Eine Schande für anständige Kekse ...
Charaktere: Sam & Dean
Warnungen: Generelle Dorkiness
Spoiler: Nope
Timeline: What Timeline?
„Was ist das?“ Dean beäugte die beiden flachen, weißen Tabletten in Sams Hand so misstrauisch, als gäbe es auf regulärer Basis Versuche ihn zu vergiften.
Sam verdrehte die Augen. „Was glaubst du, was es ist?“
„Nichts was Spaß macht, so viel steht fest.“
„Dude, komm nicht schon wieder mit deiner Marihuana-Theorie!“
„Das ist keine Theorie, sondern wissenschaftliche Tatsache, man!“
Er hatte schon mehrfach versucht, seinen Bruder davon zu überzeugen, dass Marihuana das neue Wunderheilmittel gegen … so ziemlich alles war. Aber Sam musste ja darauf bestehen, ihm jeden Spaß im Leben zu nehmen.
„Es sind Calciumtabletten“, sagte Sam schließlich und schob die beiden Tabletten gewaltsam in Deans Hand. Mit der anderen Hand hielt er ihm ein Glas Wasser so nachdrücklich entgegen, dass mehr als die Hälfte davon auf das weißen Krankenhauslaken schwappte.
Dean warf ihm einen empörten Blick zu und dachte nicht im Traum daran, das Glas entgegenzunehmen. „Toll Sam. Dank dir werden die Schwestern jetzt denken, ich bin ein Bettnässer. Das ist nicht sexy.“
Sam seufzte. „Dean, du musst endlich aufhören, Frauen anzubaggern, die so große Nadeln in der Hand haben …“
„Hey, ich kann nichts dafür, wenn sich alle darum reißen mich zu baden und zu füttern“, winkte Dean ab und grinste vielsagend. „Mein unglaublicher Charme wirkt sogar, wenn ich im Koma liege.“
Unwillkürlich zuckte Sam zusammen und senkte den Blick. „Das ist nicht witzig.“
„Na ja, ein bisschen witzig“, erwiderte Dean kompromissbereit.
Als keine Antwort kam, legte er den Kopf schief und warf seinem kleinen Bruder einen forschenden Blick zu. Sam war schon seit gestern so komisch drauf. Als ob es das erste Mal war, dass einer von ihnen im Krankenhaus gelandet war und nicht das hundertste. Dabei war das hier im Vergleich alles noch sehr harmlos.
„Dude, was ist dir über die Leber gelaufen?“ fragte er schließlich verärgert.
‚Verärgert’ war das Dean-Äquivalent für besorgt. Genauer gesagt, war ‚verärgert’ gleichbedeutend für eine ganze Menge an gefühlsduseligen Emotionen, aber Sam wusste in der Regel immer welche davon gemeint war. Was gut war, denn das ersparte Dean eine Menge peinlicher Momente. „Wenn du darauf bestehst, alle scharfen Krankenschwestern für dich zu haben, hättest du was sagen können!“
„Dean …“
„Du stehst auf die Rothaarige von der Nachtschicht, oder? Gib es zu. Sorry Junge, aber bei der hast du keine Chance. Die sucht wirklich jede Gelegenheit, um mir ein Fieberthermometer irgendwo rein zu schieben. Nicht, dass ich es ihr verdenken kann …“
Und niemand konnte ihm erzählen, dass die nicht total versucht hatte, ihn zu küssen, als sie heute Morgen seinen Puls gemessen hatte. (Andererseits hatte sie vielleicht auch nur seine Pupillenreaktionen gecheckt, als sie sich so neckisch über ihn gebeugt hatte …)
Sam hob den Kopf und verdrehte die Augen, aber seine Mundwinkel zogen sich beinah unmerklich auseinander. „Du bist ein Bastard“, erklärte er Dean.
„Ja, aber ein sexy Bastard.“
„Wie du meinst. Und jetzt nimm die blöden Tabletten schon.“
„Calcium, Sam?“ Deans Stimme klang gedehnt.
„Was ist damit?“
„Nichts. Gar nichts. Aber heute Morgen hast du mir Vitamin C angeschleppt und gestern Abend waren es Vollkornkekse. Ich meine, Vollkorn! Was stimmt nicht mit dir? Bist du besessen, oder was?“ Was hatte Sam sich dabei gedacht? Vollkornkekse waren einfach eine Schande für alle anständigen Kekse.
„Ich bin nicht besessen.“
„Christo!“
Sam schwieg und warf ihm einen Blick zu, der deutlicher als Worte ausdrückte, was er davon hielt.
„Wunder dich nur nicht, wenn du heute Nacht aufwachst und ich dabei bin, dich zu exorzieren“, grummelte Dean und versuchte vergeblich die Arme zu verschränken. Er vergaß immer wieder, dass der linke eingegipst war.
„Calcium ist gut für die Knochen“, sagte Sam in dem herablassenden Strebertonfall, von dem er genau wusste, wie sehr er Dean auf die Nerven fiel.
„Fabelhaft. Gib mir das nächste Mal welches, bevor mich ein angepisster Poltergeist gegen einen Kleiderschrank wirft.“
„Wieso musst du so stur sein?“
„Wieso musst du so stur sein?“
„Entschuldige bitte, wenn ich mir Sorgen um dich mache …!“
Oh, du lieber Gott.
Genau so was hatte er befürchtet.
Nachdem Sam seit gestern Nachmittag wie eine Trauerweide um ihn herumgeschlichen war und ihm wehmütige, deprimierte Hundeaugenblicke zugeworfen hatte, kam das nicht unbedingt überraschend. Trotzdem konnte Dean nicht anders als zusammen zu zucken und vorsichtshalber ein wenig zurück zu weichen. Das ganze schrie förmlich nach einem dieser emotionalen „Öffne dein Herz“-Momente, die er so hasste.
„Du willst mich jetzt aber nicht umarmen, oder?“ fragte er vorsichtig.
Sam schüttelt den Kopf und kaute auf seiner Unterlippe herum.
Oh gut. Das war sehr gut. Keine Umarmungen waren immer gut.
„Komm schon Sammy … das ist doch nicht das erste Mal“, versuchte Dean es rational. Weil Sam auf rational so abging. Zumindest dann, wenn er nicht grade furchtbar gefühlsduselig wurde. „Ich werde es überleben. Ich überlebe es jedes Mal.“
„Genau darum geht es ja.“
„Darum, dass ich es überlebe?“
„Nein, Dean! Darum, dass es andauernd passiert!“ gab Sam zurück und fuhr sich aufgebracht durch die Haare. „Dass wir alle paar Wochen hier landen …“
„Was soll das denn heißen - wir sind zum ersten Mal in Iowa!“
„Im Krankenhaus!“ fauchte Sam. „Und du tust immer so als wäre das alles überhaupt nicht dramatisch. Als ob man dich wieder zusammenbasteln könnte wie den Impala! Aber so einfach ist das nicht …“
„Dude, worauf willst du hinaus?“
„Darauf dass du anfangen solltest, dich ein bisschen mehr um deinen Körper zu kümmern! Gesünder zu leben oder …“
„Was?! Was? DAS ist dein Problem? Meine Ernährung?“
Sam ließ die Hände sinken und schob sie wortlos in die Hosentaschen. „Du weißt, was ich meine.“
Er wusste es. Aber glauben konnte er es trotzdem nicht.
Sams ganze Haltung war angespannt und er blickt überall hin, nur nicht in sein Gesicht.
Sekundenlang starrte Dean ihn wortlos und mit hoch erhobenen Augenbrauen an, in der vagen Hoffnung, dass Sam jeden Augenblick lachen und erklären würde, dass das ganze ein Scherz gewesen sei. Aber scheinbar war ihm das wirklich ernst.
Schließlich seufzte Dean.
„Du weißt doch hoffentlich, dass uns solche Dinge wie hoher Blutdruck, Cholesterinwerte und krebserregende Substanzen vollkommen egal sein können, oder?“ begann er vorsichtig.
Sam schwieg.
„Und die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals Probleme mit Ostero- Ostern …“
„Osteoporose“ sagte Sam ganz leise.
„Danke, du Klugscheißer. Also die Wahrscheinlichkeit dass ich so alt werde, dass ich das jemals kriege, ist sehr gering. Wenn wir sterben, dann mit Sicherheit nicht an so was“, fuhr Dean fort, ohne die Augen von seinem Gesicht zu nehmen. „Und alles Calcium der Welt wird dir oder mir nichts nützen, wenn wir das nächste Mal auf einen Dämon stoßen. Oder Vollkornkekse.“ Er sprach das Wort so angewidert aus, als sei es eine Beleidigung. „Ich meine Vollkorn, Sammy! Das ist einfach nur verkehrt …“
Sam gab ein leises Geräusch von sich, das beinah ein Lachen war.
„Aber wenn es dich glücklich macht …“, Dean stöhnte wie ein leidender Märtyrer und hob eine Hand zum Mund, „… dann nehme ich das Zeug.“
Sam hob den Kopf.
Dean warf die beiden Tabletten ein, griff nach dem Glas Wasser und schluckte sie mit angeekeltem Gesichtsausdruck herunter, bevor er hinzugfügte: „Aber diese Kekse kannst du vergessen, Alter!“
„Danke, Dean.“ Sam lächelte.
„Wie auch immer.“ Er winkte ab. „Und jetzt sei brav und besorg mir einen Burger. Das Essen hier ist nicht zum aushalten.“
^Fin^