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Die S-Collection

SasoDei One-Shots
von

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Seelenfänger

Er wartete. Normalerweise verabscheute er es mit voller Inbrunst, andere warten zu lassen und selbst warten gelassen zu werden. Aber in diesem einen Fall, der einzigen Ausnahme dieser Regel, lohnte sich das Abwarten jeder weiteren Sekunde, in der er sich an dem sich im bietenden Anblick ergötzte. Denn je länger er wartete, desto süßer wären die Früchte seiner Arbeit. Er erschauderte bei dem Gedanken an die Vollkommenheit, dem sein Werk mit jeder vergangenen Minute näherrückte. Der Moment, in dem er seine Starre aufheben und zum nächsten Arbeitsschritt übergehen konnte, war fast gekommen. Das Wissen, dass ihm nur ein Zeitraum von der Länge eines Wimpernschlags blieb, der darüber entschied, ob das Werk vollendet oder als Fehlschlag beseitigt werden konnte, versetzte ihn in eine Ekstase, die er sonst seit der Perfektionierung seines eigenen Körpers nicht mehr zu empfinden vermochte. Und jeden Augenblick war es so weit...

Langsam und stetig schwoll die blutrote Lache auf dem kalten, glatten Steinboden an, während jeder herabfallende Tropfen an den Wänden der Höhle widerhallte. Er saß neben einer über Jahrzehnte hinweg aus dem Gestein ausgewaschene Mulde auf einem Fels und beobachtete ohne jegliche Regung, wie sich die Oberfläche des kleinen Sees nach jedem Tropfen zunächst kräuselte und in ringförmigen Wellen nach außen verjüngte, ehe sie wieder ihre spiegelglatte Form auf dem grauen Gestein annahm. Innerlich fühlte er sich jedoch wie berauscht, spürte die pulsierende Erregung, die mit jedem Moment, der verging, seit er seinen Fang betäubt, die Halsschlagader aufgeschnitten und ihn kopfüber an die Decke gehängt hatte, stärker wurde. Das stete monotone Geräusch beruhigte ihn, die immer länger werdenden Abstände kündigten jedoch auch von dem nur noch wenige Augenblicke entfernt liegenden Ende seiner Warterei.

Ein metallisches Quietschen und ein Stöhnen ertönten, als sich der Spender ein letztes Mal aufbäumte, ehe der Blutstrom versiegte und der finale Tropfen seine Reise antrat. Mit einer wegen seiner noch einen Augenblick zuvor absoluten Reglosigkeit unerwarteten Schnelligkeit und Präzision löste er just in dem Moment, in dem der Tropfen in das Nass eindrang, die schwere Metallkette und geleitete sein Werk behutsam mit den Händen zu Boden. Nur einen Sekundenbruchteil später und anstelle der nunmehr makellosen leichenblassen Haut hätten sich blau-rote Flecken gebildet, die sein künftiges Meisterwerk bis in die Tiefen des Fleisches verschandelt hätten. Eine Vorstellung, bei der sich sein Innerstes unter Schmerzen zusammengezogen hätte, wenn er zu so einer Emotion noch imstande gewesen wäre.

Er blickte auf das Fundament seiner weiteren Arbeit, dem er – gleich einem Bildhauer – noch seine perfekte Form zukommen lassen würde. Sachte strich er über die zarten, vom erst wenige Minuten zurückliegenden Blutstau noch leicht geröteten Wangen und fuhr mit seinem Daumen die bereits bläulichen Lippen der Frau nach, die seine Sammlung um das nächste vervollkommnete Exemplar erweitern sollte. Mit einem manischen, aber fast schon zärtlichen Lächeln gedachte er dem Moment, als er sie am See zu ihrem Liebsten hatte ins Wasser laufen sehen, während ihr haselnussbraunes Haar im Wind wehte, und er sie zu seiner nächsten Schöpfung auserkoren hatte. Sie zu fangen, mit Beruhigungsmittel gefügig zu machen und in die Höhle zu verschleppen, waren ein Kinderspiel gewesen, sobald sie sich von dem anderen am späten Abend verabschiedet hatte. Er hatte nicht einmal auf sie warten müssen, als er wenige Stunden, nachdem er sie das erste Mal erblickt hatte, an den See zurückgekehrt und sie ohne ihren Begleiter zurückgeblieben war, ganz als hätte sie nur auf ihn gewartet. Doch ihre Schönheit war nicht das Einzige, das es wert war, für die Ewigkeit erhalten zu werden. Einzigartig und daher wie für seine Sammlung geschaffen war ihre unvergleichliche Gabe, das kühle Nass, das sie mit ihrer bloßen nackten Haut berührt hatte, durch die Steuerung ihres Willens in kochendes Wasser zu verwandeln, ohne dass sie selbst dadurch Schaden nahm.

Er schüttelte den Kopf, um die nostalgischen Gedanken zu vertreiben, und fokussierte sich auf die nun vor ihm liegende Aufgabe. Wie mit einem Lineal gezogen, fuhr er mit dem Zeigefinger eine imaginäre Linie auf ihrem entkleideten Oberkörper entlang, von einem Punkt unmittelbar unterhalb ihrer Schlüsselbeine bis knapp über ihren Schambereich. Da ihr Tod erst wenige Minuten zuvor eingetreten war, hinterließ seine Berührung zwar keine bleibenden Male auf der Haut, aber die benötigte er auch nicht, um sich die Linie, die sein Finger nachgefahren war, vor seinem inneren Auge zu vergegenwärtigen. Aus den Tiefen seines Mantels, der sorgfältig gefaltet auf dem Felsen lag, auf dem er zuvor noch gesessen hatte, zog er ein Messer, dessen Schneide so dünn und scharf war wie die eines Skalpells, und begann mit chirurgischer Präzision seine Arbeit. Er lächelte, als er sah, dass er – wie stets – den richtigen Zeitpunkt getroffen hatte, die Leiche von der Decke zu lösen. Denn kein einziger Blutstropfen quoll hervor, als er die Klinge am linken Schlüsselbein ansetzte, tief in die Haut und die darunter liegende Muskel- und Fettschicht schnitt und sich von dort in einer Y-Form von der rechten Seite bis hinunter zum Schambein vorarbeitete. Das Messer glitt mühelos durch die Muskel- und Sehnenstränge und hinterließ einen sauberen Schnitt, der das Gewebe nur so weit beschädigte, wie es für die Entnahme der Organe erforderlich war.

Mit akkuraten Handgriffen widmete er sich jedem einzelnen Organ in der Brust- und Bauchhöhle, sezierte mittels seines Messers, wo es notwendig war, und legte die entnommenen Körperteile in die steinerne Mulde. Zuletzt zog er ein größeres Messer mit gezackter Schneide aus seinem Gewand und öffnete hiermit die Schädeldecke. Mit geschickten Fingern entnahm er das Gehirn und drehte es kurz in seiner Hand um die eigene Achse, ehe es seinen Platz bei den restlichen entbehrlichen Körperteilen fand.

Zufrieden betrachtete er sein Werk, nachdem er jedes Organ freigelegt, entfernt und bei den anderen platziert hatte. Jetzt, wo er sämtliche Komponenten, die faulen und so sein Werk von innen zerstören konnten, beseitigt hatte, konnte er mit der äußeren Arbeit beginnen.

Er förderte ein weiteres Messer mit gewölbtem Bauch und hochgezogener Klingenspitze zu Tage und setzte es knapp unterhalb der obersten Hautschicht an, die er behutsam von dem darunter liegenden Fleisch ablöste. Es war wichtig, den Körper zunächst zu häuten, bevor er ihn konservieren konnte, sodass er bei diesem Arbeitsschritt besondere Sorgfalt walten ließ.

Als keine Körperstelle mehr von Haut überzogen war und von der Leiche ein matter roter Schein ausging, legte er das Messer aus der Hand und erhob sich. Zielstrebig ging er zu seiner Tasche mit den Giften und anderen Flüssigkeiten, die er stets mit sich führte, und entnahm eine Reihe von Fläschchen, die er zurück zu seinem Arbeitsplatz brachte. Keine der Flaschen war beschriftet und obwohl er die meisten der Zutaten selbst hergestellt hatte und sie von keinem anderen hätten identifiziert werden können, entschraubte, maß und mischte er mit geübten Handgriffen die drei Dutzend Substanzen in einem einzigen bauchigen Gefäß. Nachdem er das Gebräu eine Weile ziehen gelassen hatte, tauchte er einen Pinsel ein und begann, die Flüssigkeit zunächst im Inneren und dann auf dem Äußeren aufzutragen. Seine in jahrelangen mühsamen Experimenten entwickelte und stets aufs Neue verbesserte Mixtur sorgte nicht nur dafür, dass sein Werk konserviert und so bis in alle Ewigkeit Bestand haben würde; sie verlieh dem Produkt auch seinen unnachahmlichen hölzernen Glanz und sein widerstandsfähige, aber auch formbare Struktur, wobei es seine menschlichen Eigenschaften nicht gänzlich verloren hatte. Jede seiner Marionetten war ein Unikat und indem er sie nicht aus Holz, sondern auf der Grundlage eines menschlichen Wesens schuf, hatte er nicht nur die jeweiligen individuellen Fähigkeiten seiner Spender bewahren, sondern auch etwas schaffen können, das keinem anderen Puppenspieler je gelungen war.

Er hielt inne, als er den letzten Pinselstrich auf dem linken Augenlid getätigt hatte. Jetzt, wo sein Werk fast vollendet war, konnte er sich dem Körperteil zuwenden, den er sich immer bis zuletzt aufsparte und der seinen Werken nicht nur ihre ewige Schönheit, sondern auch ihren Charakter erhielt. Fasziniert starrte er in die stechend grünen Augen, die einzigen Organe, die seinem Werk verbleiben würden. Mit geschickten Fingern löste er die Augäpfel aus ihren Höhlen, hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger fest und benetzte sie mit dem letzten Rest Flüssigkeit aus der bauchigen Flasche. Nachdem er sie kurze Zeit hatte trocken lassen, setzte er die Augäpfel wieder in die schwarzen Tiefen zurück. Sobald er den seelenlosen dunklen und in sich zusammengefallenen Höhlen wieder ihr Augenlicht zurückgab, überkam ihn – wie immer, seit er vor vielen Jahren die erste Leiche auf diese Weise präpariert hatte – für einen kurzen, aber sämtliche Mühen entlohnenden Moment das Gefühl eines wahren Schöpfers. Ein Gefühl, als hätte er mit diesem Akt dem Körper, dem er zuvor das Leben entrissen hatte, wieder Leben... eine Seele eingehaucht.

Bewundernd und mit der Erhabenheit eines Schöpfers sog er die Vollkommenheit seines Werkes in sich auf. Doch auch wenn es schon nahezu perfekt war, bedurfte es noch weiterer handwerklicher Tätigkeiten, um es auch ein Kunstwerk nennen zu können. Er musste seiner Schöpfung nicht nur den letzten Schliff verpassen, sondern sie auch – immerhin war er nicht nur Puppenspieler, sondern auch Shinobi – mit Waffen ausstatten und schlussendlich wieder verschließen. Ohne hinzusehen, griff er nach hinten in seinen Werkzeugkasten und holte zielsicher das Gerät heraus, das er als erstes benötigen würde. Er atmete zufrieden aus und genoss die Vorstellung, sich ungestört in die Vollendung seines Kunstwerkes vertiefen zu können. Diese Arbeit würde ihn erst einmal eine Weile beschäftigen...
 

„Fummelt Ihr etwa immer noch an Eurer Puppe herum, Danna?“

Sasoris Hand, die gerade damit beschäftigt war, die rechte Augenbraue nachzuziehen, zuckte einen Millimeter zur Seite und hinterließ prompt eine unschöne Kerbe auf dem Gesicht der Marionette. Er war so auf seine Arbeit konzentriert gewesen, dass er das plötzliche Auftauchen des anderen gar nicht bemerkt hatte.

„Ich fummle nicht, Deidara, ich schnitze“, konterte Sasori genervt, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen. „Und wenn du mich noch einmal in meiner Konzentration störst und mir zusätzliche Arbeit bereitest, bringe ich dich eigenhändig um, weide dich aus und lasse deinen restlichen Kadaver von den Vögeln zerpflücken.“ Geschickt drehte er das Werkzeug in seiner Hand und begann, mit der anderen Seite die soeben entstandene Macke wieder auszubessern.

Trotz seines drohenden Untertons stieß Deidara ein kurzes Lachen aus und trat näher an ihn und sein Werk heran.

„Selbst wenn Ihr der Marionette den Hintern polieren würdet, wäre es immer noch reine Zeitverschwendung, hm“, entgegnete er achselzuckend. „In der Zeit, in der ich unserer Zielperson einen Besuch abgestattet und sie bei einem – ganz natürlich aussehenden – Unfall durch abgesprengte Felsbrocken beseitigt habe, habt Ihr es nicht mal geschafft, eine einzige Puppe fertig zu stellen? Ihr lasst ganz schön nach, Sasori no danna.“

Der Puppenspieler zuckte ob dieser Provokation nicht einmal mit der Wimper, sondern fuhr mit gleichbleibender Präzision und Geschwindigkeit damit fort, sein Kunstwerk zu bearbeiten.

„Wahre Kunst braucht nun einmal ihre Zeit. Aber da dir die Feinheiten einer so filigranen Kunst wie meiner ohnehin nicht begreiflich zu machen sind, vergeude nicht meine Zeit und geh zur Seite, du stehst mir im Licht.“

Die Angelegenheit war damit für ihn erledigt und er hoffte, sich nun wieder ganz seinem Handwerk zuwenden zu können. Aber das wäre bei seinem Partner wohl wahrlich zu viel verlangt...

„Ihr sitzt in einer dunklen Höhle“, schnaubte Deidara abfällig. „Wenn Ihr mehr Licht braucht, verlegt Euren Arbeitsplatz nach draußen in die Sonne. Ein bisschen frische Luft würde Euch auch nicht wehtun und wir könnten hier mal wieder lüften...“ Sasori konnte beinahe spüren, wie Deidara angewidert die Nase hochzog und in die Ecke starrte, in der zuvor die entfernten Organe gelagert hatten. Natürlich hatte er diese längst entsorgt.

„Ich habe sämtliches Material, das zu faulen und riechen anfangen könnte, bereits vollständig beseitigt, Deidara. Anstatt dass du dich weiter künstlich über imaginäre Wahrnehmungen aufregst, mach dich lieber nützlich und kontaktiere Pain, um unsere nächste Mission in Erfahrung zu bringen“, knurrte Sasori und wies mit einer Handbewegung Richtung Höhlenausgang, seinen Partner weiterhin ignorierend und auf seine Arbeit fokussiert.

„Schon erledigt“, erwiderte Deidara so prompt, dass Sasori schließlich doch den Kopf hob und direkt in zwei ihn ungläubig musternde blaue Augen blickte.

„Tatsächlich?“, fragte er skeptisch ob der Tatsache, dass er seinen Partner sonst zu derlei Aufgaben erst überreden musste, ehe er sie aufgrund der Untätigkeit des anderen doch selbst übernahm.

„Wie lange, glaubt Ihr, habt Ihr hier in der Höhle gehockt und herumgebastelt, während ich die Mission allein durchgeführt habe, hm?“, konterte Deidara mit einer Gegenfrage, die ihn, was er dem anderen gegenüber nie zugeben würde, ein wenig aus der Balance brachte. Er war sich zwar bewusst, dass er über der Arbeit an seinen Kunstwerken die Zeit vergessen konnte, aber waren tatsächlich schon ein paar Tage vergangen, seit er Deidara auf die Mission, ihr Ziel vorab auszukundschaften, vorgeschickt und er sich selbst in die Höhle zurückgezogen hatte?

„Da damit zu rechnen war, dass du – wie immer – bei der Mission herumtrödelst, gab es für mich ja keinen Grund zur Eile“, wich Sasori der Frage galant aus. Vor jemandem, der primitive Knallfrösche als Kunst bezeichnet und sich mit einer dadurch errungenen Leistung brüstet, musste er sich nicht rechtfertigen.

„Sechs Tage, Sasori no danna!“, beantwortete Deidara unaufgefordert die Frage, die er selbst gestellt hatte, und verdrehte die Augen. „Sechs Tage hockt Ihr schon in dieser miefenden Höhle und merkt nicht einmal, dass um Euch der Geruch des Todes wabert... Und unter „vollständig beseitigt“ verstehe ich etwas anderes, als die Abfälle in einem Beutel draußen vor den Eingang zu stellen“, fügte er hinzu und gestikulierte missbilligend Richtung Höhlenausgang. Tatsächlich stand dort, sauber verschnürt, ein Leinensack mit den Organen, den er wohl in seinem Eifer, schnell wieder zurück an die Arbeit zu gelangen, nicht so weit weggetragen und dort verbrannt hatte, wie er es sonst zu tun pflegte.

„Wenn er dich so sehr stört, räume ihn halt selbst weg“, entgegnete Sasori kühl, für den die Diskussion damit beendet war. Er wollte seinem neusten Kunstwerk endlich den letzten Feinschliff verpassen und seine Nervensäge von einem Partner hielt ihn mit seinen Schimpftiraden nur davon ab.

„Wenn Eure Kunst“ – sein Partner spie das Wort so aus, als sei es etwas Widerwärtiges – „Euch dazu bewegt, einen Menschen an den Füßen aufzuhängen und ausbluten zu lassen, bevor Ihr ihn ausweidet, bepinselt und schleift, ist das Eure Sache. Euren Müll könnt Ihr also schön selbst wegräumen.“

„Wie du meinst“, sagte Sasori trocken, ohne auf den abwertenden Tonfall seines Partners hinsichtlich seiner Kunst einzugehen. „Wenn du aber schon mal dort stehst, kannst du dich auch nützlich machen und mir den Lappen reichen, der sich vor dir in der Tasche befindet. Wenn du mir bei meinem letzten Arbeitsschritt zusiehst, überkommt dich, so unwahrscheinlich das bei deinem mangelnden Kunstverständnis auch sein mag, vielleicht doch noch die Erleuchtung, dass wahre Kunst in der Ewigkeit liegt.“

Er streckte auffordernd die Hand aus und obwohl er Deidaras Widerwillen, ihm seine Bitte zu erfüllen, an seinem Gesicht ablesen konnte, griff sein Partner in die Tasche und versuchte, ihm das Tuch ins Gesicht zu pfeffern. Doch Sasori, der mit so einer Reaktion gerechnet hatte, schnappte das Stück Stoff aus der Luft, ehe es sein Ziel erreichen konnte, und schenkte Deidara ein diabolisches Zucken seiner Mundwinkel, auf dass der andere grollend mit den Zähnen knirschte.

Behutsam holte er einen konservierten Augapfel aus seiner Höhle, legte ihn auf das Tuch in seiner geöffneten Handfläche und begann, ihn mit sorgfältigen Bewegungen zu polieren. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Deidara ihn beobachtete und das Auge mit einem unverhohlenen Blick anstarrte, während er es wieder im Schädel platzierte.

„Das ist echt widerlich und... gruselig“, kommentierte sein Partner und ruckte mit dem Kopf in Richtung des Auges.

„Gruselig?“, horchte Sasori auf. Er war es gewohnt, dass der andere seine Kunst mit Unverständnis abstrafte, aber dass er sich davor fürchtete, war ihm neu.

„Die Augen...“, begann Deidara, zögerte. „Sie sollten tot aussehen und doch... starren sie einen irgendwie an.“

Sasori sah seinen Partner nachdenklich an. Sollte der blonde Kunstbanause tatsächlich doch ein Verständnis für die wahre Kunst entwickelt haben, dass ihm diese besondere Eigenschaft seiner Kunstwerke aufgefallen war, die nur mit einem geübten Auge zu erkennen war? Vielleicht war Deidara doch nicht ganz so unwürdig, ein Künstler genannt zu werden. Irritiert von seinen Gedanken schüttelte er den Kopf. Nun, seine nervtötenden Explosionen machten ihn bestimmt nicht zu einem Künstler; aber dass sein Partner ein geschultes Auge aufwies und eine seltene und nützliche, wenn auch nicht künstlerische Begabung hatte, konnte er wohl nicht abstreiten.

„Wie ich sehe, bist du wohl doch nicht so blind, wie gedacht, Kunst zu erkennen, wenn sie dir ins Auge springt“, ließ sich Sasori ausnahmsweise zu einem Kompliment hinreißen. „Vielleicht ziehe ich es sogar in Betracht, dir die Ehre zuteil werden zu lassen und werde dich bei deinem Tod zu einem Teil meiner Sammlung machen.“

Deidara schnaubte.

„Ihr wisst, ich respektiere Euch als Künstler, Sasori no danna“, sagte Deidara gedehnt. „Aber wie Ihr auch wisst, ziehe ich es vor, in einem einzigen, vergänglichen Moment einer monumentalen Explosion ins Jenseits zu gehen. Eure perversen Fantasien müsst Ihr also mit jemand anderem ausleben.“

„Wenn du deine Zunge nicht hütest, könnte dich dieses Schicksal schneller ereilen, als du denkst“, knurrte Sasori drohend ob der offensichtlichen Beleidigung.

Deidara lachte kurz und schallend auf.

„Dafür müsst Ihr aber erst einmal aus dieser Höhle raus und mich kriegen. Und glaubt ja nicht, dass ich es Euch leicht mache, nur weil Ihr schon alt und klapprig seid.“

„Wie war das?“

Die Werkzeuge aus seinem Werkzeugkasten flogen mit dem spitzen Ende voran Richtung Deidaras Gesicht, doch dieser war dem Angriff bereits ausgewichen und sprang auf einen Tonvogel, den er im gleichen Moment zu Boden geworfen und durch ein Fingerzeichen vergrößert hatte.

„Bastelt ruhig noch ein wenig an Eurer Puppe rum, Danna! Wenn Ihr Euch abgeregt habt und eine angenehmere und nicht ganz so einsame Beschäftigung sucht, wisst Ihr ja, wo Ihr mich findet“, zwinkerte Deidara und im nächsten Augenblick war er auch schon abgehoben und aus der Höhle geflogen.

„Dieser...“, grollte Sasori und schaute seinem Partner kurz hinterher, ehe er sich noch dem zweiten Auge der Puppe, dessen Politur noch ausstand, widmete.

Sobald er mit seiner Arbeit fertig war, würde er dem Jüngeren schon noch Manieren einbläuen; ein wenig Vergnügen durfte er sich nach der ganzen Arbeit schließlich auch gönnen. Und wenn der andere ihm weiter auf die Nerven ging, könnte er ihn immer noch gänzlich zum Schweigen bringen.

Obwohl er dies vorhin eher als nicht ernst gemeinte Bedrohung dahergesagt hatte, gefiel ihm der Gedanke zusehends, Deidara seiner Sammlung hinzuzufügen und ihn auf diese Weise zu einem Kunstwerk und seinem Eigentum zu machen. Denn er musste zugeben, dass auch ihm hin und wieder die Tage in einer abgeschiedenen Höhle lang vorkamen und er Deidaras Anwesenheit als Kontrast zu der sonstigen Stille genoss. Auch wenn er Deidaras freches Mundwerk ganz bestimmt nicht vermissen würde, ließen die ewigen Diskussionen über ihr jeweiliges Kunstverständnis zumindest nie Langeweile aufkommen. Sich Deidaras für die Ewigkeit konservierten Körper einzuverleiben, könnte die Erinnerung an diese Momente in Zeiten künftiger Isolation bewahren.

Sasoris Mundwinkel verzogen sich zu einem schaurigen Lächeln. Der Tag, an dem Deidara sich entweder selbst in die Luft sprengen oder ihm in die Falle gehen und er durch die Präparierung dessen strahlend blauer Augen seine Seele für immer in einer Puppe einfangen würde, würde kommen. Ganz bestimmt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach fünf Jahren hat es mich mal wieder gepackt. Mir spukte schon lange die Idee im Kopf herum, wie Sasori seine Puppen herstellt und Deidara ein Teil seiner Sammlung sein könnte. Und endlich habe ich sie zu Papier gebracht. :-) Hoffentlich dauert es das nächste Mal nicht wieder so lange, aber wer weiß das schon... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _pika_
2023-10-08T11:14:25+00:00 08.10.2023 13:14
Spooki… xD
Aber wir dürfen neben nicht vergessen, wer Deidara und Sasori sind.
Keine lieben, netten Chibifiguren… ^^“
Du hast sie mal wieder gut rüber gebracht und vor allem originalgetreu. Daumen hoch. :)
Hast du für diese FF eigentlich recherchiert oder ist das deiner Fantasie entsprungen? xD
Ich mag es, wie subtil du die Zuneigung der beiden füreinander mal wieder rüber bringst. :)
Ohne, dass es zu kitschig wird. Aber trotzdem ausreichend, um mein SasoDei Fanherz dahinschmelzen zu lassen.
Ich hoffe du schreibst auch zukünftig noch weitere Geschichten zu dem Pairing! ;-)



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