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A little Story

Sivan Carrière
von

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Ein Experiment, ein Zeuge, zwei Leben, eine Geschichte

In Gedanken an Sivan!
 

So… Nun ist es an der Zeit, euch eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte, die schon längst überfällig geworden ist. Sie handelt von einem Mann, wie es keinen anderen gibt. Es ist seltsam für mich, daran zurück zu denken. Es wurde mir verboten und es wurde mir verboten, diese Geschichte zu erzählen, doch sie ist wichtig! Wichtiger, als ihr es euch denkt.

Fragt lieber nicht, wer ich bin. Ich bin unwichtig. Man sagte mir, ich sei ein nutzloses Wesen, aber der Mann, von dem ich euch erzählen werde, sah dies wohl nicht so. Nun ja… wenn ich richtig darüber nachdenke, sollte ich wohl doch erwähnen, wer ich bin. Aber bitte, erschreckt euch nicht. Es ist… wie soll man sagen? Ein etwas seltsamer Dienst, den ich erledige…

Nun denn, mein Name ist Yuri Motowa! Ich bin ein Diener, des Herren der Finsternis. Der Teufel, Satan oder auch Luzifer, wie ihr es sehen wollt. Ja, ich war ein treuer Gefolgsmann von ihm, bis ich eines Tages diesen ‚einen’ Auftrag bekam. Welchen, fragt ihr? Nun, ich erzähle euch die Geschichte… keine Angst. Aber ich möchte von vorn beginnen, damit ihr das alles besser verstehen könnt.

Ich weiß noch genau als der hohe Meister zu mir kam. Zu mir, kleinen Mann aus der unteren Teufelsschicht. Ich weiß nicht, wieso er mich auswählte, aber er tat es. Es war eine Ehre für mich, mich ihm anschließen zu dürfen und von seinem Plan zu Erfahren, einen ‚Sohn’ zu erschaffen, der aus zwei Hälften bestand. Ja, mein Meister sagte mir, er würde einen Jungen haben wollen, den er zusammen mit Gott schaffen würde, um dann, eines Tages, das Himmelsreich zu stürzen. Natürlich waren meine Gefühle darüber erst zwei geteilt, aber ich glaubte an meinen Meister und vertraute ihm. Ich stimmte sofort zu, als er mich fragte, ob ich an seinem Plan teilhaben wolle. Was sollte ich auch anders sagen, als ‚gläubiger’ von Luzifer? Natürlich, jeder hätte zugestimmt.

Nun, mein Meister brachte mich zu einem Ort, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Es war ein runter Altar in mitten alter Hinkelsteine. Ich wartete gespannt an seiner Seite, was passieren würde. Zu meinem überraschen, tauchte ‚Gott’ unser Feind auch auf. Er hatte einige Dinge dabei, die mir jedoch verwehrt wurden, zu berühren oder gar anzusehen. Was danach passierte, weiß ich noch genau. Die beiden Herren unterhielten sich, auf einer Sprache, die ich nicht verstand. Es schien mir, als wäre ich Taub, denn ich verstand kein einziges Wort. Sie hatten wohl auch über mich gesprochen, denn ich spürte öfters, die Blicke der Beiden auf mir. Ich wagte jedoch nicht zu fragen. Es hatte gedauert, bis sich mein Meister zu mir umdrehte und sagte, ich sollte zurück treten und ich dürfte weder sehen, was sie dort sagten, noch mit anschauen, was sie taten. Ich zog mich also zurück. Das einigste was ich sah, war ein helles Licht, welches sich langsam mit einem gefährlichen Rot Verbund. Ich schätze, das war das Zeichen der Verbindung zwischen uns Teufeln und den Engeln. Ich schreckte stark zusammen, als ein lautes schreien durch den Ort hallte. Ich kniff meine Augen zusammen, denn ich spürte den unendlichen Drang dazu, mich umzudrehen und hin zu sehen. Aber ich durfte nicht, mir wurde es verboten. Also hielt ich mich daran! Ich wollte nicht den Zorn meines Meisters spüren. Als mein Herr mich rief, folgte ich gehorsam und trat zu ihm. Ein Baby lag auf dem Steinaltar. Es war nackt, ein Junge. Mein Meister befahl mir, dass ich es nehmen sollte und an einen Ort, weit weg von hier bringen sollte. Ich wüsste schon, wohin. Und ja, ich wusste es. Ich sollte es nach Eldorado bringen, in eine große Villa, nein… besser gesagt in ein Schloss! Oder… wäre Palast besser? Nun ja, das spielt ja keine Rolle. Es war auf jeden fall Riesig! Ich hatte den Auftrag, den Jungen zu erziehen und auf ihn aufzupassen. Es war mir eine Ehre, so eine große Aufgabe zu bekommen. Der Junge, der am 20.09.1024 geboren wurde, trug den Namen Sivan Carrières. Sivan wuchs schnell heran. Man bemerkte deutlich, welchen Unterschied er zu den Teufeln hatte und dennoch, war er einer von uns. Er war Mächtig, mächtiger als vielleicht sogar mein Herr. Ich wag es nicht zu sagen und darüber zu Spekulieren ebenfalls nicht. Es wäre nicht recht, wenn ich darüber Urteilen würde.

Sivan war unberechenbar. Er war an manchen Tagen die Ruhe in Person und konnte alles dulden, was man tat oder sagte, an wieder anderen jedoch, rasstete er schon aus, wenn man ihn nur Ansprach. Er wollte Respekt und den bekam er auch. Ich muss zugeben, manchmal hatte ich sogar Angst vor dem Jungen, den ich großgezogen hatte. Als meinen Sohn fühlte ich für ihn nicht, genauso wie er nicht dachte, dass ich sein Vater wäre. Unsere Beziehung war anders… wie genau konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Wir Respektierten uns zwar, jedoch wollten wir beide, dieselbe Macht haben. Ja, ich wurde Macht begierig. Man könnte sagen, ich war neidisch auf ihn. Er hatte alles was er wollte, Reichtum, Ruhm, Ehre, Respekt und Frauen. Ja, am meisten war ich wohl auf seine Rolle als Mann neidisch. Er vergnügte sich mehrmals am Tag mit immer wechselnden Frauen. Sie lagen ihm regelrecht zu Füßen und wenn sie es nicht taten, nahm er sich das, was er wollte, ob mit Gewalt oder ohne, spielte für ihn dabei wenig eine Rolle, zumindest an den Tagen, wo er eher der Teufel war, als der Engel.

Nun ja, ich schätze, man kann sich ein gutes Bild von dem blond Haarigen Mann machen.

Sivan reiste herum, besuchte andere Länder, begann Kriege, beendete Kriege. Er gewann immer mehr an Macht und diese Macht wurde irgendwann ziemlich gefährlich, nicht nur für andere, sondern auch für ihn selbst. Ich erinnere mich noch, wie Luzifer, mein Meister, zu mir kam und bericht wollte. Ich erzählte ihm, wie es mit Sivan vor sich ging und für den ganzen Erfolg, den ich mir versprach erbracht zu haben, wurde ich bloß ausgepeitscht. Was in den paar Wochen mit Sivan passiert war, konnte ich nicht genau sagen, jedoch als ich zurück kam und den Auftrag hatte, ihn zu töten, war er nicht mehr da, wo er eigentlich sein sollte.

Ich erfuhr von einem seiner tausenden Diener, dass er auf einer Reise war. Ich beschloss also auf ihn zu warten und als ich so auf ihn wartete, blätterte ich in seinem Tagebuch, ja, der Junge schrieb sogar ein Tagebuch. Etwas, was mich selbst auch erstaunt hatte, als ich es gefunden hatte. Ich wusste, dass er mich wohl dafür umbringen würde, wenn er erfahren würde, dass ich es lesen würde, aber ich tat es dennoch. Mich interessierte es halt, was in seinem Kopf vorging.

Wie gesagt, ich blätterte in seinem Tagebuch herum und entdeckte plötzlich etwas, was mich sehr erstaunte. Ja, da musste ich doch tatsächlich lesen, das mich der Junge gern hatte. Sivan, dieses ‚Experiment’ zwischen Himmel und Hölle, mochte mich!? Er, der doch immer darauf bestimmt war, keine Gefühle zu besitzen. Ich schmunzelte bloß amüsiert darüber, denn noch hatte ich keine Ahnung, was diese paar Zeilen über mich, in seinem Tagebuch, für mich zu bedeuten hatten.

Ich wollte gerade weiter lesen, als ich seine Stimme hörte. Sivan, er hatte mich erwischt, wie ich in seinem Tagebuch las. Aber er brachte mich nicht dafür um, nein, ganz im Gegenteil er lächelte mir zu und sagte, das er es gewollt hatte, das ich es finde, denn er hätte nie das sagen können, was auf dem Papier stand. Seine Worte und seine Art wie er Sprach machten mich schwach, ich konnte meinen Auftrag nicht mehr ausführen. Ich konnte ihn nicht töten, denn nun war er eher ein Freund als ein Feind. Das musste ich mir deutlich eingestehen.

Ich weiß noch, wie wir in dieser Nacht über alles und jeden gesprochen hatten und ich erzählte ihm auch brüh warm von dem Auftrag, dass ich ihn töten sollte. Sivan war natürlich nicht begeistert, jedoch verstand er mich. Ja, er hatte mir gesagt, wenn wir beide die Rollen getauscht hätten und er der kleine Teufel, der ich war, hätte er mich, also ihn, ohne zu zögern umgebracht.

Aber egal, weder ich noch er brachten uns in dieser Nacht um. Ganz im Gegenteil, wir heckten, gemeinsam, einen Plan aus, wie wir Sivan vor seinem Ende retten könnten. Und wie sollte es anders sein, verließen wir bei Tagesanbruch den Palast. Ja, ich begleitete Sivan. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, das Sivan nicht vorhatte, für immer weg zu bleiben. Aber dazu später mehr.

Sivan und ich verließen also das Schloss. Ohne das ich es wusste, hatte er vor, seinen Vater, der, welcher aus dem Reich des Himmels stammte, zu stürzen und somit, seine eigentliche Bestimmung zu erfüllen, von dem ich ihm nichts erzählt hatte, über die ganzen Jahre lang.

Sivan brach auf zum Wolkenreich, ich folgte ihm natürlich, denn ich wollte mit ansehen, was er tun würde und ihn möglicherweise mit meinem Leben beschützen. Sivan hatte sich in seinen Dickkopf gesetzt, das Wolkenreich zu vernichten und auszulöschen, doch zu diesem Plan kam er gar nicht mehr, da ihm etwas dazwischen kam… oder besser gesagt, Jemand.

Es überraschte mich sehr, als wir einer Engelin begegneten, die anscheinend selbst in Gefahr war. Sie wurde von Männern umzingelt und jeder der Sivan kannte, wusste, das er 1. jede Frau für sich haben wollte 2. die Männer hasste und 3. nicht duldete, das einer Frau etwas angetan wurde, es sei denn, es wurde von ihm selbst angezettelt. Ich wollte Sivan gerade auf die Gefahren aufmerksam machen, wenn er sich dort einmischen würde, doch er hörte nicht. Stattdessen sah ich bereits, wie Sivan auf die Engel und die Frau zu lief. Er hatte sein Schwert erhoben und rettete, wie genau weiß ich auch nicht mehr, die Engelin aus den Fängen der Engel. Gerade als ich Sivan zur Hilfe kommen wollte, verschwand er plötzlich vor meinen Augen. Ja, er war weg, die Engel geflüchtet und ich stand alleine an dem mir, verhassten Ort.

Da ich mir geschworen hatte, auf Sivan aufzupassen, suchte ich natürlich alles ab, bis ich schließlich, wieso weiß ich auch nicht, zurück in den Palast kehrte.

Im Garten, bei den Rosen, fand ich Sivan schließlich. Recht seltsam, das er gerade an diesem Ort war. Er mochte die Rosen nicht sonderlich und war eigentlich nie in diesem Teil des Gartens. Ein ungewohntes Seufzen drang von seinen Lippen, dieses Seufzen liegt mir heute noch in den Ohren. Er starrte eine Rose an, welche er langsam in seiner Hand drehte. Beruhigend legte ich meine Hand auf seine Schultern. Verzeiht, aber das Gespräch zwischen ihm und mir, muss ich nun einfach loswerden. Ich kenne noch jedes einzelne Wort von ihm…

„Ich habe mir sorgen gemacht…“ erklang leise meine Stimme, da ich damit rechnete, das er einen Wutausbruch bekam, denn von der Engelin war keine Spur und wohlmöglich, hatte sie sich von ihm los gerissen. „Sie ist wunderschön!“ antwortete mir Sivan abwesend. Ich stutzte, das weiß ich noch. Ich sah über seine Schulter auf die Rose hinunter und hatte eigentlich vorgehabt, etwas zu sagen, jedoch fiel er mir ins Wort, ehe ich überhaupt begann zu sprechen. „So schön, wie diese Rose… nein… noch viel, viel, viel schöner!“ „Von wem redest du, Sivan?“ fragte ich nun doch. „Na von ihr…“ er zupfte ein Blatt von der schönen roten Rose. „…viel zu schön, für mich…“ „Sivan!?“ ermahnte ich ihn nun doch, da es mir nicht gefiel, wie er redete. Er klang anders, nicht nach Sivan. Erst jetzt schien er aus seinem Traum zu erwachen und sah von der Rose zu mir. In seinen Augen lag etwas, was ich noch nie gesehen hatte. Noch nie bei ihm und noch nie in solch einem Ausmaß. „Du…du redest von der Engelin?“ Sivan nickte und lächelte mich sanft an. „Sie hat so wunderschönes Haar, so… so wunderschöne Flügel und ihre Augen…“ schwärmte er mir vor. „So wunderschöne blaue Augen. Du hättest sie sehen müssen. Ihre Art, wie sie sprach… ihr Auftreten und dann… diese Augen, die mich ununterbrochen anstrahlten.“ Ich musste lächeln, nun war genau das passiert, was mein Meister wohl am wenigsten erwartet hatte und wohl am wenigsten gewollt hatte. Etwas, womit weder er, noch ich oder Sivan rechnen konnten. „Sivan…“ begann ich schmunzelnd. „Ich denke…du bist verliebt, in diese Engelin!“ Sivan senkte seinen Blick mit einem schwärmerischen Blick. „Verliebt?“ fragte er nach. „Ja, verliebt, Sivan!“ Sivan ging einige Schritte weiter weg von mir, jedoch starrte er dabei die Rose an. Eine Rose, die er wohl ziemlich mochte. „Verliebt…?“ wiederholte er fast flüsternd. Ich hatte damit gerechnet, das er wohl jeden Moment durchdrehen würde und um sich keifen würde, das er niemals Lieben könnte, doch das tat er nicht, nein er reagierte genau so, wie ich es nie hatte erwartet. Plötzlich drehte er sich im Kreis, riss die Arme hoch und starrte immer noch auf die Rose, die er fast zärtlich in seiner Hand hielt. „Verliebt, Yuri!“ rief er glücklich. „Yuri, Yuri, Yuri!!!“ „Ich bin ja da…“ wollte ich ihn beruhigen, stattdessen schien er noch mehr durchzudrehen, jedoch im positiven Sinne. „Yuuurrrrriii ich bin verliiiebt! Verliiebt, hörst du?“ Ich musste lachen. „Ja, Sivan! Ich höre es! Ich höre es! Du bist verliebt!“ ich lachte ihn nicht aus, nein ich lachte mit ihm. Ich freute mich darüber, selbst wenn ich nicht wirklich was von Liebe hielt, ich war halt ein Teufel, dennoch freute ich mich. Sivan lies sich überglücklich in das frische Gras fallen und roch genüsslich an der Rose. Ich beobachtete ihn Kopfschüttelnd. Es war schön mit anzusehen, wie er sich freute. So hatte ich Sivan noch nie zuvor gesehen. Innerlich kringelte ich mich vor lachen. Ja, mir schoss der Gedanke durch den Kopf, wie dumm mein Meister, Luzifer doch war. Er hätte dies voraus planen sollen, aber er hatte es nicht getan. Damals erschrak ich über meinen Gedanken, doch heute tue ich es nicht mehr. „Sag mal Sivan…“ ich war auf ihn zugetreten und hatte mich neben ihn gekniet „…wie heißt sie eigentlich?“ „Gea…“ brachte er total begeistert heraus. „Gea! Gea Eve! Welch ein Name… so wunderschön wie sie selbst! Sie ist perfekt. Einfach nur Perfekt. So etwas hast du noch nie gesehen, Yuri! Solch eine Frau… das gibt’s unter uns Teufeln nicht! Sie ist der Hammer, einfach atemberaubend und…“ nun war ich es, der ihm ins Wort fiel. „Und wo ist sie nun, deine Angebetete?“ Sivan stockte und sah das erste Mal, seit er im Gras lag, wieder zu mir. „Wo sie ist?“ fragte er total perplex. Ich nickte kurz. „Ich…na ja… ich habe sie gerettet und… öhm… ich denke, sie ist wieder im Wolkenreich?“ „…“ erneut unterbrach mich Sivan, ehe ich begannen hatte zu sprechen. „Ich werde morgen wieder zu ihr gehen! Zu dieser wunderbaren, perfekten, atemberaubenden…“ ich hielt Sivan den Mund zu und grinste ihn leicht an „Ich hab’s verstanden, Sivan!“ grinste ich. Sivan sah mich nur schweigsam an, strahlte jedoch etwas aus, was auch mich veränderte. Ja, ich liebte diesen Jungen, weil er so war, wie er war. Ich liebte ihn nicht so, wie er diese Frau liebte, nein, ich liebe ihn als mein Freund. Ja, wohl mein bester Freund…

Am nächsten Tag war Sivan bereits verschwunden, als ich sein Gemach betrat und ihn wecken wollte, wie ich es jeden Morgen tat. Ich hatte erwartet, dass er wieder mit einer fremden Frau in seinem Bett lag, wie es doch meist der Fall war, aber sein Zimmer war leer. Weder er noch eine Frau waren darin vorzufinden, stattdessen lag sein Tagebuch offen auf seinem Schreibtisch. Der kühle Wind, der durch das offene Fenster kam, lies die Seiten umblättern. Neugierig, wie ich war, schritt ich darauf zu und nahm es wieder zur Hand. Ich erinnerte mich daran, wie Sivan einmal gesagt hatte, er hätte gewollt, das ich sein Tagebuch fand, deshalb dachte ich, er würde es diesmal genauso wollen und hätte mir eine ‚Botschaft’ darin hinterlassen. Ich blätterte die leeren Seiten zurück, um an die Stelle zu kommen, wo er am Abend zu vor wohl noch geschrieben hatte. 24.03.1041, ein Tag, dem Sivan wohl nie mehr aus dem Kopf gehen würde, wie ich las. Ja, er hatte über die Engelin geschrieben. Er hatte ihr sogar ein wunderschönes Gedicht gewidmet, was er selbst geschrieben hatte, allerdings möchte ich es ungern erwähnen. Ich kann mich nicht mehr an jede Einzelheit erinnern. Ich musste zugeben, egal wie lange ich Sivan nun kannte, er überraschte mich immer aufs Neue.

Mit 17 Jahren hatte sich der Junge zum ersten Male verliebt. Er war wirklich früh dran, denn ich habe mich selbst heute nicht verliebt und das mit meinen 60 Jahren. 60 verdammte Jahre auf dem Buckel… Oh, Verzeiht, die Geschichte dreht sich ja um Sivan, ich schwanke vom Thema ab…

Also wo war ich? Ach ja, 17 Jahre war er nun und die erste, die seine Liebe erfahren durfte, war eine Engelin. Ich musste zugeben, ich freute mich ja für ihn, aber war eine Engelin gerade das richtige für ihn? Fragte ich mich damals.

Ich schmunzelte, als ich seinen Text las, nicht nur das Gedicht, sondern auch, was er über seine Gefühle schrieb. Er war ein begabter Schreiberling. Ein verdammt guter, würde ich sagen. Ich las seine Tagebucheinträge mit Genuss, vor allem diesen. Es gefiel mir, wie er über dieses Gefühl ‚Liebe’ schrieb, welches er noch gar nicht einmal kannte. Es war seltsam es mit zu lesen, denn ich konnte mich genau in ihn hinein versetzen, so gut schrieb er. Ich blätterte die Seite um, las gebannt weiter. Nur kurz überflog ich mit den Augen die schöne Rosenblühte, welche er auf diese Seite geklebt hatte, ehe meine Aufmerksamkeit wieder den Buchstaben galt. Ich verharrte plötzlich, denn mir kam ein Gedankenblitz, als ich wieder den Namen von der Engelin las: Gea Eve. Verdammt… war ich so blind? Wieso war mir das gestern nicht eingefallen? Ich hätte Sivan darauf aufmerksam machen müssen. Sie war keine normale Engelin, nein, sie könnte zu seinem größten Feind werden, denn sie besaß eine Gabe, die kaum jemand besaß, selbst Sivan nicht!

Sie konnte heilen, ja sie besaß die Heilkraft. Ich hoffte sehr, dass ich mich mit der Engelin irrte, von der ich höre und das sie nicht ein und dieselbe Person waren. Wieso? Nun ja, ich machte mir sorgen um Sivan! Aber anderer Seits konnte ich ihm sein Glück auch nicht verwehren. „Du solltest ihn umbringen…“ erklang hinter mir, die tiefe, dunkle und eiskalte Stimme meines Herren, die mich stark zusammen zucken lies. Schlagartig schlug ich das Tagebuch zu und lies es in meine Tasche gleiten, während ich mich aufrichtete. Ich hoffte, er hätte es nicht gesehen, was ich gelesen hatte. Er sollte nicht lesen, wie Sivan dachte. Das war nicht für ihn bestimmt. Ich schluckte und drehte mich um, während ich angestrengt nachdachte, was ich antworten sollte, doch als ich mich vollends umgedreht hatte, war er nicht da. Ja, ich hatte mir Eingebildet, meinen Herren zu hören. Meinen Meister, der mich wohl dafür noch mehr bestrafen würde, als bloß mit Peitschenhieben. Pha, lächerliche Schläge, die einem bloß den Rücken verkratzten.

Na ja, seit diesem Tag an, hatte ich Sivan lange nicht mehr gesehen. Ich hatte lange, ja wirklich verdammt lange weder etwas von ihm gesehen noch etwas gehört. Es war so, als wäre er vom Erdboden verschwunden. Auch von meinem Meister hatte ich nichts gehört, selbst wenn ich mir immer öfters eingebildet hatte, dass er direkt hinter mir stand, tat er es nicht, hoffte ich zumindest. Ich war so vernarrt in den Gedanken, Sivan wieder zu finden, dass ich ihn überall suchte. Es hatte gedauert, bis ich endlich wieder etwas von ihm hörte. Ich hörte, dass er mit Gea Eve zusammen durch die Lande reiste und ich hatte auch gehört, dass es wirklich die Gea war, die ich dachte, dass sie sie sei. Aber es erschütterte mich nicht mehr. Nein, nun, da ich genau wusste, das der große Krieg ‚Môreau noir súr Blànc’ ausbrach, war ich beruhigt das eine Heilerin direkt bei ihm war. Ich war mir sicher, dass sie Sivan helfen würde, sobald er verletzt sein würde und ja, ich glaubte daran, das Sivan sich früher oder später verletzte. Er war immerhin ein Mann des Krieges, er brauchte den Kampf und er liebte den Kampf, genauso, wie er ihn verabscheute. Aber nun gut, ich will euch nicht länger von den Sachen erzählen, was ich gehört habe, denn darunter waren ziemlich absurde Dinge. Ich hatte z.B. gehört, das Sivan vor einem Kind abgehauen wäre, das sein Schwert auf ihn gerichtet hatte, genauso wie, das er nachts alleine in einem Wald gesessen hätte, von Dieben auf das letzte Hemd ausgeraubt wurden war und dann… Tja, dann hätte er jämmerlich angefangen zu weinen. Ich bitte euch, glaubt ihr, nach alldem, was ich euch erzählt habe, würde er so jämmerlich weinen? Nein! Es machte mich wütend, wenn ich so etwas hörte und es macht mich heute noch Fuchsteufelswild, wenn mir jemand so etwas unter die Nase reibt. Vielleicht habt ihr selbst schon von dem Mann, Sivan gehört, der jämmerlich weint. Ich bitte euch, glaubt so etwas nicht. Ich kenne den Mann besser, als jemand anderes!

Und verdammt noch mal, er weint nicht! Nein, nicht er! Jeder andere, ja, aber er? Nein!

Gut, zurück zu der eigentlichen Geschichte: Es hatte gedauert bis Sivan endlich wieder bei mir auftauchte. Zwei ganze Jahre lang! Ja, Sivan stand plötzlich, eines Tages wieder bei mir. Wie aus dem nichts, war er wieder da. Und nein, das war nicht der jämmerliche Mann, aus den Erzählungen! Das war genau der starke Mann, wie ich ihn in Erinnerung hatte.

Warum er wieder gekommen war? Er sagte mir etwas, das er auf Gea warten müsste. Sie hätte etwas Wichtiges zu tun, mit weiteren heiligen, wie sie es war. Ich weiß nicht genau was, denn das wollte mir Sivan nicht verraten. Aber vielleicht, wusste er es selbst nicht? So sicher, bin ich mir da nicht, was der Grund war.

Sivan lebte wieder in seinem Palast, welchen ich solange für ihn ‚bewacht’ hatte. Ja, ich hatte daran geglaubt das er wieder kam und ich war nicht enttäuscht wurden. Ich hatte Sivan sein Tagebuch wieder gegeben und er begann wieder, darin zu schreiben, doch diesmal hatte er es so gut versteckt, das ich, egal wo ich danach suchte, es nicht fand. Schade, denn ich hätte wirklich gerne gewusst, was in ihm vorging. Er erzählte mir zwar über sich und sein Befinden, doch ich hatte immer das Gefühl, das er etwas Wichtiges auslassen würde.

Nun denn, eines Tages erreichte Sivan ein Eilschreiben. Ich weiß den Absender nicht, doch ich weiß, dass der Brief wichtig war, verdammt wichtig sogar. Nicht nur für Sivan, sondern auch für mich. Denn mit diesem Brief drehte sich unser Leben erneut um 180°.

Sivan war total am Boden zerstört, als er den Brief las und ich kann ihn sehr gut verstehen. Denn in diesem Brief hieß es, das ‚seine’ Gea Eve gefangen genommen wurde und grausam gequält wurde. Sivan und ich brauchten uns nur anzusehen, um zu wissen, was wir taten, denn in dieser Sache waren wir uns beide einig, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Ich wollte Sivan glücklich sehen und Sivan wollte Gea wieder sehen. Somit beschlossen wir also, die alte Armee Sivans neu aufzubauen und sofort einen Angriff zu starten, um sie daraus zu holen. Es hatte beinahe ewig gedauert, bis wir wenigstens die ‚Front’ der damaligen Herrschaft durchbrechen konnten. Sivan führte die Legion der Teufel mit starker Hand und einem ausgeklügeltem Plan an. Er griff nie an, ohne sich vorher einen genauen Plan zu machen, wie er vorging.

Es hatte ein ganzes Jahr gedauert, bis wir und einige neue Anhänger, die Festung der Engel stürmen konnten. Ich weiß noch, wie neben mir, Männer starben, die des Teufelsbluts angehörten und Männer, die genau das Gegenteil besaßen, nämlich Engelsblut. Und beides, hatte Sivan in sich. Er führte diesen Krieg an, selbst wenn er es meist eher im Hintergrund tat. Er und ich kämpften damals Seite an Seite.

Ich weiß noch, als wir beinahe die ganze Armee verloren hatten und die Engel genauso. Es waren tausende Verletzte, tausende Tote…

Ich wollte Sivan etwas zurufen, als er gerade gegen einen der Engel kämpfte, als ein gleißendes Licht meine Augen blendete. Ich kniff diese stark zusammen und fragte mich, woher dieses verdammte Licht kam. Ob es Gott wäre, der dem ganzen ein Ende setzen wollte…aber nein, das war es nicht. Ganz im Gegenteil, das Licht kam von einer einzigen Frau. Als das Licht verschwand und ich wieder etwas erkennen konnte, waren um mich herum, alle die, die Verletzt waren, plötzlich geheilt. Ich erkannte sofort die Frau, die für das ganze Verantwortlich war. Sie kniete in der Masse von Engeln und Teufeln und knickte langsam nach hinten. Ihre Augen hatten sich bereits geschlossen und ihr Atem war auch schon erstarrt. Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Ich rief Sivan, er sollte sofort kommen. Fassungslos verfolgte ich nun, die letzten Szenen des Liebespaares…

Sivan, lief auf Gea zu, lies sich neben sie auf die Knie fallen und versuchte verzweifelt, sie wach zu rütteln, doch sie kam nicht mehr zurück. Sie war tot! Ja, Sivan hatte seine einigste große Liebe verloren und ehe ich etwas daran ändern konnte, musste ich mit ansehen, wie Sivan sein Schwert in die Hand nahm. Ich rechnete damit, das er nun verzweifelt einen Gegner sucht, der für ihren Tod verantwortlich war, weshalb ich nichts unternahm, doch wie schon so oft, hatte ich mich geirrt. Sivan stand nicht auf, stattdessen rammte er sich, zu meinem Entsetzen, sein Schwert durch den Leib, nachdem er Gea einen verzweifelten Kuss gegeben hatte. Ich musste mit ansehen, wie mein Freund, vor meinen Augen starb. Ich konnte mich nicht bewegen, als ich eigentlich zu ihm wollte, doch ich konnte einfach nicht. Etwas hielt mich hier, an diesem Ort, wo ich regungslos gestanden hatte. Mir stiegen Tränen in die Augen, nicht nur, das ich sah, wie Gea gestorben war, nein ich hatte gesehen wie er, Sivan Carrières gestorben war…

Was mit den Leichen der beiden passiert war, kann ich heute nicht sagen. Ich hätte sie wohl begraben, wenn ich es gekonnt hätte, aber das konnte ich nicht, nein, ich wurde nämlich im selben Moment fest genommen. Ja, Fest genommen von meinem Herr und Meister. Und nun, ganze 30 Jahre nach dem Tod der beiden Liebenden, sitze ich immer noch in diesem Kerker! Das einigste was mir von Sivan und Gea, die ich kein einziges Mal grüßen konnte, geblieben ist, sind meine Erinnerungen. Wenn ihr mich fragt, ob ich alles noch einmal genauso machen würde, dann werde ich euch mit Genugtun sagen, Ja, ich würde alles, ja wirklich alles noch einmal so machen! Ich würde die Zeit mit Sivan nicht mehr eintauschen wollen, selbst wenn er manchmal schwierig war. Sivan ist jemand, der mir immer in meinen Erinnerung bleibt!

Ob Sivan und Gea nun zusammen in ihrem Paradies sind, wie es Sivan wohl vorgehabt hatte, weiß ich nicht, aber ich hoffe es für die beiden. Ich hoffe zutiefst, das sie nun, da sie gestorben sind, gemeinsam ihre Zukunft im Tot finden.
 

Geschrieben am: 12.07.0044 n. Môreau noir súr Blànc

Verfasser: Yuri Motowa

In Gedenken an Yuri Motowa!
 

Der Autor, Yuri Motowa, wurde kurz nach der Veröffentlichung dieses Schreibens gehängt. Die Gründe seines Mordes erfuhr man nie.

Herr Motowa verbrachte 20, fast 21 Jahre mit dem jungen Sivan Carrières und allein 30 hinter den Gittern des Gefängnisses für Teufel.



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