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Das Spiel

von

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Das Spiel
 

"Verflucht" Ein dumpfer Aufprall ist zu hören, als sie mit ihrer Faust auf den kalten Stein schlägt. Ein süßer Schmerz zieht sich von ihrer Hand durch ihren bebenden Körper. Tränen laufen über ihre Wange. Sie steht an einer Mauer gestützt, auf dem Parkdeck. Das Parkdeck ist zu ihrem Lieblingsplatz geworden, an den sie sich gerne zurückzieht. Er vermittelt ihr das Gefühl von Freiheit. Jedes Mal wenn sie herunterschaut, kommt ihr die Welt so klein vor. Von hier oben kann man die ganze Stadt sehen. Ihr ganzer Körper ist verkrampft. Sie zittert, ist noch nicht einmal in der Lage sich eine Zigarette anzuzünden. Es ist kalt. Die Sterne funkeln auf sie hinab, stehen im direkten Kontrast mit ihren Augen. Sie sind matt, haben ihren Glanz verloren. Die Stadt unter ihr ist menschenleer. Kein Straßenlärm ist zu hören. Es ist späte Nacht und die Bewohner der Stadt haben sich in ihre Häuser zurückgezogen. Einzig und allein ihr Schluchzen durchbricht die Stille der Nacht. Seit Wochen ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ausgelaugt und müde. Sie will nicht mehr, kann nicht mehr. Immer wieder dieser Zwiespalt. Es ist zum Verzweifeln. Sie liebt ihn und hasst ihn zugleich. Sie weiß nicht mehr was sie denken soll. Es ist alles so verwirrend. Sie hasst ihn dafür, wie er sie behandelt. Dasser sie nur benutzt, benutzt um seine Lust zu befriedigen. Benutzt um seinen Spaß zu haben. Spaß auf ihre Kosten. Er trampelt auf ihren Gefühlen herum ohne Rücksicht auf Verluste.
 

Aber, tut er das wirklich? Schließlich ruft sie ihn immer an, wenn es ihr schlecht geht. Sie geht zu ihm. Erzählt ihm ihre Probleme, ihre Sorgen. Er ist immer für sie da. Lacht sie niemals aus. Er nimmt sie ernst. Versucht ihr zu helfen, wenn sie telefonieren und wenn sie bei ihm ist, tröstet sie. Hört sich an, was sie zu sagen hat. Warum es ihr mal wieder so schlecht geht. Was für Probleme sie hat. Und danach, wenn sie fertig ist mit dem Reden, fängt er an sie zu streicheln. Er streichelt ihr durch das Gesicht, über ihren Körper. Haucht sanfte Küsse auf ihren Hals. Lässt alle Sorgen und Ängste im Nichts verschwinden. Sie vergisst alles, wenn sie seine Lippen auf den ihren spürt. Seine Hände zärtlich ihren Körper erkunden und er langsam aber stetig fordernder wird.
 

Wenn sie nach Hause geht ist sie glücklich und entspannt und doch fehlt ihr seit einiger Zeit etwas. Sie will ihn für sich, will ihn nicht mehr teilen. Es tut ihr weh zu wissen, dass seine Lippen nicht nur die ihren berühren. Sie nicht nur ihr Lust bereiten. Er hat jede Woche eine andere, die er streichelt, die er zärtlich umkost. Zudem hat er eine Freundin. Ihm ist es egal, er liebt es zu Spielen, für nichts in der Welt würde er das aufgeben. Er liebt seine Freiheit, das Spiel mit dem Feuer. Das Spiel mit der Lust, mit der Gefahr. Seine Freundin weiß nichts davon, aber sie, sie weiß es. Er redet zwar nicht mit ihr darüber, aber er versteckt es auch nicht. Wenn sie ihn fragt, antwortet er ihr ehrlich. Sie fragt nicht mehr.
 

Welchen Platz hat sie in diesem Spiel? Eine Freundin hat er. Ein One-night-stand schließt schon der Name aus. Für eine Geliebte kümmert er sich zu sehr um sie. Sie kann ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen. Nie ist er sauer, wenn sie in weckt, nur um mit ihm über ihre Probleme zu reden, nie stößt er sie weg. Eine Ausnahme gab es. Sie erinnert sich daran wie sauer er war, als seine Freundin von ihnen erfahren hat. Eine ihrer Freundinnen hat sie zusammen gesehen. Er war wütend hat herumgeschrieen, hat ihr gesagt wie sehr er sie hasst. Er war verzweifelt, der Streit mit seiner Freundin zehrte an seinen Nerven. Er wollte sie nicht verlieren. Sie war auch wütend. Wütend auf ihn, hasste ihn für die Vorwürfe und für die Zurechtweisungen. Die Probleme, die sie dadurch hatte. Sie bekam die Schuld an allem und er gab sie ihr auch. Fiel ihr in den Rücken. Er leugnete alles. Doch das alles ging vorbei. Bald war es vergessen, verziehen. Sie stritten sich noch ein paar Mal heftig, sagten sich wie sehr sie sich hassten. Fochten einen regelrechten Kampf aus in dem sie sich gegenseitig versuchten sich weh zu tun. Doch ein paar Wochen später war auch für sie Beide alles vergessen. Ihre Probleme blieben zwar, aber das war ihr in Bezug auf ihn egal. Er war es ihr wert, sich diesen entgegen zu stellen. Er traf sich wieder mit ihr. Seine Freundin wusste nichts davon. Bei Zeiten stritten sie sich, wenn ihre Probleme Überhand nahmen oder sie zusammen gesehen wurden. Es war immer wieder heftig, wenn sie sich stritten und doch hörten sie nicht auf. Das Spiel war gefährlich, beide liebten sie die Gefahr, setzten sich über jede Regel hinweg. Waren jeder Moralvorstellung erhaben, scherten sich einen Dreck darum. Irgendwann hörte das Streiten auf. Es kehrte Ruhe ein. Sie hatten gelernt gemeinsam zu agieren, das Zusammenspiel zu perfektionieren. Niemand konnte ihnen mehr etwas nachweisen. Keiner schöpfte mehr Verdacht.
 

Sie löst ihren Blick aus der Ferne und dreht sich um. Langsam lässt sie sich an der Mauer hinunter gleiten. Sie schlingt die Arme um sich herum und bettet ihren Kopf auf den Knien. Was war passiert? Warum? Wieso jetzt? Was ist schief gelaufen? Wie soll es weitergehen? So viele Fragen auf die sie keine Antwort findet. Die ein Chaos in ihren Kopf hinterlassen, dem sie sich nicht mehr gewachsen fühlt. Sie haben sich gestritten. Sie kann einfach nicht mehr. Es ist zu einem Tod auf Raten geworden. Sie hat keine Lust mehr auf dieses Spiel. Es tut zu sehr weh- sie liebt ihn. Es ist vorbei. Sie hat die eine der Regeln gebrochen. Hat Hochverrat begangen. Für Liebe gibt es keinen Platz in dem Spiel. Nichts Ernstes hat Platz. Das würde das Spiel zerstören. Es würde keinen Spaß machen und genau das ist doch der Sinn des Ganzen, Spaß. Sie kann es nicht ändern. Nicht das Spiel und auch nicht ihre Gefühle. Sie kann es nicht mehr verleugnen. Sie liebt ihn, das ist endgültig und unverrückbar.
 

Sie hatten sich heftig gestritten, wegen nichts. Ihre Nerven haben es einfach nicht mehr mitgemacht. Die ganze Anspannung, der Stress. Warfen mit Beleidigungen um sich. Schrieen sich an. "Ich liebe dich.", genau diese drei Worte hat sie ihm heute an den Kopf geschmissen. Er hat sie nur angestarrt. Sie hatte das Gefühl die Zeit würde stehen bleiben, es war still. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Es war ihr in ihrer Wut und ihrer Verzweiflung herausgerutscht. Er sollte es nie erfahren. Doch dafür war es jetzt zu spät. Sie hatte es gesagt. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihren Körper, nahm ihr die Luft zum Atmen. Stumm standen sie da und schauten sich an. Nach einer Weile löste er sich aus seiner Starre, ging zum Bett und setzte sich hin. Er wischte sich mit einer Hand über sein Gesicht, Verzweiflung zeigt sich in seinen Augen. Sie sah es und wollte weg, einfach nur weg. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Sie drehte sich um und hastete zu der rettenden Zimmertüre. "Warte. Ich…setz dich zu mir… wir müssen reden." Ihr Herz blieb stehen. Ungläubig schaute sie ihn an, nur langsam drangen seine Worte in ihr Bewusstsein. Wie in Trance setzte sie sich zu ihm. Sie traute sich nicht ihn anzuschauen oder gar zu berühren. Sie hielt ihren Kopf gesenkt und starrte auf ihre Füße. Er nahm sie in den Arm und hielt sie einfach nur fest. "Ich will dir nicht wehtun", es war nur ein Flüstern gewesen und doch hatte sie ihn verstanden. Sie setzte zum Sprechen an, doch er legte ihr einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Brachte sie so zum Schweigen. Er küsste sie, fing an sie zu streicheln…Kein Wort wurde mehr gesprochen. Nur noch fühlen. Den Schmerz vergessen. Das Gesagte verbannen. Als sie ging, küsste er sie noch einmal und schenkte ihr ein wehmütiges Lächeln. Ich ruf dich an. Sie wusste, dass er es ernst meinte. Für ihn war die Sache klar. Ihre Worte wurden einfach gestrichen.
 

Jetzt sitzt sie hier zusammengekauert und am Weinen. Weiß nicht mehr was sie denken oder fühlen soll. Sie ist am Ende. Ein verzweifeltes Schluchzen verlässt ihre Lippen. Es gibt kein Zurück mehr. Es ist nicht mehr zu ändern. Er weiß es. Ich will dir nicht wehtun. Was bedeutet das? Was will er mir damit sagen? Sie schreit, sie weiß nicht warum oder weshalb. Sie schreit so lange, bis sie keine Kraft mehr hat um weiter zu Schreien. Still sitzt sie da, legt ihren Kopf wieder auf ihre Knie und schließt die Augen. Ihr Kopf ist leer, es ist dunkel. Sie nimmt nichts mehr um sich herum wahr. Nicht die Kälte, die sie zittern lässt und auch nicht den Regen, der zu ihrer trostlosen Stimmung passt. Es vergehen Stunden, bis sie sich die Tränen fortwischt. Sie steht auf. Ihr Blick ist leer. Kein Funkeln, nichts ist mehr vorhanden. Es ist passiert. Die Worte wurden gesagt. Langsam geht sie auf die Türe zu und verlässt die oberste Ebene. Sie schwankt leicht und muss sich am Geländer festhalten. Einen kurzen Moment wird ihr Schwarz vor Augen. Sie richtet sich wieder auf und geht mit festen Schritten die Treppen herunter. Sie verlässt das Parkdeck und macht sich auf den Weg nach Hause. Sie würde nicht zurückschauen. Es ist vorbei. Game over.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Gmork
2007-10-10T09:28:30+00:00 10.10.2007 11:28
geil!!!
*favo*


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