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Quicksand

(~ GaaraXYuka~)
von

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Apokalypse

Ich weiß nicht, wie ich mir meinen Tod vorgestellt hatte. Vielleicht als ein großes Tor, aus dem ein Engel kommt, der mir all meine Sünden vorliest. Oder als eine weiße Wolke, die mich in den Himmel fliegt. Meinetwegen auch dieser Tunnel mit dem Licht am Ende, von dem man so oft hört. Auf jeden Fall irgendetwas Erhabenes und Übermenschliches, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte.

Doch nicht einmal ein angenehmer Tod war mir vergönnt. Meine Beine – beziehungsweise, was noch von ihnen übrig war – schmerzten noch viel schlimmer, als vor meinem Bewusstseinsverlust und mir war so furchtbar schlecht, dass ich mich unwillkürlich fragte, ob Gott es mir übel nähme, wenn ich ihm in den Himmel kotzen würde.

Sicherheitshalber hielt ich mir eine Hand vor den Mund, doch diese unscheinbare Bewegung ließ den Schmerz nun auch in meinen Oberkörper fahren. Ich keuchte auf und wollte mich gerade dem Würgereiz ergeben, als ich eine Stimme hörte, die ebenso wenig in den Himmel gepasst hätte wie ein kotzendes Mädchen mit abgetrennten Beinen.

„Halt gefälligst still, sonst verfehlt der Heiler deine Arterie und der Inhalt dieser Spritze verätzt dir innerhalb von knappen fünf Sekunden alle lebenswichtigen Organe.“ Ein Stück Schmirgelpapier, das man auf einem Stein reibt, hätte sich nur wenig anders angehört.

Dann erklang ein unwilliges Brummen und eine zweite Stimme – auch sehr hart und energisch, doch mit einem sonderbar angenehmen Klang – wandte sich an die erste.

„Temari, komm lieber mit. Wir sollten gehen, bevor du das Mädchen und die Ärzte noch zum Heulen bringst.“

Die Schmirgelpapierstimme schien zu einer Antwort anzusetzen, doch ich unterbrach sie mit einem schrillen Aufschrei. Irgendjemand hatte mir etwas Spitzes in den Arm gerammt und nun breitete sich ein fürchterliches Brennen in meinem Körper aus. Ich glaubte fast, jemand hätte meinen Arm angezündet, und warf mich hin und her, um das Feuer zu löschen. Doch das ließ den Schmerz in meinen Beinen neu aufkeimen und ich schrie nur noch lauter.

„Jetzt stell dich nicht so an! Ich hab dich verdammt noch mal nicht durch die halbe Wüste geschleppt, damit du hier noch auf der Krankenstation so viel herumhampelst, bis sie dir die Beine doch amputieren müssen!“, schrie mich die Schmirgelpapierstimme an.

Da erreichte das Brennen mein Gesicht und endlich gelang es mir, die Augen aufzuschlagen. Was ich sah, hatte mit dem Himmel herzlich wenig gemeinsam: Ich befand mich in einem engen Raum mit viel zu niedriger Decke, von der einige Spinnenweben herabhingen. Obwohl selbst die Speisekammer meines Elternhauses geräumiger war, hatte man einen wackligen Schrank und ein Bett in das Zimmer gequetscht, und in diesem Bett lag ich nun.

„Verdammt!“, entfuhr es mir und schlagartig wurde mir klar, dass sich nicht einmal mein simpler Wunsch zu sterben erfüllt hatte.

„Ist auch sehr schön, dich zu sehen, und nein – du brachst mir nicht zu danken. Ist ja nicht so, dass ich dich als halb verrecktes Häufchen Elend in der Wüste aufgelesen und dir das Leben gerettet hätte“, knurrte die Schmirgelpapierstimme mit beißendem Sarkasmus.

Ich wandte den Kopf und erschrak, denn neben meinem Bett stand nicht etwa ein Mann – wie ich es von einer solch groben Stimme erwartet hätte – sondern ein blondhaariges Mädchen, nur wenig älter als ich selbst. Zwar bot sie mit ihrem mehr als ungewöhnlichen Kleid und ihren Haaren, die sie zu vier Zöpfen gebunden hatte, einen recht sonderbaren Anblick, doch weiblich war sie allemal.

Ich bekam nicht die Gelegenheit, ihr zu antworten, denn ein recht genervt wirkender Junge, in dem ich den Inhaber der zweiten Stimme vermutete, trat neben sie. Zumindest glaubte ich, dass es ein Junge war; ganz klar war das nicht zu erkennen, da sein Gesicht gänzlich mit weiß-lila Schminke bedeckt war.

„Du musst meine Schwester entschuldigen“, erklärte er. „Sie hat leider keinerlei Gefühl dafür, wann man einem lebensbedrohlich verletzten Patienten Ruhe gönnen sollte.“

„Kankuro!“, fiel ihm die Blondine aufgebracht ins Wort und es hätte mich nicht gewundert, wenn sie ihn geschlagen hätte. „Unser Auftrag war es, sie hierher zu bringen, damit sie nicht abkratzt, und nicht, uns bei ihr einzuschleimen! Und diese Mission ist längst beendet, also komm gefälligst mit! Ich halt diese Krankenhausluft keine Minute länger aus!“

Sie machte sich erst gar nicht die Mühe, auf ihren Bruder zu warten, sondern drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Zimmer.

Der Junge, dessen Name anscheinend Kankuro war, seufzte tief und verdrehte die Augen zur Zimmerdecke, ehe er sich wieder mir zuwandte. Allerdings konnte ich schon an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er ebenfalls nicht sehr erpicht darauf war, Zeit mit mir zu verbringen.

„Du solltest vielleicht wissen, dass du außer Lebensgefahr bist. Temari und ich haben dich gerade noch rechtzeitig in der Wüste gefunden, als du am Verbluten warst. Deine Beine sind gebrochen und der Heilungsprozess wird sich noch eine ganze Weile hinziehen, aber du solltest den Ärzten Bescheid geben, sobald du dich einigermaßen fit fühlst, weil das Dorfoberhaupt sich mit dir unterhalten will. Ihm und seinen Wahrsagern hast du es übrigens zu verdanken, dass wir überhaupt zur Stelle waren, um dir das Leben zu retten, also solltest du ihm dankbar sein.“

Er nahm einen tiefen Atemzug und musterte mich kurz aus zusammengekniffenen Augen. „Mal ehrlich: Du weißt weder, dass du in Suna bist, noch wie du dorthin gekommen bist, oder?“

Ich schüttelte leicht den Kopf, obwohl ich es mir längst zusammengereimt hatte.

Kankuro verzog die Lippen ein wenig, als wäre er nicht sicher, ob er verärgert oder amüsiert sein sollte.

„Das Dorfoberhaupt wird dir alles erklären, keine Sorge. Sieh dich in Zukunft bitte nur vor, dass du Gaara nicht noch mal in die Quere kommst. Ab sofort stehst du unter dem persönlichen Schutz aller Ninjas unseres Landes und wenn dir etwas passiert, werden Köpfe rollen. Ach ja, wie heißt du eigentlich?“

Ich hatte kaum Gefühl in den Lippen, doch irgendwie brachte ich meinen Namen hervor. Meine Stimme klang heiser und brüchig, als hätte ich seit Tagen nichts mehr getrunken, und das könnte auch durchaus der Fall sein.

„In Ordnung, Yuka. Dann ruh dich jetzt aus und versuch keinen Nervenzusammenbruch zu bekommen.“

Diese Aufforderung war ebenso schwachsinnig wie überflüssig, denn ich bekam nicht mal mehr ganz mit, wie er gleich darauf das Zimmer verließ und einige sonderbar gekleidete Ärzte damit begannen, die Verbände an meinen Beinen zu wechseln. Jeder normale Patient hätte bei dieser Prozedur vor Schmerzen geschrieen, doch seltsamerweise empfand ich rein gar nichts. Die Gedanken glitten nur zähflüssig durch mein Hirn und ich fühlte mich schwach und hilflos und ausgeliefert wie ein Kleinkind.

„Sollte es dir in der Nacht oder zu einem anderen Zeitpunkt einmal zu kalt werden, sag einfach Bescheid. Dann zünden wir das Feuer in dem kleinen Kamin dort drüben für dich an“, sagte einer der Ärzte schließlich zu mir, nachdem sie die Folter abgeschlossen hatten.

Ich war sicher, dass ich nicht einmal eine Außentemperatur arktischer Ausmaße bemerkt hätte, doch eines an diesem Angebot gab es doch, was meine Aufmerksamkeit kurz fesselte. Ich weiß nicht, wie ich plötzlich darauf kam, doch als der Heiler von einem Kaminfeuer sprach, fiel mir unwillkürlich ein Nachmittag vor einigen Monaten ein, als ich mit meiner Mutter zusammen im Einkaufszentrum gewesen war. Platzend vor Neugier auf alles Unbekannte, hatte sie mich zu einer steinalten Wahrsagerin geschleppt, die in der Eingangshalle an einem nicht viel jüngeren Klapptisch ihre Dienste anboten hatte. Obwohl ich mich mit Händen und Füßen gegen einen solchen Quatsch gewehrt hatte, hatte meine Mutter darauf bestanden, einen Blick auf meine Persönlichkeit werfen zu lassen. Vermutlich nur, weil sie sich erhoffte, damit eine Möglichkeit zu erfahren, mein kompliziertes Temperament besser zu kontrollieren, bevor ich einen Schulverweis riskierte.

Die Wahrsagerin verstand mit Sicherheit ebenso viel vom Wahrsagen wie eine Kuh vom Inlineskaten, doch mit ein paar äußerst eindrucksvollen Sätzen hatte sie meine leichtgläubige Mutter im Nu gebannt.

„Die Persönlichkeit ihrer Tochter besteht zum größten Teil aus Feuer. Alle anderen Elemente kommen bei ihr viel zu kurz. Das gibt ihr natürlich eine besondere Stärke, aber es kann sich auch zu einem Nachteil entwickeln. Das Feuer wird niemals geduldig warten. Stößt es auf ein Hindernis, wird es das Hindernis niederbrennen und seinen Weg fortsetzen. Nichts kann das Feuer bändigen, außer dem Wasser, und selbst das muss eine außergewöhnliche Stärke innehaben. Aber von sich aus wird das Feuer sich unter keinen Umständen je unterordnen.“

Ich hatte diesem Gerede schon damals keinerlei Glauben geschenkt, und tat es auch jetzt nicht.

Allerdings musste ich in diesem Augenblick unwillkürlich an jenen Nachmittag und jenes Gespräch denken. Ich hatte mich mein Leben lang wie eine Art Waldbrand verhalten, der alles nieder brannte, was ihm im Weg stand. Doch jetzt schien dieses Feuer erloschen. Dieses Feuer des Kampfgeistes, Selbstbewusstseins und der Wut. Was früher einmal ein reißender Großband gewesen war, war nunmehr nichts weiter als eine schwächlich züngelnde Glut. Wenn überhaupt.

Langsam wanderte mein Blick zur Zimmerdecke und hätte sich das Muster der dunkelbraunen Holzbalken nicht vor meinen Augen verschoben, wäre mir nicht einmal aufgefallen, dass ich zu weinen begann. Ich hatte nichts mehr. Weder die Menschen, die mir etwas bedeuteten, noch ein Zuhause oder mein inneres Feuer. Alles war rettungslos verschwunden. Nicht einmal meine Müdigkeit konnte ich klar wahrnehmen. So fiel es mir kaum auf, als mich die Schmerzmittel übermannten und ich in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf fiel.
 

Es musste einiges an Zeit vergangen sein, das verriet mir der nachtschwarze Himmel hinter der einzigen Fensterscheibe. Ob es Stunden, Tage oder sogar Wochen gewesen waren, die ich in diesem Dämmerzustand verbracht hatte – ich wusste es nicht und es interessierte mich auch nicht.

Das Einzige, das meine Aufmerksamkeit zumindest ansatzweise erregte, war eine Veränderung in dem sonst so gleichen Raum. Bisher war ich immer allein gewesen und hatte höchstens von ein oder zwei Ärzten Besuch gehabt, doch jetzt saß jemand neben meinem Bett. Direkt unterhalb des Fensters, das mich vom sternklaren Nachthimmel trennte.

Ein paar Sekunden lang machte ich mir die Mühe, den fremden Mann zu betrachten. Es fiel mir schwer, da ich mittlerweile daran gewöhnt war, meine komplette Umwelt zu ignorieren, doch es gelang mir, meine Augen scharf zu stellen.

Was ich sah, ließ eine finstere Hoffnung in mir aufkommen.

Der Mann war muskulös und trug wie die meisten Menschen hier einen schwarzen Freizeitanzug mit einigen Verzierungen aus Netzstoff. Sein hellbraunes Haar hing ihm wirr in die tiefe Stirn und verschmolz dort mit dem sandigen Farbton seiner lederartigen Haut. Er hatte kein besonders schönes oder ausdrucksstarkes Gesicht; das einzig Besondere daran waren seine Augen. Und sie waren auch der einzige Grund, weshalb ich mir die Mühe machte, mich mit seiner Anwesenheit auseinander zu setzen.

Es waren die Augen eines Mörders. Kalte, dunkle, onyxfarbene Augen, die mich musterten, als sei ich eine Zielscheibe.

Ein herrliches Gefühl durchströmte mich. Meine Todessehnsucht wurde also doch erfüllt.

Doch statt sofort eine Waffe zu zücken oder mich mit bloßen Händen zu erwürgen, betrachtete der Mann mich eine sehr lange Zeit. Dann legte er die Hände in den Schoß, zog die Augenbrauen zusammen und räusperte sich.

„Kankuro meinte, du würdest unsere Sprache beherrschen“, sagte er mit einer Stimme, die ich nicht grimmiger hätte vermuten können.

Es irritierte mich, dass er mit seinem zukünftigen Opfer kommunizieren wollte, und unwillkürlich fragte ich mich, ob er genau wie Gaara eine Art Zeremonie aus dem Gewaltakt machen wollte. Doch selbst wenn – Schmerzen waren mein kleinstes Problem.

Unruhe trat auf seine Züge, als ich nicht antwortete, und er seufzte genervt.

„Dir ist wohl nicht klar, wer ich bin. Du hast es einzig und allein mir zu verdanken, dass du noch lebst, also könntest du dich ruhig dankbar zeigen. Hätte ich Temari und Kankuro nicht angewiesen, dich aus der Wüste zu holen, wärst du dort jämmerlich verreckt.“

Meine Hoffnung auf ein baldiges Ende zerbrach. Das Bild vor meinen Augen wurde trüb wie eine schlecht geputzte Fensterscheibe. Ich wollte mich schon wieder in den Dämmerzustand sinken lassen, als er ein Wort aussprach, das mich gnadenlos an der Oberfläche festhielt.

„Gaara … Dieser nutzlose Idiot ist sogar zu dämlich, mir einen vernünftigen Bewohner eines Paralleluniversums mitzubringen, mit dem man auch etwas anfangen kann“, murmelte er zu sich selbst und ich rang nach Atem.

Das Wort war wie ein Schlag gegen den dichten Schleier der Trauer. Es war unmöglich, meinen Verstand abdriften zu lassen und meine Augen weiteten sich, um auch ja nichts von meiner Umgebung zu verpassen.

Der fremde Mann warf einen skeptischen Blick auf mich und seufzte erneut. Man konnte ihm kaum zum Vorwurf machen, dass er mich für völlig geistesgestört hielt.

„Falls es dich interessiert, Kleine, mein verkorkster Sohn, der dich in unsere Welt geschleppt hat, wird bald sterben. Ursprünglich war es mein Plan, ihn für immer in deine Welt zu verbannen, aber da er jetzt wieder da ist, muss ich mir etwas Anderes überlegen, um ihn loszuwerden. Aber keine Sorge, er wird dir nichts mehr tun. Falls du irgendwann mal das Sprechen lernst, habe ich noch viel mit dir vor und du bist bei mir in den besten Händen.“

Mein Gehirn arbeitete viel zu langsam, doch ganz allmählich tröpfelte die Erkenntnis zu mir durch. Das hier war das Dorfoberhaupt. Gaaras Vater, der Shukaku in ihn gebannt hatte, und ihn jetzt um jeden Preis töten wollte. Kein Wunder, dass er die Augen eines Mörders hatte.

Ich hätte ihm gegenüber Abscheu empfinden müssen, doch ich war lediglich begierig auf ein paar Antworten. Oder besser gesagt auf eine Antwort, die einzige, die mich noch interessierte.

Schwerfällig brachte ich meine Lippen dazu, sich zu bewegen und suchte nach meiner Stimme.

„Ich … möchte … nach Hause…“ Wenn es überhaupt noch jemanden gab, der mir diesen Wunsch erfüllen konnte, war es dieser Mann; er schien zu wissen, woher ich kam. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich möglichst klar in seine kalten Augen blickte und wartete.

Er lächelte – offenbar erfreut darüber, dass ich doch noch ein Lebenszeichen von mir gab – und beugte sich leicht über mich. Einen schier unerträglichen Augenblick lang schwieg er; dann streckte er die Hand aus und strich mir mit einer fast liebevollen Geste über den Kopf.

„Yuka…“, sagte er langsam und in seiner Stimme schwang etwas mit, das mich an väterlichen Stolz erinnerte. Doch es war zu kalt, um mir ein vertrautes Gefühl zu geben. „Yuka, wie sollte ich dich nach Hause bringen können? Du kommst aus einem Paralleluniversum, du bist einzigartig und unersetzlich. Mit etwas Glück kann ich dich zu einer viel perfekteren Waffe ausbilden, als mein verkorkster Sohn es je sein wird. Dein Chakrasystem unterscheidet sich grundlegend von allem, das unsere Ärzte je gesehen haben, und wenn wir es gut genug nutzen, könntest du schier unglaubliche Fähigkeiten freisetzen. Fähigkeiten, die dem Windreich zu Ruhm und Ehre verhelfen werden.“

Er ignorierte den Schock, der mir ins Gesicht geschrieben stand, und ließ seine Finger von meinen Haaren an meine Wange hinabwandern.

„Du verstehst also…“, fuhr der Kazekage widerlich schmeichelnd fort, „…dass es für dich nie wieder einen Weg in deine Welt geben wird. Mit dir kann ich schaffen, was mir mit Gaara nicht gelungen ist. Und wenn du dich gut anstellst, wird es dir gut gehen. Wenn nicht … nun ja, es gibt leider auch immer eine harte Tour, nicht wahr?“

Ich rang nach Atem und kämpfte gegen die Panik. Ich wollte diesen leichten Schleier der Taubheit nicht verlieren, denn dann würde es wehtun, das war mir klar.

„Weder … werde ich kämpfen noch morden!“, stieß ich heiser hervor und presste die Lippen aufeinander.

„Warum denn nicht?“

„Weil es schlecht ist. Es tut mir weh und allen Beteiligten. Ich tu das nie wieder.“

Er musterte mich abschätzend aus zusammengekniffenen Augen, ehe das kühle Lächeln zurück auf sein Gesicht trat.

„Wie schade, denn nun wird es der Hauptinhalt deines Lebens werden.“

„Nein!“

Ich saß aufrecht auf der Liege und starrte den Kazekage aus geweiteten Augen an; heftiges Zittern schüttelte meinen Körper. Egal in welchem Universum ich war – ich würde nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen. All die Bilder von Gaaras Opfern wirbelten durch meinen Kopf und noch weitaus deutlicher die Momente, in denen ich selbst Blut vergossen hatte. Es war einfach gewesen, die Folgen in diesen Augenblicken auszublenden, doch nun, wo ich nicht länger in Lebensgefahr war, stürzte all die erdrückende Schuld auf mich hinab.

Ich war eine Mörderin, eine fürchterliche Mörderin. Unter keinen Umständen durfte ich zulassen, dass sich das wiederholte.

„Alles, nur nicht das! Ich kann nicht mehr! Kein … kein Blut mehr! Keine verstümmelten Körper! Und die Schreie … es soll aufhören!“ Paranoia lag in meiner viel zu hohen Stimme, als ich mir die Fäuste auf die Ohren presste. Doch die Schreie meiner Opfer hallten unerbittlich in meinem Kopf wieder und ich konnte sogar ihr warmes Blut fühlen, das mir an den Händen klebte.

Ich schrie selbst, um die Stimmen in meinem Kopf zu übertönen und schlug um mich, damit alle Welt vor mir – der Mörderin – Abstand hielt. Erst ein noch viel lauterer Schrei, als ich ihn je hervorbringen könnte, riss mich aus dem Strudel an Schuldgefühlen. Der Kazekage hatte meine Handgelenke gepackt, drückte mich an die Rückenlehne des Bettes und funkelte mich wutentbrannt an.

„Ruhe, verdammt noch mal!“, zischte er und versuchte das panische Beben meiner Schultern zu unterbinden. „Ich lass mir meinen Plan nicht kaputtmachen! Du wirst meine Waffe werden, ob du willst oder nicht!“

Verkrampft schüttelte ich den Kopf und begann zu wimmern, doch seine Antwort war eine kräftige Ohrfeige, die mir das Blut aus der Nase trieb. Noch einmal packte er mich an beiden Schultern und presste mich an die Rückenlehne, den Blick unnachgiebig hart auf mich gerichtet.

„Keine Widerrede! Hier geht es nicht so nett wie in deinem Zuhause zu, gewöhn dich dran! Mach Zicken und dein Leben wird die Hölle! Dein Leben, merk dir das! Du wirst nicht sterben! Du bleibst am Leben und arbeitest für mich und je früher du dich damit arrangierst, desto besser für deine Gesundheit!“

Er ließ mich los und marschierte aus dem Raum, während ich kraftlos in mir zusammenklappte und halb liegend, halb sitzend auf die Bettdecke sank. Ich krallte meine Finger in das Nachthemd, das sie mir angezogen hatten, und versuchte mir mit den Fingernägeln den Brustkorb aufzukratzen, um mir die Organe aus dem Körper zu reißen, doch schon versagte mir wieder die Koordination. Ich hatte zu viel Zeit in der gefühllosen Starre verbracht; jetzt war ich nicht mal mehr in der Lage zu einem anständigen Selbstmordversuch. Ich konnte nur weinen, immer weiter weinen, und darauf hoffen, in meinen Tränen zu ertrinken.

Es gab nichts, was ich jetzt noch tun konnte. Immerhin ersparte diese Gewissheit mir die Anstrengung, die es gekostet hätte, nach einer Lösung zu suchen. Dies war das Ende allen Seins, die allumfassende Apokalypse meiner Existenz.

Und als ich diesen Gedanken endlich akzeptiert hatte, wurde es einfacher. Nicht schön oder angenehm, aber erträglich. Ich zog mich hinter die Eismauer zurück und verwandte all meine Energie darauf, sie immer höher und fester zu errichten, bis die schützende Taubheit zurückkehrte. Nur noch intensiver als zuvor.

Von da an musste ich nicht mehr weinen oder mir den Tod herbeisehnen. Ich musste mich auch nicht mehr anstrengen, um meine Gliedmaßen bewegen zu können, da sie von selbst alles Notwendige erledigten. Meine Hände nahmen das Essen, das man mir gab, meine Zähne zerkleinerten es und mein Magen verdaute es. Stellte mir jemand eine Frage, gab mein Mund Antwort.

Und als meine Beine wieder geheilt waren und ich ein kleines Zimmer im Haus des Kazekage bezog, tat mein Körper weiter bereitwillig, was man ihm sagte, während ich hinter der Eismauer saß und die Starre genoss. Nur manchmal musste ich darauf achten, die Mauer instand zu halten, und zwar wenn das eine, ganz besondere Wort fiel, das mich an die Oberfläche ziehen wollte. Aber ich bekam schnell genug Übung, nach außen hin der perfekte Roboter zu sein, während mein Inneres längst tot war.

Nur eins tat mein Körper nicht, und das war Kämpfen. Meine Finger weigerten sich, eine Waffe in die Hand zu nehmen und meine Ohren ignorierten die Kampftricks, die der Kazekage mir beizubringen versuchte. In diesem einen Prinzip blieb ich meiner toten Seele treu und da die Eismauer einen perfekten Schutz darstellte, empfand ich auch nicht die Schmerzen, die der Kazekage mir zuzufügen versuchte, wenn er mich bestrafte.

Was keine Seele hat, kann man nicht verletzen. Das hätte er wissen sollen.

Ich ließ mich dahin gleiten wie ein Eskimo auf einer Eisscholle im unendlich weiten Ozean. Um mich herum folgte alles stets demselben Trott: Sonnenaufgang reihte sich mal mehr, mal weniger schnell an Sonnenuntergang. Es war mir, als wäre meine Eisscholle von einem dichten Nebelschleier umgeben und ich war davon überzeugt, den Rest meines Lebens dort zu verbringen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (21)
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Von: abgemeldet
2009-08-05T22:43:12+00:00 06.08.2009 00:43
Ja ich weiß Q_________Q Ich bin ne ganz furchtbare Person, dass ich jetzt erst das lesen anfangen *rumflenn*
Hoffentlich kannst du mir verzeihen, wenn ich erst jetzt anfange >__________>
Ich hab es Leid auf meinen Laptop zu warten und zu hoffen, dass er eines Tages in meine Arme kommt (repariert versteh sich -.ö) ...
Ich bin noch ETWAS irritiert über die... Seitenausgabe ö.Ö *verwirrt gugg*
*noch nicht so weiß wie man damit umgeht & was sie damit machen soll*
*herausgefunden hat, wie man vergrößert*
Totale Apokalypse... toller Titel... (gibt's auch ne halbe Apokalypse? Ó.ô)
Oh ja... bevor ich's total vergess... ich weiß nicht wie gut ich mich wieder in die Geschichte einfinde und da mein Gehirn Schrottreif is, hoffe ich, das es kein ALLZU großes Problem darstellt wenn ich manchmal nix mehr durchblick oder evtl einiges vergessen habe! x__x *sich schäm*

x'DD Gott vergibt doch alles. Wahrscheinlich würd er sich noch selbst n Lappen schnappen und den himmlichen Wolkenboden wischen nur um dir zu demonstrieren dass er nicht sauer ist. x'DD

... *muss sich verreckt lachen* Yuka ist wirklich ein zu geiler Charakter. Ich lese nicht oft, wenn nicht so gut wie NIE, dass jemand in die Augen eines Mörders schaut und sich unheimlich freut... xDD
Oh man... ich würde vor Neugier platzen und mich in Suna umschauen wollen... wenn mir das jemals passieren würde ö.ö ... aba vll würde meine körperliche Verfassung das nicht zulassn ö.ö weil ich versteh nicht, ob es Yuka echt so dreckig ging, oder ob ihr einfach der Wille fehlte gesund zu werden und sich bewegen zu wollen...

Dämlich find ich des schon Ö.ö ... der Kazekage sagt Yuka SEINEN GANZEN PLAN!!?? EINFACH SO? Ö.ö Hätte er mit seinem Geschleime net vielleicht versuchen sollen, sie iwie anders dazuzu bewegen seine Waffe zu werden? Und imma zu sagen DU WIRST MEINE WAFFE hilft... KEIN BISSCHEN! x_x Wenn mir das jemand sagen würde, würde ich der Person meine Faus vorstellen. Mit herzlichen Grüßen versteht sich ;P

Tja... ich muss schon sagen...
es ist lange, lange her... meine Begeisterung zu Gaara schien sogar leicht abgeflaut zu sein (TOTALE BEGEISTERUNG VON >>iHM<< xP *geheim geheim* & Hiruma Youichi :DDDDD)... aba DU
JA DU!! *auf dich zeig* hast es geschafft xD ich glaub's kaum, aber als ich hörte das Gaara gekillt werden sollen, wollte ich scho aufspringen und den armen Laptop zamscheißn... aba es war scho nach Mitternacht (gleich 1 Uhr) UND der Laptop kann auch nix für xD
Vielleicht schaffst du's ja, mir mit deinen nexten Kapiteln total den Verstand zu rauben und wieder wenigstens EINIGERMASSEN ein Total-Gaara-Fan zu werden ;)


Von: abgemeldet
2009-01-21T12:02:19+00:00 21.01.2009 13:02
Guck guck,
endlich hab ich es auch geschafft dein Kapitel zu lesen ;)
Also ich finde das Kapitel sehr gut gelungen,muss dir aber recht geben,das es nicht dein Bestes war. Dennoch finde ich es wirklich,wirklich gut gelungen und werde gleich das nächste Kapitel lesen. *sich sicher war,das es da noch ein nächstes gab*
Also bis dann ;)

LG
Mr-Teatime
Von:  Fleur_de_Lys
2008-12-19T16:21:28+00:00 19.12.2008 17:21
Aaawww, suuuperklasse, dassu wieder weiterschreibst!! *froi froi* ^^
Aber mit Kritik kann ich (leider?) nicht kommen... selbst wenn es nicht dein bestes ist, die beschriebenen Gefühle und Aktionen kann man immernoch sehr gut nachvollziehen! Besonders toll find' ich die Stelle mit dem unbändigen Feuer, welches nur von Wasser in Zaum gehalten werden kann. Da hat Yuka in Gaara ja genau den Richtigen gefunden! XD
Ich hoffe sehr, dass es bald weitergeht, denn die Geschichte wird von Kapitel zu Kapitel spannender! ^^

mvlG Lys
Von:  Caellon
2008-12-13T16:06:01+00:00 13.12.2008 17:06
Nun, ich denke ich kann mich Cayces Meinung zweifelsohne nur anschließen. In anbetracht der Tatsache, wie lange du verschwunden warst, konnte es wohl nicht vermieden werden das der Geschichtsfaden reißt - doch muss ich meinen Respekt zollen, hast du es doch geschafft, Yukas Schicksal erneut weiter zu spinnen und Vergangenes wie Zukünftiges meisterhaft zu verknüpfen.
Von:  blue_fullmoon
2008-12-09T15:41:16+00:00 09.12.2008 16:41
ich find das kapitel ziemlich gut. ich hab au nich mal bemerkt, dass sich dein schreibstil großartig verändert hat un ich hoff, dass es dir jetzt wieder besser geht.

Von: abgemeldet
2008-12-09T13:14:07+00:00 09.12.2008 14:14
Also ich finde das Kapitel ganz gut.
Und warten werde ich auch bis das nächste kommt, wird man schon überleben.

Also so wie ich das sehe müssten sich Gaara und Yuka nochmal zusammenschließen um gegen den Vater zu kämpfen

MfG
Marik_Girl91

Von: abgemeldet
2008-12-08T22:18:01+00:00 08.12.2008 23:18
So.. jetzt mal ehrliche Kritik. Da ich das Kapitel ja schon einmal überlesen konnte, bevor die Pause kam, weiss ich ja was dazu gekommen ist. Und ich finde, ehrlich gesagt, dass man das auch merkt. Man merkt, dass der Anfang wirklich gut ist - bis dahin, wo sie dem Kazekagen begegnet. So in der Gegend wird es immer schelchter - bis aufs Ende zu. Mit schlechter meine ich nicht grottenschlecht, aber einfach nciht so gut, wie man es von dir gewöhnt ist. Trotzdem ist das Kapitel im Allgemeinen gut gelungen und ich hoffe, es geht dir ganz schnell wieder ganz gut (=
lG, deine Emy
Von: abgemeldet
2008-12-08T15:44:24+00:00 08.12.2008 16:44
Wow. Es ist gut. Wirklich wahnsinnig gut. Wie immer bei dir halt :]
Ich liebe deinen Stil zu schreiben.
Und es gibt echt nichts was man kritisieren könnte.
Ich hab mir das Kapitel gerade drei Mal durchgelesen um irgendwas schlechtes zu finden.
Nichts. Es ist spannend obwohl nichts besonders wichtiges passiert ist.
Darin hast du echtwahnsinnig großes Talent. Alles spannend zu machen.
Wahrscheinlich würde auch eine Geschichte von dir, in der es über ein Baby mit 'nem Lolli geht, spannender sein als jede Filmschießerei.

Ach ich bin echt froh dass du weiterschreibst. Oder zumindest ein Kapitel geschrieben hast.
Da kommen neue Hoffnungen auf :D

Nja ich freu mich total dass du weitergeschrieben hast und es dir schon etwas besser geht.
Lg Yvi
Von:  black-okami
2008-12-07T19:14:59+00:00 07.12.2008 20:14
hi ^^/ schön wieder was von dir zu hören.
das kappi war gut *dein schreibstil sowieso mag*
freu mich schon auf das nächste kappi.bei dir lohnt es sich zu warten ^^
black-okami ^^/
Von:  caro-chan
2008-12-06T17:30:44+00:00 06.12.2008 18:30
Alsoo, erstmal bin ich wirklich froh, dass du es wieder geschaft hast, etwas hochzuladen. ist doch schon mal was =)
Und das kapitel war wirklich schön. Dieses düstere, traurig-depressive trifft meinen Geschmack, und meinen eigenen Schreibstil^^
Ich liebe deine art zu schreiben eh, sie wirkt schon sehr proffessionell =)

liebe grüße, Neko


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