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Das Geständnis

von

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Ein einfacher Arztbesuch, dann die Einweisung ins Krankenhaus. Schon stand die Diagnose: Hautkrebs, im Endstadium. Keiner hatte es bemerkt, keiner hatte sich darum geschert. Ein ganz normales Leben, umgestürzt mit einem Schlag. Keiner hatte sie gefragt. Niemand hatte sie gewarnt. Und jetzt lag sie im Krankenhaus. Alle Freunde hatten sie besucht. Alle bis auf einen. Der, den sie über alles liebte. Der, dem sie ihr Leben anvertraut hätte.

Ihr Zustand verschlechterte sich, wenigstens hatte sie die Bestrahlungstherapie, sie konnte ihre Haare behalten. Und damit den letzten Funken der Schönheit, um die sie damals alle beneidet hatten. Immer noch fielen ihre langen braunen Haare wie fließendes Wasser, leicht gewellt herab. Immer noch rahmten sie ein Gesicht, das schon längst das letzte Fünkchen Strahlen verloren hatte.

Die Tage wurden kürzer, die Besucher weniger. Wenigstens ihre Mutter kam noch jeden Tag vorbei. Jeden Tag setzte sie sich für mindestens drei Stunden ans Bett. Wohl der Hoffnungsschimmer jeden Tag aufs Neue aufzuwachen, dem Leben noch nicht zu entsagen.

Doch eines Tages musste sie sich eingestehen, dass es nicht ihre Mutter war, die das einzige Seil war, an dem sie sich festklammern konnte.

Umso schlimmer ihr Zustand wurde, desto mehr wuchs in ihr ein Wunsch. Sie wusste diesen Wunsch lange nicht zu deuten, bis seine Schwester sie mal wieder besuchen kam.

Sie war immer eine ihrer besten Freundinnen gewesen. Schließlich war sie auch die, die sie noch am öftesten besuchen kam, doch nach fast einem Jahr auf der Intensivstation hatte sie auch nicht mehr jeden Tag Zeit und Lust sich an ihr Bett zu setzen.

Eines Tages, ihr Leben schien langsam zu verblassen, geschah es. Ihr Blick war schon leer, ihre Mutter hatte an ihrem Bett fast nur noch geweint. Jeden Tag wuchs die Leere, die sich in ihrem Leben ausbreitete und damit auch die Verzweiflung ihrer Mutter, die so lange an ihre Genesung geglaubt hatte.

Doch es geschah. An dem Tag, nachdem sie auf die Krebsstation gebracht wurde, nicht mehr an tausenden von immerzu piependen Geräten hing. Die Tür öffnete sich, sie fühlte es. Ihr toter Blick wandte sich von der weißen Wand ab, die doch das letzte Jahr meist das einzige war, dass sie angesehen hatte.

Er kam herein. Sie konnte es gar nicht fassen. Wie in einem Traum. Mehr als ein Jahr hatte sie auf diesen Augenblick gewartet.

„Hi“, sagte er nur kurz. Nur ‚Hi’, aber dieses eine Wort löste in ihr mehr aus, als alles andere jemals zuvor in ihrem Leben. Sie konnte nicht antworten. Sie schloss nur still die Augen und genoss diesen Augenblick mit jeder Faser ihres Seins. Oder zumindest mit dem, was das davon übrig geblieben war. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Was sie niemals für möglich gehalten hatte, war eingetreten. Er setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett. Sie sah ihn an, blickte in seine wunderschönen blauen Augen. Ihr Herz raste, ihre Hände zitterten. Die Elektrizität in der Luft war beinahe greifbar.

„Hi, schon lange nicht mehr gesehen“

Sie kamen ins Gespräch, es kam zu keinen wirklich interessanten Themen. Aber darum ging es auch gar nicht. Nur seine Stimme zu hören durchdrang sie mit tiefer Zufriedenheit. Ihr Herzklopfen wurde stärker,, lauter, immer lauter. Plötzlich schloss sie die Augen.

„Hey, was ist los mit dir?“

Seine Stimme riss sie aus dem Dunkel. Etwas musste sie noch tun. Schwach öffnete sie sie wieder.

„Hey, etwas das ich dir noch sagen muss, bevor ich gehe-“

„Was? Du wirst nicht gehen. Bitte-“ Sie schüttelte den Kopf, er verstummte.

„Ich... ich habe lange gebraucht um dir das zu sagen. Wahrscheinlich viel zu lange. Und ich kann es selbst jetzt kaum aussprechen. Noch ist es nicht zu spät.

Weißt du, ich liebe dich.

Ich liebe dich seit dem ersten Tag, an dem ich dich gesehen habe, ich liebe dich, seit du mir im Gang begegnet bist. Erinnerst du dich? Ich wäre beinahe im Bocken versunken. Ich ertrage es kaum im selben Raum wie zu sein, die selbe Luft wie du zu atmen. Jeden Moment, den ich in deiner Nähe bin, genieße ich, als wäre es mein Letzter. Jeden Tag denke ich and ich, jede Nacht träume ich von dir. Ich kann nicht leben ohne dich und trotzdem warst es du , der mich am Leben gehalten hat. Jeden Tag hier im Krankenhaus habe ich nur gehofft, dass du vorbei kommst, jeden Tag habe ich gebetet, dass ich dich sehe.

Ich kann nicht gehen, ohne dich noch einmal gesehen zu haben... ich kann nicht gehen ohne dir das gesagt zu haben...“

Eine kurze Stille entstand, ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. Dennoch sprach sie weiter. „Ich habe deiner Schwester sogar einen Zettel hinterlassen, sollte ich es nicht mehr schaffen dir das zu sagen“

Sie zog einen kleinen Zettel aus ihrem Nachtkästchen. Einen Moment zögerte sie, dann gab sie ihm das sorgsam gefaltete Papier.

Langsam öffnete er es, als wüsste er, dass er den Inhalt nicht ertragen würde.

„Hey Maus. Wenn du das liest weile ich vermutlich nicht mehr unter euch. Um eines wollte ich dich bitte. Wenn ich nicht mehr da sein sollte, bitte sag deinem Bruder wie sehr ich ihn geliebt habe... Ich vertraue dir.“

So stand es mit wackeliger Schrift auf dem Zettel.

Ihre Stimme war fast nur noch ein Jammern, ein leises Flüstern.

„Ich wollte ihn eigentlich-“

Doch er legte seinen Finger auf ihre Lippen. Dann küsste er sie, ganz vorsichtig, als könne sie daran zerbrechen.

Noch bevor er absetzte verschwand sie, wie ein flüchtiger Hauch verlöschte das letzte Bisschen Lebe in ihr. Und sie verschwand aus diesem Körper und aus dieser Welt. Zurück blieb nur ihr schwacher, kalter Körper, der sie nicht länger zu halten vermocht hatte und ei zartes Band.

Ein Hauch, und doch ein Band der Liebe.
 


 

Das Geständnis



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  annie11
2007-09-05T16:48:05+00:00 05.09.2007 18:48
ich finde deine geschichte gut^^


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