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100% Sorglospunks!

von

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Gartendschungel

Dass sich etwas tun musste, ging den Sorglospunks erst allmählich auf. Die Musikern oft zu eigene Faulheit machte sich bei der Band nur allzu oft bemerkbar. In der Regel hatte die Bandmanagerin Nifen ihre Schützlinge ganz gut im Griff und die drei Sorglospunks – Easy, ihre Zwillingsschwester Jack und der nicht mit den beiden verwandte Chris – machten meist, was sie ihnen sagte. Spätestens dann, wenn sie ihnen damit drohte, dass sie den Kaffee und/oder die Schokolade versteckte.

„Oh“, machte Easy an diesem schönen Frühlingsmorgen, als sie Kiwi in die frischluftige Freiheit entließ, die katzige Kiwi den Garten betrat – und verschwand.

In diesem Fall war das Verschwinden nahezu wortwörtlich zu nehmen – das Gras stand so hoch, dass von Kiwi weder die Ohren noch die Schwanzspitze zu sehen waren.

„Eindeutig oh“, ergänzte Jack.

„Möglicherweise“, schränkte Chris ein.

„Und sowas von eine Aufgabe, die zu erledigen ist.“ Nifen gesellte sich zu den dreien und beobachtete mit ihnen, wie sich eine durch Kiwis Bewegung ausgelöste Woge durch das Gras bewegte.

„Öhm, da ist noch dieser Song...“, fiel Easy ein.

„Und meine Gitarre braucht dringend eine neue Politur“, merkte Chris an.

„Mein Schlagzeug muss geölt werden“, fügte Jack glatt hinzu.

„Und wir müssen uns um den Garten kümmern, ehe wir wieder die übereifrigen Omas vom Tierschutzverein auf der Matte stehen haben oder einen wütenden Nachbarn, weil wir dem Viechzeug Obdach gewährend, das ihm die Tomaten abknabbert.“ Nifen verschränkte die Arme vor der Brust und schaute in die Runde.

„Och nö“, kam es dreistimmig zurück.

„Prima, behaltet die Harmonie bei und wir haben demnächst ein neues Stilelement in der Musik.“ Nifen grinste breit.

„Also, ich bin dafür, unseren Privatdschungel zu lassen“, murrte Easy.

„So? Damit Lenn künftig eine Machete braucht, um den Weg zu seinem Fass zu finden?“ Nifen deutete auf ein braunes Etwas, das neben dem Teich gerade so durch das Gras schimmerte.

„Hey, der ist doch eh meist nicht da!“ Easy war nicht bereit, sofort wieder klein beizugeben. Tatsächlich war der Bandphilosoph und Teilzeitkassenwart LennStar aktuell auf einem Eremiten-Philosophen-Treffen in irgendeiner Bergregion.

Nifen warf Easy einen langen Blick zu. „Ich bekomme gerade die Idee, dass deine Lieblingstasse künftig ewig in der Spüle vor sich hinschimmelt.“

Easy zog einen Schmollmund. Es stimmte ja, dass Spülen nicht gerade zu ihren Lieblingsaufgaben im Haushalt gehörte. Da sauste sie lieber mit Staubsauger und Wischer durch das Haus, anstatt die Hände in Spülwasser zu baden.

„Punkt für dich“, murmelte sie.
 

Die drei Sorglospunks machten sich etwas missmutig, aber schon mit einem minimalen Anflug von Motivation auf die Suche nach den Gartenwerkzeugen. Im Schuppen direkt neben dem Haus standen der handbetriebene Rasenmäher, Harke, Hacke, Rechen, Schubkarre und Spaten. Alles wurde artig geschultert und an der Hauswand aufgereiht.

„Zuerst ein Weg zur Tonne“, beschied Jack.

Chris und Easy schoben im Teamwork den Rasenmäher vorwärts, fluchten, rissen hohes Gras aus dem Mäher und Jack harkte dahinter den frischen Schnitt sofort zusammen. Nifen beobachtete die drei und hielt Getränke und Verbandsmaterial bereit. Sie verfluchte gerade, dass die Bandmuse Abranka auf einer Musen-Fortbildung im Olymp war und ihnen nicht mit ihren guten Ideen sowie ihrem Inspirationsfeuerwerk zur Seite stehen konnte.

„Autsch!“, quietschte Easy in diesem Augenblick und war damit die erste, die Nifens Pflaster-Klebe-Talent in Anspruch nehmen musste.
 

Während der kurzen Verarztungspause schaute Jack über das Gras. Eigentlich sahen die im Wind wogenden Gräser richtig schön und idyllisch aus. Dazwischen wuchsen viele Blumen und ihre Vielfalt ging eindeutig über Gänseblümchen, Löwenzahn und Wiesenschaumkraut hinaus. Eigentlich war das hier ein kleines Gartendschungelparadies. Sie stützte das Kinn auf den Stiel der Harke und überlegte, ob sie das hier nicht einfach alles so lassen konnten.

Plötzlich schoss Kiwi an ihr vorbei. Das Bandmaskottchen sah weder nach rechts noch nach links, als es Jack und Chris passierte, zwischen Easys Füßen hindurchpreschte, Nifens linken Knöchel beinahe anrempelte und ins Haus verschwand.

„Was war das denn?“, entfuhr es Chris.

„Keine Ahnung. Ob eine Maus sie angegriffen hat?“ Jack zog die Augenbrauen hoch.

„Kiwi!“ Easy drückte das Pflaster selbst final fest und flitzte ihrer Katze hinterher.

Nifen dagegen fixierte den Garten. „Da drin muss irgendetwas sein, dass ihr Angst gemacht hat.“

„Da drin?“ Jetzt war es Chris, der skeptisch dreinschaute. „Was soll da schon sein? Mäuse? Bienen? Käfer?“

„Chris, bist du nicht lange genug ein Sorglospunk um zu wissen, dass in unserer Nähe nichts irgendwie normal ist?“, fragte Nifen mit einem leisen Seufzer in der Stimme.

„Ich hasse es, wenn du mit sowas Recht hast“, murmelte Jack und spähte nun deutlich angestrengter in die Wiese.

„Und jetzt?“ Chris war etwas unbehaglich zumute. Warum konnten sie nicht einfach nur eine normale Band sein und zur Abwechslung mal darauf verzichten, irgendwelche komischen Dinge anzuziehen, die unbedingt ihnen passieren mussten?

„Wir sehen nach.“ Easy war wieder hinter ihnen aufgetaucht und zitterte schier vor Wut. „Kiwi hat sich unter der Couch verkrochen und ist noch nicht einmal für ihr Lieblingsfutter wieder aufgetaucht! Wer auch immer sie so erschreckt hat, der kann sich auf was gefasst machen!“ Sie schnappte sich den Spaten und stapfte los.

Selbstverständlich folgten ihr die anderen. Easy allein und wütend auf irgendjemanden loszulassen, war nie eine gute Idee. Außerdem teilten sie alle diesen Zorn, dass jemand oder etwas ihrem Maskottchen – so trantütig, ungeschickt, zerstörerisch und verfressen es auch manchmal sein mochte – derart erschreckt hatte.
 

Sie fanden – Gras, Blumen, Bienen, Käfer, einige Schmetterlinge, ein paar Vögel und wohl auch eine Maus, die schnell vor ihnen davon huschte. Das war aber auch erst einmal alles.

„Hier ist nichts.“ Chris blieb schnaufend neben dem Gartenteich stehen, in den er fast hineingeplumpst war, weil er ihn viel zu spät gesehen hatte.

„Oh doch, hier ist etwas.“ Easy rammte den Spaten in die Erde und stemmte die Hände in die Hüften. „Wir können auch dem verdammten Garten einen Kahlschlag verpassen!“, rief sie.

Jack spähte über die Schulter. Es war ein Sonntagvormittag – die Nachbarn saßen hoffentlich noch beim Frühstück und würden nicht verwundert lauschen, was die komischen Sonderlinge da draußen wieder anstellten. So etwas bedeutete am Ende nur immer Ärger und irgendwelche Beschwerdebriefe im Briefkasten.

„Aber das wäre wohl kaum in eurem Interesse! Ihr könnte nämlich nirgends hin, nicht wahr?“, fügte Easy hinzu und blickte mit zornfunkelnden Augen über das Gras.

Nifen war kurz davor einzuwenden, dass Easys ambitonierte Rede wohl nichts gebracht hatte, als sich auf einmal eine kleine Gestalt vor ihnen durch die Gräser schob. Sie war knapp 15 cm hoch und trug eine rote Mütze. Ihr folgten noch ein Dutzend weiterer Zwerge. Es waren Gartenzwerge. Ganz unverkennbar Gartenzwerge.

„Oh, bei Chi, bei Gott, bei Apollo und wem sonst noch. Ein wilder Gartenzwergstamm ist in unseren Garten eingezogen“, murmelte Chris leise.

„Wer seid ihr und was habt ihr mit Kiwi gemacht?“ Easy ließ sich auf die Knie nieder und funkelte den Zwerg an, der als erstes herausgekommen war.

„Hallo...“, kam es schüchtern zurück. „Wie euer Freund richtig festgestellt hat, sind wir freie Zwerge und die Katze hat sich unserem Lager genähert und wollte eines unserer Kinder angreifen.“

„Kiwi? Wohl kaum.“ Easy schüttelte ungläubig den Kopf.

„Äh... und wenn sie das Kind mit einer Maus verwechselt hat?“, warf Jack ein. „Sie sind ziemlich klein... Und Kiwis...“

„So blöd ist Kiwi nicht.“ Wütend funkelte Easy ihre Schwester an. „Aber es könnte ihr ein Versehen passiert sein.“

„Nun, und wir haben eure Katze dann verscheucht. Und dann habt ihr gedroht, den Garten zu roden... und...“

„Immer mit der Ruhe.“ Nifen sprang jetzt ein und schob Easy sanft bei Seite. „Du holst erst einmal Kiwi, damit sie sehen kann, dass es hier Leute gibt, die nicht auf ihrer Speisekarte stehen. Und wir setzen uns dann hier erst einmal zusammen und unterhalten uns.“ Sie lächelte den Gartenzwerg aufmunternd an, der über ihre Worte recht dankbar zu sein schien.

Nifen, Chris und Jack ließen sich nebeneinander im Schneidersitz nieder, die Gartenzwerge machten es sich ihnen gegenüber zumindest etwas gemütlicher. Es war aber nicht zu übersehen, dass sie immer noch auf dem Sprung waren.

Das war aber auch kein Wunder, fand Jack. Wenn sie so klein wäre und eine ausgewachsene Katze würde vor ihr auftauchen, dann würde sie das vermutlich auch ziemlich Furcht einflößend finden.
 

Der Anführer der Gartenzwerge stellte sich ihnen als Eichenblatt vom Rotmützenstamm vor. Die anderen Gartenzwerge hatten so klangvolle Namen wie Gänseblüte, Kleeblatt, Pusteblume, Kiesel, Tautropfen, Spinnenwebe und Grassamen.

Easy hatte Kiwi schnell gefunden und die Katze begriff auch zügig, was die Band von ihr wollte. Ihr trotziger Blick sagte mehr als deutlich Und-dafür-habt-ihr-mich-aus-meinem-Beruhigungsschläfchen-geweckt? Aber Kiwi blieb ruhig neben ihnen sitzen und betrachtete die neuen Nachbarn aufmerksam.

„Wie lange wohnt ihr denn schon in unserem Garten?“, erkundigte sich Easy neugierig. Nun, da Kiwi keinen Grund mehr hatte, Angst zu haben, war sie gespannt auf die Geschichte der Gartenzwerge.

„Als das Gras höher wuchs, sind wir durch die anderen Gärten gekommen. Hier müssen wir nicht so tun, als wenn wir nur Figuren wären, sondern können uns die ganze Zeit über normal bewegen“, erklärte Eichenblatt. „Und das Verstecken fällt uns in dem hohen Gras natürlich leicht. Es gibt nicht mehr viele Orte für Leute wie uns.“

Nifen nickte nachdenklich.

„Aber wenn ihr das Gras mäht, dann werden wir wieder fortgehen müssen.“ Eichenblatt klang müde, so wie jemand, der diese Entscheidung schon sehr viele Male hatte treffen müssen. Sie war notwendig für das Überleben seines Volkes, aber glücklich war er damit erkennbar nicht.

„Wie wäre es denn... wenn wir das Gras nicht mähen?“ Jack schaute zu Nifen hinüber. „Ich finde den Garten so eigentlich ganz schön. Er ist wild und ungezähmt – so wie wir. Und die Nachbarn haben eh immer etwas über uns zu reden, dann sollen sie sich doch ruhig auf den Garten konzentrieren.“

Nifen nickte langsam und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Wenn ihr den Weg zwischen Haus und Philosophentonne und Teich freihalten würdet, dann würden wir den Rest des Gartens nicht anrühren“, schlug sie vor. „Was meint ihr?“

„Das meint ihr ernst?“, quietschte Eichenblatt vor Begeisterung. „Ihr würdet uns hier leben lassen?“

„Klar. Gartenzwerge sind doch auch Menschen“, sagte Chris ganz cool.

„Ganz genau. Aber seid gewarnt: Wo Sorglospunks sind, sind normalerweise Ärger und Überraschungen nicht allzu weit.“ Nifen zwinkerte Eichenblatt fröhlich zu.

„Was sind Sorglospunks?“, fragte dieser verwirrt, denn bei all den wichtigen Dingen war es niemandem aufgefallen, dass sie den Gartenzwergen gar nicht erklärt hatten, dass sie eine Band waren.

„Oh, das ist einfach...“ Easy grinste breit. Jack schnappte sich die Harke, Chris den Rechen. Das waren zwar improvisierte Instrumente, aber das würde schon funktionieren.
 

„Heyho! Willkommen, willkommen!

Neue Freunde wohnen ab jetzt hier!

Heyho! Willkommen, willkommen!
 

Gartenzwerge, hallo da!

Unser Garten ist jetzt euer!

Kiwi frisst euch garantiert auch nicht!

Gartenzwerge, hallo da!
 

Heyho! Willkommen, willkommen!

Neue Freunde wohnen ab jetzt hier!

Heyho! Willkommen, willkommen!
 

Und der Garten, der hat neues Leben,

und der Garten, er behält hohes Gras!

Und wenn die Nachbarn meckern,

na, dann meckern sie halt!

Dafür sind Freunde doch dahaaaaaa!“



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