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Tränen der letzten Generation

Ende einer Ära
von

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Bestehende Wege

In mitten der Rui-Halle der untersten Etage, des riesigen Bürogebäudes Aka stand er nun da, alleingelassen und auf der suche nach einer Telefonzelle. In seiner Rechten hielt er einen Hartschalenkoffer und in der linken eine weiße Karte so groß wie eine Checkkarte. Auf dieser war ein großes vierblättriges Clover abgebildet. Es schimmerte grün silbrig, ansonsten war die Karte schneeweiß. Um ihn herum tummelte sich eine Masse von Menschen die alle unterwegs waren um sich zu beschweren oder einen Antrag auf etwas zu stellten dass sie unbedingt benötigten. In Akas unterster Etage waren über all im Raum und an den Wänden Telefone die einen direkt mit einer Beschwerdehotline verbanden. Er jedoch wollte ein bestimmtes Telefon. Nur eines würde den gewünschten Partner haben. Nur eines würde ihm den erhofften Nutzen bringen.

Er nahm den roten Hörer ab und strich sie eine Strähne des fast schulterlangen schwarzen Haares aus der Stirn, dass sein Gesicht so vornehm umrahmte. Mit leicht zittriger Hand schob er die Karte in den dafür vorgesehenen Kartenschlitz, der von einer schwarzen Raute umzogen war. Diese war wiederum wieder von einem kleinem dreiblättrigem Clover geziert, dass in dessen linker Ecke prangte. Ihm war bewusst, dass er auf Grund seiner Schwäche nicht zu einem längeren Gespräch durch dieses Medium in der Lage war. Aber dennoch war er entschlossen alles anzunehmen und bereitwillig den Stammhalter zu mimen, wenn es soweit kommen sollte.
 

Auf einem Bildschirm erschien das erwünschte Gesicht vor dem älteren Herrn, der schon auf seinen Partner in der untersten Etage des Aka gewartet hatte. Dieser ältere Herr war mehr oder minder das höchstrangige menschliche Lebewesen in der derzeitigen Hierarchie. Breyn K. Gemarschus, leicht graumeliert und etwas in die Jahre gekommen war er und seine ausgezeichneten Führungsqualitäten waren auch nicht mehr was sie mal waren. In der Politik wie auch im Volksmund nannte man ihn den 'Blutroten Riesen', was mit seiner Blutpolitik zusammen hing. Als höchstes Oberhaupt der unterirdischen Welt, war er ständig bedroht und er hatte schon viele Angriffe auf sein Leben überstanden, aber da seine Beliebtheit wegen mangelnder Konsumgüter und Lebensmittel abnahm, für deren Beschaffung er einfach keine Lösung fand, schwankte sein Thron. Der junge Mann mit den schwarzen kinnlangen Haaren sah in ernst aus seinen großen Katzenaugen an.

"Vielen dank für ihre Einladung Sir. Wie ist es ihnen seit unserem letzten Gespräch ergangen?" aufmerksam betrachtete er jede Bewegung des Jungen. Er antwortete ihm nicht sondern begann gleich zu sprechen.

"Es geht um meine Nachfolge, wie du dir sicher denken kannst. Meine Beliebtheit bei der breiten Masse sinkt drastisch, wie du sicher auch schon bemerkt hast, ich denke ich werde daher in den nächsten Wochen sterben müssen." In den Augen und der Mimik seines Gegenübers ließ sich keinerlei Reaktion erkennen. Mit gezielten Bewegungen glitt die massige Hand von Gemarschus über den riesigen Bildschirm um verschiedene Informationen über seinen Gesprächspartner abrufen zu können. Sein gegenüber war Haruka Shido, 17 Jahre, vom vierten Rang. Somit gehörte er zu den besten der menschlichen Gattung. Seine Lebensgeschichte las sich selbst in der Kurzfassung wie ein Roman aus alter Zeit, oder wie ein zeitgemäßes Drama. Seine geistigen Fähigkeiten waren überragend aber es fehlte ihm an Vitalität und Überzeugungskraft. Seine Motivationen waren unlauter und er war schon mehrfach auffällig geworden, weil er sich nicht zwingend mit den aktuellen Themen beschäftigte aber ausgezeichnete Lösungsvorschläge aufbrachte, wenn man ihn früh genug um solche bat. Er war interessant aber nicht das was man sich für den Job vorstellte. Er war nicht in der Lage großem Druck standzuhalten.

"Shido-san sie werden innerhalb von zwei Wochen meinen Nachfolger bestimmen und ihn mir mitteilen."

Der Junge verbeugte sich, "In zwei Wochen, kann ich noch etwas für sie tun Master Ikai?"

"Nein, geh und erfülle erstmal deine Anweisungen von Negi-san, wie ich sehe lässt er dir keine Pausen mehr seit dem letzten Zwischenfall." und wie nicht anders erwartet reagierte Shido abweisend, seine Reaktion war vorausschaubar.

Er knixte und murmelte mit fester Stimme, "Ich werde ihnen sicher keine Schande bereiten, ich werde sie nicht enttäuschen." Mit diesen Worten erlosch die Bewegung im Fenster des Bildschirms. Er hatte sich ausgeklinkt.

Gemarschus lächelte unzufrieden in die schwarze spiegelnde Fläche des Bildschirms vor sich. Haruka Shido... Merkwürdig anzusehen der Junge. Besonders, wenn man mit seinem Werdegang vertraut war und wusste von wem er abstammte. Sein Stammbaum las sich so vorzüglich, dass einem dabei zum lachen zumute werden konnte. Man musste nicht sehr gebildet sein um zu erkennen wer dort alles aufgelistet war. Unglaublich wie SO ETWAS aus diesen Genen hervorgehen konnte. Gemarschus zog wieder mit den Fingern ein paar Leisten über den Bildschirm und rief Diagramme auf und ab und verglich sie fleißig miteinander. Es ließen sich keine Gemeinsamkeiten finden, auch in der DNA nicht, aber warum stand Shido dann als vollwertiger Blutsverwandter im Familienregister? Und diese Ähnlichkeit, allein das Gesicht, dass dem seiner Mutter so glich und charakterlich war er genauso verdorben wie sein Vater und sein Großvater.
 

Gemarschus lehnte sich schwer seufzend zurück und griff sich an die Sorgenfalte zwischen seinen Brauen. Er drückte und rieb sie, bis er erleichtert aufstöhnte und die Tabellen und Unterlagen mit einer harschen Handbewegung vom Bildschirm fegte. Das konnte noch warten. Ja, ein wenig konnte das warten. Er erhob sich aus seinem Sessel und klopfte sich unnötigerweise ab. Er wollte, wenn er denn schon sterben sollte, sein restliches Leben genießen. Er lachte innerlich. Jetzt konnte er sich ja noch ein paar Skandale leisten und etwas Unheil anrichten. Der junge Shido würde einen fähigen Nachfolger wählen, da war er sich sicher. Und Shido würde diesen Nachfolger leiten. Genauso wie erst Nikolas und dann er ihn geleitet hatten.

Außerhalb seines Büros warteten seine beiden Leibgarden. Jchena und Raul. Jchena arbeitete schon seit Gemarschus Amtsantritt für ihn. Dieser Junge war verlässlich und intelligent, er genoss Gemarschus vollstes vertrauen. Jchena lachte als er sah wie Gemarschus etwas steif und zerrauft sein Büro verließ und klopfte Raul ermunternd auf die Schulter. Gemarschus bemerkte wohl Rauls trockene, eher genervte Reaktion. Raul war erst seit kurzem eine Leibwache und auch wenn er mindestens genauso zuverlässig war und Jchena an Intelligenz und Kraft in nichts nachstand, so fehlte es ihm doch an Humor und er war nicht sehr redselig. Sein Vorgänger war einem der Attentate zum Opfer gefallen. Eine Frau namens Teema. Gemarschus schätze ihn zwar aber ihm gefiel Jchenas lockere art doch viel besser. Jchena kam auch gleich auf ihn zu und ließ Raul allein im Flur stehen.

"Sir! Sie sehen etwas zerrauft aus- war etwas wichtiges?" Jchena sah ein wenig auf den massigen Mann herab, glättete ihm das dünne Haar auf dem kopf ehe er dessen Krawatte zurecht machte und seinen Hemdkragen ordnete.

"Jchena ich bin kein Kind! Wo wir gerade dabei sind wie geht es ihrem Kind?"

"Ich habe kaum zeit für sie, sie nimmt es mir schon übel glaube ich."

"Der Job scheint sie ziemlich mitzunehmen, sie sollten sich mal ein paar tage beurlauben lassen." Gemarschus rundes gutmütiges Gesicht blickte aus den alten grau-blauen Augen etwas mitleidig in Jchenas schmale grüne Augen.

Der strohblonde große Jchena lachte laut sah den älteren Herrn der ihm wie ein Vater war besorgt an. "Wer soll ihnen dann das Leben retten, wenn ich weg bin! Ich könnte nicht ruhigen Gewissens heimgehen und ein Wochenende mit meiner Tochter verbringen wenn-"

"-wenn ich mit Raul allein bin?" unterbrach Gemarschus ihn und deutete auf den 1,90 großen Schwarzhaarigen. dieser schien wohl gehört zu haben, dass sein Name genannt worden war und wandte sich den beiden zu. Die 10m Abstand schienen zu schmelzen und noch ehe Gemarschus die Gelegenheit hatte auf den tiefgründigen Blick des dunkelhäutigen jungen Mannes einzugehen, klopfte Jchena ihm erschrocken auf die Schulter.

"Sir! ..." er schwieg. "Raul mag zwar nicht sehr... er wirkt nicht vertrauenswürdig aber ihm liegt Ihr wohl am Herzen vertrauen Sie ihm."

"Wie soll ich ihm vertrauen? keine Ahnung wie oft er mich nun schon mit Kaffe verbrüht hat in der kurzen Zeit und er spricht auch so merkwürdig als versuchte er mich auf Abstand zu halten!" Gemarschus zwirbelte den kurzen grauen Schnäuzer und Jchena schüttelte den Kopf.

Raul war ein sehr anständiger Mensch und ihm war klar das Gemarschus das wusste, sonst hätte er ihn nie eingestellt. Bis auf einen ihm bekannten Punkt war Gemarschus Menschenkenntnis unübertroffen geblieben. Der alte gerade mal 1,65 große Herr legte einfach zuviel Wert auf eine gute Beziehung zu seinen Leibgarden. Vielleicht meinte er sich dadurch ihren Schutz zu erzwingen. Jeder sollte ihn so lieben, dass er bereit war für Gemarschus zu sterben. Seine ehemalige Kollegin Teema war für ihn gestorben. Und auch er, Jchena würde für ihn sterben da war er sich sicher. Allerdings verstand er Gemarschus Sorge Raul würde ihn eher sterben lassen, als eine Kugel mit dem eigenen Körper abzufangen. Zumal Raul eine Abneigung gegen Gemarschus Politik hatte.

"Er wird sich schon noch hier eingewöhnen und... ich bin sicher, dass er sie nicht mit Absicht verbrüht. Die Tabletts mit ihren Mahlzeiten sind wirklich schwer. Nicht Jeder der hier arbeitet hat als Teenager mal als Kellner gejobbt."

"Ich weiß ich weiß, lass uns gehen ich will ausnahmsweise mal zur rechten zeit Zuhause sein. Mein Kleiner wartet wahrscheinlich auch schon ganz Sehnsüchtig auf meine Rückkehr." er lachte leise mit diesem bärtigen, freundlich rundem Gesicht.

Jchena verzog eine Miene. "Das geht niemanden etwas an."

Raul murmelte etwas und öffnete die große Sicherheitstür die Gemarschus Büro vom Rest der obersten Etage trennte. Und mit einem mal waren diese drei Männer wieder mitten in dem lauten leben der Außenwelt, dass so gar nichts mit der ruhigen Welt in Gemarschus Büro gemein hatte.
 


 

Haruka hob die Hand zum Kartenschlitz und ließ den Zeigefinger kurz darüber gleiten ehe der den knallroten Hörer wieder auflegte und die Karte wieder entnahm. Kurz zuckte seine Hand zurück. Ein dumpfes Gefühl in der Magengegend kündigte ihm an das hier unten bald wieder die Hölle los sein würde. Mit der aufkommenden Übelkeit ringend griff er nach dem kleinen Hartschalenkoffer und eilte in Richtung Fahrstühle.

Die großen Hallen die er durchschritt waren überfüllt mit 1- oder 2blättrigen Clover die laut vor sich hin murmelten und sich unterhielten. Haruka konnte jedes ihrer Wörter verstehen es brannte sich in seinen Kopf jeden Beschwerdeaufruf jede Diskussion unter einander jede noch so kleine Nichtigkeit. Ab und an blieb er stehen und griff sich an den Kopf. Ein Schwindelgefühl stellte sich ein. Die Sicht verschwamm schneller als er geglaubt hatte und er musste die Augen für einen Moment schließen, um wieder klar zu werden.

Mit jedem Schritt wurde der Druck in Harukas kopf größer, die Last im Kreuz schwerer und die endlose Leere in ihm füllte sich mit Gefühlen, die ihm nicht gehören zu schienen, Hass Neid Angst Hunger Kummer Sorgen Schmerzen. Schweißtropfen rannen langsam seine Stirn hinab sein Blick kreiste umher auf der Suche nach der Quelle, aber es waren so viele zutreffende Individuen anwesend. Aka war ein Zentrum für solcherlei Menschen, über der dem Erdgeschoss befand sich ein riesiges Kaufhaus fast bis zur 80. Etage. Er konnte hier nicht einfach ausrasten es waren zu viele Zivilisten anwesend. Unschuldige. Aber die Qual fing an in sein Rückenmark zu ziehen. Endlich bei einem Fahrstuhl angelangt, drückte er hastig auf alle Knöpfe. Er achtete schon gar nicht mehr auf seine Umgebung. Wichtig war jetzt nur die Rui-Halle zu verlassen und nach oben zu kommen um aus der Reichweite des Stroms an negativer Energie zu gelangen. Nervös und zitternd griff er sich an die Brust und verkniff sich ein Husten. Seine Finger vergruben sich in den schwarzen Stoff seiner Uniformjacke. Er spürte deutlich wie schwer es wurde zu atmen, wenn es drohte hochzukommen. In der Lunge setzte sich ein zähflüssiger schleim fest, es tat höllisch weh. Das war die Einleitung zu Stufe 1. Er spuckte auf den Boden, "Scheiße!"

Die Fahrstuhltüren öffneten sich mit einem leisen Klingelton und Haruka stürzte sich geradezu hinein und war froh als er gegen die Wand gelehnt sah das er allein in der Kabine zu seien schien. Er stöhnte schmerzlich auf, als die Fahrstuhltüren sich schlossen. Fluchend fing er an zu husten und zu würgen. Er musste versuchen sich ein wenig runter zu schrauben. Schnell drückte er eine möglichst hohe Zahl auf der Stockwerkanzeigetafel und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Die Fahrstuhlmusik lief leise vor sich hin. Zufall oder weise Voraussicht von Gemarschus, dieses Lied hatte eine beruhigende Wirkung auf ihn. Es war ganz leise, aber durch seinen ruhiger werdenden Atem konnte er die Melodie hören, die sich leise in ihn pflanzte. Es hinter ließ ein seltsam angenehmes Gefühl der schwere und machte den Kopf so wunderbar leer. Gemarschus war manchmal wirklich begnadet. Er war so berechenbar und berechnete das gleich mit in seine eigenen Berechnungen ein. Haruka seufzte und fasste sich an die Stirn. Wie sollte er bloß einen Ersatz für diesen Mann finden? Es war nahezu unmöglich! Am liebsten würde er selbst die Nachfolge antreten, aber das würde dieser Sture alte Bart nicht erlauben! Warum eigentlich nicht?! Gemarschus wusste genauso gut wie er das sein Nachfolger ihn ganz einfach ersetzen sollte! Eine weitere Puppe die von dem Clan manipuliert und ausgenutzt werden würde. Das neue Staatsoberhaupt würde Harukas Marionette werden wie Gemarschus die Marionette seines Vaters war! Am ende würde Haruka alle Fäden in der Hand halten. Aber hätte doch gern nicht nur die Fäden sondern auch das Gesicht gehabt. Was sollte das? Wieso durfte seine Familie eigentlich immer nur aus dem Hintergrund agieren? Allein die Vorstellung, dass er so enden würde wie sein Vater, konnte ihm Krämpfe verursachen.

Ein durchdringender Klingelton. Die Fahrstuhltür öffnete sich. Schleunigst richtete Haruka sich auf und ging aus der gekrümmten Haltung direkt in eine aufrechte Kerzengerade. Als sich die Fastuhltüren diesmal öffneten, sah Haruka etwas kränklich aber doch wesentlich besser aus. Herein trat ein junger Mann der wohl zwischen 16 und 20 Jahren hätte sein können. Mit selbstsicherer Mine setzte er seine Sonnenbrille ab und lächelte schwach, “Sie haben heute die Ehre mit mir Lift zu fahren! Währen sie so freundlich für mich den 85. Sto-" er hielt für einen Augenblick inne und beendete seinen Satz nicht. Sein Haar war straßenköterblond und er war genau auf Harukas Augenhöhe. Sie waren exakt gleichgroß. Der Blickkontakt war von Harukas Seite nur kurz. Die leicht herabhängenden, grünen Augen des Fremden gingen in Mark und Glied. Ein Gefühl von unerklärlicher Anspannung, die völlig seiner selbstsicheren, lockeren Körperhaltung widersprach ging von ihm aus. Harukas Blick senkte sich und er besah sich binnen von Sekunden sein Kleidung. Er Trug ein rotes Band um den Kopf, unter das die stufig geschnittenen Haare achtlos geklemmt worden waren. Der Pony jedoch hing wie ein Fächer gespreizt darüber. Er trug einen cremefarbenen Pullover, auf dem groß und breit eine ockerfarbene sieben stand über die wiederum in khaki 'Kigstly' geschrieben stand. Außerdem eine gewöhnliche, leicht abgenutzte Bluejeans und dreckige Turnschuhe die weißblau gehalten waren. Er trug einen braunen Gürtel um den Pulli schräg an der Hüfte, an dem 7 ovale kleine Steine befestigt waren. Glatt und glänzend waren darauf Smilys von sieben Gemütszuständen ausgebildet. Über der linken Schulter hing ihm eine Sporttasche von ' 7Stones '. Seine Ohren waren links 4 mal und rechts 5 mal gepierct. Zu allem Überfluss die übergroße schwarze Sonnenbrille die er in der Rechten hielt. Er sah aus wie ein schäbiger Tourist.
 

"Ey Schnegge?" Haruka zuckte jähe zusammen, als er den besorgten Ton des jungen Mannes dicht vor sich hörte. Er stand ziemlich dicht vor Haruka und sah ihn aus den leicht melancholischen Augen mitleidig an.

"Schnegge du siehst aber nich gut aus... alles in Ordnung?"

"D-danke es geht..." hatte der ihn Schnecke genannt?

"Vielleicht sollteste zur Sanitäts-Station unten inner Rui-ha-"

"Es geht! Ignorier es! Ignorier es."

Mit aufmerksamen Augen musterte nun der andere Fahrgast Haruka. Ihm fiel direkt die Arbeitsuniform auf, die einer alten Schuluniform für Männer mit hochgeschlossener Jacke glich. Das scharf geschnittene Gesicht, die ärgerlich verzogene Miene, die mandelförmigen, dunkelbraunen, doch großen Katzenaugen. Der schmale Körper der etwas verkrampft und da stand... Der asymmetrische Schnitt der nachtschwarzen Haare. Völlig schmucklos. Beim genaueren hinsehen musterte er abschätzend das rechte Auge Harukas. Eine Abnormheit stellte sich fest.

"Dein Auge flackert."

Haruka reagierte nicht.

"Bist du vielleicht ein E.G.G.?"

Haruka sah den anderen abschätzend an und schüttelte den Kopf.

Der Junge Mann jedoch schien dies nicht zu beachten. "Eggs also E.G.G.s sind den Menschen sehr ähnlich geworden in letzter zeit. Aber sie können einfach keine Emotion nacharmen. Schmerz zum Beispiel. Wenn son Egg versucht seinen Schmerz durch Trän auszudrücken, fängt der Monitor vor der Augenkamera an zu flackern. Das sieht wenn man nicht so genau hinsieht aus als wäre das Auge feucht."

Er sah Haruka etwas ernster an.

Haruka sah etwas gequält und unsicher zurück.

"Ich bin ein Mensch."

Der Fremde seufzte. "Uff ich dacht schon. Abba... ja klar ein Mensch!!"

Er stippte sich vor die Stirn als wäre ihm ein Licht aufgegangen.

"Ein Mensch! Ja klar, das erklärt natürlich einiges. Menschen und Maschinen sind sich so ähnlich."

Haruka besah den Fremden nun doch etwas misstrauisch. Menschen und Maschinen sollten sich ähneln? Haruka wusste nicht genau, was er von dieser Aussage halten durfte. Er fand keine Gemeinsamkeiten, aber gerade das machte ihn so stutzig. Sein Blick wanderte über die große, pralle Sporttasche. Der Fremde sah wirklich verdächtig aus. Sein Akzent war auch seltsam und wie er sich bewegte. Er gestikulierte viel und sehr ausladend. Auf keinem Kleidungsstück war ein Clover abgebildet, das seinen Rang verriet. Was er sagte kam ihm auch lateinisch vor. Haruka verstand nicht. Es schien ihm fast so als wäre der Fremde ein....

"Ich verstehe nicht so ganz, worin sollen sich Menschen und Maschinen denn ähneln? Mir fiele da nichts ein." Unsicher streifte Harukas Blick seine Schuhe, als wagte er nicht mehr den Fremden anzublicken. Irgendwas an dessen Art machte ihn nervös. Sein Gegenüber wollte erst spontan losreden- lächelte dann aber und sprach in einem überaus ruhigen, provokant charmantem Ton.

"Na ja... so dies und das... zum Beispiel... haben sie kein Gespür- ... für-...."

Wieder klingelte es durchdringend. Haruka wandte sich der Fahrstuhltür zu, während der Fremde sich hastig die riesige Sonnenbrille auf die Nase drückte. Die Türen öffneten sich und ihr Blick ging direkt ins Leere. Ein ziemlich kleiner Junge von nicht mehr als 12 Jahren stieg ein und strahlte aus riesigen violetten Augen auf zwei etwas verdatterte Männer. Der Junge war dunkelblond und etwa 1,53 groß. Mit einer hellen Kinderstimme lachte er die beiden an.

"Hallo!" er kniff die Kulleraugen zu einem grinsen zusammen.

"Äh... ja. Guten Tag." murmelte Haruka.

Von dem Fremden kam keine Reaktion.

Der Kleine stand nun zwischen dein beiden. Er strahlte wirklich Freundlichkeit und Glück aus allen Poren und machte auf Haruka einen quirligen, fröhlichen Eindruck. Er spürte wie dieses Gefühl in ihn einzudringen versuchte. Er machte keine Anstalten es zuzulassen. Er wehrte sich. Der Junge störte Haruka und er empfand ihn als nervig. Durch die Intensität der Gefühle jenes Kindes konnte er nicht den kleinsten Hauch der Gefühle dieses Touristen mehr wahrnehmen. Waren seine Gefühlsregungen wirklich so gering, dass sie die Fröhlichkeit eines Kindes nicht durchdringen konnten? Des Weiteren war auch das Gespräch der beiden durch das Kind unterbrochen worden. Es war störend.

Was sollten denn Menschen und Maschinen und so gemeinsam haben? Wofür haben Menschen kein Gespür?

Er zuckte kurz zusammen. Ihn erfasste eine Woge der Übelkeit und er schüttelte einen Momentlang geistesabwesend den Kopf. Er verstand nicht wie dieses schleimige, die Brust zuschnürende hier hereinkam. Er sah einen Moment lang den Jungen an aber von ihm ging eine geblümte Atmosphäre aus. Der Fremde war frei von jedem Eindruck. Mehr noch, er wirkte Ausdruckslos. Mit einem Mal fehlte etwas im Raum. Es dauerte etwas bis Haruka begriff aber mit einem mal blickte er zu den Deckenboxen auf. Die Musik hatte aufgehört. Er kam sich dumm vor. Er grübelte hier über Fremde und Nichtigkeiten, dabei war er für Gemarschus unterwegs! Er hatte einem Ruf gerecht zu werden, er war schließlich nicht zu seinem vergnügen hier in Aka. Er versuchte sich zusammen zu reißen.

"Wie heißt du denn?"

Haruka sah auf den Kleinen herab.

"Ich hab dich schon 3-mal gefragt, magst du mir nicht antworten?"

Er stutzte, "Äh- tut mir leid. Ich war abgelenkt. Shido."

"Ich bin Nr.04773aus der DQB-Reihe."

Haruka wandte sich höflich ab. "Ah ja..."

Eine Seriennummer und eine Baureihe, ein EGG?

Der Junge wandte sich ihm jedoch weiter zu und begann zu reden. Nach knapp 10 Minuten wurde Haruka dann klar, dass wenn man Jemandem seinen Namen nennt, dieser Jemand automatisch glaubt, er wäre zu einem Gespräch aufgefordert worden. Haruka versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie wenig ihn interessierte was der Kleine ihm zu erzählen versuchte. Er war von seinem Master wahrscheinlich so programmiert worden, viel und andauernd zu reden. Wahrscheinlich waren seine Besitzer ein kinderloses Ehepaar oder vielleicht ein alter Mensch der Beschäftigung braucht und nicht allein sein will. Er seufzte und hob für einen Moment den Blick. Streifte den Touristen damit und versuchte durch die unendlich schwarze Sonnenbrille in dessen Augen zu sehen. Keine Chance. Er hatte den Kopf leicht gesenkt und wirkte auf mich völlig desinteressiert. Schrecklich so ignoriert zu werden! Wirklich nicht angenehm.

Mit einem Mal wandte er den Blick zu mir. Ich sah schnell von ihm ab und bemerkte, dass der Kleine mich anstarrte. Stockstumm. Und dann plötzlich auf die Fahrstuhltüren sah sich abwandte und kicherte, als wäre ihm... ein Gefühl der Überraschung und kindlicher Schüchternheit floss auf Haruka ein. Er versuchte mit den Gedanken bei Gemarschus zu bleiben, allerdings zog es ihn eher zu dem Fremden.

Unerwartet wurde der Fahrstuhl heftig durchgeschüttelt. Haruka sackte zusammen und noch ehe er begriff, warum und was geschah übergab er sich. Dieses zähflüssige in seiner Lunge begann sich über seinen ganzen Körper zu erstrecken und seine Glieder wurden so furchtbar steif. Er blickte auf und alles drehte sich. Haruka hörte einen dumpfen Knall, sah eine eklige von madenzerfressene Fratze vor sich. Ihm entfuhr ein heftiger Schrei und plötzlich riss er die Augen auf. Er lag auf einer Bahre um ihn herum viele Menschen.

"Sind sie in Ordnung? Es hat wieder eine Reaktion gegeben sie haben ein Attentat überlebt." Einen momentlang brauchte Haruka zu registrieren was passiert war. Er sah den jungen Arzt etwas überrascht an. Attentat?

"Auf wessen Leben?"
 


 

Es war späte Nacht als sich Shauwn in einen kleinen Club begab, um noch einen Nachttrunk zu sich zu nehmen. Er strich sich kurz eine Strähne des straßenköterblonden Haares aus der Stirn und blinzelte beim Eintreten in das matte Licht einer Neonröhre und in das Gesicht eines betrunkenen Türstehers der nur noch Frauen herein lies. Shauwn hatte also kein Problem. Im wurde häufig unterstellt, er sähe aus wie ein Mädchen, so dass auch der betrunkene Türsteher ihn durchließ. Wirklich drinnen sah es mehr so aus als wäre es ein billiger Pub. Er steuerte gezielt auf die Bar zu und setzte sich, ohne darauf zu achten was um ihn herum geschah. Er bestellte sich einen Gin-tonig und lehnte sich etwas zurück als ihm auffiel wer zwei Plätze nach rechts einen Stehplatz hatte.

Shauwn grinste zufrieden und schulterte seine 7-Stones Tasche. Der schwarzhaarige aus dem Fahrstuhl. Er trug immer noch diese uniform die Shauwn für eine schuluniform gehalten hatte bis er das Cloversiegel erkannt hatte. Er ging zu ihm herüber und tippte ihn an.

Der Junge Mann drehte sich etwas müde zu ihm um und an einer kurzen Weitung der Pupillen erkannte Shauwn sein Interesse.

"Bist ja ganz schön ausgetickt da im Fahrstuhl als das Ding da rein is."

"... Ihnen auch einen schönen Abend Denime-san." er wandte sich benahe beleidigt ab während Shauwns Augen sich heftig weiteten.

"Du kennst meinen Namen?!"

"Hat Ihnen meine Show denn wenigstens gefallen? Aufdringlicher Kerl!" fluchte der junge Mann und seine Katzenaugen wurden schmal, während sie die Eiswürfel in einem offensichtlich nicht alkoholischen Getränk betrachteten. Shauwn lachte und lehnte sich neben ihm an die Theke.

"Shauwn Denime- spricht sich Schoun Deneim. Ich bin 17 Jahre alt und ersuch ein Gespräch bei Gemarschus. Aber wegen der Sache mit dir konnte ich heute nicht bei ihm reinschneien. Es geht um Lebensmittellieferungen. Du als Staatsdienstler weißt das sicher schon." Shauwn tippte auf das vierblättrige Clover auf der Schulter des zierlichen Herrn.

Der Junge wurde plötzlich hellhörig und wandte sich doch lieber wieder um.

"Gemarschus??"

"Ich fürchte das könnte schlechten Einfluss auf unsere Verhandlungen haben wenn du mir nicht sofort deinen Namen sagst."

Hastig griff er sich an die Brust. "Shido!-Shido Haruka!"

"Ist Shido dein Vor- oder Nachname?"

"Nachname!"

"Aha und wie alt?"

"Wir sind gleichaltrig, Sie und ich..."

Shauwn nahm seinen Drink entgegen.

"Du wirkst ganz anständig, kaum zu glauben was über dich alles erzählt wird- Haruka."

man merkte deutlich an seiner Mine, dass er nicht so von einem Fremden angesprochen werden wollte. "Und was sagt man so?"

"Ach so dies und das. Erklär lieber was das fürn Ding war heute Mittag."

"Ein ganz normales Dornenkind. Nichts Außergewöhnliches."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  GnaCat
2009-01-10T01:16:44+00:00 10.01.2009 02:16
Nochmal an Fleammchen! xD
Der Erzähler wird nicht gewechselt es ist immer in der dritten Person Singular geschrieben!

Du meinst glaube ich eher, dass der Erzähler für deinen Geschmack zu oft die Perspektieve wechselt!

Für eine Geschichte die mehr als eine Hauptperson hat ist das meiner Meinung allerdings notwendig. Wenn ich nicht ab und zu auch andere Personen ins Target nehmen würde als Haruka Shido, würden die anderen zu Nebenfiguren mutieren und bekämen nicht die Aufmerksamkeit die Sie verdienten.

Oder meinst du dass ich manchmal mitten in der Szene das Setting wechsle? Das mache ich manchmal um die Spannung zu erhöhen oder eine zeitgleich ablaufende Handlung zu beschreiben. Ich finde so kommt sehr deutlich und ohne extrahige erwähnung zum ausdruck das etwas Zeitgleich geschieht, nur an einem anderen Ort. Mich stört es selbst sehr extrem wenn andere dazu schreiben dass etwas 'zeitgelich' passiert. Ich finde das unästetisch. Aber jedem das seine.

Aber den Erzähler gewechselt habe ich nicht! xDDD
Von: abgemeldet
2008-12-16T09:11:43+00:00 16.12.2008 10:11
Nette Geschichte, auch wen es etwas stört das ohne ersichtlichen grund ständig der erzähler gewechselt wird


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