach Hause!“ Sie befreite sich aus seinem Griff und sah ihn mit einen traurigen Blick in den Augen an. Erkannte er sie denn überhaupt nicht?

Der junge Mann runzelte die Stirn.

„Okay, und wohin dann?“

„Weiß nicht!“ Miwako zuckte nur ratlos mit den Schultern. Wo sollte sie denn jetzt hin? Nach Hause konnte sie schlecht einfach so gehen, ihre Mutter würde vielleicht Augen machen. Das erste Mal, dass sie es bereute, dass sie nicht alleine wohnte. Die würde sich wahrscheinlich sogar freuen. War ihre ‚kleine’ Tochter nun wirklich klein. Nein, wenn die das wüsste. Das wäre wohl ihr Untergang. Die würde sie doch glatt und ohne mit der Wimper zu zucken zurück in den Kindergarten stecken.

„Hallo?!“ Verwirrt schaute Miwako zu ihm auf. „Was ist denn nun?“

„Ähm, meine Eltern sind nicht da!“ Sie schaute zu ihm auf und schluckte. Wie groß der doch eigentlich war. War ihr nie aufgefallen.

„Ach so!“ Er seufzte leise. „Na gut, dann..“ Er schaute kurz auf seine Armbanduhr. „Oh, es ist ja schon spät. Dann müssen wir das auf morgen verschieben. Am besten, ich bringe dich jetzt zu deiner Oma oder Tante. Sag mir doch einfach, wo die wohnen!“ Das Mädchen runzelte die Stirn und fing dann an, leicht zu grinsen.

„Gut, wenn ich extra bis nach England fliegen soll, gerne!“ Der Angesprochene seufzte. Auch das noch!

„Hast du denn keine anderen Verwandten hier, die sich um dich kümmern können? Ich meine, deine Eltern lassen dich doch nicht einfach so alleine zurück.“ Genervt sah sich Miwako um.

„Hm, da ist aber niemand.“

Er seufzte leise. Das gab es doch gar nicht!

„Gut, dann nehme ich dich jetzt mit. Und morgen gehen wir auf die Polizeistation und ich suche nach deinen Eltern, okay?“ Sie nickte nur.

„Von mir aus, aber… warum denn gerade du?“

Wataru hob fragend eine Braue und sah zu ihr herunter.

„Auch wenn ich nicht danach aussehe, ich bin Polizist und jetzt lass uns gehen. Nicht, dass du dich hier draußen noch erkältest!.“ Er nahm sie bei der Hand und ging mit ihr weiter, sah sich dabei immer wieder um. Skeptisch beobachtete sie sein Tun.

„Du bist wirklich Polizist? Sieht man dir gar nicht an!“ Okay, dass war jetzt doch ein bisschen fies. Miwako biss sich auf die Unterlippe. Hoffentlich war der jetzt nicht gleich beleidigt.

Doch Wataru schien es mit Humor zu nehmen. Irgendwie war er das ja schon gewohnt.

„Tja, oft trügt der Schein eben. Ob du es glaubst oder nicht, ich bin ein waschechter Polizist!“

Er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Miwako jedoch schaute leicht verwirrt zu ihm hoch. Der Schein trügt? Was hatte er damit gemeint? Hatte er sie durchschaut? Sie nickte nur ein paar Mal und senkte dann den Blick Richtung Boden, um ihn nicht mehr ansehen zu müssen.
 

Ob sie es ihm sagen sollte? Was sprach eigentlich dagegen? Aber sie fand es interessant, ihn mal so, eben auf andere Weise zu sehen. Oft war er doch so nervös, wenn sie zusammen waren. Aber gerade jetzt, in diesem Moment schien Takagi total entspannt zu sein. Vielleicht war er auch ein bisschen besorgt, aber dennoch anders wie sonst. Ob es wirklich daran lag, dass er nicht wusste, wer sie in Wirklichkeit war?

Vorerst war es sicher besser, den Mund zu halten. Noch wusste sie ja nicht einmal, warum sie auf einmal so klein war. Das musste sie jetzt erst mal herausfinden. Es musste doch eine logische Erklärung dafür geben. Doch bis jetzt ist ihr einfach noch kein richtiger und einleuchtender Gedanke gekommen.
 

„So, wir sind da!“ Die Angesprochene schaute auf und sah sich um.

„Schon?“ Er nickte nur, zog den Schlüssel aus seiner Jackentasche und schloss die Wohnungstür auf. Er ging hinein, Miwako folgte ihm und sah sich weiter neugierig um. Hier war sie noch nie gewesen. Es war äußerst interessant zu sehen, wie er so lebte. Viel wusste sie ja nicht über ihn, vor allem wusste sie kaum etwas über sein Privatleben.

„Hast du Hunger?“ Er zog sich Jacke und Schuhe aus und hockte sich zu ihr herunter.

Die Schwarzhaarige errötete leicht und schüttelte nur mit dem Kopf.

„Nein, bin nur müde!“ Das war noch nicht einmal gelogen. Sie war ziemlich erledigt, hätte sie doch heute nur einen Kaffee mehr getrunken. Wenigstens waren die Kopfschmerzen weg.

„Okay. Dann solltest du vielleicht schlafen gehen. Ist ja auch schon reichlich spät. Komm!“ Er stellte sich wieder hin, nickte ihr kurz zu und ging den Flur entlang zu einer Tür, öffnete sie und ging hinein. Sie folgte ihm, wobei ihr neugieriger Blick weiter umher schweifte.

„Du kannst hier schlafen, wenn du willst!“ Sie nickte nur und setzte sich vorsichtig auf sein Bett. „Sag mal, wie heißt du eigentlich?“ Langsam setzte er sich neben sie. Eigentlich komisch, dass er sie das jetzt erst fragte. Aber bis jetzt war ihm diese Frage noch gar nicht in den Sinn gekommen.

„Ich? Äh Mi-… Miho!“ Sie lächelte leicht und seufzte darauf. „Und du?“

„Ich bin Wataru!“ Sie nickte nur verstehend. „Und wie alt bist du?“

„Ähm…“ Das war eine gute Frage. Die Angesprochene runzelte die Stirn. 7 oder 8 vielleicht sogar 9 Jahre, sie war schon immer schlecht im schätzen gewesen. „Achteinhalb!“ Sie setzte ein kurzes Grinsen auf.

„Okay!“ Langsam stand er wieder auf. „Morgen suchen wir nach deinen Eltern, alles klar?“ Miwako seufzte. Klar, da konnte er lange suchen.

„Ist gut!“ Sie legte sich in sein Bett und kuschelte sich hinein. Hm, das Kissen roch aber gut. Ihr Gesicht zierte ein neues Grinsen. Also zumindest diese Nacht würde sie es so schon aushalten.

„Gute Nacht dann!“ Er ging zurück zur Schlafzimmertür und öffnete sie.

„Wo schläfst du eigentlich?“ Schon ziemlich müde öffnete sie wieder ihre Augen und sah in seine Richtung.

„Mach dir keine Sorgen! Und jetzt schlaf schön!“ Okay, dann eben nicht.

Er schloss die Tür hinter sich und löschte das Licht im Flur, sodass es im Raum stockduster war.
 

Der hatte wirklich gar nichts bemerkt. Überhaupt nichts. Oder tat er nur so? Es war schon irgendwie komisch. Miwako verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss wieder die Augen.

Morgen würden sie ins Präsidium gehen. War vielleicht gar keine so schlechte Idee, auch wenn er morgen wohl umsonst nach ihren Eltern suchen würde. Irgendwie tat es ihr ja leid, ihn so gemein anzulügen und ihn einfach im Dunkeln sitzen zu lassen. Aber vorerst war das sicher besser. Ein paar Probleme weniger…

Was tun....?

Kapitel 3 – Was tun…?
 

Das schrille Geräusch des Weckers ließ Miwako am nächsten Morgen unsanft wach werden. Noch ziemlich verschlafen öffnete sie die Augen und suchte nach dem Gerät, um ihn auszuschalten.

Ein paar Sekunden danach herrschte endlich Stille. Seufzend setzte sie sich auf und blickte noch einmal zu der tickenden Uhr. Bereits halb 10? Verwundert blickte sie sich um. War ja schon ganz schön spät. Vorsichtig hopste sie vom Bett und ging leise aus dem Zimmer.

Normalerweise müsste Wataru doch eigentlich schon längst im Büro sein. Ob er sie alleine gelassen hatte?

Wohl kaum, es sei denn, er hatte sie wirklich vergessen. Sie tapste leise aus dem Zimmer, weiter Richtung Küche und Flur. Nichts! War er wohl doch schon weg? Miwako hielt einen Moment inne und hörte plötzlich ein leises Schnarchen. Sie seufzte. Das durfte doch nicht wahr sein, schlief er etwa noch immer? Sie schlich weiter ins Wohnzimmer, öffnete die Tür, wobei ein leises Knarren zu bemerken war. Doch das schien Wataru eher weniger zu stören. Mit ein paar murmelnden Wörtern drehte er sich auf die andere Seite und schlief weiter.

„Aufstehen, du musst ins Büro!“ Sie stupste ihn leicht an. Wie schaffte er es denn eigentlich sonst immer, pünktlich zu sein? Wenn Megure das wüsste…

„Hey, Wataru-san, munter werden!“ Rief sie nun etwas lauter.

Total verschlafen und verpeilt drehte er sich wieder um und rieb sich seine Augen.

„Was ist los?“ Nuschelte er leise und sah zu Miwako, die ihn ernst ansah.

Wie verpeilt konnte man nur sein?

„Schon mal was von Aufstehen gehört? Oder von Arbeit?“ Ernst verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah ihn musternd an.

„Arbeit?“ Noch ziemlich verschlafen sah er zu dem kleinen Mädchen, dann fiel sein Blick für einen Moment auf die Uhr. Erschrocken fuhr er auf. Schon so spät? Ohne noch etwas zu sagen, rannte er aus dem Zimmer, was Miwako nur belustigt mit ansah.
 

Ein paar Minuten später kamen sie auch schon beim Präsidium an. Wataru war es gar nicht so recht, dass er Miho mitnehmen musste, aber was sollte er denn sonst tun? Immerhin brauchte er noch ihre Aussage. Aber das war wohl noch sein kleinstes Problem. Was nur würde Miwako dazu sagen, dass er ein Kind mitbrachte? Und dann war er auch noch viel zu spät dran. Wenn das keinen Ärger gab.

Ohne weiter viele Worte miteinander zu wechseln, gingen sie in das Büro. Er öffnete die Tür und ging hinein.

„Morgen Satô-san, tut mir echt Leid für…“ Verdutzt sah er zu ihrem Platz. Wo war sie denn? Noch einmal blickte er kurz auf die Uhr. Die war doch nicht auch etwa zu spät dran? Oder war sie etwa krank? Er erinnerte sich an gestern. Stimmt ja, schon da ging es ihr ja nicht besonders gut. Ob es etwas Schlimmes war? Seufzend ließ er Miho eintreten und schloss hinter ihr die Tür.

„Du bist ganz alleine?“ Fragte sie vorsichtig und sah zu ihrem Platz.

„Hm, sieht so aus..“ Gab er leise zu, ließ erst mal seinen Computer hochfahren und setzte sich an seinen Schreibtisch. „Vielleicht kommt meine Kollegin ja auch noch..“ Er tippte auf der Tastatur herum. “So, dann sag mir doch mal, wie deine Eltern heißen.“ Miwako zuckte leicht zusammen und drehte sich zu ihm um. Was sollte sie denn jetzt sagen?

„Ähm… ich weiß nicht genau…“ Blöde Antwort, hoffentlich nahm er ihr das auch ab.

„Toll..“ Nuschelte er leise. „Weißt du wenigstens deinen Nachnamen?“ Genervt schüttelte die Angesprochene nur mit dem Kopf.

„Die sind sowieso nicht da! Außerdem muss ich mal auf´s Klo!“

„Wie?“ Genervt seufzte der junge Mann auf. Das durfte doch echt nicht wahr sein. Das Kinder so anstrengend sein konnten.

„Ich geh dann mal, bin gleich zurück!“ Sie stellte sich auf Zehenspitzen, um wieder die Tür zu öffnen.

“Aber du kannst doch nicht alleine gehen!“ Protestierend stand Wataru auf und ging zu ihr. „Das Gebäude ist viel zu groß. Du würdest dich doch sofort verlaufen!“ Das Mädchen verdrehte genervt die Augen. Warum musste er immer von sich auf andere schließen?

„Quatsch, ich komme wieder, keine Sorge. Bin schließlich alt genug.“ Kopfschüttelnd ging er zu ihr und machte die Tür wieder zu, die sie gerade so mit viel Mühe aufbekommen hatte.

„Nichts da! Du kennst ja noch nicht mal deinen eigenen Familiennamen, da wirst du auch nicht alleine in diesem Gebäude herumlaufen. Ich werde mitkommen!“ Miwako seufzte.

Warum konnte er sie nicht einmal etwas alleine machen lassen? Sie musste doch Megure anrufen und sich krank melden, sonst hatte sie das nächste Problem am Hals.
 

Kurz darauf waren sie auch schon wieder zurück. Wie sollte sie nur hier für ein paar Minuten herauskommen? Das war ja zum verrückt werden. Takagi setzte sich zurück zu seiner Arbeit, ohne weiter auf sie zu achten. Schließlich musste er ja auch mal irgendwann fertig werden. Zu viel war schon in letzter Zeit liegen geblieben.

Gelangweilt saß Miwako da und grübelte nachdenklich. Wie kam sie hier nur heraus? Wie nur? Er bemerkte es doch sofort, wenn sie sich wieder rausschleichen würde, dass war schon mal klar.

„Du?“ Fragte sie leicht schüchtern. Erst ein paar Sekunden später reagierte er auf ihre Frage, da er einfach zu sehr vertieft in seine Arbeit gewesen war.

„Was gibt es denn?“ Kurz sah er zu ihr herüber und hob eine Braue an.

„Ich habe Durst! Darf ich mir was zu trinken holen? Da.. im Gang stand doch ein Getränkeautomat!“ Verdutzt sah er zu ihr herunter.

„Na schön, aber du kommst sofort wieder.“ Er kramte in seiner Hosentasche nach Kleingeld, stand auf und gab es ihr. „Hier, aber pass gut auf und verlauf dich nicht!“

“Nein! Ich weiß doch jetzt, wo das Ding steht!“ Sie schüttelte nur mit dem Kopf. „So weit ist es ja nicht!“ Sie nahm das Geld ab und eilte nach draußen. Jetzt musste sie sich wirklich beeilen.
 

Es war bereits nach 19 Uhr als Wataru endlich Feierabend machen konnte. Sein Blick fiel auf Miho, die an Miwako´s Schreibtisch saß und sich nicht einmal zu langweilen schien. Nicht einmal hatte sie herum gejammert, dass sie nach Hause wollte, wie man es von Kindern doch eigentlich gewöhnt war. Sehr eigenartig. Vielleicht war sie auch einfach schon zu müde, um irgendetwas zu sagen.

Doch das war nun wirklich nicht der Fall gewesen. Schon den ganzen Nachmittag hatte sie sich darüber Gedanken gemacht, was genau sie jetzt machen sollte. Warum steckte sie nun eigentlich in dieser auswegslosen Situation? Wie konnte das nur passiert sein? Es musste doch eine logische Erklärung dafür geben.

„Komm lass uns gehen!“ Mit diesen Worten wurde sie auch ihren Gedanken gerissen und sie nickte nur leicht.

„Ist gut..“ Sie sprang vom Schreibtischstuhl herunter und sah zu ihm auf. „Du bist schon fertig?“

Wataru hob eine Braue. Schon? Wusste die eigentlich, wie spät es war?

Er nickte nur, nahm seine Jacke und zog sie sich drüber.

Noch immer etwas in Gedanken folgte sie ihm aus dem Büro nach draußen.
 

Zuhause angekommen legte er seine Jacke wieder ab.

„Hast du noch Hunger?“ Fragte er Miwako, die aber nur kopfschüttelnd verneinte.

„Nur müde, ich glaube, ich gehe jetzt lieber ins Bett.“ Mit diesen Worten ging sie auch schon Richtung Schlafzimmer. Ja, sie war wirklich müde. Warum, wusste sie selbst nicht. Außerdem konnte sie so noch besser nachdenken.

Es war bereits nach Mitternacht, als plötzlich ein Gewitter aufzog. Noch immer konnte sie nicht richtig schlafen, dabei war sie vorhin doch noch so müde gewesen. Das war schon komisch. Leise seufzend stand sie auf und sah aus dem Fenster. Blitze zuckten über den Himmel und erhellten die ganze Stadt. Ob Wataru schon schlief? Wieder entwich ihr ein Seufzen. Langsam ging sie aus dem Zimmer, Richtung Wohnzimmer. Schlafen konnte sie im Moment sowieso nicht.

Vorsichtig öffnete sie die Tür und ging mit schleichenden Schritten hinein.
 

Noch immer lag er wach und war in Gedanken. Was wohl heute mit Miwako war? Ging es ihr gut? Hätte er sie doch nur mal angerufen, aber dazu hatte er irgendwie den Mut nicht gefunden. Morgen aber würde er das nachholen.

Plötzlich hörte er Geräusche und blickte auf.

„Miho?“ Fragte er leise in die Dunkelheit hinein. Die Angesprochene zuckte leicht zusammen. War er doch noch munter? Sie nickte nur leicht und ging Richtung Couch.

„Es gewittert..“ Meinte sie leicht ängstlich. Wenigstens hatte sie so eine ziemlich gute Ausrede.

Stimmt ja, das bemerkte er auch gerade. Sie hatte doch nicht etwa Angst? Leicht verdutzt sah er zu ihr herüber und schüttelte dann nur mit dem Kopf. Sie war doch noch ein kleines Kind, was wunderte er sich denn da?

“Und deswegen kannst du nicht schlafen?“ Fragte er leise weiter. Miwako nickte wieder.

„Ja..“ Gab sie leise zu. Ein kurzes Grinsen huschte über ihr Gesicht. Jetzt war sie ja mal gespannt, was er machen würde. War ja eigentlich richtig mies, die Situation so schamlos auszunutzen.

Kurz schien der junge Mann zu überlegen, dann stand er auf, ging an ihr vorbei und kam kurz darauf mit ihrem Bettzeug zurück.

„Wenn du willst, kannst du ja hier bleiben. Die Couch ist ja groß genug!“ Überrascht sah sie zu ihm und nickte nur. Das hätte sie ihm jetzt aber nicht zugetraut.

Er legte ihr Bettzeug neben seines und lächelte leicht zu ihr herüber. Das ließ sich Miwako nicht zweimal sagen. Sicher, wenn sie kein Kind wäre, hätte er ihr dieses Angebot niemals gemacht, aber das war ihr gerade egal..

Ein lautes Donnern war wieder zu hören und sofort kletterte sie zu ihm auf das Sofa.

„Geht´s so? Hast du genügend Platz?“ Die Angesprochene nickte nur leicht und musste lächeln.

„Na klar, gleich viel besser!“ Jetzt fühlte sie sich gleich viel wohler. So nah war sie ihm wohl noch nie und sie genoss es wirklich.

„Gute Nacht!“ Wataru schloss die Augen und seufzte leise.

„Gute Nacht!“ Murmelte Miwako zurück und kuschelte sich leicht an ihn. Wenigstens hatte die Sache auch einige positive Seiten.

Der Brief

Kapitel 4 – Der Brief
 

Die Sonne war längst aufgegangen, als Wataru am nächsten Morgen endlich aufwachte. Ziemlich verschlafen gähnte er leise und rieb sich die Augen. Noch einmal drehte er sich auf die andere Seite, wobei sein Blick auf das kleine Mädchen, das friedlich angekuschelt neben ihm schlief, fiel. Ein kurzes Lächeln erschien auf seinen Lippen. Die Kleine war ja auch irgendwie ziemlich niedlich. Sie erinnerte ihn sogar etwas an ihre Kollegin.

Miwako… Was sie wohl gerade machte? Ob es ihr wieder besser ging? Ob sie heute auf dem Präsidium erscheinen würde? Er hoffte es sehr, denn er vermisste sie jetzt schon. Es war zwar noch nicht lange her, als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, dennoch kam es ihm wie eine Ewigkeit vor.

Wataru seufzte leise und schüttelte nur mit dem Kopf. Ganz sicher ging es ihr heute wieder viel besser. Sein Blick fiel auf den Wecker, welcher ihm verriet, dass es nun wirklich langsam Zeit wurde, aufzustehen. Sachte legte er Miho ein Stückchen von sich weg, um sie nicht zu wecken. Das Kind grummelte leicht, kuschelte sich weiter in die Bettdecke und gab ein paar unverständliche Laute von sich. Schmunzelnd setzte sich der junge Kommissar auf, sah noch einmal kurz zu ihr, bevor er dann ganz aufstand und das Fenster ankippte. Der Sturm von gestern hatte sich bereits verzogen und die Sonne strahlte geradezu in das Zimmer, erhellte es so.

Die Sonnenstrahlen reichten bis zu Miwako hin und kitzelten ihre Nase, sodass sie niesen musste und aufwachte. Noch leicht orientierungslos sah sie sich um. Irgendwie war ihr jetzt etwas kalt. Aber warum? Sie schielte neben sich, aber da lag niemand mehr.

„Guten Morgen!“ Die Angesprochene zuckte erschrocken zusammen und sah zu dem Mann auf. Da war er also. Hatte er sie die ganze Zeit etwa beobachtet?

„Morgen“ nuschelte sie leise, setzte sich langsam auf und streckte sich erst einmal.

„Du kannst ruhig noch liegen bleiben, wenn du möchtest! Ich mach uns erst einmal etwas zu essen.“ Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und ließ sie alleine im Wohnzimmer zurück. Seufzend stand sie auf, sah kurz zum Fenster, dann wieder zur Tür. Mit schleichenden Schritten ging sie nun hinaus und folgte ihm in die Küche.
 

Es roch nach frischem Kaffee. Wie gerne hätte sie jetzt auch eine Tasse von dem braunen Muntermacher. Aber da kam sie wohl nicht dran. Er würde es ihr niemals erlauben, und dass auch noch zu recht. Sie beobachtete ihren Kollegen eine ganze Weile, der sie scheinbar noch nicht einmal bemerkte. Sein Blick fiel ständig auf sein Handy, welches neben ihm auf der Theke lag. Wartete er etwa auf einen Anruf? Sie runzelte die Stirn. Oder aber er…?

Miwako schluckte hart. Ob er versucht hatte, sie zu erreichen? Immerhin hatte er das gestern schon mal probiert. So unwahrscheinlich war das wohl gar nicht. Was, wenn dem wirklich so war und er sich bereits große Sorgen um sie machte? War ja sehr gut möglich und gar nicht mal ausgeschlossen. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe und ging leise wieder hinaus, ohne dass er es bemerken konnte. Ihr Handy hatte sie ja leider nicht mehr. Vielleicht war es ja auch besser so. Aber sie musste ihm unbedingt mitteilen, dass es ihr wirklich gut ging, dass er sich keine Sorgen mehr um sie machen musste. Sie ging zurück ins Schlafzimmer, nahm dort einen Zettel und Stift von seinem Schreibtisch und setzte sich auf den Stuhl. Sofort fing sie an, etwas aufzuschreiben.
 

„Lieber Wataru!“

Ich denke, dass…“
 

Nein! Miwako fing an, alles wieder durchzustreichen. Klang doch voll blöd. Nur was sollte sie ihm schreiben? Was genau? Sie knüllte das Papier zusammen, nahm sich ein neues und begann noch einmal von vorn.
 

„Lieber Wataru,

es tut mir sehr Leid, dass ich dich zurzeit auf Arbeit nicht unterstützen kann. Mir geht es im Moment nicht sehr gut, weshalb ich auch nicht auf Arbeit erscheine. Mein Handy habe ich für eine Weile ausgeschalten. Ich brauche einfach mal etwas Ruhe und Zeit für mich selbst. Bitte sei mir nicht böse deswegen. Leider weiß ich nicht genau, wie lange ich weg sein werde. Aber ich verspreche dir, dass ich so schnell wie möglich zurückkomme. Irgendwie fehlst du mir.

Mach dir bitte keine Sorgen um mich.

Bis bald!
 

In Liebe Miwako“
 

Sie legte den Stift beiseite und seufzte wieder resignierend. Der war ja auch nicht gerade toll geworden, am Ende machte er sich danach noch mehr Sorgen um sie. Und damit hätte sie ja nun genau das Gegenteil erreicht. Aber noch einmal neu anfangen?

In diesem Augenblick ging die Tür hinter ihr auf und sie zuckte zusammen.

„Kommst du? Es gibt Frühstück!“ Erschrocken drehte sich die Angesprochene zu ihm um und nickte nur.

„Klar!“ Sie versteckte den Brief schnell hinter ihrem Rücken, doch zu spät, denn er hatte das Stückchen Papier bereits entdeckt.

„Sag mal, was hast du denn da?“ Fragte der junge Mann neugierig.

Die Angesprochene schluckte. Gar nicht gut!

„Was soll ich denn da haben?“ Fragte sie so unschuldig, wie sie nur konnte und schüttelte nur leicht mit dem Kopf, doch vergebens.

„Zeig mal her!“ Wataru nahm ihr das weiße Papier ab, welches sie noch immer hinter ihrem Rücken versteckt hielt und las sich den Brief langsam durch. Er erstarrte. Er war von Miwako? Aber wieso? Er brauchte eine ganze Weile, um alles zu realisieren. Der Polizist schluckte. Ihr ging es wirklich nicht gut, aber war es denn so schlimm? Lag es vielleicht sogar an ihm? All diese Fragen beschäftigten ihn nun.

Miwako sah überhaupt nicht begeistert drein. Das war echt eine beknackte Idee mit dem Brief gewesen. Hoffentlich dachte er jetzt nichts Falsches.

„Sag mal Miho, woher hast du den eigentlich her?“

Die Kleine fühlte sich ertappt und schluckte wieder.

„Vor der Tür!“ Murmelte sie ihm leise zu. Das war das einzige, was ihr gerade eingefallen war. Und es war sogar noch etwas glaubwürdig.

“Vor der Tür also…“ murmelte er nur vor sich hin. „Einfach so? Oder war da noch ein Briefumschlag dabei?“

Sie schüttelte nur mit dem Kopf.

„Einfach so…“ So schnell hatte sie eben keinen Briefumschlag parat gehabt.

Der junge Mann sah kurz zu ihr herunter, nickte dann und steckte den Zettel ein. „Lass uns frühstücken, wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Er versuchte zu lächeln, aber das misslang ihm eindeutig. Jetzt hatte sie alles wohl nur noch viel schlimmer gemacht. Ja, es war eine beknackte Idee gewesen.
 

Eine Stunde später kamen sie nun endlich am Präsidium an. Etwas spät, aber die Verspätung hielt sich gerade noch so in Grenzen. Da Miwako ja sowieso nicht da war, gab es somit auch keinen großen Ärger, aber genau das vermisste er jetzt schon. Gedankenverloren öffnete er die Bürotür, ließ Miho herein und schloss sie hinter sich wieder.

Seufzend ging er zu seinem Schreibtisch und setzte sich hin. Traurig starrte er auf den Arbeitsplatz gegenüber, Miwako´s Schreibtisch. Was nur, was hatte sie denn so schreckliches? Warum ging es ihr so schlecht? War er etwa dran Schuld? Wahrscheinlich, sonst hätte sie doch mit ihm darüber geredet. Aber warum dann dieser Brief? Warum hatte sie ihm geschrieben? Das machte doch alles gar keinen Sinn!!

Er schloss für einen Moment die Augen, runzelte die Stirn und öffnete sie wieder. Er sollte lieber aufhören, darüber nachzudenken. Sicher würde sie bald wieder hier sein und dann würde sich auch alles aufklären.
 

Miwako hatte ihn die ganze Zeit beobachtet. Und sie konnte sich denken, was ihn ihm vorging. Schon seit dem Frühstück hatten sie kaum noch ein Wort miteinander gewechselt. Er schien richtig abwesend zu sein. Und das nur wegen ihr?

So richtig wollte sie das nicht glauben, aber immer mehr bestätigte sich ihr Verdacht. Irgendwie musste sie ihn aufmuntern. Nur wie?
 

„Suchst du jetzt weiter?“ Fragte sie leise, nahm sich Miwako´s Schreibtischstuhl, schob ihn zu seinen Tisch und setzte sich zu ihm.

„Wie?“ Leicht verwirrt sah er zu ihr auf und nickte dann nur.

„Natürlich..“ murmelte er und nahm eine Akte heraus.

„Bist du traurig?“ fragte das Mädchen weiter, obwohl sie die Antwort bereits kannte, auch wenn er es abstreiten würde. Der junge Mann schüttelte nur mit dem Kopf.

„Ach, warum sollte ich?“ Wataru sah wieder zu ihr auf und lächelte schwach.

Miwako zuckte nur kurz mit den Schultern.

„Wegen dieser Frau?“ fragte sie leise weiter. Sie wollte es einfach wissen und dann konnte sie auch versuchen, ihn aufzumuntern.

Wataru schluckte, sah kurz zu ihr und senkte wieder den Blick. Wohl ein eindeutiges Ja.

„Sie kommt bestimmt bald wieder! Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“ Sie setzte ein aufmunterndes Lächeln auf, vielleicht half das ja.

„Vielleicht…“ nuschelte er leise, kaum mit Hoffnung in der Stimme.

„Was heißt denn hier vielleicht? Natürlich kommt sie wieder!!!“

Der Angesprochene zuckte etwas zusammen. Jetzt war er doch überrascht. Woher wollte gerade sie das wissen? Und.. warum diskutierte er überhaupt mit ihr darüber? Das war ihm langsam ein Rätsel.

„Woher willst du das denn wissen?“ Fragte er neugierig und sah sie dabei prüfend an. „Du kennst sie doch überhaupt nicht!“

„Aber, sie hat doch gar keinen Grund, nicht mehr herzukommen!!“ Langsam nervte sie es. Warum zweifelte er so an ihr? Das kannte sie ja gar nicht von ihm. Ja, seine Zweifel waren angebracht, aber sie selbst würde nur zu gerne zurückkommen, nur war das im Moment einfach unmöglich in diesem Kinderkörper. Aber was, wenn sie nie wieder normal werden würde? Was dann?

„Wird sie nicht. Ich habe da so ein komisches Gefühl. Und es sagt mir, dass ich irgendetwas Falsch gemacht habe. Ich weiß leider nur noch nicht, was es war.“ Er lachte leise bitter auf.

„Oder sie hat schon einen anderen, was weiß denn ich. Würde mich auch nicht wundern.“
 

Völlig empört sah sie zu ihm auf. Sie sollte einen anderen haben? Sie? Wie schlecht kannte er sie eigentlich? Das war ja wohl unglaublich.

„Sie hat ganz bestimmt keinen anderen! Wie kommst du überhaupt auf so einen Unsinn! Als ob sie das könnte!“ Leicht wütend sprang sie vom Stuhl herunter.

Überrascht sah er zu dem kleinen Mädchen. Was erzählte er ihr da eigentlich? Das war ja nun wirklich noch nichts für kleine Grundschüler. Aber.. warum flippte sie dann jetzt so aus?

„Du solltest nachdenken, bevor du jemanden verurteilst! Warum gibst du eigentlich dir immer die Schuld, warum? Das begreife ich einfach nicht!“

Fassungslos stand er auf und starrte regelrecht zu ihr. Was sollte das? Warum… sie kannte ihn doch überhaupt nicht?! Er schluckte.

War das überhaupt möglich? Ihm war es, als würde Miwako einen ihrer etwas weniger gefährlichen Wutausbrüche haben. Es kam nicht sehr oft vor, aber er hatte es schon miterlebt.

Miho benahm sich genau wie sie, genauso! Wie…warum? Als wären sie ein und dieselbe Person.

Miwako selbst wusste, dass sie sich langsam immer mehr verriet, dennoch machte es ihr fast nichts aus. So würde er wenigstens aufhören, sich selbst schlecht zu machen. Das war es ihr dann schon wert. Sie konnte es einfach nicht leiden, jeden Tag mit anzusehen, wie er sich um sie sorgte und dabei noch sich selbst fertig machte.

Sie schaute kurz in seine Richtung, lächelte matt, ging dann zur Tür, öffnete sie und sah noch einmal kurz zu ihm herüber.

„Mach´s gut…, Takagi-kun!“ Sie kniff die Augen zusammen und eilte aus dem Raum heraus.

Verwirrt sah er ihr nach. Takagi-kun? Seit wann nannte sie…?

Er erstarrte förmlich. Nein, das konnte doch gar nicht sein. Wie war das nur möglich?

„Miwako….“

Fear and Hope

Kapitel 5 – Fear and Hope
 

Aber wieso? Wie konnte das sein? Das kleine Mädchen… sollte wirklich Miwako sein? Noch immer konnte es der junge Polizist nicht glauben, starrte regelrecht zur Tür, aus der sie gerade noch verschwunden war.

Er versuchte seine Gedanken zu ordnen, brauchte einen kurzen weiteren Moment, bis er ihr nun doch mit schnellen Schritten folgte. Verdammt! Wieso hatte er das nicht bemerkt?

Er rannte den Gang entlang, in der auch Miwako lang gelaufen sein musste. Wäre er ihr doch nur gleich nachgelaufen. Dann hätte er sie sicher auch nicht aus den Augen verloren! Aber er war einfach zu baff gewesen, um das zu tun.

„Hey, wo bist du?“ Er verkniff sich, nach ihrem Namen zu rufen, nicht dass es noch irgendjemanden auffiel. War garantiert nicht von Vorteil und würde auch nur weitere Probleme mit sich ziehen. Soweit dachte der junge Mann wenigstens noch.

Langsam stieg die Angst in ihm auf, denn er konnte sie nirgends entdecken. Was, wenn sie irgendwelchen Blödsinn nun machen würde? Ihm kamen die absurdesten Gedanken, die alle jedoch nicht ganz abwegig erschienen.

Wataru lief bis zum Ausgang des Gebäudes. Nichts! Sie war weg! Einfach spurlos verschwunden! Schluckend stieß er mit der Faust gegen die Wand. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Warum denn auch ausgerechnet sie? Es war doch einfach nur unfair.

Er ging nach draußen, sah sich um. Die Straßen waren voller Menschen und Autos. Dort ein kleines Mädchen zu finden, war doch so gut wie unmöglich. Aber was dann?
 

Miwako sah aus sicherer Entfernung zu ihm. Noch immer war sie im Gebäude, versteckte sich einfach hinter einer Ecke vor ihm. War doch ganz schön feige, ihn einfach so stehen zu lassen. Aber was sollte sie denn machen?

Mit einem traurigem Blick sah sie zu ihm herüber und dachte nach. Jetzt hatte sie ihn in diesen ganzen Mist hineingezogen. Ganz sicher wollte er ihr helfen. Aber das konnte er nun mal nicht. Konnte das überhaupt jemand? Sie befand sich in einer Situation, in der das wohl unmöglich war. Sie selbst kannte ja noch nicht einmal den Grund, warum sie jetzt so klein war und das machte das Ganze nur noch schwieriger.

Miwako seufzte leise. Andererseits konnte man es doch nicht mit ansehen, wie Wataru gerade litt. Und das nur wegen ihr. Das hatte er nun wirklich nicht verdient!

Aber was sollte sie ihm denn sagen? Das er sie vergessen sollte? Das würde ihm doch mindestens genauso wehtun wie ihr selbst.

Langsam und mit einem ziemlich flauen Gefühl in der Magengegend ging sie auf ihn zu, jedoch ohne ihn dabei direkt anzusehen, jedoch schien er sie nicht zu bemerken, starrte einfach zum Ausgang und schien darauf zu hoffen, dass irgendjemand gleich hineinkommen würde. Doch dem war wohl nicht so.

Sie stellte sich vorsichtig neben ihn und sah zu ihm auf.

„Takagi-kun?“ fragte sie leise und sah ihn mit großen, traurigen Kinderaugen an.

Der Angesprochene zuckte spürbar zusammen und starrte zu ihr herunter, als hätte er einen Geist gesehen. Er brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass Satô wirklich vor ihm stand, womit er nicht einmal mehr gerechnet hätte.

„Du……“ murmelte er leise, fast schon geistesabwesend. Dann jedoch huschte ein schwaches Lächeln der Erleichterung auf seine Lippen. Vorsichtig hockte er sich zu ihr herunter und nahm sie in den Arm.

Die Polizistin schluckte, kniff für einen Moment die Augen zusammen und erwiderte leicht seine Umarmung. Irgendwie hatte sie ihn ja schon vermisst, auch wenn er die ganze Zeit bei ihr gewesen war.

„Tut mir Leid, wenn du dich um mich gesorgt hast, wirklich!“ flüsterte sie leise. „Aber ich wusste doch nicht, was ich machen sollte!“

„Shh…“ Er strich ihr vorsichtig durch die Haare, ließ langsam wieder von ihr ab und sah in ihre kleinen, violetten Kinderaugen. „Schon gut…“ Miwako schluckte wieder und nickte dann nur schwach. „Aber sag mal, wie konnte das passieren? Ich meine, wie kannst du plötzlich wieder so klein sein?“ Er biss sich auf die Unterlippe und sah sie prüfend an. Seitdem er wusste, dass sie wirklich seine Kollegin war, beschäftigte ihn diese Frage. Das war doch unmöglich, niemand konnte einfach so Menschen schrumpfen! Dachte er zumindest. Jetzt wurde er vom Gegenteil überzeugt und das machte ihn fast schon wieder Angst.
 

Die Angesprochene schluckte hart und zuckte nur mit den Schultern.

„Ich weiß es nicht..“ gab sie leise zu und senkte den Blick wieder. „Ich.. habe wirklich keine Ahnung. Ich weiß nur noch, dass es mir nicht gut ging, ich hatte Kopfschmerzen, mir war schwindelig und dann wurde mir schwarz vor Augen.“

Der Kommissar hörte ihr aufmerksam zu, sah aber in ihren Ausführungen keinerlei Gründe, die mit dieser Sache zu tun haben könnte. Er hatte auch schon öfters Kopfschmerzen gehabt und steckte trotzdem nicht in dem Körper eines Kindes fest. Es musste einen anderen Grund geben und diesen musste er herausfinden!

„Hast du vielleicht irgendetwas gegessen? Oder hast du Tabletten oder Medizin genommen?“

Miwako sah ihn fragend an und nickte nur kurz wieder.

“Natürlich! Ich habe aber nur das gegessen, was ich immer esse! Und Tabletten..“ sie runzelte leicht die Stirn. „Nur Kopfschmerztabletten! Aber die nehme ich auch öfters!“

Dann konnte es wohl auch nicht daran liegen, schlussfolgerte er für sich.

„Komm, wir gehen erst einmal zurück ins Büro und dann sehen wir weiter!“ Er nahm sie an die Hand, wobei Miwako leicht rot wurde und wieder zu ihm aufsah. Er jedoch schien das selbst gar nicht so recht zu realisieren, sondern ging mit schnellen Schritten, sodass Miwako schon fast rennen musste um mitzuhalten, ins Büro zurück.
 

Er schloss die Tür hinter sich, ließ sie wieder los, ging zu seinem Schreibtisch und startete seinen Computer.

Mit einem fragend, unsicherem Blick sah sie ihn an, nahm dann einen Stuhl, schob ihn neben ihn und setzte sich.

„Was.. was willst du denn jetzt machen?“ fragte sie neugierig und sah auf den Computerbildschirm.

Der Angesprochene sah mit einem ernsten Gesichtsausdruck zu ihr herüber.

„Erst mal recherchieren! Vielleicht lässt sich ja etwas herausfinden!“ Er lächelte leicht matt, um sie etwas aufzumuntern. „Keine Sorge, dass kriegen wir schon wieder hin, Miwako!“

Hoffte er zumindest…

Satô sah zu ihm, nickte nur, obwohl sie dabei wenig Hoffnung hatte

„Und was…wenn wir vielleicht die Ursache finden..“, sie schluckte kurz wieder, „es aber kein Gegenmittel gibt?“ Genau das machte ihr am meisten Angst. Die Ursache war vielleicht noch nicht mal das Problem. Das herauszufinden, war vielleicht noch nicht mal das Komplizierteste.

Wataru biss sich auf die Unterlippe und sah kurz zu ihr herüber.

„Jetzt mach dir mal keine Sorgen! Wir werden schon eines finden, versprochen!“ Er widmete sich wieder seinem Computer zu.

Was, wenn Miwako recht hatte? Für einen Moment schloss er die Augen und holte tief Luft.

Dann gab es für sie beide wohl nur noch eine einzige Chance….

Aber würde er das Risiko wirklich für sie eingehen?

Kennt Liebe eigentlich Grenzen?

Kapitel 6 – Kennt Liebe eigentlich Grenzen?
 

Es war bereits am späten Abend, als beide endlich wieder nach Hause kamen.

Wataru schloss die Tür hinter sich, schaute ganz kurz zu Miwako, die sich scheinbar nun überhaupt nicht mehr in seiner Nähe wohl fühlte. Woran das wohl lag? Er zog sich die Jacke und Schuhe aus, ging vorsichtig an ihr vorbei, Richtung Küche.

Noch immer hatte er nicht die geringste Spur gefunden. Das musste sich die nächsten Tage aber schleunigst ändern.

„Willst du etwas essen?“ rief er durch die Wohnung. Die Angesprochene jedoch schüttelte nur mit dem Kopf, seufzte leise und ging Richtung Wohnzimmer.

„Miwako?“ Verdutzt schaute er sich um, seufzte leise und ging zurück in den Flur. Hatte sie ihm denn gar nicht gehört gehabt? „Miwa?“

Wo steckte sie denn nun schon wieder? Er ging weiter, ins Wohnzimmer und erblickte sie, am Fenster stehend mit gesenktem Blick.

Er biss sich auf die Unterlippe, beobachtete sie einen Moment lang, bis er sich doch traute und langsam zu ihr ging. „Was hast du denn?“

Vorsichtig hockte er sich hinter sie und legte seine Hände auf ihre Schultern, um sie zu sich herumdrehen zu können.

Leicht erschrocken sah sie zu ihm auf, doch genauso schnell auch wieder weg.

„Ich mag nichts essen..“ meinte sie nur leise. Er nickte nur verstehend.

“Ist gut…“ Wie sollte er nur mit ihr umgehen? Seitdem er wusste, wer sie wirklich war, war der ganze Umgang miteinander nur noch schwieriger geworden. Sie war ja schließlich kein Kind. Sie war es, Miwako Satô, die Frau, die er am meisten verehrte, die ihm Nachts seine Träume versüßte, der Grund, warum er eigentlich lebte. Ja, er lebte nur für sie. So würde es wohl auch immer sein. Anders konnte er es sich sowieso nicht mehr vorstellen.

Er wurde rot, umso mehr er seine Situation realisierte. Sie war bei ihm, ihm eigentlich völlig ausgeliefert…
 

Er schüttelte nur mit dem Kopf, um seine ganzen Gedanken zu verdrängen. Langsam stand er wieder auf.

„Ich glaube, ich gehe ins Bett. Bin wirklich müde..“ Er gähnte kurz und sah wieder zu ihr herunter, wobei sein Blick jedoch nicht erwidert wurde. „Das solltest du auch…“

Das kleine Mädchen biss sich auf die Unterlippe und nickte nur schwach.

„Ist gut..“ murmelte sie leise und drehte sich wieder zum Fenster herum.

Der junge Kommissar seufzte wieder ging dann aus dem Zimmer, Richtung Bad.
 

Was sollte sie nur machen? Gerade jetzt? Jetzt, wo er wusste, wer sie wirklich war, wurde doch alles nur noch komplizierter! Warum hatte sie nicht die Klappe gehalten. Jetzt riss er sich doch wieder zusammen, war nicht so, wie sie es gern hätte. So entspannt…einfach nur er selbst. Jetzt, wo er wusste, dass sie Miwako war, sorgte er sich nur noch um sie. Aber was sollte sie denn machen?

Langsam drehte sie sich wieder um, ging Richtung Couch, wo noch die Bettsachen von letzter Nacht lagen. Augenblicklich wurde sie leicht rot. Das war schon was gewesen. Das er sich das wirklich getraut hatte. Sie fand diese Nacht einfach nur schön, all ihre Sorgen schienen in dieser Zeit für verflogen. Sicher würde er das jetzt nicht mehr machen… Ganz sicher sogar.

Sie nahm ihre Decke, deckte sie zu und legte sich auf die Seite, schloss die Augen, achtete dabei auf jedes Geräusch in ihrer Umgebung.
 

Ein paar Minuten später kam er auch schon zurück, sah zu ihr und seufzte leise.

„Willst du wirklich hier übernachten? Ich meine, du kannst ruhig im Bett schlafen, das macht mir nichts aus! Und ein Unwetter wurde für heute auch nicht angekündigt!“

Eine leichte Röte bildete sich auf seiner Nasenspitze. Moment, wie war das noch? Unwetter? Davor hatte sie gestern Angst gehabt, aber… Miwako hatte doch nicht vor so etwas Angst!

Und trotzdem hatte sie es behauptet. Aber das müsste ja dann heißen? Wataru wurde nun knallrot. Sie hatte das mit Absicht gemacht? Aber warum? Nur um mit ihm….?

So langsam wusste er nun wirklich nicht mehr, was er noch glauben konnte und was nicht.

Ebenso bekam er gar keine Antwort von ihr. Ob sie bereits schlief?

Mit leisen Schritten ging er zur Couch, beugte sich zu ihr herunter.

„Miwako?“…. Keine Reaktion.

Vorsichtig strich er ihr durch die Haare und ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Eigentlich war sie ja so ganz süß….

Seufzend drehte sie sich um, auf seine Seite und öffnete vorsichtig die Augen.

Sofort zog er seine Hand zurück und zuckte leicht erschrocken zusammen. Sie war wach? Etwa schon die ganze Zeit??

„Was ist?“ fragte sie leise und gähnte kurz.

„Ähm.. nichts. Aber.. willst du wirklich hier schlafen?“

Die Angesprochene nickte nur und gähnte wieder.

„Sicher doch, mach dir mal keine Sorgen… Gute Nacht!“ Mit diesen Worten drehte sie sich wieder auf die andere Seite und schloss die Augen.

„Na gut..“ murmelte er nur und nickte zustimmend. Vorsichtig nahm er seine Decke.
 

„Wenn du willst…. kannst du auch hier bleiben…“
 

Wataru zuckte leicht zusammen. Wie? Er starrte hinunter zu ihr. Hatte er sich da etwa gerade verhört gehabt? Oder hatte sie das jetzt ernst gemeint? Konnte doch gar nicht sein…

Miwako seufzte innerlich. Wieso hatte sie das jetzt auch gesagt gehabt? Jetzt hatte sie ihn doch nur noch mehr verwirrt, gar nicht gut!

„Ähm…ich..weiß…nicht..“ fing er an herum zu stottern. Sie hatte ihn mit ihren Worten richtig verlegen gemacht, dass passte ihm nun gar nicht, obwohl das Angebot nur zu verlockend war.

„Schon gut..“ murmelte sie nur leise und drehte sich wieder weg. War doch klar gewesen, was fragte sie ihn dann einfach so? Sie schloss die Augen und seufzte leise, als sie plötzlich etwas neben sich bemerkte. Leicht perplex öffnete sie wieder ihre violett-schimmernden Augen und sah verblüfft zu ihrem Gegenüber.

„Na ja.. ich dachte.. wenn du schon fragst und..“ Miwako schüttelte nur kichernd mit dem Kopf.

„Du bist schon wieder verlegen!“ neckte sie ihn sogleich, als sie seine Röte im Gesicht bemerkte.

„Stimmt doch gar nicht!“ verteidigte sich Wataru nur und zog seine Decke dabei höher.

„Sei bloß nicht so frech, du bist ja noch nicht einmal trocken hinter den Ohren!“

Schmollend sah ihn Miwako an. Das er sich das echt traute zu sagen. Normalerweise würde er das wohl nie machen….

Beleidigt drehte sie sich von ihm weg.

„Miwako?“ fragte er vorsichtig nach. War die jetzt wirklich eingeschnappt oder tat die nur so als ob? So ganz konnte er das im Moment nicht deuten. Verwirrt sah er zu ihr. „Hey..?“ Er setzte sich leicht auf, beugte sich zu ihr herunter, um besser ihr Gesicht erkennen zu können.

In diesem Moment setzte sich wieder Miwako etwas auf, ohne ihn dabei vorerst zu bemerken, blickte direkt in seine Augen und der geringe Abstand zwischen ihnen führte dazu, dass sich die Lippen der beiden für einen Moment berührten. Sofort zuckte der junge Mann zusammen und schluckte hart. Warme Ströme durchflossen seinen Körper, eine Reaktion, die einzig und allein von dieser kurzen Berührung kamen. Verunsichert sah sie auf zu ihm, konnte noch nicht einmal richtig realisieren, was da gerade passiert war.

Schon bemerkte sie, wie Wataru wieder sie küsste, ganz sanft. Das Mädchen zuckte für einen Moment zusammen, schloss jedoch die Augen und erwiderte leicht. Für einen Moment fühlte sie die Erleichterung in ihr aufkommen… doch… was sie da taten, war falsch!

Sofort löste sie den Kuss wieder und schluckte hart.

„Wataru…das geht nicht!“ Sie kniff die Augen zusammen, um die Tränen zurückzuhalten, welche sie langsam übermannten. „Ich bin ein Kind und keine Erwachsene mehr!“

Erschrocken sah er in ihr Gesicht, wobei er jetzt erst richtig wahrnahm, was da gerade passiert war und senkte langsam den Blick.

„Tschuldige..“ kam es nur leise hervor. Obwohl es sich so gut angefühlt hatte, war es doch falsch gewesen. Wie konnte er nur? Wenn das jemand sehen würde… Verführung Minderjähriger schoss ihm sofort durch den Kopf.

Traurig sah Miwako drein, schüttelte nur mit dem Kopf und ging Richtung Tür.

„W-wo willst du denn hin?“

„Ins Bett!“ gab sie nur kurz zur Antwort. „Gute Nacht!“

„Nacht..“ nuschelte Wataru leise und sah ihr mitleidig nach.

Sie hatte recht, er hatte einen riesigen Fehler begangen, keine Frage. Warum hatte er sich nicht zurückhalten können? Warum nur? Er konnte es einfach nicht verstehen.

Und jetzt hatte er alles nur noch viel schlimmer gemacht.. jetzt hatte er Miwako´s Vertrauen wohl verloren…

Endless Sorrow

Kapitel 7 – Endless Sorrow
 

Miwako hatte am nächsten Morgen die Wohnung bereits zeitig verlassen. Sie wollte ihm nicht schon wieder über den Weg laufen, vor allem nicht mehr seit letzter Nacht. Sie wusste nicht, ob sie sich gern zurückerinnerte oder nicht.

Warum musste ausgerechnet jetzt alles so auf sie einprasseln? Es war doch so schon schwer genug und dann kam auch noch Wataru hinzu, der ihr alles noch viel schwerer machte. Dieser Idiot…

Sie erreichte kurz darauf das Präsidium, welches sie mit leisen, vorsichtigen Schritten betrat. Sie durfte auf keinen Fall gesehen werden. Denn eine gute Ausrede für ihr Erscheinen hatte sie sich bis jetzt noch nicht ausgedacht.

Neugierig sah sie sich weiter um, als sie plötzlich Schritte auf sie zukommen hörte. Schnell versteckte sie sich hinter einem großen Blumentopf, der in einer Ecke stand. Etwas gutes hatte ihre Größe ja. Sie würde wohl hinter dem braunen Gefäß nicht so schnell auffallen.
 

„Und du bist dir sicher, dass das Zeug nicht in falsche Hände geraten ist?“ Der Angesprochene schüttelte nur verneinend mit dem Kopf.

„Natürlich nicht… dieser trottelige Polizist hat sie doch sofort bei uns abgegeben. Bis jetzt wurde auch nicht weiter wegen dieser Kapseln nachgefragt. Es kann also nichts passiert sein..“

„Das hoffe ich auch…ansonsten gibt das einen Skandal…die Öffentlichkeit darf davon auf keinen Fall erfahren, haben wir uns da verstanden?!“

„Natürlich..!“

Die beiden Männer gingen weiter, den Gang entlang, ohne Miwako zu bemerken. Die jedoch hatte kräftig ihre Ohren gespitzt und schluckte. Redeten die etwa…über diese Tabletten?!

Es hatte sich jedenfalls so angehört. Aber Moment! Das war doch absurd. Wie sollte sie denn mit diesen in Verbindung gekommen sein?! Sie runzelte die Stirn. Es gab doch keinen….

Das junge Mädchen zuckte leicht zusammen, als es ihr wieder einfiel.

Die Kopfschmerztablette! Das war die einzig logische Erklärung. Sie dachte weiter angestrengt darüber nach, was an jenem Tag ihrer Schrumpfung passiert war.

Takagi hatte sie doch fallen gelassen… Langsam wurde ihr alles klar.. so allmählich konnte sie sich alles erklären…

„Dann sind also diese verdammten Tabletten daran Schuld, die wir diesen Verbrecher abgenommen haben..“ nuschelte sie nur leise vor sich hin. „Und weil Wataru ein paar hatte fallen lassen.. habe ich sie mit einer Kopfschmerztablette verwechselt und…“

Die Kommissarin strich sich durchs Gesicht. Das konnte doch alles nicht wahr sein!

Das durfte nicht wahr sein?!

Jetzt kannte sie zwar den Grund, der an ihrem jetzigen Zustand Schuld war, aber wirklich weiter brachte sie das auch nicht. Diese Laboranten, die vorhin an ihr vorbei gegangen waren, sahen nicht gerade so aus, als würden sie ihr, einem kleinen Kind verraten…

Sie brach den Gedanken ab und schaute wieder auf, da sie wieder Schritte vernehmen konnte.
 

Noch etwas verschlafen, dennoch mit einem ziemlich besorgten Gesichtsausdruck ging Wataru den Gang entlang Wo steckte sie nur? Warum hatte Miwako nicht auf ihn gewartet? Er kannte den möglichen Grund, trotzdem brachte es doch nichts, wenn sie einfach vor ihm weglief. Er musste mit ihr reden, unbedingt! Das konnte doch nicht ewig so weitergehen…
 

Satô wartete einen kurzen Moment, folgte ihm dann mit leisen Schritten bis zum Büro. Sie blieb kurz vor der großen Tür stehen, in welche er bereits hineingegangen war.

Einen Moment zögerte sie, ging dann aber doch hinein und schloss die Tür hinter sich wieder.

Sofort blickte ihr Kollege auf und sah zu ihr herunter.

„Miwako…“ Erleichterung machte sich in seinem Gesicht breit. Er ging einen Schritt auf sie zu, wollte sie am liebsten umarmen, machte dann aber doch halt. Er wollte nicht schon wieder etwas falsch machen. „Wo warst du denn? Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!“

Miwako drehte ihren Kopf zur Seite, antwortete nicht. Stattdessen gingen ihr gerade ganz andere Sachen durch den Kopf.

„K-kannst du dich noch an die Tabletten erinnern, die du vor ein paar Tagen ins Labor bringen solltest?“

Verdutzt schaute der Angesprochene zu ihr und runzelte die Stirn.

„Nun… ich denke schon…“ meinte er nur leise, unwissend, was diese jetzt mit allem zu tun hatten.

Miwako holte tief Luft, schloss für einen Moment die Augen, um sie kurz darauf leicht zusammen zu kneifen.

„Genau diese sind Schuld..an allem…an meiner Körpergröße…“

„Wie?“ Jetzt war er erst recht überrascht. Die Tabletten? Deswegen sollte sie rum laufen wie eine Grundschülerin? War doch wohl ein Witz! Sie war doch gar nicht in Berührung mit dem Zeug gekommen.

„Miwako… ich glaube kaum, dass das etwas mit dir zu tun hat. Ich hab sie doch alle ins Labor gegeben..“

„Bevor du sie einige Male verloren hattest und wieder zusammensuchen musstest, richtig?“

Sie sah ihn erwartungsvoll an, wusste, dass sie Recht hatte. Er konnte es einfach nicht leugnen.

„Ja, schon aber… ich hab sie doch alle wieder eingesammelt, da bin ich mir ziemlich sicher..“

„Ja… ziemlich ist aber nicht hundertprozentig! Ich hab eine Tablette genommen, die auf den Boden gelegen hatte, in der Annahme, dass es sich dabei um eine Kopfschmerztablette gehandelt hatte, die ich zuvor verloren hatte. Dem war aber nicht so…“

Langsam wurde ihm alles klar. Der Polizist schluckte.

Dann war das also der Grund gewesen, aber das hieße dann ja…
 

Miwako vermied weiterhin jeden Blickkontakt mit ihm. Sie war wütend.. sehr sogar. Warum konnte er nicht einmal etwas richtig machen? Immer wenn es darauf ankam….

„Es..tut mir leid…“ kam es mit schwacher Stimme aus seinem Mund, doch das brachte sie nun auch nicht weiter.

„Weißt du eigentlich.. wie das ist..? Plötzlich so klein zu sein? Nicht mehr in seinen normalen Körper leben zu dürfen?“ Mit großen Augen schaute sie nun zu ihm auf.

„Du hast echt alles vermasselt! Warum machst du nicht einmal etwas richtig?? Warum ausgerechnet du??“ Ihre Stimme wurde von Mal zu Mal lauter, fing an zu zittern.

Der Angesprochene sah schuldbewusst zu ihr herunter. Sie hatte ja Recht. Er hatte Schuld.. wie immer. Wann war es denn mal anders?

„Ich weiß…es tut mir wirklich Leid, hätte ich gewusst, dass gleich…“

„Du hättest nicht nachdenken sollen! Du hast alles kaputt gemacht! Jetzt werde ich vielleicht nie wieder groß, muss so bleiben. Und wem habe ich das zu verdanken?? Dir! Weil du nie etwas richtig machen kannst. Manchmal frage ich mich wirklich, wie du deine Polizeiprüfung überhaupt bestehen konntest! Du hast schon so viel Mist gebaut, aber dieses Mal kannst du das nicht wieder gut machen, nie!“ Miwako war sauer, sehr sauer. Und das ließ sie ihn richtig spüren, sagte Sachen, die sie eigentlich nicht so meinte. Sie mochte ihn doch….

„Miwako… ich..“ Er versuchte sich zu rechtfertigen, was ihm aber nicht gelang. Viel zu sehr schmerzten ihn ihre Worte. Und dabei schien sie auch noch recht zu haben, er bekam einfach nichts mehr auf die Reihe.

„Nein! Nichts ‚Miwako’! Ich will es nicht mehr hören! Ich hab die Nase voll von dir und deiner Schussligkeit! Lern endlich, gewissenhaft an die Sache heran zu gehen, ich meine, eigentlich geht es ja nicht noch schlimmer, du hast es ja schon geschafft, jemanden zu verletzen der….“ Sie hielt wieder inne, senkte den Blick und musste schlucken. Langsam kam die Verzweiflung wieder hoch, die sie so gerne zurückgehalten hätte. Aber es ging einfach nicht.

Wataru schien genauso fertig wie sie selbst. Ihre Worte ließen ihn jedes Mal einen Stich im Herzen verspüren. Wie recht sie doch hatte…

Er hatte sie einfach nicht verdient.. warum sah er das erst jetzt ein?!

Er wollte noch was sagen, da wurde auch schon die Bürotür zugeschlagen. Miwako war hinausgerannt. Er wollte ihr folgen, tat es dann aber doch nicht. Er wollte nicht schon wieder irgendwas Falsches sagen oder tun. Nicht schon wieder….
 

Mit Tränen im Gesicht lief Miwako weiter, einfach nur weg, nicht zu wissen wohin.

Sie musste weg, wollte ihn nicht weiter verletzen. Geschafft hatte sie das allemal, dass wusste sie bereits. Warum war sie nur so gemein gewesen? Sie bereute es, immerhin war es wirklich nicht fair, ihm die ganze Schuld in die Schuhe zu schieben.

Dennoch brauchte sie jetzt Abstand… um sich zu beruhigen. Eh sie das nicht getan hatte, brauchte sie sowieso nicht zurückgehen…

Es würden ja wieder nur verletzende Worte über ihre Lippen kommen…

Letzter Ausweg?

Kapitel 8 – Letzter Ausweg?
 

Es war bereits sehr spät geworden, als Miwako noch durch die Straßen Tokios lief. Was sollte sie nur machen? Wo sollte sie denn jetzt hingehen? Nach Hause konnte sie nicht und zu ihm wollte sie lieber auch nicht zurück. Es tat ihr bereits nach ihrem Verschwinden aus dem Polizeipräsidium sehr leid, was sie ihm da alles an den Kopf geworfen hatte. Am liebsten hätte sie sich dafür entschuldigt, aber da war sie wieder viel zu feige, dass sah sie selbst sogar einmal ein.

Miwako schaute in den dunklen Himmel. Sah nach Regen aus. Wieder ein Problem mehr! Das konnte doch echt nicht wahr sein!
 

Ziemlich erledigt kam Wataru nach Hause. Das war wohl einer der schrecklichsten Tage in seinem ganzen Leben gewesen. Wo Miwako wohl jetzt gerade war? Ob sie sich wieder beruhigt hatte? Wie er sie kannte, wohl kaum. Hoffentlich stellte sie keine Dummheiten an. Nein, doch nicht sie, beruhigte er sich.

Er holte eine kleine Plastiktüte aus seiner Jackentasche, sah gedankenverloren darauf, bevor er sich ins Bad begab. Ob das für sie beide der einzige Weg war? Im Moment sah der junge Mann keine andere Möglichkeit. Er schloss die Tür hinter sich ab, obwohl er sich sicher sein konnte, dass ihn hier niemand stören würde.

Nachdem Miwako das Polizeigebäude verlassen hatte, hatte er sich ins Labor geschlichen und war durch Zufall an die Kapseln gekommen, die sie noch vor kurzem dort abgegeben hatten. Wenn er jetzt davon eine nehmen würde… dann konnte er mit Miwako vielleicht doch noch zusammen sein! Dann hatten sie auch keine Probleme mehr mit dem Altersunterschied. Aber ob ihr das auch Recht war? Im Moment war sie ja nicht hier, vielleicht würde sie auch niemals zurückkommen. Daran wollte Wataru nun wirklich nicht denken. Sicher kam sie wieder…

Er nahm die Tablette aus der Tüte und sah sie neugierig und doch etwas misstrauisch an. Eine einzige Kapsel konnte so einen Schaden anrichten? Konnte zwei Menschen auseinander reißen? Er schüttelte nur schnell mit dem Kopf, um den Gedanken wieder loszuwerden.

Er füllte einen Becher mit Wasser, als plötzlich die Türklingel ertönte. Etwas erschrocken, als hätte man ihn bei seiner Tat erwischt, zuckte er zusammen, blieb ein paar Sekunden ruhig stehen, rührte sich nicht vom Fleck. Wer war das denn jetzt noch? Um diese Uhrzeit? Nur langsam und etwas zögernd legte er die Tablette neben den Wasserbecher, ging aus dem Bad zur Wohnungstür. Er schloss diese auf und sah hinaus, konnte aber im ersten Augenblick nichts sehen, bis eine etwas piepsig-kindliche Stimme auf sich aufmerksam machte.
 

„Tut mir leid, dass ich dich heute so angefahren habe, kommt nicht mehr vor..“ meinte das kleine, schwarzhaarige Mädchen entschuldigend und ließ den Blick weiter gesenkt, um ihn nicht ansehen zu müssen. Es fiel ihr eindeutig nicht leicht, sich bei ihm zu entschuldigen. Aber es musste sein. Es regnete draußen in Strömen und sie war bereits etwas nass geworden. Wo sollte sie denn sonst auch hingehen? Sicherlich machte es sich Miwako hier ziemlich einfach, aber es war eben ihre einzige Möglichkeit, ohne dabei weitere Menschen mit in den Schlamassel hinein zu ziehen.
 

Ziemlich verblüfft schaute der Angesprochene zu ihr herunter, nickte dann aber nur verstehend, ging zurück in den Flur und ließ sie hinein.

„Ist schon gut, hattest ja auch recht..“ Die junge Polizistin seufzte nur resignierend auf und schüttelte dabei leicht den Kopf.

„Trotzdem.. ich kann dir nicht die ganze Schuld zuschieben, es war ja ebenso mein Fehler gewesen!“

Er nickte nur wieder, nahm sie dabei aber nicht ganz ernst, da es für ihn keine Zweifel an seiner Schuld gab. Miwako redete es schön, gut, dann sollte sie doch.

„Du kannst dir in der Küche etwas zu essen machen, wenn du Hunger haben solltest. Ich geh erst einmal duschen!“ Mit diesen Worten verschwand er auch schon wieder im Bad, Miwako sah ihm nur etwas verwirrt nach. Er hatte es sich wohl doch ziemlich zu Herzen genommen, was sie heute gesagt hatte. Kein Wunder, wenn er da so drauf war. Aber das würde sich schon wieder legen, ganz sicher!

Hunger allerdings hatte sie keinen. Sie ging ins Wohnzimmer, nahm sich die Fernbedienung und schaltete ein bisschen durch die Programme. Außer Nachrichten schien aber auch nicht allzu viel zu laufen.
 

Takagi hatte inzwischen einen Entschluss gefasst. Es gab keinen anderen Ausweg. Wenn er wirklich mit ihr zusammen sein wollte, dann musste er etwas dafür tun. Sicher, Miwako würde bestimmt nicht begeistert sein, aber sie würde es verstehen. Sie würde sein Verhalten akzeptieren. Nur dann würde es auch eine Chance für beide geben. Ohne groß weiter darüber nachzudenken, nahm er wieder die Kapsel in die Hand, steckte sich diese in den Mund, schluckte sie herunter und spülte mit dem Wasser nach. Er schloss für einen Moment die Augen und war sehr erleichtert, dass er dieses Mal keinen Rückzieher gemacht hatte. Er setzte sich vorsichtig an den Wannenrand und wartete nervös darauf, dass etwas passierte.
 

Wie lange brauchte der denn zum Duschen? Schon zum fünften Mal schaute Satô nun auf die Uhr an der Wand. Wasser hatte sie auch keines rauschen gehört. War ja sehr merkwürdig. Was trieb der dort drin eigentlich?

Langsam machte sie sich Sorgen um ihren Kollegen, schaltete den Fernseher aus, und stand von der Couch auf. Mit leisen Schritten ging sie Richtung Bad, blieb vor der Tür stehen und klopfte leicht dagegen.

„Wataru?“ fragte sie leise, bekam jedoch keine Antwort. Sie drückte die Türklinke nach unten, aber es war abgeschlossen. „Wataru? Hey?! Was machst du denn da drin?!“ Noch immer antwortete er nicht. Ob ihm was passiert war? Sie wollte wieder dagegen klopfen, als plötzlich ein Schmerzensschrei seinerseits die Wohnung erfüllte. Erschrocken zuckte das Mädchen zusammen und sah entsetzt zu der Tür. Was hatte er denn?

„Wataru? Mach sofort die Tür auf, bitte!!“ Die Verzweiflung stieg in ihr auf, sie konnte nichts tun, außer abzuwarten. Wie hätte sie denn die Tür aufbrechen sollen? In ihrem Zustand?
 

Eine ganze Weile später war wieder Stille in der Wohnung eingetreten. Miwako stand noch immer verzweifelt vor der Tür, wusste nicht, was sie noch tun sollte.

Tränen liefen ihr über das Gesicht, sie hatte Angst um ihn, sehr große Angst.

„Wataru? Bitte sag doch was?“ Verzweifelt klopfte sie weiter gegen die Tür, aber niemand meldete sich. Jetzt reichte es ihr. Sie musste einen Krankenwagen rufen. Warum fiel ihr das erst jetzt ein? Was, wenn es dafür bereits zu spät war? Sie eilte zum Telefon, welches sich im Wohnzimmer befand, wollte gerade die Nummer eingeben, als sie hörte, wie die Badezimmertür aufgeschlossen wurde.

Sofort eilte sie zu dieser zurück.

„Wataru?“ Was hatte er nur wieder gemacht.

„Keine Sorge, mir geht es gut..“ gab eine leise, piepsige Stimme von sich, was Miwako sofort zusammenzucken ließ. Was war das denn gerade gewesen? Sie öffnete die Badtür nun ganz und weitete die Augen. Vor ihr stand nun ein kleiner, ziemlich blasser Junge. Aber..wie konnte das sein?

„Wataru?“ fragte sie nun vorsichtig, um sich zu vergewissern, dass auch wirklich er das war.

Der Angesprochene nickte nur.

Das Mädchen erstarrte. Das durfte doch jetzt echt nicht wahr sein. Bevor sie alles richtig realisierte, holte sie auch schon aus und verpasste ihm eine heftige Ohrfeige.

Wie konnte man denn nur so bescheuert sein???

Liebe besteht alle Hindernisse

Kapitel 9 - Liebe besteht alle Hindernisse
 

Das durfte einfach nicht wahr sein. Das konnte und wollte Miwako jetzt einfach nicht glauben! Der Kerl war doch von allen guten Geistern verlassen!!! Nur leicht abwesend, es immer noch nicht fassen könnend, schüttelte das Mädchen mit dem Kopf und ging gedankenverloren zurück ins Wohnzimmer.

Wataru sah ihr traurig hinterher, fasste sich noch einmal kurz an die Wange, da die Ohrfeige schon ganz schön gesessen hatte. Sie war sogar ganz leicht gerötet. Langsam stieg nun die Verzweiflung in ihm auf. Er hatte etwas Falsches getan, dass hatte er an ihrer Reaktion erkennen können, sehr gut sogar. Aber warum..glaubte er dann immer noch, dass es die einzige Möglichkeit für beide wäre? Warum war er immer noch der festen Überzeugung, dass es richtig war???

Langsam, mit leisen Schritten folgte er ihr nun ins Wohnzimmer, blieb bei der Tür für einen Moment stehen und sah mit einem schuldbewussten Gesichtsausdruck zu seiner Kollegin., welche geradeaus starrend auf der Couch saß.

Was sollte er ihr denn nun sagen? Wie sollte er sich denn entschuldigen? War das denn im Moment überhaupt möglich?

"Du...Miwako...ich...hab das für uns gemacht...ich dachte..." er brach ab und schluckte. Bei seiner jetztigen, sehr kindlichen Jungenstimme klang alles nur noch absurder und unglaubwürdiger. Aber ihm war es ernst mit dem, was er sagte.

"Du dachtest? Schon wieder?" Die Angesprochene seufzte stark. "Ich denke, damit solltest du mal aufhören!" Ihr Blick blieb starr, sie würdigte ihn nicht ein einziges Mal.
 

Der Polizist schluckte nun, fühlte sich von ihr verletzt, war aber wohl doch selbst mit Schuld daran. Aber in einem Punkt hatte Miwako Unrecht. Er hatte nicht nachgedacht...

"Ich habe nur auf mein Herz gehört, das war alles! Ich wollte bei dir sein, du hast selbst gesagt, dass das im vorherigen Zustand nicht gehen würde. Vielleicht hast du ja recht, ich solltte das Denken anderen überlassen, aber in diesem Punkt bin ich mir sicher, dass es richtig war." Nur langsam setzte er sich neben sie und sah sie eindringlich, jedoch mit einer gewissen Sanftheit an. Er wusste genau, dass es sinnlos war, mit Miwako einen Streit anzufangen, sie würde doch am Ende nur wieder weglaufen. Aber vielleicht schaffte er es ja mit 'sanften' Worten, sie wieder für sich zu gewinnen. Vielleicht würde sie auch langsam mal anfangen zu verstehen, was in ihm vorging.

Immer noch etwas schüchtern nahm er ihre Hand in seine und sah sie leicht rot an.

"Was ich eigentlich sagen will...ich habe das für dich gemacht, ich habe es auch gern gemacht, niemand hat mich dazu gezwungen, und ich würde es für dich auch wieder tun! Weil du die 'Frau' bist, die....ich.....liebe..." Die letzten Worte kamen immer zögernder und leiser über seine Lippen, dennoch erreichten sie Miwako, denn diese sah ihn leicht gerötet, jedoch ziemlich gerührt an.
 

So ein Idiot! Nur wegen ihr...so ein Risiko! Was nicht hätte alles passieren können? Er hätte doch genauso sterben können! Nein, im Moment wollte sie daran nun wirklich nicht denken!

"Ich finde trotzdem, dass das noch keine Entschuldigung ist...auch..." Sie brach kurz ab und senkte den Blick wieder.

Wenn es nun wirklich kein Gegenmittel gab! Wie wäre sie dann damit umgegangen? Wahrscheinlich hätte sie ihn weggeschickt. Das konnte sie ja nun schlecht. Vorsichtig drückte sie jetzt seine Hand.

"Wir werden ganz sicher ein Gegenmittel finden, es ist nur noch eine Frage der Zeit.." meinte sie nun ganz leise, obwohl sie selbst nicht wirklich daran glaubte. Aber sie wollte ihm ja nicht ganz die Hoffnung nehmen.

Der Angesprochene nickte nur stumm und lächelte matt.

"Ganz sicher und wer weiß, vielleicht lässt die Wirkung ja auch bald nach? Und dann wird alles so wie früher...naja...zumindest fast so wie früher!" Wieder wurde sein Gesicht leicht rot und er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Miwako schmunzelte nur, beugte sich zu ihm und küsste ihn nur ganz kurz und zaghaft auf die Lippen.

"Stimmt....aber solange wir zusammen sind...und du meine Launen auch erträgst...bin ich fast glücklich...könnten wir noch das Körperproblem ändern...wäre das natürlich noch viel besser!"

Wataru seufzte und nickte wieder.

"Ja, sicher..ich denke, wir sollten Inspektor Megure miteinbeziehen, du weißt doch, er könnte uns sicher sehr gut helfen."

"Wenn er uns glauben wird.." warf Miwako leise ein.

"Ja, ach...das wird schon, gleich morgen gehen wir zu ihm!"

Jetzt nickte das kleine Mädchen zustimmend und grinste leicht.

"Sicher...aber jetzt habe ich was anderes vor!"

Grinsend zog sie ihn wieder zu sich und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen, welcher natürlich sofort, wenn auch noch etwas schüchtern, erwidert wurde.

Liebe kennt wohl doch keine Hindernisse....
 

-Ende-
 

Ich weiß, ihr schlagt mich jetzt dafür T_T

Aber hiermit ist die Story beendet, es gibt einen offenen Schluss >D

obwohl ich sowas selbst hasse!!!

Aber ich hab sie wenigstens zusammen gebracht >.< das war für mich Pflicht! xDD

Aber im Moment fehlt mir wie immer die Zeit und das wird auch in Zukunft so sein,

tut mir echt leid. Meine Ideen hier gehen auch so langsam aus Q_Q

Vielleicht hat ja jemand Zeit, Lust und Ideen, der kann dann meinetwegen eine Fortsetzung schreiben!

Bitte denkt euch einen ganz schönen Schluss für die beiden aus,

ich hab es im Groben gemacht, aber werde es nicht mehr detailiert aufschreiben ~_~
 

Ich danke euch für die zahlreichen Kommis ^-^

Hab euch alle ganz doll lieb^^

Eure Miwa ^.^



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Kommentare zu dieser Fanfic (38)
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Von:  shinran
2014-06-28T15:22:23+00:00 28.06.2014 17:22
Ach ich fands niedlich sowohl als auch lustig
Ich fand die geschichte richtig gut
Wäre zwar toll zu wissen wie's weiter geht aber naja geht einfach nicht ^^
Mach so weiter
Lg shinran
Von: abgemeldet
2014-04-11T13:31:12+00:00 11.04.2014 15:31
:D die Idee ist ja richtig luszig
Von: abgemeldet
2008-08-08T21:51:40+00:00 08.08.2008 23:51
hey,
hab grad gemerkt, dass ich das letzte kapitel gar nicht gelesen hab -.-
naja also jetzt der kommi für beide^^
das offene ende finde ich auch nicht so gut, du hättest vllt noch einen prolog anhängen können, der in der zukunft spielt und erklärt, wie die beiden 10 oder 20 jahre später leben.
ansonsten 2 sehr schöne kapitel.
dass du nicht mehr so viel zeit hast kann ich verstehen, geht mir selbst nicht anders. und irgendwie fehlt mir auch die motivation, wenn man immer nur ein zwei relativ inhaltslose kommis pro kapitel bekommt.
ich freue mich trotzdem über jede aktualisierung^^
lg
lomira
Von: abgemeldet
2008-08-08T21:24:30+00:00 08.08.2008 23:24
offener schluss??
oh nein, bitte nicht
das ist doch so ne tolle geschichte, aber offener schluss?
überlegs dir doch noch mal
zeit findet man mal immer wieder^^
lg

Von: abgemeldet
2008-07-07T19:31:04+00:00 07.07.2008 21:31
takagi hat sich jetzt echt geschrumpft?
wow^^

wie kannst du nur an so einer stelle wieder aufhören?
ich hoffe du schreibst jetzt ein wenig schneller weiter

lg
Von:  Y1986girl
2008-07-02T19:22:45+00:00 02.07.2008 21:22
Erste?

Wie kann man eigentlich auf so eine Idee kommen?
Obwohl Miwako schon gemein zu ihm war!

Bin gespannt wie es weitergeht

LG
Von: abgemeldet
2008-05-10T19:39:09+00:00 10.05.2008 21:39
endlich gehts weiter
und ich verpass es -.-
der arme wataru, hoffentlich kündigt er nicht oder macht etwas anderes dummes
miwako tut mir auch leid, aber sie hätte ihn nicht so anmachen sollen
naja
super story!!!
mach schnell weiter!!
Von: abgemeldet
2008-05-06T16:42:31+00:00 06.05.2008 18:42
endlcih geths voran^^
schönes kapitel, armer wataru
hoffe mal die finden bald ein gegenmittel...
schreib schnell weiter
lg
Lomira
Von: abgemeldet
2008-05-06T12:18:52+00:00 06.05.2008 14:18
hehe.. ich sehe, du hattest während meiner abwesenheit zeit zum FF schreiben? ^^
schön schön ^_^

nur traurig.. ich muss mich jedes mal wieder über miwa aufregen, wie sie wati so fertig macht.. ò_ó tse.. nur weil die alles auf den boden fällt einfach in den mund nimmt... xD

naja.. mach schön weiter ^_^
ich glaub, ich fehl gleich noch ein tag ;)

LG
Ran_Mori1
Von:  puschel06
2008-05-05T18:24:23+00:00 05.05.2008 20:24
*auf deine FF stößt*
Woah, da gehts ja ab, wie bei Schmitz bei den Hempels O__O
Geil x3~
Einfach der HammA *o*
Ich will mehr~ :D

Freu mich schon riesig aufs nächste Chapter ^o^
Weiter so *däumchen hoch*
LG


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