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Die Magie der Musik 2

Die Fürsorge eines Bruders
von

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Kapitel 33
 

„Meinst du nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist?“, murrte Serdall enerviert und sah an der Leiter hinauf, die er sichernd hielt. Daniel war gerade dabei, den Engel auf die Spitze des völlig überladen wirkenden Weihnachtsbaums zu setzen. Taki warf immer noch Lametta auf die Tannenzweige und irgendwie war das Serdall einfach eine Spur zu stressig. Vor allem weil mehr Lametta auf dem Boden lag, als auf den Zweigen und Taki und Daniel gemeinsam die Weihnachtslieder rauf und runter trällerten, was ihm langsam Kopfschmerzen bereitete.
 

Ethan und Dustin waren währenddessen dabei, jeden einzelnen Mistelzweig, welche nahezu über jedem Türrahmen in der unteren Etage hingen, auszutesten. Der Engländer hatte darauf bestanden diese Tradition hier fortzuführen, wenn man schon alles Andere abgelehnt hatte. Serdall beschloss für sich, konsequent die Türen alleine oder gemeinsam mit Daniel zu passieren. Er wollte keinen der Anderen küssen. Nicht, dass er es dann tun würde, falls er doch einmal mit Dustin oder Ethan unter einem Zweig stand. Er war schließlich kein Engländer und er hatte keine Lust, diesen Brauch mitzumachen. Maximal bei Daniel. Nun auf jeden Fall bei Daniel. Das wäre ein Lichtblick an diesem stressigen Weihnachtstag. Serdall war wirklich froh, wenn sie diesen vierundzwanzigsten Dezember schnell rumgebracht hatten und der Weihnachtstrubel vorbei war.
 

„Ich finde überhaupt nicht, dass das übertrieben ist“, meldete sich Daniel zu Wort, nachdem er konzentriert den Engel auf der Tannenspitze ausgerichtet hatte, damit er auch exakt gerade stand. „Wenn es nach Dustin gegangen wäre, der das Haus so gestalten wollte wie es in den USA üblich ist, hätten wir jetzt leuchtende Rentiere im Garten stehen, zwei Dutzend blinkende Lichterketten auf dem Dach und noch einen sich selbst aufblasenden Schneemann sowie diverse andere Sachen. Da kannst du mit einem gut geschmücktem Weihnachtsbaum und ein paar leuchtenden Büschen im Garten noch glücklich sein.“
 

Daniel kletterte die Leiter herunter und sah Serdall prüfend an. Man merkte, dass das Alles schon wieder zu viel für ihn war und er Weihnachten am liebsten gleich gestrichen hatte. Vor allem, weil sich Daniels Mutter noch für heute angekündigt hatte und das Haus dieses Jahr noch voller war als sonst, jetzt, wo Yoshiko auch noch hier war. Ob sie Heiligabend allerdings hier verbringen würde, wusste Daniel nicht. Sie hatte sich die letzten Wochen, wie er erfahren hatte, mit einem Mitarbeiter der japanischen Botschaft getroffen, den sie kennengelernt hatte, als sie ihn und Serdall gedeckt und den Abend im Hotelrestaurant verbracht hatte, damit sie sich, während Fei noch da war, einmal ungestört hatten treffen können. Vielleicht würde sie auch bei ihm sein. Für Serdall wäre diese Lösung wohl besser. Eine Person weniger. Daniel seufzte und strich seinem Freund einmal aufmunternd über die Wange.
 

„Noch ist das mein Haus“, knurrte Serdall finster. „Und ich glaube die Dekoration ist ausreichend.“ Seufzend umarmte Serdall Daniel kurz und küsste ihn. In der letzten Woche hatten sie sich wieder zusammengerauft und es war auch wirklich alles zwischen ihnen geklärt. Serdall war froh: sie hatten wieder eine feste und zweifelfreie Beziehung. Und das Wichtigste war, Serdall vertraute Daniel wieder und Daniel war scheinbar auch wieder zufrieden, dazu auch frech wie zur Anfangszeit.
 

Taki ging nun dazu über ‚O Tannenbaum‘ zu singen und Serdall seufzte überaus angetan. Was für ein Geplärr, dachte er leidlich und lächelte Daniel schief an. So sehr er seinen Sohn auch liebte, zu Weihnachten war er einfach nicht zu bremsen und leider auch ziemlich anstrengend. Als Taki gerade den Refrain wiederholte, reichte es Serdall. Er schnappte sich seinen Sohn, stemmte ihn sich über den Kopf und wirbelte sich mit ihm herum, sodass Taki nun nicht mehr sang, sondern ausgiebig lachte.
 

Lächelnd sah Daniel den beiden zu. Serdall wusste wirklich, wie er mit seinem Sohn umgehen musste. Langsam wurde Taki allerdings ziemlich groß und würde wohl auch bald zu schwer sein, um ihn wie Serdall im Moment durch die Luft zu wirbeln. Allem Anschein nach würde er das Format seines Vaters auf jeden Fall erreichen. Daniel dachte schon wehmütig an den Tag, an dem Taki wohl auf ihn von oben herab ansehen würde.
 

„Na das kann ja was werden“, grummelte er seufzend vor sich hin und winkte unbedeutend ab, als Serdall, der Taki wieder auf den Boden gesetzt hatte, ihn fragend ansah. „Was ist eigentlich mit Yoshiko? Bleibt sie heute Abend hier oder geht sie zu Robin und feiert dort? Denn ehrlich gesagt frage ich mich, wer heute zum Kochen eingeteilt ist und ob überhaupt schon klar ist, was wir essen oder ob wir uns irgendwas bestellen“, wandte er sich an Serdall.
 

Serdall rollte mit den Augen. Es war gerade noch früh am Morgen, aber trotzdem kamen diese Überlegungen reichlich spät.
 

„Das Mittagessen ist schon bestellt“, murmelte Serdall und strich Taki einmal durch die Haare. „Und Yoshiko geht heut Abend zu ihm, ja.“ Vorher hat sie jedoch noch etwas anders für mich zu erledigen, dachte sich Serdall ernst und blickte kurz zur Uhr. Er hoffte, dass bis heute Abend alles glatt ging und Weihnachten bald vorbei war. Irgendwie war ihm das einfach zu viel Rummel an einem Tag. Früher war es doch auch nicht so stressig gewesen, aber irgendwie wurde die ganze Sache von Jahr zu Jahr chaotischer. Serdall seufzte tief. Das lag wohl auch an dem Zuwachs an Leuten und auch daran, dass Taki Weihnachten abgöttisch liebte, so wie Daniel, Ethan und Dustin wohl auch. Nun gut, Serdall gab zu, er mochte Weihnachten auch. Wenn es dann an den besinnlichen Teil des Tages ging, war das romantische Flair wirklich schön. Aber dazu müsste er mit Daniel allein vor einem Kamin sitzen und ungestört mit ihm kuscheln und küssen. Leidlich sah Serdall dabei zu, wie Taki aufgeschreckt mit den Hunden umher jagte und Dustin dann lachend Taki verfolgte, um ihn dann auszukitzeln. Ethan fiel ihm jedoch in den Rücken und alsbald wurde Dustin von Taki und dem Rothaarigen attackiert und zum Lachen und Weinen gebracht. Serdall schmunzelte leicht, während er einen Arm um Daniels Hüfte schlang.
 

„Ob wir die Drei nochmal groß kriegen?“, fragte er leise lachend.
 

„Nun, ich finde sie haben sich schon gebessert“, erwiderte Daniel amüsiert. „Naja, zumindest bei Taki kann man praktisch zusehen, wie er wächst und Ethan und Dustin entwickeln sich charakterlich weiter. Von daher würde ich schon sagen, dass wir unsere Sachen ganz gut machen“, fügte er noch nachdenklich an. Sie waren tatsächlich alle ziemlich zusammengewachsen, Dustin war nicht mehr der skrupellose Aufreißer, Ethan hatte einiges an Selbstbewusstsein zugelegt und Serdall war nicht mehr der kühle Eisblock. Meistens.
 

„Anscheinend“, stimmte Serdall zu und sah der raufenden Bande zu. Mücke und Kimba sprangen bellend um die Drei herum und schoben ihre Schnauzen auch ab und zu vor, um ein wenig mit ihren Zungen herum zu schlabbern. Angeekelt zog Serdall leicht die Nase kraus. Das Gesabber war immer noch viel zu widerlich in seinen Augen, auch wenn ihm die beiden Hündinnen auch ziemlich ans Herz gewachsen waren. Seufzend löste sich Serdall von Daniel, um sich auf das Sofa zu setzen und den Fernseher anzustellen. Vielleicht kam für Taki ein schönes Märchen, was ihn in den nächsten Stunden etwas ruhig stellte.
 

Daniel entschloss sich den Trubel währenddessen etwas aufzulösen und hob Taki ächzend von Dustin herunter. Ethan hörte auf Dustin zu kitzeln und die beiden gingen stufenlos in eine heftige Knutscherei über. Das war auch etwas, worin sich Serdall weiterentwickelt hatte. Normalerweise hätte er Dustin fluchend und um sich tretend aus dem Wohnzimmer befördert, weil Taki sowas nicht sehen sollte, aber jetzt war er in der Hinsicht recht lässig geworfen.
 

„Möchtest du was trinken?“, fragte Daniel Serdall und setzte Taki neben ihn auf die Couch, wo der Kleine schon im nächsten Moment gebannt auf den Fernseher starrte. Kinder. Wenn man wusste, wie man sie ruhig bekam, waren sie sehr einfach zu handhaben.
 

„Ja, ein Wasser“, meinte Serdall lächelnd und strich Taki über den Kopf. Es war schon verrückt, wie so ein Wintermärchen den Kleinen fesseln konnte. Serdall sah dabei zu wie Daniel sich an Dustin und Ethan vorbeischob, die sich gerade noch etwas kurzatmig, aber nicht mehr küssend, umarmten.
 

„Ich muss Abigail noch anrufen“, meinte Ethan plötzlich, löste sich entschuldigend lächelnd von Dustin und schnappte sich das schnurlose Telefon, um seine Schwester anzurufen. Schmollend blieb Dustin im Türrahmen stehen und sah zu seinem, ihm einen Handkuss zuwerfenden Freund. Beleidigt streckte er ihm die Zunge raus und begann plötzlich überbreit zu grinsen, als Daniel wieder aus der Küche zurückkam. Er hielt ihn am Arm fest, als er ihn einfach passieren wollte. Unverschämt lächelnd deutete Dustin nach oben auf den Mistelzweig.
 

„Du weißt doch, was das heißt?“, fragte er Daniel amüsiert und spitzte die Lippen.
 

„Ähm“, meinte Daniel unbeholfen und sah leicht panisch zu Serdall hinüber. Er persönlich hätte keine großen Probleme damit, Dustin zu küssen, da sie beide in einer festen Beziehung waren und alle wussten, dass es hier nur um freundschaftlichen Spaß und nicht mehr ging. Allerdings konnte Daniel sich auch vorstellen, dass Serdall nicht gerade sehr angetan war, wenn er Dustin küssen würde. Auch nicht freundschaftlich. Fragend sah Daniel deswegen zu seinem Freund hinüber und hielt Dustin noch kurz auf Abstand.
 

Erst bekam Serdall das Ganze nicht richtig mit, doch als er dann zu Daniel sah, zog er überrascht die Augenbrauen nach oben. Ihm war unwohl bei dem Gedanken, dass Daniel Dustin küsste, doch… Seufzend nickte Serdall. Dustin war mit Ethan zusammen und zwar glücklich, mehr als das. Er war ihm absolut treu und eigentlich brauchte sich Serdall da keine Sorgen machen. Nur war es eben noch die alte Angst und jetzt, wo Daniels und Dustins Lippen sich kurz berührten, verzog er dennoch leidlich das Gesicht. Kurz schüttelte er den Kopf und vertrieb diese Miene. Das bedeutete nichts. Daniel liebte ihn und das war absolut sicher. Trotzdem würde er Dustin noch eine Kopfnuss dafür geben.
 

Um Serdall zu beruhigen wischte Daniel sich einmal kurz mit dem Ärmel über den Mund, worauf von Dustin ein verletztes Schnauben kam. Augenrollend ging Daniel zur Couch zurück. Man konnte es in diesem Haus auch nie allen recht machen. Er reichte Serdall sein Wasser und nippte selbst kurz an seinem Kakao, während er sich die dicke Wolldecke über die Beine legte.
 

„Ist dir schon wieder kalt?“, fragte Serdall verwundert und sah bezeichnend auf die Decke. Aber was fragte er überhaupt? Daniel war schon immer eine Frostbeule gewesen, egal wie warm geheizt war. Kurzerhand legte Serdall einen Arm um Daniels Schulter und küsste seinen Mund nachdrücklich, als ob er so Dustins Spuren verwischen könnte. Er vertiefte den Kuss in ein inniges Zungenspiel, ehe er schweratmend wieder von Daniel abließ und scheinbar unschuldig und völlig fasziniert von dem Märchen sein Gesicht abwandte.
 

Mit großen Augen sah Daniel Serdall an. Warum ließ er ihn einfach so links liegen? Eben noch im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und jetzt nicht mehr interessant? Grummelnd zog Daniel die Decke noch ein Stück höher und ließ sich dann an der Lehne hinab gleiten, sodass er irgendwann mit dem Kopf auf Serdalls Schoß zum Liegen kam. Er holte sich seine körperliche Nähe schon allein. Unschuldig rutschte er an Serdalls Oberschenkeln hoch, bis er mit dem Hinterkopf am Bauch ankam und schob eine Hand zwischen Serdalls Beine. So, und wenn er ihn jetzt noch ignorieren konnte, musste er wirklich eine sehr starke Selbstbeherrschung haben.
 

Serdall zog nur eine Augenbraue nach oben, sah jedoch nicht vom Film weg. Stattdessen legte er seine Hand in Daniels Nacken und streichelte ihn liebevoll. Ihm ging sein Geschenk für Daniel nicht aus dem Kopf. Gerade fragte er sich, ob es das richtige war, was er für Daniel besorgt hatte, ob es seinem Freund auch gefallen würde. Etwas abwesend legte er den Kopf schief und dachte nach, wobei seine Finger besonders an Daniels Kehlkopf entlang strichen. Die Gedanken von sich schiebend wandte sich Serdall wieder Daniel zu, als dessen Hand deutlich an seinem Innenschenkel auf und ab wanderte. Daniel war wohl wirklich von dem ganzen Weihnachtskitsch angetan. Besonders mit dem ‚Fest der Liebe‘ Teil. Lächelnd ließ Serdall seine Hand von Daniels Schulter hinab zu dessen Taille wandern und kraulte ihn sanft am Bauch, wobei er sich sogleich unter den Pullover stahl und die warme Haut koste.
 

Genießend schloss Daniel die Augen und konzentrierte sich ganz auf Serdalls Berührungen, wobei er die Bewegung seiner Hand irgendwann vollkommen vernachlässigte. Sie hatten vorhin vor dem Aufstehen schon miteinander geschlafen, von daher war Daniel in der Richtung erst einmal ausgelastet und das Streicheln gerade einfach nur entspannend. Kurz gähnte er leise. Ja, geschlafen hatten sie miteinander und das nicht nur heute Vormittag, sondern eigentlich so ziemlich bei jeder Gelegenheit die letzten Tage. Jetzt hatten sie garantiert langsam alles Verpasste nachgeholt. Das Einzige, was jetzt noch nachgeholt werden musste, war der Schlaf. Daniel bemerkte, wie er langsam wegdriftete.
 

Zufrieden sah Serdall auf Daniel hinab. Sein Freund war tatsächlich eingeschlafen, trotz der Laustärke im Raum. Serdall ließ ihn. Sie hatten eine anstrengende Woche hinter sich. Nun grinste Serdall in sich hinein und kraulte Daniel nebenbei weiter. Er ließ Daniel eine Stunde schlafen, da klingelte es auch an der Tür und das Mittagessen wurde von einer angesehenen Restaurantküche angeliefert. Während Dustin die Tür aufmachte, weckte Serdall Daniel sanft, indem er ihn leicht an der Schulter rüttelte und seinen Namen rief. Ihm wurde augenblicklich warm im Gesicht, als Daniel so verschlafen und zerknittert zu ihm sah und sich mit einer Hand über die Augen rieb.
 

„Hey Prinzesschen, es gibt Essen“, flüsterte Serdall und küsste Daniel auf die Lippen. Daniel streckte sich kurz und setzte sich dann ziemlich erschöpft auf. Er fühlte sich absolut erschlagen. Gähnend kam er auf die Beine.
 

„Ich geh erst mal kurz ins Bad“, verkündete er und spritzte sich dort etwas kaltes Wasser ins Gesicht, bevor er zurück ins Wohnzimmer kam, wo am festlich gedeckten Esstisch schon das Essen aufgebaut war.
 

Serdall strich ihm kurz über den Oberschenkel, als Daniel sich neben ihn setzte. Amüsiert sahen sie dabei zu, wie Dustin das tranchieren der großen Ente übernahm, wobei er sich wirklich Mühe gab, nicht alle Stücke schrecklich zu zerpflücken. Den Wein genießend ließ sich Serdall von Daniel auftun und sie aßen allesamt erzählend und in Eintracht. Gemeinsam wurde auch abgeräumt, wobei Serdall auch reichlich half, was bei dem alten Serdall undenkbar gewesen wäre. Dabei geschah es leider auch, dass er kurz im Türrahmen mit Ethan zusammenstieß. Schlagartig wurde der Engländer knallrot und Serdall sah geschockt auf den Mistelzweig. Auf keinen Fall, dachte er.
 

„Vergiss es“, zischte Serdall auch im gleichen Moment, was Ethan zusammenzucken ließ.
 

„Komm runter und reiß dich zusammen“, zischte Daniel leicht ungehalten. Er hasste es, wenn Serdall in dieses alte Muster zurückfiel und andere Menschen in seinem Umfeld derart behandelte. „Es ist nur ein kurzer kleiner Kuss, es ist Tradition und ich habe nichts dagegen, also erledige deine Pflicht und sieh zu, dass du die Türen nur noch mit mir durchquerst, wenn dir das so unangenehm ist. Du hast dir das selbst eingebrockt.“ Ungerührt ging Daniel mit den letzten Schüsseln an den beiden vorbei in die Küche.
 

Finster sah Serdall Daniel kurz hinterher. Er hasste diese Tradition und auch, dass Daniel jetzt scheinbar sauer auf ihn war. Wieder sah Serdall zu Ethan, der still neben ihm stand und auf seine Fußspitzen starrte. Wenn Daniel es unbedingt wollte, würde er Dustins Freund eben küssen. Zischend fasste Serdall Ethan leicht am Kinn und zwang ihn aufzusehen und in seine Augen zu blicken. Serdall war sich bewusst, dass Daniel und Dustin sich nun eins ins Fäustchen lachten, doch er küsste Ethan trotzdem leicht auf einen Mundwinkel, ehe er wieder von ihm abließ und sofort ins Wohnzimmer ging, um sich beleidigt auf das Sofa zu setzen. Ethan war indes rot bis unter die Haarspitzen, als Dustin grinsend einen Arm um ihn legte. Das war für Ethan wohl der schrecklichste Moment im Leben gewesen, besonders weil er immer noch Angst vor Serdall und seiner Art hatte. Sogleich schlang Ethan die Arme um ihn und vergrub sein rotes Gesicht an seiner Halsbeuge.
 

„Was denn, so ein Kuss wirbelt dich so auf?“, fragte Dustin nun neckisch, was Ethan sofort dazu veranlasste, die Arme enger um seinen Nacken zu schlingen und ihn forsch zu küssen. In den Kuss grinsend schlang Dustin die Arme um seinen Engländer. Ethan war wohl eher der Kuss peinlich, weil er Serdall gegenüber eben einfach nicht wusste wie er sich zu verhalten hatte, auch nach all der Zeit nicht.
 

Seufzend stellte Daniel die Schüsseln erst einmal einfach nur auf der Spüle ab und ging dann gleich wieder an dem knutschenden Pärchen vorbei zurück ins Wohnzimmer. Er würde wohl gleich nochmal mit Serdall reden müssen, damit der Haussegen nicht schon wieder schief hing. Für Daniel war die Aktion eben nicht schlimm gewesen. Eher fand er es gut, um Serdall generell mal etwas lockerer solchen Sachen gegenüber zu machen, aber der schien sich von allen hintergangen zu fühlen und war mürrisch, weil er etwas machen musste, wozu er eigentlich keine Lust gehabt hatte.
 

„Sauer?“, wollte er leise wissen, als er sich neben Serdall auf die Couch fallen ließ.
 

Serdall nickte nur. Er fand es eben bescheuert, wenn er bei diesen Kindereien mitmachen musste, gerade wenn es um solche intimen Dinge ging. Dann war er eben ein Miesepeter oder was auch immer. Es gefiel ihm eben nicht, auch wenn es anderen vielleicht Spaß machte und sie es ulkig fanden. Er verband mit einem Kuss eben andere Dinge als das, was mit diesen Mistelzweigen verbunden wurde.
 

„Scheiß Tradition“, knurrte er fast unhörbar und verschränkte die Arme. Daniel seufzte leise und umarmte seinen Freund anschließend.
 

„Es ist einmal im Jahr, es macht allen anderen Spaß und Freude, also wäre es schön, wenn du dich da freiwillig durchbeißen würdest. Wenn du möchtest bezahle ich dich auch für die großen Opfer, die du für uns bringen musst.“ Grinsend fing Daniel Serdalls Lippen zu einem sanften Kuss ein. Serdall löste sich sogleich und drehte Daniel seine Wange zu.
 

„Mir macht es aber keinen Spaß und es ist das letzte Mal, dass ich hier irgendwen außer dich geküsst habe“, knurrte er und behielt seine Arme immer noch überkreuz vor seiner Brust, obwohl Daniel ihn umarmte. „Meinst du nicht auch, dass deine Bezahlung für so etwas irrsinnig ist?“, zischte er danach noch. Das war doch paradox. Daniel wollte ihn dafür belohnen, dass er wild in der Gegend rum küsste.
 

„Man kann alles aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten“, erwiderte Daniel selbst langsam etwas gereizt, da Serdall mal wieder so extrem stur war, doch er versuchte noch so gut es ging die Ruhe zu bewahren. „Ich hätte dich jetzt aus dem Grund bezahlst, da du dich überwindest, um allen anderen ein schönes und einmaliges Weihnachten zu machen, aber du sitzt mal wieder lieber in der Ecke und schmollst. Das ist genau der Serdall von vor zwei Jahren. Klasse.“
 

„Seltsam, dass ein schönes und einmaliges Weihnachten an Rumgeknutsche unter beschissenen Mistelzweigen liegt“, zischte Serdall nun richtig wütend. „Und zu schade, dass Serdall eben nicht aus seiner Haut kann“, fauchte er noch, ehe er knurrend aufstand, um nach oben zu gehen. Der Stress der letzten beiden Monate, der ganze Weihnachtsrummel, mochte ihn vielleicht etwas empfindlich reagieren lassen, aber Serdall war das gerade einfach egal. Zornig trat er in ihrem Schlafzimmer gegen den Bettrahmen und biss sich auf die Unterlippe. Er hasste es mit Daniel zu streiten, doch er tat es immer wieder und scheinbar aus Daniels Sicht aus banalen Gründen.
 

Daniel hatte den Kopf in den Händen vergraben und saß noch immer auf der Couch. Es war einfach verrückt, wegen welchen Sachen er sich mit Serdall in die Wolle bekam und jetzt hatte er gerade keine Ahnung, ob er ihm hinterher gehen oder hierbleiben sollte. Wenn er nach oben ging, würde der Streit dann eskalieren? Es schien mal wieder jeder seine Meinung zu haben. Allerdings, wenn er nicht zu Serdall gehen würde, würde der dann noch wütender werden, weil keiner da war, um ihn zu beschwichtigen? Schnaubend schmiss Daniel seinen Kopf nach hinten ans Polster.
 

Serdall ging mit grimmigem Gesicht ins angrenzende Badezimmer. Er wusste nicht woher das Gefühl kam, doch noch immer fühlte er sich so, als ob er richtig wütend war, was er aber nicht wollte. Gut, Daniels Worte hatten ihn ziemlich vor den Kopf gestoßen. Wieso lag es an ihm, dass Weihnachten schön wurde? Wieso musste er dafür irgendjemanden außer Daniel küssen? Und überhaupt wusste doch Daniel wohl am besten, dass ihm diese ganze soziale Sache schwer fiel, dass er eben nicht einfach mal irgendjemand küssen konnte. Er konnte und wollte es nicht. Frustriert wischte sich Serdall einmal übers Gesicht. Er musste sich einkriegen, sonst provozierte er hier noch einen unsinnigen Streit. Bitter blickend ging Serdall zur Dusche, nahm sich den Duschkopf und drehte das kalte Wasser an. Er beugte sich vor und ließ es über seinen Kopf laufen, um diese verdammten Gedanken auszumerzen und sein Gemüt abzukühlen.
 

Daniel kam zur Tür rein und umarmte ihn leise seufzend von hinten. Ethan und Dustin hatten sich nach oben verzogen und wollten es wohl vermeiden, in diese Meinungsverschiedenheit mit hineingezogen zu werden und Taki hatte Daniel mit den Hunden nach draußen in den Garten zum Spielen geschickt, während er noch einmal zu Serdall ging. Er hatte für sich beschlossen, dass es nur besser werden konnte und er auch nicht mit Serdall über das Thema reden musste. Er konnte ihn zu nichts zwingen. Wenn er nicht wollte, wollte er nicht und das, was Daniel jetzt tun konnte, war zu helfen, Serdall wieder von seiner Wut herunterzubekommen.
 

Serdall stellte das rauschende Wasser ab und verharrte kurz so, mit Daniel an seinem Rücken geschmiegt, dessen Wärme im krassen Gegensatz zur beißenden Kälte stand, die sich stechend in die Haut an seinem Kopf fraß.
 

„Es tut mir leid“, flüsterte er leise und seufzte. „Ich bin wohl wieder empfindlich gewesen.“ Das Wasser hatte ihm gut getan. Er fühlte sich nicht mehr so, dass er gleich vor Wut platzen musste. Es blieb jedoch das unangenehme Gefühl, dass er Daniel damit wehgetan hatte, nur weil er selbst so ein Ekel war. Serdall richtete sich auf, schluckte kurz, ehe er sich ein Handtuch griff und es sich über seine triefnassen Haare warf, sich kommentarlos abtrocknete.
 

„Ich denke es steht mal wieder unentschieden in Punkto Dickköpfigkeit“, erwiderte Daniel schulterzuckend und setzte sich auf den Toilettendeckel. „Ich hätte dich nicht halb zu etwas zwingen sollen, was du nicht möchtest und du solltest einfach mal versuchen etwas lockerer zu werden. Von daher vergessen wir das Thema am besten einfach. Es ist Weihnachten. Das Letzte, was ich zu so einem Zeitpunkt möchte, ist mich mit dir streiten.“ Sich immer noch etwas mulmig fühlend sah Daniel Serdall zu, wie er das Handtuch wieder an seinen angestammten Platz hing.
 

Serdall nickte. Auch wenn ihm diese Pattsituation nicht gefiel, musste er diesen Kompromiss eben eingehen, dass sie es einfach vergaßen und sich nicht unnötig darüber aufregten. Bei Serdall ging es eben nicht einfach mit ein bisschen locker werden, wie Daniel sich das vielleicht vorstellte. Nun, vielleicht Schritt für Schritt war er in den letzten Monaten offener geworden, aber in solchen Situationen und auch gegenüber Fremden war es eben nicht besser als damals. Küsse waren für ihn zu intim und irgendwie auch zu schade, um sie für einen Spaß zu vergeuden, wenn er in der Zeit auch Daniel nahe sein und ihn spüren könnte.
 

Seufzend ging Serdall auf Daniel zu, beugte sich zu ihm und schlang die Arme um die schmaleren Schultern. Daniel erwiderte die Umarmung. Er war froh, dass jetzt zumindest der Frieden erst einmal wieder hergestellt war. Alles Weitere würde irgendwann ohnehin noch mal wieder aufkommen. Zu dem Zeitpunkt war es immer noch früh genug, alles im Detail zu besprechen.
 

„Gehen wir wieder runter? Taki ist momentan allein mit den Hunden im Garten. Vielleicht könnten wir mit ihm einen Schneemann bauen oder so. Wenn wir schon weiße Weihnachten haben, sollten wir das auch nutzen.“
 

„Ich föhn nur kurz noch meine Haare“, murmelte Serdall halblaut und stimmte Daniels Vorschlag zu, nur wollte er nicht mit der nasskalten Haut nach draußen. Es war schon eine dumme Idee sich im Winter den Kopf kalt abzuduschen. Hoffentlich wurde er nicht krank, das würde ihm noch am meisten fehlen.
 

Gerade als Serdall fertig geworden war und sie in den Flur gingen, um nach unten zu wechseln, fiel Serdall Daniels etwas unglücklicher Blick auf und ihm wurde bewusst, dass dieser kleine Streit ihm wohl Angst gemacht hatte, dass es vielleicht wieder eskalieren würde, wie zuletzt.
 

„Daniel“, hielt Serdall seinen Freund im nächsten Moment zurück und lehnte ihn gegen die Wand, um Daniel tief zu küssen. So wollte er verdeutlichen, dass dieses Thema abgehakt war, dass sie eben eine kleine Meinungsverschiedenheit in dieser Hinsicht hatten.
 

Dankbar erwiderte Daniel den Kuss. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Serdall immer noch mitten im Streit hängen geblieben und seine Stimmung immer noch gedrückt war, doch diese Handlung zeigte ihm deutlich, dass er falsch vermutet hatte. Ein paar Minuten standen sie einfach küssend im Flur, bevor Daniel sich ein Herz fasste und sich von Serdall löste. Er wollte Taki nicht so lange allein lassen, damit dem Kleinen nicht langweilig wurde. Taki hatte zwar Kimba und Mücke an seiner Seite, aber mit denen konnte er keinen Schneemann bauen, Schneeballschlachten oder andere Dinge veranstalten.
 

„Lass uns gehen“, forderte er Serdall lächelnd auf und zog ihn an der Hand hinter sich her.
 

Serdall folgte ihm. Im Flur zogen sie Jacke und Handschuhe an, ehe sie nach draußen gingen, wo Taki schon dabei war eine Schneekugel zu rollen. Doch sie war schon halb so groß wie der Kleine selbst und Serdall half ihm, sie größer werden zu lassen. Zufrieden ließen sie die erste Kugel dann inmitten des Gartens stehen, als sie groß genug war und wollten sich gerade der nächsten zuwenden, als ein Schneeball Serdall an der Schulter traf. Erschrocken wandte sich um und seine Augen wurden schmal, als er Dustin und Ethan entdeckte, die schon die nächsten Bälle formten und dann eine kleine Schlacht anzettelten, die unfairer nicht ablaufen konnte. Es war wohl eher ein jeder gegen jeden als ein zweiparteiischer Kampf und Serdall stellte zu seinem Unmut fest, dass er ein sehr beliebtes Ziel diverser Schneekugeln war.
 

Daniel hatte dann irgendwann ein Einsehen, nachdem er selbst einige Schneebälle auf Serdall abgefeuert hatte und eilte ihm zu Hilfe. Schützend stellte er sich vor seinen Freund und nahm dann das Feuer auf Dustin und Ethan auf, die mittlerweile auch noch Unterstützung von Taki bekommen hatten. Verzweifelt versuchte Daniel der geballten Front standzuhalten, doch mit Ethan im Hintergrund, der die Bälle formte und an Taki und Dustin weiterreichte, die sie dann gnadenlos in seine Richtung warfen, war Daniel schon sehr bald total überfordert.
 

„Hilfe!“, rief er Serdall zu, der sich dezent etwas weiter weg verzogen hatte und puhlte sich den Schnee aus seinem rechten Ohr, der von einem Schneeball herrührte, der ihn mitten im Gesicht getroffen hatte.
 

Serdall rollte mit den Augen. Eigentlich hatte er vorgehabt jetzt wieder reinzugehen, doch stattdessen schlug er seinen Mantelkragen hoch, öffnete die Knöpfe und lief auf Daniel zu, um ihn in seine Arme zu ziehen, die Mantelseiten um ihn zu schlingen und sich schützend vor ihn zu stellen. Schließlich hatte sein Freund sich auf seine Seite gestellt.
 

„Denen wird die Lust schon vergehen“, meinte Serdall grinsend und wurde sich dieser engen, warmen Nähe bewusst, da Daniel nun auch seine Arme um seinen Rücken schlang. „Du hast mich gut verteidigt“, lachte er leise, ehe er Daniels Mund mit seinem verschloss. Und tatsächlich stöhnte Dustin im nächsten Moment genervt, was sich wie ‚Spielverderber‘ anhörte.
 

„Lasst uns den Schneemann weiterbauen“, meinte Ethan und Taki hüpfte los und begann die nächste Kugel zu formen, mit tatkräftiger Unterstützung der anderen. Zufrieden sahen allesamt zum Schluss auf den mannshohen, waschechten Schneemann.
 

„Ich taufe dich Herbert!“, rief Taki glucksend und rotwangig von der Kälte, wobei er mit der Hand gegen Herberts Bauch schlug. Daniel zog eine Augenbraue hoch.
 

„Herbert“, murmelte er leise und ungläubig und schnaubte leise. „So würde vielleicht meine Großmutter ihren Hund nennen, wenn sie einen hätte, aber doch nicht ein Neunjähriger seinen Schneemann.“
 

Allerdings schien keiner Daniels genuschelten Einwurf gehört zu haben, da Dustin und Ethan dazu übergegangen waren, mit Taki Schneeengel in die unberührte Fläche unter dem Obstbäumen zu machen.
 

Serdall verzog sich indes wieder in die warme Stube und brachte seinen Mantel zurück in den Flur. Er hatte genug von der Kälte und seinen Fingern tat das Ganze auch nicht wirklich gut. Seufzend ging Serdall zum Barschrank. Ein kleiner Scotch wäre zum Aufwärmen vielleicht gar nicht schlecht und würde ihn ein wenig beruhigen. Zumal Daniels Verwandtschaft auch noch zum Kaffee kam und Serdall langsam aber sicher keine Lust mehr auf Weihnachten hatte. Angst und bange wurde ihm sowieso, wenn er an die Bescherung dachte.
 

„Hoffentlich gefällt es ihm“, murmelte er leise und goss sich ein Glas mit Scotch voll, um es gleich an die Lippen zu setzen.
 

Daniel kam ein paar Minuten später rein, über und über mit Schnee bedeckt. Grummelnd schüttelte er seine durchweichten Klamotten so gut es ging über der Terrassentür aus und stapfte dann nur noch in Shorts vor den Kamin. Leicht zitternd rieb er sich seine klammen Hände und sah zu Serdall. In sich hinein grinsend stellte Daniel für sich fest, dass zumindest ein Teil seiner Geschenke Serdall gefallen würde.
 

„Ist etwas?“, fragte Serdall verwirrt bei Daniels Blick und ging mit seinem halbvollen Glas zu Daniel, um sich hinter ihm niederzulassen und ihn in seine Arme zu schließen. So konnte Daniel seinen Rücken an Serdalls Rücken lehnen. „Deine Mutter kommt gleich. Es wäre vielleicht besser, du ziehst dir frische Sachen an“, murmelte er und nahm Daniels kalte Finger in seine, um sie zu wärmen.
 

„Nö, es ist nichts. Und ich gehe gleich hoch, nachdem ich mich kurz aufgewärmt habe. Hier ist es wenigstens warm“, erwiderte Daniel und hob seinen linken Fuß an, um ihn noch etwas näher an den Kamin zu halten. „Ich hasse Dustin und seine dumme Definition von Spaß und Vergnügen“, grummelte er und seufzte frustriert auf, als es an der Tür klingelte. „Das wird dann wohl auch schon meine Mutter sein“, meinte Daniel mit einem schnellen Blick zur Uhr. „Warum sie immer über zehn Minuten früher kommt, ist mir selbst heute noch schleierhaft.“ Er löste sich von Serdall und ging in den Flur, um seiner Mutter samt Anhang die Tür aufzumachen. Ein schneller Blick durch den Türspion und Daniel sah sich in seiner Vermutung bestätigt. „Hey ihr“, grüßte er und umarmte seine Mutter herzlich, ehe er George einen kräftigen Handschlag gab und auch Charline kurz in die Arme schloss. Alle Drei sahen ihn auf Grund seiner geringen Bekleidung etwas verwirrt an. „Geht schon mal ins Wohnzimmer, ich komme auch gleich. Bin nur draußen im Garten etwas nass geworden und brauche neue Klamotten.“ Er schob sie, nachdem alle ihre Jacken und Schuhe abgelegt hatten, durch den Flur und düste dann schnell nach oben.
 

Serdall begrüßte indes auch Daniels Familie. Er sah Daniels Mutter an, dass irgendetwas gerade nicht stimmte. So wie sie ihn ansah, schien sie gleich schrecklich schimpfen zu wollen und Serdall ahnte warum. Wenn man sich den Ring an seiner Rechten ansah, war das Frau Erhard sicher schon aufgefallen. Das gibt Ärger, dachte sich Serdall schwer und Frau Erhard sah noch böser drein als sie sah, wie Serdall zum Scotchglas griff. Gerade wollte sie ansetzen etwas zu sagen, als Taki hereingestürmt kam und sie überschwänglich begrüßte. Hilflos sah Serdall zu Daniel, der endlich zurück war und wartete sehnsüchtig darauf, dass Daniel sich zu ihm setzte. Seine Mutter war gerade wirklich zu viel für ihn.
 

Etwas stutzig setzte Daniel sich neben Serdall auf die Couch und sah in die Runde. Er fragte sich, was vorgefallen war, dass sich so viele Emotionen in einer kleinen Gesellschaft widerspiegeln konnten. Serdall sah ziemlich unglücklich drein, seine Mutter wütend, Charline neugierig, George schien ziemlich neutral zu sein und Taki hüpfte immer noch glücklich und aufgekratzt durch die Menge.
 

„Was ist denn los?“, raunte Daniel Serdall leise zu. Serdall griff nach Daniels rechter Hand und berührte unauffällig den Ring.
 

„Die Ringe“, murmelte Serdall Daniel unhörbar für die anderen zu und stellte sich Daniels Mutter mit einem schmalen Lächeln, weil sie argwöhnisch von ihr beobachtet wurden.
 

„Jetzt wo ihr beide da seid“, fing sie plötzlich energisch an, als Taki wieder nach draußen zu Ethan und Dustin gelaufen war, „könntet ihr mir ja mal erklären, warum ihr Eheringe tragt. Ich wurde zu eurer Hochzeit jedenfalls nicht eingeladen.“
 

Daniel stöhnte auf. Darauf wollte seine Mutter hinaus. Gut, für Außenstehende musste es tatsächlich etwas seltsam wirken, dass sie dieselben Ringe an der rechten Hand trugen.
 

„Das sind keine Eheringe, Mom“, versuchte Daniel sie zu beschwichtigen und verkreuzte seine und Serdalls Finger miteinander. „Das sind nur – keine Ahnung, wie ich das nennen soll – Sympathieringe oder so. Wir haben nicht geheiratet, sondern die Ringe sind einfach, kitschig gesagt, ein Symbol unserer Liebe.“ Etwas peinlich berührt zuckte Daniel mit den Schultern. Irgendwie hörte sich diese Erklärung ziemlich dumm an.
 

Serdall senkte augenblicklich unter Frau Erhards stechendem Blick betreten den Kopf. So wie Daniel es erklärte, hörte es sich an wie ein dummer Jungenstreich, den sie da gemacht hatten. Serdall wusste auch nicht was er sagen sollte. Es war eben schwer zu erklären und Daniels Mutter schien mit Daniels Erklärung nicht sehr einverstanden.
 

„Dann hättet ihr sie auch links tragen können“, meinte sie ernst und verschränkte die Arme. „Normal ist es jedenfalls nicht, wenn ihr sie beide einfach rechts tragt, das wisst ihr doch“, belehrte sie Daniel und Serdall. Serdall biss sich auf die Lippe.
 

„Es wäre aber nicht das Gleiche“, zischte er eine Spur zu bissig und sah ihr finster ins Gesicht. Was bildete sie sich überhaupt ein? Serdall war wütend, gerade weil sie das in Frage stellte, was ihm im Moment am wichtigsten war. Und Charline sowie diesem George schien diese offene Unterredung auch etwas peinlich zu sein. „Auch wenn Daniel es herunterspielt, dass es nur etwas mit Sympathie zu bedeuten hätte, sehe ich das ganz anders“, knurrte er. „Diese beiden Ringe sind für mich gleichwertig mit Eheringen. Das ich mit Daniel zusammenbleibe, in guten und in schlechten Zeiten, dass ich mich nicht mehr von ihm trenne. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich ihn wirklich heiraten würde? Gut, dann fahren wir gleich nach den Feiertagen zum Standesamt.“ Wütend stand Serdall auf und ging aus dem Wohnzimmer, um sich in der Küche ein Glas Wasser zu füllen. Wieso mischte sich Daniels Mutter überhaupt ein?
 

Während Serdall sich in der Küche versuchte abzureagieren, sah Frau Erhard erstaunt zu ihrem Sohn. Sie hätte nicht gedacht, dass Serdall so empfindlich darauf reagieren würde. Sie wurde leicht rot.
 

„Entschuldige, ich hab nicht gewusst, dass es euch so wichtig ist“, meinte sie halblaut.
 

„Schon in Ordnung“, seufzte Daniel und fuhr sich fahrig mit der Hand durch die Haare. „Du hast nur irgendwie einen wunden Punkt getroffen. Unsere Beziehung ist nicht so öffentlich wie vielleicht andere. Das liegt einmal daran, dass es eben eine gleichgeschlechtliche Beziehung ist und in den Augen einiger Leute somit nicht normal und andererseits an Serdall, der ohnehin eher der Typ ist, der sein Leben für sich oder eher im kleinen Kreis lebt. Deswegen auch keine Hochzeit. Das wäre einfach vollkommen nicht seinem Charakter entsprechend und deine geradlinige Angangsweise hat ihn auch gereizt, wie man gesehen hat.“ Daniel rieb sich kurz über die Nasenwurzel und stand dann auf. Das war gleich mal wieder ein super Start in ein beschauliches Weihnachten gewesen. „Ich gehe mal kurz zu ihm und kläre das“, verkündete er und ging dann zu Serdall in die Küche.
 

„Ihre direkte Art und die Frage an sich tun ihr leid“, meinte Daniel leise, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
 

Fertig mit den Nerven ging Serdall auf Daniel zu und umarmte ihn fest, vergrub seine Stirn in Daniels Halsbeuge. Das ganze würde zur Bescherung noch eine Spur schlimmer werden, das wusste er. Doch er würde die Zähne zusammenbeißen.
 

„Schon gut, sie hat ja irgendwie Recht. Wir sind in der Hinsicht eigensinnig“, flüsterte er halblaut. „Mir wird das nur langsam zu viel“, gab er zu und schloss die Augen.
 

Seufzend schlang Daniel seine Arme ebenfalls um Serdall und lehnte den Kopf gegen dessen Schulter. Irgendwie kam es ihm fast so vor, dass sie immer, wenn Besuch kam, hier zu zweit in der Küche landeten.
 

„Du kannst auch einfach eine Zeit lang nach oben gehen. Meinetwegen musst du dich nicht durch den Tag quälen. Solange du hier bist wenn es Geschenke gibt, reicht mir das. Taki ist auch draußen und die anderen Weihnachtstage haben wir dann ganz für uns.“
 

„Nein“, entschied Serdall und sah Daniel schief lächelnd in die Augen. „Ich überleb das schon. Nur würde ich gern noch ein bisschen Geige spielen. Leise im Hintergrund sollte euch das nicht stören beim Erzählen. Aber wenn ich heut nicht mindestens eine Stunde spiele, werde ich wirklich wahnsinnig“, murmelte er an Daniels Lippen, bevor er sie mit seinen verschloss und ihn innig küsste. Er wollte Daniel auch nicht mit seiner Familie alleine lassen, schließlich war Weihnachten und Daniel wollte sicherlich auch mit ihm zusammen sein. Serdall zumindest wollte bei ihm bleiben.
 

Zufrieden aufstöhnend erwiderte Daniel den Kuss und löste sich nach kurzer Zeit wieder von Serdall. Er freute sich darüber, dass sein Freund sich durch den Tag durchbeißen wollte und nicht einfach hochging. Die Geige war zu verkraften.
 

„Dann spiel aber nachdem wir Kaffee getrunken haben. Der Tisch ist ja schon gedeckt, fehlen nur noch Kaffee und Kuchen und die Rasselbande von draußen.“
 

Nickend schob Serdall Daniel noch einmal kurz gegen die Tür, um ihn forsch zu küssen, sich etwas zu beruhigen für die nächste Zeit. Keuchend löste sich Serdall und lächelte Daniel nun zufrieden an. Er half dann dabei, den Kuchen ins Wohnzimmer zu bringen. Bis der Kaffe durchgezogen war blieben sie noch in der Küche und wechselten dann zu den Anderen zurück. Dustin, Ethan und Taki hatten sich in der Zeit trockene Sachen angezogen und saßen nun fein säuberlich am Tisch und beteiligten sich an der Unterhaltung. Serdall saß etwas abwesend neben Daniel und sah immerzu auf die Uhr. Immer wieder verabschiedete er sich kurz unter dem Vorwand auf Toilette zu müssen und kam dann wieder etwas ruhiger zurück. Er lächelte Daniel entschuldigend an und stocherte ein wenig lustlos in dem Stück Kuchen herum, das ihm nicht schmeckte. Er hasste diesen Süßkram, aber es war unhöflicher nichts zu essen, vor allem wo davor schon so eine gespannte Stimmung gewesen war.
 

Daniel nahm Serdall den Kaffee aus der Hand, als der sich gerade eine Tasse nachschenken wollte und holte ihm stattdessen ein Wasser. „Das Koffein scheint sich negativ auf deine Blase auszuwirken“, kommentierte er seine Aktion und aß dann genüsslich sein Stück Kuchen auf.
 

Der Rest des Tages verlief nach dem doch recht angespannten Beginn des Besuches ziemlich entspannt. Serdall zog sich eine gute Stunde lang in die Küche zurück und spielte Geige. Anschließend kam er sehr viel ruhiger und entspannter wieder ins Wohnzimmer zurück und beteiligte sich jetzt etwas reger an verschiedenen Gesprächen. Daniel hatte sich mit seiner Schwester in eine Ecke des Wohnzimmers verzogen, wo sie die Köpfe zusammensteckten und sich eher pikantere Details aus ihrem Leben erzählten. Da sie sich schon länger nicht mehr gesehen hatten, gab es doch eine ganze Menge auszutauschen. Die ‚Erwachsenen‘ saßen noch immer am Kaffeetisch und unterhielten sich über irgendwelche anderen Dinge.
 

Irgendwann gesellte Taki sich noch zu Daniel und Charline und Ethan hielt es auch irgendwann nicht mehr am Tisch. Zu viert kramten sie eines der vielen Gesellschafsspiele aus dem Schrank und vertrieben sich damit die Zeit bis zum Abend und der damit verbundenen Bescherung. Lächelnd sah Daniel dabei zu, wie Taki von Stunde zu Stunde immer nervöser wurde und erinnerte sich an seine eigene Kindheit, wo ihn fast nichts auf der Couch gehalten hatte und er am liebsten schon am frühen Morgen seine Geschenke auspacken wollte. Taki hingegen verhielt sich eigentlich, wenn man ihn mit Daniel früher verglich, relativ ruhig.
 

Gegen Abend dann verließ Daniel zusammen mit dem Kleinen das Wohnzimmer, damit Serdall die Geschenke aufbauen konnte. Seine eigenen Geschenke hatte Daniel seinem Freund in die Hand gedrückt, damit er sie ebenfalls unter den Baum legen konnte und jetzt saß Daniel zusammen mit Taki in dessen Zimmer und versuchte mit dem nun doch reichlich aufgedrehten Neunjährigen noch die letzten Minuten herumzubekommen.
 

Und dann war es endlich soweit. Serdall begann gleich mit seinem Sohn, der schon hibbelig vor dem Weihnachtsbaum saß und auf die bunten Geschenke starrte, wobei seine meerblauen Augen tellergroß waren. Taki bekam natürlich all die Spielzeuge, die er sich gewünscht hatte, unter anderem auch einige Videospiele und viele Süßigkeiten. Yoshiko war wie gesagt zur Bescherung nicht anwesend, sondern schon beim Kaffee zu ihrem neuen Freund gegangen. Serdall und Daniel schenkten Ethan und Dustin zwei Tickets nach Kalifornien in Dustins Heimatstadt. Das Gesicht, das Serdalls Schwager dabei machte, war überraschend gerührt und wurde sogleich von Ethan mit der Kamera festgehalten. Serdall wusste, dass Dustin das viel bedeutete. Auch wenn er nie über sich und seine Vergangenheit sprach, würde es ein großer Schritt für ihn sein dorthin zurückzufliegen.
 

Lächelnd sah Daniel dabei zu, wie die Anderen sich über ihre Geschenke freuten. Scheinbar hatte Serdall mal wieder Fingerspitzengefühl bewiesen und wusste genau, womit er den Menschen in seiner Umgebung eine Freude machen konnte. Daniel legte das Geschenk, das er von Taki bekommen hatte – ein paar selbstgemalte Bilder und etwas, das aussah wie ein kleines Holzschwein, allerdings Kimba darstellen sollte, aber nichtsdestotrotz total süß war – zur Seite und warf einen kurzen Blick durch die Ecke in das schuhkartongroße Päckchen, das er von Dustin und Ethan bekommen hatte. Tja, wie nicht anders zu erwarten noch originalverpackte Sexspielzeuge aus dem Katalog, den Serdall irgendwann mal nach ihrem Gespräch versehentlich in der Küche liegengelassen hatte. Auf jeden Fall nichts, was seine Familie zu Gesicht bekommen sollte. Gespannt beobachtete Daniel Serdall dabei, wie er sich jetzt daran machte, Daniels Geschenk auszupacken.
 

Serdall lächelte glücklich, als er die gute Flasche Scotch auspackte, die das erste Geschenk darstellte. Bei dem flachen Päckchen, das er nun in den Händen hielt, vermutete er ein Buch, doch als er es auspackte weiteten sich seine Augen leicht. Ein 365-Tage Kalender für das nächste Jahr. Doch das war nicht das Besondere, sondern das Bild, das ihm schon auf dem Cover entgegen blitzte, zeigte einen grinsenden Daniel, der ein Victory-Zeichen in die Kamera machte. Lächelnd blätterte er den Kalender durch und konnte seinen Augen kaum glauben. Für jeden einzelnen Tag gab es ein Bild von Daniel mit einem typischen Spruch von ihm. In Position gestellt oder aber ganz zufällig, lustige und erotische Bilder, alles schien vertreten zu sein. Daniel in allen Formen, in denen es ihn gab. Glücklich lehnte sich Serdall zu ihm und umarmte Daniel fest.
 

„Das ist wirklich schön. Vielen Dank“, meinte er ehrlich und küsste Daniel kurz und tief. Das war das beste Geschenk, das ihm Daniel machen konnte.
 

„Freut mich, dass es dir gefällt“, flüsterte Daniel glücklich und warf dann einen etwas skeptischen Blick unter den Weihnachtsbaum. Taki packte gerade das allerletzte seine unzähligen Geschenke aus und die Anderen waren damit beschäftigt, sich ihre neuen Errungenschaften in Ruhe zu betrachten, doch generell war unter dem Baum alles weg und ausgepackt. Daniel wunderte sich doch etwas, dass kein Geschenk von Serdall dabei gewesen war. Nun, vielleicht hatte sein Freund wieder so ein Geschenk wie die Armbänder vorbereitet, das er Daniel lieber geben wollte, wenn sie unter sich waren. Schulterzuckend tat Daniel das Thema damit für sich erst einmal ab.
 

„Du, ich geh noch einmal auf Toilette“, entschuldigte Serdall sich im nächsten Moment und verließ den Raum. Er hatte die Verwunderung in Daniels Augen lesen können, dass er eben kein Geschenk bekommen hatte, doch das würde jetzt noch kommen. Nervös biss sich Serdall auf die Lippe, als er anstatt auf die Toilette zu gehen in Yoshikos Zimmer wechselte. Unschlüssig sah er kurz einmal durch den Raum, ehe sein Blick an dem kleinen Kinderreisebett hängen blieb, das vorläufig in Yoshikos Zimmer untergestellt war. Er atmete noch einmal tief durch.
 

„Ihm wird’s gefallen“, redete er sich gut zu, als er auf das kleine Bett zuging und lächelnd hinein sah. „Hey Kleines“, flüsterte er leise und braune Augen und ein Lächeln richteten sich auf sein Gesicht. Vorsichtig nahm er das kleine Mädchen heraus und hob es sich väterlich auf den Arm. „Ich stell dir jetzt deinen Papa vor“, meinte er leise und trug das achtzehn Monate alte Kind in das Wohnzimmer. Es war laut als er eintrat, alle erzählten noch, doch als man Serdall entdeckte, wurde es schlagartig still im Raum. Nervös senkte Serdall den Blick, als sich so viele Augenpaare auf ihn richteten, doch er ließ sich jetzt nicht mehr beirren. Er ging mit dem kleinen Mädchen auf seinem Arm zu Daniel und setzte sich neben ihn, auch wenn sein Freund ihn gerade fassungslos anstarrte. „Daniel, das ist Jana Erhardt“, flüsterte er ihm zu und sah ihm schief lächelnd ins Gesicht, während Jana kleine Geräusche machte.
 

Sprachlos starrte Daniel erst Serdall und dann das kleine schwarzhaarige Mädchen in dessen Armen an. Gedankenfetzen rasten durch seinen Kopf. Zuerst hatte Daniel keine Ahnung, was sein Freund von ihm wollte, doch dann setzten sich die Puzzleteile langsam in seinem Kopf zusammen. Nein. Serdall konnte doch nicht… Er würde doch nicht wirklich… Automatisch nahm Daniel die Kleine entgegen, als Serdall sie ihm reichte. Mit großen Augen sah er ihr in das hübsche Gesicht und regte sich nicht weiter. Er stand eindeutig unter Schock und hatte keine Ahnung, was er fühlen, sagen oder denken sollte.
 

„Ey“, meinte Dustin plötzlich als erster, der sich aus seiner Starre löste, „du hast doch jetzt nicht echt ein Kind für Daniel adoptiert, oder Serdall? Das ist ein Scherz, nicht wahr? Sag mir, dass das ein Scherz ist!“
 

Serdall zuckte mit den Schultern und strich der kleinen Jana vorsichtig über den kleinen Kopf.
 

„Daniel hat sich ein Kind gewünscht und nun hat er eins. Das ist sein Adoptivkind, ich hab nur die Wege dafür erledigt“, meinte er halblaut und wich den entsetzten Blicken aus, die nun auf ihn geworfen worden.
 

„Du kannst ihm doch kein Kind schenken!“, rief frau Erhard nun vollkommen fertig. So etwas war doch absolut geschmacklos.
 

Serdalls wütender Blick legte sich auf Daniels Mutter, doch er sagte nichts. Es war wohl offensichtlich, dass er es konnte und so wie Daniels Augen strahlten, war er gerade wirklich glücklich. Besonders als die kleine Jana lächelnd nach seinem Finger griff und ihn fest umklammerte. Trotzdem war Serdall irgendwie unwohl. Daniel sagte gar nichts dazu. Freute er sich wirklich oder war er einfach gerade geschockt?
 

„Daniel?“, sprach er ihn behutsam an. „Alles okay?“
 

Daniel löste seinen Blick von dem Kind in seinen Armen, von seiner… Tochter, und sah hoch zu Serdall. Fragend starrte er ihn erst kurz an, bis die Frage richtig in sein Hirn gedrungen war.
 

„Ja“, meinte er nach einigen Augenblicken leise. „Es ist nur… Oh man.“ Fahrig wischte Daniel sich über die Wangen, wo erste Tränen hinunter liefen und sah peinlich berührt in die Runde. Er lehnte seine Stirn an Serdalls und sah ihm tief in die Augen. „Danke“, flüsterte er gerührt und küsste seinen Freund leidenschaftlich. Nie im Leben hätte er gedacht, dass Serdall für ihn ein Kind adoptieren würde. Nicht zu Weihnachten und auch sonst zu keinem Zeitpunkt. Eigentlich standen ihre Positionen zu diesem Thema doch fest. Sie hatten zweimal über Daniels Wunsch gesprochen, eventuell ein Kind zu adoptieren. Normalerweise dauerte so ein Verfahren wenn man Pech hatte auch einige Jahre, von daher hatte er sich jetzt schon darum kümmern wollen und nun saß ein kleines Mädchen auf seinem Schoß.
 

Erleichtert erwiderte Serdall den Kuss. Er hatte schon geglaubt, dass Daniel jetzt wieder mit ihm streiten würde, weil er ihm so ein großartiges Geschenk gemacht hatte, doch er schien wirklich gerührt zu sein. Glücklich strich Serdall die folgenden Tränen von Daniels Wangen und lächelte ihn an.
 

„Auf sowas kannst nur du kommen, Serdall“, meinte Dustin plötzlich fassungslos und lachte im nächsten Moment. „Guck mal Taki, das ist jetzt fast deine Schwester. Du bist ein großer Bruder, Taki“, meinte er zu seinem Enkel und Taki sah verdutzt von seinen Geschenken auf und ging dann zu seinem Vater und Daniel. Mit großen Augen sah er zu dem Kleinkind und lächelte dann breit.
 

„Ich werde ein ganz lieber Bruder sein“, meinte er ernst und strich Jana vorsichtig über die Stirn.
 

Sprachlos sah Frau Erhard Daniel an, während ihr selbst nun Tränen in die Augen stiegen. Dustin lachte über Frau Erhards Verhalten, erst geschockt und dann sentimental.
 

„Du bist jetzt eine Oma“, meinte er zu ihr und sie schluchzte gerührt, sodass George sie in den Arm nahm und ihr lächelnd über den Rücken strich. „Und Dan ist nun ein Papa“, lachte Dustin und sah dabei zu, wie Serdall Jana kurz auf den Arm nahm, damit Daniel sich ein Taschentuch holen konnte.
 

„Und Charline ist Tante und damit Ethan und du nicht zu kurz kommt, werdet ihr Paten“, meinte Daniel schon wieder grinsend, als er mit seinem Taschentuch aus der Küche kam. Der erste Schock war abgeklungen und er war einfach nur noch glücklich, fassungslos, gerührt und irgendwie alles auf einmal. „Himmel, du bist sowas von verrückt“, murmelte Daniel und lehnte sich an Serdall, als er sich wieder neben dem Baum niedergelassen hatte. „Was hat dich eigentlich deine Meinung zu diesem Thema ändern lassen?“
 

„Das war der einzige Punkt damals gewesen, den ich dir gleich ausgeschlagen habe, obwohl das dir wohl mit am wichtigsten gewesen war“, murmelte er leise und wiegte Jana leicht hin und her. „Mir ist eben klar geworden, dass ein Kind zu adoptieren das Einzige war, was wohl ein tieferer Wunsch von dir sein musste. Schließlich ist das eine riesige Verantwortung, die du jetzt übernehmen musst. Und vielleicht will ich dir auch einfach mal zeigen, wie es sich als eine Glucke anfühlt“, scherzte Serdall gut gelaunt und gab Jana wieder an Daniel zurück.
 

„Wie aufmerksam von dir“, meinte Daniel gespielt ernst und sah sich Jana das erste Mal ganz genau an. „Sie passt wirklich gut in unsere Familie mit ihrem schwarzen Haaren“, stellte er fest. „Und ich glaube ich möchte gar nicht wissen, wie du das ganze Adoptionsverfahren so extrem beschleunigt hast. Ich lebe lieber einfach mit dem Ergebnis.“ Grinsend küsste Daniel Serdall noch einmal.
 

Serdall hielt es auch für das Beste, Daniel mit den ganzen Verfahren nicht zu konfrontieren. Nur war viel Geld geflossen, um Jana ihnen vollständig und ohne Daniels Wissen zu überschreiben und Daniel als Vater einzutragen. Serdall war immer noch ziemlich fertig von dem ganzen Stress, aber all die Vormittage, die er extra früh aufgestanden war während Daniel in der Uni saß, hatten sich gelohnt. Dafür würde er die nächsten Tage marathonschlafen. Sogleich gähnte er auch verhalten.
 

„Ich bin froh, dass du dich freust“, meinte Serdall leise und ignorierte die Übrigen, die langsam etwas lockerer wurden.
 

Lächelnd reichte Daniel Jana an Dustin weiter, der die Kleine auch unbedingt mal halten wollte. Im Laufe des Abends hatte sie jeder mal auf dem Schoß und irgendwann war sie in Daniels Armen eingeschlafen.
 

„Wie sieht es eigentlich mit Sachen für sie aus?“, erkundigte sich Daniel bei Serdall. „Hast du noch was von Taki über oder schon alles besorgt?“
 

Tief seufzte Serdall.
 

„Das ist alles schon besorgt und steht im Keller. Zumindest das Meiste, was man zum Anfang alles braucht. Sachen und so weiter möchtest du vielleicht lieber aussuchen. Aber das Nötigste an Kleidung und so weiter ist da. Und das Kinderbett ist auch schon in unserem Schlafzimmer oder dachtest du wirklich, dass ich an Blasenschwäche leide?“, fragte er lachend. „Du solltest sie ins Bett bringen, es war wirklich ein langer Tag für sie und es ist auch gleich halb neun, das ist viel zu spät für sie.“
 

Ungläubig sah Daniel seinen Freund an. Eigentlich hatte er tatsächlich gedacht, dass Serdall etwas zu viel Kaffee getrunken hatte. Normalerweise hing er ja nur an seinem Wasser, da wäre es möglich, dass er deswegen öfter auf Toilette musste.
 

„Man, irgendwie unheimlich, dass ich echt überhaupt nichts mitbekommen habe“, murmelte Daniel. „Du könntest was weiß ich was machen und ich würde es noch nicht mal bemerken.“
 

Serdall rollte mit den Augen. Das war typisch Daniel. Als ob er gleich etwas Kriminelles tun würde oder vielleicht fremdging.
 

„Es sollte ja schließlich eine Überraschung werden und die Ämter haben eh alle am Vormittag offen, da warst du ja in der Uni“, meinte Serdall schulterzuckend und stand dann auf. Langsam wollten die Erhards auch los und er brachte sie zur Tür, während Daniel mit Jana nach oben ging. Dustin und Ethan räumten freundlicherweise noch ab und Serdall half Taki seine ganzen Geschenke nach oben zu bringen.
 

Daniel hatte Jana und sich selbst schon bettfertig gemacht, als Serdall schließlich ebenfalls das Schlafzimmer betrat. Lächelnd hatte Daniel den Kopf auf eine Hand gestützt und sah vom großen Bett aus Jana beim Schlafen zu. Serdall ging kurz ins Bad und zog sich um, bevor er neben ihn unter die Decke schlüpfte.
 

„Tja, unserem Liebesleben wird die Kleine zumindest anfangs wohl einen Dämpfer geben“, meinte Daniel grinsend und kuschelte sich an Serdall. „Da kommen Dustins und Ethans nette kleine Geschenke gar nicht zum Einsatz. Übrigens war in dem Päckchen so ziemlich alles aus dem Katalog drin, wo wir die Seiten markiert hatten.“
 

Serdall murrte leise, dass Dustin und Ethan das eigentlich nicht hätten wissen sollen. Aber warum waren sie auch nur so zerstreut gewesen und hatten den Katalog liegen lassen? Ach ja, Daniel war mal wieder zu ungeduldig gewesen.
 

„Die Gelegenheiten werden sich trotzdem finden, schließlich würde sich Yoshiko auch um die Kleine kümmern, hat sie ja heute auch schon den ganzen Tag lang sehr gut gemacht.“ Serdall strich Daniel eine Haarsträhne aus der Stirn und sah ihn forschend an. „Und du bist wirklich glücklich?“
 

„Natürlich bin ich glücklich. Ich kann gar nicht glauben, dass ich jetzt auch Papa bin. Es wird bestimmt anfangs recht stressig werden, bis ich mich in meine neue Rolle eingefunden habe, aber die schlimmste Zeit der ersten Monate hat Jana ja schon hinter sich. Vormittags sind zumindest immer zwei Leute da, die auf sie aufpassen und nachmittags kümmere ich mich dann um sie. Ehrlich gesagt hätte ich mir kein schöneres Weihnachtsgeschenk vorstellen können. Normalerweise dauert so ein Adoptionsverfahren so lange, wenn ich überhaupt dafür in Frage gekommen wäre und jetzt erfüllt sich mein Traum schon so früh. Ich wollte schon immer wenn dann ein junger Papa werden, damit ich mein Kind später besser verstehen kann und nicht zu alt für die meisten Dinge bin.“
 

Serdall lächelte. Daniel schien wirklich in die Vaterrolle hineinschlüpfen zu wollen und hatte die kleine Jana wohl schon ins Herz geschlossen. Zufrieden sah Serdall auf das kleine Kinderbettchen neben ihrem Bett. Jana lag ordentlich zugedeckt in ihrem Strampelanzug darin und ihr Nuckel bewegte sich ganz sachte an ihrem Mund.
 

„Ich werde dir so gut es geht zur Seite stehen, Daniel. Schließlich bin ich ja auch nicht unschuldig daran, dass du dich jetzt um sie kümmern musst“, seufzte er leise und streichelte Daniels Rücken. Er gähnte wieder verhalten und schloss schon müde die Augen. „Der Kinderwagen steht noch im Keller, wenn du morgen früh mit ihr spazieren willst“, murmelte Serdall müde und sein Kopf sackte schon leicht zu Seite gegen Daniels Haarschopf.
 

„Auf jeden Fall. Gleich nach dem Aufstehen“, antwortete Daniel, doch er glaubte nicht, dass Serdall es noch mitbekommen hatte. Lächelnd zog er die Decke ganz bis über Serdalls Schultern und legte sich dann selbst richtig hin. Scheinbar schien der Tag seinen Freund ganz schön geschafft zu haben. Der ganze Stress mit Jana, die vielen Leute bei der Weihnachtsfeier, das Alles hatte bestimmt ganz schön geschlaucht. Daniel strich Serdall einmal über die Wange.
 

„Gute Nacht. Und danke nochmal“, flüsterte er und schloss dann ebenfalls die Augen.
 

Ende Die Magie der Musik 2 – Die Fürsorge eines Bruders
 


 


 


 

So, hier wären wir also: Am Ende des zweiten Teiles. Schön, dass ihr mit uns bis hierhin gekommen seid und Serdall, Daniel und die anderen Charaktere auf ihrem – man muss anhand des zweitens Teils schon fast sagen Leidensweg – begleitet habt. Jetzt ist erst einmal Weihnachtspause, aber voraussichtlich am 27. startet dann Teil drei, wer sich dazu noch aufraffen kann. ;)
 

Auf jeden Fall vielen Dank an euch, dass ihr die Geschichte bis hierhin gelesen habt.
 

Euch allen noch fröhliche Weihnachten und lasst euch reich beschenken.
 

Liebe Grüße!



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  LittleAngel
2008-03-23T23:07:25+00:00 24.03.2008 00:07
man das versprochene drama ist ja super süß ausgegangen auch wenn ich mich daniels mutters erstem komentar anfangs angeschloßen habe, das man doch keinen mensch zu weihnachten verschenkt :-) Aber ich freu mich jetzt schon auf den dritten teil und da ich die geschichte leider erst so spät endeckt habe kann ich jetzt einfach weiterlesen, bin gespannt wie daniel sich als papa macht und taki als bruder :-D
Von:  kuestenfee1
2007-12-26T14:44:18+00:00 26.12.2007 15:44
Das hätte ich jetzt wirklich nicht von Serdal gedacht.
Damit hat er Daniel wirklich sehr glücklich gemacht.
Ich hoffe, dass es mit den Vieren harmonisch weitergeht und freue mich schon sehr auf den Dritten Teil.

lg kuestenfee
Von:  Amigrith
2007-12-26T01:56:53+00:00 26.12.2007 02:56
Ein wunderschönes Ende^^ Einfach irre!!!!! Vielen Dank für die tolle Story ich freu mich schon riesig auf die Fortsetzung^^
Von: abgemeldet
2007-12-25T22:25:27+00:00 25.12.2007 23:25
Die Geschichte ist wunderschön und sie wird immer besser! Freue mich schon auf teil drei!Vlg
Von:  Allmacht
2007-12-25T20:28:58+00:00 25.12.2007 21:28
Schade, dass dieser Teil schon wieder aus ist.
Doch das letzte Kapitel ist echt der Hammer.
Daniel als Daddy.
Da dürfen aber keine schwerwiegenden Probleme mehr kommen.

lg
Von:  shiroi
2007-12-25T10:03:05+00:00 25.12.2007 11:03
Oh.. wow.. was für ein schönes Ende. Und auch ich hätte niemals damit gerechnet, das Serdall für Daniel ein Kind adoptiert. Das ist wirklich einfach nur Zucker! Sehr gelungen. ^^

Ich freu mich schon auf den drtitten Teil und bin gespannt, was für Schwierigkeiten und schöne Momente noch auf die liebenswerten Charaktere zukommen werden.

Liebe Grüße und noch schöne Restweihnachten!
shi
Von: abgemeldet
2007-12-24T20:11:38+00:00 24.12.2007 21:11
Das ist sooo süß!
Serdall hat sich echt um 180 grad gewendet.Ich hätte nie mit so einem Weihnachtsgeschenk gerechnet, nie!Aber die kleine Jana ist das Beste was Daniel hätte bekommen können.
Ich bin mal gespannt wie es mit Yoshiko weiter geht und wie Fei auf Jana reagiert.
ICh glaube ja das er erstmal einen Sake braucht um das zu verdauen.

Ich wünsche dir schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2008!
Geniesse deine Winterpause, denn niemand anders hätte sie mehr verdient als du!


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