Prinzessin
Leider hielt dieser mehr oder weniger erholsame schlaf nicht lang.
Schon nach wenigen Stunden wurde sie von ihrem knurrenden Magen wieder aus den Träumen gerissen und setzte sich auf.
Ganz leise stieg sie dann aus dem Bett und schlüpfte in die kleinen, mit goldenen Steinen besetzten Schuhe die vor ihrem Schrank standen, zog sich einen silbernen, halb durchsichtigen Morgenmantel über das weiße Nachthemd und tastete sich mit Händen und Füßen durch die Dunkelheit.
Als sie endlich bei der Tür angekommen war die aus ihrem Zimmer hinaus führte drehte sie so leise wie möglich den gold glänzenden Knauf, der aber trotzdem ein leises quietschen von sich gab und trat in den Hausflur, wobei man eher von einer Eingangshalle als von einem Flur reden könnte.
So leise wie möglich ging sie den langen gang entlang, rechts und link von ihr gingen die Türen zum Gästezimmer ab und ein paar schritte weiter sah sie bereits die große Treppe die ins untere Stockwerk führte.
Vorsichtig schlich sie so leise wie möglich die Treppe hinunter, wobei sie vor jeder stufe erst einmal austestete ob sie knarrte, nach einer halben Ewigkeit stand sie schließlich am unteren Ende der Treppe und atmete erleichtert auf.
Sie setzte ihren Weg mit schnellen Schritten fort und fand sich schließlich vor der großen massiven Tür wieder die zu genau dem Raum führte wo sie wenige stunden zuvor von Menschen umringt auf dem Boden gelegen hatte.
Plötzlich stutzte sie und horchte in die vermeintliche Stille, nach ewig erscheinenden Minuten der Stille schüttelte sie den Kopf und beschloss dass sie sich verhört haben musste.
Schwungvoll schob sie eine der beiden Flügeltüren ein und trat in den dunklen Raum, zu ihrer Erleichterung bemerkte sie das die lange Tafel noch immer mit Essen überseht war und ging auf sie zu.
„Verdammt!“
Das Wort hallte durch den großen Raum, Lianée blieb erschrocken stehen und starrte in die Richtung aus der das Wort kam, der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Kurz darauf entspannte sich ihr Körper jedoch denn der schwarzhaarige Junge der sie dreist für betrunken erklärt hatte löste sich nun aus den Schatten und kam auf sie zu, trotzdem blieb sie schweigend stehen.
„Ach du bist es, das Mädchen das heute Vormittag einen über den Durst getrunken hat.“
Frech grinsend baute er sich vor ihr auf.
„Müssen liebe kleine Mädchen nicht eigentlich schlafend im Bett liegen zu solch später Stunde?“
Nachdem Lianée wütend die Lippen aufeinander gepresst und ihm ein paar finstere Blicke zugeworfen hatte sah sie würdevoll zu ihm hoch und antwortete mit der unschuldigsten Engelsmiene die sie in dieser Situation zustande brachte.
„Auch liebe kleine Mädchen haben ab und zu Hunger.“
Mit diesen Worten schob sie sich an ihm vorbei in Richtung einer gebratenen Gans und stellte sich auf einen der unzähligen Stühle um an das köstlich duftende Fleisch heranzukommen.
Der schwarzhaarige stand nur stirnrunzelnd daneben und beobachtete wie sie versuchte das Gleichgewicht zu halten und schließlich blitzschnell den Arm nach einer Keule ausstreckte.
Eine Weile zog sie an dem Bein des toten Tieres doch schon nach kurzer Zeit verging ihr die Geduld und sie fing an wie besessen daran zu zerren.
„Soll ich dir helfen?“
Sofort erstarrte das Mädchen, noch mal wollte sie sich nun wirklich nicht von ihm bloßstellen lassen doch dann siegte der Hunger über den Stolz und sie nickte stumm.
Lianée kletterte von dem alten Stuhl und sah zu wie der Junge flink hinaufkletterte, einen kleinen Dolch zog und anfing an der Ganz herumzuschneiden bis das Bein wie von allein vom restlichen Vogel in seine Hand fiel.
Triumphierend reichte er ihr das Stück Fleisch, sie nahm es freudestrahlend entgegen.
„Oh vielen Dank.“
Sie schnupperte daran und zupfte mit den Fingern ein Stück ab um es sich in den Mund zu stecken.
„Kein Problem.“
Er lehnte sich gegen den Tisch und ließ seine dunkelbraunen Augen neugierig auf ihr ruhen.
„Wie heißt du eigentlich Prinzessin?“
Auch wenn ihr dass Prinzessin schmeichelte zog sie einen beleidigten Flunsch.
„Ich heiße Lianée und nicht Prinzessin.“
Lachend wuschelte er ihr Brüderlich durchs blonde Haar.
„Du siehst aber aus wie eine Prinzessin und benimmst dich auch so, ich heiße übrigens Ethaniel falls du das wissen willst.“
„Ethaniel?“
Überrascht sah sie zu ihm auf.
„So einen Namen habe ich noch nie gehört.“
Er zuckte nur mit den Schultern und schlenderte zur Tür die aus dem Raum hinaus führte.
„Meine Mutter kam nicht von hier.“
Bei der Tür angekommen drückte er sie mit Leichtigkeit auf und drehte sich noch mal mit diesem schelmischen Grinsen im Gesicht zu ihr um.
„Du solltest jetzt trotzdem ins Bett gehen Prinzessin, sonst wirst du noch von fiesen Einbrechern entführt, die mögen nämlich so hübsche kleine Dinger wie dich.“
Gerade noch rechtzeitig verschwand er und schloss die Tür, denn kurz darauf knallte der Knochen den Lia vorher abgeknabbert gegen die Stelle wo vorher noch Ethaniel gestanden und frech gelacht hatte.
„Ich heiße nicht Prinzessin!“
Rief die kleine noch wütend hinterher ehe sie sich ebenfall wild fluchend daran machte das Zimmer zu verlassen.
Glücklicherweise hatte der Junge die Situation richtig eingeschätzt und sich aus dem Staub gemacht sodass Lia weiterer Ärger erspart blieb, zumindest dachte sie das.
Kaum begann sie die Treppe wieder hinaufzusteigen bemerkte sie einen eisigen Luftzug der um sie herum herrschte.
Noch immer aufgebracht drehte sie sich um und marschierte in Richtung Schatzkammer, sicher hatten diese dummen Wachen wieder einmal das Fenster offen gelassen ohne daran zu denken das so jedes Gesindel hier einsteigen konnte.
Am ende des Ganges erschien eine Tür, vor ihr saßen zwei Männer die völlig in sich zusammengesunken waren und anscheinend schliefen, was Lia nur noch mehr aufregte.
Blitzschnell stand sie vor ihnen und schüttelte einen an den Schulter, das braune, zottelige Haar fiel ihm ins Gesicht und plötzlich kippte er zur Seite um.
Lianée stieß einen erstickten Schrei aus und trat zurück denn nun bemerkte sie den silbernen Dolch der im Bauch der Wache steckte und eine tiefe Wunde verursacht hatte.
Mit vor Schreck geweiteten Augen trat sie wieder näher zu ihm, ihre nackten Füße traten in eine Pfütze warmen, klebrigen Blutes, was sie angewidert zurückzucken ließ.
Benommen richtete sie den Blick auf die Tür vor sich aus der dumpfes Lachen und Gerede zu hören war, die Einbrecher musste noch da sein und sie räumten gerade die Schatzkammer aus.
Das Mädchen schluckte die immer wieder aufsteigende Übelkeit hinunter und machte einen Schritt auf die Tür zu, auch wenn sie wusste das es mehr als wahrscheinlich war das sie sterben würde wenn sie in dieses Zimmer treten würde hob sie eine Hand und drückte mit zitternden Fingern die Klinke hinunter, sie wollte sehen was für Menschen das sein mussten die andere umbrachten.
Die Tür sprang sofort auf, warmes zuckendes Licht von alten Fackeln strömte ihr entgegen und ließ sie erschaudern, auch wenn der Schock noch tief in ihren Kinderknochen steckte bot sich ihr hier ein Anblick der ihr fast den Atem raubte.