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Rote Augen

Die Fortsetzung von Familienbande
von

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Unbekannte Trauer

Ich stand vor den Familienfotos. Jasper und Alice auf ihrer letzten Europareise, von der sie vor zwei Monaten zurückgekehrt waren. Emmett und Rosalie bei ihrer letzten Hochzeit vor einem Monat. Edward und Bella auf ihrer eigenen Hochzeit genau ein Jahr nach Bellas Verwandlung. Carlisle und Esme glücklich bei einem Picknick.

Diese Bilder fielen mir schmerzhaft ins Auge. Ich wusste nicht einmal, weshalb sie mich so traurig machten. Es war einfach so.

Das Bild von Bella und Edward trieb mir fast die Tränen in die Augen. Ich erinnerte mich noch gut daran, wie es damals gewesen war. Bella war in einem weißen Kleid die Treppe runter gekommen und Esme, Rosalie, Alice und mich hatte es beinah umgehauen. Sie sah so wunderschön und perfekt aus. Ihr braunes Haar wurde mit einer weißen Schleife aus ihrem Gesicht gehalten und das lange weiße Kleid war schlicht und einfach elegant gewesen. Da waren keine aufwändigen Rüschen, was auch überhaupt nicht nötig gewesen wäre, denn Bellas strahlender Gesichtsausdruck schien den ganzen Raum erhellt zu haben. Edward war sogar zu einer lebenden Statue geworden, als er sie gesehen hatte.

Ein Kinn legte sich auf meine Schulter. „Was ist los?“, fragte Bella mich mit dieser unheimlich sanften Stimme. „Was tut dir so weh?“ Sie schob sich zwischen mich und die Wand und sah besorgt aus. „Es ist nichts“, flüsterte ich. „Du lügst, das seh ich dir an der Nasenspitze an“, tadelte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Nun rück schon damit raus. Niemand ist da, der uns zuhören könnte.“ „Ich weiß doch selbst nicht, was los ist…“, murmelte ich irgendwann. Sie zog mich kurzer Hand zu Edwards Klavier und klimperte ein wenig darauf herum. Sie animierte mich dazu, mitzumachen und irgendwann kringelten wir uns fast vor Lachen. Wir waren beide keine großartigen Klavierspielerinnen. Edward hatte mal versucht es Bella beizubringen und hätte er bei ihr nicht diese Engelsgeduld, wäre er wohl verzweifelt.

Ich hatte in meinem Menschenleben, als ich bei meinen Adoptiveltern lebte, zwei Jahre lang Klavier gespielt. Ich erinnerte mich ungern an diese Zeit zurück… denn ich konnte mich, anders als Bella, erinnern. An das ganze Leben, das ich geführt hatte. Die glücklichen Momente waren genauso präsent wie die überwiegenden traurigen.

„Denk an etwas anderes“, sagte Bella plötzlich und sah traurig aus. Kein Wunder, sie musste meinen Schmerz spüren. „Was meinst du, sollen wir in die Stadt und ein wenig shoppen gehen?“ Sie lächelte mich lieb an. „Ich heiße nicht Alice“, meinte ich. „Ach, komm schon…“ „Außerdem war ich schon länger nicht mehr jagen… vielleicht hätte ich ja doch mit den anderen mitgehen sollen…“ Bella seufzte. „Ich würde dir so gerne helfen.“ Ich lehnte meinen Kopf an ihre harte Schulter. „Du hilfst mir schon genug, wenn du einfach da bist.“

Maria

Kaum, dass der Rest meiner Familie von der Jagd zurückgekehrt war, besserte sich meine Laune und ich hatte den Verdacht, dass Bella Jasper dazu überredet hatte, meine Laune anzuheben. Zwei Tage später gingen dann auch Bella und ich jagen. Wir hatten es uns angewöhnt, gemeinsam zu jagen. Wahrscheinlich lag das daran, dass wir es gemeinsam erlernt hatten mit Carlisles Hilfe. Fünfzehn lange Jahre hatte es gedauert, bis wir uns dabei nicht mehr zusauten und das Handwerk perfekt beherrschten.

Wir kehrten erst nach vier Tagen im strömenden Regen zurück. Bella und ich waren durchnässt bis auf die Haut und Edward, der gerade die Treppe hochgehen wollte (er war zu Beginn äußerst beleidigt gewesen, dass Bella und ich allein jagten), machte ein Gesicht, das unbezahlbar war. Sofort rannte er ins Badezimmer und kam mit einem Handtuch zurück. Bella stand komplett perplex in der Haustür und machte Edward erst einmal darauf aufmerksam, dass sie kein Mensch mehr war und ihr die Nässe nicht schadete.

Am nächsten Morgen kam Rosalie in mein Zimmer geschneit. „Alice und ich wollen shoppen gehen. Jasper kommt auch mit. Willst du mitkommen?“ Ich nickte, erfreut über die Abwechslung, da momentan Schulferien waren.

Wir fuhren in Jaspers neuen Wagen. Er hatte ihn erst seit kurzem und obwohl er nicht erfreut darüber war uns in die nächst größere Stadt begleiten zu müssen, tat er es für Alice. Für Alice tat er sowieso so gut wie alles. Für sie ging er auch zur Schule, obwohl er die Nähe der Menschen nicht gut vertrug. In den letzten Jahren hatte er allerdings begonnen sich an das Kratzen im Hals zu gewöhnen, wenn sie uns begegneten. Doch noch immer war es ein harter Kampf für ihn.

Ich sah aus dem Fenster, während Alice und Rosalie über die neuesten Trends diskutierten und Jasper sich besonders stark auf den Verkehr konzentrierte, um ihnen nicht zwingend zuhören zu müssen. Ich blendete ihre Gedanken aus und sah auf die Landschaft, die draußen vorbeiraste. Jasper fuhr ziemlich schnell.

„Und was meinst du dazu, Faye?“ Ich starrte Rosalie verwirrt an. Was hatte sie doch gleich gesagt…? Rosalie rollte mit den Augen. „Ich habe dich gefragt, was du von der neuen Kollektion hältst“, half sie mir auf die Sprünge. Ich antwortete irgendetwas davon, ich fände sie großartig, ohne irgendwie zu wissen, von welcher Kollektion sie sprachen. „Gib’s zu, du hast uns überhaupt nicht zugehört“, maulte Rosalie und ich sah sie entschuldigend an. „Tut mir Leid, ich war gerade wo anders mit den Gedanken.“ „Doch wohl hoffentlich nicht bei unseren“, lachte Jasper und klang plötzlich selten gut gelaunt. „Nein, ihr wisst, dass ich und Edward eure Gedanken versuchen auszublenden“, verteidigte mich und ich sah über den Rückspiegel, dass er grinste. Ich musste auch grinsen. Jasper war ein netter Kerl… obwohl er eigentlich nur an Alice gebunden war, respektierte und mochte er uns andere sehr. Wir hatten einmal eine ganze Nacht lang diskutiert und ich fand es toll, jemanden gefunden zu haben, mit dem ich stundenlang über irgendwelche langweiligen Themen reden konnte.

Zehn Minuten später drosselte er das Tempo und parkte den Wagen schließlich. Wir stiegen aus und spannten sofort die Regenschirme auf. Es goss aus Kübeln, aber nur dann konnten wir überhaupt aus dem Haus: wenn es bewölkt war. In sofern machte es uns nicht sehr viel aus, durch den Regen gehen zu müssen. Rosalie war froh, dass die Läden (und vor allem die Umkleiden) nicht so voll waren und nachdem wir bereits in etwa fünf Läden gewesen waren, visierten wir ein Geschäft für Herrenmode an, weil Alice meinte, Jasper müsse, nun da er endlich mal beim shoppen dabei war, neu eingekleidet werden.

Als wir ins Geschäft kamen, hörte ich sofort die Gedanken der Verkäuferin. ‚Wow, das sind garantiert Models oder so… die kaufen bestimmt etwas.’ Ich lächelte. Sie dachte exakt dasselbe, wie die Verkäuferinnen in den fünf Geschäften zuvor – und bisher hatten wir keine einzige von ihnen enttäuscht.

Rosalie suchte bereits Hosen heraus und Alice bemühte sich um Hemden, während ich mich mit Jasper dem Stand für Pullover näherte. „Wie gefällt dir der hier?“, fragte ich und deute auf einen Streifenpulli. „Nicht wirklich“, meinte er.

‚Faye.’ Ich drehte mich nicht zu ihm um, sondern nickte scheinbar die Wand an, um ihm zu zeigen, dass ich ihn gehört hatte. Was er wohl wollte, dass es Rosalie und Alice nicht hören sollten? ‚Ich habe das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich will Alice aber keine Sorgen bereiten. Würdest du vielleicht deine Lauscher aufstellen und gucken, ob uns jemand verfolgt oder so?’ Ich nahm einen grünen Pullover hoch und hielt ihn hoch. „Und was ist mit dem?“ Ich nickte ihm schwach zu und er dachte: ‚Danke.’

Sofort ging ich auf Gedankenjagd. Als erstes hörte ich Alice, die sich fragte, weshalb Jasper auf einmal so bedrückt wirkte, dann vernahm ich Rosalie, die gerade eine schwarze Hose bewunderte. Die Verkäuferin schlich in der Nähe herum. ‚Er sieht nicht zufrieden aus, vielleicht sollte ich meine Hilfe anbieten.’ Tatsächlich kam sie Sekunden später auf uns zu. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“ „Nein, danke, wir kommen zurecht“, wimmelte Jasper sie rasch ab. Er wollte immer noch möglichst nicht in die Nähe von Menschen.

Außer uns waren noch drei andere Kunden in dem Laden und eine weitere Verkäuferin stand an der Kasse. Die Verkäuferin hatte ihre Ellenbogen auf der Theke abgestützt und ihr Gesicht auf den Händen und starrte zu uns herüber. ‚Wie kann man nur so schön aussehen? Und erst diese blasse Haut… die Haut der Blonden wirkt beinah durchscheinend… so müsste man aussehen…’ Nur einen kurzen Moment verweilte mein Blick auf ihr. Die Gedanken der zwei Kunden in unserer Nähe waren ebenso einfach gestrickt. Eine junge Frau stand mit einem Mann, wahrscheinlich ihrem Freund, auch bei den Pullovern. ‚Ach, du meine Güte, so jemand ist garantiert nicht mehr Single… so wie er vorhin die mit den kurzen Haaren angesehen hat, läuft wohl etwas zwischen ihnen…’ Die Gedanken ihres Freundes waren voll von Eifersucht. ‚Was starrt Sarah diesen Typen nur so an? Das der gut aussieht, verdankt der doch garantiert nur Schönheitsoperationen…’ Ich verkniff mir das Kichern. Als ob wir so etwas nötig hätten.

‚Die sieht ja toll aus’, dachte ein Mann, der in Rosalies Nähe stand. ‚Vielleicht sollte ich ihr ein Angebot machen… immerhin bin ich Modelscout…’ Ich ging schnell zu Rosalie rüber und zog sie von den Hosen fort, während ich ihr, zu leise für die Menschen in unserer Umgebung, zuflüsterte, was der Typ gedacht hatte. Rosalie wirkte ein wenig trotzig, als sie sich von mir fortziehen ließ. Sie stand liebend gern im Mittelpunkt. „Glaub mir, du hast in diesem Geschäft 99% der Aufmerksamkeit“, grinste ich sie an.

Ich kehrte zu Jasper zurück. „Beobachtet meinst du? Alle Leute im Laden starren uns an. Die Frau dort drüben will was von dir, ihr Freund daneben ist eifersüchtig und glaubt du hättest bereits zig Schönheitsoperationen hinter dir und der Typ dahinten will Rosalie für seine Modelagentur gewinnen“, murmelte ich ihm zu. ‚Ich meine auch nicht hier im Laden, sondern draußen’, antwortete Jasper stumm und ging zu Alice, die ihn zu sich gewunken hatte. Ich betrachtete ein wenig die einzelnen Pullover, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Meine Konzentration sprang von einem Kopf in den nächsten, um den Gedanken zuzuhören. Die meisten waren ziemlich banal.

‚Was gibt es heute wohl zum Mittagessen?’

‚Gott, der Regen ruiniert mir meine Frisur!’

‚Kann Dean endlich aufhören solche langweiligen Witze zu erzählen? Ich schlaf gleich ein…’

‚Wenn ich mich nicht beeile, komme ich noch zu spät…’

‚Natalie ist toll… wie habe ich nur so jemanden verdient?’

‚Die Frau dort sieht ja klasse aus…’

Plötzlich hielt ich inne. Ich drehte mein Gesicht leicht dem Ausgang zu und sah durch die große Schaufensterscheibe. Auf der anderen Straßenseite stand vor einem kleinen Geschäft eine Frau mit pechschwarzem Haar. Von ihr mussten die Gedanken stammen, die mich hatten inne halten lassen, und als ich sie mir noch einmal näher ansah, erschrak ich leicht. Ich ging schnell zu Jasper und nickte ihm erneut zu. „Was ist passiert?“, fragte Alice, der nicht verborgen blieb, dass ich aufgeregt war. Jasper und ich ignorierten ihre Frage und ich deutete leicht mit dem Kopf auf die andere Straßenseite. Jasper drehte sich um und ließ die Einkaufstüten aus den vorigen fünf Geschäften fallen. „Jasper, was ist passiert?“, fragte Alice wieder und jetzt kam auch Rosalie hinzu. Zu viert sahen wir zu der Frau mit dem schwarzen Haar und den roten Augen hinüber. Keine von uns kannte sie. Jasper tat es. „Wer ist das, Jasper?“, fragte ich und hob drei der Einkaufstüten auf; Rosalie nahm die anderen zwei.

Jasper knurrte leise. „Das ist Maria. Durch sie wurde ich zum Vampir.“

Die Vergangenheit holt jeden ein

Ich ließ beinah wieder die Taschen fallen. Ich sah kurz Rosalie an, die genauso erschrocken wirkte und dann Alice, die Jasper nur ansah. Ob sie wohl in seine Zukunft sah?

Wir verharrten nur einen kurzen Moment so, dann packte Alice Jaspers Arm, um ihn zu beruhigen. Er ging bereits zum Ausgang und sie ging nah an seiner Seite. Ich hörte, wie sie ihm etwas zuflüsterte. Rosalie und ich sahen uns kurz erschrocken an, dann liefen wir ihnen hinterher. Wir überquerten die Straße und erreichten gleichzeitig mit Jasper und Alice den anderen Vampir.

„Was tust du hier?“, fragte Jasper. „Danke, mir geht es auch gut. Ist es verboten einen alten Freund aufzusuchen? Wir wollten dich wieder sehen“, sagte Maria. Ich bemerkte, wie ihre Gedanken herumwirbelten. Es war kaum möglich, etwas zu verstehen.

„‚Wir’?“, hakte Jasper nach. „Wir“, bestätigte Maria und ihre Augen wanderten zu die Straße hinab. „Ich habe noch jemanden mitgebracht.“ Ich folgte ihrem Blick und sah einen wunderschönen jungen Mann mit schwarzem Haar, feinen Gesichtszügen und roten Augen auf uns zukommen. Ich schätzte ihn auf etwa 1,85 m (er war somit einige Zentimeter kleiner als Jasper, aber um einiges größer als ich, da ich gerade einmal 1,69 m aufwies). Vom menschlichen Alter her tippte ich auf achtzehn oder neunzehn, wobei das bei Vampiren schwer abzuwägen war.

„Glenn“, stellte Jasper tonlos und kalt fest. Der Vampir kam bei uns an und musterte Alice, Rosalie und mich aufmerksam. Hätte ich noch ein schlagendes Herz gehabt, hätte es jetzt einen Schlag ausgesetzt, als sich unsere Blicke trafen.

Glenn grinste Jasper hinterhältig an. „Lange nicht gesehen, Bruder.“ „Nenn mich nicht so“, zischte Jasper und hatte sichtlich Mühe, Glenn nicht an die Gurgel zu gehen. Irgendetwas tief in mir sagte, ich würde Jasper an die Gurgel gehen, wenn er Glenn was tun würde. Ich war froh, dass Edward nicht in der Nähe war, um mich zu entlarven und Alice zu sehr mit Jasper beschäftigt war.

„Warum sollte ich dich nicht so nennen? Wir waren lange Zeit wie Brüder.“ „Genau! Wir waren. Das ist die Vergangenheit!“ Ich sah mich rasch um, um mich davon zu überzeugen, dass uns niemand beobachtete, aber ich wurde bitter enttäuscht. Neunzig Prozenten der Passanten sahen uns an. „Jasper, beruhige dich“, sagte Alice leise und ich betete dafür, dass er es tun würde. „Möchtest du uns nicht deine reizende Begleitung vorstellen?“, fragte Maria und deutete auf Rosalie, Alice und mich. Jasper sah sie mit einem vernichtendem Blick an, aber Maria zuckte nicht einmal mit der Wimper, während ich, hätte er mich so angesehen, schon längst über alle Berge gewesen wäre. So hatte ich ihn bisher noch kein einziges Mal erlebt. Rosalie scheinbar auch nicht, denn sie starrte ihn genauso fassungslos an, wie ich es tat.

Maria sah Jasper noch immer an und schien darauf zu warten, dass wir ihr vorgestellt wurden. Als Jasper nicht einmal daran dachte, es zu tun, schritt Alice ein. „Mein Name ist Alice Cullen. Das sind Rosalie Hale und Faye Cullen. Wir gehören zur Familie. Und Sie sind…?“ Maria lächelte, scheinbar glücklich darüber, dass sie ihren Willen bekommen hatte und nun wusste, wer wir waren. „Ich bin Maria Pearson und er hier ist Glenn Parker.“ Glenn nickte uns zu. „Sie kennen Jasper also von früher“, sagte Alice und ich war mir nicht sicher, ob es eine Feststellung oder eine Frage war, denn ich wusste, dass Jasper garantiert keine Geheimnisse vor Alice hatte und sie nicht vor ihm. Dazu liebten sie sich zu sehr.

„Ja, so ist es.“ „Kommen Sie doch mit zu uns. Wir waren gerade auf dem Weg nach Hause“, bot Alice an. Ich hörte ihre Gedanken, die langsam nervöser wurden, weil sich immer mehr Passanten nach uns umdrehten. Immerhin standen hier sechs ungewöhnlich schöne Menschen im strömenden Regen, obwohl zwei von ihnen einen Regenschirm in der Hand hielten. Nach außen hin, ließ sie sich jedoch nichts anmerken.

„Warum nicht?“, meinte Maria. „Laufen wir?“

Alice sah mich kurz an. „Bringst du den Wagen zurück?“ ‚Wir passen nicht alle ins Auto, jemand muss ihnen den Weg zeigen und ich halte es für klüger, wenn Rosalie und ich Jasper begleiten’, fügte sie in Gedanken hinzu. „Geht klar“, antwortete ich rasch. „Gib mir die Tüten, wir treffen uns dann zuhause.“ Jasper gab mir noch den Autoschlüssel, dann ging ich zum Auto. Ich fuhr ein wenig zu schnell; scheinbar hatten Edward und ich mehr als nur die Gene und die besonderen Talente gemeinsam. Carlisle hatte vor einigen Jahren die Vermutung geäußert, meine Entwicklung ähnle der Edwards sosehr, weil wir verwandt waren. Gut möglich. Wir konnten beide Gedanken lesen, hatten beide einen Hang zur Schnelligkeit und liebten Autos. Erst seit einem Monat stand ein neuer Lexus in der Garage. Ich kam auch nicht umhin, zu bewundern, wie gut sich Jaspers Wagen fahren ließ, obwohl ich wirklich gute Gründe zur Sorge gehabt hätte.

Maria und Glenn gingen mir kaum aus dem Kopf. Maria Pearson und Glenn Parker. Vampire aus Jaspers Leben vor den Cullens. Vampire, die Menschenblut tranken.

Ich verstärkte den Druck aufs Gaspedal ein wenig und mittlerweile stand die Tachoanzeige auf 150 km/h.

Ich hatte noch nie von einem Menschen getrunken. Vielleicht lag es daran, dass ich noch die Erinnerungen an mein menschliches Leben hatte und sie mich ein wenig abschreckten, aber letztendlich waren Bella und ich so erzogen worden, dass wir direkt Tierblut bekamen, wenn wir durstig waren. Das erste Jahr waren wir quasi nur am Trinken. „Junge Vampire haben immer Durst“, hatte Carlisle gesagt und ein Leben unter Menschen war in den ersten Jahren für uns unmöglich gewesen. Außerdem hatten wir uns kaum unter Kontrolle. Wir hatten nicht gewusst, wie stark wir waren und was wir bewerkstelligen konnten. Diese ersten Jahre waren hart gewesen und ich denke, wir waren beide froh, dass sie vorbei waren.

Ich fuhr die Auffahrt zum Haus hoch und stieg aus. Esme stand schon neben mir und nahm mir zwei der Tüten ab. „Sind sie schon da?“ „Natürlich. Sie sind im Wohnzimmer.“ Wir gingen rein und brachten die Tüten hoch. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf die anderen. Sie saßen alle im Wohnzimmer. „Ich habe im Krankenhaus angerufen“, erklärte Esme, „aber Carlisle kann frühestens in einer halben Stunde weg von dort.“ Ich seufzte, als wir schnell die Klamotten in die Schränke einsortierten und zurück ins Wohnzimmer liefen.

Jasper saß zwischen Emmett und Edward auf dem Sofa und hatte einen mörderischen Blick drauf. Ich wusste, dass es kein Zufall war, dass seine Brüder so neben ihm saßen. Mir wurde erzählt, dass Bella sich an ihrem 18. Geburtstag an Geschenkpapier geschnitten hatte. Edward und Emmett hatten ihn raus bringen müssen. Scheinbar trauten sie Jasper im Moment viel Unüberlegtes zu. Alice stand hinter Jasper und hatte ihm die Hände auf die Schultern gelegt. Bella und Rosalie standen am Fenster und beobachteten Maria und Glenn skeptisch aber freundlich.

Maria stand auf, als wir hinzukamen und betrachtete die Wand mit den Familienfotos. Vor dem größten Foto blieb sie stehen. Es war ein Foto von uns allen. Neun glückliche Vampire mit topasfarbenen Augen.

„Ihr lebt hier also zu neunt“, stellte Maria fest und sah uns an. „Wo ist denn Nummer neun?“ Esme machte einen Schritt auf sie zu. „Er kommt gleich.“ „Ach so. Fällt es denn nicht auf?“ Esme schüttelte den Kopf. „Nein, die Menschen glauben, was man ihnen sagt.“ „Und was sagt ihr ihnen?“ Maria wirkte ein wenig angriffslustig. „Nun, wir haben uns eine nette Familiengeschichte ausgedacht, als Bella und Faye zur Familie stießen“, erklärte Esme und lächelte Bella und mich an. „Soll das heißen, sie wurden nicht von euch verwandelt?“ „Bella nicht, Faye schon.“ Maria ging wieder zu Glenn rüber und setzte sich wieder neben ihn. „Und was für eine Geschichte habt ihr den Menschen erzählt?“

Esme überlegte kurz, ob sie es erzählen sollte, aber als Edward und ich schwach nickten, war sie wohl der Meinung, dass es nicht weiter schaden konnte. „Jasper und Rose sind Geschwister, deshalb haben sie beide den Nachnamen Hale. Angeblich sind sie die Kinder von Carlisles Schwester und ihrem Mann, die durch einen Unfall zu Tode kamen. Auch Edward und Faye sind Geschwister, die von Carlisle und mir adoptiert wurden. Die beiden sind aber tatsächlich miteinander verwandt.“ „So? Ich dachte Faye wäre wesentlich jünger als Edward“, sagte Glenn und musterte mich aufmerksam. Esme ignorierte ihn und fuhr fort: „Bella, Emmett und Alice sind auch Waisen.“ Maria runzelte die Stirn. „Ziemlich viel Aufwand für ein Leben unter Menschen.“ „Schon, aber wir sind bereit dafür Opfer zu bringen.“ Esmes Stimme war freundlich, hatte jedoch etwas Schneidendes. Maria sah sie mit einem Blick an, der Jasper fast ausrasten ließ. Es sah fast so aus, als halte Maria sich für etwas Besseres.

‚Was meinst du, hat Jasper sich noch unter Kontrolle?’, fragte ich Edward, ohne mir etwas anmerken zu lassen. ‚Ich denke schon. Kannst du vielleicht Bella fragen?’ Ich sah sofort zu Bella rüber. Es war die Sorte Blick, die nicht weiter bedeutend war für Leute, die nicht wussten, was sich abspielte. Sie nickte.

Den Rest der Zeit schwiegen wir, bis Carlisle kam. „Tut mir Leid, dass es so lange dauerte, aber es gab einen Notfall“, lächelte er und hang seinen nassen Mantel an die Garderobe. Er ging auf Glenn und Maria zu und schüttelte erst Glenn, dann Maria die Hand. In nicht einmal dreißig Sekunden hatte er die angespannte Stimmung gelöst und Maria und Glenn in ein Gespräch verwickelt.

Als es gegen Abend aufhörte zu regnen, verließen Bella und ich für kurze Zeit den Raum, weil wir die angespannte Stimmung kaum noch aushielten. Jasper stand wortlos auf und folgte uns. Alice zögerte keine Sekunde und ließ ihn nicht aus den Augen, während sie mitkam. Wir gingen die Auffahrt ein wenig runter, sodass wir außer Hörweite der Leute im Haus waren. Jasper kickte einen Stein weg, den wir wohl nie wieder sehen würden und grummelte vor sich hin. „Darf ich vorstellen, meine reizende Ex-Familie“, murrte er. „Jasper, beruhig dich“, wollte ihn Alice beschwichtigen. „‚Beruhig dich, Jasper! Beruhig dich!’ Ich kann’s nicht mehr hören!“ Alice sah ihn verletzt an und erst jetzt schien er zu bemerken, was er gesagt hatte. „’Tschuldigung…“, murmelte er und strich Alice zärtlich durchs Haar.

Ich sah wie die Tür aufging und eine Gestalt durchs Licht trat, um auf uns zuzukommen. Es war zweifellos Edward und bald kamen Emmett und Rosalie hinterher. Jetzt waren alle Cullen-Kinder versammelt.

„Ich habe den Anfang verpasst. Wer sind diese Vampire jetzt genau?“, wollte ich wissen. „Maria ist das Familienoberhaupt einer Vampirfamilie, die in Texas lebt. Sie verwandelte Jasper während des Bürgerkrieges, in dem er kämpfte. Glenn ist eines der Familienmitglieder“, erklärte Alice. „Er war mein Bruder…“ Jaspers Stimme klang verzerrt und an Bella sah ich, dass er alle Mühe hatte, sich zu beherrschen.

Ihre Empathie war zwar eine nützliche Fähigkeit, aber garantiert keine, die einfach zu beherrschen und unkompliziert war. Sie war immer darauf angewiesen, dass Jasper die Stimmung beruhigte, wenn sich mal wieder jemand in den Haaren lag, weil auch sie dann immer äußerst gereizt war, was in der Schule zum Beispiel schon desöfteren (aber vor allem in den Anfangsjahren) dazu geführt hatte, dass sie nach Hause fuhr, weil sie es nicht mehr aushielt. Nun war es Jasper aber selbst, der die Unruhe provozierte.

Natürlich kannte ich die Geschichte, die sich hinter Jaspers Abneigung seiner Vergangenheit gegenüber und seinem Blutproblem steckte. Als Teil dieser Familie hatte er sehr viel Menschenblut getrunken, was ihn irgendwann depressiv machte, weshalb er sich entschloss, die Familie zu verlassen und sich auf die Suche nach etwas besserem zu machen. Alice fand ihn schließlich dank einer ihrer Visionen und sie machten sich auf die Suche nach den Cullens, die Alice ebenfalls in einer Vision gesehen hatte. Alice hatte mir die Geschichte vor langer Zeit erzählt.

Plötzlich schoss Emmetts Kopf herum und er starrte in den Wald. „Das kann doch wohl nicht wahr sein“, murmelte er gerade so laut, dass wir es verstanden. „Was ist los?“, fragte Rosalie. „Ich erzähl’s euch auf dem Weg ins Haus.“

Unsere Schritte machten keinerlei Geräusch auf dem Schotter, während wir zurück zum Haus gingen. „Werwölfe sind im Wald“, erklärte Emmett leise und sofort spitzen auch wir die Ohren. „Aber wie kommen sie hierher?“, fragte Bella durcheinander. „Ich fürchte, Glenn und Maria haben uns etwas verschwiegen“, knurrte Jasper und schritt auf die Tür zu. Ich fürchtete ein Donnerwetter.

Werwölfe

„Ich kann es nicht glauben!“ Jasper tobte bereits seit fünf Minuten und schien nicht einmal mehr zu atmen. Alice versuchte ihn zu beruhigen, aber er beachtete sie gar nicht. „Wie konnten sie die Werwölfe hierher locken? Die sind wohl wahnsinnig!“ „Carlisle, tu doch etwas“, murmelte Esme, als Jasper nach weiteren fünf Minuten bereits anfing gegen Äste und Stöcke zu treten, die dann irgendwo im Wald verschwanden.

Wir standen vorm Haus, weil Carlisle Jasper nicht im gleichen Raum haben wollte wie Maria und Glenn.

„Bella, geh mit Faye zu Rosalie ins Haus“, sagte Carlisle schließlich und als ich an ihm vorbei ging, flüsterte er mir zu: „Pass auf, was Glenn und Maria denken. Sie wissen nicht, was für Fähigkeiten wir haben und wir nicht, welche sie haben. Vielleicht kannst du etwas herausfinden.“ Ich nickte und folgte Bella ins Haus. Ich schloss die Tür gerade, als ich Carlisle bellen hörte: „Jasper, wenn du so weiter brüllst, haben dich bald nicht nur die Werwölfe gehört, sondern auch alle Menschen im Umkreis von 50 Meilen!“

Jaspers Schreie wurden wirklich leiser und wahrscheinlich dachten Edward, Emmett, Esme, Carlisle und er über die nächsten Schritte nach. Rosalie saß Maria und Glenn gegenüber auf dem Sofa, Bella stellte sich ans Fenster und beobachtete die anderen auf dem Hof, ich setzte mich zu Rosalie. Ich verschränkte die Hände im Nacken und starrte an die Decke.

‚Warum zögern sie noch? Es sind nur zwei Werwölfe… sie sind zu neunt… mit mir und Glenn sind wir elf… Warum machen wir sie nicht einfach platt? Es wäre so einfach…’ Ich zuckte nicht einmal mit der Wimper, als ich Marias Gedanken folgte. Das war also ihr Plan. Deshalb waren sie gekommen. Sie wollten, dass wir ihnen bei ihrem Werwolfproblem halfen.

‚Ich wüsste zu gern, was sie für Fähigkeiten haben.’ Es handelte sich eindeutig um Glenns Stimme, die ich hörte. Sie unterschied sich kaum von der samtenen Stimme, die er zum Sprechen gebrauchte. ‚Bella wirkt ziemlich sensibel… na ja… vielleicht auch einfach eine lästige Eigenschaft. Und diese Rosalie… sie lässt uns keinen Augenblick lang aus den Augen. Carlisle scheint ein vernünftiger Kerl zu sein. Ich kann nicht verstehen, warum er sich von Tierblut ernährt. Und diese… Esme heißt sie, glaub ich… sie wirkt wirklich wie eine Mutter. Ziemlich besorgt um ihre Familie… Nun… bei diesem Riesen… Emmett?... Da brauch ich nicht lange. Der ist garantiert verdammt stark. Alice liefert einem keinerlei Anhaltspunkt, was sie eventuell könnte… vielleicht hat sie auch keine besondere Fähigkeit, sondern einfach nur einen ausgeprägten Charakter… Edward… bis auf die Tatsache, dass er keine Sekunde zögerte, Jasper zu beruhigen, als wir hier ankamen, habe ich nichts bemerkt… Faye… die beiden sehen wirklich wie Geschwister aus… Ihre Gesichtszüge sind ziemlich ähnlich, aber hatte nicht irgendwer etwas davon gesagt, Faye und Bella seien noch nicht so alt, wie die anderen? Was Faye wohl für ein Talent hat…? Sie hat intelligente Augen… nun, das haben alle Vampire… aber generell…’

Er sann weiter darüber nach, welche Fähigkeiten wir wohl hatten, fand aber keine heraus und da er und Maria nicht an ihre eigenen Fähigkeiten dachten, brachten sie mich keinen Schritt weiter.

Zehn Minuten später kam der Rest der Familie herein und verkündeten, dass es wohl nicht anders ginge, als sich den Werwölfen zu stellen. Emmett sah sogar ziemlich erfreut darüber aus.

Wir gingen raus, als ich bemerkte, wie Maria Alice am Arm zurückhielt. „Was willst du?“, fragte Alice leise. Ihre Stimme klang gereizt. „Du kannst in die Zukunft sehen – wie ich. Sieh in die Zukunft und sieh, was auf eure Familie zukommt, wenn ich nicht mehr da bin.“ Alice riss sich los und eilte uns hinterher in den Wald hinein.

Ich sprach sie nicht darauf an, ich wollte so tun, als ob ich nichts mitbekommen hätte, aber was sie Edward erzählte, bekam ich mit. Sie war misstrauisch. Sehr sogar.
 

Die Werwölfe waren ziemlich hartnäckig und kaum hatten wir sie aufgespürt, stürzten sie sich auf uns. Sie waren, wie Maria gesagt hatte, nur zu zweit, aber der erste brachte Maria sofort zu Fall. Jasper, Alice, Emmett, Esme und ich griffen ihn an, während die Gruppe um Carlisle ihren Werwolf erstmal umkreiste.

Sie kamen aus Texas und hatten Glenn und Maria bis hierhin verfolgt. Sie hatten bereits die ganze Familie getötet, Maria und Glenn waren nur knapp entkommen und hatten sich auf die Suche nach denen gemacht, die ihnen helfen konnten. Dem Cullen-Clan. Uns. Und wir hatten helfen müssen, auch wenn wir nicht auf Streit aus waren und ein friedliches Leben führen wollten.

Als der Kampf vorbei war, war Bella ein wenig verletzt (was bei Edward sofort wieder den Beschützerinstinkt weckte), ich hatte kleinere Kratzer. Emmett versetzte schließlich dem einen Werwolf den Gnadenstoß und Edward dem anderen. Maria war schwer verwundet und als Glenn am nächsten Morgen mit ihr aufbrach, konnte sie sich kaum auf den Beinen halten. Bella, Esme und ich wollten sie überreden zu bleiben und ich hatte das Gefühl, dass Carlisle es auch versucht hätte, aber seine einzige Sorge war im Moment der noch immer aufgebrachte Jasper. Mit ihm im Rücken hätten wir es wahrscheinlich geschafft, sie zum Bleiben zu überreden, aber all unsere Versuche waren vergebens.

Ich sah aus meinem Zimmerfenster hinab auf die Veranda, wo Carlisle und Esme sich von den rotäugigen Vampiren verabschiedeten. Erneut überkam mich diese unbekannte Traurigkeit. Glenn sah kurz hoch zu mir und unsere Blicke trafen sich. Ich lächelte schwach und er lächelte zurück, dann verschwand er mit Maria im Wald und ich wusste, dass ich ihn wohl nie wieder sehen würde. Wie sehr ich mich doch täuschte…
 

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ziemlich kurz, ich weiß^^, aber irgendwie wusste ich nicht, wie man den kampf zwischen den vampiren und den werwölfen genauer beschreiben sollte... @.@

Wiedersehen

76 Jahre waren seit meiner Verwandlung nun bereits ins Land gezogen. 76 Jahre Vampirleben. Schon lange waren Bella und ich nicht mehr die Kleinen, auf die man aufpassen musste.

Apropos Bella… sie hatte vor geraumer Zeit (etwa vor fünf oder sieben Jahren) den Vorschlag gemacht, nach Forks zurückzukehren. Sie wollte wissen, wo sie herkam und wo sie verwandelt wurde und obwohl Edward ihr viel von Forks erzählt hatte, waren die Erinnerungen nicht zurückgekehrt. Carlisle und Esme waren nun zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich ungefährlich war, nach Forks zu gehen. Die Leute, die sich erinnern konnten, waren mit höchster Wahrscheinlichkeit tot oder so gut wie tot und die, die noch lebten, waren damals zu jung gewesen, um sich an diese unheimliche, blasse Familie mit den topasfarbenen Augen zu erinnern.

Esme hatte das Haus innerhalb weniger Stunden wieder hübsch hergerichtet. Es sah haargenau so aus, wie das, in dem ich vom Geheimnis der Cullens erfahren hatte.

Wir gingen bereits seit einer Woche wieder in Forks zur Schule und hatten bestürzt feststellen müssen, dass sich rein gar nichts verändert hatte. Edward bemerkte den noch immer rissigen Putz und grinste, als wir nach einer Woche zum ersten Mal die Cafeteria nutzen. Wir setzten uns mit den Tabletts – reine Requisiten – an einen Tisch, der ziemlich am Rande stand und schwiegen. Edward und ich unterhielten uns kurz tonlos, dann begannen wir damit, uns umzuhören, ob wir beobachtet wurden – was selbstverständlich der Fall war. Viele bewunderten die sieben Geschwister, die scheinbar mit einer natürlichen Schönheit gesegnet worden waren, aber kein einziger rechnete sich reale Chancen aus. Rosalie, Emmett, Jasper und Alice spielten dieses Mal ältere Schüler, Bella und Edward waren angeblich etwas jünger und ich war das Nesthäkchen. Rosalie und Jasper verließen bald die Cafeteria mit ihren unberührten Tabletts und ich ging ihnen bald hinter her, um mich auf den Schulhof zu setzen. Als es zur nächsten Stunde, Biologie, läutete, stand ich auf und ging los. Ich kam in den Raum und setzte mich an den gewohnten Platz in der letzten Reihe, wo ich einen Tisch für mich allein hatte.

Ein Junge setzte sich neben mich, aber ich ließ mir meine Verwunderung nicht anmerken. ‚Wenn ich mich neben sie setze, müssen wir uns unterhalten. Angeblich machen wir heute wieder praktische Arbeit… Wir müssen dann ja zusammenarbeiten…’ ‚Denkste’, dachte ich bissig und räumte die Bücher zurück auf meine Hälfte. „Hi, ich bin Andrew“, sagte er. Er wartete wohl darauf, dass ich mich vorstellte, aber ich tat nichts dergleichen. „Und wie heißt du?“, fragte er schließlich, sodass ich antworten musste. „Mein Name ist Faye“, sagte ich betont uninteressiert, aber es schien ihm zu entgehen. „Ihr seid eine ganz schön große Familie“, stellte er fest. „Ja, das sind wir.“ „Und… wo kommt ihr her?“ Ich sah ihn kurz genervt an. „Alaska“, antwortete ich knapp, was nicht einmal wirklich gelogen war. Wir waren wirklich für einige Wochen in Denali gewesen, bevor wir nach Forks zurückkehrten. „Brr, ist das da nicht kalt?“ Ich zog die Augenbraue an. „Kann schon sein…“

Der Lehrer kam in den Raum, Andrew schwieg und ich machte mich auf eine langweilige Stunde gefasst. Mich hätte es nicht gewundert, wenn er irgendein Enkel Mr. Banner gewesen wäre. Er war nicht der intelligenteste und sein Unterricht war auch für die anderen, die noch keinen Doktortitel hatten, elendig langweilig. Entgegen Andrews Vermutungen hatten wir keine praktische Arbeit sondern trockene Theorie und kaum, dass es klingelte, verließ ich den Raum. Andrew hatte jedoch noch eine weitere Stunde mit mir, also setzte ich mich so, dass er sich unmöglich neben mich setzen konnte – es sei denn, er wollte auf dem Boden sitzen.

Nach dem Unterricht warteten Rosalie, Emmett, Jasper und Alice bereits am Auto auf mich. „Wo sind denn Bella und Edward?“, fragte ich. „Bella will das Haus sehen, in dem sie lebte. Edward begleitet sie“, erklärte Emmett und ich setzte mich hinters Steuer. Edward und ich waren nicht nur die Wächter der Familie, wie Edward es nannte, sondern auch die Fahrer.

Im Rückspiegel bemerkte ich, dass dieser Andrew immer noch hoffnungsvolle Blicke in unsere Richtung warf, aber ohne weiter nachzudenken, lenkte ich das Auto aus der Parklücke und fuhr los.

„Was ist denn mit dir los?“, fragte Emmett, der neben mir saß, als wir am Haus ankamen – in Rekordzeit. „Nichts, ich wollte nur schnell weg…“

„Wie kommt’s?“

„Ein ungewünschter Verehrer“, knurrte ich. Emmett und Alice lachten, als ich mein Wagen neben Carlisles parkte. „Nanu? Warum ist Carlisle denn schon da? Ich dachte, er müsse arbeiten.“ Die anderen zuckten mit den Schultern und als wir ausstiegen, hörte ich die Stimmen im Haus. Obwohl ich sie seit längerem nicht mehr gehört hatte, erkannte ich sie sofort. Jasper hörte sie scheinbar auch und sein Blick sprach Bände. In Null Komma Nix war er an der Tür und stürmte herein. Alice dicht hinter ihm. Emmett, Rosalie und ich folgten ein wenig unsicher, ob wir wirklich wissen wollten, was drinnen geschah.

Ich öffnete die Tür und mein Blick fiel sofort auf Glenn. ‚Was tut er hier?’, dachte Rosalie und ich zuckte nur mit den Schultern. Jetzt erst fiel uns auf, dass er verletzt war, zumindest glaubte ich das. Er lag bewusstlos auf dem Sofa, sein schwarzes Haar war zerstrubbelt und die Augen geschlossen. Carlisle saß neben ihm und wirkte recht ratlos. Esme stand ebenso ahnungslos daneben. „Was ist los?“, fragte ich und drängte mich an Jasper vorbei. „Er stand plötzlich vor der Tür“, erklärte Esme. „Er hat irgendetwas gemurmelt und ist dann ohnmächtig geworden.“ Ich hockte mich neben ihn und begutachtete ihn eingehend. Seine Augen bewegten sich unter den Lidern, fast so, als träume er. Ich schmunzelte über meine Gedanken, weil Vampire nicht träumen konnten, weil sie auch nicht schliefen, aber dann fiel mir auf, dass ich nicht wusste, wie es mit Bewusstlosigkeit war.

Carlisle stand auf. „Ich muss zurück ins Krankenhaus“, sagte er. „Scheinbar kann ich ja nichts für ihn tun.“ Seine Stimme klang belegt. „Es sollte aber immer jemand bei ihm sein, falls etwas passiert“, fügte er noch rasch hinzu, dann war er schon so gut wie verschwunden. „Ich bleibe erstmal hier“, sagte ich, ehe ich annähernd darüber nachgedacht hatte. Um zu wissen, was die anderen dachten, brauchte ich nicht einmal ihre Gedanken lesen. Erschrocken sahen sie mich an und ich suchte rasch nach einer plausiblen Erklärung. „Ich meine… also… ihr wolltet doch noch weg, Emmett und Rosalie… und…“ Rosalie lächelte mich froh an. „Das ist lieb von dir. Komm, Emmett, sie hat Recht, wir wollten doch noch in die Stadt.“ Sie zog Emmett aus dem Haus. Alice nahm Jaspers Hand. „Komm, wir sollten jagen gehen“, murmelte sie. „Die nächsten Tage wird das Wetter sowieso besser, da können wir also ohnehin nicht zur Schule…“ Widerwillig ließ Jasper sich fortziehen, jedoch nicht ohne Glenn noch einen wütenden Blick zuzuwerfen. Esme sah auf die Uhr. „Ehrlich gesagt, müsste ich auch wieder zur Arbeit.“ „Kein Problem, sobald sich hier etwas tut, rufe ich Carlisle an. Er wird mich wohl kaum beißen“, scherzte ich. Esme seufzte leise. „Na gut, wie du meinst.“ Sie gab mir noch einen mütterlichen Kuss auf die Stirn, dann verließ auch sie das Haus.

Ich zog das Sofa ein wenig heran und setzte mich darauf, während ich Glenn beobachtete. Noch immer bewegten sich die Augen und langsam hatte ich wirklich den Eindruck, er träume. Sein Mund öffnete sich leicht und er murmelte etwas. Ich beugte mich näher heran, um zu hören, was er sagte, aber er sprach nicht mehr. Ich lehnte mich wieder zurück, als er wieder etwas sagte. Ich beugte mich wieder vor, aber er verstummte. Das Spielchen wiederholte sich ein paar Mal, bis ich es leid war und die Beine überschlug. „Faye…“

Ich erstarrte und sah den ohnmächtigen Glenn schockiert an. Ich beugte mich wieder vor. „Du bist gar nicht bewusstlos, richtig?“, flüsterte ich ihm zu und kam mir seltsam albern vor. Keine Antwort. „Hey, ich hab dich was gefragt…“ Er reagierte immer noch nicht. Mit etwas festerer Stimme sagte ich: „Dann halt nicht.“ Er zuckte zusammen, was ein Zusammenzucken meinerseits als Folge hatte. „Ich werde aus dir echt nicht schlau“, maulte ich und beobachtete ihn. Ich nahm seine Hand und betrachtete seine langen, filigranen Finger, die genauso hart und kalt wie meine waren. „Weißt du…“, murmelte ich, sprach dann allerdings nicht weiter. Ich bewegte seine Finger hin und her. Egal, wie alt ich war, wenn mir langweilig wurde, wurde ich immer seltsam verspielt. So kam es im Laufe der Zeit, dass Glenn sich selbst Hasenohren zeigte, Fingergymnastik machte oder sonst was tat. Irgendwann wurde mir aber auch das zu langweilig und ich begann Löcher in die Luft zu starren.

Die Tür ging auf und geräuschlos kamen Edward und Bella herein. „Hallo Faye. – Was macht der denn hier?“ Edward kam misstrauisch auf uns zu. „Hat er uns noch nicht gesagt. Er tauchte plötzlich und aus heiterem Himmel hier auf.“ „Einfach so?“ Ich neigte den Kopf leicht von einer zur anderen Seite. „Einfach so. Bella, kannst du mir sagen, wie es ihm geht?“, fragte ich. „Es geht ihm alles andere als gut. Soviel kann ich sagen…“ „Und wo sind die anderen?“, wollte Edward wissen. „Ich hab sie fortgeschickt. Esme und Carlisle müssen arbeiten, Alice und Jasper sind jagen, damit Jasper sich beruhigt und Rosalie und Emmett hatten noch etwas vor. Ich passe freiwillig auf ihn auf.“ Bella und Edward sahen mich mit durchdringenden Blicken an, aber ich hatte gelernt, mich abzuschotten und nur das zu denken, was ich wollte. Kein unangenehmer Gedanke ging mir momentan durch den Kopf. Bella jedoch konnte ich nichts vormachen. „Wird ihm bald schon wieder gut gehen“, meinte sie und Edwards Blick wanderte zwischen uns beiden umher. „Was geht denn hier ab? Verschweigst du mir etwas, Faye?“ Ich sah ihn unschuldig an. „Nein, wieso sollte ich? Außerdem sollst du nicht immer ungefragt meine Gedanken lesen.“ „In einem Raum mit einer anderen Person – den da können wir wohl kaum mitzählen und Bellas Gedanken kann ich nicht lesen – ist es reichlich schwer, die Gedanken der anderen auszuschalten. Das weißt du genauso gut wie ich – außerdem hast du doch sonst auch nichts dagegen. Warum bist du also so zickig?“ Ich ignorierte ihn. „Glaubt ihr, wenn einer von uns bewusstlos ist, können wir träumen?“ Beide sahen mich verwundert an. „Wie kommst du darauf?“ Bella kam zu mir herüber und beugte sich über meine Schulter. „Sieh mal, seine Augen bewegen sich unter den Lidern… wie bei Menschen, wenn sie schlafen. – Außerdem hat er vorhin etwas gemurmelt.“ „Konntest du verstehen, was er sagte?“, fragte Edward. „Nein“, log ich rasch. Edward runzelte bloß die Stirn.

Erinnern

Glenn schlug am späten Abend die Augen auf. Ich war zu dem Zeitpunkt als einzige bei ihm und er sah mich groß an. „Glenn, wie geht es dir?“, fragte ich leise und das Wort Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Wer bist du?“ Ich lächelte freundlich. Wahrscheinlich erinnerte sich nicht an mich. „Mein Name ist Faye, erinnerst du dich? Wir sind uns vor einigen Jahren begegnet. Ich gehöre zu Jaspers Familie.“ Er wirkte noch immer nicht, als wüsste er, wer ich war. Er wollte etwas sagen, aber aus seiner Kehle drang nur ein hungriges Knurren. Erst jetzt bemerkte ich seine schwarzen Augen. „Warte einen Moment hier, Glenn. Ich hole Carlisle.“ Er rappelte sich auf und schaute mich fragend an. „Glenn… bin ich das?“ Meine Augen weiteten sich vor Schreck und in meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. „Warte hier“, sagte ich schnell und lief runter zu Carlisle. „Er ist wach, aber er scheint sich an nichts zu erinnern“, sagte ich ihm schnell und im nächsten Moment waren wir schon wieder in meinem Zimmer, wo wir Glenn untergebracht hatten.

Carlisle setzte sich zu ihm und Glenn wirkte ziemlich verpeilt. „Was ist los? Wer bist du? Wer ist sie? Wer bin ich?“ Carlisle sah mich fragend an. „Ich kann nichts entdecken… seine Gedanken sind verwirrt und er scheint wirklich nichts zu wissen“, meinte ich, nachdem ich seinen Gedanken gelauscht hatte. „Bist du dir da sicher?“ „Hundertprozentig! Habe ich mich schon einmal geirrt?“ Carlisle warf Glenn einen Blick zu. „Nein, das hast du nie… in all den fast achtzig Jahren nicht…“

„Kann mir endlich mal einer erklären, was hier abgeht?!“ Ich ging langsam auf ihn zu. „Was weißt du?“, fragte Carlisle ruhig. „Das mein Kopf sich anfühlt, als nutze man ihn als Bowlingkugel“, grummelte Glenn. Carlisle und ich tauschten fragende Blicke. Was wohl mit Glenn passiert war?

„Sonst noch etwas?“, wollte Carlisle wissen. „Ich…“ Glenns Augen flackerten zur Tür und dann zum Fenster, als suche er nach einem Fluchtweg. „…ich glaube… ich bin Vampir.“ Er betrachtete seine weißen Hände. „Ja, ich bin ein Vampir…“ Sein Blick erfasste erst Carlisle und dann mich. Wir sahen uns lange in die Augen. Er in meine topasfarbenen, ich in seine fast schwarzen. „Ihr seid… auch Vampire… aber… eure Augen… warum sind sie… golden?“ „Wir ernähren uns von Tierblut“, erklärte ich mit freundlicher Stimme und sein Blick, vorher fasziniert, wurde ungläubig. Trotzdem konnte ich nicht aufhören, ihn anzusehen. „Tierblut?“ „Ja, deshalb können wir unter Menschen leben.“

Carlisle stand auf. „Ich sage erstmal den anderen Bescheid. Kann ich euch allein lassen?“ Ich nickte. Carlisle ging raus und ich hörte, dass er auf dem Flur einen Moment zögerte, bevor er ging. Glenn richtete sich auf und schien erst jetzt zu bemerken, dass er halb nackt war. Er trug nur eine von Edwards Jogginghosen, da die beiden etwa die gleiche Größe hatten. Es schien ihn reichlich wenig zu stören – im Gegensatz zu mir. Die Decke rutschte ihm vom Oberkörper und ich sah, dass er perfekt war. Perfekter als perfekt sogar. Mein Gedankenstrom riss ab und ich war froh, dass weder ich rot noch mein Herzschlag schneller werden konnte.

„Glenn, hast du eine Ahnung, ob du besondere Fähigkeiten hast?“, fragte ich, um meine Gedanken von dem Thema abzubringen. Er schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht mal, wie ich heiße…“ „Glenn.“ Er rollte mit den Augen, was mich zum kichern brachte. Er lächelte auch. Seine Augen funkelten mich an. „Ich fürchte, du wirst bald jagen müssen…“, murmelte ich, als unser Blick sich wieder traf. „Ja, denke ich auch… ist das nicht seltsam?“

„Was?“

„Ich denke, ich erinnere mich an alles, was Vampire wissen müssen, aber bei Fragen nach meiner Vergangenheit und so muss ich passen.“

Es klopfte und Jasper kam herein. Er wirkte nicht ganz so wütend wie zuvor, als Glenn aufgetaucht war. Sein Blick war nur noch kalt. „Hallo, Glenn.“ Er setzte sich und faltete die Hände ineinander. „Mein Name ist Jasper. Ich erwarte nicht, dass du dich erinnerst, aber wir kennen uns schon recht lange. Etwa zweihundert Jahre. Etwas mehr. Wir waren beide Teil einer Familie, bis ich es nicht mehr mit euch aushielt. Menschenblut zu trinken, machte mich depressiv und ich verließ die Familie. Du fandest es scheinbar schade, dass ich ging, unternahmst aber auch nichts, um mich aufzuhalten. Wir waren gute Freunde. Keiner von uns hatte zum damaligen Zeitpunkt eine Gefährtin. Du warst deshalb oft niedergeschlagen, du hattest das Gefühl, dass etwas in deinem Leben fehlt. Du sagtest, da wäre eine Leere in dir, die niemand füllen könnte. Deine besondere Fähigkeit besteht darin, dass du in einen Schlafähnlichenzustand verfallen kannst und dann träumst. Manchmal, wenn du abschalten wolltest, hast du das getan. Deine Träume waren jedoch nicht immer gut. Du hattest häufig Albträume, deshalb hast du es immer seltener getan. Kein einziges Mal hast du das mit den Albträumen zugegeben, aber du hast immer im Schlaf gesprochen. Ich konnte dir zuhören, wenn du träumtest, weil ich der einzige war, den du dabei haben wolltest. Ich war selbstverständlich nicht immer dabei, aber wenn du aufwachtest und ich war da, warst du mir nie böse. Die anderen schriest du immer an, aber mich nicht. Ich glaube nicht, dass dir jemals bewusst war, dass du dabei vor dich hinredest.“ Jasper stand auf und ging zur Tür. „Warum hast du mir das erzählt?“, fragte Glenn und hielt ihn so auf. Jasper drehte sich nicht einmal um, als er die Tür öffnete. „Carlisle hat mich gebeten, dir etwas von dir zu erzählen. Und das habe ich jetzt getan.“ Er ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen und ließ mich und Glenn allein.

„Sei ihm nicht böse“, sagte ich in die Stille hinein. „Er ist ein wenig aufgewühlt, denke ich. All die Jahre, die ich ihn schon kenne, hatte ich das Gefühl, dass er irgendwie vor seiner Vergangenheit fliehen will und jetzt, da du aufgetaucht bist, sieht es so aus, als hätte ihn sie ihn doch noch eingeholt.“ „Das tut mir Leid, ich bin mir sicher, dass ich das nicht wollte…“ Wir schwiegen einen Moment und sahen uns wieder einfach nur an. Wir hörten, wie unten etwas zerbrach. „Ich geh mal lieber schnell gucken, was Jasper kaputt gemacht hat“, seufzte ich und verschwand schnell nach unten. Esmes Lieblingsvase war zu Bruch gegangen und Jasper schaute sie schuldbewusst an. Rosalie hob die Scherben auf, als Esme zu Jasper ging und ihn in den Arm nahm. „Es ist doch nicht deine Schuld“, sagte sie. Ich ging zu Edward rüber, dem die Anspannung im Gesicht stand. Würde Jasper noch einmal ausrasten, würden er und Emmett sofort bereitstehen, um ihn zu beruhigen. Emmett sah genauso aufmerksam aus, auch wenn er Rosalie beim Einsammeln der Scherben half.

„Was ist passiert?“, fragte ich Edward leise. „Jasper ist stocksauer runtergekommen und hatte scheinbar den Drang etwas zu zerstören. Keine Sekunde später lag die Vase zerschmettert auf dem Boden. Was ist da oben vorgefallen?“

„Glenn hat keine Erinnerungen mehr und Carlisle meinte, es könne nicht schaden, wenn Jasper ihm etwas erzählt. War wohl ein Schuss in den Ofen – für Jasper zumindest.“

„Ich rede mal mit Glenn.“ Die Gänsefüßchen, die Edward in die Luft malten, signalisierten mir klar und deutlich, was er vorhatte. Er wollte herausfinden, was Glenn dachte. Er ging die Treppe hoch und Sekunden später hörte ich ihn oben klopfen. Ich drehte mich wieder zu Jasper um, der mittlerweile mit Alice auf dem Sofa saß. Sie hielt seine Hand und beruhigte ihn, als hätte sie die Gabe, die Stimmung eines Wesens zu ändern und nicht er. Rosalie brachte gerade die Scherben weg und Esme murmelte etwas von wegen, das könne sie mit Leichtigkeit reparieren. Carlisle ging auch hoch zu Glenn. Er musste sich nun überlegen, was aus Glenn werden würde – so ganz ohne Erinnerungen.

Ich ging zu Bella, die ein wenig verloren wirkte. Wir setzten uns schweigend auf die Fensterbank und Bella musterte mich aufmerksam. Plötzlich packte Bella mich am Handgelenk und zog mich raus hinaus in den Wald. „Was ist mit dir los?“, fragte ich, als wir ruckartig stehen blieben. „Gegenfrage: Was ist eigentlich mit dir los?“ Fragend sah ich sie an. „Du leidest an Gefühlsschwankungen, die bei dir ziemlich neu sind“, erklärte sie. Ich zog die Augenbrauen hoch. Wovon sprach sie? „Mann, ich meine, mal bist du total aufgekratzt, dann niedergeschlagen, dann glücklich und danach wieder total traurig. Dann bist du plötzlich wütend und dann wiederum wirkst du wie ein schnurrender Kater. Was ist los mit dir?“ „Bist du sicher, dass ich das allein bin?“, fragte ich besorgt. Es war mir selbst nicht wirklich aufgefallen, was ich fühlte. Bella verschränkte die Arme. „Natürlich bin ich mir sicher, dass du das bist. Momentan ist es übrigens gleichzeitig Überraschung, Scham und totale Verwirrung, was von dir ausgeht.“ Sprachlos starrte ich sie an. „Wenn du mich fragst, bringt Glenn dich ziemlich durcheinander.“ „Das ist doch Unsinn“, lachte ich und es klang hoch und falsch. Bella sah mich misstrauisch an. „Ich wollte dir nur meine Meinung mitteilen. Ob du ihr zustimmst oder nicht, ist deine Sache, aber ich denke schon, dass Glenn für dich nicht einfach irgendwer ist.“ Mit diesen Worten ließ sie mich im Wald stehen und kehrte zum Haus zurück.

Nachsitzen

Die nächsten Tage waren für mich das pure Chaos. Meine Reflexe waren langsamer, ich warf immer etwas um und weil ich es im Unterricht nicht einmal mitbekam, dass ich etwas gefragt wurde, brummte mir der Englischlehrer Nachsitzen auf.

Ich saß also in diesem Klassenzimmer und im Großen und Ganzen war es nicht sehr anders als der Unterricht, aber es verletzte irgendwie meinen Stolz, nachsitzen zu müssen. Ich war erst einen Tag zuvor von der Jagd zurückgekehrt. Es war eine einzige Katastrophe gewesen. Ich wusste nicht, was genau schief ging, aber am Ende ist doch alles schief gegangen. Es war egal gewesen, wie sehr ich mich angestrengt hatte, es hatte einfach nicht geklappt. Bella ist fast verrückt geworden und ich konnte es ihr nicht verübeln, denn jedes Mal, wenn sie sich mir näherte, überschlugen sich meine Gedanken, weil mir nicht aus dem Kopf ging, was sie gesagt hatte. Dass Glenn bei uns wohnte, machte das alles nicht besser. Obwohl er sich immer noch von Menschenblut ernährte, waren wir uns doch einig gewesen, dass wir ihn nicht wegschicken konnten, denn noch immer wusste er nicht, wer er war. Carlisle war mit ihm auf Jagd gewesen, auch wenn es ihm widersprach und hatte ihn dabei beobachtet. Er war der Ansicht, dass all seine Fähigkeiten als Vampir vollständig funktionierten, aber ein Vampir hatte es schwer, wenn er auf sich allein gestellt war.

Jasper grummelte neben mir vor sich hin. Ihm war das gleiche widerfahren wie mir. Auch in Englisch. Wir hatten den Englischlehrer den ganzen Tag über schimpfen gehört. Die Cullens beziehungsweise die Hales waren bei den Lehrern ausgesprochen beliebt. Wir schrieben gute Noten, fielen nie unangenehm auf. So jemanden verdonnerte man nicht gerne zum Nachsitzen.

In Jasper tobte ein regelrechter Kampf. Er sah ein, dass der jetzige Glenn nichts mit dem Glenn aus seiner Vergangenheit zu schaffen hatte, konnte den Groll gegen ihn aber nicht überwinden. Der Kampf war so lautstark, dass Edward und ich ihn nicht einmal mehr ausblenden konnten. Er saß vor mir. Obwohl ihn und Jasper im Unterricht zwei Häuser getrennt hatten, hatten ihn Jaspers Gedanken so sehr abgelenkt, dass der Biolehrer auch ihn zum Nachsitzen schickte. Bella, die zu dem Zeitpunkt neben ihn saß, war mit den Gedanken bei Edwards Wut gewesen, die ja eigentlich von Jasper ausging und hatte ebenfalls nicht aufgepasst. Sie saß hinter mir. Ich spürte, dass sie unter Jaspers Wut litt und Jasper wusste es auch. Jeder wusste es. Glenn, dem es natürlich auch nicht entging, war bereits kurz davor gewesen abzureisen, aber wir hatten ihn zum Bleiben bewegen können.

Alice saß neben Bella. Irgendetwas beschäftigte sie stark. Wahrscheinlich Jasper. Mein Klassenraum war nicht weit von dem entfernt gewesen, in dem Alice, Rosalie, Emmett und Jasper Unterricht hatten und ich konnte sehen, was Alice sah. Jasper hatte sich alle möglichen Theorien überlegt, wie er Glenn am liebsten auseinander nehmen könnte. Aber es waren durchaus auch gute Dinge dabei gewesen. Wir hatten mehr als eine Versöhnung gesehen. Auch wenn die eine oder andere etwas drastisch eingeläutet wurde, hatte Jasper sich zwischendurch häufiger entschlossen, das Kriegsbeil zu begraben. Momentan sah es jedoch eher weniger danach aus.

Rosalie und Emmett saßen neben Edward. Jasper hatte ihm Unterricht einen solchen Mörderblick drauf, dass sie fürchteten, er könne sich jeden Moment nicht mehr beherrschen und ihre Aufmerksamkeit hatte voll und ganz ihm und nicht dem Unterricht gegolten.

So kam es, dass wir an diesem Tag alle beim Nachsitzen waren. Der Lehrer, der uns beaufsichtigte hatte geschockt den Kopf geschüttelt, als er uns reinkommen sah. Wie gesagt, wir hatten noch nie nachsitzen müssen und dann gleich alle an einem Tag, obwohl seit Glenns Auftauchen, was eindeutig der Auslöser für alles war, bereits drei Wochen vergangen waren. Der Lehrer hatte uns gefragt, ob wir das abgesprochen hätten, hatte jedoch weder eine Antwort erwartet noch bekommen.

Ich hatte einen Block hervorgeholt und kritzelte irgendetwas drauf, ohne überhaupt zu merken, was ich tat. Mein Blick war starr aus dem Fenster gerichtet und ich betrachtete einen alten hellblauen Pick-up, der unten auf dem Parkplatz stand. Daneben standen Rosalies Audi und mein Mercedes.

„Mr. Smith, dürfte ich das Fenster öffnen? Ich finde es ein wenig stickig hier drin“, fragte ich, ohne mich vorher zu melden. „Natürlich“, antwortete der Mann mit dem braunen Haar, das von grauen Strähnen durchzogen wurde. Ich stand auf und öffnete das Fenster. Jetzt roch ich es. Den kurzen Moment, den ich am Fenster stand, atmete ich tief ein, doch ich ließ es nur auf Kippe, um die anderen nicht zu beunruhigen. Es sollte noch genug Zeit geben, um mit ihnen zu reden. Ich setzte mich wieder und Edward regte sich leicht vor mir. ‚Riechst du das auch, Faye?’, fragte er. ‚Ja. Hat Carlisle denn schon mit ihnen gesprochen?’ ‚Ich weiß es nicht. Wir sind schon seit geraumer Zeit wieder in Forks. Eigentlich wollte er es schnell erledigen.’ Er zögerte scheinbar, bevor er weiter sprach. ‚Meinst du, sie sind wütend?’ ‚Eigentlich nicht. Ich kenne sie nicht, so wie ihr sie kennt, aber wir haben ihr Land nicht betreten und niemanden gebissen. Die Werwölfe haben also eigentlich gar keinen Grund, uns zu beobachten.’

Gleichzeitig konzentrierten wir uns auf den Parkplatz. Sie hatten meine Silhouette natürlich gesehen und nun fragten sich alle, ob ich eine der kalten Wesen war oder nur eine Schülerin, die auch nachsitzen musste. Drei verschiedene Stimmen waren zu hören. Kaum, dass die Schulglocke ertönte, rauschten wir alle raus, aber bevor wir uns auch nur dem Ausgang näherten, hielten Edward und ich die anderen auf. „Was ist los?“, fragte Rosalie verwundert. „Weiß einer von euch, ob Carlisle schon mit den Wölfen gesprochen hat?“, wollte Edward wissen. „Er uns Esme waren gestern bei ihnen“, sagte Emmett Schulter zuckend. „Warum?“ „Sie haben uns beobachtet. Ihr Wagen steht neben unseren“, antwortete ich rasch. Rosalie rümpfte die Nase. „Das war also der unangenehme Geruch, als du das Fenster geöffnet hast.“ Ich nickte. „Dann lasst uns einfach so tun, als würden wir sie nicht bemerken“, meinte Alice gut gelaunt. Mir entging nicht, dass sie sich bei Jasper eingehakt hat. Seine Miene war noch immer steinern und seine Absichten waren momentan nicht die besten. „Das glauben die uns doch nie“, meinte er, aber Alice grinste nur. „Na und?“ Lachend gingen wir aus dem Gebäude.

Bella blieb ein wenig zurück und erst als Edward ihre Hand nahm, lächelte sie ein wenig. Sie hatte schon vor ihrer Verwandlung in einen Vampir mit Werwölfen Bekanntschaft gemacht und hätten die Cullens nicht so überstürzt verschwinden müssen, hätte es wahrscheinlich einen Kampf gegeben, denn nicht nur Edward liebte Bella. Auch Jacob Black, einer der Werwölfe damals, interessierte sich für sie. Er war zu Bellas bestem Freund geworden, als Edward sie für eine lange Zeit verlassen hatte und ohne ihn hätten die beiden wohl auch irgendwie nicht wieder zusammen gefunden. Er war es, der Bella auf die Idee brachte, von einer Felsklippe zu springen… Bella erinnerte sich in letzter Zeit immer häufiger an Bruchstücke aus ihrem Menschenleben. Esme vermutete, es liege wohl daran, dass wir an den Ort zurückkehrten, der für den Menschen Bella sehr viel bedeutet hatte. Hier hatte sie ihre große Liebe gefunden. Hier hatte sie Edward gefunden.

Wir stiegen ins Auto, Edward und Bella zu mir in den Mercedes, Alice, Jasper und Emmett zu Rosalie in den Audi. Edward setzte sich auf den Beifahrersitz und spielte am Radio herum, während Bella auf dem Rücksitz schweigend aus dem Fenster sah. „Was ist denn los, Bella?“, fragte ich und haute Edward auf die Finger, weil er mich ablenkte. „Weiß nicht…“, antwortete sie traurig. Edwards Kopf schoss sofort herum und kletterte zu Bella auf den Rücksitz. „Was ist los?“ Ich fragte mich, warum er die Frage noch einmal stellte und Bella sah ihn genauso schief an wie ich über den Rückspiegel. „Ich sagte doch, ich weiß es nicht. Ich hab das Gefühl hin und her gerissen zu sein.“ Sie lehnte sich an Edwards Schulter, während er ihr durchs Haar fuhr. „Sind es denn deine Gefühle?“ Bella warf mir einen viel sagenden Blick zu, antwortete dann jedoch: „Ich bin mir nicht sicher. Ich denke nicht…“

Wir fuhren durch die Stadt und mein Blick glitt, ohne dass ich es bewusst wahrnahm, über die Geschäfte. „Hey, halt mal kurz an“, sagte Bella plötzlich und ich fuhr rechts ran, bevor ich auf die Bremse trat. Sie stieg aus in den Regen und sah einige Momente zum Laden auf der anderen Straßenseite. Ich fuhr das Fenster runter und erkannte durch den dichten Regen, der sich allmählich mit Neben vermischte, ein Sportgeschäft. „Ich kenne das Geschäft“, hörte ich Bella sagen und wie hypnotisiert ging sie ums Auto über die Straße. Edward und ich gingen ihr schnell hinterher. In der Ferne sah ich die roten Lichter von Rosalies Audi. Kurz darauf stand Emmett neben mir. „Warum habt ihr angehalten?“

„Bella hat das Sportgeschäft erkannt. Fahrt ruhig schon weiter.“

„Okay.“ Er drehte sich um und verschwand wieder im Regen.

Ein Glöckchen läutete, als wir die Tür öffneten und den Laden betraten. Bellas Bewegungen wirkten ein wenig unsicher und ich versuchte mich zu erinnern, ob der Laden vor 76 Jahren auch schon hier gewesen war, aber es fiel mir nicht ein. Ich hatte ja nur kurz in Forks gelebt.

An den Wänden hang eine Wandererausrüstung und auch Angelzubehör war reichlich da. Wir hatten nicht viel Zeit, uns umzusehen, denn ein Schüler kam aus dem Hinterzimmer. „Hey, wie kann ich euch helfen?“ Ich drehte mich um und sah Andrew. „Wir wollten uns nur umsehen“, sagte ich schnell und bemerkte den roten Schimmer auf seinen Wangen. Was war denn mit dem los? ‚Wow, ob Faye wohl wegen mir hier ist? Vielleicht will sie ja was von mir und ist nur zu schüchtern, um mich direkt anzusprechen…’

Edward räusperte sich leise und sah stur in eine andere Richtung. Am Wochenende würde er auf Jagd gehen müssen.

Bella stand mitten im Laden und sah sich um. „Wer ist denn da?“, hörten wir eine Stimme aus dem Hinterzimmer. „Ein paar Leute aus meiner Schule sehen sich um“, rief Andrew über die Schulter. Schlurfende Schritte, dann betrat ein alter Mann den Raum. Er hatte ein freundliches Lächeln und stützte sich auf einen Gehstock. Sein Blick streifte erst mich und traf dann gleichzeitig auf Bella und Edward. Das Lächeln verschwand. „Das ist doch unmöglich“, murmelte er. ‚Sie sieht genauso aus wie Bella…’, dachte er. Ich sah Edward sofort an, der es auch gehört hatte. „Guten Tag“, begrüßte Bella den alten Mann freundlich, die Edwards und meine Verwirrung geschickt ignorierte. „Sagen Sie, junges Fräulein, hieß ihre Großmutter vielleicht Bella? Bella Swan?“, fragte der alte Mann und das Lächeln auf ihrem Gesicht verschwand. Sie sah sich verstohlen nach Edward und mir um, aber wir konnten auch nicht mehr, als schwach mit den Achseln zucken.

Die angespannte Situation löste sich, als Andrew lachte. „Aber Großvater, ihr Name ist Bella Swan!“ „Tatsächlich? Was für ein Zufall“, meinte der Mann und ging um die Theke herum. „Wissen Sie, Sie sehen nämlich einem Mädchen, dass ich vor langer Zeit kannte, sehr ähnlich. Wahrlich, traurige Geschichte…“ ‚…ich werde es diesem Edward nie verzeihen…’ Ich sah Edward Hilfe suchend an. „Ich habe den Laden vor langem von meinem Vater übernommen. Bella und ich besuchten beide die Schule in Forks und sie arbeitete hier immer nachmittags. Mein Name ist Newton. Mike Newton.“
 

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"Mein Name ist Bond. James Bond."

Was fürn Teufel hat mich denn da geritten, so zu schreiben? XD

Frieden mit den Werwölfen?

Edward erstarrte und auch mir sagte der Name etwas. ‚Wer ist das?’, fragte ich ihn. ‚Ein Mitschüler von damals’, kam die knappe Antwort. ‚Er muss uralt sein!’

‚Genauso alt wie du.’

‚Jaah, aber ich bin ein Vampir.’

Erst jetzt schien Mike Edward zu bemerken. ‚Was? Das ist doch unmöglich…’ Edward und ich tauschten kurze Blicke, dann packte er Bella am Handgelenk und zog sie hinter sich raus. „Mist, wir haben ganz die Zeit vergessen. Wir müssen noch weg. Tschüss“, sagte ich schnell und die Glocke im Geschäft läutete, als wir schon längst im Auto saßen. „Was ist denn mit euch los?“, fragte Bella. „Der alte Mann… wir sind mit ihm zur Schule gegangen“, erklärte Edward, während ich den Motor startete. Er surrte friedlich auf und ich drückte aufs Gaspedal. „Fahr ein wenig schneller, Faye, die Wölfe sind hinter uns.“ „Immer doch…“ In weniger als zwei Minuten kamen wir am Haus an. Wir gingen rasch ins Haus und Edward erzählte Carlisle von Mike. „Ich denke nicht, dass dieser Newton uns gefährlich werden könnte, aber wir sollten ihn im Auge behalten. Sicher ist sicher“, meinte Carlisle. „Ich verlasse mich auf euch zwei.“ Edward und ich nickten und Edward ging mit Bella in sein Zimmer. Sie wirkte ein wenig verwirrt.

Ich stand noch ein wenig unschlüssig in Carlisles Büro. „Was ist denn los?“, fragte Carlisle ein wenig besorgt. „Da wäre noch etwas… wegen den Werwölfen…“ „Was ist mit ihnen?“ Carlisle sah mich geduldig und ruhig an, aber ich wusste, dass er innerlich ziemlich beunruhigt war. Schließlich waren die Werwölfe unsere Todfeinde. „Sie haben uns heute beobachtet… in der Schule. Und als wir nach Hause fuhren, sind sie uns gefolgt, bis wir sie abgehängt haben.“ Carlisles Stimme klang besorgt, als er sprach. „Ich werde sobald es geht mit ihnen telefonieren. Ich meine, es muss doch möglich sein, dass wir irgendwann annähernd friedlich miteinander leben.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht, oder? Ich hatte noch nicht viel Kontakt mit Werwölfen – zum Glück –, aber nach dem, was ihr mir erzählt habt und nach diesem Kampf vor einigen Jahren… ich denke nicht, dass sie sich jemals mit uns abgeben würden – und viele von uns garantiert auch nicht mit ihnen.“

„Da könntest du Recht haben. Aber du siehst das alles in einem großen Zusammenhang, Faye. Wir haben mit diesen Werwölfen schon einmal einen Vertrag aushandeln können. Wir beißen keinen Menschen und betreten das Land der Vampirleute nicht, dafür lassen sie uns in Ruhe.“

„Ja, aber du hast jemanden gebissen. Mich.“

„Nun, ich denke, wir konnten das ganz gut vertuschen.“

„Und wenn es doch rauskommt?“

„Dann würde wohl die ganze Familie auffliegen.“

Ich schluckte schwer. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Carlisle schien meinen bedrückten Gesichtsausdruck zu bemerken und legte das Dokument weg, das er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. „Faye, ich bereue es nicht, dass ich dich verwandelt habe. Keiner von uns bereut es. Du bist unverzichtbar für uns geworden. Ich meine, mit wem soll Jasper sonst die ganze Nacht diskutieren? Oder wer soll mit Edward irgendwelche illegalen Autorennen besuchen?“ Ich riss die Augen auf. „Du weiß davon?!“

„Selbstverständlich. Alice hat mir vor einiger Zeit mal davon erzählt. Wie dem auch sei, jedes Mitglied der Familie Cullen ist unverzichtbar. Es würde einfach irgendetwas fehlen. Du kennst das doch, wenn Alice und Jasper in Europa sind oder Edward und Bella beim Denali-Clan Urlaub machen.“

„Stimmt schon…“

„Ach, Faye… was machen wir nur mit dir?“

Er kam um den Tisch herum und ging vor mir in die Hocke. „Lächle doch mal wieder.“ „Mal gucken…“ Ich stand auf und ging Richtung Tür. „Du weißt doch, dass du jederzeit zu mir kommen kannst, oder?“ „Natürlich, Carlisle…“
 

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Jaah, ich weiß, verdammt kurz geworden... komm momentan aber irgendwie nicht zum schreiben (außerdem hab ich so gut wie keine ahnung, wie es weitergeht XD - bin also selbst gespannt...)

Freundschaft oder doch mehr?

Prison gates won't open up for me

On these hands and knees I'm crawlin'

Oh, I reach for you

Well I'm terrified of these four walls

These iron bars can't hold my soul in

All I need is you

Come please I'm callin'

And oh I scream for you

Hurry I'm fallin' (I'm fallin')
 

„Schönes Lied”, meinte Glenn und drehte leiser. Ich zuckte zusammen und sah auf. Glenn stand im Zimmer. „Seit wann stehst du da?“ „Seit einer halben Stunde. Du warst so in Gedanken versunken…“ Ich richtete mich auf und klopfte auf den Platz neben mir. Glenn setzte sich und beobachtete mich. „Verrätst du mir, worüber du nachgedacht hast?“

„Andrew… dieser Typ, der sich in Bio immer neben mich setzt… er meint immer noch, sich mit mir unterhalten zu müssen und hat mir heute einen Witz erzählt.“

„War der Witz gut?“

„Wenn man auf Vampirklischees steht, ja.“

„Erzähl. Ich liebe Vampirklischees.“

Wir lachten. „Also, sitzen drei Vampire beisammen. Da sagt der eine: ‚Ich hab Hunger. Ich gehe jagen.’ Er fliegt los, kommt eine Stunde später mit blutverschmiertem Gesicht wieder. Sagen die anderen: ‚Boah, du warst aber schnell. Wie kommt’s?’ Antwortet der Vampir: ‚Seht ihr die Burg im Norden? Da wird Hochzeit gefeiert. Die haben gar nicht gemerkt, dass ich die Braut gebissen habe.’ Sagt der nächste Vampir: ‚Jetzt habe ich auch Hunger.’ Der Vampir fliegt los, kommt eine halbe Stunde später mit blutverschmiertem Gesicht wieder. ‚Und wo warst du?’ ‚Seht ihr die Kneipe im Westen? Auch die waren so wild am feiern, dass sie nicht gemerkt habe, dass ich ein paar von ihnen gebissen hab.’ Fliegt der nächste Vampir los, weil er auch Hunger hat, kehrt nach nur fünf Minuten mit blutverschmiertem Gesicht wieder. ‚Und du? Wo bist du gewesen?’ Zeigt der Vampir in die Ferne. „Seht ihr die Mauer im Süden?’ ‚Ja, und?’ ‚Tja, ich hab sie nicht gesehen…’

Ich finde ihn nicht sonderlich witzig.“ Glenn zuckte mit den Schultern. „Mann, jeder weiß doch, dass Vampire auf Sauberkeit stehen. Wir würden uns beim Trinken nie mit Blut beschmieren. Außerdem können wir doch gar nicht fliegen – und bluten tun wir sowieso nicht“, seufzte er. Ich lachte leise. „Nun, als junger Vampir ist man schon ein wenig unsauber…“ „Stimmt, aber nur als junger.“

Mir fiel auf, dass seine Augen in einem frischen Rot leuchteten. Carlisle begleitete Glenn noch immer auf seiner Jagd, auch wenn es gegen seine Philosophie verstieß. Ich sah schnell aus dem Fenster.

„Faye…“ Glenn legte seine Hand an mein Gesicht und drehte es wieder ihm zu, sodass ich ihn ansehen musste. „Ich trinke schon so lange Menschenblut, egal wie oft du mich noch drum bittest, ich werde es nie schaffen.“ „Aber wenn du es nicht ausprobierst, kannst du es doch gar nicht wissen!“ Er seufzte. „Ich sehe doch wie es Jasper mitnimmt und er hat garantiert wesentlich weniger Menschenblut getrunken als ich.“ „Warum versuchst du es nicht einfach?“ Meine Stimme klang flehend, obwohl ich das gar nicht beabsichtigt hatte und Glenns Gesichtszüge wurden weich. „Glaub mir, wenn ich nur die geringste Hoffnung hätte, ich würde es tun. Allein schon damit ich anfangen kann, ein normaleres Leben zu führen. Ich sehe, wie glücklich ihr alle mit eurem Leben seid. Denkst du, ich finde es besonders witzig, hier tagein tagaus nichts zu tun? Das einzige, was ich momentan tun kann, ist im Haus zu bleiben und alle zwei Wochen in Carlisles Begleitung jagen zu gehen. Denkst du, ich bin so glücklich?“ „Nein, aber…“ Er legte einen Finger auf meine Lippen, damit ich schwieg. Er brachte mich ganz durcheinander. „Wärest du glücklich, wenn ich Carlisle bei der nächsten Jagd nach Tierblut frage?“ Ich nickte. „Gut… dann werde ich das tun.“ Er stand auf und ging zur Tür. „Ach ja, wie hieß das Lied eben?“ „Savin’ Me… von Nickelback“, stammelte ich. „Muss ich mir mal die Tage von dir ausleihen.“ Er zwinkerte mir zu und verschwand.

Keine Minute verging, dann stand Bella in der Tür. „Faye, du weiß, dass ich dir höchst ungern böse bin, aber bitte… bitte! Krieg deine Gefühle unter Kontrolle, ja?“ Ich starrte sie an und bekam kaum mit, was sie sagte. Verwundert kam sie auf mich zu. „Du bist ja völlig durch den Wind“, stellte sie fest. Sie musterte mich aufmerksam. „Ich glaub, dich hat’s erwischt… aber so richtig.“ Sekunden vergingen, bis ich zusammen zuckte. „Was hast du gesagt?“ Sie lächelte mich an. „Du bist verliebt, Faye.“ „Unmöglich!“ Ich schüttelte energisch den Kopf, stand auf und ging zum Fenster. „Doch, Glenn hat es dir angetan. Du kannst mir nichts vorspielen. Ich spüre das doch, wie aufgeregt du wirst, wenn jemand nur im Entferntesten von ihm spricht.“ „Stimmt doch gar nicht“, murmelte ich. „Faye… mir kannst du nichts vormachen, wie oft denn noch?“ Ich lehnte meinen Kopf an die kühle Scheibe und sah hinunter.

Emmett, Jasper und Edward waren draußen. Sah so aus, als planten sie einen Ringkampf. Emmett hatte dieses typische siegessichere Lächeln auf, aber Jasper, der sein Gegner zu sein schien, hatte heute einen seiner schlechten Tage. Er war so mies drauf, dass er wahrscheinlich einiges an Wut bei diesem Ringkampf rauslassen würde. Es war also gut möglich, dass Emmett als eindeutiger Verlierer aus dem Kampf hervorgehen würde.

In der Auffahrt hörte ich Esmes Wagen. Sie war im örtlichen Museum tätig.

Carlisle erschien unten auf der Veranda und beobachtete den beginnenden Ringkampf. Tatsächlich hatte Jasper im Moment die besseren Karten. Möglicherweise war er aber ein wenig zu aggressiv bei der Sache. Emmett hebelte ihn aus und innerhalb weniger Sekunden war Jasper besiegt.

Ich drehte mich wieder zu Bella um, die mich noch immer unverwandt ansah. „Lass uns runter gehen. Emmett hat Edward gerade zu einem Ringkampf herausgefordert. Ich will zusehen“, wechselte ich das Thema. Bella verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und willigte ein.

Eine nervenaufreibende Fahrt

Als Glenn eineinhalb Wochen später mit topasfarbenen Augen von der Jagd zurückkehrte, strahlte ich ihn glücklich an. „Und, wie hat es dir geschmeckt?“, fragte ich, während ich stürmisch auf ihn zu gerannt kam. Wie ein kleiner Hund hüpfte ich neben ihm her. Carlisle musste sich das Grinsen verkneifen, aber das war mir ganz egal.

„Anders…“

„Wie, anders?“

„Ganz okay… aber Menschenblut ist besser…“

Ich gab Glenn einen Klaps auf den Hinterkopf. „Von jetzt an gibt’s Tierblut für dich! Ich kann dir übrigens sehr Bären empfehlen… die schmecken großartig!“ Glenn sah mich schief an. „Beeren? Was soll ich bitte sehr mit Beeren? Erst soll ich Tierblut trinken und dann auch noch den Saft von Strauchgewächsen, oder was?“ „Bären! Mit Ä!“ Er grinste. „War schon klar, Kleine. Aber ihr müsst langsam zur Schule.“ Er sah auf die Uhr und nickte, wie zur Bestätigung seiner eigenen Aussage. Ich ließ die Schultern hängen und hörte auf zu hüpfen. „Spielverderber“, grummelte ich und trollte mich ins Haus, um meine Tasche zu holen. Edward war schon am Auto. Sein Blick ruhte auf der Grasfläche vor ihm, während ich meinen Wagen vorfuhr.

Weil die anderen noch nicht da waren, stieg ich noch aus und gesellte mich zu Edward. „Bist du noch in dieser Welt oder schon in einer anderen?“ „Was?“ Ich lachte leise. „Und ich dachte, ich wär in letzter Zeit nicht so ganz gegenwärtig.“ „Ja, tut mir Leid, ich war in Gedanken…“ Ich hockte mich vors Auto und betrachtete eingehend einen kleinen Kratzer. „Seit wann haben unsere Autos Kratzer?“ „Keine Ahnung…“ Als ich Geräusche von der Haustür hörte, stand ich auf, aber niemand kam. „Wo warst du denn?“ „Ich habe mich nur gefragt, warum Mike mich nicht erkannt hat. Wenn er dich nicht erkennt, ist das noch recht plausibel. Ich erinnere mich auch nicht an viele meiner Mitschüler, weil sie mir einfach unwichtig waren oder sie nicht lange auf der Schule waren. Bei dir wird wohl zweites zutreffen… aber ich war sein größter Konkurrent, als es um Bella ging – glaubt er zumindest. Er war nie ein Konkurrent für mich…“ Ich öffnete die Autotür und setzte mich auf den Sitz. „Schon klar, Macho… Hm, die Frage ist aber berechtigt. Vielleicht hat er dich nicht richtig gesehen. Du standest hinter Bella…“ „Oh, klar, Bella ist ja auch so umwerfend groß…“ „Stimmt!“, hörten wir Bellas freundliche Stimme und einen Moment später schmiegte sie sich an Edwards Seite. „Worum geht’s?“ „Mike.“ Bella zog kurz die Augenbrauen hoch. „Was ist mit ihm?“

„Edward fragt sich, warum Mike ihn nicht erkannt hat.“

„Oh, hat er denn eine Ahnung?“

Edward räusperte sich. „Nein, habe ich nicht. Und redet nicht so, als wäre ich nicht anwesend.“ Bella und ich lachten und ich hörte die anderen kommen. Emmett öffnete gerade die hintere Tür meines Autos, aber Rosalie schob sich geschickt dazwischen. „Heute fahrt ihr zwei“ – sie deutete auf Emmett und Jasper – „mit Edward. Alice, Bella und ich fahren mit Faye.“ Edward und ich tauschten verwirrte Blicke und ehe ich mich versah, schlug Alice die Tür zu und die drei saßen im Wagen. „Fahr schon los“, ermunterte mich Alice, die auf dem Beifahrersitz saß.

Zögerlich gab ich Gas. Es gab Momente, da traute ich den dreien einfach nicht. „Also, was wollt ihr?“ „Nichts, was sollten wir wollen?“, flötete Rosalie. „Soll ich erst eure Gedanken lesen?“ „Schon gut, schon gut“, meinte Alice und beugte sich zu mir. „Also… du und Glenn… läuft da was?“

Bella, die es nicht mochte, wenn Edward, Rosalie oder ich so schnell fuhren, stieß einen leisen Schrei aus, als ich den Wagen vor Schreck fast gegen einen Baum gesetzt hätte. Ich bremste ab und war froh, dass das Auto der Jungs noch nicht in Sicht war. Wahrscheinlich hielten sie Kriegsrat ab, was wir wichtiges zu besprechen hatten, dass sie nicht dabei sein durften.

„Dürfen wir das als Ja werten?“, fragte Rosalie, die sich genauso erschrocken hatte. „Nein“, fauchte ich, als ich wieder losfuhr. „Als was denn dann? Du hast in über siebzig Jahren noch kein einziges Mal auch nur einen unüberlegten Schlenker gehabt.“ Rosalie legte ihre Hände von hinten auf meine Schultern. „Da ist nichts…“, beharrte ich. „Ja, klar… und der Papst ist Heide.“ „Seid wann bist du religiös?“ Ihre schlanken Finger legten sich leicht belustigt um meinen Hals. „Lenk nicht ständig ab…“ „Du kannst mir ruhig die Luft abschnüren. Brauch ich ohnehin nicht.“ Sie blickte verdrießlich drein. „Bitte, Faye…“ „Rosalie…“ „Ja?“ Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Nein.“ Sie, Bella und Alice durchbohrten mich mit Unschuldslammblicken. „Schmollt ihr ruhig. Zwischen Glenn und mir ist nichts und wird auch nie etwas sein – Punkt.“ Ich fixierte die Straße, aber Rosalie gab nicht auf. „Faye…“ „Nein!“, keifte ich und trat aufs Gaspedal. Sie schob die Unterlippe vor und ließ sich mit verschränkten Armen auf den Sitz zurücksinken. „In der Mittagspause bist du dran“, blitzte sie mich an. Ich streckte ihr über den Rückspiegel die Zunge raus und zog eine Grimasse.

Ich fuhr auf den Parkplatz, parkte am gewohnten Platz und schaltete den Motor aus. Ich seufzte, bevor ich die Tür öffnete und in den ausgebrochenen Regenschauer trat. Rosalie spannte einen Regenschirm auf und ich huschte schnell an ihre Seite, während wir auf die Jungs warteten. Rosalie erkannte zuerst die kreisförmigen Autolampen und wenige Momente später stellte Edward den Wagen ab. Geschlossen gingen wir zum Unterrichtsgebäude und ich winkte ihnen kurz, als mir auffiel, dass ich in die falsche Richtung ging. Ich ging rasch zurück durch den Regen. Ich öffnete die Gebäudetür und seufzte erneut. Ein weiterer langweiliger Schultag stand mir bevor.

Immer noch Nein.

Ich ging neben Andrew zur Cafeteria. Wir hatten uns in den letzten Wochen tatsächlich ein wenig angefreundet und wenn man davon absah, dass er mir manchmal gehörig auf die Nerven ging und er absolut keine Witze erzählen konnte, war er ganz okay. Er erzählte mir jeden Tag einen neuen Vampirwitz und ich musste jedes Mal über all die Klischees lächeln. Er glaubte dann immer, ich fände seine Witze lustig und erzählte mir am Tag darauf einen neuen. Wiederholen tat er sich nie.

Es war erträglich neben ihm zu sitzen. Sein Blut roch nicht unbedingt verführerisch. Angeblich hang er häufiger bei Leuten aus dem Reservat herum und so roch er auch. Mich hätte es nicht gewundert, wenn diese Leute Werwölfe wären, aber Andrew schien nichts davon zu wissen. Er war ahnungslos wie ein kleines Lamm.

„Warum machst du eigentlich nie beim Sport mit?“ Die Frage riss mich brutal aus meinen Gedanken. „Wieso willst du das wissen, Andrew?“ „Na ja… du bist die einzige, die nicht mitmacht und ich hab gehört, dass deine Geschwister auch nie mitmachen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Wir machen außerhalb der Schule ziemlich viel Sport, deshalb haben wir es abgewählt.“

Die Wahrheit war, keiner von uns wollte sich dem unnötigen Risiko des Sportunterrichtes aussetzen. Laut schlagende Herzen, rauschendes Blut, eventuelle Verletzungen. Allein bei dem Gedanken an Blut, verspürte ich diesen unangenehmen Durst, dieses Brennen in der Kehle.

Wir gingen in die Cafeteria und automatisch in unterschiedliche Richtungen davon. Er ging zu seinen Freunden und ich zu meiner Familie. Rosalie blickte mich verschmitzt an, als ich mich mit meinem Tablett zu ihnen setzte. „Meine Antwort lautet noch immer nein…“, sagte ich tonlos und setzte mich auf meinen Platz neben Edward. Fragend sah er mich an, als er und die anderen beiden Jungs Rosalies, Alice’ und Bellas enttäuschtes Gesicht sahen. Edwards Neugier schien zu siegen und er schien Rosalies Gedanken zu lauschen, denn seine Augen wurden groß. „Sie haben…“ Ich trat ihm gegen das Schienbein und er verstummte.

Jasper und Emmett tauschten unzufriedene Blicke. Nun waren sie die einzigen, die nichts wussten, was mir nur Recht war. Emmett würde auch darauf drängen, dass ich ihnen etwas anderes sage, als nein, aber bei Jasper… ich wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er von dem Verdacht unserer Geschwister hören würde und ehrlich gesagt wollte ich es auch gar nicht wissen.

‚Ist da denn…?’, hörte ich Edward neben mir fragen. Er sah mich immer noch unverwandt an. ‚NEIN!’ Er wich zurück und wandte sich dann Bella zu. Ich schnaubte und starrte Rosalie über den Tisch hinweg an. Sie bombardierte mich mit ihren Gedanken. ‚Faye, sag doch schon… Bitte…’ „Wie oft denn noch? Nein, da ist nichts.“ Ich stand auf, brachte mein Tablett weg und ging zum Auto. Emmett und Jasper sahen mir verwirrt hinterher, aber keiner von ihnen hatte auch nur den Hauch einer Ahnung, worum es ging.

Ich ging durch den Regen direkt zum Auto und sah zum Himmel. Zwischen dem Regen fiel die eine oder andere Schneeflocke hinab. Wurde aber auch langsam Zeit. Es ging stramm auf Weihnachten zu. Ich fummelte im Auto ein wenig am Radio rum, bis ich einen ordentlichen Sender fand.

Show me what it's like

To be the last one standing

And teach me wrong from right

And I'll show you what I can be

Say it for me

Say it to me

And I'll leave this life behind me

Say it if it's worth saving me

Ich seufzte. Schon wieder Nickelback mit Savin Me. Verfolgte mich dieses Lied etwa? Seitdem ich vor kurzem mit Glenn über Tierblut sprach, hörte ich es mehrmals täglich und kannte es nun endgültig auswendig. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und sah hoch zur Decke. Ich hörte draußen Schritte, ignorierte sie jedoch. Wahrscheinlich war es sowieso nur ein unwichtiger Schüler. Doch die Autotür öffnete sich und Alice stieg ein. Ich nickte ihr kurz zu und starrte dann wieder an die Decke. „Ich muss mit dir reden“, sagte sie leise. „Was ist los?“ „Du weißt ja, dass ich in die Zukunft sehen kann…“ Ich zog die Augenbrauen hoch. „Du kannst in die Zukunft sehen? Cool! Warum hast du mir das nie erzählt?!“ „Lass die Scherze.“ Alice klang ernst. Zu ernst.

„Ich möchte, dass du dir etwas ansiehst.“ „Etwas, das du gesehen hast?“ Sie nickte. „Ich habe es schon vor langer Zeit gesehen, als wir Maria und Glenn zum ersten Mal trafen. An dem Abend, als wir gegen die Werwölfe kämpften, sagte Maria mir, sie könne auch in die Zukunft sehen. Sie sagte, uns erwarte in Zukunft einiges und in der Nacht unterhielt ich mich mit ihr, wenn sie auch sehr schwach war. Sie sagte mir, sie habe die Werwölfe nur wegen der Vision zu uns gelockt, damit sie uns begegnen konnte. Sie hätte ihre Familie warnen können, dass die Werwölfe angreifen würden, denn auch das hatte sie gesehen, aber sie wollte, dass Glenn irgendwann glücklich wird. Doch dazu musste er uns kennen lernen.“ „Ich versteh nicht, worauf du hinaus willst. Und entschuldige mal, wer opfert seine ganze Familie für einen einzelnen?“ Ich schüttelte ungläubig den Kopf.

Sie seufzte. „Ich weiß nicht, warum sie es tat, ich kann nicht sehen, was in der Vergangenheit geschah, aber es ist wohl am besten, wenn du es dir selbst ansiehst. Es ist nur ein einzelnes Bild, aber ich denke, es sagt eine ganze Menge.“ Ich sah Alice in die Augen und sah für einen kurzen Augenblick lang das Bild, das sie vor ihrem inneren Auge sah. „Du kannst es leugnen, solange du willst. Das Bild hat sich seit eurem ersten Aufeinandertreffen nicht geändert und ich glaube nicht, dass es sich je ändern wird. Du warst noch nie zuvor verliebt, das weiß ich, aber es ist die Art und Weise, wie ihr euch anseht. Wenn du mir nicht glaubst, dann glaub Bella. In ihr herrscht totales Chaos, weil du nicht zu deinen Gefühlen stehst.“ Mit diesen Worten ließ sie mich allein und ging langsam zurück zum Schulgebäude.

Meine Hände zitterten, als ich die Autotür öffnete und mich kurz umsah. Niemand war weit und breit zu sehen. Dann rannte ich los. Ich musste nach Hause. Nicht wegen Alice. Nicht wegen Bella. Nicht wegen Rosalie und auch nicht wegen Glenn. Ich musste nur laufen, um den Kopf für wenige Augenblicke freizukriegen. Ich kam am Haus an und merkte, dass mein Kopf noch nicht frei war. Glenn erschien hinter einem der Fenster und ich rannte wieder los. Eine Stunde lang rannte ich durch die Wälder.

Ich und verliebt… das war etwas wie Feuer und Wasser. Etwas, das beim besten Willen nicht zusammen passen wollte. Ich war Realistin. Schon immer gewesen. Seit ich ein Vampir war, seitdem mein Herz nicht mehr schlug, war das ausgeprägter denn je. In meinem menschlichen Leben hatte ich nie jemanden außer meinen Adoptiveltern nah an mich heran gelassen. Nie. Kein einziges Mal.

Als ich eine Cullen wurde, hatte ich das erste Mal das Gefühl gehabt, mit anderen annähernd gleich auf zu sein. Wesen waren in meiner Umgebung, die mir in Sachen Wissen überlegen waren. Es war unglaublich. Ich konnte von Menschen beziehungsweise von Vampiren lernen. Das erste halbe Jahr bei der Familie Cullen hatte ich als Mensch verbracht. Ich war Bella stets aus dem Weg gegangen, sie war damals zu gefährlich für mich gewesen, aber Carlisle hatte gewollt, dass ich erst noch die Familie kennen lernte, mit der ich die Ewigkeit verbringen würde. Außerdem wollte er sicher gehen, dass ich es nicht bereuen würde. Also… ein Vampir zu werden. Aber das halbe Jahr änderte meine Meinung nicht. Es bestärkte mich nur in meinem aufgekeimten Wunsch, ein Vampir zu werden. Schließlich erfüllte mir Carlisle meinen Wunsch und mein neues Leben hatte begonnen.

Ich war glücklich. Mir fehlte nichts. Und verliebt war ich schon gar nicht.

Ich stoppte und setzte mich auf einen umgefallenen Baumstamm. Mittlerweile regnete es nicht mehr. Schnee fiel auf meine Stirn, als ich meinen Kopf gen Himmel reckte. Meine Haut war genauso kalt wie der Schnee, deshalb schmolz er nicht und ich rührte mich solange nicht, bis sich überall auf mir und meiner Kleidung eine leichte Schneeschicht gebildet hatte. Ich schüttelte mich und warf den Schnee so ab. Dann stand ich gemächlich auf und machte mich auf dem Weg nach Hause. Ich war Realistin und Gefühle störten da nur. Mein Leben war gut gewesen, bevor Glenn aufgetaucht war. Er brachte alles durcheinander. Er brachte mich durcheinander. Ich musste mich endlich unter Kontrolle kriegen.
 

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Bitte nicht wundern, wenn ich jetzt seltener etwas hochlade, aber leider hat für mich die Schule wieder angefangen und ich bin im Dauerstress, sodass ich nur noch spät abends und am Wochenende zum schreiben komme. Werde mich aber bemühen, euch nicht allzu lange warten zu lassen. Versprochen!

Auf Wiedersehen oder Lebewohl?

Heaven's gates won't open up for me

With these broken wings I'm fallin'

And all I see is you

These city walls ain't got no love for me

I'm on the ledge of the eighteenth story

And oh I scream for you

Come please I'm callin'

And all I need from you

Hurry I'm fallin'
 

Ich drückte genervt auf den Aus-Knopf und verließ das Zimmer. Langsam ging mir dieses Lied wirklich auf die Nerven.

Rosalie kam mir auf dem Flur entgegen, aber ich ging wortlos an ihr vorbei. Seit der Sache in der Cafeteria hatte ich mit ihr, Alice, Bella und Edward kein Wort mehr gesprochen. Wahrscheinlich war das übertrieben, aber es war mir ziemlich egal. Ich hüpfte die Treppe runter und ging zu Jasper, der ungewohnt gut gelaunt in der Küche saß. „Was ist denn los? Du strahlst ja wie ein Honigkuchenpferd“, grinste ich und sah ihm über die Schulter in die Zeitung. Ich entdeckte nichts, was Jaspers Laune annähernd erklären konnte. „Hat Glenn es dir nicht gesagt?“ Verwirrt sah ich ihn an und setzte mich neben ihn. Wie konnte Glenn etwas mit Jaspers guter Laune zu tun haben? Das waren zwei Begriffe, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Es war… einfach unmöglich. Das war genauso unwahrscheinlich wie die Tatsache, dass die Volturi zu Vegetariern werden könnten.

„Nein, hat er nicht“, antwortete ich schließlich. Jasper strahlte mich noch immer an. „Er will zu Tanya und den anderen nach Alaska. Er glaubt, er könne dort ein neues Leben beginnen.“ „Was?“, hauchte ich. „Er will weg?“ Jasper nickte und sah mich komisch an. Wahrscheinlich hatte er mit mehr als einer mageren Nachfrage gerechnet. Ich stand auf und rannte hoch.

Ich klopfte nicht an, sondern stürmte direkt ins Zimmer. Glenn sah von dem Buch auf, das er las. „Hey, was ist denn mit dir los?“ „Du willst weg?“, fragte ich auch ihn und er nickte. Mit wenigen Schritten war ich bei ihm und ließ mich neben ihm nieder. „Warum?“ Er sah mich freundlich an. „Es ist seltsam. Ich bin kein Fan davon, Tierblut zu trinken, aber ich habe das Gefühl, dass es richtig ist. Hier bin ich den Menschen zu Nahe. Sogar du riechst nach Menschenblut. Das ist zuviel für mich. Ich will ein neues Leben beginnen.“ Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, aber ich bekam keinen Ton heraus. „Faye, Alaska ist doch nicht aus der Welt. Du kannst mich besuchen kommen… und wer weiß, wenn ich es irgendwann schaffe nicht mehr so stark auf Menschenblut zu reagieren, womit ich natürlich in den nächsten dreihundert Jahren nicht rechnen darf,“ – er grinste leicht – „kann ich dich auch besuchen kommen.“ „Am liebsten wäre es mir, wenn du gar nicht erst gehen würdest.“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist nicht möglich… es bringt mich um, ständig den Geruch der Menschen um mich zu haben. Ob du es willst oder nicht, aber du und die anderen… ihr tragt ihn an euch.“ „Darf ich dich wenigstens noch einmal umarmen?“ Er lächelte. „Komm schon her, Kleine.“ Er zog mich an sich und ich lehnte meinen Kopf an seine Mamorbrust. „Ich werde dich vermissen.“ „Ich dich auch, Kleine, ich dich auch…“
 

Am Abend verabschiedeten wir uns von Glenn. Carlisle wollte ihn nach Alaska begleiten, damit er sich auf dem Weg dorthin nicht verlief. Nicht nur ich empfand es als schade, dass er ging, auch die anderen, hatten sich schon so an ihn gewöhnt, dass es komisch war, sich zu verabschieden. Jasper war der einzige, der annähernd gute Laune hatte.

Glenn umarmte mich. „Das ist doch kein Lebe wohl, Faye“, meinte er aufmunternd, als ich ihn traurig ansah. „Es ist ein Auf Wiedersehen.“ „Versprochen?“, fragte ich heiser und war erstaunt, dass ich überhaupt einen Ton raus brachte. „Versprochen.“

„Glenn, kommst du?“ Glenn ließ meine Hand los und nahm seine Tasche hoch, als er sich Carlisle zuwandte. „Ich bin fertig.“ Carlisle nickte lächelnd und sagte: „Dann lass uns loslaufen. Ich habe Kate gesagt, dass wir heute Abend aufbrechen. Wenn wir zulange brauchen, werden sie sich noch Sorgen machen.“ Esme ging auf Carlisle zu und gab ihm einen Kuss. „Pass auf dich und Glenn auf und bring dich heil nach Hause.“ „Okay.“ Dann verschwanden sie im Wald.

Wortlos ging ich ins Haus und in Glenns Zimmer. Es wirkte so leer. Ich wusste schon jetzt, dass ich ihn unendlich vermissen würde. In so kurzer Zeit war er wie ein Familienmitglied für uns geworden. Es würde komisch sein, wenn er nicht mehr da wäre. Da war ich mir sicher.

Ich schnappte mir ein Kissen und kringelte mich auf dem Sofa zusammen. Die Tür ging auf und Esme kam herein. Sie setzte sich zu mir, legte meinen Kopf auf ihren Schoß und strich mir langsam durchs Haar. Ihre Anwesenheit war tröstend und auch ohne Worte verstanden wir uns. Die Stimme ihrer Gedanken flüsterte mir heilende Worte zu. Sie hatte die schönste Stimme, die ich je gehört hatte. Ich war mir sicher, dass sie sich nicht darüber bewusst war, wie heilend sie war. Wie kühles Wasser in der größten Hitze.

Auch Edward kam schließlich rein. Mein Lieblingsbruder. Esme ließ uns allein und er nahm mich in den Arm, während ich die Wand anstarrte. ‚Vielleicht…’, dachte ich. ‚Was ist vielleicht?’, fragte Edward stumm und ich betrachtete weiter die Wand. ‚Vielleicht habe ich mich tatsächlich in Glenn verliebt…’

"Horrorgeschichten"

In den nächsten Tagen schafften es Edward, Alice, Esme und Bella hervorragend, mich abzulenken. Ich musste Esme bei jeder Kleinigkeit im Haushalt helfen und meine Geschwister spannten mich in alles ein, was nur nicht irgendwie mit Glenn zu tun hatte. Als Carlisle nach fünf Tagen zurückkehrte, versammelten wir uns im Wohnzimmer. Carlisle wirkte ernst.

„In Alaska habe ich darüber nachgedacht, was wir wegen Mike Newton tun könnten und ich dachte mir, es sei am besten erst einmal herauszufinden, ob er uns überhaupt schaden könnte. Deshalb müssten wir wissen, wie viel er weiß. Ich glaube nicht, dass sie stutzig werden, weil wieder eine Rosalie Hale oder ein Edward Cullen hier zur Schule geht. Die Akten haben wir ja vernichtet, bevor wir verschwanden, aber möglicherweise könnte Newton irgendetwas sagen und Bella zu Liebe möchte ich noch ein wenig hier bleiben.“ Er sah mich an. „Du bist doch mit seinem Enkel befreundet.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Das ist übertrieben. Wir sitzen in ein paar Fächern nebeneinander, mehr nicht. Er hängt mit Typen aus La Push rum“, fügte ich knurrend hinzu. „Versuch trotzdem herauszufinden, was er denkt und frag ihn unauffällig aus. Wenn möglich auch über die Wölfe. Vielleicht ist ihm etwas aufgefallen, dass sie sich in letzter Zeit verändert haben oder so…“ Ich nickte.

„Ich sollte Jacob Black anrufen und ihm zu einem Gespräch bitten. Esme, Faye, ich würde euch bitten, mich zu begleiten. Black wird garantiert auch nicht allein kommen.“ Bei der Erwähnung des Namens, drang aus Edwards Kehle ein tiefes Knurren. Alice gab ihm einen leichten Stoß zwischen die Rippen, den er allerdings kaum wahrnahm. „Jacob Black ist der Anführer der Werwölfe?“, fragte Bella leise. „Ja, er ist zwar schon sehr alt, aber ein hohes Alter zu erreichen liegt bei den Blacks wohl in der Familie.“ „Warum nimmst du mich nicht mit?“, fragte Edward grimmig. „Ich will kein Risiko eingehen. Nichts für ungut, Edward, aber ich fürchte, einer von euch beiden, du oder Jacob, würde früher oder später anfangen, den anderen auseinander zu nehmen.“ Wieder knurrte Edward, aber als Bella seine Hand nahm, beruhigte er sich.

Carlisle sprach noch weiter, aber nichts kam mehr bei mir an. Mein Blick ruhte auf der sanften Berührung zwischen Edward und Bella. Mein Blick wanderte über meine Geschwister und meine Eltern. Edward hatte Bella. Bella hatte Edward. Emmett hatte Rosalie. Rosalie hatte Emmett. Jasper hatte Alice. Alice hatte Jasper. Carlisle hatte Esme. Esme hatte Carlisle. Ich war die einzige, die niemanden hatte. Es war kaum zu glauben, dass Glenn erst gehen musste, damit ich merkte, dass ich ihn liebte.

‚Faye.’ Edward rief meinen Namen und ich sah kaum merklich zu ihm auf. ‚Denk nicht an ihn. Vergiss ihn.’ ‚Könntest du aufhören, an Bella zu denken? Könntest du sie vergessen?’ Edward erwiderte nichts direkt. Das brauchte er auch nicht. Das Nein stand ihm regelrecht auf die Stirn geschrieben.
 

Alice schlanker Arm schlang sich um meine Hüfte, als ich wild mit dem Armen rudernd Richtung Boden fliegen wollte. Sie sah mich fast genauso erschrocken an wie Edward, Bella und Emmett, die unten am Fuße der Treppe standen. „Was war denn das?“, fragte Emmett so schnell, dass es die anderen Schüler um uns herum nicht hören konnten. Dann grinste er breit. Vorsichtig ging ich die Stufen runter, Alice dicht neben mir, um mich aufzufangen, sollte ich eine weitere Bruchlandung in Erwähnung ziehen. „Sag bloß, du bist grad gestolpert“, lachte Edward. „Ich glaube, du bist der erste Vampir, der über seine eigenen Füße stolpert“, quiekte Alice vergnügt und sprach genauso schnell wie die Jungs. Ich brummte etwas vor mich hin und starrte auf meine Füße.

„Mensch, seit Glenn nicht mehr da ist, bist du echt tollpatschig“, murmelte Emmett und Alice sah ihn an, als hätte er mich geohrfeigt. „Sorry“, murmelte er.

Der Name Glenn war in letzter Zeit zu einem Tabu geworden.

„Faye!“, hörte ich jemanden von oben rufen und blickte hoch. Eine Etage über mir grinste mich Andrew breit an. „Warte, ja? Dann können wir zusammen zur nächsten Stunde gehen!“, rief er durch den Lärm unserer Mitschüler. „Ihr solltet jetzt gehen“, murmelte ich und roch bereits den Wolfsgeruch. Die vier nickten und eilten den Gang entlang. Ich drehte mich zu Andrew um, der mich anstrahlte und wir gingen noch eine Treppe hinab. „Was ist heute mit dir los?“, fragte Andrew, als ihm auffiel, dass ich besonders aufpasste und meine Miene recht grimmig war. „Bin ein wenig tollpatschig momentan“, gestand ich rasch und ging mit ihm in die letzte Reihe. „Ach so… sag, hast du schon den Wetterbericht gehört? Es soll morgen super Wetter geben!“, meinte er. Ich packte seelenruhig meine Bücher aus und dachte an Alice genau zutreffenden Wettervorhersagen. Leider hatte er vollkommen Recht. „Ja, und ausgerechnet da fahren wir nach Seattle“, log ich. Das Grinsen auf Andrews Gesicht erstarrte. „Warum denn das?“ „Meine Geschwister Rosalie und Jasper kehren aus Frankreich zurück und wir holen sie ab. Die Schule hat es genehmigt.“ Ich musste fast laut loslachen, als ich daran dachte, dass Rosalie und Jasper zwar wirklich für kurze Zeit in Frankreich gewesen waren, aber schon seit dem gestrigen Abend wieder zuhause waren. So würden wir am nächsten Tag ausgiebig Zeit zum jagen haben.

„Schade, ich hatte gedacht, du hättest vielleicht Lust mit mir und ein paar anderen Leuten an den Strand in La Push zu fahren…“ Ich hörte Edwards grimmiges Lachen einen Stock höher. Scheinbar hatte er uns zugehört. Die Stimmen meiner Familie hörte ich aus tausenden sofort heraus. ‚Was ist denn los?’ ‚Ach, nichts’, antwortete Edward, aber so ganz traute ich der Sache nicht.

„Tja, da ist wohl nichts zu machen“, meinte ich Schulter zuckend zu Andrew und drehte mich zur Tafel um. Der Lehrer war gerade gekommen. „Schon klar, jeder weiß ja, dass ihr das Wort Familie groß schreibt.“ Ich lächelte. Er wusste ja gar nicht, wie groß ich es schrieb.

‚Also, wie ist das mit dem Strandausflug nach La Push?’, fragte ich Edward. ‚Och, Bella wurde auch mal dazu eingeladen. Sie wollte damals, dass ich mitkomme. Aber bedauerlicher Weise wollten wir an dem Tag wandern gehen.’ Ich konnte das Vergnügen in seiner Stimme hören. ‚Natürlich… wandern…’ Wir lachten in uns hinein. ‚Lass uns nicht übers Essen reden – sonst wird noch dieser Wolfsgestank appetitlich für mich’, lachte ich und Edward knurrte. ‚Ja, gute Idee. Die Lüftung hier im Raum ist an und diese Miller sitzt genau im Luftzug.’ ‚Okay, Themenwechsel!’ Schweigen. ‚Edward, es kann doch nicht wahr sein, dass wir nur ans Essen denken!’ ‚Hm… wir könnten über Autos reden.’ Das Gespräch verlief stockend und das Brennen in unseren Kehlen steigerte sich immer mehr. Endlich kam das erlösende Klingeln und ich stürmte regelrecht mit Andrew aus dem Raum.

„Faye, du benimmst dich wirklich seltsam heute“, meinte Andrew, als wir die Gänge zu Geschichte entlang eilten. Verbissen hielt ich die Luft an und war mir nicht sicher, ob ich es bis zum Ende des Unterrichts aushalten würde. „Ach, Unsinn, das sagst du schon seit einer halben Ewigkeit.“ „Nein, genau gesagt seit einer Woche“, erwiderte Andrew. Ich winkte schnell ab und stellte endlich eine der Fragen, die mir Carlisle aufgetragen hatte. „Sag mal, dein Großvater… als wir bei euch im Geschäft waren, da erwähnte er eine Bella Swan. Ich weiß, das ist albern, aber es geht mir nicht aus dem Kopf.“ Andrew schüttelte den Kopf. „Ach das, mein Großvater redet manchmal ziemlich wirr. Manchmal sitzt er ganz in Gedanken versunken da und faselt etwas davon, dass ein Edward Cullen Bella Swan entführt hätte.“ Er lachte. „Schon ein seltsamer Zufall das ganze.“

„Ja, wirklich seltsam.“

„Weißt du, Großvater sagt, es hätte vor Jahren schon einmal eine Familie Cullen in Forks gegeben. Das war zur Zeit von Bella Swan. Damals war mein Großvater selbst erst so alt wie wir jetzt. Jedenfalls fuhr Swan irgendwann zu ihrer Mutter – ihre Eltern waren geschieden. Aber sie kehrte nie zurück und als kurz darauf die Familie Cullen verschwand, fiel natürlich der Verdacht auf sie, aber es schien so, als hätten sie nie existiert. Es gab weder Akten noch das Haus stand noch, in dem sie lebten. Es war, als wären sie nie da gewesen und blieben lediglich eine gruselige Erinnerung.“

‚Hast du das gehört, Edward?’, rief ich Edward in Gedanken. ‚Ja.’ Seine Antwort war knapp, aber der Ton war entscheidend. Er biss die Zähne zusammen. Ich sollte weiter fragen.

„Unheimlich. Und man hat nie wieder etwas von ihnen gehört?“ Ich schüttelte mich. ‚Vielleicht kann ich sie ja so beeindrucken’, dachte Andrew und langsam fand ich seine Gedanken schon fast nervig. „Nein, nie wieder. Übrigens verschwanden nicht nur sie, auch eine Schülerin, die erst kurz zuvor von ihnen adoptiert wurde.“ Jetzt musste ich fast loslachen. Wenn er wüsste, dass er mit dieser Schülerin gerade sprach…

„Lass uns über etwas anderes sprechen“, sagte ich schnell und tat so, als würde mir diese Geschichte tatsächlich Angst einjagen. „Du hast vorhin von La Push gesprochen. Bist du öfter dort?“ „Ja, Freunde von mir leben dort.“ Es klang beiläufig, er wollte lieber wieder über meine Familie reden, von der er nicht ahnte, dass es meine Familie war, die Forks einst in Schrecken versetzt hatte. Wir schwiegen eine Weile, in der ich seinen Gedanken lauschte. ‚Großvater glaubt immer noch, dass diese Swan mit Cullen durchgebrannt ist. Wie kann man solange einer fixen Idee hinterher rennen? Obwohl… ist wirklich Furcht einflößend die Tatsache, dass es wieder einen Edward Cullen und eine Isabella Swan in der Stadt gibt… Ach was, wahrscheinlich ist das in Wahrheit auch nur eines seiner Hirngespinste. Wenn ich recht darüber nachdenke, hat er erst kurzem wieder mit diesem ganzen Kram angefangen… vielleicht glaubt er, er könne mich mit dieser Geschichte erschrecken so wie früher, als ich noch klein war. Nun, dann ist es ihm jedenfalls hervorragend gelungen. Ja, das muss es sein. Er hat sich alles nur ausgedacht…’

Ich entschied mich, seine Gedanken zu stören und sagte: „Du, Andrew, entschuldigst du mich bitte beim Lehrer. Mir ist auf einmal so übel. Ich fahr lieber nach Hause und lass mich von meinem Vater einmal durchchecken. Er hat heute dienstfrei.“ Andrew sah mich musternd an und ich setzte eine leidende Miene auf, damit er mir die Lüge auch glaubte. „Stimmt ja, dein Vater war Arzt, nicht wahr?“ Ich nickte. „Okay, kann ich dich denn allein fahren lassen?“

„Klar, ich setz den Wagen schon nicht in den Straßengraben.“

„Na gut, dann wünsch ich dir gute Besserung. Bist du denn übermorgen wieder da?“

„Denk schon, bis dann.“

„Ciao.“ Ich drehte mich um und ging Richtung Parkplatz. Bella erwartete mich bereits und musterte meinen angespannten Gesichtsausdruck. „Edward und du, ihr solltet nicht ständig übers Essen reden“, tadelte sie und stieg ein. „Sorry, aber uns fiel kein anderes Gesprächsthema ein, außerdem muss ich mit Carlisle reden.“ „Edward sagte, dass Andrew dir eine Geschichte erzählt hätte.“ Ich murmelte etwas Zustimmendes und ließ den Motor aufsurren. Das Brennen in der Kehle machte mich fast wahnsinnig und das Monster schlich schon gespannt auf das, was ich als nächstes tun würde, in meinem Kopf herum. „Wir sollten erst jagen gehen“, sagte Bella besorgt, als ich die Straße zum Haus entlang fuhr. „Sollte ich nicht Carlisle vorher erzählen, was geschehen ist, sonst erfährt er es erst heute Nacht.“ „Das kann Edward erledigen. Er hat zugehört.“ Ich warf ihr noch einen kurzen Blick zu und drückte dann auf die Bremse. Der Wagen machte eine 360°-Drehung und ich drückte das Gaspedal durch. Ich hatte einen Hunger wie schon lange nicht mehr.

Immer wieder zu ihm...

Gesättigt ließ ich den Berglöwen auf den Boden sinken. Sollten die anderen Raubtiere sich um ihn reißen. Das Monster in mir war besänftigt und auch Bella, die aus dem Gebüsch hervortrat, wirkte, als zöge sich das Monster langsam zurück. Die letzten Sonnenstrahlen tanzten soeben über die Wipfel der Bäume und Bella und ich gingen langsam zurück zum Auto. Ich betrachtete eingehend mein Spiegelbild in der Scheibe, bevor ich mich zu Bella reinsetzte. Meine Augenringe waren ziemlich auffällig. Das Jagdfieber war noch in meinen Augen zu sehen.

„Das tat gut“, seufzte ich, als ich meinen Kopf an die Lehne drückte. Bella nickte zustimmend und sah aus dem Fenster. „Wir sollten allmählich zurück.“ „Hm…“ Ich drehte den Schlüssel um und der Motor sprang an. Er fauchte regelrecht, als ich ihn von null auf hundert beschleunigen ließ und meine Knöchel traten hervor, als ich das Lenkrad fast zerdrückte.

„Du bist wütend?“, fragte Bella verwundert und sah weiter aus dem Fenster. „Wie kommt’s?“ Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung“, knurrte ich und nur der Tatsache, dass ich gerade etwas getrunken hatte, war es zu verdanken, dass das Monster schnurrend in einer Ecke liegen blieb. Ich biss mir auf der Lippe herum, bis wir nach kurzer Zeit am Haus ankamen. „Du vermisst ihn sehr, nicht wahr?“ Bella hatte die ganze Zeit über nichts gesagt. Auch jetzt flüsterte sie nur.

Ein Schatten bewegte sich hinter den Fenstern. Der Gestalt nach zu urteilen, Jasper.

„Ja“, flüsterte ich und ließ den Wagen draußen stehen.

Es war tatsächlich Jasper gewesen, der im Wohnzimmer auf und ab geschritten war. Er war bereits ganz heiß auf die Jagd am nächsten Tag und grummelte nur, als wir rein kamen und ihn begrüßten. Edward kam die Treppe runter und sah genauso fertig aus wie ich vor wenigen Stunden. „Wollt ihr nicht auch schon jagen gehen?“, fragte Bella besorgt und blickte in Edwards schwarze Augen, während Emmett mich gut gelaunt von hinten packte und mich kitzeln wollte.

Bald schon kauerte ich lachend auf dem Boden und versuchte mich verzweifelt gegen Emmett zu wehren. „H…hör auf“, kicherte ich und tat so, als wäre ich auf ihn wütend und Emmett ließ tatsächlich ein wenig von mir ab. Er half mir gerade hoch, als Carlisle hereinkam. Lächelnd kam er auf mich zu. „Emmett, irgendwann lacht Faye sich noch zu Tode, wenn du sie weiter so dauerkitzelst.“ Emmett setzte einen entsetzten Gesichtsausdruck auf. „Was? Oh, mein Gott! Bitte nicht. Hör zu, Faye, bitte, lach dich nicht zu Tode!“ Er sah mich panisch an, aber das breite Grinsen konnte er nicht verbergen. „Ich gebe mir Mühe“, schluchzte ich theatralisch, „aber ich kann nichts versprechen.“ Emmett riss mich an sich und zerquetschte mich dabei fast, doch immerhin war ich ein Vampir und so schluchzten wir an der Schulter des anderen. „Ist ja gut“, sagte Rosalie, die mit einem langen, wehenden Mantel die Treppe runterkam. Emmett ließ von mir ab und ich begann meine toten Organe wieder in Form zu bringen. „Wollt ihr weg?“, fragte Bella. Emmett nickte. „Wir gehen heute Nacht schon jagen.“ „Dann nehmt Edward mit.“ ‚Bin ich ein Kleinkind?’, schoss es Edward durch den Kopf. ‚Du hast es erraten.’ Ich streckte ihm die Zunge raus. Edward funkelte mich böse an und ich machte mich vorsorglich aus dem Staub.

Ein Fehler. Im Zimmer empfing mich diese Stille. Keines der Geräusche draußen, keines der Gespräche unten drang herein und die Stille fing wieder an zu flüstern. Für jemanden, der immer etwas hörte, sobald er unter Menschen beziehungsweise Vampiren war, selbst wenn diese schwiegen, hatte sogar die Stille einen Klang. Früher hatte sie mir eher weniger ausgemacht. Sie ließ mich endlich nachdenken. Doch ich wollte nicht nachdenken. Alle meine Gedanken führten mich zu Glenn. Und das wollte ich nicht. Ich wollte nicht an ihn denken. Wie konnte er mich nur so verfolgen?
 

Es klopfte und ich rappelte mich vom Bett auf. Ich brauchte zwar rein theoretisch keins, aber es war bequem. Bequemer als ein Sofa.

„Ja?“

„Kann ich reinkommen?“ Esmes sanfte Stimme drang durch die Tür. „Klar.“ Sie trat ein und ihr rundes, freundliches Gesicht musterte mich. „Du und Edward seid unmöglich“, lächelte sie. „Er, Rosalie, Emmett, Alice und Jasper sind jetzt weg.“ „Und du und Carlisle?“ Sie setzte sich neben mich und antwortete: „Wir fahren los, sobald es hell wird. Carlisle würde dich vorher gern noch einmal sprechen wegen Newton.“ „Schon klar. Ich geh nachher zu ihm.“ Sie nickte und nahm mich in den Arm. Sie hatte ein Gespür dafür, wann ich das brauchte. Ihre Umarmungen gaben immer so viel Wärme und ein erlösendes Gefühl, das sich in Windeseile im Körper breit machte. Ich erinnerte mich daran, wie wir uns das erste Mal begegnet waren. Damals hatte sie mir Angst gemacht. Meine Instinkte hatten sich damals gemeldet. Meine menschlichen Instinkte, die mich davor warnten, mich einem Vampir zu nähern. Aber ich hatte keine Chance gehabt. Ich hatte ihr Geheimnis, nun auch mein Geheimnis, so gut wie gelüftet und außerdem… außerdem war ich Edwards Verwandte gewesen. Wir waren verwandt und somit für immer miteinander verbunden. Würde in unseren Adern noch Blut fließen, hätte es denselben Geschmack. Ich hatte Carlisle einmal gefragt, wie mein Blut geschmeckt hätte. Er hatte mich angesehen, als hätte ich ihn angeschrien und aufs Übelste beschimpft und sich geweigert, mir nur irgendetwas zu sagen. Mittlerweile wusste ich, wie taktlos diese Frage gewesen war. Es war nicht einfach, einen Menschen zu verwandeln, ohne ihn umzubringen. Ich war zwar nicht die erste gewesen, aber es würde garantiert kein Hobby von Carlisle werden.

Esme stand auf und lächelte mich noch einmal lieb an. „Du und Bella… baut keinen Mist, wenn wir nicht da sind.“ Sie zwinkerte und ging hinaus. Ich lachte leise. Wahrscheinlich war das eine Anspielung auf das letzte Mal. Glenn, Bella und ich hatten einfach nur ein Brettspiel spielen wollen, aber irgendwie…

Ein tiefer Seufzer entglitt mir. Wie gesagt, all meine Gedanken führten mich zu Glenn.

Ich ging runter und setzte mich auf die Veranda. Eine Grille zirpte und etwas huschte am Waldrand entlang. Wenige Minuten später schlich ein Kater auf mich zu. Ich kannte ihn schon. Manchmal besorgte ich ein wenig Katzenfutter aus dem Supermarkt und stellte ihm eine Schüssel hin. Heute stand keine Schüssel im Gras bei den Stufen, die zur Veranda hoch führten. Auf Samtpfoten ging er auf mich zu und wand sich um meine Beine. „Hast du eigentlich eine Ahnung, in welcher Gefahr du schwebst?“, fragte ich ihn leise, umpackte seinen Bauch mit beiden Händen und hob ihn hoch. Er miaute leise und sah mich aus gelben Augen heraus an. Ich war wie er, dachte ich, während ich ihm in das bronzene Fell pustete. Früher vielleicht wie Edward. Aber damals war das Tier noch nicht geboren. Nun war er wie ich. Allein und auf andere angewiesen. Doch das Wort allein drückte es nicht aus. Einsam, war der bessere Ausdruck.

Leise summte ich ihm Savin’ Me vor. Jeder Vers hatte eine Bedeutung. Jeder Vers hätte von Glenn stammen können. Einmal hatte er es mir gezeigt. Einmal hatte er mir gezeigt, was er sah, wenn er in den anderen Zustand überging. Einmal hatte er mich mit in die Welt seiner Träume genommen.
 

_______________

Ich hab keine Ahnung, obs da wirklich Berglöwen gibt. x)

Say it if it's worth savin' me

„Wo sind wir hier?”, fragte ich Glenn. „Hier sind wir in meiner Welt“, erklärte er stolz und nahm meine Hand. Ich staunte nicht schlecht, als er mich durch labyrinthartige Gänge führte, wir im nächsten Moment über Wiesen liefen und als nächstes durch einen dunklen Wald stolperten. „Das ist unglaublich“, murmelte ich, als wir an einem Strand ankamen. Das Meer glitzerte im Licht der untergehenden Sonne und zu meinem Erstaunen, glitzerte meine Haut nicht mit dem Meer um die Wette. „Wie kommt das?“, fragte ich Glenn, den das überhaupt nicht irritierte. „Das hier ist nicht die reale Welt, hier gelten andere Gesetze – meine Gesetze.“ Er zwinkerte mir zu und zog mich zum Meer. Ich zog meine Schuhe aus und ließ das Wasser meine Knöchel umspielen.

„Aber jetzt sag mir doch einmal, wie bist du darauf gekommen, dass es funktionieren könnte?“, fragte ich ihn, während wir die kühle, vom Meer kommende Brise genossen. „Dass ich dich hierher mitnehmen kann? Deine Gabe. Du kannst Gedanken lesen und Bilder sehen, die andere Menschen im Kopf haben. Als wir uns aufeinander konzentriert haben, während ich in diese Welt eintrat, habe ich dich sozusagen mitgenommen.“ „Das ist fantastisch“, murmelte ich und war erstaunt darüber, wie real es war. Seit einer scheinbaren Ewigkeit hatte ich nicht mehr geträumt. Mein letzter Traum war der einer Familie gewesen – und dieser Traum hatte sich erfüllt.

Ich sah wieder Glenn an, doch sein Blick weilte in der Ferne. Ein Schatten zog sich über sein Gesicht. „Was ist los?“ „Ich versuche über diese Welt etwas über mich herauszufinden, aber es will nicht funktionieren. Ich erinnere mich nicht.“ Er verstummte kurz. „Ich lasse häufig die Kontrolle über diese Welt aus meinen Händen gleiten, damit sie mir vielleicht offenbart, wer ich bin, aber da kommt nichts. Diese Welt hat sich zu sehr an das Jetzt gewöhnt und kehrt nicht zurück in die Vergangenheit.“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. In zwischenmenschlichen Dingen war ich nie besonders gut gewesen, denn so etwas konnte man nicht erlernen.

„Ich weiß nicht, wer ich bin, noch weiß ich, wo ich wirklich herkomme. Ich habe früher scheinbar nie mit Jasper darüber gesprochen, oder er liebt es einfach, mich leiden zu sehen.“ Ich musste mir ein Lachen verkneifen, zuzutrauen war es Jasper. „Ich weiß einfach nicht, ob ich es wert bin, zu leben.“ „Was?“ Ich schnappte nach Luft. „Es gibt keinen Platz, an den ich gehöre. Der Himmel ist sowieso für mich verschlossen und in die Hölle kann ich auch nicht kommen. Und auf der Erde… da gibt es auch nichts.“

„Es gibt doch einen Platz. Bei uns.“

„Klar, Jasper würde dich abknutschen, wenn er jetzt dabei wäre. Nein, ich trinke Menschenblut. Ihr Tierblut. Das sind zwei Welten.“

„Aber…“

Er legte seinen Finger auf meine Lippen, um mich zum schweigen zu bringen. „Sag mir nur eines. Ist es wert, mich zu retten?“

Einfach gehen?

Ich antwortete damals, dass ich ihn retten würde.

Völlig in Gedanken kraulte ich den Kater und bekam nicht mit, dass Carlisle sich zu mir setzte. „Was ist los?“, fragte er, klang ein wenig besorgt. Ich ließ das Tier zurück auf den Boden sinken und es strich mir immer wieder an meinen Beinen entlang. Wie seltsam, dass er keine Angst hatte.

„Ich weiß nicht. Irgendwie mache ich mir Sorgen“, gestand ich Carlisle nachdenklich. „Aber ich nehme an, dass du dir keine Sorgen um Newton oder die Werwölfe machst.“ Ich nickte. „Eher nicht. Ich denke, die Situation haben wir im Griff. Aber du hast doch noch mit Black gesprochen… was hat er gesagt?“ „Nun, er hat es Edward noch immer nicht verziehen, dass er Bella mit sich genommen und verwandelt hat.“ „Das hat er ja wohl nicht freiwillig gemacht!“, verteidigte ich Edward instinktiv. „Das war Victoria!“ Carlisle nickte zustimmend. „Natürlich, das weiß Edward, das weißt du, das weiß ich. Jeder von uns weiß das. Aber Jacob will es nicht glauben. Er ist ein Werwolf und kann nicht verstehen, warum jemand zum Vampir werden will. Mich würde es nicht wundern, wenn er irgendwann mal anruft und von dir einen zwanzigseitigen Bericht fordert, in dem du erklärst, weshalb du zu uns gehören wolltest und nun auch gehörst.“ „Weil ihr meine Familie seid. So ein Argument reicht für tausend Seiten“, stellte ich trocken fest. „Ach, Faye, du bist mir eine“, lächelte Carlisle und betrachtete den Kater, dessen Samtpfoten mein Bein bearbeiteten, weil er wohl wollte, dass ich mich weiter um ihn kümmerte. „Da hast du dir ja etwas eingehandelt“, meinte Carlisle und ich wusste, dass er den Kater meinte. „Er wird immer wieder kommen.“ „Vielleicht sollte ich ihm einen Namen geben“, überlegte ich und Carlisle lachte. „Ich sehe schon, du willst nicht über ihn sprechen. Dann lasse ich dich in Ruhe.“ Er stand auf, aber ehe er zurück ins Haus gehen konnte, sagte ich: „Bald, Carlisle, bald… dann darfst du dir mein Gejaule anhören…“ ‚Typisch Faye’, dachte er und ging ins Haus. Es wurde still um mich herum.
 

Seufzend legte ich das Buch beiseite. Es handelte sich ja doch nur um eine tragische Romanze, bei der das Paar am Ende glücklich wurde und alles Friede, Freude, Eierkuchen war. Ich verließ mein Zimmer und staunte zum tausendsten Mal, wie still es im Haus war, wenn niemand, wirklich niemand, sonst da war. Bella war in der Stadt, um ein Besorgungen zu machen.

Es schien fast so, als halle das Lachen meiner Familie von den Wänden wieder. Ich ging raus und entdeckte sofort den Kater, der in sicherer Entfernung vom Haus zwischen den Büschen lauerte. Schnell ging ich in die Küche und holte das Katzenfutter aus dem Schrank. Mit einer prall gefüllten Schüssel kehrte ich zurück und nun saß der Kater fordernd auf der Veranda. Ich stellte ihm das Futter hin und sofort begann er zu fressen. „Schmeckt dir das?“, fragte ich ihn und kraulte seinen Nacken. „Ja, das schmeckt dir…“ In Windeseile hatte das Tier aufgefressen. Gesättigt legte er sich auf die Veranda und ließ sein Fell im Sonnenlicht glänzen. Ich setzte mich neben ihn und starrte in den Wald. Was wäre, wenn Glenn plötzlich auftauchen würde? Wenn er mich anlächeln würde, erklären würde, es wäre unsinnig gewesen, zu gehen. Was täte ich?

Wäre ich kein Vampir gewesen, hätte ich bei der Vorstellung eine Gänsehaut bekommen. Glenn wieder zu sehen…

„Was hält dich davon ab?“, fragte plötzlich Edwards Samtstimme hinter mir und ich zuckte zusammen. Ich war so in Gedanken gewesen, dass ich ihn nicht hatte kommen hören. „Bitte?“ „Du willst zu Glenn, nicht wahr?“ Er hockte sich neben mich und der Kater musterte ihn misstrauisch. Die Tatsache, dass ich keine Angst vor Edward hatte – anders als er scheinbar – ließ ihn sich jedoch wieder beruhigen. „Hm“, machte ich nur und meine Finger fuhren damit fort, den Kater zu kraulen. Leise begann er zu schnurren. „Was hält dich davon ab, ihn zu sehen?“, fragte Edward noch einmal und sah mich besorgt an. Seine goldenen Augen blitzten mich an. „Ich kann doch nicht einfach nach Alaska, Glenn gestehen, dass ich ihn liebe und dabei hier einfach alles liegen lassen. Ich meine, ihr braucht mich doch. Die Sache mit den Werwölfen, Mike Newton…“ Edward fuhr mir mit dem Finger über die Lippen. „Natürlich brauchen wir dich, aber es bringt uns nichts, wenn du unglücklich bist. Wir haben dich viel lieber, wenn du lächelst und du musst gestehen, dass das in der letzten Woche eher weniger der Fall war. Und um die Werwölfe brauchst du dir nun wirklich keine Sorgen zu machen. Emmett und Jasper strotzen momentan so vor Kraft, die könnten ein ganzes Rudel auseinander nehmen.“ „Aber… Newton…“ „Der ist nicht dein Problem. Du hast deine Arbeit mit Bravur geleistet. Wie es aussieht, würde niemand Mike glauben, sollte er damit anfangen, wir wären die gleichen wie vor so vielen Jahren.“ Ich seufzte. „Könnte es sein, dass du mich loswerden willst, Brüderchen?“ Er legte einen Arm um mich und flüsterte: „Nein, ich will dich bloß lächeln sehen.“ Langsam lehnte ich meinen Kopf gegen seine Schulter. „Du meinst also wirklich, ich soll gehen?“

„Ja.“

„Ich weiß nicht…“

„Faye…“ Seine Stimme wurde zu einem leichten Knurren.

„Es ist nur…“

„Sei nicht so stur, Faye. Oder soll ich dir Rosalie auf den Hals hetzen?“

„Brauchst du nicht, bist schon hartnäckig genug.“

„Also gehst du?“

Ich dachte kurz nach. Was, wenn Glenn nicht mehr als Freundschaft für mich empfand? Was, wenn er mich gar nicht sehen wollte?

„Ja“, antwortete ich langsam. „Ja, ich denke, das sollte ich.“

Edward drückte mich an sich und stand dann auf. „Komm, wir sagen den anderen Bescheid.“ Er zog mich elegant hoch und ging mir voran ins Haus. „Seit wann seid ihr eigentlich wieder da?“, fragte ich verwundert, weil ich kein Auto gehört hatte, das gekommen war. „Erst seit wenigen Minuten“, lächelte Edward und öffnete die Tür, hinter der mich meine Geschwister erwarteten.

Zeit des Abschiedes?

Jaah, geht doch schon ein wenig früher weiter. Wegen Krankheit habe ich jetzt nämlich viel zu viel Zeit und da dachte ich mir, könnte ich ja noch etwas zwischen schieben. *hust* Das bisschen, das ich zwischenschieben wollte, ist jetzt doch ein wenig länger geworden, als ich es haben wollte, und wird wohl noch im nächsten Kapitel weitergehen... ^.-

LG Kirschengift
 

„Du willst also wirklich zu ihm?“ Ich traute mich kaum, Bella in die Augen zu sehen. „Ja. Ohne ihn geht es nicht mehr.“ „Wie lange willst du denn fort?“, fragte Rosalie leise. Ihre Stimme klang ganz anders als sonst. Nicht so hart. Sie konnte ich ansehen. Ihr Blick war gesenkt, so wie er es immer war, wenn sie ruhig, nachdenklich und traurig wurde. „Ich weiß es nicht. Vielleicht bin ich in einer Woche wieder hier – vielleicht auch erst in einem Jahr. Es ist alles möglich.“ Plötzlich verstummten Emmetts Gedanken. „Hey, Großer, ich werde garantiert wiederkommen. Sehr lange halte ich es doch ohne euch auch nicht aus“, wollte ich ihn aufmuntern und seine geschockten Gedanken kamen langsam wieder in Schwung. „Und wann willst du fort?“ Alice klang, als wolle sie mich jeden Moment anketten, damit ich bloß nicht ginge. „Das weiß ich noch nicht. Ich muss erst einmal mit Carlisle darüber sprechen und der muss dort Bescheid sagen und und und… ihr wisst schon.“

Ich sah zu Jasper, der zu all dem nichts gesagt hatte. Sein Blick ruhte auf dem Fluss hinter dem Haus. „Ich begleite dich“, sagte er und es wurde still. Nur die Gedanken überschlugen sich regelrecht. Auch meine. „Du… du weißt schon, dass ich zu Glenn will?“, fragte ich noch einmal nach und legte den Kopf ein wenig schief. „Ich meine… ich will nicht, dass es nachher Tote gibt.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an der Wand an. „Glenn ist wohl wirklich nicht mehr der von früher. Möglicherweise muss ich ihm eine Chance geben.“ „Alice, wer hat Jasper ausgetauscht?“, fragte Edward leise, aber Alice sah genauso aus wie wir anderen. Mit einem denkwürdigen Blick sahen wir Jasper an, der das scheinbar ernst gemeint hatte. Im Moment zweifelte jeder von uns an seinem Verstand. „D… du hasst Glenn!“, würgte Emmett hervor. „Wie kann ich jemanden hassen, der nicht mehr der ist, den ich einst hasste?“ Emmett sah einen Moment lang aus, als wäre ihm das zu hoch, dann dämmerte es auch ihm. „Soll das heißen, du gibst ihm eine Chance?“ Er nickte. Ich machte fast einen Luftsprung vor Freude und Bella grinste unwillkürlich, schlug sich jedoch mit der flachen Hand auf den Mund. Meine Begeisterung hatte sie wohl umgerissen. Ich sprang erleichtert auf und drückte dem überrumpelten Jasper einen Kuss auf die Wange. „Du bist ein großartiger großer Bruder!“, grinste ich. Jasper blitzte mich aus den Augenwinkeln an. Er lächelte leicht. „Ich weiß, kleine Schwester.“

Die Tür ging auf und Carlisle und Esme kamen herein. „Na, ihr? Was gibt es denn zu feiern?“, fragte Esme und musterte Jasper und mich. Der Wechsel meines Gesichtsausdruckes sprach wohl ganze Bände. „Was ist los?“, wollte Carlisle misstrauisch wissen. „Ich… ich möchte Glenn besuchen“, gestand ich mit eingezogenem Kopf und erschrak, als ich aus Jaspers Armen gezogen wurde und Esme mich anlächelte. „Endlich tust du mal etwas vernünftiges“, neckte sie und schloss mich in ihre Arme. Carlisle seufzte. „Du wirst uns fehlen, das ist dir klar, oder?“ Ich nickte. „Ich werde euch auch vermissen. Ihr seid doch meine Familie.“
 

„Warum zitterst du, Faye?“ Edwards perfekte Stirn legte sich in kleine Falten, während er, Bella und ich auf meine Hand starrten, die alles andere als still halten wollte. „Ich fürchte“, stammelte ich, „ich bin… nervös.“ „Faye, du sagst lediglich deinem Sitznachbarn, dass du für drei Monate einen Auslandsaufenthalt machst“, tadelte Bella, sah jedoch ziemlich skeptisch aus. „Du bist ein komischer Vampir“, seufzte Edward leise, weil noch andere Schüler in der Nähe waren. „Eigentlich sollten die Menschen vor dir Angst haben und nicht du vor ihnen. Das gehört sich nicht.“ „Ja, meine Güte, Andrew und ich haben uns nun mal irgendwie angefreundet.“ Es fehlte nur noch, dass Edward mir den Vogel zeigte. Seine Mimik und seine Gedanken sprachen Bände. „Mir reicht’s, irgendwann muss ich es ihm sagen und da ich schon übermorgen fahre, wird es Zeit“, redete ich mir selbst zu und hang mir die Tasche um. „Ich geh zu ihm.“

Rasch stand ich auf, grüßte Alice, Rosalie, Emmett und Jasper, die gerade in die Cafeteria kamen, und ging zu dem langen Tisch rüber, an dem Andrew mit seinen Freunden saß. „Andrew“, machte ich vorsichtig auf mich aufmerksam, was überflüssig war. Wir Cullens näherten uns nicht unbedingt oft den anderen Schülern und zogen jedes Mal, wenn wir es doch taten, die gesamte Aufmerksamkeit auf uns. Andrew, der einzige, der meine Ankunft nicht mitbekommen hatte, drehte sich um und war ziemlich verwundert, als er mich sah. ‚Oh, mein Gott, was will sie wohl? Sie hat diesen Wir müssen reden-Blick. Was, wenn sie doch an mir interessiert ist?’ Es fiel mir schwer, nicht sofort mit den Augen zu rollen und sagte dann mit einem strahlenden Lächeln: „Ich wollte dich fragen, ob du schon mit mir zu Bio gehst.“ „Hallo erstmal… klar, wartest du einen Moment, dann bringe ich mein noch Tablett weg.“ Ich nickte und war erstaunt, wie cool und gelassen er reagierte. Seine Gedanken tickten beinah aus vor Freude, aber äußerlich…

Ich wartete geduldig, bis er sein Tablett weggebracht hatte und ertrug milde lächelnd die Blicke seiner Freunde, die mich musterten, als sei ich zum Abschuss freigegebenes Wild, dabei waren das wohl eher sie. Andrew kam wieder, schnappte sich seine Tasche und wir verließen das Gebäude. „Was ist los?“, fragte er und ich sah ihn verwundert an. Manchmal hatte ich das Gefühl, er wüsste, dass ich Gedanken lesen konnte. Seine Gedanken waren fast so wechselhaft wie Bellas Stimmungen. Unter Leuten waren seine Gedanken immer hibbelig und kaum zu bändigen, aber wenn wir allein waren, wurde er ruhig. „Ich wollte mich nur von dir verabschieden“, sagte ich langsam und bemerkte erst gar nicht, dass Andrew stehen blieb. Irgendwann kam diese Information aber auch in meinem Gehirn an und ich drehte mich nach ihm um. „Du willst weg?“, verstand er die Situation richtig. „Ja, ich nehme an einem Austausch teil.“ „Verabschieden… heißt das, wir sehen uns vorher nicht mehr?“ Ich wich seinem Blick aus. Warum konnte ich ihm denn jetzt nicht in die Augen sehen?! „Ich denk schon. Ich fahre übermorgen und nun ja… morgen ist Samstag, also keine Schule…“ „Tust du das für einen Jungen?“ Geschockt sah ich ihn an. Wie kam er darauf? „Du bist verliebt, nicht wahr? Deshalb bist du immer so durcheinander…“ ‚…ich hätte es wissen müssen.’ Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu erwidern, doch als kein Laut über meine Lippen drang, schloss ich ihn wieder. „Lebt er dort? Also, da, wo du hin willst?“ „Ja.“ Ich schaltete seine Gedanken aus. Ignorierte sie. Wollte nur ihn hören. Nur das, was er sagte. Nicht das, was er dachte. „Na dann, herzlichen Glückwunsch.“ Andrew klang nicht so, als wäre er aufrichtig und ganz so weit konnte ich seine Gedanken auch nicht ausschalten, um zu überhören, dass es ihn gerade fast zerriss. Hatte ich tatsächlich eine solche Wirkung auf ihn gehabt? Da konnte ich schon Gedanken lesen und bekam so etwas nicht mit. Was war ich für ein lausiger Vampir. Was war ich für eine lausige Freundin…

Andrew ging an mir vorbei und ich folgte ihm schnell. „Hatten wir etwas in Bio auf?“, versuchte ich ungelenk das Thema zu wechseln. „Ja, einen Bericht.“ „Ach, stimmt ja, hatte ich ja schon letzte Woche erledigt…“ ‚Warum fragt sie dann?’

Wölfe in Port Angeles

„Du bist unmöglich, Faye.“ Edward schüttelte seufzend den Kopf. „Was kann ich denn dafür? Hätte ich ihn einfach so hier lassen sollen?“ „Ja!“

Rosalie beugte sich zwischen die beiden vorderen Sitze und musterte mich. „Also, bei Edward und Bella haben wir damals Wetten abgeschlossen, ob er sie lebend wieder nach Hause bringt. Ist das bei euch auch nötig?“ Ich lachte. „Unsinn! Wenn ich Andrew beißen würde, könnte ich gleich versuchen, einen Werwolf auszusaugen. Der Geschmack ist wahrscheinlich der gleiche.“ Ich streckte angewidert die Zunge raus. Rosalie lehnte sich beruhigt zurück und ihr Blick glitt aus den Fenstern.

„Faye, das kannst du doch nicht tun“, wollte Edward weiter auf mich einreden, aber ich rollte bloß mit den Augen und fuhr die versteckte Auffahrt entlang. „Scheint echt in den Genen zu liegen – diese Schwäche für Menschen“, murmelte Emmett. Er fing sich einen bösen Blick von Edward und mir ein und ich parkte das Auto in der Garage. Wir gingen ins Haus, doch den ganzen Tag über folgte Edward mir auf Schritt und Tritt und versuchte mir die Verabredung auszureden. Erst als ich am Abend ins Bad ging, um zu duschen, ließ er mich in Ruhe. Bella hatte ihm allem Anschein nach den Kopf gewaschen.
 

Ich steckte die Hände in die Hosentaschen, als ich klingelte und betrachtete summend das Haus. Es war ein typisches Vorstadthaus, in dem auch Jonathan und Lilly gelebt hatten. Ich hatte es mir einmal angesehen. Nach ihrem Tod war es verkauft worden und der neue Besitzer funktionierte es zu einer kleinen Pension um. Eine ziemlich sinnlose Investition, wenn man bedachte, dass wir hier in Forks waren und außer Vampiren hier kaum jemand gern hinkam.

Ich fragte mich gerade, ob Edward wohl Recht hatte. Er hatte mir gesagt, Menschen würden in neunundneunzig Prozent der Fälle ihre Ersatzschlüssel in der Regenrinne oder unter der Fußmatte bewahren, doch ich kam nicht dazu, das zu überprüfen, denn die Tür ging auf. Ich sah in das faltige Gesicht von Mike Newton. „Guten Morgen, ich möchte Andrew abholen“, begrüßte ich ihn freundlich und mit Samtstimme, aber entweder war Newton immun oder schwerhörig. Was mich verwunderte, war, dass er scheinbar nichts dachte. Er starrte mich nur an. Plötzlich sagte er: „Bist du nicht das Cullen-Mädchen?“ Ich nickte. „Ja, Faye Cullen mein Name.“ Ich reichte ihm die Hand, aber er nahm sie nicht. „Du willst also zu Andrew?“ „Ja, wir wollen zusammen nach Port Angeles.“ Ich richtete mein zweites Gehör in Newtons Richtung und merkte, dass er sehr wohl dachte, dass seine Gedanken aber mehr ein brummendes Grollen waren. Ich verstand kaum etwas. ‚Bella… Chief Swan war ja so fertig… Dieser Cullen… niemals vergessen…’ Ich ließ mir nichts anmerken und sah Newton erwartungsvoll an. Der drehte sich langsam um und rief ins Haus: „Andrew! Das Cullen-Mädchen ist da!“ Ich hörte lautes Gepolter und war versucht, mir die Ohren zuzuhalten. Nach einer lärmenden Minute erschien Andrew hinter seinem Großvater. Sein Haar war zerzaust. Was war denn mit dem passiert? ‚Immer muss ich die Stufe übersehen’, dachte er grummelnd. In seinen Gedanken sah ich, wie er die Treppe runter fiel. Es tat schon allein von Zusehen weh. Er drehte sich zu einem Spiegel um und ordnete das blonde Haar. „Bist du fertig?“, lächelte ich, als Newton langsam davon zog. „Jep.“ Er zog die Tür hinter sich zu und wir gingen zum Wagen. Ich merkte, wie sein Instinkt ihn davor warnte, einzusteigen, aber er ignorierte das exzellent.

Ich drückte aufs Gaspedal und in Null Komma Nichts hatten wir Forks durchquert. Betretendes Schweigen herrschte. Mir war das genauso unangenehm wie ihm, denn er überlegte die ganze Zeit fieberhaft, worüber wir sprechen könnten. Es war das erste Mal, dass wir ganz allein waren. „Du wolltest mir ein paar Vampirwitze erzählen“, half ich ihm auf die Sprünge und er lachte. „Stimmt ja.“ Bis wir in Port Angeles ankamen, erzählte er mir also Witze, in Gedanken bewunderte er den Lexus, dessen Motor gleichmäßig und leise surrte. „Sag mal… hast du zwei Wagen? Zur Schule kommst du doch mit einem anderen“, sagte Andrew, nachdem er jedes Detail erfasst hatte. „Hm… ich liebe Autos“, grinste ich. „Ich bastele oft mit Edward und Rosalie an den Autos rum.“ „Rosalie? Meinst du die Rosalie?“, fragte Andrew erstaunt. „Ja, sie wirkt manchmal ziemlich selbstverliebt – was sie auch auf eine gewisse Art und Weise ist – aber in Wahrheit ist sie ganz anders. Sie ist sehr ehrgeizig und hartnäckig. Ich bin zwar noch nicht so lange bei der Familie, erst etwa drei Jahre, aber sie hat mir schon sehr viel beigebracht.“

Gut, das mit der Dauer meiner Familienzugehörigkeit war ein wenig falsch…

„So kennt man sie gar nicht…“ Ich lachte. „Für wahr… aber manchmal muss man die Leute einfach näher kennen lernen, um sie zu verstehen. Ich verstehe Carlisle, also unseren Vater, heute noch nicht vollständig.“ Andrew lächelte, als ich parkte und wir ausstiegen. „Deine Familie scheint wirklich interessant zu sein. Ich wette, du könntest mir zu jedem so was erzählen.“ Ich nickte. „Ja, ohne meine Familie wäre ich nicht das, das ich heute bin.“ Ich sah wohl ziemlich selig drein, denn Andrews Gedanken wurden leise.

Ich klatschte in die Hände. „Also, wo geht es hin?“
 

Der Tag konnte nicht besser verlaufen. Andrew und ich erkundeten die Gassen von Port Angeles und ich erkannte sogar einige Stellen aus Edwards Erinnerungen wieder. Gegen Abend schlenderten wir die Promenade entlang. „Der Tag war schön“, murmelte Andrew. Ich sah extra weg, weil er auf dem besten Weg war rot zu werden. „Das finde ich auch“, stimmte ich zu. Andrew hatte mir gar keine Zeit gelassen, an Glenn zu denken, die ganze Zeit hatten wir geredet und ich war mir sicher, dass uns Freundschaft verband.

Auf einmal stieg mir ein beißender Geruch in die Nase und ein Knurren entkam meiner Kehle. Andrew sah mich groß an. „Mein Magen knurrt“, log ich schnell, aber meine Augen erkundeten ohne Unterlass die Umgebung. „Oh, stimmt ja, wir haben den ganzen Tag über nichts gegessen. Lass uns doch in das Café dort hinten gehen.“ Er zeigte auf ein gemütlich ausschauendes Café, aber ich wollte hier eigentlich nur weg. Irgendwo ganz in der Nähe waren Werwolfe. Doch es war bereits zu spät. Ich sah eine bullige Gestalt auf uns zukommen. Weil Andrew selbst nach Werwolf roch, hatte ich die richtigen Wölfe nicht gerochen.

„Andrew!“, hörte ich den Wolf schon rufen und er kam auf uns zu. Im Schlepptau hatte er noch zwei andere Hundeviecher. Als sie mich an Andrews Seite sahen, stockten sie kurz. ‚Daher dieser eklig süße Geruch’, dachte der erste Wolf. „William, Kyle, Timothy!“ Andrew war ganz aus dem Häuschen. William, der erste Wolf, rümpfte kaum merklich die Nase. „Wie geht es dir, Andrew?“, fragte er lächelnd. Seine Augen musterten mich aufmerksam. Der Wolf, den Andrew Timothy genannt hatte, stand hinter den anderen und schien arge Probleme zu haben, sich in der Gegenwart eines Vampirs zu beherrschen. „Gut, und euch?“ „Auch.“ Kyle versuchte, mich nicht zu beachten. Er sah stur Andrew an, aber seine Gedanken konnten mir nichts vormachen. „Darf ich euch Faye vorstellen?“, sagte Andrew und zog mich leicht an meinem Arm nach vorn, oder besser gesagt, ich ging auf sein kaum spürbares ziehen nach vorn. „Wir kennen uns bereits“, sagte ich und dachte an das Treffen von Carlisle, Esme, den Werwölfen und mir. Andrew hob überrascht die Augenbrauen. „Komplizierte Geschichte“, winkte ich ab und betete zu Gott, dass Andrew nicht tat, woran er dachte, aber es war zu spät. „Wir wollten gerade essen gehen. Mögt ihr nicht mitkommen?“ Knurrend sah ich William an, aber er schien allein aus Lust an der Provokation einzuwilligen. Zu fünft gingen wir langsam zu dem Café.

„Du weißt, dass einer von euch, sich kaum noch beherrschen kann?“, fragte ich William so leise, dass Andrew es nicht hörte. „Oh, keine Sorge, Timothy kann sich kontrollieren. Bleibt nur die Frage, ob das ein Vampir auch kann.“ Ich sah ihn aus den Augenwinkeln an. „Die Wette gilt.“

Bloß weg!

Andrew lud uns alle ein und, ohne auch nur zu murren, aß ich etwas, auch wenn es nach Erde schmeckte. Während William und ich uns ein Blickduell beim Essen lieferten, schien Andrew von alledem nichts mitzukriegen. Er kasperte mit Kyle rum, doch Kyle war mit seinen Gedanken bei mir. Wie auch Timothy und William. Andrew erzählte weiterhin fleißig Vampirwitze, die, auch wenn sie nicht lustig waren, uns alle zum lachen brachten. Das war aber das einzige, das mich und die Wölfe verband.

Als mein Handy begann zu summen, entschuldigte ich mich. „Was gibt’s, Bella?“ „Edward lässt fragen, wann du gedenkst, nach Hause zu kommen.“ Ich lachte hohl. „Sobald ich die Wölfe los bin.“ „Die was?“ Ich konnte ihre Alarmglocken bis hierhin schrillen hören. „Ja, Werwölfe. Andrew ist doch mit einigen befreundet und nun ja… natürlich mussten sie uns über den Weg laufen.“ Ich hörte, wie bei Bella eine Tür geöffnet wurde und Alice etwas sagte, aber sie sprach zu undeutlich. „Was ist denn los?“ Bella antwortete erst nicht. „Du, ich ruf dich gleich zurück. Alice hat irgendetwas. Bis gleich.“ Verwirrt sah ich mein Handy an und fragte es: „Seit wann würgt sie mich ab?“

Weil ich die Blicke der Werwölfe auf mir spürte, ging ich schnell zurück und beobachtete fast vergnügt, wie Timothy sich abmühte. Mittlerweile hatte er schon mit starken Zuckungen am Arm zu kämpfen. Doch ich musste gestehen, auch ein wenig Angst zu haben. Sollten die Wölfe durchdrehen, müsste ich nicht nur um Andrews Leben und das aller Menschen im Raum und auf der Promenade draußen bangen, sondern auch um meines. Allein gegen drei Werwölfe… das würde ich nie schaffen. Nicht einmal Emmett hätte das geschafft, wenn er gleichzeitig die Menschen beschützen müsste. Werwölfe waren nun einmal zu allem fähig, wenn sie außer Kontrolle gerieten.

Als Andrew abgelenkt war, beugte ich mich zu William vor. „Meinst du nicht, du solltest deinen Freund möglichst schnell nach Hause schicken?“ William lächelte kalt. „Warum? Angst?“ „Willst du, dass Andrew etwas passiert? Ich werde kein Problem damit haben, mich gegen euch zu wehren, aber im Gegensatz zu euch, bin ich um die Menschen hier besorgt.“ „Was für eine Ironie… ein Vampir sorgt sich um Menschen… aber das soll bei den Cullens in der Familie liegen.“ Ich presste die Hand auf meinen Oberschenkel. William provozierte mich ganz bewusst und dass ich so sehr an meiner Beherrschung zerren musste, zeigte mir, dass es ihm leider gelang. „Und ob das in der Familie liegt“, knurrte ich. „Wir ernähren uns von Tierblut und sind nun einmal so wie wir sind. Wir brauchen Blut und du solltest froh sein, dass ich nicht auf Werwolfsblut stehe.“ William hob sich gruselnd die Hände. „Uh, da habe ich jetzt aber Angst.“ Mit einer einzigen Bewegung stand ich auf und drehte mich zu Andrew um. „Es ist schon furchtbar spät, Andrew. Macht es dir etwas aus, wenn wir jetzt fahren?“ Andrew war kurz traurig, dann sagte er: „Klar, wir sehen uns dann morgen, Kyle.“ Kyle hatte allerdings ganz andere Sorgen. Timothys Gesichtfarbe war kaum noch zu bestimmen und sein Zittern wurde immer stärker. Andrew entging das Gott sei Dank und ich steuerte uns nachdem Andrew endlich bezahlt hatte, direkt aus dem Laden. Ich versuchte, so schnell wie möglich zum Auto zu gelangen, ohne dabei meine unmenschlichen Fähigkeiten einzusetzen, doch das war kaum möglich. Ich dankte dem Herrn für Andrews Fähigkeit, längst nicht alles mitzubekommen, was für mich offensichtlich war und startete den Motor.

„Was war denn plötzlich los?“, fragte Andrew dann doch und ich wich seinem Blick aus. War schlimm genug, wenn ich mir seine dämlichen gedachten Theorien anhören musste. „Nichts, ich sagte doch, ist schon spät“, log ich, aber es gelang mir längst nicht so gut wie sonst. „Labere keinen Mist, Faye. Du magst die Jungs nicht, oder?“ Es kostete mich alle Kraft, nicht laut loszulachen. Nicht mögen war eine maßlose Untertreibung. Er hatte mich mit meinen schlimmsten Feinden an einen Tisch gesetzt.

„Doch, sie sind sehr nett.“ Da war sie wieder. Die Fähigkeit zu lügen. Mein Handy summte wieder. „Bella?“

„Ja, ist etwa etwas geschehen? Du klingst so gestresst?“

„Du kennst mich zu gut. Ich kann grad nicht reden, aber sag, warum hast du eben plötzlich aufgelegt?“

„Alice hat etwas gesehen, aber sie verstand es noch nicht ganz. Jetzt sind wir uns aber ziemlich sicher. Die Volturi kommen.“

Andrew schrie auf, als ich einen gefährlichen Schlenker machte. Sofort bremste ich. „Was?!“ „Ja, wir sind uns ganz sicher.“ Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern und es war mir egal, ob Andrew neben mir saß und sich sonst was fragte. „Wann kommen sie?“ „Alice weiß es nicht, aber sie will aus irgendeinem Grund, dass du nicht nach Hause kommst.“ Ich zögerte einen Moment. Sollte ich es Bella erzählen? Ich entschloss mich dagegen und mich somit gegen mein Schicksal und Alice’ Visionen zu wehren. „Das wäre tatsächlich besser. Hör zu, ich bringe Andrew gerade nach Hause und rufe dich dann wieder an.“ „Okay.“ Ich legte auf und gab wieder Gas. „Gibt es Probleme?“ Andrew war besorgt. „Nein, es ist alles in Ordnung“, lächelte ich. „Es gibt nur ein paar organisatorische Probleme wegen morgen. Mein Bruder und ich müssen wahrscheinlich schon heute Abend fliegen.“
 

Mein Blick ruhte am Wegrand, der langsam von den Scheinwerfern betastet wurde. Endlich sah ich den blonden Vampir und hielt. Jasper warf die beiden Reisetaschen auf den Rücksitz und ließ sich neben mich fallen. „Alice hat mir von ihrer Vision erzählt“, erklärte er und hatte die Tür noch nicht ganz geschlossen, als ich schon losfuhr. „Das Bild hat sich immer noch nicht verändert.“ „Also ist Glenn ihr Ziel… und nicht ich. Wäre ich ihr Ziel gewesen, wäre es in dem Moment, in dem ich mich entschloss zu fliehen, verändert worden.“ Jasper nickte. „Alice hofft, dass es okay ist, dass sie uns davon erzählte.“ „Natürlich. Ich an ihrer Stelle hätte nicht anders gehandelt. Aber ich verstehe nicht wieso… ich meine, wozu brauchen die Volturi Glenn? Er hat keine besondere Fähigkeit, die ihnen nützen könnte!“ Jasper sah nachdenklich aus. „Vielleicht…“ Erwartungsvoll sah ich ihn an. „Vielleicht was?“ „Vielleicht hat das auch etwas mit der ganzen Geschichte zu tun.“ Ich hob die Augenbrauen. „Was meinst du damit? – Mist, was ist das für ein Auto hinter uns?!“ „Keine Sorge, das sind nur Bella und Edward. Carlisle war der Meinung, es wäre sicherer, wenn wir beide uns nicht ganz allein auf den Weg machen.“ Ich seufzte erleichtert. Mit meinem Lieblingsbruder Edward an meiner Seite fühlte ich mich sicherer.

„Also, was war das mit der ganzen Geschichte?“

„Maria war ein äußerst kalter Vampir. Sie verwandelte mich damals, weil ich einen hohen Rang beim Militär hatte und bereits einiges an Kampferfahrung hatte. Maria selbst wollte immer, dass die Menschen in große Städte zogen, denn je größer die Stadt ist, desto mehr Menschen konnte man töten, ohne bemerkt zu werden – weder von den Menschen noch von den Volturi. Als sie von meiner Fähigkeit erfuhr, wurde ich immer nützlicher für sie. Meine und Glenns Aufgabe war es damals, die jungen Vampire zu trainieren, damit sie Maria nützlich waren und wenn sie es nicht mehr waren, sie zu töten.“ Ich verzog angewidert das Gesicht. „Wenn ich ehrlich sein soll, kam sie mir damals eigentlich recht freundlich vor. Ein wenig rechthaberisch zwar, aber… auch ihre Gedanken.“ Jasper lachte. „Maria konnte den Leuten leicht etwas vormachen. Sie konnte sich sogar gegen meine Fähigkeit wehren. Wenn sie nicht beruhigt werden wollte, konnte ich sie auch nicht beruhigen.

Jedenfalls wurde mir das irgendwann zu widerwärtig und ein alter Freund half mir, mich von den insgesamt fünf anderen Vampiren, die die Familie bildeten, loszureißen. Ich lebte für einige Zeit bei ihm und seiner Gefährtin Charlotte, aber noch immer ertrug ich es nicht, Menschenblut zu trinken. Ich weiß nicht, was aus Glenn damals wurde, er überlegte erst, mit mir zu gehen, aber letztendlich… du kennst ja das Ergebnis.

Möglicherweise hat Maria am Ende ihrer Tage etwas getan, das den Volturi nicht gefiel. Maria schickte Glenn hierher, aber irgendetwas geschah ihm auf dem Weg hierher und er verlor sein Gedächtnis. Die Volturi fanden Maria. Das wäre eine Erklärung dafür, dass sie sich nie meldete, denn früher hatte sie einen richtigen Narren an Glenn gefressen. Sie wollte unbedingt herausfinden, was es mit seiner Fähigkeit zu tun hat. Vielleicht möchten die Volturi jetzt auch noch Glenn aus dem Weg haben.“

„Aber was kann Maria so schreckliches getan haben, dass die Volturi so hinter ihr waren?“

Jasper schüttelte den Weg. „Ich weiß es wirklich nicht…“

Wir erreichten den Flughafen und sprangen aus dem Auto. „Faye!“ Bella schlang ihre Arme um meinen Hals und ich umarmte sie. „Jetzt kommt schon, ihr zwei“, drängte Edward und wir rannten mit den Koffern im Schlepptau in den Flughafen. Erst als wir unsere Plätze einnahmen, verlor ich ein wenig an Anspannung. Bella hatte sich neben mich gesetzt und wahrscheinlich war es zusätzlich Jaspers Zutun. Edward hinter mir beruhigte mich außerdem mit seinen Gedanken. „Ist es auch nicht schlimm, dass ihr zwei jetzt auch noch mitgekommen seid? Ich meine wegen den Wölfen…“ Jasper winkte ab. „Das wird schon glatt gehen. Es ist unser beiderseitiges Interesse, dass die Situation nicht eskaliert und solange sich Jacob Black zusammenreißt, sollte es uns auch gelingen.“ Wir sprachen zu schnell, sodass die Menschen es nicht verstanden.

Eine Stewardess kam und wollte uns Kissen oder etwas zu essen anbieten, aber wir lehnten dankend ab. Die Stewardess biss sich auf die Lippe und sah bestürzt aus. Die übliche Reaktion, wenn die Menschen uns etwas anboten und wir ablehnten.

„Faye, was war das für eine Vision, die Alice hatte. Ihr verbergt sie vor mir.“ Edward klang besorgt und auch Bella, die meine Hand hielt, sah nicht gut aus. Ich zögerte. Ich konnte mittlerweile gut Dinge vor Edward verheimlichen. Es war leicht, Gedanken von einem bestimmten Thema fernzuhalten. Das hatte ich schon als Mensch gekonnt und als Vampir hatte ich dies noch perfektioniert. Ich sah Jasper an, der nickte. „Alice hatte damals die Vision, das Glenn und ich zusammen kommen würden. Aber wir werden nicht so zusammen sein, wie ihr euch das vorstellt.“ Edward sah mich fassungslos an, als sich das Bild in meine Gedanken drängte. „In Alice’ Vision haben uns die Volturi doch gefunden und wir stehen in ihren Diensten. Rotäugig.“
 

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So, das war's dann bis Anfang Oktober. Ich hoffe mein Ende war nicht zu fies. ^.-

"Sag nichts"

„Nein…“ Bellas Stimme war ein heiseres Flüstern. „Ich werde mich dagegen wehren, versprochen, aber um bei Glenn zu sein – vorausgesetzt, er empfindet wie ich – werde ich alles tun.“ Als Mensch hätte Bella nun wahrscheinlich geweint, aber sie war ein Vampir. Sie weinte nicht. „Wir werden auf dich aufpassen“, versprach sie mir und lächelte mich an. Ja, das glaubte ich ihr, denn auf meine Familie konnte ich zählen. Nichts und niemand auf der Welt konnte mich von ihr trennen. Von meiner geliebten Familie.
 

Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, zitterte ich am ganzen Körper. Jasper konnte mich nicht beruhigen und auch Bellas und Edwards Anwesenheit brachte meinen Körper nicht dazu still zu halten.

Als wir gerade die Wartehalle durchquerten, bemerkten wir eine junge Frau, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Die Menschen starrten sie scheinbar ohne Scheu an und ihr braunes Haar fiel ihr sanft über die Schultern. Ihre perfekten Gesichtszüge waren weiß wie die Wand, an der sie lehnte, und ihre Augen glänzten golden. „Tanya!“, rief Bella ihr zu und winkte. Tanya lächelte, stieß sich von der Wand ab und kam beinah schwebend auf uns zu. Sie begrüßte uns und ich fiel ihr in die Arme. „Wie geht es Glenn?“, fragte ich sofort und unterdrückte das Zittern so gut, wie es mir möglich war. Tanya lachte eines dieser wohltuenden Lachen, die für Menschen nach einer vollendeten Symphonie klangen, und sagte: „Glenn geht es gut. Er ist ziemlich aus dem Häuschen, seitdem er weiß, dass ihr kommt.“

Meine Nervosität stieg weiter an und Jasper legte mir eine Hand auf die Schulter, als Tanya uns zum Auto führte. „Du bist ja ganz hibbelig“, stellte auch sie jetzt fest und lächelte, während wir nach draußen traten. Der Himmel war mit Wolken verhangen, aber eine kleine Massenkarambolage lösten wir doch aus. Ein junger Mann lief gegen einen Laternenpfahl.

Wir quetschten uns elegant in Tanyas Wagen. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und trommelte mit den Fingern schwach auf den Armaturen rum. „Ganz ruhig“, beschwichtigte Edward mich. „Geht nicht“, presste ich zwischen den Zähnen hervor. Tanya drückte ein wenig weiter aufs Gaspedal und nach zwanzig Minuten hielten wir an einem alten Haus, das scheinbar aus Holz gemacht und inmitten der Wildnis war. Die schlichte Holzfront strahlte eine angenehme Aura aus und als Tanya den Wagen anhielt, kam eine schöne Frau mit fast weißem Haar und noch weißerer Haut raus. „Carmen!“, begrüßte Jasper den weiblichen Vampir erfreut. „Hallo, Jasper. Edward… Bella. Faye, schön dich endlich mal wieder zu sehen. Das müssen schon ungefähr dreißig Jahre sein, seitdem wir uns das letzte Mal sahen.“ Ich nickte und trat nervös von einem aufs andere Bein. „W… wo ist Glenn?“, fragte ich und wollte es beiläufig klingen lassen. Tanya lachte. „Er ist im Haus.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging ich zur Tür und stieß sie langsam auf. Sie quietschte leise und die erste Diele knarrte leicht. Danach war es still. „Glenn?“, hauchte ich. Es dauerte keine drei Sekunden, da stand er vor mir und sah zu mir hinab. Seine Augen hatten ein frisches Gold.

„Hey…“

„Hey…“

„Was tust du hier?“

Er klang ungläubig, als erwarte er, jeden Moment aufzuwachen und auch ich fürchtete mich davor, mir all das nur eingebildet zu haben und jeden Moment zurück in die Realität, in den staubtrockenen Unterricht der Highschool, zu finden.

„Du hast doch gesagt, ich könne dich besuchen und… hier bin ich.“

„Das freut mich.“

„Wie geht es dir?“

„Momentan ganz okay. Letzte Woche war das anders… Carmen nahm mich mit in die Stadt, aber es war ein wenig windig. Du kannst dir meine Reaktion vorstellen. Ich werde wohl die nächsten Monate oder Jahre nur hier sein können. Aber Tanya und die anderen kümmern sich wirklich gut um mich, also…“

Er kam nicht weiter, denn ich war ihm an den Hals gesprungen und drückte meine Lippen auf seine. Erst sah er mich geschockt an, dann schloss er die Augen und legte seine Hände auf meine Hüften.

„Faye“, murmelte er, als ich ihn einatmen ließ. „Sag nichts, du Vollidiot“, lächelte ich und legte meinen Finger auf seine Lippen. „Sag nichts…“

Und aus den Boxen des CD-Players erklang ein Lied, das ich für immer lieben würde.

This time, This place

Misused, Mistakes

Too long, Too late

Who was I to make you wait

Just one chance

Just one breath

Just in case there's just one left

'Cause you know,

You know, you know
 

I love you

I loved you all along

And I miss you

Been far away for far too long

I keep dreaming you'll be with me

And you'll never go

Stop breathing if

I don't see you anymore
 

On my knees, I'll ask

Last chance for one last dance

'Cause with you, I'd withstand

All of hell to hold your hand

I'd give it all

I'd give for us

Give anything but I won't give up

'Cause you know,

You know, you know
 

I love you

I loved you all along

And I miss you

Been far away for far too long

I keep dreaming you'll be with me

And you'll never go

Stop breathing if

I don't see you anymore
 

So far away (so far away)

Been far away for far too long

So far away (so far away)

Been far away for far too long

But you know, you know, you know
 

I wanted

I wanted you to stay

'Cause I needed

I need to hear you say :

love you

I loved you all along

And I forgive you

For being away for far too long

So keep breathing

'Cause I'm not leaving you any more

Believe it

Hold on to me and never let me go

Keep breathing, 'cause I'm not leaving you anymore

Believe it

Hold on to me and never let me go

Keep breathing

Hold on to me and never let me go

Keep breathing

Hold on to me and never let me go

Oh ja, ich würde Nickelback lieben…

Flucht

Glenn strich mir das bronzene Haar aus dem Gesicht und lächelte mich an. „Ich verstehe es immer noch nicht“, flüsterte er. „Es war ganz seltsam. Kaum warst du weg, hatte ich eine unglaubliche Sehnsucht nach dir. Ich wollte nur noch zu dir, aber ich traute mich nicht. Edward hat mich schließlich regelrecht hierher überredet.“ „Dann muss ich ihm also danken?“ Er küsste meine Nasenspitze und ich nickte. „Edward Cullen, ich danke dir“, flüsterte Glenn, zu leise, dass Edward es hören könnte – es sei denn, er hatte sein zweites Gehör auf Empfang gestellt, was ich ja mal nicht hoffte. Ich machte das bei ihm und Bella ja schließlich auch nicht.

„Wir zwei sind echte Vollidioten, nicht wahr?“, fragte ich leise lachend und zog Glenn zu mir hinunter, um ihn zu küssen. „Nun, so muss man es wohl nennen…“

Bevor ich irgendetwas sagen konnte, schoss Edwards Ruf durch meinen Kopf und ich saß aufrecht. ‚Ist etwas passiert, Edward?’ Wenn Edward mich störte, war es dringend. ‚Alice hat angerufen. Die Volturi haben den Braten gerochen und ahnen, dass wir in Denali sind. Wir müssen hier weg, hörst du?!’ Ich schwang meine Beine aus dem Bett, auf das Glenn und ich uns hatten fallen lassen und stand auf. „Was ist los, Faye?“, fragte Glenn auch schon verwundert, als ich zur Tür ging. „Das erkläre ich dir auf dem Weg. Komm mit!“ Ich zog ihn an der Hand hinter mir her, raus aus dem Haus, zu meinen Geschwistern.

Glenn stand einen Moment unschlüssig vor Jasper, der ihm aber dann doch, zu unser aller Verwunderung die Hand reichte. „Es gibt mehr Gründe, die dafür sprechen, dass du einschlägst, als Gründe, die dagegen sprechen“, sagte Jasper ruhig, als Glenn zögerte. „Einer steht neben dir.“ Glenn sah mich ungläubig an und ich gab ihm einen Schubs nach vorne. Glenn nahm strahlend Jaspers Hand. Glücklich sahen Bella und ich die beiden an. Mehr konnte ich nicht verlangen. Edward startete bereits den Motor eines Geländewagens, um uns daran zu erinnern, dass wir fort mussten. Jasper setzte sich schnell auf den Beifahrersitz, Bella, Glenn und ich quetschten uns auf den Rücksitz. Der Wagen heulte auf, als Edward losfuhr und wir Tanya und die anderen hinter uns ließen.

„Was ist los?“, fragte Glenn wieder. „Wir glauben, dass die Volturi hinter dir her sind.“ „Die Volturi?!“, japste Glenn und Panik stieg in ihm auf. Jasper versuchte verzweifelt ihn zu beruhigen und ich nahm seine Hand. „Erst kapierten wir nicht, was sie wollten, aber wenn wir nun nicht in ihren Diensten landen wollen…“ Ich zögerte. „…dann sollten wir schleunigst von hier weg.“ In den nächsten fünf Minuten erklärten wir Glenn, was sich zugetragen hatte und schließlich fragte Edward: „Meint ihr, es wäre sehr dreist, wenn wir einfach wieder nach Hause fahren?“ Jasper lachte. „Und ob es das wäre! Alice sagte, sie wären alle nach Denali, da werden sie nicht damit rechnen, dass wir zurückkommen.“ Edward setzte seinen Edward-ist-der-Beste-und-hat-die-besten-Ideen-Blick auf und erklärte feierlich: „Dann geht’s wohl wieder ab nach Hause.“
 

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Sorry, dass es ein wenig kurz geworden ist, aber ich muss mich wohl erst wieder ein bisschen einarbeiten. x)

Die Volturi

Nach den beiden recht kurzen Kappis hab ich mir mal ein bisschen mehr Mühe gegeben und dieses Kapitel ausgebaut. ^^

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Glenn hielt mich während der ganzen Fahrt im Arm, als hätte er Angst, wenn er mich losließe, könnte ich wegrennen und Bella hatte ihre Empathie nicht wirklich im Griff, was vor allem dadurch zur Geltung kam, dass sie die ganze Zeit lächelte und Edward ihren Kopf von hinten auf die Schulter legte. Jasper blieb da wesentlich cooler und unterhielt sich entspannt mit Edward. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass Jasper die Situation beruhigte.

Wir fuhren den ganzen Weg und stiegen nicht um ins Flugzeug, obwohl das möglicherweise doch sicherer gewesen wäre. Aber Edward meinte nur, sie würden wahrscheinlich sowieso auch mit Auto fahren. Und so ging Edward seinem Hang zur Schnelligkeit nach…
 

Es war nicht mehr weit bis nach Forks, als Jaspers Handy klingelte. Wir alle hörten Alice aufgebrachte Stimme, die uns panisch entgegen kam. „Es tut mir so Leid! Ich hab es nicht früher gesehen!“ „Alice, ganz ruhig, was ist los?“, versuchte Jasper seine Freundin zu beruhigen. „Sie sind gar nicht zu euch gefahren. Sie sind in der Nähe geblieben!“

Edward ließ die Reifen quietschen und hielt abrupt an. „Wo sind sie?“, fragte er ganz ruhig. „Ich bin mir nicht sicher, aber Aro hat Demetri, Felix, Jane und Alec dabei. Sogar Marcus ist dabei.“ „Ich verschwinde“, sagte Glenn entschieden. „Ich bringe euch nur in Gefahr.“ „Nichts da!“, herrschte Jasper ihn an. „Wir haben so etwas wie Familiensinn und wenn du jetzt gehst, brichst du Faye das Herz. Außerdem erwischen sie dich allein doch viel schneller – und irgendwie gehörst du auch schon zur Familie.“

„Edward, es muss doch irgendeinen Weg geben, um noch wegzukommen“, drängte Bella. „Ich denk ja schon nach!“ Er drückte Daumen und Zeigefinger gegen seinen Nasenrücken, so wie er es immer tat, wenn er entweder genervt oder wütend oder angespannt war.

‚Faye, meinst du, es gibt einen Ausweg?’

‚Ich weiß es nicht.’

Wir alle dachten verzweifelt nach und ich lauschte dem leisen Rauschen, das mir signalisierte, dass Alice noch in der Leitung wartete. „Wir könnten sie einfach umbringen“, hörte ich Emmett im Hintergrund grummeln, wofür er garantiert einen bösen Blick von Rosalie kassierte. „Ist Carlisle da?“, fragte Edward und nahm Jasper das Handy ab. „Ich bin da, Edward.“ Scheinbar hatte Alice den Hörer auch abgegeben. „Was meinst du?“

„Wir sollten abwarten und herausfinden, was sie von uns wollen.“

„Ha… hat sich Alice’ Vision verändert?“

Die Spannung war kaum noch auszuhalten. Jasper war so auf das Handy fixiert, dass er völlig vergaß, uns zu beruhigen. Bella betete zum Himmel, dass sich Alice’ Vision als falsch behauptet hatte und auch Edward tat es.

Wir waren Vampire. Untote. Monster. Und trotzdem beteten wir in der Not zu Gott, obwohl auch keiner von uns gläubig war. Carlisle vielleicht… ich hatte ihn nie danach befragt. Aber wir nicht. Gott spielte keine Rolle in unserem Leben. Aber wenn es hart auf hart kam, flehten wir ihn an. Ein letzter menschlicher Instinkt, der uns geblieben war?

Carlisle zögerte, bevor er antwortete. Der Moment schien sich ewig in die Länge zu ziehen.

„Nein.“
 

Als Edward den Wagen parkte, hörten wir Janes hinterhältige, lauernde Gedanken bereits. Noch mehrere Minuten saßen wir wortlos im Wagen, allesamt ahnend, dass dieser Tag kein gutes Ende haben würde.

Langsam stiegen wir aus. Wir wussten, sie würden Glenn mitnehmen. Die Volturi. Und meine Geschwister wussten auch, dass ich in diesem Fall wahrscheinlich mit Glenn gehen würde. Sie waren hin und her gerissen, denn einerseits würden sie es nicht ertragen, wenn ich Glenn verlieren würde, andererseits würden sie es nicht ertragen, wenn ich sie verlassen würde.

Wir gingen durch die Tür, die die Garage direkt mit dem Haus verband und schritten in menschlichem Tempo ins Wohnzimmer.

„Warum so langsam?“, wurden wir sofort spitz von Demetri empfangen. Jasper, Bella und Glenn wussten wahrscheinlich selbst nicht, wieso wir so langsam gingen, aber Edward wusste es. Er war als erster ausgestiegen und hatte ein ruhiges Tempo eingeschlagen. Die anderen hatten sich ganz natürlich angepasst. Er wollte mir Zeit geben. Zeit, meine Entscheidung zu treffen. Eine unmögliche Entscheidung.

Esme saß auf dem Sofa, neben ihr Alice und Rosalie, die irgendwie versuchten, sie zu beruhigen. Carlisle stand neben Aro, dessen Gestalt mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte. Ich war den Volturi erst zwei Mal begegnet, aber ich wusste, wozu sie in der Lage waren. Das erste Mal war gewesen, als sie nach Bella gesehen hatten. Sie wollten wissen, ob sie wirklich in einen Vampir verwandelt worden war. Das zweite Mal war dann gewesen, als sie mich begutachten wollten. Aber ich hatte das Gefühl, selbst wenn ich Aro irgendwann zum hundertsten Mal sah, würde er mir Angst machen.

Emmett stand bei Jane und Alec und ich war mir nicht sicher, vor wem ich momentan eher Angst gehabt hätte. Jane, deren grauenhafte Fähigkeit mir bekannt war, oder mein gewaltiger Bruder, der bereit war die beiden zierlichen Vampire neben sich auseinander zu pflücken, sollten sie etwas Falsches tun.

Marcus stand direkt neben Aro und berührte ihn leicht an der Hand, als wir eintraten. Den anderen schien das nicht aufgefallen zu sein… was Marcus Aro wohl gesagt hatte?

„Edward, Bella, wie schön euch beide wieder zu sehen!“, begrüßte Aro die beiden überschwänglich. „Und Jasper ist auch dabei! Das ist ja schön!“ Aro strahlte uns an, dann fiel sein Blick auf mich und Glenn. Wir traten als letzte ein. ‚Da ist er…’ Die Stimme seiner Gedanken brachte mir mehr Furcht als seine unheimliche Ausstrahlung. Sie war eiskalt.

„Freut mich dich zu sehen, Glenn. Und die kleine Faye ist auch da! Sie ist dein jüngstes Familienmitglied, wenn ich mich recht erinnere, oder, Carlisle?“ Er drehte sich in einer geschmeidigen Bewegung um und sah Carlisle an. „Ja, sie wurde ein halbes Jahr nach Bella verwandelt“, bestätigte Carlisle. „Wenn man ihr Alter bedenkt, ist das halbe Jahr jedoch kaum der Rede wert, meinst du nicht, Aro?“ „Nein, wirklich nicht. Aber wie schaffst du es bloß, Menschen zu finden, die solche Fähigkeiten zu Stande bringen. Gedanken lesen, Empathie, Visionen, Hartnäckigkeit, Stärke, Liebe…“ Er betonte das Wort und sah Esme an, deren Blick fest war, aber innerlich bebte. Es tat weh, ihre Gedanken zu hören.

„Nun, Jasper und Alice habe ich nicht verwandelt, aber wahrlich sind ihre Talente herausragend.“ Carlisle blieb ruhig und wir mussten ihn dafür bewundern. Es war erstaunlich, wie sehr er sich unter Kontrolle hatte.

„Wie dem auch sei. Glenn, wir sind wegen dir hier. Maria hat uns dich versprochen, aber ich denke, daran erinnerst du dich nicht – zumindest, wenn Caius seine Arbeit gewohnt gut gemacht hat.“

Mein Blick glitt hinüber zu Edward. ‚Edward, was für eine Fähigkeit hat Caius?’, fragte ich mit einem unguten Gefühl im Magen. ‚Er kann Erinnerungen manipulieren und löschen.’ Ich schnappte fast nach Luft, konnte den Reflex aber gerade noch unterbinden. Damit waren die Volturi wirklich die königliche Familie der Vampire. Aro konnte alle Gedanken hören, die ein Wesen je gedacht hatte, wenn er es berührte. Marcus konnte Bindungen zwischen Wesen spüren und Caius Erinnerungen manipulieren. Sie hatten scheinbar eine nahezu unbegrenzte Macht.

„Nun, Glenn, du musst mit uns kommen, du hast keine Wahl“, sagte Aro langsam. Mir fiel auf, dass ich Marcus noch nie hatte reden hören.

Glenn funkelte Aro an. „Und was, wenn ich nicht will?“ Aro hob einen seiner dürren Finger und deutete auf mich. „Drei Mal darfst du raten, warum Marcus dabei ist? – Wir greifen höchst ungern zu solchen Mitteln, aber solltest du dich uns widersetzen, wird Jane Faye leider etwas antun müssen.“ Glenn knurrte leise. „Sie ist deine Gefährtin…“, schlussfolgerte Aro und lächelte.

„Wieso wollt ihr ausgerechnet mich? Ich habe keine besonderen Fähigkeiten“, versuchte Glenn ruhig zu bleiben und schob sich zwischen mich und Jane. Als Mensch wäre mir jetzt wohl das Herz stehen geblieben…

„Und ob du die hast…“, sagte Aro seelenruhig und schien fast vergnügt. „Jane.“ Jane lächelte und ich wusste, was kommen würde, aber ich war nicht schnell genug. Glenn ging kurz zu Boden und sah dann auf. „Siehst du? Das tat gar nicht so doll weh, wie es eigentlich sein sollte“, lachte Aro. „Du bist unserer lieben Bella ähnlich, nur dass wir Bellas Fähigkeit nicht verstehen. Du hingegen hast die Macht der Träume auf deiner Seite, die den Schmerz in sich aufnehmen, bevor er zu großen Schaden an dir nehmen kann. – Jane, du kannst aufhören, es zu versuchen. Es ist jetzt genauso zwecklos wie bei Bella.“ Janes Miene entkrampfte und entspannte sich ein wenig, aber ihre Miene war finster. „Du hast zudem für Maria gearbeitet, solche Leute können wir immer gebrauchen“, fuhr Aro fort. „Kommst du nun?“ Glenn stand auf und sah mich an. „Es tut mir Leid“, flüsterte er. ‚Ich kann nicht zulassen, dass sie dir oder jemanden, den du liebst, etwas antun.’ Er sah mich entschuldigend an und küsste sanft meine Lippen. ‚Ich liebe dich, Faye.’

„Edward, du weißt, dass unser Angebot noch immer steht?“, fragte Aro, aber Edward schüttelte den Kopf. „Nein, danke.“ In Gedanken fügte er hinzu: ‚Faye, wenn du wirklich gehen willst, ist es jetzt Zeit.’ Seine Stimme hatte einen traurigen Klang und ich wusste, er hatte Recht. Ich musste mich entscheiden. Jetzt.

"Weil ich dich liebe."

Eine einzelne Sekunde zog sich in die Länge. Zäh wie Kaugummi. Es kam mir vor, als stände ich in einem zeitlosen Raum, aber ich wusste, dass ich keine Zeit hatte. Ich musste die Entscheidung jetzt fällen. Meine Familie, die ich mehr als alles liebte, oder Glenn, ohne den ich nicht leben konnte und für den ich bereit war, jedes Opfer zu leisten. Aber hätte ich das für meine Familie nicht auch getan? Ich hatte als Mensch keine Familie gehabt und als Vampir endlich eine bekommen. Aber ich hatte als Mensch auch keine Liebe gefunden. Niemanden wie Glenn gehabt.

‚Egal, wofür du dich entscheidest, wir werden sie tolerieren’, dachte Edward ruhig. ‚Egal, wofür ich mich entscheide, ein Teil meines Herzens wird verloren gehen.’

‚Im Grunde hast du dich doch schon lange entschieden.’ Ich sah Rosalie nicht an, sondern sagte: „Aro, Marcus, ich habe die gleichen Fähigkeiten wie Edward. Ich würde euch begleiten – vorausgesetzt ihr wollt mich.“

Aro, der sich bereits umgedreht hatte, wandte sich wieder mir zu. Er lächelte kalt. „Ich weiß nicht, ob Carlisle sein jüngstes Kind gehen lassen will.“ „Faye ist nicht länger ein Kind. Sie ist erwachsen und fähig ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Dazu habe ich sie alle erzogen.“ Ich war froh, nicht weinen zu können. Esme stand auf und nahm mich in den Arm. „Wir werden dich vermissen, Faye. Vergiss und nicht, ja?“ Alice tänzelte auf mich zu und Emmett folgte ihr. „Schade, hätte gern noch mal mit dir einen Werwolf platt gemacht, Kleine“, brummte mein großer Bruder. „Vielleicht haben wir ja noch irgendwann mal eine Chance dazu“, versuchte ich zu lächeln. Jasper schaffte das Lächeln, als er dachte: ‚Die Nächte werden einsam, wenn ich nicht mehr mit dir diskutieren kann.’ „Kannst dich ja mit Emmett prügeln“, murmelte ich.

‚Nun denn’, teilte Aro mir mit, ‚ich habe nichts dagegen. Ich finde Edwards Talent unglaublich interessant, aber wenn du, wie du sagst, exakt die gleichen Fähigkeiten hast, bin ich natürlich auch an dir interessiert. Du hast mir einmal deine Fähigkeit demonstriert.’ „Und ich kann es immer wieder tun“, antwortete ich, um ihm zu zeigen, dass meine Kräfte noch immer exzellent waren.

Edward und Bella kamen langsam auf mich zu. Ich war mich in Edwards Arme und er strich mir das Haar aus der Stirn. „Mach’s gut, Faye.“

„Pass mir bitte auf Andrew auf, Edward. Ich lasse ihn nur ungern allein.“

„Mach ich.“

„Soll das dein Ernst sein?“, fragte Bella. Ich sah sie entschuldigend an, aber dann lächelte sie. „Jetzt muss ich wohl mit Edward jagen gehen…“ Sie seufzte und fing einen bösen Blick von Edward ein. „So schlimm bin ich echt nicht!“ Ich musste auch lächeln, doch schon kamen mir die Zweifel.

Rosalie, Carlisle, Esme, Alice, Emmett, Jasper, Edward und Bella. Meine Familie. Wollte ich sie wirklich verlassen? Konnte ich sie überhaupt verlassen? Ein Blick auf Glenn, der mich stumm ansah, genügte, um die Antwort zu kennen. Manchmal entschied sich das Herz einfach anders als die Vernunft.

„Lasst uns aufbrechen“, sagte Aro und ging Richtung Tür. Ich ging an Glenn vorbei und nahm seine Hand. „Warum tust du das?“, flüsterte er. „Weil ich dich liebe.“
 

Der nächste Morgen war regnerisch, als wir Volterra erreichten. Hier würde ich von nun an leben, ging es mir durch den Kopf, als ich mit Glenn aus dem Auto stieg. Ich zog die Kapuze des Umhangs ein wenig weiter ins Gesicht und hielt mich nah an seiner Seite. Solange er bei mir war, würde alles gut werden. Da war ich mir sicher.

Er hielt meine Hand fest in seiner, als wir wenige Minuten später die Eingangshalle betraten. Aro und Marcus schritten uns voran, Jane und Alec bildeten das Schlusslicht. Neben uns gingen Demetri und Felix. Wir waren eingekesselt.

Wir betraten den kreisrunden Raum, in dem Gäste empfangen wurden und mir lief eine kalte Gänsehaut über den Rücken bei dem Gedanken, hier zu leben.

„Caius wird eure Erinnerungen geringfügig verändern“, sagte Aro gelassen. „Ihr versteht, eine kleine Vorsichtsmaßnahme. Mehr nicht…“ Ich schluckte. Sie wollten meine Erinnerungen?

Ich musste seufzen. Wenigstens würde es dann leichter werden, wenn sie die Erinnerungen an meine Familie löschten. Ich schloss noch einmal die Augen, um ein letztes Mal meine Familie vor mir zu sehen.

Als letztes sah ich Edward. Mein Bruder. Der, auf den ich immer hatte zählen können. Der mich immer unterstützte und mit dem ich alles anstellen konnte. Dabei war es egal gewesen, ob wir heimlich illegale Autorennen besuchten, was Carlisle dann doch erfuhr, oder ob wir einfach faulenzten und in der Sonne um die Wette glänzten, weil wir wegen dem guten Wetter sowieso nicht zur Schule konnten.

Aber ich hatte eine Entscheidung getroffen. Für Glenn und gegen ihn und nun würden sie meine Erinnerungen an ihn löschen, so wie sie bereits Glenns Erinnerungen einmal gelöscht hatten. Ich würde ihn nie wieder sehen.
 

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Also, erstmal ein ganz großes Danke an alle, die diese FF bis jetzt verfolgt haben und nein, das ist noch nicht das Ende. Ich kann noch nicht genau sagen, wie viel noch kommt, aber es wird noch etwas kommen! Die ein oder andere Idee habe ich noch, die rein muss... ^.-

Verloren

Zitternd saß ich auf dem Bett, das in dem Zimmer stand, dass man mir und Glenn zugewiesen hatte. Glenn duschte gerade, er hatte kaum Erinnerungen behalten dürfen, nur eines wusste er, dass wir Gefährten waren.

Aber irgendetwas war bei mir falsch gelaufen. Noch immer hatte ich Edwards Bild vor Augen. Edwards Bild, Carlisles, Bellas, Esmes und das meiner anderen Familienmitglieder. Warum hatte ich meine Erinnerungen nicht verloren? Warum sah ich sie noch?

Vor Aro hatte ich einen verwirrten Blick aufgesetzt – was ich ja auch war – und so getan, als hätte auch ich meine Erinnerungen verloren. Es war erstaunlich gewesen, wie leicht es mir fiel, mich seinen Fähigkeiten zu widersetzen. Er hatte meine Hand genommen, aber ich hatte alles abschirmen können. Wirklich alles… was war los?

„Was ist los?“, fragte Glenn und erst jetzt bemerkte ich, dass er schon eine ganze Weile vor mir stand. „N… nichts, ich denk nur nach“, lächelte ich, küsste ihn. „Ich wüsste gern, wer ich bin“, sagte Glenn leise, als er sich neben mich setzte und einen Arm um mich legte. Ich legte meinen Kopf an seine Schulter. „Vielleicht sollten wir froh darüber sein“, murmelte ich. „Es täte wahrscheinlich nur weh, zu wissen, wen wir hinter uns gelassen haben…“ „Gut möglich.“ Ich seufzte und setzte mich auf seinen Schoß, vergrub mein Gesicht in seiner Halsgrube. „Hey, was ist denn los?“, fragte er mit seiner Samtstimme und pustete mir durchs Haar. „Ich weiß nicht… irgendwie war es mir zuwider einen Menschen zu töten“, flüsterte ich so leise, dass wirklich nur er es hören konnte. Allein bei dem Gedanken daran, dass ich den Kampf gegen das Monster in mir vor wenigen Stunden verloren hatte, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ja, ich hatte einen Menschen getötet. Ich hatte mein ganzes bisheriges Vampirleben mit Füßen getreten. Meine ganze Enthaltsamkeit und alles, was ich einst von Carlisle gelernt hatte. Ich hatte einen Menschen getötet…

Ich wand mich aus seinen Armen und wartete nicht darauf, dass Glenn antwortete. Mit einer inneren Zerrissenheit ging ich ins Bad und stieg selbst unter die Dusche. Langsam lockerte das heiße Wasser meine Muskeln und als ich pitschnass nach einem Handtuch griff, warf ich einen langen Blick in den Spiegel. Ekel stieg in mir auf, als ich das kräftige Rot sah. Ein weiterer Beweis, dass man nicht gegen Alice wetten sollte. Sie hatte nun einmal immer Recht…

Ich war endlich mit Glenn vereint, aber welchen Preis hatte ich dafür zahlen müssen? Nicht nur meine Familie hatte ich aufgegeben, auch meinen Glauben. Ein Mensch war für mich gestorben… weil ich sein Blut brauchte.

Ich sah in meine roten Augen und hatte nur ein Wort im Kopf. Monster.

Fehlendes Puzzleteil

Stumm saß Bella auf der neuen schwarzen Ledercouch und starrte seit Stunden auf einen Punkt an der Wand. Mit jeder verstrichenen Minute wurde es ihr bewusster, dass Faye nicht mehr da war. Sie würde nicht wiederkommen. Warum hatte niemand Bella gesagt, dass die Volturi die Erinnerungen an das alte Leben bei neuen Wachen löschten? Bella hätte Faye doch aufgehalten, wenn sie es nur gewusst hätte…

Nie wieder würde sie mit Faye jagen gehen können. Nie wieder würden sie gemeinsam Edward ärgern können. Nie wieder würden sie irgendetwas miteinander tun.

„Verdammte Scheiße!“, brüllte Bella und stand auf, um zu verschwinden. Niemand hielt sie auf, als sie aus dem Haus stürmte und im Wald verschwand. Sie lief, um sich abzuregen und stürzte sich irgendwann auf ein wehrloses Reh. Das Blut stillte ihre Wut jedoch nicht im Geringsten. Tränenlose Schluchzer ließen ihren Körper erschüttern, als sie sich neben das tote und ausgesaugte Reh legte.

Warum war Faye nur gegangen?
 

Edward schloss für einen Moment die Augen, als er Bella schreien hörte. Er hatte Angst um sie, wie er immer um sie Angst hatte, aber heute mehr als jemals zuvor. Faye und sie waren sich so nahe gewesen… sie hatte noch nie einen vergleichbaren Verlust erlitten.

Aber hatte er das schon? Wie, um sich selbst die Frage zu beantworten, schüttelte er leicht mit dem Kopf. Nach hundert Jahren hatte er nicht nur jemanden gefunden, den er mehr über alles liebte, nein, wenig später hatte auch noch jemanden gefunden, der ihm in kürzester Zeit wahnsinnig wichtig geworden war. Sie war seine Verwandte gewesen und sie hatten sich blind verstanden. Sie waren sich näher gewesen als normale Geschwister… Und beinah hundert Jahre später… hatte er sie wieder verloren.

Oft war er mit ihr zu illegalen Autorennen gegangen, gemeinsam mit Rosalie. Zu dritt hatten sie wahnsinnigen Spaß gehabt, hatten gewettet und waren irgendwann auch selbst gefahren, wobei sie so gut wie jedes Rennen gewannen. Wenn sie gegeneinander fuhren, hatte oft Rose gewonnen… Nie wieder würden sie alle drei gegeneinander fahren.

Edward war sich sicher, dass sie für eine lange Zeit nicht zu solchen Rennen gehen würden.

Er wandte sich vom Fenster ab, aus dem er all die Zeit hinaus gestarrt hatte und ging runter in die Garage, um sich in seinen Wagen zu setzen. Er startete den Motor und fuhr los. Es war ihm eigentlich egal, wohin er fuhr, Hauptsache er fuhr. Erst, als er wusste, dass er weit genug weg war, schrie er. Er drückte das Gaspedal durch, die Tachonadel sprang hoch und er schrie. Er schrie all seine Verzweiflung hinaus und bremste dann abrupt.

Seine kleine Schwester war fort und er würde sie wahrscheinlich nie wieder sehen.
 

Esme saß in der eigentlich unnützen Küche. Das letzte Mal hatte sie sie gebraucht, als Faye zu ihnen gezogen war. Obwohl sich die Einrichtung mittlerweile verändert hatte, erinnerte alles an sie. Ihr Duft lag in der Luft…

Faye war immer anders gewesen, als Esmes andere Kinder. Von jedem ihrer Kinder wurde sie Mum genannt, nur von Faye nie. Faye hatte einfach gesagt, beide Menschen, die sie je Mum genannt hatte, seien nun tot und sie wolle Esme niemals verlieren. Esme hatte gewusst, dass es eine glatte Lüge gewesen war und Faye hatte gewusst, dass Esme es gewusst hatte. In Wahrheit hatte Faye sich zwar geliebt und akzeptiert in der Familie gefühlt, aber letztendlich traute sie sich nicht, zu glauben, dass sie wieder Eltern hatte, denn zuvor war sie immer irgendwann verletzt worden wegen ihren Eltern. Obwohl sie doch wusste, dass Vampire so gut wie unsterblich waren, hatte sie Angst gehabt, sie alle zu verlieren. Und nun hatte Faye ihre Familie losgelassen…

Sie war gegangen.

Carlisle nahm sie in den Arm und strich ihr durchs Haar. Keiner von beiden sagte ein Wort, zu unbegreiflich war das Geschehene. Nie wieder würde der Lärm ihrer Kinder so unbeschwert durchs Haus hallen wie früher. Ohne Faye fehlte etwas.

Esme legte ihren Kopf an Carlisles Brust und obwohl sie Faye alles Gute der Welt wünschte, war es für sie unbegreiflich. Sie hatte wieder ein Kind verloren. Doch dieses Mal hatte sie wenigstens einen Halt. Carlisle küsste ihr Haar und flüsterte: „Es wird ihr gut gehen. Sie hat endlich das, was sie in letzter Zeit so traurig machte, gefunden und hat ihre Erinnerungen an uns nicht mehr. Wir sollten uns für sie freuen.“ Esme nickte schwach. Ja, das sollte sie. Sie hatte immer gewusst, dass ihre Kinder sie irgendwann verlassen könnten, aber so schnell hatte sie nicht damit gerechnet. So schnell hatte sie nicht loslassen können…
 

Rosalie lag in Emmetts Armen und gemeinsam saßen sie auf der Fensterbank. Sie hatten erst Bella schreien hören, dann war auch noch Edward abgehauen. Keiner von beiden wollte glauben, dass Faye tatsächlich gegangen war. Ihre kleine Schwester…

Emmett lächelte, als er daran dachte, wie er und die anderen Faye verzweifelt beibrachten, ihre Kräfte als Vampir unter Kontrolle zu bringen. Bella hatte sich da wesentlich talentierter angestellt, als wäre sie schon ewig ein Vampir gewesen. Faye hingegen hatte erst einmal jede zweite Tür aus Versehen aus den Angeln gehoben. In der Zeit hatten sie mindestens drei Mal wöchentlich beim Schreiner anrufen müssen, bis sie es schließlich aufgaben und nur noch die nötigsten Türen bestellten. Erst, als Faye sich kontrollieren konnte, hatten sie die restlichen Türen ersetzt.

Rosalie lächelte auch. Sie dachte an das Gleiche. Als Faye auftauchte, war sie zuerst skeptisch gewesen, aber bald hatten sie und Faye sich angefreundet. Nun war sie weg. Und sie würde nie wieder kommen.

Nie wieder…

„Heißt es nicht, man trifft sich immer zwei Mal?“, fragte Emmett, weil er wusste, was Rosalie dachte. „Emmett, denkst du wirklich, die Volturi lassen sie wieder gehen? Jeder weiß doch, dass es kein Zurück gibt.“ Emmett strich Rosalie beruhigend über den Rücken. „Ich glaube daran, dass wir uns wieder sehen. Irgendwann, ich meine, wir haben Zeit bis in die Ewigkeit.“ „Glaubst du das wirklich?“, fragte Rosalie leise. „Ich hoffe es zumindest…“
 

Alice saß verkrampft auf ihrem Bett und versuchte eine Vision zu bekommen. Sie wollte unbedingt sehen, dass Faye und Glenn zurückkehrten. Aber nichts kam. Die nächsten Jahre waren leer.

Sie wusste nicht einmal, wie sie diesen einen Tag überstehen sollte. Wie sollte sie da die Ewigkeit überstehen? Sie war ein Vampir und die als Vampir entstandenen Erinnerungen verschwanden nicht so einfach. Sie vermisste Faye jetzt schon. Sie versuchte sich einzureden, sie wäre nur im Urlaub, aber das war unmöglich. Alice hatte noch nie gut sich selbst etwas vormachen können. Das war einfach unmöglich für sie… Wenn Faye im Urlaub wäre, hätte es sich einfach anders angefühlt. Es hätte nicht so wehgetan. Wenn Faye im Urlaub wäre, hätte Alice nur tagtäglich ungeduldig auf ihre Rückkehr gewartet, aber so… Wenn sie wenigstens wüsste, dass Faye irgendwann wiederkommen würde. Aber das würde sie nicht… Aro würde sie nie gehen lassen.

Faye war fort.
 

Jasper saß in Fayes Zimmer. Es war leer ohne sie. Er musste sich unweigerlich fragen, was geschehen wäre, wenn Glenn nie aufgetaucht wäre. Wahrscheinlich wäre Faye noch immer unglücklich.

Nie hätte er gedacht, dass ihm diese kleine Besserwisserin so ans Herz wachsen konnte. Am Anfang waren er und Rosalie reichlich kritisch ihr gegenüber gewesen. Eines Nachts, als die halbe Familie jagen war und der Rest anderweitig zu tun hatte, hatte Jasper tapsende Schritte im Erdgeschoss gehört und war auf eine ziemlich verschlafene Faye gestoßen…
 

„Was machst du denn hier?“, fragte Jasper verwirrt und musterte sie. „Kann nicht schlafen“, meinte sie, setzte sich an den Tisch, schlug eine Zeitschrift auf. „Glaube nicht, dass du das verstehst. Ist ein wissenschaftliches Magazin“, machte er sie darauf aufmerksam, was sie überhaupt las, aber es schien ihr egal zu sein. „Wieso nicht verstehen? Das ist doch leicht.“ Jasper zog eine Augenbraue hoch und lächelte ganz unbewusst sein unwiderstehliches Lächeln. Als ihr Blick seicht wurde, musste er lachen. „Sorry, ich hab für einen Moment vergessen, dass du ein Mensch bist.“ Er achtete darauf, einen schlichten Blick aufzusetzen und setzte sich an das andere Ende des Tisches. Er wollte ihr lieber nicht zu nahe kommen.

„Du findest es also einfach?“, hakte er nach. „Ja, was soll daran schwer sein?“ Er zuckte mit der Schulter. „Die meisten Menschen, vor allem in deinem Alter, haben davon keine Ahnung.“ „Tja, ich bin halt ein wenig anders“, murmelte sie und blätterte nach und nach die Seiten um. „Edward erwähnte einmal, dass du ziemlich gelangweilt vom normalen Unterricht wärest.“ „Hat er dir auch gesagt, warum?“ Jasper schüttelte den Kopf. „Ich bin hochbegabt, eigentlich sogar höchstbegabt. Mein IQ liegt bei 159.“ Jaspers Kinnlade klappte unkontrolliert nach unten. „Mund zu, es zieht“, meinte Faye gelangweilt, während sie weiter blätterte. „Und… dann gehst du auf eine Schule wie in Forks?!“, stammelte Jasper und konnte es nur schwer glauben. „Na ja, ich muss mich ja irgendwie nach den Möglichkeiten richten. Ich bildete mich zuhause weiter und seitdem ich hier lebe, bringt mir Edward sehr viel bei. Er fängt einfach an, mir etwas zu erzählen.“ Jasper runzelte die Stirn. Dass ihm das einfach so entgangen war… doch wenn er darüber nachdachte, war es schon auffällig, wie schnell sie lernte und verstand.

„Aber du schaffst es partout nicht, Klavier zu lernen?“ Sie seufzte. „Nein, irgendwie nicht.“

Jasper konnte nicht anders, als lächeln. Sie schien doch recht interessant zu sein. „Du solltest jetzt aber wirklich schlafen, Faye.“ „Ich sagte doch, ich kann nicht. Ich bin zwar total müde, aber irgendwie…“ Wieder lächelte Jasper. „Lass mir dir einen Rat geben, schlafe, solange du es noch kannst. Denn Nächte können sehr lang sein, wenn man nicht schläft.“
 

Jasper stützte das Gesicht in die Hände. Faye hatte lange Nächte mit tausend Fragen verkürzt. Immer, wenn sie etwas nicht verstand, fragte sie sofort und ließ nicht locker, bis sie alles bis ins letzte Detail wusste. Es kam ihm unnatürlich vor, dass sie ihn nie wieder etwas fragen würde.

Aber so war es.

Faye war gegangen.

Eine perfekte Rolle

Ich seufzte, als mein Blick auf den Kalender fiel. 3. April. Er hatte für mich jedes Jahr eine besondere Bedeutung, auch wenn das hier niemanden interessierte. Ich hatte niemandem davon erzählt, nicht einmal Glenn, und jedes Jahr wurde es schwerer, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Dieses Jahr war es schwerer, als je zuvor.

„Faye, Aro möchte dich sehen“, hörte ich Janes klare Stimme und ich drehte mich um. Wenn man davon absah, dass sie eine widerliche Sadistin war, war sie eigentlich ganz okay. Ich verstand mich ganz gut mit ihr, obwohl es sie ständig aufregte, dass ihre Kräfte bei Glenn nicht funktionierten. Ich überhörte ihre Beschwerden dann einfach.

Ich nickte geistesabwesend und lächelte. Wie froh war ich doch, dass ich meine Rolle so perfekt beherrschte. Allen konnte ich die heile Welt vorspielen, selbst Aro. Glenn war nur zu Beginn besorgt gewesen und es tat mir so weh, ihm etwas vorzuspielen, aber er durfte nichts erfahren. Ich konnte meine Gedanken aus irgendeinem Grund vor Aro abschirmen, aber Glenn war dazu nicht in der Lage. Aro würde erfahren, dass ich mich an alles erinnerte. Das durfte er aber nicht. Er würde alles versuchen, um mir eine Erinnerung doch noch zu nehmen.

„Was ist los?“, fragte Jane. „Nichts, ich war nur eben ein wenig in Gedanken“, antwortete meine Rolle. Jane machte bloß „ah“ und die Rolle hatte wieder überzeugt. Manchmal war sie sogar so überzeugend, dass ich selbst daran glaubte.

Jane bog ab und ich ging weiter den langen Gang entlang. Ich hätte mich hier blind zu Recht gefunden, aber mein Zuhause war es noch lange nicht und das würde es auch nie werden. Mein Zuhause war meine Heimat. Die Heimat war dort, wo das Herz war. Und mein Herz war zu 88,89 % in einem alten, anmutigen Haus, in dem die wunderbarsten Vampire lebten, die ich kannte.

Carlisle. Der Mann, dem ich mein Dasein verdankte.

Esme. Die Frau, deren Stimme mich immer aufmunterte.

Edward. Mein liebster Bruder.

Bella. Meine beste Freundin.

Jasper. Der genialste Gesprächspartner, den man finden konnte.

Alice. Der quirligste Vampir der Welt.

Emmett. Der stärkste Beschützer, den man sich wünschen konnte.

Rosalie. Das Vampirmädchen, das den größtmöglichsten Sturkopf hatte.

Wie sollte ich hier je glücklich werden?

Er kam aus einer Tür und lächelte mir zu, während er aufgeregt mit Demetri diskutierte. Ich lächelte zurück und streifte seinen Arm, als wir aneinander vorbeigingen. Demetri hatte dafür nur ein müdes Kopfschütteln übrig, aber ich hörte Glenn flüstern: „Bis heute Abend.“

Ja, okay, es gab diese glücklichen Momente. Es gab Momente, in denen Glenn mich meinen Kummer vergessen ließ. Aber sie waren rar. Es gab Tage, an denen wir getrennt wurden, weil Aro mich einspannte oder Glenn mit Demetri, Felix oder Alec raus musste.

Mit raus, war gemeint, dass er dafür zu sorgen hatte, dass die Gesetze eingehalten wurden. Glenn musste andere Vampire töten, wenn sie unser aller Existenz in Gefahr brachten.

An solchen Tagen fiel es mir schwer, meine Rolle zu spielen. Ich machte mir die ganze Zeit über Sorgen und meist entließ Aro mich frühzeitig, weil ich mit meinen Gedanken völlig bei Glenn war. Ich war dann nutzlos für ihn. Aber er verstand es. Oft lächelte er dann gütig.

Ich erreichte eine goldene Tür, atmete tief durch und klopfte. „Komm herein, Liebes“, hörte ich eine ruhige Stimme aus dem Inneren des Raumes hinter der Tür. Ich drückte die schwere Klinke runter und betrat den abgedunkelten Raum. Die Fenster waren hinter schweren Vorhängen verborgen und an den bordeauxroten Wänden standen vereinzelt Kerzen. Meine Schritte hallten, als ich über den Granitboden ging.

„Faye, Liebes, wie schön dich zu sehen“, sagte der mächtige Vampir, auf seinem Thron sitzend. Seine papierartige Haut war heute besonders durchscheinend und seine Augen wirkten gar ein wenig trüb. Ich hatte mich damals vor so vielen Jahren geirrt. Er jagte mir keine Furcht mehr ein. Ich hatte mich tatsächlich daran gewöhnt, auch wenn er sich in den letzten fünfzig Jahren sehr verändert hatte. Er war ruhig geworden.

„Wie geht es dir, Aro?“, fragte ich und betrat nun den dunkelroten Teppich, schritt ihn entlang, blieb einige Meter vorm Thron entfernt stehen. „Das weißt du doch“, lächelte er und schloss für einen Moment die Augen. Ich senkte den Blick. „Es geht dir in letzter Zeit immer schlechter“, sagte ich und Aro hielt den Blick auf mich gerichtet. „Komm doch bitte her, Faye. Setz dich zu mir.“ Er hob die Hand und machte eine ausladende Geste zu dem Stuhl, der wenige Meter vom Thron entfernt stand.

Ich stieg die drei Stufen hoch, war nun mit Aro auf Augenhöhe, setzte mich.

„Sieh mich an.“ Ich hob den Kopf und sah in seine kalten, roten Augen. Noch immer konnte ich es nicht glauben, dass meine Augen ebenso rot waren. Das alles war wie ein böser Traum, aus dem ich aufwachen wollte. Aber ich wachte nicht auf. Weil ich nicht träumen konnte. Nur wenn Glenn mich mitnahm.

Mir entglitt ein Seufzer, als ich an die letzte Nacht dachte. Glenn hatte mich ans Meer gebracht und gemeinsam hatten wir am Strand gelegen. Das war einer der Momente gewesen, in denen ich glücklich gewesen war.

„Woran denkst du?“, wollte Aro wissen. Ich lächelte. „Glenn und ich waren letzte Nacht in der Karibik.“ Aro nickte. Er wusste, dass Glenn mich oft mitnahm. „Caius schickte ihn vor einer Woche dorthin. Es hat ihm dort scheinbar gut gefallen, auch wenn er nur nachts raus konnte. Dort scheint die Sonne sehr häufig.“ „Ich weiß.“ Aro schlug sich mit der Stirn leicht gegen die Stirn. „Stimmt ja. Ich habe vergessen, dass du ein Genie bist.“ „Genie finde ich nun wirklich nicht die richtige Bezeichnung…“ Er legte den Kopf ein wenig schief. Es sah leicht albern aus, wie dieser mächtige Vampir, der sich in letzter Zeit unerwartet träge fühlte, so tat, als verstände er etwas nicht ganz. Vor allem wenn man seine Gedanken kannte.

„Faye, weißt du eigentlich, wie schön es ist, mit dir zusammen zu sein?“, erkundigte sich Aro. „Es ist sehr interessant, sich mit jemandem zu unterhalten, den man nichts vormachen kann. Deine Gabe ist wirklich wunderbar…“

Ich hörte aufmerksam zu, während er über meine Fähigkeit sprach. Er erwünschte meine Anwesenheit so oft es möglich war. Ich faszinierte ihn, doch ich fühlte mich nicht dadurch geehrt. Ich war ja nicht einzigartig deswegen. Edward hatte ja auch…

Ich erstarrte, als ich an ihn dachte. Es tat weh.

„Ist etwas?“

Ich atmete tief durch und sah Aro wieder an. „Nein, es ist nichts“, antwortete wieder die perfekte Rolle.

Einfach verdrängen… einfach wieder die Gedanken unter Kontrolle bringen… nicht an ihn denken. Bloß nicht an ihn denken…

„Faye, du siehst auf einmal so abgelenkt aus?“, lenkte Aro mich davon ab, mich zu konzentrieren.

Nicht an ihn denken…

Mit aller Gewalt zwang ich meine Gedanken in eine andere Richtung. Ich dachte an Glenn und die letzte atemberaubende Nacht. Dachte an das Rauschen der Wellen. Den Sand unter meinen nackten Füßen. Den runden Mond, der sich auf dem Wasser spiegelte. Glenns Duft, der sich mit dem des Meeres vermischte. Glenns starke Arme, die mich sicher hielten, während wir den Mond betrachteten. Den sternenklaren Himmel, über den Sternschnuppen huschten. Den Steg aus Holz, auf dem wir saßen, dessen Füße vom Wasser umspielt wurden.

An das Geschenk, dass er mir, ohne es zu wissen, damit gemacht hatte.

„Faye? Geht es dir gut?“

Ich erschrak. Aro hatte sich erhoben und hockte vor mir. Verwirrt sah ich ihn einige Sekunden an, bis ich aus seinen Gedanken vernahm, dass ich wohl völlig weggetreten gewesen war und er sich Sorgen gemacht hatte.

„Ja, ich war nur in Gedanken gewesen…“

Er zog die fein geschwungenen Augenbrauen hoch. „Darf ich?“ Ich nickte. Aro nahm meine Hand und ich zeigte ihm die Bilder von letzter Nacht. Den Rest konnte ich verbergen.

Aro fragte immer, ob er mich berühren durfte. Es gehörte zu seinem kleinen Spielchen. Er wollte nicht nur, dass jemand voll und ganz verstand, was in ihm vorging. Er wollte auch, dass jemand für ihn ein Geheimnis blieb und so fragte er nur äußerst selten nach Einsicht in meine Gedankenwelt. Ich verwehrte es nie.

Aro warf einen Blick auf die gewaltige Uhr – als ob Zeit für Unsterbliche eine Rolle spielen würde. „Es ist schon reichlich spät, Liebes…“ Dann lachte er auf und setzte sich zurück in seinen Thron. Er konnte mir nichts mehr vormachen. Es ging ihm schlecht. Irgendetwas war mit ihm…

„Wie schnell die Zeit doch vergeht, wenn man sich amüsiert, nicht wahr?“ Ich nickte bloß. Keiner von uns beiden hatte sich sonderlich amüsiert. Aro mochte einfach nur die Gesellschaft, die ich ihm leistete. „Du solltest nun wirklich gehen, Faye. Richte Glenn meine Grüße aus und lass dich doch bitte wieder von ihm entführen. Du bist dann immer so entspannt am nächsten Tag.“ Ich stand auf und begab mich auf den Weg zur Tür. „Bis Morgen, Aro“, sagte ich still, gerade laut genug, dass er es hörte. Ich war bereits im Begriff, die Tür zu öffnen, als er wieder die Stimme erhob. „Marcus sagte mir, du hättest ein Geheimnis vor Glenn. Er sagte, er hätte es an eurer Beziehung gesehen.“ Ich harrte einen Moment aus und drehte mich dann um. „Gott behüte mich davor, an Marcus Fähigkeiten zu zweifeln, aber ich habe keine Geheimnisse vor Glenn.“ Ja, meine Rolle war perfekt…

Aro schien ein wenig beruhigt und sagte: „Gut, dann wünsche ich dir schöne Träume.“ „Vielen Dank, Aro.“ Ich verließ eilig den Raum und ging die langen Flure entlang zurück in Glenns und mein Zimmer.

Er war noch nicht da und so ließ ich mich aufs Bett fallen. Ich streckte die Arme aus und sah wieder auf den Kalender. Trotz der Dunkelheit erkannte ich das Datum noch immer klar.

Mein Herz wurde schwer und ich sah wieder Edwards Bild vor mir.

An diesem Tag im Jahr, sah ich ihn besonders oft vor mir. Dann schob sich ein brauner Haarschopf in mein Sichtfeld und Bella musterte mich aus goldenen Augen. Ich verspürte ein Kratzen im Hals und setzte mich langsam auf. Sah mich um. Sah Carlisle, der lächelnd an der Tür stand. Esme, die erleichtert am Bettrand saß. Die Tür ging auf und Alice’ schwarzer Haarschopf erschien. Dicht gefolgt von Rosalies blonder Mähne. Als nächstes kam Emmett rein und kam mit Alice direkt auf mich zu und nahm mich in seine starken Arme zur Begrüßung. Jasper folgte, noch ein wenig zurückhaltend, dann strahlend und er warf sich zu Edward, Bella, Alice, Rosalie, Emmett und mir aufs Bett. Das Bett brach fast zusammen und Carlisle ging zu Esme, legte seine Hände auf ihre Schultern und sie lächelten. Waren nicht eben noch Schmerzen da gewesen? Hatte ich mir nicht eben noch gewünscht, tot zu sein? Wo waren sie hin? Hier gab es keine Sorgen. Hier war alles schön. Hier war ich zuhause. Hier hatte ich meine Familie.

Der 3. April war der Tag meines Erwachens gewesen. Ostern. Heute vor zweihundert Jahren hatte ich meinen ersten Tag als Vampir erlebt.

„Happy Birthday“, flüsterte ich in die Nacht und mein Brustkorb erzitterte unter den tränenlosen Schluchzern. „Happy Birthday…“
 

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Das nächste Kapitel ist schon fertig, aber ihr kriegt es erst, wenn ich acht Kommentare hab.^^ *lieb schaut* x3

Getrennte Wege werden wieder zu einem

Ui, danke für die ganzen Kommis! <3

Ihr seid super!

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Der Wind spielte mit Bellas Haaren, als sie mitten in den Dünen stand und den Sonnenuntergang beobachtete. Mit der Hand hielt sie ihren Hut fest, damit der Wind ihn nicht davontrug.

„Edward! Nun komm schon! Gleich ist es vorbei!“, rief sie über die Schulter und schon schlangen sich starke, in Hemdsärmel gekleidete Arme um ihren zierlichen Körper. Ein leises Knurren ertönte an ihrem Ohr und sie lachte. „Du jagst mir schon seit ’ner Ewigkeit keine Angst mehr ein, Edward!“ Er schmiegte seinen Kopf an ihre Schulter und schnurrte. „Schade.“

Gemeinsam beobachteten sie den Sonnenuntergang und Bella musste seufzen. „Wunderschön, nicht?“, fragte Edward sie und sie nickte, während sie ihren Kopf leicht zur Seite neigte und auf Edwards abstützte. „Fast schon grausam.“ Er schwieg und überlegte, worüber sie wohl nachdachte.

Warum dachte er überhaupt darüber nach? Er wusste es doch. Heute war dieser Tag. Dieser besondere Tag.

Sie verweilten, bis die Sonne im Meer versunken war und gingen dann langsam zurück in das Haus, das sie seit mehreren Jahren bewohnten. „Spielst du mir Love Me von Yiruma?“, fragte Bella, als sie sich die Schuhe auszog, den Sand abklopfte und Edward bereits Richtung Wohnzimmer ging. Schon hörte sie die gewünschten sanften Töne und lief ihm hinterher. Edward saß wie ein Gott an dem gewaltigen Konzertflügel und spielte eine ruhige Melodie, während sie sich neben ihn setzte und verzaubert seine Hände beobachtete. Als das Stück sich nach ein paar Minuten dem Ende neigte, ging es nahtlos über in Bellas Schlaflied. Manchmal glaubte Bella wirklich, Edward hätte mehr als zwei Hände.

Sie versuchte wirklich nicht an ihre Schwester zu denken, aber gelangen tat es ihr nicht. Sie brauchte nur für einen Moment die Augen zu schließen und sie sah sie. Ihr bronzefarbenes Haar war grob mit dem Haargummi zusammengebunden und einzelne Strähnen hangen heraus. Ihre goldenen Augen lachten einen freundlich an und sie hatte immer dieses verschmitzte Grinsen, wenn sie mit jemandem diskutierte. Sie wusste, dass sie im Recht war, vor allem, wenn sie mit Menschen sprach, doch selbst Carlisle und Jasper hatte sie hin und wieder ohne weiteres in die Tasche gesteckt.

Edward brach abrupt sein Spiel ab und zog sie an sich heran. „Heute ist der 3. April“, murmelte Bella in seinen Pullover. „Wir hatten Fayes Verwandlung extra so geplant, dass sie an Ostern erwachte, weil wir es alle so lustig fanden. Ihre Auferstehung…“ Natürlich wusste Edward das, aber er wusste auch, wie dieser Tag die ganze Familie verändert hatte.

Faye hatte einfach alles auf den Kopf gestellt. Zwei Mal hatte man das Leben der Cullens verändert. Erst Bella. Dann Faye. An beiden war Edward schuld. Doch niemand sah es als Schuld im eigentlichen Sinne. Die beiden waren einfach eine Bereicherung gewesen. Mehr als das. Geschenke Gottes.

Er atmete Bellas verlockenden Duft ein und war froh, dass ihre Gedanken ihm verwehrt blieben. Es war schon schlimm genug, wenn er den Schmerz der anderen mitbekam. Er wollte nicht auch noch Bellas traurige Gedanken hören…

„Wann kommen denn die anderen?“, fragte Bella und riss ihn aus seinen Gedanken. „Ich weiß es nicht“, antwortete er zögerlich und erinnerte sich an den plötzlichen Anruf seines Bruders…
 

Carlisles Mercedes glitt über den Highway, während er mit Esme sprach. Sie strahlte von einem Ohr zum anderen, froh darüber, endlich wieder alle ihre Kinder auf einmal zu sein – fast alle. Eines würde fehlen.

„Es ist schon so lange her, dass wir alle zusammen waren“, plapperte sie munter und Carlisle lächelte. Er hatte sie in der letzten Zeit selten so glücklich erlebt. „Ich hab’s ja von Anfang an geahnt, dass die Familie auseinander bricht, als Emmett und Rose nach Europa reisten, obwohl das ja eigentlich nichts Außergewöhnliches war. Aber als Alice und Jasper nach Denali fuhren… da wusste ich Bescheid, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis auch Edward und Bella ausziehen würden…“ Carlisle nickte. „Und nun sehen wir sie endlich wieder, Carlisle!“ Sie rückte an ihn heran und verhakte ihre Hände in seinem Nacken. „Ja, endlich sind wir alle wieder beisammen.“ Er hielt sich extra zurück. Er wollte sie nicht beunruhigen. Als Alice angerufen hatte, war er erst nicht sonderlich verwundert gewesen, aber er hatte sofort den seltsamen Ton in ihrer Stimme erkannt. Irgendetwas war passiert, da war er sich sicher. Etwas, das seine Tochter völlig durcheinander gebracht hatte, sodass sie sich kaum noch an ihren Namen erinnerte. Was es wohl gewesen war?
 

Rosalie drückte genüsslich das Gaspedal durch und beobachtete die Tachonadel, die immer weiter wanderte. „Du willst wohl echt das letzte aus dem Wagen rausholen, was, Rose?“, lachte Emmett und beobachtete den vergnügten Gesichtsausdruck auf Rosalies Gesicht. „Ach, tu nicht so, als würdest du nicht so schnell wie möglich zu den anderen wollen“, lachte sie bloß und brauchte Emmett gar nicht anzusehen, um zu wissen, dass sie Recht hatte. Trotzdem tat sie es. Er grinste genauso wie sie.

„Aber meinst du nicht, dass Alice aufgeregt klang?“, fragte Emmett und sie zuckte mit den Schultern. „Vergiss nicht, wir sprechen von Alice. Sie ist ständig aufgedreht. Ganz selten, dass sie mal niedergeschlagen…“ Sie verstummte und Emmett und sie hatten das Gefühl, dass ihre Mägen sich gerade krampfhaft zusammengezogen hatten. Genau genommen war Alice eigentlich nur dann niedergeschlagen, wenn es um Faye ging – das wussten beide.

„Heute ist der 3. April“, murmelte Emmett leise und sah aus dem Fenster. Rosalie ging ein wenig vom Gas und nickte betrübt. „Ja, ihr Geburtstag.“ Emmett suchte wieder den Blick seiner Freundin und fand ihn. „Was meinst du? Wie geht es ihr?“ „Ich hoffe, dass es ihr gut geht und ich glaube, das tut es auch. Sie ist jetzt mit Glenn zusammen und irgendwie…“ Sie seufzte. Konnte den Satz nicht beenden. „…und irgendwie hätten wir uns alle wie sie entschieden. Wir hätten uns alle für unseren Gefährten entschieden“, fuhr Emmett zögerlich fort. Rosalie nickte und sah ihn an. Keine Frage, sie hätte sich für Emmett entschieden, schließlich war er ihr ein und alles. Sie liebte ihre Familie, aber Emmett… sie hatte immerhin beschlossen, die Ewigkeit mit ihm zu verbringen, als sie Carlisle gebeten hatte, ihn zu verwandeln – und sie hatte es bis heute nicht bereut.
 

Alice trommelte die ganze Zeit über auf der Armlehne herum, während Jasper sie vergnügt beobachtete. „Wann sind wir da?“, fragte sie zum tausendsten Mal und er lachte. „Das müsstest du doch besser wissen als ich. Du kannst doch in die Zukunft sehen.“ Sie murrte ein Weilchen vor sich hin, trommelte weiter.

Jasper beobachtete nur mit einem Auge die Straße, das andere Auge erfasste Alice. Er liebte es, wenn sie ungeduldig auf der Unterlippe rumkaute. Er beugte sich zu ihr rüber und küsste sie. „Guck auf die Straße, Jazz“, nuschelte sie in den Kuss herein und ließ sich dann doch darauf ein. Als sie sich nach endlosen Sekunden voneinander lösten, lächelte sie und hatte aufgehört zu trommeln, aber Jasper wusste, dass es einzig eine Frage der Zeit war, bis sie wieder damit begann.

„Warum hast du es eigentlich so eilig, zu Edward und Bella zu kommen?“, erkundigte er sich und sah wieder auf die Straße. Er verstand nicht, warum sie so viel Wirbel darum machte. Plötzlich hatte sie zu ihrem Handy gegriffen, Carlisle und Rosalie angerufen und gesagt, sie würden sich bei Bella und Edward treffen. Jasper hatte daraufhin auch Edward verständigt, da Alice wohl nicht der Meinung war, man müsse die beiden informieren, dass einen Tag später ein Familientreffen bei ihnen stattfinden würde. Im Moment machte sie ihn sogar so hibbelig, dass er sie nicht einmal beruhigen konnte.

„Das erfährst du, wenn wir da sind“, sagte Alice aufgeregt und begann wieder mit dem Trommeln und auf der Unterlippe rumkauen. „Ich will’s aber jetzt wissen“, nörgelte er verspielt und nahm ihr noch einen Kuss ab. „Jazz, ich bin nicht erpressbar“, tadelte sie lachend. „Sicher?“ Er küsste sie wieder. „Sicher.“ Sie richtete seinen Kopf und somit seinen Blick entschieden wieder auf die Straße.

„Darf ich wenigstens raten?“, quengelte er. „Darauf kommst du sowieso nicht.“ „Also darf ich?“ Sie seufzte. „Also… es geht um Werwölfe, die wir in naher Zukunft platt machen dürfen?“ Jaspers Augen sprühten bereits vor Begeisterung, aber er hatte sich zu früh gefreut, als seine zierliche Freundin den Kopf schüttelte. Die nächste halbe Stunde verbrachte er mit raten, als auch schon eine schmale Auffahrt erschien, in die er einbog.

Alice drückte ihre Nase an die Scheibe und staunte. „Wow! Sag mal, Jasper, warum haben wir Bella und Edward in den letzten fünfzig Jahren hier eigentlich noch nicht besucht?“ „Weil sie immer zu uns kamen“, erklärte Jasper und rollte leicht mit den Augen, woraufhin er einen Ellenbogen zwischen den Rippen sitzen hatte. „Hey, sei nicht so grob zu deinem Mann!“, schimpfte er breit grinsend und sie schob die Unterlippe vor. „Oh, das tut mir aber Leid, wenn ich dem großen Vampir Jasper Whitlock Hale aua gemacht habe“, sagte sie mit Babystimme, doch Jasper ging nicht mehr darauf ein. Er parkte den Wagen geschmeidig zwischen einem silbernen Mercedes und einem pinken Ferrari. „Wie hat Rose Emmett denn darein bekommen?“, fragte Alice geschockt, als sie nebeneinander stehend den Ferrari betrachteten und sie Jaspers Kiefer wieder hochschob. „Keine Ahnung… ein weiterer Beweis dafür, dass er alles für sie tun würde…“, stammelte Jasper und wusste, dass er für Alice das gleiche tun würde – auch wenn Alice das nie von ihm verlangen würde und er wahrscheinlich Mühe gehabt hätte, nicht ohne Punkt und Komma über den Wagen herzuziehen. Im Moment hatte er jede Menge Respekt vor seinem Bruder.

Jasper legte einen Arm um Alice’ Schulter und sie gingen noch ein wenig sprachlos zur Haustür. Anerkennend besahen sie noch einmal die aufwendige Fassade des Hauses, das im achtzehnten Jahrhundert gebaut worden war. Sie hörten bereits das Rauschen des Meeres, das sich auf der anderen Seite des Hauses, hinter den Dünen, verbarg.

Jasper bediente den Türklopfer und Sekunden später warf sich ihm ein brauner Haarschopf an den Hals. „Hallo, Jasper!“, rief Bella glücklich und umarmte danach Alice. „Kommt rein, die anderen sind bereits da“, blubberte sie drauf los und zog die beiden ins Haus. Die Tür fiel hinter ihnen schwer ins Schloss und sie hörten bereits Stimmen aus dem hinteren Teil des Hauses.

Schließlich betraten sie einen großen Raum mit einer Fensterfront, die den Blick aufs Meer freigab. Auf einem Podium stand ein gewaltiger, nachtschwarzer Konzertflügel, um den die Familie herumstand. Ein Gefühl von Heimat keimte in Jasper auf und er lächelte, als er seine Familie sah. Alles hier erinnerte an das Haus in Forks.

„Also“, sagte Rosalie nach der Begrüßung und klang sogar schon ein wenig ungeduldig, „wieso hast du uns hierher geholt?“ Alice lächelte geheimnisvoll und flüsterte: „Ich hatte eine Vision und ihr werdet nie darauf kommen, was ich sah.“ Sieben goldene Augenpaare richteten sich auf das Vampirmädchen, das scheinbar völlig unschuldig war. Alice strahle weiter und Edwards Augen wurden groß. Scheinbar sah er in Alice’ Gedanken, was sie gesehen hatte.

Alice zögerte noch ein paar Momente, um ihre Geschwister und Eltern auf die Folter zu spannen, dann ließ sie die Bombe platzen: „Glenn kommt wieder.“

Kontrollverlust

„Aber wie ist das möglich?“, fragte Esme und sah Alice fassungslos an. „Glaubt es oder glaubt es nicht, ich habe es gesehen. Und es dauert gar nicht mehr so lange, bis er hier ist!“, strahlte Alice und betrachtete vergnügt die Gesichter ihrer Familie.

„Carlisle, möchtest du den anderen nicht etwas sagen?“, fragte Edward knurrend. Alle Augen richteten sich auf Carlisle, in dessen Kopf es sichtbar ratterte. „Carlisle!“, ermahnte Edward seinen Ziehvater und durchbohrte ihn mit dem Blick. „Ja, gut, Aro hat seinen Besuch angekündigt“, gestand Carlisle möglichst schnell, um es hinter sich zu bringen. „Aro kommt?“, fragte Bella leise. „Warum?“ „Ich weiß es nicht, Bella. Ich weiß es nicht…“

Esmes Stimme klang zerbrechlich, als sie sprach. „Glaubt ihr, Faye kommt nach Hause?“
 

„Wohin geht es heute?“, fragte Glenn gelangweilt und sah den kleinen Alec nicht einmal an. „Ihr müsst heute nach England“, antwortete Alec ebenso gelangweilt und blätterte um. Er las in irgendeinem Kitschroman, weil er die anderen Bücher in der Bibliothek schon durchgelesen hatte und schon lange keine neuen mehr gekommen waren. „Aro möchte, dass ihr ihn begleitet – dich eingeschlossen, Faye.“

Ich sah von meinen Unterlagen auf. Ich besuchte seit geraumer Zeit ein Fernstudium zum Thema Biochemie und nutzte meine ganze freie Zeit, um zu lernen, wenn ich nicht gerade mit Glenn zusammen war.

„Ich auch?“

„Ja, Aro verreist und du weißt doch, dass er einfach nicht mehr ohne dich kann.“ Alec seufzte und schüttelte den Kopf. „Was hat er denn vor?“, wollte Glenn wissen und legte sein Buch nun doch zur Seite. „Er will einen alten Freund besuchen, einen Vegetarier.“ Alec spuckte das Wort aus und ich hatte alle Mühe, meine perfekte Rolle aufrecht zu halten. Ich hatte mich in über hundert Jahren nicht daran gewöhnen können, Menschen zu töten und hasste es noch heute wie am ersten Tag. Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel sah, wurde mir übel und jedes Mal, wenn ich tötete, wollte ich am liebsten laut schreien. Aber meine Rolle hatte die Übermacht. Sie war zu einer Art Persona im Laufe der Zeit geworden. Eine Maske, die mein wahres Ich verbarg und nur das nach außen ließ, was nach außen gelangen sollte. Mehr nicht.

„Das Ich stirbt, wenn die Persona zu stark wird“, hatte einst Carl Gustav Jung gesagt, doch in meinem Fall wollte es nicht geschehen. Seit über hundert Jahren trug ich diese Persona, diese perfekte Rolle, doch noch immer blieb ich ich. Ich konnte mein Ich nicht abschütteln, egal, wie sehr ich es versuchte.

Eine Hand fuchtelte vor mir herum und ich bemerkte, dass ich schon seit einigen Minuten vor mich hingestarrt hatte. „Geht es dir gut?“, fragte Glenn und sah mich besorgt an. „J… ja…“, stammelte ich und versuchte meine Gedanken von denen der anderen abzugrenzen. Manchmal fiel es mir schwer, zu entscheiden, welche Gedanken wirklich mir gehörten und welche den anderen – oder welche ich mir nur einbildete. Mit jedem Tag, der verstrich, wurde es auffälliger. Den Höhepunkt hatte es erreicht, als ich einmal aus Glenns Traum verschwand und nicht mehr zurückkehren konnte. Er war natürlich sofort aufgewacht und hatte mich verwundert angesehen. Etwas dergleichen war mir noch nie zuvor passiert, manchmal hatte ich mich doch sogar in seine Träume eingeschlichen, wenn er abschaltete.

„Kennst du diesen Cullen etwa? Als sein Name fiel, wurdest du plötzlich so starr?“, wollte Glenn wissen und klang weiterhin besorgt. Für einen Moment setzte mein Denken aus. Cullen? Hatte er wirklich Cullen gesagt?

Ich wog ab, wie viele Cullens es wohl gab, die Vampire waren und kam zum Schluss, dass es nur meine Familie gab.

Innerhalb von Augenblicken hatte ich meine Fassung wieder und schüttelte den Kopf. „Nein, noch nie von gehört. Ich habe an etwas anderes gedacht. Wer ist das denn?“ Alec legte jetzt auch sein Buch zur Seite. „Carlisle Cullen lebte vor mehreren Jahrhunderten hier und versuchte doch glatt, Marcus, Caius und Aro zu Vegetariern zu machen. Nun, als sie kein Verständnis für ihn zeigten, ging er nach Amerika. Allerdings heißt es, er habe sich allen gefühlt und eine Art Gefährten gesucht, aber er wollte nicht einfach jemanden verwandeln. Schließlich tat er es doch und schuf seinen ersten Vampir. Ein paar Jahre später kam eine Frau hinzu, seine Gefährtin. Bald kam noch ein Mädchen hinzu und ein weiterer Junge. Schließlich schlossen sich ihnen noch zwei weitere Vampire an.“ „Eine ganz schön große Familie“, staunte Glenn. „Ja, und noch erstaunlicher ist, dass sich der erste, den Carlisle verwandelte, in einen Menschen verliebte. Sie war einmal hier… sie wurde jedoch auch bald verwandelt und gehört heute auch zur Familie.“ Alec erzählte es leichthin und am liebsten wäre ich ihm an die Gurgel gegangen. Der Liebe vergaß wohl, dass er seine Gedanken längst nicht so gut wie andere abschotten konnte. ‚Wenn sie wüsste, dass ich hier von ihrer alten Familie rede… sie würde mich umbringen…’ Oh ja, am liebsten hätte ich es getan. Aber ich riss mich zusammen. Glenn zuliebe.

„Sehr interessant“, murmelte ich also nur.

„Faye, du siehst nicht gut aus. Du solltest vielleicht vorher noch etwas trinken. Schließlich brechen wir bald auf“, sagte Glenn und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich wollte nicht mit funkelnden, roten Augen meine Familie wieder sehen. Sie wären garantiert geschockt, obwohl sie es ja durch Alice’ Vision alle gewusst hatten.

„Keine Widerrede, Fräulein“, befahl Glenn und zog mich hoch. „Wir gehen jetzt etwas trinken.“
 

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Heute mal etwas kürzer, aber dafür geb ich mir beim nächsten dreihundert Mal so viel Mühe.^^ Bin momentan schulisch ein bisschen eingespannt... x)

Zwischen den Büchern

„Ich soll also nicht mit zu den Cullens?“, fragte ich und konnte nicht verbergen, dass ich in gewisser Weise enttäuscht war, als Aro mir seine Entscheidung mitteilte. „Nein, ich möchte nur, dass du mich auf der Fahrt begleitest und dann im Hotel bleibst. Es ist eine ziemlich regnerische Gegend, du wirst also auch raus können. Vielleicht magst du ja in eine Bücherei gehen? Du könntest unseren Bücherbestand ein wenig auffrischen.“ Ich nickte widerwillig und die Rolle grummelte: „Ich hätte so gern das alte Herrenhaus gesehen…“ Aro lächelte gütig. „Wir werden auf dem Rückweg eine wunderschöne Residenz in Cornwall begutachten, wenn du es wünschst, Liebes.“ Ich lächelte zurück und ließ mich wieder in den Sitz sinken. Es hatte tatsächlich sein Gutes, Aros Gesellschafterin zu sein.

Ich seufzte. Wenigstens musste ich Edward nun nichts vormachen…

Der Wagen glitt ruhig über die Straße und schließlich hielt Glenn vor einem Hotel. Es war bereits spät und wie Aro erwartet hatte, regnete es. Wir stiegen aus, Glenn übergab die Schlüssel einem Pagen und Alec winkte einen Pagen her, der die Koffer trug.

Wir schritten ins Hotel und zogen wahrscheinlich nicht einfach nur Blicke auf uns. Wir hielten die Augen zu leichten Schlitzen geschlossen, damit unsere Augenfarbe nicht so hervorstach und auch sonst waren wir auffällig gekleidet. Wir hatten lange Ledermäntel mit hochgeschlagenen Krägen und trugen Designerhosen. Aro war der Meinung gewesen, es sei der heutigen Mode entsprechend.

Glenn checkte ein und wir erhielten unsere Zimmerschlüssel. Ein Hotelarbeiter zeigte uns die Zimmer und ließ uns dann allein.

Ich ließ mich aufs Bett fallen und beobachtete Glenn, der sofort die Vorhänge zuschob. „Wann müsst ihr noch mal los?“, fragte ich und stützte mich mit den Ellenbogen ab, während mein Blick Glenn folgte, der durchs Zimmer tigerte und die anderen Zimmer besah. Wir hatten eine Suite, Aro und Alec waren in den anderen beiden Suiten auf dem Gang. Wir hatten fast eine ganze Etage für uns.

„Immer noch in einer Stunde“, murmelte Glenn abwesend und ich zog die Augenbrauen verärgert zusammen. Ich hasste es, wenn er in diesen Arbeitstrott verfiel. Er sah dann fast ausschließlich nur noch seine Arbeit.

Er sah mich an und lächelte. „Tschuldigung.“ Er kam auf mich zu und nahm mich in seine Arme, während ich meinen Kopf an seine Brust legte. „Faye, weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?“, fragte er leise und vergrub sein Gesicht in meinem Haar. Ich murrte nur etwas und genoss seine Nähe, als ich seinen Duft in tiefen Zügen einatmete.

Die Zeit verflog binnen Sekunden, denn viel zu früh klopfte es an der Tür. „Glenn? Kommst du?“, hörten wir Alecs gedämpfte Stimme und Glenn ließ mich los. „Wir sehen uns später.“

Schon war er verschwunden und ich stand langsam auf, um mir den Mantel überzuwerfen. Ich kramte ein Weilchen in meinem Koffer nach der verspiegelten Sonnenbrille. Eilig verließ ich das Hotel und winkte ein Taxi heran, um in die Stadt zu fahren, in meiner Handtasche ein Portmonee mit mehr als genug Geld für eine ganze Bibliothek. Ich würde also zweifelsfrei in der Bücherei fündig werden.

Der Taxifahrer starrte mich einige Sekunden mit offenem Mund über den Rückspiegel an und um ihn ein wenig zu ärgern, sagte ich mit wunderschönster Stimme: „Fahren Sie mich doch bitte in die Stadt.“ Ich wühlte in meiner Tasche nach einem kleinen Notizzettel und las den Namen der Bücherei davon ab. Der Fahrer brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, dann drückte er aufs Gaspedal und ich bereute es, ihn so aus dem Konzept gebracht zu haben… Er fuhr wie eine besenkte Sau.

Als wir endlich – ohne Blechschaden – die Bücherei erreichten, drückte ich dem Fahrer schnell ein Bündel Banknoten in die Hand und stieg schnell aus. Unmöglich, aber wahr: mir war schlecht.

Der Taxifahrer fuhr weiter und ich lehnte mich an einen Laternenpfahl, um wieder klar denken zu können. Edward hätte geschimpft wie sonst was, wenn er mitgefahren wäre…

Der Gedanke an ihn machte mich traurig und ich betrat schnell den Laden. Sofort roch ich den wunderbaren Geruch eines Buchladens, der gleichzeitig Antiquariat war. Das Wissen von unzähligen Generationen und Menschen war hier angestaut und ich steuerte direkt auf das Regal mit den historischen Romanen.

‚Seltsames Mädchen… mit Sonnenbrille… dabei scheint doch gar nicht die Sonne…’ Ich seufzte. Es war doch immer das gleiche. Vielleicht sollte ich einfach mal die Brille abnehmen und einen auf Gothic oder so machen… möglicherweise würden die Menschen dann aufhören, sich zu wundern.

Ich griff wahllos ins Regal und erwischte natürlich sofort ein Buch, das ich bereits gelesen hatte. Schnell stellte ich es zurück und schon stand die Verkäuferin neben mir. „Kann ich Ihnen helfen?“ Ihr Geruch schlug mir entgegen und ich schloss für einen Moment die Augen, um mich zu sammeln. Obwohl ich mich von Menschenblut ernährte, zögerte ich die Nahrungsaufnahme immer heraus, um mich selbst unter Kontrolle zu halten. Aro schob das im Geheimen immer auf meine Herkunft, dass wohl immer noch einige meiner Angewohnheiten von damals da waren – ahnungslos, dass es genauso war.

„Nein, danke, ich komme zurecht“, lächelte ich mein wundervollstes Lächeln und die Verkäuferin zog benebelt von dannen. Während ich in den Büchern blätterte und ein Auge beständig die anderen Bücher nach Schätzen absuchte, fiel mein Blick auf eine alte Bibel von Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Ich legte das Buch sofort zur Seite und legte die Bibel ehrfürchtig auf ein Lesepult. Langsam schlug ich es auf. Es war eine bebilderte Bibel und erinnerte mich auf jeder Seite an meine Familie. Carlisle hatte so ein Buch gehabt.

Ich bemerkte ein geglättetes Eselsohr und den wegradierten Schriftzug: Was ist denn das für ein Mist? Für normale Augen war es wohl überhaupt nicht mehr zu lesen, aber ich stutzte. Diese Schrift war unter tausenden unverkennbar. Leicht krakelig, trotzdem gekonnt.

Ich hörte, wie die Verkäuferin in einem Hinterzimmer verschwand, als kurz darauf das Glöckchen an der Tür bimmelte. Doch ich verdrängte die anderen Kunden und schlug das Buch auf der ersten Seite auf. In einer Ecke stand, ganz klein, ein einzelner Name. Carlisle Cullen.

Fassungslos stand ich über dem Buch und spürte etwas Warmes, das an meinen Wangen hinunterlief. Erschrocken betastete ich mit der Hand die Flüssigkeit und starrte auf meine Fingerkuppen. Sie glänzten rot im sanften Licht. Ich setzte die Brille ab und drehte mich schnell zur Seite, um in den Spiegel zu sehen. Statt Tränen rann mir Blut über die Wangen. Ich wischte es mit dem Ärmel fort, als ich erneut stutzte. Es war zu still. Ich hörte nur eine Gedankenstimme, dabei hatten ganz sicher zwei Personen den Laden betreten.

Ich fuhr herum und eilte in den vorderen Verkaufsraum, als schon eine unglaublich vertraute Stimme erklang: „Was meinst du? Meinte er dieses Buch?“

Ich drückte mich gegen eines der Regale und schielte um die Ecke. Ein menschliches Herz wäre stehen geblieben, ein normales Wesen wäre ihr nun in die Arme gesprungen. Da stand sie, so hübsch wie eh und je. Ihre blasse Haut stand im Kontrast zu den dunkelbraunen Haaren und ihre Augen sahen aus, wie geschmolzenes Gold. Ich glaubte, die leichten Wirbel der Flüssigkeit sehen zu können. Ich strich mir wieder um die Augen, um die letzten Spuren der roten Tränen fortzuwischen. Sie war mit einem Fremden hier, der mir den Rücken zuwandte. Blondes Haar. Groß. Breites Kreuz. Eine beruhigende, gedankliche Stimme.

Ich wendete den Blick ab. Ich konnte nicht länger hinsehen. Die Cullens hatten wieder jemanden aufgenommen, wie konnte ich es ihnen verübeln? Sie waren der Meinung, dass ich mich nicht an sie erinnerte und sie waren so freundliche Wesen… sie verwehrten niemandem die Tür, wenn er Hilfe brauchte. Das sprach gegen ihre Natur.

Plötzlich drehte sich der Fremde um. Ich hörte die Bewegung und das Rascheln der Kleidung. Dann ein leises Schnuppern. Er witterte mich. Er wusste, dass ich hier war. Doch das seltsamste war, er kannte mich. In seinen Gedanken erschien mein Name.

„Bella… sie ist hier…“, flüsterte er und seine Stimme jagte mir Schauer des Wiedererkennens über den Rücken. „Wer ist hier?“, fragte Bella. Ihre Stimme erinnerte mich an all die guten Zeiten… „Sie…“, wiederholte er. Ich hörte seine Schritte, die näher kamen. Jetzt stand er direkt hinter dem Regal. Er machte einen Schritt zur Seite, seine Hand legte sich an das Regal und er ging langsam drum herum. Seine Hand strich über das Holz und er sah mich mit großen Augen an. Früher waren sie blau gewesen, wenn ich mich recht erinnerte. Jetzt hatten sie den gleichen Ton wie Bellas. „Faye…“, formten seine Lippen, aber kein Ton drang aus seiner Kehle. Ich biss die Zähne zusammen und starrte ihn lange an. Er erwiderte den starrenden Blick und so verweilten wir eine Weile. Krächzend flüsterte ich seinen Namen. „Andrew.“
 

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So... und jetzt wird's mal wichtig. =) Ich kann mich nämlich momentan einfach nicht entscheiden, wie es weitergeht, weil es ein gutes und ein schlechtes Ende geben kann. Das Gute wäre wesentlich weniger dramatisch, denke ich und hätte ein schönes, kitschiges Happy End. x) Das Schlechte hingegen wäre wohl ein wenig aufregender und ginge natürlich nicht so gut für alle Beteiligten aus.

Was meint ihr? Soll ich das gute oder das schlechte Ende schreiben? Ich will ja auch, dass es euch gefällt und ich komm allein einfach nicht weiter x) (also fleißig eure Meinung sagen, damit ich nicht noch mehr Physikdoppelstunden damit zubringen muss, darüber nachzudenken. ^.-

Beweggründe

Carlisle war schon den ganzen Tag unruhig, sah immer wieder auf die Uhr, fragte sich, wann Aro kommen mochte, doch die einzige Frage, die ihn wirklich beschäftigte war, würden sich seine Kinder und Esme zusammen reißen können, sollte Glenn kommen, Faye aber nicht?

Er grübelte gerade über diesen möglichen Umstand, als jemand den Klopfer betätigte und er war innerhalb von Augenblicken an der Haustür, um sie zu öffnen. Er setzte ein freundliches, scheinbar ungezwungenes Lächeln auf, als er Aro sah. „Wie schön dich zu sehen, alter Freund“, begrüßte Aro ihn und schwebte an Carlisle vorbei. „Guten Abend, Aro.“ Aro folgten die üblichen schwarzen Gestalten und Carlisle stellte verwundert fest, dass es nur zwei waren. Hätte er ein Herz gehabt, hätte es wohl mehrere Sekunden ausgesetzt, während er auf die unter Kapuzen verborgenen Gesichter starrte. Die Größe passte in etwa…

Carlisle führte Aro in das große Wohnzimmer des aktuellen Wohnsitzes der Cullens, einem Schloss in England. „Setz dich doch“, lächelte Carlisle und deutete auf die Ledercouch. Nachdem Aro sich gesetzt hatte, fragte er: „Sag, wo ist deine Familie?“ „Auf der Jagd. Wir wussten nicht, wann du kommst, aber sie waren ziemlich aufgeregt, was ja auch verständlich ist.“ Carlisle war Aro einen leicht tadelnden Blick zu. „Ja, ich weiß.“ Er winkte mit dem Finger und die beiden Vampire nahmen stumm ihre Kapuzen ab. Carlisle erstarrte zu einer Salzsäule, als er Glenns Gesicht sah, mit dem Rot in den Augen, das er gehabt hatte, als er ihm das erste Mal begegnet war. Er riss sich schnell wieder aus der Starre und ließ sich nichts anmerken.

„Also, wieso bist du hier?“, fragte er und zog eine seiner perfekt geschwungenen Augenbrauen hoch. Aro lächelte. „Darf man nun nicht einmal mehr einem guten, alten Freund einen Besuch abstatten?“ „Im Normalfall würde ich sagen, ja, aber ich weiß doch, dass bei dir immer mehr dahinter steckt.“ Carlisle beobachtete Aro genau. Er sah seltsamer Weise älter aus, als plagten ihn ungeheure Sorgen. „Nun, du kennst mich“, gestand Aro schließlich. „Ich bin wegen mehreren Dingen hierher. Zum ersten würde ich gern nach dem eurem neuesten Familienmitglied sehen. Andrew hieß er, richtig?“ Carlisle nickte und dachte an die unglaubliche Geschichte, wie Andrew zu ihnen gelangt war. Noch immer schimmerte die feine, sichelförmige Narbe an seinem Arm.

„Ich habe ihn allerdings mit Bella in die Stadt geschickt, sie sollen ein paar Besorgungen für mich machen“, erklärte Carlisle ruhig und dachte an die Bibel, die Emmett an den Buchladen verkauft hatte, weil sie irgendwie in den Stapel der anderen Bücher gekommen war, die Emmett zur Buchhandlung hatte bringen sollen. Es war nicht so, dass es seine Schuld gewesen war, trotzdem musste Carlisle ein Grummeln unterdrücken, als er daran dachte, dass Emmett nicht genug aufgepasst hatte.

„Nun, irgendwann wird er zurückkehren“, stellte Aro zufrieden fest und Carlisle hörte eine Diele knarren. Er ließ sich nichts anmerken und scheinbar war es auch Aro, Alec und Glenn entgangen. Er war sich sicher, dass Edward wieder da war; er hatte sich nur schwer überreden lassen, jagen zu gehen. Die Aussicht seine Schwester wieder zu sehen, hatte ihn geradezu euphorisiert.

„Aber sag doch, Carlisle, was hast du in der letzten Zeit so getan?“

Carlisle lächelte schelmisch. Er wusste, dass Aro noch einen weiteren Grund hatte, hier zu sein und das war seine typische Einleitung.

„Ich arbeite derzeit in einem Krankenhaus in der Stadt hier. Esme arbeitet im Museum und Edward, Bella und Andrew gehen zur Schule.“

„Und Alice, Emmett, Rosalie und Jasper?“

„Sie studieren bereits wieder. Du weißt sicherlich, dass unsere Familie für eine lange Zeit von einander getrennt lebte…“

Aro nickte. „Aber ich weiß leider nicht, wie es dazu kam.“

„Nun, das ist eigentlich sehr einfach. Nachdem ihr sie mitnahmt“ – Carlisle sprach bewusst nicht Fayes Namen aus – „waren wir einfach nicht mehr dieselben. Wir funktionieren einfach als Familie und da sie nicht mehr da war, war auch irgendwie die Familie zerbrochen. Es passierte ganz schleichend. Emmett und Rose zogen nach Europa, Emmett wollte unbedingt einmal die Ukraine kennen lernen. Von dort aus reisten sie umher, lebten für eine kurze Zeit sogar in Asien und lebten zuletzt in Frankreich. Alice und Jasper fuhren erst nach Denali, dann erkundeten sie den amerikanischen Kontinent. Sie blieben für eine lange Zeit in Texas, wo Jasper früher lebte. Er traf sich dort mit einem alten Freund – Peter. Peter haben wir es auf eine gewisse Art und Weise zu verdanken, dass Jasper überhaupt zu uns fand. Er half ihm, sich von Maria loszueisen.

Nun, und Bella und Edward zogen schließlich ganz nach England. Sie kauften sich ein Haus in Schottland und lebten dort für eine lange Zeit. Es war recht problemlos, sie lebten zurück gezogen und hielten den Wildbestand in ihrem Revier konstant. Es fiel niemandem auf.“

„Was war mit Andrew in der Zeit?“

„Er lebte mit Esme und mir, um sich richtig unter Kontrolle zu kriegen. Während er studierte, ging er abwechselnd zu Emmett und Rosalie und Alice und Jasper.“

„Und was hat euch wieder zusammen gebracht?“

Carlisle hatte auf diese Frage gewartet, denn Aros Anliegen war recht offensichtlich. Er hatte seinen Besuch zwar angekündigt, bevor die Familie wieder zusammenkam, aber nun waren die Cullens erneut die zweitgrößte Familie direkt hinter den Volturi. Würden noch mehr Vampire hinzukommen, würden sie sogar eine Bedrohung darstellen.

„Wir stellten fest, dass es leichter ist, zusammen zu leben, gerade wegen der akuten Bedrohung.“

Aro nickte und Carlisle war froh, dass er damit nicht einmal log. Sie hatten nicht mehr länger ohne einander leben können, es war, als wären sie Magneten, die sich gegenseitig anzogen.

Ein Handy klingelte direkt neben der Tür und Carlisle hörte ein Seufzen. „Oh, Edward ist wieder da“, stellte er nüchtern fest, als hätte er es zuvor nicht gewusst. „Edward, du brauchst nicht vor der Tür stehen bleiben, komm rein.“ Die Tür ging auf und Edward steckte den Kopf rein. „Einen Moment, ich gehe gerade ran.“ Er schloss die Tür wieder und Aro und Carlisle warteten, bis er zurückkam. Er sah ein wenig besorgt aus. Dann lächelte er. „Ich würde gern bleiben, aber Bella und Andrew haben es doch glatt geschafft, sich zu verfahren. Ich sammle sie mal lieber ein.“ Er entschuldigte sich und verschwand. Carlisle runzelte kurz die Stirn, denn er wusste, dass Andrew sich nie verfahren würde. Er hatte doch einen ausgezeichneten Orientierungssinn…
 

Edward fuhr so schnell er konnte und hätte sein Herz noch geschlagen, hätte es sich definitiv überschlagen. Da war er sich mehr als sicher. Bellas Stimme brachte ihn immer aus dem Konzept, aber je besser die Nachricht war, desto mehr verwirrte ihn diese Samtstimme. Bella und Andrew waren Faye begegnet, hier… in England. Sie hatte Aro begleitet, doch wahrscheinlich hatte er nicht gewollt, dass sie mitkam, damit sie nicht merkte, dass wir ihre Familie waren. Schließlich konnte sie ja Gedanken lesen.

Sein Fuß ging unweigerlich runter vom Gaspedal, als er sich daran erinnerte, dass Bella lediglich gesagt hätte, sie stände vor Faye. Aber was war, wenn Faye ihn, Edward, gar nicht sehen wollte. Was, wenn sie nichts mit ihrer Familie zu tun haben wollte? Mit ihrem alten Leben? Wenn sie mit Glenn bei den Volturi glücklich war?

Er schüttelte den Kopf und gab wieder Gas. Nein, das war jetzt nicht wichtig. Er wollte zu seiner Schwester, die er verloren hatte. Da war kein Platz für Zweifel.
 

„Wo waren wir stehen geblieben? – Ach ja, wie ihr wieder zusammen fandet. Nun, es ist doch immer schön, eine Familie zu haben“, schwärmte Aro und sein Blick wanderte neugierig durch den Raum. Er erfasste die Gemälde und Skulpturen und natürlich auch die mächtige Bücherwand. „Wo hast du nur all diese Schätze her?“, murmelte Aro abwesend, während er die Titel las. „Faye würde für solche Bücher töten, nehme ich an.“ Carlisle ließ sich nichts anmerken.

„Faye?“

„Ja. Meine Gesellschafterin. Ein ganz wunderbares Mädchen. Sie ähnelt Edward sehr. Apropos, haben sich Edwards Fähigkeiten eigentlich weiter entwickelt?“ Carlisle nickte und war sich gar nicht mal so sicher, ob diese Reaktion die richtige war. Möglicherweise befürchtete Aro, dass Faye sich ähnlich entwickeln würde wie Edward und herausfinden würde, wer sie war.

„So? Inwiefern?“ „Seine Fähigkeiten werden den deinen ähnlicher. Manchmal kann er hören, was andere Menschen vor langer Zeit dachten. Es macht ihn zwar halb wahnsinnig hin und wieder…“ Aro sah Carlisle wieder an. „Soso…“

Carlisle hörte aus dem Nachbarzimmer das Telefon klingelte und stand auf. „Entschuldigt mich für einen Moment. Es könnte ein Notruf sein.“ Er ging schnell raus und schloss die Tür sorgfältig hinter sich. Dann ging er ran. „Carlisle?“, redete Edward sofort drauf los. „Würdest du mir bitte helfen? Ich kann Bella und Andrew absolut nicht finden.“ Carlisle runzelte die Stirn. „Was ist denn bloß los mit euch? Andrew verfährt sich doch sonst nie!“ Er konnte den leicht verärgerten Ton nicht unterdrücken, denn er mochte es nicht, wenn Edward nicht offen war und das war er jetzt nicht. Das roch Carlisle zehn Meilen gegen den Wind. „Bitte, Dad.“ Carlisle seufzte. Edward schien es wirklich wichtig zu sein. „Also gut, wo bist du gerade?“ „Am Rathaus. Beeilst du dich?“ Edward klang wirklich flehend und Carlisle fragte sich mittlerweile wirklich, was los war. „Ich kann nicht sofort weg. Aro ist schließlich hier. Ich rufe Esme an, sie soll früher nach Hause kommen.“ „Okay. Bitte beeil dich, Dad.“ Carlisle legte seufzend auf und massierte sich die Schläfen. Was könnte vorgefallen sein, dass Edward sich so seltsam benahm? Er griff wieder zum Telefon und wählte die Nummer seiner Frau. Es dauerte nicht lange, bis sie abnahm, aber er hörte diese leichte Gereiztheit, die immer in ihrer Stimme mitschwang, wenn man sie beim Jagen störte. Er erklärte kurz den Sachverhalt und sie versprach, sie würde sich beeilen. Mit den Gedanken bei Edward kehrte Carlisle zu Aro zurück und setzte sich. „Wo waren wir?“
 

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Meinungen bezüglich des Endes sind noch immer willkommen.^^

"Eigentlich haben wir keine Seele, aber..."

Bella und ich waren immer anders gewesen, als der Rest der Familie. Wir waren die einzigen, die gefragt wurden, ob wir zu dem werden wollten, was wir nun waren. Keiner hatte es jemals dieses Schicksal gewollt, doch im Endeffekt konnten sie alle damit leben. Manche besser als andere, doch die Familie hatte ihnen Halt gegeben.

Aber dann waren Bella und ich aufgetaucht. Leichtfertige Menschen, wie Rosalie uns einst genannt hatte. Für sie war es am unerklärlichsten, dass wir so sehr das sein wollten, was sie schon alle waren. Vampire. Ich wusste nur aus Gesprächen mit den anderen, wie sehr Bella es sich gewünscht hatte, doch Carlisle hatte einst gesagt, ihr Starrsinn sei meinem sehr ähnlich gewesen und dafür bewundere er uns sogar.

Bella und ich waren anders, weil wir gewusst hatten, dass sich das Schicksal eines Verdammten durchaus lohnen konnte. „Die Hölle ist gar nicht mal so schlimm, wenn man einen Engel an seiner Seite hat“, hatte Bella einmal erklärt, als sie und Edward eines dieser endlosen Gespräche gehabt hatten. Edward hatte es nie wirklich verkraftet, dass Victoria Bella die Seele genommen hatte und oft sprachen sie darüber. Ich war oftmals eine unfreiwillige Zuhörerin gewesen.

Und so war es. Die Hölle war nicht so schlimm, wenn man einen Haufen Engel dabei hatte. Ich hatte endlich das bekommen, was ich mir innerlich immer gewünscht, aber nie zu hoffen gewagt hatte. Eine Familie. Doch dann hatte ich sie verloren, weil dieser eine Engel in mein Leben getreten war. Ich hatte es nie bereut, doch nun, da ich wieder vor ihr stand, fühlte ich mich schwach, klein und unbedeutend.

Carlisle hatte immer gesagt, wir könnten nicht weinen, doch wie war es dann möglich, dass ich Blut weinte?

Edward hatte immer gesagt, wir hätten keine Seele, doch wie war es dann möglich, dass sich meine Seele nach den Seelen meiner Familie verzerrte?

Wortlos starrte ich Bella an, wie sie neben Andrew stand, nachdem sie verwundert um die Ecke gebogen war. Sekunden, Minuten, Stunden. Es war mir egal. Ich hätte auch Jahre dort stehen können. Erstens machte es für mich sowieso keinen Unterschied. Ich war unsterblich. Und zweitens hatte ich jegliches Zeitgefühl verloren.

Bella und ich sahen uns an. Ich wusste nicht, was in ihren Augen zu sehen war oder was sie fühlte. Verwirrung?

Innerhalb eines Augenblickes schlang ich meine Arme um ihren Hals und warf sie dabei fast um. „Bella!“, schluchzte ich und wieder rann Blut über meine Wangen. Zitternd legte sie ihre Hände auf meinen Rücken. „Du kennst mich?“, fragte sie leise, so leise, dass niemand sonst es hörte. „Ja, ich erinnere mich an alles.“ Ich vergrub meinen Kopf in ihrer Bluse und wusste, dass ich sie dreckig machte, doch uns allen war es egal. Es tat so gut, in Bellas Gegenwart zu spüren.

Bella drückte mich sanft von sich weg. „Ich… ich rufe Edward an“, stammelte sie und schon hatte sie ihr Handy in der Hand, während sie mich wieder langsam an sich randrückte. „Edward?“, sagte sie leise. „Ich bin’s. Hör zu… es ist etwas passiert. Faye ist hier.“ Edward sagte nichts. Dann sagte er langsam: „Das ist nicht besonders lustig, Bella.“ „Ich weiß. Aber ich mache auch keine Witze.“ Mein Mund fühlte sich trocken an, als ich ihr zuhörte und ich konnte mich nicht entscheiden, was ich fühlen sollte.

Erleichterung und Angst?

Was würde passieren, wenn Aro das herausfände? Würde ich weiterhin bei ihm bleiben? Oder würde er mich sozusagen aussetzen? Allein. Ohne Glenn.

Bella klappte das Handy zu und schlang ihre Arme wieder ganz um mich. „Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Faye. So froh…“, murmelte sie und ich lehnte meinen Kopf langsam an ihre Brust. „Andrew, ich glaube, die Bibel, die Carlisle meinte, steht dort hinten. Holst du sie bitte und kaufst sie zurück? Faye und ich warten draußen…“ Ich nahm schwach wahr, wie Andrew nickte und Bella mich aus dem Laden auf eine Bank bugsierte, doch ich war viel zu benebelt, um mehr mitzukriegen. Irgendwann kam auch Andrew wieder und ich fragte mich, seit wann er eigentlich ein Vampir war, er sah so aus, wie ich ihn verlassen hatte, doch erst als ein Auto am Bordstein parkte und der Fahrer vor mir niederkniete, bekam ich wieder mit, was in der Welt geschah.

Geräusche, Gerüche und Eindrücke stürzten auf mich ein und ich sah dieses wundervolle Gesicht. Das Gesicht meines Bruders. Edward.

„Oh, mein Gott, Faye…“ Edward umarmte mich und ich ihn und ich war glücklich. Unbeschreiblich glücklich. Wie hatte ich nur über hundert Jahre ohne sie leben können?
 

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Fazit: Ich mag das Kapitel nicht -.-, danke an all die lieben Kommischreiber x3 und einen herrlichen Gruß an alle Schwarzleser. *wink*

Zweifel

Als der Mercedes hielt, wusste ich sofort, wer der Fahrer war und sprang auf, um Carlisle in die Arme zu springen. Völlig überrumpelt wich er erst zurück, bis er merkte, wer ihn da überfiel. „Faye!“, japste er. „Carlisle!“ „W… weiß Aro, dass…?“ Er brachte es nicht zu Ende, doch ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich sollte in die Buchhandlung, um ein paar Bücher zu besorgen und dann war da die Bibel… und am Rand hatte Emmett wohl was hingeschrieben… und vorne stand dein Name drin… und plötzlich waren Bella und Andrew da…“, faselte ich und versuchte irgendwie loszuwerden, was mir auf dem Herzen lag. Versuchte darüber Klarheit zu erlangen, was überhaupt in mir vorging. Versuchte meine Gedanken zu ordnen.

Carlisle nahm mich vorsichtig in den Arm, als sei ich zerbrechlich. „Ist gut, Faye, ist gut. Beruhige dich erstmal.“ Wovon sprach er? Beruhigen? Man hätte hundert Jaspers gebraucht, um mich zu beruhigen, doch seltsamer Weise reichte seine Stimme aus, um mich ein wenig runterzuholen. Carlisle öffnete mit einer Hand die Tür und schob mich sanft ins Auto. „Wir sollten uns im Auto unterhalten“, murmelte er und wie auf Befehl stiegen Edward, Bella und Andrew ein.

Der Innenraum des Autos war geräumig; obwohl sich Andrew und Carlisle auf den Fahrer- und Beifahrersitz gesetzt hatten, konnten sie sich ohne weiteres umdrehen und einfach mit uns sprechen. Edward hatte einen Arm um meine Schulter gelegt und strich mir eine widerspenstige Strähne immer wieder aus dem Gesicht, während ich langsam erzählte, was passiert war. Wie Caius versucht hatte, meine Erinnerungen zu manipulieren und ihm das aus irgendeinem Grund nicht gelungen war und wie ich über hundert Jahre meine Gedanken vor Aro hatte verbergen können. Die ganze Zeit über rannen mir stumme, blutige Tränen über die Wangen, bis meine Augen vollends schwarz waren und sich all das menschliche Blut auf meiner und Edwards Kleidung befand. Den vier Vampiren schien das jedoch überhaupt nichts auszumachen, aber es wunderte mich nicht. Schließlich waren sie Teil der Familie Cullen.

„Verstehst du, wieso es schief ging, Carlisle? Ich habe noch nie davon gehört, dass Caius Versuche fehlschlugen“, murmelte Edward, nachdem ich geendet hatte und Bella meine Hand genommen hatte, um mich ein wenig zu beruhigen. Ich schottete mich völlig von den Gedanken der anderen ab. Ich wollte nur meine eigenen Gedanken hören und nur hören, was sie sagten. Nicht, was sie dachten. Ich wollte einmal normal sein und nicht sofort alles wissen. Ich hatte in den letzten hundert Jahren zu viel gehört. Zu viele Gedanken waren da gewesen… wie klangen die letzten Gedanken eines Sterbenden? Ich hätte es sagen können. Ich hätte sie alle aufzählen können. Jeder Gedanke hatte sich in meinen Erinnerungen eingebrannt. Keinen würde ich je vergessen.

„Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist es einfach eine Fähigkeit von Faye, dass sie nichts vergisst“, erklärte Carlisle nachdenklich. „Sie hat ja auch noch alle Erinnerungen an ihr menschliches Leben… vielleicht wirken Caius’ Kräfte da einfach nicht.“
 

Ich möchte leben!
 

Bitte, tu mir nichts…
 

Nein, ich will noch nicht sterben!
 

Gott behüte meine Kinder vor diesen Monstern…
 

Ich liebe dich, Rachel.
 

Viele Gedanken hatte ich in den letzten hundert Jahren gehört. Viele hatten mich zum Monster gemacht.

Viele dachten zuletzt an ihre Familie. Die wollte ich nicht töten.

Viele dachten zuletzt nur an sich. Bei denen fiel es mir ein wenig leichter, doch wer wusste, ob sie nicht vielleicht völlig allein im Leben gewesen waren und niemanden hatten, an den sie denken konnten? Vielleicht brachte ich sie dann in ein besseres Leben.

Edward drückte mich fester an sich. Er sagte nichts, aber er brauchte auch nichts zu sagen.

Das war gelogen. Ich war ein schlechter Mensch. Ich hatte keine Seele mehr. Ich hatte Menschen getötet…

Edward legte seine Hand unter mein Kinn, sah mir tief in die Augen und zwang mich, seine Gedanken zu lesen. ‚Faye, du bist nicht die erste, die zur Mörderin wird.’ ‚Aber sie waren unschuldig.’ Er schlug die Augen nieder und warf Bella einen kurzen Blick zu. ‚Faye, nur kleine Kinder sind unschuldig.’ ‚Diese Menschen hatten Leben. Eine Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft. Und ich hab ihnen die Gegenwart zerstört und die Zukunft genommen!’

„Ich weiß nicht, worüber ihr sprecht“, sagte Carlisle und klang ganz wie früher. Damals hatte er es auch immer gesagt, wenn Edward und ich ganz in unsere stillen Gespräche vertieft waren. „…aber ich würde vorschlagen, wir denken jetzt erst einmal darüber nach, wie es weitergehen soll. Nachdem, was du mir erzählt hast, Faye, kann ich dich nicht noch einmal gehen lassen. Das kann ich weder mit meinem Gewissen noch mit meiner Verbindung zu dir als dein Vater vereinbaren.“ Ich sah ihn mit großen Augen an. Hatte er gerade wirklich gesagt, dass er mich bei sich behalten wollte? Wo ich doch zur Mörderin geworden war? Obwohl ich Menschen getötet hatte?

„Sieh mich bitte nicht so entsetzt an. Du bist immer noch Faye, das Mädchen, das ich verwandelt und in meiner Familie aufgenommen habe. Das Mädchen, das wir alle als Schwester und Tochter schätzen.“

„Wie könnt ihr jemanden wie mich noch wertschätzen?“, fragte ich und meine Stimme klang hoch und gequält. „Ich habe alles verraten, woran du geglaubt hast! Ich habe rote Augen! Ich trinke Menschenblut!“ Carlisle nahm meine Hand und drehte die Handinnenfläche nach oben. „Erinnerst du dich noch an diesen einen Film, den wir mal gesehen haben? Tarzan? Alice wollte ihn damals unbedingt sehen. Weißt du, was Tarzan gesehen hat, als er Jane traf?“ Er legte unsere Handflächen aneinander. Sie waren identisch, nur das meine kleiner war. „Er sah, dass er und Jane gleich sind, obwohl es immer noch diese Unterschiede zwischen ihnen gibt und mit der Zeit werden sie sich ähnlicher.“ Carlisles Stimme war ganz ruhig, als er erklärte. „Komm zurück zu uns. Wir können dich nicht wieder gehen lassen.“

Er sah von unseren Händen auf und seine goldenen Augen schimmerten. Sie passten nicht ganz zu seinem restlichen Körper, denn ihnen sah man sein Alter an. Erfahrung sprach aus ihnen.

„Ich kann nicht“, flüsterte ich und tränenlose Schluchzer erschütterten mich. „Ich kann nicht mehr ohne Glenn leben…“ Carlisle sah besorgt aus und ich wollte wegsehen, aber er hielt mich mit seinem Blick gefangen. „Vielleicht musst du das auch nicht. Ich werde mit Aro reden.“ „Meinst du, er lässt es zu? Wenn Faye und Glenn zurückkehren, werden wir immer bedrohlicher für die Volturi“, brachte Andrew einen Einwand. Carlisle überlegte kurz, aber dann sagte Bella: „Wir könnten sagen, dass Faye und Glenn sinnvoll für uns wären, um unser kleines Problem zu lösen.“ Edward nickte. „Das wäre nicht einmal gelogen.“ Andrew zuckte nur mit den Schultern. „Wie ihr meint.“ Carlisle drehte sich um und zündete den Wagen.

„Carlisle.“ Er wandte den Kopf noch einmal zu mir. „Wollt ihr mich wirklich noch haben?“ Er lächelte bloß. „Esme wird sich freuen.“
 

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Und an dieser Stelle mal einen ganzen Haufen Kekse für all die lieben Kommischreiber, weil ich ohne eure tollen Kommentare die Geschichte wohl schon eingestellt hätte. Manchmal hatte ich nämlich echt keinen Bock mehr, aber dann hab ich mir einfach eure Kommis durchgelesen und dachte mir, dass ich euch jetzt nicht einfach auf dem Trockenen sitzen lassen kann, wo ihr euch doch alle fragt, ob Faye jemals glücklich wird.

*Tausend Kekse bereitlegt*

Ganz fettes Danke! x3

Das Versprechen

Die Fahrt erschien mir unendlich lang. Jedes Mal, wenn wir um eine Kurve bogen, erwartete ich, Jane zu sehen. Sie oder jemand anderen, der mich wieder zurückholen würde, bevor Carlisle überhaupt die Chance hätte, uns zurückzuholen.

Aber wie sollte ich Aro das alles überhaupt erklären? Ich war seine Gesellschafterin, er vertraute mir. Ich hatte ihm all die Jahre etwas vorgemacht. Ohne es zu wollen, bekam ich ein schlechtes Gewissen.

Andrew und Edward fuhren hinter uns her, ich saß bei Carlisle und Bella im Wagen.

„Wie… kommt es, dass… also… ihr wisst schon, dass Andrew jetzt ein Vampir ist?“, fragte ich leise, um mich abzulenken und Bella seufzte. „Erinnerst du dich noch daran, dass du Edward das Versprechen abnahmst, auf Andrew aufzupassen?“ Meine Nackenhaare stellten sich auf. „So meinte ich das nicht!“ Sie nickte. „Schon klar, aber nachdem du fort warst, gab es zwei unglückliche Zufälle. Der erste war die Tatsache, dass die Wölfe feststellten, dass die Volturi mehrere Menschen getötet hatten. Es stand am nächsten Tag groß in der Zeitung, aber durch die Einmaligkeit des Ereignisses, wurden die Ermittlungen schnell eingestellt. Aber die Wölfe verdächtigten uns noch immer. Carlisle und Jasper konnten sie nur mit größter Mühe beruhigen. Du kannst dir vorstellen, wie wütend sie waren.

Nun, Edward passte nun auf Andrew auf und plötzlich sah Alice, dass Andrew einen Unfall hatte.“ Ich japste nach Luft. „Er hat ihn gebissen, um ihn zu retten?“ Ich verstand nicht, warum er das getan hatte. Das Risiko war viel zu groß gewesen. Er hätte Andrew ohne weiteres töten können.

„Der Reihe nach, Faye“, beruhigte mich Carlisle. „Jedenfalls“, fuhr Bella fort, „machte Edward sich sofort auf den Weg. Es war ein sonniger Tag, weshalb er nicht zur Schule gegangen war und so beobachtete er Andrew aus dem Wald heraus, wie er nach dem Unterricht in sein Auto stieg und losfuhr. Plötzlich hörte er ihn. Ein Vampir war wieder in der Nähe und er war hungrig. Er rief sofort Alice an und fragte, wieso sie ihn nicht hatte kommen sehen, aber bis heute wissen wir es nicht.

Edward folgte Andrew die Straße entlang, es war kein Problem für ihn, ihm hinterherzulaufen. Er spürte, dass der Vampir immer näher kam, doch der Vampir schien gar nicht zu bemerken, dass er in einem anderen Revier war. Normalerweise lassen wir ja Reviere der anderen in Ruhe, egal, ob Vegetarier oder nicht. Der Vampir schoss zwischen den Bäumen hervor und landete auf dem Dach von Andrews Auto, der vor Schreck das Steuer verriss.“

Ich vergaß völlig zu atmen, während Bella erzählte und meine Augen wurden immer größer.

„Der Wagen prallte gegen einen Baum und Edward schnappte sich den fremden Vampir, bevor Andrew etwas hätte mitbekommen können, aber die beiden kämpften auf der Straße und obwohl sie nicht mehr als weiße Blitze für ihn sein konnten, wusste Andrew, dass etwas nicht mit rechten Dingen vor sich ging. Alice hatte bereits Emmett und Jasper losgeschickt, als sie die Nachricht von Edward bekommen hatte, ein Vampir sei in der Nähe, aber die beiden kamen nicht rechtzeitig. Edward hatte bereits zahlreiche Bisswunden…“

Bella schluckte. Das Sprechen schien ihr schwerer zu fallen.

„Die Narben sind noch heute zu sehen. Jasper packte sich sofort den Vampir, während Emmett Andrew aus dem Wagen holte. Er blutete stark und schien verwirrt zu sein. Trotzdem erkannte er die drei. Carlisle, der wenige Minuten später eintraf, versorgte Andrew notdürftig und Emmett, Rosalie und Jasper kümmerten sich in der Zwischenzeit um den Vampir. Sie versuchten ihn zum Gehen zu bewegen, aber sie hatten kein Glück. Weil er in unserem Revier gejagt, Edward verwundet hatte und seine Fehler nicht einsah, töteten sie ihn.“

Bella schien das Reden wieder leichter zu fallen.

„Carlisle brachte Andrew ins Krankenhaus und gab ihm erst einmal Schlafmittel, aber als die Wölfe ihn am nächsten Morgen besuchten, waren sie schon misstrauisch genug. Als Andrew völlig verwirrt von Edward berichtete, der ihm wie ein Engel vorgekommen war, als er aus dem Nichts aufgetaucht war, dachten sie sofort, wir wären schuld daran, dass ihr Freund im Krankenhaus war. Sie rannten sofort aus dem Krankenhaus und überfielen uns regelrecht. Sie waren im Wahn, aber Andrew schien kapiert zu haben, dass seine Freunde da mit drin hangen. Er flüchtete aus dem Krankenhaus und tauchte an unserem Haus auf. Irgendetwas schien ihm zu sagen, dass er dort hinmusste und er versuchte seine Freunde zu beruhigen, aber er blieb ungehört. Wir waren am kämpfen, Edward, der ohnehin schon verletzt war, konnte sich kaum noch bewegen und die Wölfe waren wie gesagt im Wahn.

Auf einmal sprang einer der Wölfe auf Edward zu und Andrew stand dazwischen.“

Ich vergaß völlig zu atmen. Andrew hatte sich zwischen Edward und die Wölfe gestellt?

„Timothy merkte gar nicht, dass er seinen Freund und nicht den Vampir tötete. Esme konnte ihn gerade noch retten und einer der anderen Wölfe merkte, was passiert war und sie ergriffen die Flucht.“

Bella schluckte.

„Edward flehte mich mit all seiner Kraft an, Andrew zu verwandeln“, fuhr Carlisle fort. „Er wollte sein Versprechen nicht brechen, also verwandelte ich Andrew. Die Narben, die ihm der Wolf zugefügt hatte, verheilten und er erwachte, als wir bereits vor den Wölfen geflohen waren. Wir konnten nicht in Forks bleiben und wahrscheinlich werden wir nie wieder dorthin zurückkehren können. Die Wölfe allerdings jagen uns noch jetzt, sie konnten nicht vergessen, was wir getan haben.“

„Aber wie ist das möglich?“, fragte ich fassungslos darüber, was Edward getan hatte. Nur, damit er sein Versprechen nicht brechen musste, war Andrew nun ein Vampir. Aber ich nahm es ihm nicht übel…

„Werwölfe altern nicht, wenn sie sich immer wieder in ihre Wolfsgestalt verwandeln. Erst, wenn sie sehr lange am Stück Mensch sind, altern sie wieder. Sie mussten einfach nicht wieder Mensch werden und das taten sie. Sie folgten uns quer durch Grönland und auch in Sibirien konnten wir sie nicht abhängen, erst, als wir hierher kamen, nach England, verloren sie unsere Spur, aber wir rechnen beinah jeden Tag damit, dass sie uns wieder aufspüren.“

„Das meintet ihr mit dem kleinen Problem. Ein Werwolfsrudel, das euch umbringen will“, schlussfolgerte ich nüchtern und mit tauber Zunge.

Carlisle grinste. „Bingo. Die Kandidatin hat hundert Punkte.“
 

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Carlisle will wohl immer das letzte Wort haben. x)

Danke für all die lieben Kommis. :-* x3 Hab euch voll doll lieb!

Gedanken

Ich summte ein Lied, um mich abzulenken, während Bella und ich aus dem Fenster sahen. Carlisle fuhr bewusst langsamer, um mir ein wenig Zeit zu lassen und erinnerte mich sehr an Edward, der sich ebenfalls damals Zeit gelassen hatte, damit ich mich entscheiden konnte. Für oder gegen Glenn.

„Was summst du denn da?“, fragte Bella leise. Ich sah ihr kurz in die Augen und staunte, wie gut sie mittlerweile ihre Empathie unter Kontrolle hatte. Sie musste meine Nervosität spüren und trotzdem… trotzdem blieb sie ruhig. Sie hatte sich gut in den letzten Jahren entwickelt.

„Savin’ Me…“, flüsterte ich und sah wieder aus dem Fenster. Die Landschaft zog ganz ruhig an uns vorbei, als hätte sie alle Zeit der Welt.

„Say it if it’s worth savin’ me”, sagte Bella und ich nickte. Ich war mir nicht sicher, ob das eine Frage oder eine Feststellung gewesen war. Möglicherweise war es einfach nur so dahergesagt gewesen…

„Also die Wölfe… die sind immer noch hinter euch her?“

„Genau“, antwortete Carlisle ruhig und bog auf einen Pfad, der an den in Forks erinnerte und ich war mir sicher, dass wir bald ankamen. Auch durch die Gedanken der anderen. Edwards Gedanken im Wagen hinter uns wurden nervöser.

„Und wegen ihnen ist Andrew ein Vampir?“

„Jap. Die Wölfe verfolgen uns jetzt, weil sie Andrew lieber tot sehen – so ähnlich wie bei Bella damals, und weil sie uns endlich tot sehen wollen. Vielleicht hast du mitbekommen, dass Caius uns vor einigen Jahren besuchte. Er wollte, dass wir das Problem beseitigen, denn die Wölfe haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Vampire systematisch auszurotten. Ich bezweifle, dass sie noch sehr lange leben werden, sobald sie den Volturi in die Arme laufen, wird es aus mit ihnen sein, aber trotzdem könnten sie noch erheblichen Schaden bei uns ausrichten. Wenn du und Glenn allerdings zurückkämen, könnten wir Aro sagen, dass wir uns den Wölfen stellen werden und somit das Vampirmorden ein Ende haben wird. Sobald sie unsere Fährte aufgenommen haben werden, werden sie uns finden.“

Ich schwieg eine Weile und erkannte bereits immer wieder ein großes Anwesen zwischen den Bäumen.

Ich hörte Aros Gedanken bereits und auch Glenns Stimme erklang. Ich musste unweigerlich lächeln, als ich merkte, dass er an mich dachte und sich fragte, was ich wohl gerade tat. Ich sah hinab auf meine Bluse, die immer noch blutverschmiert war. Hoffentlich würde Alec nicht gleich über mich herfallen… oder über Bella und Edward, an denen ebenfalls Blut zu finden war.

‚Mach dir darüber mal keine Sorgen’, hörte ich Edward und drehte mich herum. Er lächelte mir aufmunternd zu. ‚Das wird schon.’

‚Hoffentlich…’

‚Bella und ich sind doch da und Carlisle wird Aro schon rumkriegen. Glaub mir.’

‚Aber ich habe Angst.’

‚Hör mir mal zu, Faye, es gibt nichts, wirklich gar nichts, wovor du Angst zu haben brauchst, solange ich in der Nähe bin. Du und Bella, ihr seid mittlerweile die wichtigsten Wesen in meinem Leben. Bella, meine Frau, und du, meine Schwester. Die Zeit ohne dich war hart, sehr hart sogar, fast so hart wie die, in der ich von Bella getrennt war und glaub mir, nur sie hielt mich über Wasser.

Niemand, der den Namen Cullen trägt, wird zulassen, dass du jemals unglücklich sein wirst. Deshalb ließen wir dich gehen. Wir dachten, du wärest dort glücklich, konnten wir ahnen, dass es schief gehen würde?’

‚Aber…’

‚Jetzt lass endlich mal dein aber stecken! Wir lieben dich, wie du bist und nicht anders. Es ist uns egal, ob du Menschenblut trinkst, auch wenn wir anders leben.’

‚Edward, ihr könntet mich niemals lange so akzeptieren.’

‚Wir akzeptieren dich so, wie du dich akzeptierst. Also ist es deine Entscheidung, wie wir dich respektieren und lieben.

Frag doch mal Carlisle, warum du weinen kannst.’ Edward lächelte. ‚Dir läuft nämlich wieder ein roter Striemen über die Wange.’

Ohne groß darüber nachzudenken, leitete ich die Frage weiter, aber Carlisle zuckte bloß mit der Schulter. „Vielleicht liegt es daran, dass die Tränendrüsen sich nach wie vor bei Vampiren öffnen können und wenn nur genug Blut im Körper ist, das zirkulieren kann, kann es durch die Tränendrüsen abfließen. So erklär ich mir das, aber damit kann ich auch völlig daneben liegen.“

Er hielt den Wagen und wartete mit dem Aussteigen, bis ich bereit war. Ich nickte ihm zu und gleichzeitig öffneten sich die Türen aller Autos. Edward stand sofort an meiner Seite und legte einen Arm um meine Schulter und Bella nahm meine Hand. Ich achtete nicht darauf, was Andrew tat, er war mir im Moment gewissermaßen egal.

Carlisle ging uns voran ins Haus, doch ich zögerte, bevor ich die Türschwelle überschritt. Bald würde nichts mehr so sein, wie es einmal war. Alles würde sich ändern. Egal, wie die Sache ausging. Nichts würde so bleiben, wie es war, denn Aro würde wissen, dass ich gelogen hatte. Nichts würde so bleiben…

Ich atmete tief durch und setzte meinen Fuß über die Schwelle.
 

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Ihr seid auch H - A - doppel M - E - R x)

Freue mich schon auf eure Kommentare. <3

Überraschungen

Ich hob den Kopf, als wir in einen Raum traten, hinter dem ich Aro, Glenn und Alec hörte. Wahrscheinlich das Wohnzimmer oder so, aber sie ließen mein Herz nicht höher schlagen. Es war eine andere Stimme. So lieblich, dass sie überirdisch klang. Esme.

‚Carlisle ist zurück. Na endlich… mich würde ja wirklich interessieren, was die Kinder für ein Problem hatten…’, dachte sie nervös und ich hörte Aro lachen; Glenn hatte ihm leise einen Witz erzählt.

Carlisle öffnete die Tür und Aros Gelächter verstummte. Mit großen Augen sah er mich an. „Was ist los?“, fragte er Carlisle und schien Mühe zu haben, ruhig zu bleiben, während Esme ganz fassungslos dastand, während sie mich ansah. „Faye ist Bella und Andrew über den Weg gelaufen“, sagte Carlisle gelassen und setzte sich auf das Sofa gegenüber Aro. Edward, Bella, Andrew und ich blieben im Raum stehen und ich warf Glenn einen Blick zu, aber hätte ich seine Gedanken nicht lesen können, hätte ich nicht die geringste Ahnung gehabt, was er dachte.

‚Was ist passiert, Faye? Deine Augen sind ja ganz schwarz! Hast du etwas getan?’

Ich schüttelte kaum merklich den Kopf.

‚Hast du sie darum gebeten, dich hierher mitzunehmen?’

Ich nickte bedrückt.

‚Faye’, dachte Edward, ohne den Blick von Carlisle und Aro abzuwenden, ‚Carlisle wird alles richten. Du wirst hier bleiben, da bin ich mir sicher.’

‚Und was ist, wenn Aro mich nicht gehen lässt? Als Strafe, weil ich ihn belogen habe?’

Edward kam nicht dazu, mir zu antworten, denn Aro seufzte und stand auf. Langsam schritt er auf mich zu und hob mein Kinn an. Ich spürte, dass seine langen, zerbrechlichen Finger leicht zitterten. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, aber ich wusste nicht, was es war, aber ich wusste, dass auch er sich um seinen Zustand sorgte. Es war einfach nicht normal für einen Vampir.

„Faye…“, flüsterte Aro und ließ seine Finger über meine Wange gleiten, dann drehte er sich um und ging zu dem Familienportrait über dem Kamin. Während er meine alte Familie und Andrew musterte, die mit einer uralten Erhabenheit vom Kaminsims herabsahen, begann er zu sprechen. Ich hatte eigentlich eher mit einer gewaltigen Explosion gerechnet, wieso er doch so ruhig reagierte, verstand ich nicht. „Du musst wissen, Faye, die Fähigkeiten eines Vampirs entwickeln sich ständig weiter. Unsere liebe Bella, zum Beispiel, sie hat mittlerweile nicht nur ihre Empathie im Griff, sie kann auch gezielt so eine Art Schutzschild heraufbeschwören.“

Mein Kopf schoss unwillkürlich zu Bella herum, die bloß lächelte. Fragend sah ich Edward an. ‚Zufall, dass wir es entdeckt haben…’, dachte er nur.

„So haben sich auch Glenns Fähigkeiten entwickelt. Er kann nicht mehr nur dich mitnehmen in seine Traumwelt, sondern auch andere. Du erinnerst dich, dass wir es mal mit Demetri ausprobierten?“

Ich nickte. Und ob ich mich daran erinnerte. Jedem war dieser Versuch zu gefährlich gewesen, weil Aro nebenbei hatte fallen lassen, dass es möglich wäre, dass wenn es schief ginge, könnte man nicht mehr in die reale Welt zurück und letztendlich hatten sie Streichhölzer gezogen. Damals hatten sich diese ach-so-starken Vampire wie kleine Kinder benommen.

„Und auch Janes Fähigkeiten entwickelten sich weiter. Alecs Fähigkeiten, Demetris Fähigkeiten, sogar die Fähigkeiten von Caius und Markus, auch wenn es bei ihnen immer weniger bemerkbar ist.“

„Davon hast du nie etwas erzählt, von Markus und Caius“, zwang ich mich zu sagen, denn in Wahrheit wollte ich einfach nur den Mund halten.

„Wie wahr“, antwortete Aro. „Markus, Caius und ich hielten es für das Beste unsere Entwicklungen für uns zu behalten.“

„‚Unsere’?“ Carlisle war hellhörig geworden. „Unsere.

Und so wusste keiner von euch, dass ich Edward und dir, Faye, ähnlicher wurde. Auch aus der Entfernung konnte ich manchmal Gedanken hören – auch deine, Liebes.“

Meine Muskeln verkrampften sich und unwillkürlich drang ein Knurren aus meiner Kehle. Er hatte es gewusst. Er hatte es gewusst und mich weiter leiden lassen! Er hatte es gewusst!

„Bevor du fragst, nein, im Moment nicht. Es funktioniert immer nur zeitweise und nicht immer. Momentan habe ich keinen Einblick in deine Gedankenwelt, worüber du wahrscheinlich sehr froh bist, denn gerade jemand wie du oder Edward muss herausgefunden haben, dass die Gedanken das wertvollste sind, was ein Wesen besitzt. Denn die Gedanken sind frei, so heißt es doch, nicht wahr?“

Edward und ich nickten, als ich mich wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte.

„Ja, Faye, ich wusste es. Ich wusste, dass du dich an alles erinnerst. An dein ganzes Leben bei dieser Familie. An dein ganzes Leben als Mensch. An dein ganzes Leben mit dieser Lebensweise.“

„Was soll das heißen?“, fragte Glenn und trat vor. „Dein Leben bei dieser Familie, Faye? Bedeutet das, dass du früher hier lebtest? Und es all die Zeit wusstest?!“ Er war sich nicht sicher, ob er wütend sein sollte, weil ich mich ihm nicht anvertraut hatte, oder ob er mich bemitleiden sollte. Das spürte und hörte ich.

Plötzlich nickte Esme ruhig und kam auf mich zu. Sie schloss mich in ihre Arme und es tat so gut, dass ich die Umarmung einfach erwiderte. „Ich habe dich so vermisst“, flüsterte sie mir ins Ohr und stellte sich dann neben Bella.

„Ja, Glenn, ich wusste es all die Zeit über“, gestand ich Glenn nun und sah ihm tief in die Augen. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, aber er schwieg. Er ließ mir lediglich eine Nachricht zukommen.

‚Warum?’

„Warum hast du mich all die Zeit bei dir behalten?“, fragte ich Aro wieder und er drehte sich zu mir um. „Du hättest jederzeit gehen können. Wir haben dich immerhin nicht festgehalten. Unsren Wachen steht es frei zu gehen, jedoch löschen wir ihre Erinnerungen, damit sie es gerade nicht tun, du verstehst?“ Er zuckte leichtfertig mit den Schultern und sah wieder das Portrait an.

„Soll das heißen, Faye kann hier bleiben?“, wollte Edward entgeistert wissen. Aro sah noch lange das Bild an, dann nickte er. „Aber ich will nicht ohne Glenn gehen“, sagte ich entschieden und blickte zu Glenn hinüber. Er kniff die Augen ein wenig zusammen und ich wusste sehr genau, dass er mit sich selbst rang. Er war durch und durch eine Wache der Volturi, jedoch liebte er mich ebenso. Er stand vor der gleichen Entscheidung wie ich vor so vielen Jahren. „Steht dein Entschluss fest, Faye?“, fragte er und sah mich ohne Unterbrechung an. Ich nickte, sicher, dass ich nie wieder von meiner Familie fort wollte. Nichts würde uns jemals wieder trennen können.

„Dann ist es vorbei.“

Es war, als hörte ich ein lautes Klirren, als meine Welt in tausend Teile zersprang. Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. War ich ihm denn so unwichtig?

„Könnten wir bitte einen Moment unter vier Augen sprechen?“, fragte Glenn ruhig und sofort schwebte meine Familie, Alec und Aro aus dem Raum.

„Wieso?“, war alles, was ich raus bekam, nachdem sich die Tür geschlossen hatte und ich mir sicher war, dass Carlisle sie alle ins obere Geschoss geführt hatte, wo man uns nicht unbedingt hörte. Lediglich Edward würde uns hören und ich wusste, dass er Gentleman genug war, um unsere Stimmen so weit es ging auszublenden.

„Ich möchte, dass du weißt, dass es nicht an dir liegt“, antwortete Glenn, doch ich fiel ihm ins Wort. „Nicht an mir? Nicht an mir?! Du willst dich von mir trennen und mir ernsthaft sagen, dass es nicht meine Schuld ist?!“ Ohne es zu wollen, hatte ich geschrien und nun war es egal, wo die anderen waren, sie würden uns sowieso hören. „Ja.“ Glenn blieb in normaler Lautstärke. „Hör zu, das einzige Leben, das ich kenne, ist das bei den Volturi und es ist ein gutes Leben für mich. Das hier wäre nie meine Welt. Ich könnte nie auf Menschenblut verzichten.“ „Genau das ist es doch, weshalb ich dieses Leben bevorzuge. Ich komme mir vor wie ein widerliches Monster, seitdem ich Menschen töte! Hier kann ich einfach nur leben! In gewisser Art und Weise kann ich hier Mensch sein!“ Glenn lachte. „Sei nicht naiv. Wir können nie wie Menschen sein.“

„Das denkst du nur, weil du dieses Leben nicht mehr kennst! Du wolltest es einmal mir zuliebe probieren und du warst festen Willens, es zu schaffen! Wir können zur Schule gehen, auch wenn wir dort nichts Neues lernen! Wir können in die Stadt gehen, shoppen, auf Partys gehen, einfach ganz normal sein!

Ich wusste in meinem Menschenleben nie, was es wirklich bedeutet, eine Familie zu haben, weil meine Eltern und meine Adoptiveltern starben! Erst seitdem ich hier aufgenommen wurde, verstand ich, was es heißt, für jemanden durchs Feuer zu gehen und für jemanden zu sterben! Für diese Familie würde ich alles tun! Ich hätte mich von Werwölfen in tausend Stücke zerreißen lassen!

Aber dann bist du aufgetaucht. Ein Vampir aus Jaspers Vergangenheit und ich musste mich entscheiden. Die Volturi wollten dich, aber ich wollte nicht ohne dich leben, also bin ich mit dir gegangen und hab dafür das Leben eines Monstrums gewählt!“

Erstaunt sah Glenn mich an.

„Ja! Du hörst richtig! Ich bin nur wegen dir zu den Volturi gegangen! Nur wegen dir! Ich habe für dich das aufgegeben, was ich am meisten liebe und jetzt, wo ich die Chance habe, es wiederzubekommen, werde ich es nicht wieder zurückgeben. Und wenn ich dafür dich verlassen muss.“

„Du bist für mich…?“ Glenn brachte den Satz nicht zu Ende, doch das brauchte er auch gar nicht. Ich hatte alles gesagt, was es zu sagen gab und es war mir egal, ob ich Glenn bis ans Ende meines Lebens vermissen würde. Lieber vermisste ich ihn, als weiter dieses Leben führen zu müssen. Denn ich hatte in Bellas Augen gesehen und ich hatte gesehen, was ich einmal aufgegeben hatte. Ich hatte es in ihren Augen gesehen, in Edwards, in Carlisles, in Esmes und in den Augen von Andrew, der wegen mir ein Vampir war. Weil ich Edward gesagt hatte, er dürfe nicht zulassen, dass ihm etwas geschah.

„Damals hast du geglaubt, niemand könne deine Seele retten und du hast mich gefragt, ob du es wert wärest, dich zu retten. Ich antwortete dir damals mit Ja“, erklärte ich langsam. Meine Augen waren in weite Ferne gerichtet. Sie blickten in eine Nacht, in der mir Glenn eine entscheidende Frage gestellt hatte. Er hatte wissen wollen, ob ich dazu bereit wäre. „Du hattest keinen Platz, an den du gehörtest, ich denke, dass du deshalb damals so unsicher warst. Deshalb wolltest du dich ändern. Du wolltest frei an meiner Seite sein können, ohne dass unsere Gewohnheiten zwischen uns standen. Nachdem, wie du jetzt denkst“, sagte ich langsam und lauschte noch einmal seinen Gedanken, um sicherzugehen, dass ich nicht falsch lag, „würde ich nun mit Nein antworten.“

Glenn sah bedrückt zu Boden und sah dann wieder auf. „Wenn das alles ist, was du zu sagen hast, dann ist es wohl besser, wenn ich zurück ins Hotel gehe. Ich denke, Aro braucht nur eine Wache.“ Er rauschte an mir vorbei und sein Duft blieb in der Luft hängen. Ich wollte weinen, aber ich wusste, ich würde nie wieder weinen können. Weinen als Vampir war schon so gut wie unmöglich, aber wenn ich jetzt nicht weinte, würde ich nie wieder weinen. Weinen konnten nur Wesen mit einem ganzen, vollständigen Herzen. Ein Teil meines Herzens war soeben zur Tür hinausgegangen. Und es würde nicht zurückkehren, da war ich mir sehr sicher.

Einige Minuten später öffnete sich die Tür und Rosalie, Emmett, Alice und Jasper kamen herein, gefolgt von den anderen. Überglücklich umarmten sie mich und ich verbarg schnell mein Gesicht in Emmetts starker Brust, denn ich wollte niemanden ansehen. Ich hätte ihre mitleidigen Blicke nicht ertragen, ihre Gedanken waren schon schlimm genug.

Ich spürte Alice’ kleine Hand, die sich um mein Handgelenk legte und wenige Sekunden später stand ich mit ihr, Rosalie, Bella und Esme in einem wunderschönen Zimmer. „Willkommen zurück“, hauchte Rosalie mir ins Ohr, „Schwesterherz.“
 

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Bitte steinigt mich nicht! x) Glenn hat sich plötzlich verselbstständigt! *unschuldig ist* Seht es so, dadurch wird es noch spannender x) ^-^

Freu mich schon sehr auf eure Kommis, Aufmunterung kann ich im Moment echt gebrauchen. ;) (auch wenn ihr mich doch steinigt, überfahrt oder was auch immer... ;))

Lediglich eine Ewigkeit

„Aro, entschuldigst du mich? Ich möchte gern zurück zum Hotel“, sagte Glenn ruhig, als er das Zimmer betrat, in dem sich die anderen aufhielten. Aro drehte sich mit einer galanten Bewegung um und schüttelte den Kopf. „Natürlich, geh nur. Alec und ich werden auch nicht mehr lange brauchen.“ Glenn nickte und wandte sich zur Tür. Er spürte Edwards Blicke auf sich, doch es war ihm egal. Dieser Vampir war ein Fremder für ihn, wenn Faye ihn als Bruder sah, war es halt so. Daran konnte er auch nichts ändern.

Er verließ das Haus und rannte zurück ins Hotel. Er lief so schnell wie nie zuvor und verlangsamte sein Tempo erst, als er der Stadt näher kam. Es war ein wolkiger Tag und die Sonne würde nicht rauskommen, also zog er sich schnell die Kutte aus und hielt den Blick beim Gehen gesenkt. So fiel er weniger auf. Er holte sich den Schlüssel von der Rezeption ab und verschwand im Eiltempo auf das Zimmer, wo er sich auf einen Sessel setzte und die Kutte achtlos aufs Bett warf.

Er strich sich mit der Hand übers Gesicht und blickte aus dem Fenster. Was hatte er sich da nur gedacht? Faye hatte wohl alles für ihn aufgegeben und er war nicht bereit dazu? Was war er für ein herzloses Arschloch… Er hatte seine kleine Faye verlassen. Das Mädchen, das er liebte und niemals hatte loslassen wollen. Was hatte ihn dazu getrieben?

Er schüttelte den Kopf und ließ ihn hängen, zerraufte sich das Haar und seufzte. Jetzt war alles zu spät. Faye war verloren für ihn und er hatte eine Ewigkeit vor sich.

Allein.
 

Ich lag mit geschlossenen Augen auf meinem neuen Bett, als es klopfte. Ich reagierte nicht, trotzdem glitt die Tür auf und mein Bruder legte sich neben mich. „Was machst du da?“, fragte Emmett. „Nichts“, antwortete ich bloß. „Hm…“

So ging das schon seit drei Wochen. Jeden Tag lag ich auf meinem Bett, hatte die Augen geschlossen und Emmett kam herein und fragte, was ich tat und jedes Mal antwortete ich dasselbe. Dann lagen wir immer lange nebeneinander und starrten meinen Baldachin an, bis Emmett von irgendwem gerufen wurde und er gehen musste. Aber heute war etwas anders, Emmett wurde nicht gerufen.

„Und was machst du jetzt?“, fragte er wieder, sichtlich gelangweilt. „Immer noch nichts.“ „Hm… Bella lässt fragen, wann du mal wieder gedenkst, zu jagen. Sie hat es sehr vermisst. Außerdem sind deine Augen schon seit drei Wochen schwarz und du wirst immer schwächer.“

„Und?“

Ärgerlich sah er mich an. „Faye, hör endlich auf mit diesem Trübsal blasen! Du bist ja fast so schlimm wie Bella damals!“ Erstaunt sah ich ihn an. „Was?“

„Du verstehst mich schon sehr genau! Du tust nichts mehr! Du starrst nur deinen blöden Baldachin an und das rund um die Uhr!“

„Lass mich doch“, grummelte ich.

„Faye, wir wollten dich nicht zurück, damit du die Decke anstarrst!“ Ich richtete mich auf. Hatte er Recht?
 

Viele Vampire sagten, Menschenblut schmecke wesentlich besser als Tierblut, sogar Edward und Jasper waren der Meinung, aber als das Rehblut durch meine Kehle rann, wusste ich, dass sie alle falsch lagen. Es war das köstlichste, was ich jemals probiert hatte und vor allem schrie mein Opfer nicht. Es war ein Segen für mein zweites Gehör.

Ich hörte Bella ganz in der Nähe. Ihre Bewegungen waren kaum hörbar, aber ein Windzug, der ein paar Blätter aufwirbeln ließ, verriet sie. Ich ließ das Reh sinken und folgte ihr auf leisen Sohlen. Ich entdeckte sie, als sie sich gerade auf ein weiteres Reh stürzte und trat langsam aus dem Gebüsch auf die Lichtung.

„Ich habe das Jagen mit dir vermisst“, murmelte sie, als sie sich ein feines Blutrinnsal aus den Mundwinkeln wischte. Ich setzte mich im Schneidersitz neben sie und betrachtete das leblose Tier. „Gold steht dir gut“, lächelte Bella und legte den Kopf ein wenig schief.

„Ich erinnere mich zwar nicht daran, wie ich als Mensch war, aber ich muss sagen, dieses Gefühl in dir kommt mir bekannt vor. Ich bin mir nicht ganz sicher, wieso, aber es kommt mir schon fast vertraut vor.“ „Weil du es solange gefühlt hast“, schlussfolgerte ich langsam. Bella nickte. „Wahrscheinlich. Du weißt ja, hin und wieder habe ich mal ein Déjà-Vu. Leider viel zu selten…“

„Sag mir, was ich fühle“, bat ich, denn ich selbst wusste es nicht. „Ich bin mir nicht sicher“, sagte Bella langsam. „Es ist schwer, weil du zwischen Freude und Trauer hin und her gerissen bist. Ich nehme an, du zweifelst daran, dass es die richtige Entscheidung ist, Glenn verlassen zu haben.“ „Ich habe ihn nicht verlassen. Er hat mich verlassen“, sagte ich bedrückt und ließ den Kopf hängen. „Hm… in dir ist eine tiefe Wunde, die nur langsam heilt. Es wird lange dauern, eine Liebe zwischen Vampiren ist längst nicht so vergänglich wie die zwischen Menschen. Wir sind nun einmal Wesen, die für die Ewigkeit geschaffen wurden.“

„Wird sie denn irgendwann heilen?“

„Nie ganz. Man wird immer eine Narbe sehen.“
 

Wieder lag ich auf meinem Bett und fühlte mich wesentlich stärker. „Was machst du?“, fragte Andrew leise und ich sah auf. Er lehnte im Türrahmen und ich war erstaunt, dass ich ihn nicht hatte kommen hören. Ich schien wohl sehr in Gedanken gewesen zu sein, auch wenn ich mich jetzt schon nicht mehr erinnerte, woran ich überhaupt gedacht hatte.

„Nichts“, murmelte ich und er kam auf mich zu, setzte sich auf die äußerste Bettkante. „Wieso gehst du mir aus dem Weg?“, fragte er und ich betrachtete ihn lange, bevor ich antwortete. „Ich dachte, du gingest mir aus dem Weg.“ Er lächelte schwach. „Du wusstest also all die Zeit über, was ich für dich empfinde.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. „Mhm-hm. Aber so dachten alle Menschen, wenn ich ihnen begegnete.“ Andrew nickte wissend. Natürlich, er war ja auch ein Vampir. Jetzt.

„Aber ich war sehr froh, als du bereit warst, mich als einfache Freundin zu akzeptieren“, fügte ich hinzu, als Andrew ein wenig verletzt war, weil ich ihn scheinbar nicht als etwas Besonderes gesehen hatte. Dabei war er das gewesen. Er war der einzige Mensch gewesen, dem ich je näher gekommen war.

Er lächelte schwach. „Und dann setz ich dich mit Werwölfen an einen Tisch… im Nachhinein hätte es mich nicht gewundert, wenn du einfach abgehauen wärest… aber das bist du nicht.“ Ich nickte zustimmend. „Ich wollte diesen Tag haben, um mich von dir zu verabschieden, weil ich dich wirklich gern hatte. Ich bewunderte deine Naivität, mit der du manchmal durch die Welt liefst und einfach alles ignoriertest, was du nicht sehen wolltest. Normalerweise ist das nichts Gutes, aber mir hast du dadurch wahrscheinlich das Leben gerettet. Ich hätte dir sonst nie so nah kommen dürfen.“ „Ich hatte nie eine Chance bei dir, nicht wahr? Dein Herz gehörte immer Glenn“, stellte Andrew fest und sah mich an. Ich wusste nicht wieso, aber mit ihm fiel es leicht darüber zu reden. Es war nicht unangenehm oder so. Er hatte etwas Weiches in seiner Stimme, das mich aufbaute.

„Ja. So war es wohl“, flüsterte ich und er lächelte. „Ich freue mich, dich als Schwester zu haben. Mit dir kann man die Ewigkeit aushalten“, sagte er ruhig und stand auf. „Edward wird wohl gleich kommen und dich fragen, ob du mit zum Autorennen willst. Enttäusch ihn nicht.“ Er zwinkerte mir zu und verzog sich schnell. Er versuchte mit aller Gewalt, seine Gedanken vor mir zu verbergen, aber ich hatte bereits zu viel Erfahrung darin, Gedanken zu hören, selbst wenn man versuchte sie zu verstecken. Andrew fehlten hundert Jahre an Übung und so waren seine Sorgen für mich mehr als nur präsent. Um die Gedanken vor Edward zu verbergen, brauchte man eine völlig andere Technik.

Er machte sich Sorgen. Sorgen um uns alle, denn er hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch, ähnlich wie Bellas Instinkt. Es würde etwas geschehen.

Bald.
 

„Das war nicht sonderlich nett von dir, Alec“, lächelte Aro und lehnte sich zurück. „Was soll das heißen?“, fragte Alec, als wüsste er von nichts und sah sich in Aros Zimmer um. Es war seltsam, hier zu sein und Faye war nicht anwesend.

„Dass du mal wieder von deiner Kraft Nutzen gemacht hast“, sagte Aro. Er schien Alec mit seinem Blick durchbohren zu wollen. „Ich bitte dich, als ob ich Glenn meinen Willen aufzwingen würde.“ Alec lächelte kalt und Aro schüttelte den Kopf. „Also wirklich, Alec. Du wirst von nun an mit einer Lüge leben müssen.“ „Das werde ich schon schaffen. Es handelt sich hier ja lediglich um eine Ewigkeit.“ Aro nickte wissend. „Geh nun, Alec.“

Alec gehorchte und Aro war allein. Innerlich bereute er bereits, dass Faye gegangen war, aber er hatte gewusst, wie unglücklich sie gewesen war. Es hätte sie nur noch mehr gequält und in den letzten Jahren hatte er Faye tatsächlich lieb gewonnen. Wenn er nicht gewusst hätte, dass Alecs Entscheidung die richtige gewesen wäre, hätte er Alec wahrscheinlich umgebracht. Er hatte nie gewollt, dass Faye verletzt wird. Nie hatte er das gewollt. Nie. Und nun war nicht nur Glenn, eine seiner wichtigsten Wachen, sondern auch Faye, seine ehemalige Gesellschafterin, allein.

Aro seufzte und sah zu dem Stuhl, auf dem Faye früher immer gesessen hatte. Er würde leer bleiben und das eine ganze Ewigkeit lang, da war sich Aro sicher.

Zurück ins Leben

Ich schien auf heißen Kohlen zu sitzen, während Edward sich ein Grinsen verkniff. „Bist du etwa nervös?“, lachte Bella und ich nickte hektisch. Jasper legte beruhigend eine Hand auf meine Schulter und die Anspannung fiel ein wenig von mir ab.

Schließlich parkte Edward den Wagen. „Meine Güte, Faye, es ist lediglich die Schule.“ „Für euch vielleicht lediglich. Ich war hundert Jahre lang nicht in der Schule.“ „Wo sie Recht hat“, stimmte Bella mir zu.

Die anderen stiegen galant aus, während ich Jaspers Hand umklammerte und ihm hinterher aus dem Auto krabbelte. Er lächelte mich aufmunternd an und übergab mich an Edward, der grinsend einen Arm um mich legte. „Du wirst es überleben…“, flüsterte er mir zu und winkte Jasper, Rosalie, Emmett und Alice, die in ein anderes Gebäude gingen. Andrew kam auf uns zu, er war mit Rosalie gefahren, und gemeinsam gingen wir zu einem kleinen Gebäude.

„Ihr könnt das so leicht sagen. Was ist, wenn ich die Beherrschung verliere?!“, zischte ich, weil Schüler um uns herum standen. Ich wusste, wie schwach dieses Argument war, ich hatte nicht den leisesten Drang danach, einen meiner zukünftigen Mitschüler, die mich hier so neugierig musterten, an den Hals zu fallen – außer vielleicht, wenn sie so weiter starrten.

„Das ist völliger Blödsinn“, erklärte Bella gelassen. „Du bist schon seit zwei Jahren wieder Vegetarierin und hast kein Problem damit, unter Menschen zu sein.“ Edward und Andrew nickten zustimmend und Andrew und Bella blieben stehen, als wir das Gebäude erreichten und Edward mich leicht hineinschubste. Er schloss die Tür hinter sich und trat eine Art Theke. Eine Sekretärin saß an einem Schreibtisch und ordnete einigen Akten, als sie uns bemerkte, überschlugen sich ihre Gedanken. ‚Himmel die Berge! Wen schleppt Cullen denn da an? Schon wieder so ein hübsches Mädel…’

„Guten Morgen, Miss Granger“, begrüßte Edward die Frau höflich. „Mein Vater rief vor einigen Tagen an, wegen der Austauschschülerin.“ Miss Granger nickte und musterte mich. ‚Das ist sie also…’ „Sie braucht noch ihren Stundenplan.“ „Natürlich, natürlich…“ Sie wuselte zu einem Schrank, öffnete eine Schublade und kam wieder auf uns zu. „Hier, Miss Masen.“ Sie schob mir den Plan zu und ich lächelte dankend. „Sie ist ein wenig schüchtern“, lachte Edward und klopfte mir auf die Schulter. Miss Granger hatte kleine Fältchen um die Augen, die sich beim lächeln vertieften. ‚So ein süßes Mädchen…’ Ich konnte es fast schon nicht mehr hören, denn draußen empfingen mich die gleichen Gedanken wieder.

„Habe ich die gleichen Fächer wie ihr?“, fragte ich und Andrew antwortete: „Ja, Carlisle hat extra darum gebeten.“ Er zwinkerte mir zu und plötzlich wurde mir gewahr, auf welches Gebäude wir zusteuerten. Ein Blick auf den Plan bestätigte meinen Gedanken. „Doch, wir haben Sport“, sagte Edward, bevor ich die Frage stellen konnte und schob meine Kinnlade wieder hoch. „I… ich hab gar keine Sportsachen mit!“, versuchte ich mich rauszureden, aber Bella grinste überlegen. „Denkst aber auch nur du…“ „Ihr seid teuflisch!“, fluchte ich und Edward lachte. „Im Grunde liebst du uns.“ „Ganz, ganz tief im Grunde aber nur…“, grummelte ich vor mich hin, als Andrew und die Tür öffnete. Bella lenkte mich nach links, während die Jungs in einer Tür rechts verschwanden.
 

„Wie konntest du mir das antun?“, heulte ich, als wir die Sporthalle betraten. Wir waren viel zu früh und erst zwei andere Schüler waren da, die uns beobachteten. Edward schien das gar nichts mehr auszumachen, ihre aufdringlichen Gedanken zu machen, aber mich machte es wahnsinnig. Schließlich kam der Lehrer, ein scheinbar engagierter junger Mann, und richtete das Scheinwerfer auf mich.

„Guten Morgen euch allen. Wie ihr wahrscheinlich alle seht, haben wir eine neue Schülerin unter uns, Faye Masen. Sie nimmt an einem Austauschprogramm teil und kommt aus Amerika. Bitte seid nett zu ihr. Möchtest du uns vielleicht etwas über dich erzählen, Faye?“ Am liebsten hätte ich nein gesagt, aber schließlich sagte ich: „Eigentlich haben Sie schon die groben Dinge genannt, Sir. Ich bin siebzehn Jahre alt, stamme aus Chicago in den U.S.A. und werde jetzt für ein Jahr bei der Familie Cullen leben. Andrew ist mein Austauschpartner, er wird also in einem Jahr mit mir nach Chicago zurückkehren“, erklärte ich an die Klasse gerichtet und lächelte freundlich. Ein Junge war kurz davor zu kollabieren und ich kurz davor genervt die Augen zu verdrehen. Edward hingegen fand all das einfach nur lustig. Er und Andrew mussten darauf achten, nicht laut los zu prusten.

„Gut, dann lasst uns mal anfangen“, sagte der Lehrer und klatschte in die Hände. „Die Netze sind schon aufgebaut, holt euch Badmintonschläger. Erst einmal lockeres Aufwärmen, dann spielen wir im Doppel!“ Bella schnappte meine Hand und Edward ging gelassen rüber zu den Schränken mit den Schlägern. Die anderen Schüler schienen ihm freiwillig Platz zu machen, damit er vier Schläger für uns holen konnte. Er warf sie uns zu und unsicher fing ich meinen auf. Bella hielt mittlerweile einen Ball in der Hand und Andrew und Edward spielten sogar schon. „Bereit?“, fragte Bella mich und ich schüttelte energisch den Kopf. „Was, wenn wir auffliegen? Wenn ich den Ball zu doll haue oder so…?“, platzte es aus mir heraus, zu schnell, dass irgendjemand es hätte verstehen können. Bella beruhigte mich. „Wird schon nicht passieren und stell dich jetzt nicht so an. Wird schon schief gehen.“ Ohne weiter nachzufragen, warf sie den Ball ein Stück weit hoch und dreschte ihn übers Netz…
 

Wie ein Streifenhörnchen auf Drogen kam ich Jasper vor, als wir uns auf dem Weg nach Hause befanden. Er beugte sich nach vorn zu Edward und fragte leise: „Was habt ihr mit ihr gemacht? Vorhin war sie ja schon aufgeregt, aber das jetzt? Das ist doch nicht normal!“ „Mir geht’s gut, Jasper“, schwor ich und strahlte bis über beide Ohren. Edward dachte wohl das gleiche, denn er grinste auch. „Du meinst wohl eher wie ein radioaktives Atom…“ Ich streckte ihm die Zunge raus. „Wann fahren wir wieder zur Schule?“, fragte ich aufgekratzt und drehte mich zu Bella um, die bereits leicht genervt von meiner guten Laune war. Zu viel gute Laune war auch für sie anstrengend. „Morgen?“, fragte sie, als zweifle sie an meinem Geisteszustand. Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange und umarmte sie. „Der Tag war großartig! Es war so toll!“ „Carlisle und Esme wird das freuen“, meinte Andrew und drehte sich zu uns um. Den Rest der Fahrt schwiegen sie, denn ich erzählte alles, was geschehen war, etwa zwanzig Mal und als Esme uns zuhause empfing, erwartete sie ein Freudenfeuerwerk der ganz besonderen Art. Sie lächelte und schloss mich in ihre Arme. „Schön, dass es dir gefällt.“ Ich nickte begeistert und bemerkte erst jetzt, dass ich den ganzen Tag über nicht an Glenn gedacht hatte. Ermutigt folgte ich meiner Familie ins Haus und sprang Emmett auf den Rücken, sodass er mich lachend rein trug. Es ging mir gut. Meine Familie hatte es geschafft. Die Wunden begannen zu heilen… langsam aber sicher begannen sie, sich zu schließen. Ich war auf dem Weg zurück ins Leben.
 

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So, nach einer gefühlten Ewigkeit geht es hier endlich weiter. =) Aber in letzter Zeit bin ich wirklich nicht zum Schreiben bekommen und ich hoffe, ihr seht es mir nach, wenn ich auch in nächster Zeit eventuell ein wenig langsamer hochlade, weil mir jetzt ein schulisches Praktikum bevorsteht und ich da nicht ganz so viel Zeit haben werde.

Eine kleine Frage hätte ich auch noch: Wie findet ihr eigentlich Andrew und was mögt ihr an ihm (nicht)? Ich hatte nämlich eine kleine Idee, bei der ich noch nicht weiß, ob ich sie einfügen soll oder nicht und es wäre ganz gut, wenn ich wüsste, wie er euch gefällt. Schließlich soll euch die Geschichte gefallen. =)

Die verlorene und wieder gefundene Spur der Cullens

Das Feuer knisterte und eine Flamme züngelte auf einmal herauf. Esme summte leise vor sich hin, lag in Carlisles Armen und beobachtete es ruhig. Andrew und Jasper saßen in Sesseln, lasen irgendwelche Bücher, Rosalie und Bella spielten Schach, während ich mehr oder weniger gelangweilt daneben saß. Lediglich Alice und Edward wollten gegen mich spielen, weil wir immer wussten, was der andere vorhatte. Die anderen hatten aufgegeben, trotzdem noch gegen uns gewinnen zu wollen. Bloß Carlisle schaffte es hin und wieder uns etwas vormachen. Es war erstaunlich, wie perfekt die Volturi ihre Gedanken hin und wieder beherrschen konnten. Die Cullens wirkten da wie Anfänger.

„Weiß eigentlich jemand, wann Emmett, Alice und Edward wiederkommen?“, fragte Jasper und sah von seinem Buch auf. „Alice hat vorhin angerufen. Sie sagte, es könnte spät werden“, antwortete Rosalie gedankenverloren und schubste einen von Bellas Türmen vom Feld. Jasper seufzte und blätterte die Seite um. „Was liest du denn?“, wollte ich wissen und er hielt es kurz hoch. „Einen von Alice’ Kitschromanen. Kaum zu glauben, was sie liest…“ Ich lachte und setzte mich auf die Sessellehne, lehnte mich an seine Schulter und las mit.

…Sein Atem schlug gegen ihr Gesicht und sie glaubte, die Welt stände still. Kein Blatt regte sich mehr an diesem zuvor so windigem Novemberabend und die Kälte zerrte an ihren Nerven. Es war schwer ihm zu widerstehen, wie er da so vor ihr stand. Groß, stark, maskulin und Wärme ausstrahlend. Sie wollte in seine Arme fallen, um der Kälte zu entfliehen und um ihn endlich nah zu sein, doch sie traute sich nicht. Er funkelte sie so unendlich wütend an. Lieber stände sie eine ganze Ewigkeit in dieser Kälte, als nun einen Schritt auf ihn zuzumachen…

„Das soll sie mal ausprobieren!“, lachte ich. „Da fällt sie ihm doch eher um den Hals, als eine Ewigkeit dort zu verbringen.“ Jasper fiel in mein Gelächter mit ein. „Und das liest wirklich Alice?“ Er nickte. „Oh Mann! Carlisle, ich glaub, du müsstest mal Alice behandeln. Sie ist sehr krank. Sie leidet nämlich an extremer Geschmacksverirrung“, grinste ich meinen Ziehvater an. Er lächelte und sagte nur: „Ich werde mal sehen, was ich tun kann.“ Ein Augenzwinkern.

Ich drehte mich wieder zum Buch und hang eine ganze Weile an Jaspers Schulter, bis jemand die Tür im Erdgeschoss öffnete. Wenige Augenblicke später standen Emmett, Alice und Edward in der Tür und Alice kam zu uns herübergeschwebt. „Na, was lest ihr da?“, fragte sie neckisch und gedankenverloren antwortete ich: „Den größten Kitsch seit Vampirgedenken.“ Interessiert beugte sie sich über Jaspers andere Schulter und erstarrte. „Das ist mein Buch!“ Ich zuckte zusammen, als ich bemerkte, was ich gesagt hatte und Emmett und Edward brachen sofort in bärenartiges Gelächter aus. „Tut mir Leid“, versuchte ich noch annähernd ernst hervorzubringen, aber schon prustete auch Alice los und mit der vorherigen Stille im Zimmer es endgültig vorbei. Alice und ich mussten uns vor Lachen auf den Boden setzen und als Jasper uns nach einigen Minuten wieder aufhalf, waren wir immer noch am kichern.

‚Diese stinkenden Parasiten…’

Die Köpfe von Edward und mir schossen im selben Moment herum und unsere Blicke verweilten draußen auf der verschneiten Landschaft hinter dem Fenster. Fragend sah ich Edward an. Ich wusste, dass uns die anderen genau beobachteten. „Wir müssen hier weg“, flüsterte Edward so leise, dass kaum jemand es verstand, doch wir wussten auch so, was er meinte. Andrew stand auf und schlich zum Fenster. Seine Bewegungen waren nicht hörbar, als er schließlich am Fenster stand und Esme das Licht ausschaltete. Lange sah er hinaus und ich war mir sicher, dass er sein Talent einsetzte. Ein nahezu unglaubliches Talent. Wenn er sich nur stark genug konzentrierte, konnte er problemlos Menschen und Vampire in seiner Umgebung orten und herausfinden, wie nah sie dran waren. Bei Werwölfen war das wahrscheinlich nicht anders. „Wenn wir Edwards Aston Martin, Fayes Mercedes und Rosalies Audi nehmen, dürften wir noch rechtzeitig von ihr wegkommen.“ Wie auf Kommando standen wir auf und gingen nach einander hinaus. Andrew ging als letzter. „Wie viele?“, fragte Carlisle, als er die Tür zur Garage öffnete und Andrew senkte den Blick. „Zu viele. Das schaffen wir nicht. In den letzten Jahren sind immer wieder Werwölfe hinzugekommen, die sich den Alten anschlossen.“ Ein kehliges Knurren kam aus Emmetts Richtung. „Am liebsten würde ich sie zu Haferbrei verarbeiten…“, drohte er, stieg aber freiwillig ins Auto ein. Ich setzte mich schnell auf den Fahrersitz und Andrew auf den Beifahrersitz. Emmett, Alice und Jasper fuhren bei Rosalie mit, Bella, Carlisle und Esme bei Edward.

‚Faye, du und Andrew, ihr fahrt vor’, erklärte mir Carlisle und ich drehte den Zündschlüssel um, die Lichter leuchteten auf und mit quietschenden Reifen fuhr ich durch das geöffnete Garagentor. Andrew legte beruhigend seine Hand auf meine, die ich auf dem Schaltknüppel liegen hatte – eine Automatikschaltung verletzte meine Ehre. Auch Rosalie und Edward fuhren nur mit manueller Schaltung.

„Es wird alles gut“, flüsterte Andrew leise und über den Rückspiegel sah ich, dass nun auch Rosalie Gas gab. „Wenn sie auch diesen einen Gedanken vor uns versteckt hätten, wären wir jetzt schon so gut tot!“, zischte ich Andrew zu und er seufzte. „Sie konnten ihn aber nicht verstecken. Er ist irgendwem rausgerutscht und das Rudel wird ihn dafür garantiert förmlich auseinander reißen.“ Ich sah ihn lange an, auf die Straße achtete ich nur halbherzig. „Wir werden ihnen wieder entkommen“, bläute Andrew mir ein, aber ich zweifelte. „Wir können nicht immer weglaufen. Das muss doch irgendwann ein Ende haben.“ „Faye, das sind mindestens vierzig Wölfe. Das würden nicht einmal die Volturi schaffen!“

Ich erstarrte, als mir ein Gedanke kam. ‚Edward, denkst du dasselbe wie ich?’, fragte ich meinen Bruder, der mehrere hundert Meter hinter uns war und ich konnte sein Grinsen förmlich sehen. ‚Ich gebe Carlisle Bescheid. Deine Idee ist gut.’

„Was ist los?“, fragte Andrew, der mich mittlerweile so genau kannte, dass er wusste, wann ich mit Edward sprach. Er stand mir fast so nah wie Edward. Kurzerhand erklärte ich ihm meinen Plan. „Das ist gut“, lobte er und ich seufzte. Ja, meine Idee war gut. Doch ich betete, dass der Preis nicht zu hoch sein würde.
 

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Jaah, ich lebe noch! xD Leider ist es nicht so lang geworden, dafür ist meine Zeit zu knapp bemessen und ich wollte euch nicht zu lange warten lassen. Schreibt mir eure Meinung! =)

Die Allianz der Vampire

‚Der Denali-Clan gibt sein Okay.’ „Denali-Clan stimmt zu“, sagte ich Andrew erleichtert und er lächelte. „Du wirst sehen. Wir werden diese stinkenden Viecher aus dem Weg räumen. Wir werden nicht länger vor ihnen fliehen müssen.“ Ich nickte zitternd, denn die Anspannung wollte nicht von mir abfallen. Mein ganzer Körper stand unter einer Spannung, die ich so noch nie erlebt hatte. Ich spürte jede Faser meines Körpers, jeden Nerv, der einen Impuls weiterleitete.

‚Halt an’, sagte Edward und ich stoppte sofort auf dem Seitenstreifen. Kurz darauf hielt Rosalies Audi und bald stand auch der schwarze Aston Martin. Andrew und ich stiegen aus und Carlisle sah besorgt in die Runde. „Faye und Edward hatten eine Idee“, erklärte er Rosalie, Emmett, Jasper und Alice. „Wir werden Allianz bilden. Allein kommen wir gegen vierzig Wölfe nicht an, das würden auch die Volturi nicht schaffen und wir müssen bedenken, dass wir bereits die zweitgrößte Familie sind. Die Wölfe werden mittlerweile eine immer größere Bedrohung für alle Vampire, wir können nicht wissen, wie viele ihnen schon zum Opfer gefallen sind, während sie auf der Suche nach unserer Spur waren – und ich glaube, das wollen wir gar nicht. Der Denali-Clan hat bereits sein Einverständnis gegeben. Sie sind bereits auf dem Weg nach London, wo wir sie abholen werden. Aber dann sind wir gerade einmal fünfzehn Vampire. Immer noch nicht genug für die Wölfe.

Deshalb hat Faye einen Vorschlag gemacht. Es geht darum, dass wir möglichst schnell, möglichst viele Vampire zusammentrommeln. Es geht um das Wohl aller und wer ist da bessere Unterstützung als die Volturi?“ Jasper sah mich Stirn runzelnd an. „Bist du dir sicher, dass du das willst?“, fragte er und ich nickte. „Ich will nicht weiter auf der Flucht vor einem Haufen zotteliger Hunde leben“, antwortete ich bissig und suchte nach Andrews Hand und als ich sie fand, drückte er sie sanft, um mich zu beruhigen. Edward spendete mir aufmunternde Gedanken. „Du wirst Glenn begegnen“, sagte Rosalie ruhig und ließ den Blick nicht von mir. „Ich weiß, aber ich bin über ihn hinweg. Wir haben uns Jahre nicht mehr gesehen und ich habe ihn schon fast vergessen.“ Jeder von ihnen wusste, dass ich log, dass sich die Balken bogen, doch keiner sagte es laut.

„Und woher willst du wissen, dass Aro, Caius und Markus da mitziehen?“, wollte Emmett wissen. „Ich erwarte eine gewisse Loyalität von Aro. Schließlich war ich lange Zeit seine Gesellschafterin und eine ergebene Wache der Volturi. Ich erwarte, dass sie mir diesen Gefallen tun. Schließlich geht es hier nicht nur um, sondern um alle Vampire. Wenn wir die Wölfe nicht aufhalten, werden sie sich weiterhin vermehren und sich langsam auf den Vormarsch begeben. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie schließlich vor den Toren von Volterra ständen.“ Carlisle nickte. „Sie hat Recht. Allein können die Volturi die Werwölfe nicht besiegen, aber wenn wir jetzt eine Allianz bilden und alle starken Familien versammeln, dürfte es nicht weiter schwer sein. Wir werden die Verluste niedrig halten können.“ Jasper machte ein nachdenkliches Gesicht. „Du könntest eine Strategie für uns entwerfen, Jasper. Jemand von den Volturi wird dir sicher helfen“, erklärte Carlisle. „Deine Erfahrung als Mensch beim Militär wird nützlich sein.“ Er nickte. „Kein Problem.“ „Dann auf nach London“, murmelte Esme und lächelte das aufmunternde Lächeln, das wir alle liebten. Einen Moment blieben wir noch stehen, dann setzten wir uns in unsere Wagen und Carlisle zückte bereits wieder sein Handy. ‚Aro wird helfen müssen’, dachte er und einerseits wünschte ich mir, dass er mich telefonieren lassen würde, andererseits fürchtete ich mich davor. Ich würde mich meiner Vergangenheit stellen müssen, daran führte kein Weg vorbei.

„Es wird alles gut“, flüsterte Andrew mir zu, als ich den Motor startete. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Ich hoffe es. Ich meine… irgendwie reite ich mich immer wieder selbst in die Scheiße.“ „Das stimmt doch gar nicht“, versuchte er mich zu beruhigen. „Doch! Das tut es! Ich folge Glenn zu den Volturi und verlasse meine Familie dafür. Mir geht es scheiße und ich kehre zurück. Mir geht es wieder scheiße, weil Glenn mir nicht folgt und ich schaffe es irgendwann wieder zu lachen und dann? Dann wähle ich wieder den Weg, der zu Glenn führt!“ „Pscht…“, murmelte Andrew und beugte sich zu mir rüber. Er legte seine Hand in meinen Nacken und drehte meinen Kopf in seine Richtung, sodass ich ihm in die Augen sehen musste – auf die Straße achtete keiner von uns. „Du bist über Glenn hinweg. Du bist stark. Du wirst nicht schwach werden und du wirst weiterleben. Das verspreche ich dir“, schwor er und ich nickte mit trockener Kehle. „Danke…“, krächzte ich. Er lächelte. „Ich konnte Glenn übrigens noch nie leiden“, grinste er und ich kicherte leise. „Na dann…“
 

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Sooo... hab mich heut endlich mal wieder hingesetzt und was für euch getippselt. =) Freu mich auf eure Kommis!

Blutendes Herz

Tanya, Carmen, Eleazar, Kate und Irina landeten am Londoner Flughafen, doch einzig Carlisle, Esme, Alice und Edward holten die fünf ab. Carlisle hatte gemeint, wir alle würden zuviel Aufmerksamkeit auf uns ziehen – womit er wohl Recht hatte.

So warteten wir gespannt in einem Londoner Hotel auf ihre Ankunft, als Andrew plötzlich aufsprang und zum Fenster lief. „Was ist los?“, fragte Emmett sofort und folgte ihm. „Vampire nähern sich“, flüsterte Andrew und drehte sich zu mir um, doch ich hatte mein zweites Gehör schon auf Empfang gestellt. Mein Herz hätte am Liebsten schneller geschlagen, wäre es nicht ein eisiger Klumpen gewesen, als ich die Stimmen identifizierte. „Was ist los?“, fragte Rosalie besorgt und Jasper legte beruhigend seine Hand auf meine. „Die Volturi sind bereits da“, hauchte ich und Andrew sah wieder aus dem Fenster. „Wie konnten sie so schnell hier sein?“, murmelte er leise. Niemand von uns kannte die Antwort und sie war uns auch egal, Jasper und Rosalie waren bereits auf dem Weg zur Tür. „Komm“, lächelte mich Bella an und reichte mir ihre Hand. Ich nahm ihre Hand, erhob mich vom Bett und folgte ihr gemeinsam mit Andrew und Emmett.

Die Stimmung im Fahrstuhl war seltsam entspannt und ich schielte leicht misstrauisch zu Jasper rüber, der davon jedoch scheinbar nichts mitbekam. Emmett zückte sein Handy und wählte eine Nummer. „Hallo, Carlisle, ich bin’s, Emmett. Die Volturi sind bereits da. … Nein, ich denke nicht, dass ihr kommen müsst. Wartet auf Irina und die anderen. Wird schon gut gehen. … Wir haben keine Ahnung, wie viele. Wir werden’s sehen. … Okay, bis nachher. – Eleazar und die anderen sind zwar noch nicht gelandet, aber die anderen werden so schnell kommen, wie es geht“, erklärte er uns, als sich die Türen gerade öffneten. Wir durchquerten die Lobby, die in einer unheimlichen Stille lag. Menschen waren zwar da, doch sie schienen sich zu fürchten, ein Wort zu sagen. Die zwanzig in Kutten gehüllten Gestalten drehten sich langsam nach und nach zu uns um, als wir uns ihnen in menschlicher Geschwindigkeit näherten und ich sah die roten Augen aufblitzen.

Rosalie und Jasper traten vor. Rosalie war am längsten von uns Anwesenden Mitglied der Familie Cullen und Jasper war der älteste Vampir unter uns. Sie waren unsere Sprecher, daran bestand kein Zweifel. Doch sie ließen eine Lücke zwischen sich und Emmett schubste mich sanft nach vorn, sodass ich zwischen ihnen stand.

Obwohl ich die Gesichter nicht richtig erkennen konnte, sprach ich die Kutte direkt an. „Aro.“ „Faye.“ Ein freundliches Lächeln schlich sich um die Lippen meines Gegenübers, als dieser die Kapuze abnahm. Die Gestalten links und rechts von ihm taten es ihm nach. Markus und Caius. Caius wirkte seltsam zerknirscht bei meinem Anblick, was kein größeres Wunder war, schließlich war ich die Einzige, bei der seine Fähigkeiten versagt hatten.

„Vielen Dank, dass ihr gekommen seid“, hieß ich sie willkommen und Aro und Markus nickten. „Wir wissen ja, was auf dem Spiel steht.“ Unauffällig musterte ich für einen Moment die anderen Personen und machte einige alte Bekannte aus. Jane und Alec waren dabei, ebenso Demetri und Felix.

„Wir haben Carlisle eben darüber verständigt, dass ihr schon hier seid“, erklärte Jasper. „Er wird uns außerhalb der Stadt erwarten, wenn ihr unseren Wagen also folgen würdet? Hier seid ihr doch ein wenig auffällig.“ Er reckte den Kopf leicht zur Seite und Aro sah sich kurz um. „Wie wahr“, seufzte Aro schließlich und Jasper und Rosalie nahmen mich in ihre Mitte, als wir hinausgingen. Draußen setzte ich mich ans Steuer meines Mercedes, während Rosalie in den Wagen hinter mir stieg. Die ganze Volturigarde setzte sich ebenfalls ans Steuer.

„Was hast du?“, fragte Andrew. Wir waren wieder allein. Völlige Stille herrschte im Wagen. „Ich lausche schon die ganze Zeit, aber ich höre ihn nicht.“ „Glaubst du, sie haben ihn in Volterra gelassen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Glenn gehört zu ihren besten. Sie hätten ihn nicht dort gelassen. Nicht für alles Blut der Welt. Da könnten sie auch Jane dalassen.“ Er sah aus dem Fenster. „Vielleicht tarnt er seine Gedanken.“ „Vielleicht…“

Wir schwiegen eine ganze Weile, dann sagte ich: „Ich bin übrigens sehr froh, dass Carlisle dich damals verwandelt hat. Du warst der einzige richtige Freund, den ich unter den Menschen je hatte und ich glaube nicht, dass ich es ertragen hätte, wenn ich zurückgekehrt wäre und dein Grabstein hätte auf dem Friedhof gestanden.“ In meinem Kopf sah ich das Bild schon vor mir. Andrews Grab, das hätte ich nur schwer verkraftet.

„Das sagst du doch nur so, weil wir uns jetzt so gut verstehen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, das habe ich dir schon einmal gesagt. Du warst immer jemand besonderes für mich – auch wenn du mich zu Beginn ziemlich genervt hast mit deinen Vampirwitzen. Glenn und ich haben uns ziemlich darüber lustig gemacht.“ Er lächelte schwach. „Tja… wer hätte das damals auch gedacht, dass ihr wirklich Vampire seid… du und deine Familie... Unsere Familie.“

Wieder ein langes Schweigen, in dem ich nach Glenns Gedanken suchte. Aber ich fand sie nirgends. Hatten sie ihn möglicherweise doch zurückgelassen?

„Übrigens“, sagte ich irgendwann, „bin ich echt froh, dich als Freund zu haben.“ Andrew sah mich kurz an, dann sah er wieder aus dem Fenster, als wäre er versteinert. Mit aller Kraft versuchte er, seine Gedanken vor mir zu verbergen, doch er war noch lange nicht so gut wie die Volturi. Alles sickerte zu mir durch. Und es tat weh. So unendlich weh. Und ich war froh, kein Herz mehr zu haben, das bluten konnte.
 

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Mann, hierfür war es echt schwer einen Titel zu finden... @.@ Aber ist ja noch geglückt. ^^ Ich hoffe doch sehr, es hat euch gefallen. =) Mal gucken, was noch so kommt. Freu mich wie immer auf eure tollen Kommentare. *ich hab die tollsten leser der welt... sing* xD

Verspätung

Wir erreichten die offene Grasebene schnell, auf der wir uns mit den anderen treffen wollten und die von Wald umschlossen war. Als wir ausstiegen, trugen die Volturi zwar keine Kutten mehr, doch ich fand Glenn immer noch nicht. Ich wusste nicht, ob ich enttäuscht oder froh darüber sein sollte. Andrew nahm meine Hand und zog mich rüber zu Emmett und Bella. Bella sah sich skeptisch zu uns um, doch als sie immer noch an einen Platz hinter uns starrte, als wir direkt vor ihr standen, ahnten wir, dass wir nicht gemeint waren. „Was ist los?“, fragte ich sie, aber sie reagierte gar nicht. „Bella?“ Ich folgte ihrem Blick, aber er heftete lediglich auf einigen Volturi. Vielleicht sechs oder sieben Stück. An denen war nichts großartig Besonderes.

Ich fuchtelte vor ihrem Gesicht herum und widerwillig riss sie den Blick los. „Was ist los?“ „Wo hast du denn eben so hingestarrt?“, fragte ich irritiert, doch sie antwortete mir nicht. Ich hasste es, dass ich ihre Gedanken nicht lesen konnte.

Rosalie kam auf uns zu und gemeinsam gingen wir zu Caius, Markus und Aro, die mit Jasper auf uns warteten. „Wisst ihr, wann Carlisle und die anderen eintreffen?“, fragte Jasper beunruhigt. „Nein, der Flieger hat Verspätung“, erklärte Emmett. „Warum?“ „Weil die Wölfe ganz in der Nähe sind“, flüsterte Andrew und rümpfte die Nase. „Aber solange sie nicht wissen, wie viele wir sind, werden sie sich nicht nähern“, murmelte ich und nahm leise Stimmen in weiter Entfernung war.

‚Dieser süße Geruch ist widerlich…’

‚Wie haben die es geschafft, sich so schnell zu vermehren? Ist hier irgendwo ein Nest oder so?’

‚Wie viele sind das wohl?’

‚Ich will kotzen… die stinken ja…’

‚Ich glaub, mir wird schlecht.’

‚So viele Vampire…’

‚Das ist doch nicht möglich! Eben waren sie noch zu zehnt! Das sind mindestens doppelt so viele!’

„Hör ihnen weiter zu, Faye“, sagte Aro ruhig und ich sah ihn scharf an. „Hatte ich vor, Aro.“ Er rollte mit den Augen und lächelte. Ich erwiderte das Lächeln. Das ewige Spiel, wenn wir damals Caius belauscht hatten. Aro war wie ein kleines Kind. Furchtbar neugierig und musste immer alles wissen. Zudem war er viel zu fasziniert von meiner Gabe gewesen, um sie nicht für seine Zwecke zu nutzen.

Ich nutzte die Chance, um ihn ein wenig zu mustern. Er wirkte seltsam dürr und kraftlos. Nahezu kränklich. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Vampire keine Altersschwäche vorweisen, hätte ich es glatt für möglich gehalten. Schließlich hatte Aro schon ein paar Jährchen auf dem Buckel.

Bella erschien wie aus dem Nichts zwischen mir und Andrew. Ich zuckte kaum merklich zusammen. „Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst dich nicht immer so komisch verhalten?“, fluchte ich leise und sie sah mich groß an. „Tut mir Leid…“ „Sagst du mir jetzt, wo du eben so fasziniert hingestarrt hast?“ Sie öffnete schon den Mund, um etwas zu antworten, als eine kleine Hand auf meine Schulter tippte. Ich drehte mich um und musste den Blick senken, damit ich das kleine Mädchen sah. „Jane“, lächelte ich gequält. Sie lächelte auch, aber es war das freundliche und ungefährliche Lächeln. Alles andere hätte ich ihr übel genommen. Sie umarmte mich. „Wie schön dich wieder zu sehen, Faye“, sagte sie und ich nickte. „Freut mich ebenfalls. Ist ja schon ein Weilchen her.“ Sie nickte auch. „Viel zu lange, wenn du mich fragst. Wie geht es dir?“

Die Unterhaltung war so simpel, dass es fast schon wehtat. So simpel, dass ich mir beinah die täglichen Gespräche mit ihr zurückwünschte.

„Lass uns ein Stückchen gehen, ja?“, schlug sie vor und langsam gingen wir in Wald. „Passt auf euch auf!“, rief Andrew uns noch hinterher, aber ich winkte ab.

Plötzlich bemerkte ich einen Schatten hinter einen Baum und als ich mich zu Jane umdrehen wollte, um ihr zu sagen, dass wir umkehren sollten, war sie verschwunden. „Jane?“, fragte ich verwundert und langsam dämmerte es mir, wieso ich zwar einen menschlichen Schatten sah, aber nichts hörte. Es gab nur ein Wesen, dass es so perfekt beherrschte, seine Gedanken zu verbergen. Nur ein Wesen, das mir vormachen konnte, dass ich allein war, obwohl das Wesen im Raum war, wenn man von Bella absah - und Bella stand noch bei den anderen.

„Widerliche Sadistin“, zischte ich in die Dunkelheit hinein und schloss die Augen.

„Sei ihr nicht böse, ich habe sie darum gebeten“, erklang eine samtig dunkle Stimme hinter mir und strich mir das Haar nach hinten auf den Rücken. Schauer liefen mir über den Rücken. Ob gut oder schlecht wusste ich nicht.

„Es ist nicht ihre Schuld“, beteuerte die Stimme wieder und legte die Hände auf meine Hüfte, roch an meinem Hals. In tiefen Zügen atmete der Vampir ein.

„Es ist meine Schuld.“
 

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Ein bisschen kurz, ich weiß, aber dafür kann ich mir vorstellen, dass das nächste Kapitel recht spannend wird. ;) Das hat auch mindestens 1000 Wörter! Versprochen! *hofft, dass ihr genug einfällt* xD Also schön fleißig Kommis schreiben, dann geb ich mir ganz viel Mühe, bis Samstag fertig zu sein. =)

You’re killing me, killing me. All I wanted was you.

Ö.Ö

Zu Anfang will ich sagen, dass das Kapitel nicht so gedacht war. x) Andrew und Faye haben sich hier wirklich selbstständig gemacht! xD

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„Glenn“, flüsterte ich in die Nacht und versuchte mich loszureißen, aber sein Duft vernebelte meine Sinne. Kein klarer Gedanke wollte zustande kommen und ich ließ mich von ihm umdrehen, sodass ich seine Brust sah. Langsam hob er meinen Kopf und ich sah ihm in die Augen. Rot funkelten sie mich an. Ich schluckte.

„Gold steht dir ausgesprochen gut, muss ich sagen“, hauchte er. „Wirklich erstaunlich…“ „Es dürfte nicht mehr ganz gold sein bei all der Anspannung“, versuchte ich widerspenstig zu antworten, doch es klang nur erbärmlich. „Aber immer noch sehr schön.“ Er zog mich enger an sich und ich spürte seinen süßlichen Atem auf meiner Haut. Wenn ich nicht bald die Situation entschärfen würde, würden die Wunden ohne Erbarmen aufreißen… da war ich mir zu hundert Prozent sicher. Es würde mich umbringen. Endgültig. Glenn würde mich töten. Wie in diesem Lied.

„Come. Break me down. Bury me, bury me. I am finished with you. Look in my eyes. You’re killing me, killing me. All I wanted was you.“

„Komm. Mach mich kaputt. Begrabe mich. Begrabe mich. Ich bin fertig mit dir. Sieh in meine Augen. Du tötest mich… tötest mich. Alles, was ich wollte, warst du.“

Wie alt war das Lied? Es musste schon mehr als zwei Jahrhunderte hinter sich haben. Und noch immer kannte ich seinen Text.

„Du bringst mich um“, flüsterte ich und er lächelte. „Red keinen Unsinn, Faye. Das könnte ich nie tun.“

‚Wo ist sie nur?’ Andrews Gedanken nüchterten mich aus.

„Das tue ich auch nicht. Ich rede keinen Unsinn“, sagte ich mit fester Stimme und an seiner Mimik konnte ich erkennen, dass auch mein Blick fester wurde. „Aber eines Tages wirst du mich umbringen. Du wirst wieder mein Herz brechen, wenn du gehst, also bitte, fang nicht an damit zu spielen. Das ertrage ich nicht noch einmal.“ Er senkte den Blick. „Faye…“ „Nein, komm mir nicht damit. Ich habe mit Mühe die Wunden geschlossen, die du hinterlassen hast und ich sage dir: es war hart. Hätte meine Familie mir nicht immer wieder aufgeholfen, wenn ich gefallen wäre, wäre ich liegen geblieben – wegen dir.“ Ich befreite mich aus seiner Umarmung und stolperte ein paar Schritte zurück. „Aber ich…“ „Hör zu, Glenn“, unterbrach ich ihn wieder. „Ich habe dich über alles geliebt. Du warst mein Leben, dir gehörte ein großer Teil meines Herzens, aber ein anderer sehr großer und wichtiger Teil gehörte und gehört noch immer meiner Familie. Ich habe damals darauf vertraut, dass du mit mir zurückkehrst, doch ich scheine mich in dir getäuscht zu haben. Also hör auf mich zu zerstören. Am besten ist es, wenn wir uns hiernach endgültig nicht mehr sehen.“

‚Nein, nein, nein, nein… das kann nicht sein!’ Seine Gedanken wurden mir entgegen geschrien, er verlor jegliche Kontrolle über sich. Sie entglitt ihm einfach so. Wut, Verzweiflung und Enttäuschung kämpften in ihm um die Vorherrschaft und ich hörte eine leise Stimme, die flüsterte: „Im Wald, Andrew…“ Den Bruchteil einer Sekunde stand Andrew neben mir. „Du solltest sie in Ruhe lassen“, zischte er Glenn zu und legte einen Arm um meine Schulter. In seinen Gedanken kämpften ganz andere Dinge gegen einander. Eifersucht, Brüderlichkeit und… ich brachte es nicht übers Herz, den Satz zu Ende zu denken.

Glenns Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Misch dich da nicht ein. Das geht dich nichts an.“ „Oh doch. Das geht mich etwas an“, erklärte Andrew. „Ach, komm. Du hast doch keine Ahnung, was zwischen mir und Faye ist.“ Andrew lachte. „Aber du? Wer erinnert sich denn nicht an die ganze gemeinsame Zeit? Ich habe sehr viel von Faye gehört. Es ging ihr so oft so mies und das schlimmste ist, dass sie als Vampir weder weinen noch schlafen kann, um sich ein wenig von den Schmerzen zu befreien. Du hast sie angefahren und blutend liegen lassen, Glenn.“

Er spuckte den Namen förmlich aus.

„Ich erinnere mich auch noch sehr gut daran, wie es ihr damals ging, als ich noch ein Mensch war und ich weiß noch sehr gut, wie seltsam sie war, weil sie dich liebte, es aber nicht einsah. Es ging ihr schlecht und als sie dann zu dir fuhr, war ich erleichtert, dass es ihr besser ging, obwohl es wehtat, sie in Gedanken schon mit einem anderen zu sehen.“

Andrew schien auszupacken, was er all die Zeit nicht hatte sagen können, doch ich wusste, dass da noch so viel mehr war. So viel mehr, was er nicht wagte auszusprechen.

„Und ich habe gesehen, wie es ihr ging, als du sie zurückgelassen hast. Das war nicht mehr Faye. Vielleicht hatte ihre Zeit bei den Volturi einiges dazu beigetragen, aber letztendlich war es dein Verlust, der sie innerlich sterben ließ, bis sie endlich wieder wusste, wie man lebte. Du bist an allem schlechtem in ihrem Leben schuld, Glenn.“

Ich wollte sagen, dass das so nicht stimmte, dass ich wusste, was ich Glenn zu verdanken hatte und es hatte auch schöne Zeiten in Volterra gegeben, doch im Endeffekt steuerte Andrew in die richtige Richtung. Mein Leben als Vampir war immer gut gewesen, es sei denn, Glenn war aufgetaucht und wieder zu einer Erinnerung geworden, kaum dass er wirklich da war.

Andrew wollte mich langsam zurückziehen, doch Glenn hielt ihn auf. „Dann bist du hier also der Engel, der sie vor dem Abgrund bewahrt hat, was?“, spottete er. „Du hast sie wahrscheinlich gerettet und ihr deine ewige Liebe gestanden.“ Andrew sah ihn ernst an und nickte. „Ja, und sie erwidert sie. Wir lieben uns und sind glücklich miteinander.“ Ich war nur den Bruchteil einer Sekunde vorgewarnt gewesen, als er sich dazu entschloss, seine Aussage mit einem Kuss zu unterstreichen.

‚Es tut mir Leid, ich habe mich provozieren lassen’, dachte er entschuldigend, doch ich war so hin und her gerissen von meinen verwirrenden Gefühlen, dass ich ihn kaum noch hörte. Seine Lippen waren weich und nachgiebig und nach dem ersten Moment des Schocks schloss ich die Augen, legte meine Hand in seinen Nacken und stellte mich noch ein wenig auf die Zehenspitzen. Er roch auch süßlich – wie jeder Vampir halt – doch auf eine völlig andere Weise. Seine Hände legten sich auf meine Hüften und wir vergaßen völlig die Welt um uns. Nach scheinbaren zehn Ewigkeiten lösten wir uns voneinander und in meinem Bauch flogen die Schmetterlinge, als hätte ich tausende von ihnen verschluckt.

Glenn. Wie ein Pistolenschuss kehrte sein Name in meine Gedanken zurück und ich drehte mich zu ihm um, doch er war verschwunden. Einzig ein einzelnes Blatt regte sich im Wind.
 

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*hust* Bitte steinigt mich nicht. ^^ Na ja, was mich mal so interessieren würde, wäre, für wen ihr seid. Andrew oder Glenn. Ich kann mich momentan nämlich echt nicht für einen der beiden entscheiden und bei euch scheint es ja zwei Lager zu geben.

Freu mich auf eure Kommis und noch ein schönes Weihnachtsfest. =)

Verstärkung

Andrews Hand schloss sich um meine, doch ich entzog sie ihm wieder. „Verzeih“, keuchte ich und hielt mir die Hand vor den Mund um die tränenlosen Schluchzer zu ersticken. Meine Knie wurden weich und gaben nach. Ich spürte den kalten spätherbstlichen Boden durch die Hose und verbarg das Gesicht in den Händen. Was hatte ich getan?

„Pscht…“, machte Andrew und hockte sich neben mich, um mich an sich zu drücken. „Entschuldige mich. Ich hätte das nicht tun dürfen…“, flüsterte er, doch ich schüttelte den Kopf. „Nein, nein, dir soll es nicht leid tun… mir, mir müsste es leid tun“, schluchzte ich. „Faye“, versuchte er mich zu beruhigen, doch minutenlang saßen wir dort und nichts schaffte es, mich ruhig zu stellen. Plötzlich zwängte sich eine andere Hand als Andrews zwischen mein Gesicht und seinen Pulli und Edward sah mich aus seinen goldenen Augen heraus an. „Es ist alles gut“, flüsterte er leise und lächelte. „Glenn geht es gut. Er ist eben zur Gruppe zurückgekehrt.“ Ich warf mich in seine Arme und er hob mich hoch. „Andrew, geh zu Carlisle und sag ihm, dass ich mich um Faye kümmere und sag Bella, dass ich sie schon wieder gerade biege. Sie braucht sich also keine Sorgen zu machen. Außerdem ist Kate sehr interessiert daran, dich mal wieder zu sehen“, erklärte er und setzte mich auf einem umgefallenen Baumstamm ab. „Sieh mich an“, befahl er und widerwillig tat ich, was er sagte. Ich fühlte mich so schlecht. So abtrünnig und falsch, wie man sich nur fühlen konnte.

„Hör auf so zu denken, Faye.“ Auf seiner Stirn bildeten sich Sorgenfalten und er legte seine Hände auf meine Knie. „Warum darf ich nicht einfach glücklich sein und andere glücklich machen?“ „Du machst doch andere glücklich. Du machst mich glücklich. Du bist meine kleine Schwester und ich habe dich sehr lieb. Und Bella und Alice und Emmett und Rosalie und Esme und Carlisle und Jasper und Andrew denken genauso“, widersprach Edward sanft und sah mich eindringlich ein. „Aber warum verletze ich Andrew dann? Erst küsse ich ihn und dann…“ Der Rest des Satzes ging in einem Schluchzer unter und mein Bruder, der mich besser als jeder andere kannte, weil er direkten Einblick in meine Gedankenwelt hatte, legte den Kopf ein wenig schief. „Wenn du ihn so sehr verletzen würdest, hätte er nicht eben noch gehofft, dass es dir bald besser ginge. Er ist einzig um dich besorgt.“

Wir sahen uns lange in die Augen, bis er mir aufhalf und mich langsam zurück zu den anderen führte. Andrew nahm mich in den Arm und ich lehnte meinen Kopf an seine steinerne Brust. ‚Geht es wieder?’, fragte er leise und ich nickte. „Danke“, flüsterte ich Edward zu, doch er zwinkerte mir bloß zu und gesellte sich zu Carlisle und Esme, die sich mit den Neuankömmlingen vom Denali-Clan unterhielten. In dem Moment entdeckte mich Irina. „Faye!“ Sie stürmte zu mir herüber und umarmte mich herzlich. „Wie schön dir endlich wieder zu begegnen. Das muss Jahrzehnte her sein, dass wir uns sahen.“ Ich lächelte unsicher. „Nicht ganz. Nur zwei Jahre. Kurz nach meiner Rückkehr“, murmelte ich und sie nickte. „Stimmt, habe ich ganz vergessen.“ „Tja…“, erklärte ich und sah zu Carlisle rüber, der sich nichts anmerken ließ, obwohl er garantiert schon wusste, was vorgefallen war.

Ein Wolfsheulen ließ mich herumfahren, ebenso die anderen und fünfunddreißig Vampire sahen zum Waldrand hinüber, wo sich still einzelne Schatten zwischen den Bäumen bewegten. Neben mir ging Aro in die Hocke, ebenso Andrew schräg vor mir und Bella hinter mir. Jeder Muskel spannte sich an und auch ich setzte zum Sprung an.

‚Sie fallen drauf rein…’

Edward und ich standen automatisch wieder auf und sahen uns um, während das sonst niemand mitzukriegen schien. Sie alle warteten darauf, dass die Werwölfe angriffen. Ein seltsamer Geruch stieg mir in die Nase. Etwas brannte. Ganz in der Nähe.

Eine Gänsehaut überlief meinen Rücken, als ich den Rauch über dem Wald entdeckte. ‚Sie sind vorbereitet, uns zu zerstören’, dachte Edward verbissen in dem Moment, in dem mein Blick auf den entgegen gesetzten Waldrand fiel.

„Das ist eine Falle!“, schrie ich. „Sie greifen auch aus dem Süden an!“ Sofort drehten sich einige der Vampire um und Edward riss mich herum und zeigte auf den westlichen Rand des Waldes. „Und von Westen“, kam es schwach über meine Lippen. Als ich mich umdrehte und nach Osten blickte, wurde mir die Falle erst wirklich bewusst.

Es waren keine vierzig Werwölfe. Es waren mindestens fünfzig oder mehr. Jeder ausgestattet mit Waffen, die dazu geschaffen waren, uns Vampire zu töten. Und wir waren gerade einmal fünfunddreißig. Umzingelt. In einer aussichtslosen Situation.

Ein mächtiger Wolf mit schwarzem Fell betrat die Ebene von Norden her und ich konnte ihn eiskalt lächeln sehen. ‚Wie schön dich wieder zu sehen, Faye. Schade, dass wir keine Zeit hatten uns richtig kennen zu lernen.’ „Was meint er?“, zischte Edward mir zu. Ich antwortete nicht, sondern knurrte bloß: „William.“

Die Spannung zwischen uns erhöhte sich immer mehr, es schien, als hätte man zwischen uns eine elektrische Leitung verlegt. Andrew selbst, der ursprüngliche Auslöser, hockte im Schatten eines anderen Vampirs, von Wut fast an den Rande des Wahnsinns getrieben.

Die Schlacht zwischen Vampiren und Werwölfen konnte unter dem Licht des Vollmondes beginnen.
 

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So, als Weihnachtsgeschenk stelle ich euch dieses Kapitel auch noch online. Ich bin natürlich immer noch daran interessiert, wen ihr bevorzugt (Glenn oder Andrew), aber ich denke auch mal, dass es jetzt wenn möglich täglich ein Kapitel gibt. Die Kapitel werden nämlich recht kurz sein und dann sollt ihr nicht solange warten. =) Trotzdem dürft ihr schön weiter fleißig Kommis schreiben! x)

Zwei Kämpfe

Kämpfe zwischen Werwölfen und Vampiren hatten eine gewisse Magie, wenn sie sich ebenbürtig waren und es richtige Duelle gab, sprich einer gegen einen. Keiner rührte sich, denn es war immer der, der sich als erster bewegte, der starb. Zumindest war das häufig so. Sie genossen es immer, die Spannung zu spüren, bis der andere es nicht mehr aushielt und das war dann oft auch schon die Entscheidung. Denn nur, wer die Beherrschung wahrte, konnte überleben.

Doch dieser Kampf war anders. Es war ein langer Krieg, der hier seinen Höhepunkt feierte und jeder kämpfte mit aller Macht, schließlich ging es nicht um das Leben eines einzelnen. Egal, welche Partei siegen würde, die andere würde für lange Zeit tiefe Narben haben. Es würde keine Werwölfe mehr geben, bis wieder neue geboren werden würden und es würde keine großen Vampirfamilien mehr geben. Die Clans würden zerstört sein und es könnte Jahrtausende dauern, bis die Vampire die frühere Macht zurückerlangten. Anarchie würde ohne die Volturi ausbrechen und die Menschen befanden sich dann vielleicht in der größten Gefahr seit Urzeiten. Dachten die Werwölfe daran überhaupt nicht? Hatten sie es sich nicht einst zur Aufgabe gemacht, die Menschen vor uns zu beschützen? Warum taten sie das dann jetzt? Warum kämpften sie gegen uns, wenn sie doch wussten, dass ein Teil der Vampire gutmütig und der andere Teil der Königsfamilie angehörte? Wir sorgten dafür, dass die Menschen in einer annähernden Sicherheit lebten. Wir ernährten uns von Tierblut und die Volturi hielten die anderen Vampire davon ab, die Menschheit sinnlos zu zerstören. Auch wenn das bei ihnen nicht aus purer Freundlichkeit geschah und sie sich kaum die Mühe machten, das Monster in sich zu beherrschen, mussten die Wölfe doch einsehen, dass sie die größere Bedrohung für die Menschheit waren.

Oder hatten sie bereits vergessen, was ihre Vorfahren vorgehabt hatten? Werwölfe wie Sam Uley oder Jacob Black… sie waren es gewesen, die um das Wohl der Menschen besorgt gewesen waren. Und doch hatten sie mit uns Vampiren in der Nähe ihres Gebietes leben können. Warum hatten sie diesen Frieden vergessen? Den Frieden, den Jacob Black erneuert hatte, als wir mehr als fünfundsiebzig Jahre nach Bellas und meiner Verwandlung nach Forks zurückgekehrt waren? Den Frieden, um den wir uns immer bemüht hatten? Den Frieden, der uns alle in Sicherheit gewogen hatte?

Der Kampf war schwer und ohrenbetäubend. Früher oder später würde man auch in der Stadt, Kilometer weit entfernt zwar, etwas mitbekommen.

Ich biss in den Nacken eines Werwolfes und wurde als Dankeschön gegen den nächst besten Eiche geschleudert, die der Wucht nachgab und ihre Wurzeln aus der Verbindung mit der Erde löste. Ächzend rappelte ich mich wieder auf und sah mich leichte Sterne sehend um. Der Wolf, auf den ich es abgesehen hatte, kam langsam auf mich zu geschlichen, während ich aus den Augenwinkeln bereits sah, wie sich die Rauchwolke bereits dunkelrot färbte. Der erste Vampir brannte. Jemand riss mich zur Seite und ich fletschte bereits die Zähne, um mich zu wehren, doch stattdessen flog der Werwolf scheinbar über mich hinweg und ich roch Glenn. „Pass auf dich auf, die Sache ist noch nicht geklärt“, flüsterte er mir zu und half mir schnell auf. „Glenn! Ich habe dir gesagt, dass ich dich nie wieder sehen will, wenn das hier vorbei ist! Du wirst mir nur wieder das Herz brechen, wenn du gehst. Außerdem, wie stellst du dir das vor? Du wirst nie auf Menschenblut verzichten können und ich werde nie zu den Volturi zurückkehren!“ Wir wehrten verbissen die Wölfe ab. „Das weiß ich noch nicht, aber ich liebe dich, Faye. Ich liebe dich, wie ich nie jemanden liebte. Ich will nicht eine ganze Ewigkeit ohne dich verbringen! Ich werde dich lieben, bis der letzte Tag anbricht!“ Ich verankerte meine Zähne im Hals eines Werwolfes und er jaulte auf. Angeekelt von seinem Geruch verzog ich das Gesicht. „Glenn, ich bin nicht daran interessiert. Ja, wir hatten schöne Zeiten, aber ich bitte dich. Letztendlich wurden sie immer von etwas überschattet. Du glaubst doch nicht, dass dieses Mal endlich alles anders wird!“

Glenn streckte einen Werwolf nieder und sah mich genervt an. „Doch, das denke ich. Ich will dich nicht noch einmal verlieren! Als ich dich damals abwies, war es, als handle jemand anders.“ „Klar, wahrscheinlich war es Alec, der uns belauschte!“ „Woher willst du das wissen?“, fragte Glenn gerade, als Aro angerannt kam. „Kinder, nichts gegen eure Ehekrise, aber wollt ihr das nicht auf nachher verlegen?“ Ich wollte gerade patzig werden, als ich stutzte. „Aro! Du bist verletzt!“ „Nicht der Rede wert“, erwiderte Aro, aber ich schlüpfte unter dem Angriff eines Hundes hinweg und lief auf Aro zu. Während Glenn versuchte die Wölfe von uns fern zu halten, betrachtete ich mir Aros aufgerissenen Arm. „Das heilt wieder“, versuchte Aro mir zu erklären. „Red keinen Quatsch. Du musst besser aufpassen.“ „Faye, pass auf!“ Kaum nahm ich Glenns Warnung war, stand ich schon zwischen Aro und dem Werwolf. Zähnefletschend starrte ich ihn an. ‚Ihre Deckung ist rechts frei…’ Ich lächelte kalt und schloss meine Deckung für Aro vollständig. Ich sprang ab und krallte mich in das Fell des Hundes. Tief in mir existierte die Wache der Volturi noch immer.
 

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Sorry, dass das Kapitel teilweise ein wenig verkorkst ist. x) Hab's nicht am Stück geschrieben und dabei wohl irgendwie den Faden verloren. Vielleicht hat es euch ja trotzdem gefallen.

Opfer

Ich weiß, ist recht kurz, aber ich hab euch ja vorgewarnt. ;) Dafür taucht ein alter Bekannter wieder auf. =)

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Tot sank der Werwolf an meiner Seite nieder und ich ließ mich erschöpft auf den Boden fallen. Der Himmel war in zwei gespalten. Die eine Hälfte zeigte einen sternenklaren Nachthimmel, die andere zeigte mir all die Opfer. Der Rauch hatte ein sattes Dunkelrot bekommen und als ich ganz in der Nähe ein Knurren hörte, rappelte ich mich schnell wieder auf. Ich erkannte den Wolf sofort.

„Kyle“, begrüßte ich ihn nüchtern. ‚Du Mistvieh bist daran schuld, dass Andrew jetzt ein Monster ist.’ „Und obwohl ihr ihn als Mensch zu euren Freunden zähltet, kämpft ihr nun gegen ihn. Du, William und Timothy.“ Er knurrte erneut. „Lass sie da heraus. Ich habe meinen Vater gebeten, Andrew zu dem zu machen, was er jetzt ist.“ Ich fuhr herum und sah Edward erschrocken an, doch er zerrte an meinem Arm und zog mich hinter sich, als Kyle bereits auf ihn zu schlich. ‚Verschwinde von hier. Im Norden gibt es noch vereinzelte Kämpfe. Hier stehst du nur im Weg. Oder versuche die Vampire vor dem Feuer zu retten’, befahl Edward und ließ keinen Widerstand zu. Seine Worte brannten sich in mein Gedächtnis ein, als ich zurücklief und Carlisle fast umrannte. „Faye, was ist los?“, fragte er besorgt. „Edward… er… er kämpft gegen einen der alten Werwölfe… Kyle, es ist so… er… also Kyle… er wollte gegen mich kämpfen, aber jetzt kämpft Edward. Aber… Kyle gehört doch u den ersten. Er muss verdammt stark sein!“ Auf Carlisles Stirn traten Sorgenfalten. Seine Gedanken waren nur ein Hauch unter all dem Lärm, aber es fühlte sich an, als reiße man mir den Boden unter den Füßen fort. Carlisle las in meinem Gesicht wie in einem Buch und hielt mich fest, bevor ich zurücklaufen konnte. „Nein, Faye, das werde ich tun. Find du Emmett und schick ihn zu uns“, beschwor er mich und schon war er fort.

Ich zögerte keine Sekunde und lief los. „Emmett!?“, schrie ich so laut es ging, bis ich Rosalie begegnete. „Faye!“, hielt sie mich auf und ich stoppte. Sie sah verzweifelt aus. „Er ist mit einem der Wölfe verschwunden.“ Zaghaft nahm ich sie in den Arm. „Weißt du, wo er hin ist?“ „Ich bin ihnen gefolgt… aber… plötzlich waren sie weg.“ Ich nickte, als ihr Körper auf einmal von heftigen Schluchzern erschüttert wurde.

Edward, Carlisle, Emmett. Wer würde noch in Duelle verwickelt werden, die tödlich enden würden. Denn nur noch die stärksten Wölfe waren noch am leben. So viele hatten wir getötet, so viele von uns wurden getötet. Wie viele würden noch sterben?

Carlisles Gedanken hatten es mir verraten. Aro war von einem Kampf noch immer nicht zurückgekehrt.

Ich hatte Rosalie in all den Jahren noch nicht so erlebt. Sie war am Boden zerstört, sie suchte nach der Antwort, ob ihr Mann zurückkehren würde. Doch wie konnte ich ihr sagen, dass ihr das niemand sagen konnte? Dass niemand sagen konnte, was geschehen würde, solange die Wölfe involviert waren?

Wer von uns würde noch in den Feuern der Wölfe verbrennen?

Verlorener Himmel

Carmen schluchzte an Tanyas Schulter. Esme versuchte sie zu beruhigen, aber sie selbst war viel zu zittrig. Carlisle, Edward und Emmett waren noch nicht zurückgekehrt.

Der Kampf war vorbei, wir waren die Gewinner, aber keine Schlacht verging ohne Verluste. Es war schon ein Wunder gewesen, dass wir überhaupt gewonnen hatten.

„Kate hätte nicht gewollt, dass ihr den Kopf hängen lasst“, flüsterte Esme Carmen sanft zu, als es hinter uns raschelte. Alice und ich fuhren angriffsbereit herum, aber schon jauchzte Alice und rannte los, um Jasper um den Hals zu fallen. Er stolperte zurück und fiel hin. Alice küsste ihn stürmisch. „Gott sei Dank“, hauchte sie immer wieder und ließ ihn nicht einmal aufstehen. „Alice, es ist gut… ich lebe.“ „Ja, und das ist auch gut so“, murmelte sie.

Langsam ging ich zu ihnen und half Alice auf, damit Jasper sich hinstellen konnte. Er umarmte Alice zärtlich und küsste ihr stacheliges Haar. Er sah auch mich an und versicherte sich, dass noch alles dran war. „Wo sind die anderen?“, fragte er, während er sich umsah. „Edward, Emmett und Carlisle sind verschwunden“, erklärte ich traurig. „Und Andrew?“ „Hat sie gesucht. Fehlanzeige.“ Als Andrew an der gleichen Stelle auftauchte, an der Jasper erschienen war, war ich es, die ihm um den Hals fiel – jedoch mit weniger Schwung als Alice. „Dir geht es gut“, flüsterte ich erleichtert und er legte sein Kinn auf meinen Kopf. „Ja.“

Und das Warten begann erneut. Bella wurde immer nervöser, während Esme versuchte, die Ruhe zu bewahren. Rosalie war in ihre Arme geflüchtet und malte sich die schlimmsten Ereignisse aus. Sachte legte ich eine Hand auf ihre Schulter. „Hör auf daran zu denken. Es wird Emmett gut gehen.“

„Und wie gut es ihm geht! Ich darf verkünden, dass es einen Wolf weniger gibt.“ Rosalies Kopf ruckte hoch und Emmett blieb wenige Schritte von ihr entfernt. „Nicht einmal eine kleine Umarmung zur Begrüßung?“, fragte Emmett gespielt beleidigt, während Rosalie ihn wie versteinert ansah und sah so aus, als wolle er noch etwas sagen, doch seine Lippen wurden durch Rosalies versiegelt.

Ich ließ mich neben Andrew sinken. Nun fehlten nur noch Edward und Carlisle. Und Glenn.

Einige von den Volturi fehlten auch noch – unter anderem Aro und Caius. Marcus versuchte gemeinsam mit Jane festzustellen, wer von ihnen noch fehlte, doch Jane war völlig durch den Wind. Alec wurde ebenfalls vermisst.

Dass Kate tot war, war so gut wie sicher, ebenso Irina und Demetri. Marcus bangte nun um Caius und Aro, wie wir alle. Marcus würde sie nie ersetzen können und die beiden Frauen, die ebenfalls einst zur Königsfamilie gehört hatten, waren schon während meiner Zeit dort gestorben. Auch Werwölfe. Möglicherweise waren es sogar die gewesen, gegen die wir nun gekämpft hatten.

Ich ließ meinen Blick gerade über die wenigen verbliebenen Vampire gleiten, hörte all ihren Kummer, als ich schwach am anderen Ende der Ebene einen Schatten im Unterholz erkannte. Vampirschatten.

Esme und Bella sahen gleichzeitig auf. Wie weiße Blitze schossen sie zu ihren Männern. Mein Herz wurde schwer, als ich sah, wie glücklich sie alle waren. Edward und Bella kamen langsam auf uns zu und ich stand zitternd auf, bevor Alice und ich unseren Bruder und Carlisle umrannten. „Edward“, flüsterte ich. „Hey, es ist alles gut.“ Andrew, Rosalie, Emmett und Jasper kamen zu uns und fassungslos sah ich jeden an. Die Familie war geblieben. Keiner war fort.

An einer anderen Stelle am Waldrand erschien ein Suchtrupp, den Marcus losgeschickt hatte. An ihren Gesichtern sah ich, dass sie keine guten Nachrichten brachten. Wir gingen schnell zu ihnen und ich hörte gerade noch, wie einer von ihnen sagte: „Wer jetzt noch fehlt, wird wohl tot sein.“
 

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Bin sehr gespannt auf eure Kommentare.

Regen

Ich stand vor dem Feuer. Es brannte lichterloh, zu stark, dass es irgendjemand löschen konnte. Ich stand dort und all meine Fehler wurden mir gezeigt. Jeder falsche Schritt, jedes falsche Wort, jede falsche Geste. Alles.

Ja, ich hatte immer Zeit für mich gebraucht, als wir bei den Volturi waren, doch nur um diese Rolle weiterhin beherrschen zu können. Ich hatte ihn immer geliebt. Immer. Selbst, als er ging. Immer. Auch, als er mich blutend verlassen hatte. Immer. Es hatte keinen Moment gegeben, in dem mein Herz nicht für ihn geschlagen hätte.

Und nun war er fort.

Nie wieder sollte ich sein Lachen hören.

Nie wieder sollte ich seinen Duft einatmen.

Nie wieder sollte ich ihn bei mir spüren.

Nie wieder sollte ich seine Stimme hören.

Nie wieder sollte ich seinen Gedanken lauschen.

Die Endgültigkeit, die mir hinter alldem bewusst war, war erschreckend. Nie wieder. Für einen Vampir war das Wort nie gefährlicher als für Menschen, aber ich durfte es nutzen. Er würde nämlich nicht zurückkehren. Nie. Selbst, wenn ich Gott anflehen würde. Er war fort. Für immer und ewig.

Der Regen setzte ein, doch er störte das Feuer nicht. Mich auch nicht. Er fiel mit dieser stillen Verachtung auf der Welt, die nur der Regen hatte. Er fiel einfach, ganz egal, was gerade geschah. Er fiel und lachte über alle, die an ihr Leben auf der Erde gebunden waren. Über jeden einzelnen, ob gut oder böse, ob Mensch oder Vampir.

Warum hatte ich ihm nicht gesagt, dass er noch immer in meinem Herzen war? Warum? Stattdessen hatte ich ihm keine Hoffnung mehr gegeben. Ich hatte ihn verachtend angesehen und vor seinen Augen einen anderen geküsst. Niemals würde ich diese Schuld begleichen können. Denn er war fort. Einfach fort.

Wäre er es wert gewesen, gerettet zu werden? Ja.

Warum hatte ich ihm das nicht gesagt? Warum hatte ich ihm so vieles nicht gesagt? So viele unausgesprochene Dinge. Solange hatte ich ihn einst belogen. Ich hatte mich nicht einmal anständig entschuldigt.

Würde er mir verzeihen, wenn wir uns eines Tages vielleicht in der Hölle wieder begegneten? Wenn auch ich gestorben war und wir uns erneut sehen würden?

Ich hatte einst eine Familie von Gott verlangt, eine, die man mir nicht wieder einfach nehmen konnte. Er hatte sie mir gegeben.

Ich hatte einst jemanden von Gott verlangt, der mich aufrichtig liebte – anders als es meine Familie tat. Auf die Art und Weise wie ein Mann seine Frau liebte. Er hatte ihn mir gegeben. Es war mein Fehler gewesen, ihn gehen zu lassen.

Ich schloss für einen Moment die Augen, um ihn wieder sehen zu können, doch kein Bild in meinem Kopf sollte je dem Original nahe kommen.

Vielleicht war all das meine Schuld. Wenn ich Edward nicht gebeten hätte, auf Andrew aufzupassen, wäre Andrew nie verwandelt worden und dieser Krieg wäre nie ausgebrochen. Er würde noch leben. Es war mein Fehler. Wegen meinem Fehler war er fort und würde nie zurückkehren.

Jemand schrie und es dauerte lange, bis ich merkte, dass ich es war, die schrie. Jemand schlang seine Arme um mich, als meine Beine nachgaben und hielt mich gerade noch aufrecht. „Pscht, es ist gut“, flüsterte mir jemand zu und ich wehrte mich gegen die Umarmung. Wollte zum Feuer. Wollte spüren, wie es auch meine Haut verbrannte. Wollte zu ihm. Ich wollte jetzt wissen, ob er mir alles vergeben konnte.

Dass ich zurückweisend gewesen war. Dass ich uns keine erneute Chance gegeben hatte. Dass ich ihn belogen hatte.

Aber die Arme waren zu stark. Schluchzend brach ich zusammen, doch es verließen keine Tränen meine Augen. Das Monster in mir rebellierte und wollte nicht, dass ich so schwächlich war, sodass meine Augen schon ein sattes schwarz angenommen hatten, doch es war mir egal. Wenn ich könnte, würde ich dem Monster die Kontrolle überlassen, aber ein letzter Funken Verstand hielt mich davon ab.

Ich spürte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor und jemand meinen Kopf gegen seine Halsbeuge drückte. „Es wird alles gut, Faye“, flüsterte die gleiche Stimme wie zuvor nah an meinem Ohr. „Edward?“, fragte ich so leise, dass er es kaum hören konnte. „Ja, Kleine. Dein großer Bruder passt jetzt auf dich auf.“
 

__________________________

Das nächste Kapitel wird wahrscheinlich Samstagabend hochgeladen werden. Würd mich interessieren, was ihr zu diesem Kapitel sagt. =)

Bis(s) in alle Ewigkeit

Ich lag mit geschlossenen Augen auf meinem neuen Bett, als es klopfte. Ich reagierte nicht, trotzdem glitt die Tür auf und mein Bruder legte sich neben mich. „Was machst du da?“, fragte Emmett. „Nichts“, antwortete ich bloß. „Hm…

Kommt mir irgendwie bekannt vor.“ „Mir auch“, grummelte ich. Wieder öffnete sich die Tür leise und Alice huschte herein, legte sich an meine andere Seite. „Was macht ihr?“, fragte sie. „Nichts“, antworteten Emmett und ich.

So ging es weiter, bis sich zehn Vampire im Zimmer befanden und an die Decke starrten – entweder lagen sie auf dem Bett oder auf dem Boden. Hauptsache wir starrten. Und jedes Mal, wenn jemand gekommen war, hatte er gefragt, was wir tun würden und jedes Mal hatten wir „nichts“ geantwortet.

Sogar Carlisle und Esme waren hier.

An jedem von uns nagte der Kampf, Carlisle hatte sich für die nächsten beiden Wochen Urlaub genommen, ebenso Carlisle und auch hatte Carlisle für uns ein Attest ausgestellt, damit wir nicht in die Schule mussten. Offiziell litten wir derzeit unter einem höchst ansteckendem Grippevirus – der Grund, den Carlisle und Esme angaben, um sofortigen Urlaub zu erhalten – sie könnten ihre Kinder ja nicht einfach allein lassen.

Carlisle hatte uns erzählt, dass dieser Kampf mit keinem zuvor vergleichbar gewesen sei. Eine solche Auseinandersetzung habe es nicht einmal in den Vampirkriegen im Süden von den Staaten gegeben. Die Gruppen waren immer kleiner gewesen.

Vor allem hatten sie nie solche Opfer gefordert. Die Volturi hatten große Verluste eingefahren, auch Aro war nicht mehr aufgetaucht. Caius war allein zurückgekehrt.

Wie von selbst bewegten sich meine Beine auf einmal, bewegten sich aus dem Raum heraus, aus dem Haus und hinein in den anliegenden Wald.

‚Bedien dich’, flüsterte ich dem Monster zu und es zögerte keine Sekunde. Es schoss in den Wald hinein und Sekunden später fand ich mich an der Kehle eines Hirsches wieder. Dieser sackte sofort zusammen und das Monster stillte seinen Durst.

Warum konnten Vampire nicht schlafen? Warum konnten Vampire nicht weinen, wenn ihnen danach zu Mute war? Warum konnten Vampire nicht einfach sterben, wenn sie wollten?

Ich ließ mich zurückfallen und plötzlich wusste ich, warum ich nicht weinen konnte. Warum ich es damals bei meiner Rückkehr konnte und jetzt nicht. Ich hatte es gekonnt, weil ich tief in mir bereits glücklich gewesen war. Ich hatte gedacht, es könne nicht besser kommen. Ich war zurück bei meiner Familie, war mir sicher, dass Aro mich gehen lassen würde und ebenso sicher war ich, dass Glenn mit mir käme. Doch nun? Glenn war tot, verbrannt im Feuer der Werwölfe. Und meine letzten Worte zu ihm waren gewesen: „Klar, wahrscheinlich war es Alec, der uns belauschte!“ Wenn ich doch nur die Zeit zurückdrehen könnte.

„Das kann niemand. Niemand kann die Zeit zurückdrehen und Dinge ungeschehen machen. Ich muss es wissen, als Bella noch ein Mensch war, habe ich es mir oft gewünscht. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als uns mit dem Geschehenen zu arrangieren und weiter nach vorn zu blicken. Das ist für unsterbliche Vampire wichtiger als für Menschen. Denn Menschen leben vielleicht sechzig oder siebzig Jahre mit dieser Last, Vampire eine Ewigkeit. Deshalb dürfen wir nicht zurücksehen. Das fällt schwer, aber es ist möglich. Wenn uns der Weg blockiert wird, müssen wir einen neuen finden. So ist das nun einmal. Und wenn uns ein fremder Weg einholt, müssen wir ihn antreten. Vielleicht wartet am Ende eine schöne Überraschung auf uns. Dann haben sich all die Qualen gelohnt.“

Edward setzte sich neben mich und fixierte mich mit seinem Blick. „Wir dürfen Sünden begehen, Faye. Der Himmel ist ohnehin schon für uns verschlossen, allein dadurch, dass wir existieren. Die Hölle ist uns also sowieso sicher.“

Endlich erwiderte ich seinen Blick und nickte langsam. „Bist du dir sicher?“ „Sehr sicher sogar. Übrigens wartet im Haus jemand, der laut Jasper und Bella schon jetzt Höllenqualen erleidet, wenn er dich nicht sehen kann.“ Verwirrt sah ich ihn kurz an, bis ich mich an einen Kuss erinnerte. An einen Kuss, der nun Worte und Taten verlangte. Doch konnte ich Andrew überhaupt aufrichtig lieben, wenn Glenn immer noch in meinem Herzen war? „Natürlich. Andrew versteht es, Glenn war dir immer viel zu wichtig und das weiß er. Er versucht mit aller Gewalt nicht egoistisch zu sein und dich nicht zu bedrängen, aber innerlich freut er sich fast über Glenns Tod. Das klingt hart, aber es ist nur ein Beweis, wie sehr er dich liebt. Würde sein Herz noch schlagen, es würde nur für dich schlagen. Er würde alles für dich tun, das weiß ich.“

Ich stand auf, als ein frischer Wind durch die Blätter um uns herum ging. Edward lächelte. „Lauf“, flüsterte er, doch das brauchte er gar nicht. Ich rannte so schnell, wie mich meine Beine trugen und stand schon vor Andrews Zimmer. Ich klopfte. „Herein“, drang seine Stimme dumpf durch die Tür. Ich drückte vorsichtig die Klinke runter und schloss die Tür schnell wieder, als ich im Raum war. Andrew sah auf. Verwunderung spiegelte sich in seinem Gesicht.

Ich wusste, was ich ihm zu sagen hatte. Ich wusste, was ich für ihn empfand und die Gefühle waren ebenso stark wie die für Glenn. Ich wusste, dass ich Andrew liebte. Und zwar aufrichtig. Wenn er es akzeptieren würde, dass Glenn immer in meinem Herzen bleiben würde, dann könnte alles gut werden.

So viele Worte irrten durch meinen Kopf. So viel wollte gesagt werden, doch wie konnte ich beginnen? Wie konnte ich Andrew sagen, dass ich ihn liebte? Dass ich die Ewigkeit mit ihm verbringen wollte. Dass ich nicht mehr ohne ihn leben wollte. Dass ich ohne ihn keinen Sinn mehr im Leben sah. Dass ich endlich positiv in die Zukunft blickte.

Ich hatte mich immer nach einer Familie gesehnt, doch mein Innerstes hatte sich nie getraut, wirklich zu glauben, dass ich nun eine hatte. Eine Familie, die immer da sein würde. Die mich nicht allein lassen würde. Eine, die selbst die schwersten Kämpfe überstand. Ich würde Esme Mum nennen und Carlisle Dad. Ich würde Rosalie von nun an nur noch Rose rufen und ich würde mein Innerstes überzeugen, dass all das gut war. Ich würde es überzeugen, dass Andrew und ich für einander bestimmt waren und dass die Sonne wieder für mich und für meine Familie scheinen würde.

Andrew sah mich erwartungsvoll an, als ich noch immer an der Tür stand und scheinbar auf ein Wunder wartete. Ein Wunder, ja, das konnte ich gebrauchen. Doch dann erinnerte ich mich an eine zarte Berührung zweier Lippenpaare. Ich brauchte keine Wunder mehr. Ich hatte schon zu viele Wunder erlebt und nun musste ich selbst für eines sorgen. Ich würde für ein Happy End sorgen. Ein Happy End, das sich gewaschen hatte. Ein Happy End bis in alle Ewigkeit.

Ich sah auf, Andrew sah mich noch immer an. Ich lächelte und sagte dann: „Andrew, ich muss mit dir reden.“
 

- Ende -
 

_________________________

Das war's. Rote Augen ist beendet und somit auch Fayes Geschichte.

Es hat mir sehr viel Spaß gemacht für euch zu schreiben und so ist die Geschichte sogar sehr viel länger geworden, als ich es gewollt hatte. Aber ich bin damit zufrieden, was aus Faye und den Cullens geworden ist und ich hoffe, ihr seid es auch, denn diese Geschichte ist immerhin für euch. =) Vielen Dank für eure beständige Unterstützung, eure lieben Kommentare, eure Aufmunterungen und eure Drohungen^^ *an eine gewisse Axt denkt* (<- Ich hab's nicht vergessen^^).

Es würde mich freuen, wenn ihr wieder zu treuen Lesern werdet, wenn ich mal eine neue FF anfange (was schon geplant ist, spätestens März geht's los, weil's nach Eclipse spielt und sozusagen Breaking Dawn wäre. Vielleicht aber auch schon früher... ^-^). Edit: Unter diesem Link findet ihr die FF: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/176759/ =)

Ganz liebe Grüße und einen ganz großen Berg Kekse,

Kirschengift
 

Edit: Ihr denkt Fayes Geschichte ist zu Ende? Dann habt ihr euch geringfügig geirrt. ^^ Für mich ist diese Geschichte erst einmal abgeschlossen, aber unter der folgenden Adresse geht es weiter. http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/264147/172945/ Schaut mal vorbei!



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Von: abgemeldet
2009-06-30T12:40:48+00:00 30.06.2009 14:40
Man war das ein Hamma. Eine richtige Gefühlsachterbahn.
Ich finde es nur leider schade das dir ff schon zu Ende ist ;(

Von: abgemeldet
2008-01-03T15:44:32+00:00 03.01.2008 16:44
Schade, dass es zu Ende ist.
Mir hat die Geschichte riesig gefallen.
Von: abgemeldet
2008-01-01T20:34:00+00:00 01.01.2008 21:34
es ist zu ende, eigentlich schade,
lese deine nächste Ff sicher auch wieder
es war eine super tolle geschichte
echte glanzarbeit
lg Esme
Von: abgemeldet
2007-12-31T16:51:36+00:00 31.12.2007 17:51
*keks mampft* *freu*
Faye ist mit Andrew zusammen *grins*
Aber die FF ist zu Ende *traurig noch nen keks mampf*
Ich werd mir deine neue FF bestimmt durchlesen.
Ich würd mich freuen wenn du mir ne ENS schickst wenn die los geht sonst vergess ich das mit meinem unvorhandenem Gedächtnis wieder...
Bye
Sasuke_Freak
Von: abgemeldet
2007-12-31T10:42:53+00:00 31.12.2007 11:42
*kekse mampft* super geworden! *schluck*
hast du toll gemacht! Weiter und natürlich werde ich dir als leser erhalten bleiben denn du hast eine einmaligen schreibstil!
*vor dir in die knie gehe und den hut vor dir zieh*
Meine hochachtung für diese tolle geschichte und ich finde dass es ein richtiges happy end war denn ich mochte glenn nicht wirklich! (Andrew forever! ^^)
wie gesagt weiter so!
Von: abgemeldet
2007-12-30T22:03:27+00:00 30.12.2007 23:03
also, ich schließe mich auf jeden fall voll unf ganz dem sehr guten und irre ausfühlichen kommi von isabella-marie-swann an. ich bin wie bereits gesagt glenn fan. obwohl ja beide fehler gemacht haben wieso sollten sie nicht die chance bekommen sie auszubügeln? ich finde andrew war immer nur ein guter freund und das sollte er auch bleiben! naja, insgesammt fand ich deine fanfic sehr schön, weil sie einen durch viele auf und abs geführt hat und ich die idee auch toll fand. aber um das nochmal zu betonen: ich bin überzeugter "in-geschichten-sollte-es-nur-eine-wahre-Liebe-geben"-Vertreter, also GLENN! (Deshalb war ich auch von eclipse so maßlos enttäuscht...aber naja, das tut ja hier nix zur sache^^)
ich freue mich schon auf deine nächste geschichte(hoffentlich revidierst du den quatsch den stephenie in eclipse zusammengeschrieben hat, ja^^(sry an alle fans von eclipse, aber ich fand diese jackob-wendung einfach unnötig)
so, jetzt hab ich doch auch einiges zusammengeschrieben^^
glg
Cora
Von: abgemeldet
2007-12-30T22:01:19+00:00 30.12.2007 23:01
Hmm... ja, jetzt ist die Geschichte ja zu Ende...Leider!!!!!!
Aber ich bin froh, dass Faye und Andrew anscheinend doch zusammenfinden.
Ihn mochte ich von Anfang an :P
Aber es ist trotzdem so verdammt schade, dass Schluss ist!!!! Menno =(

Aber auf jeden Fall hast du wirklich gut geschrieben, so, dass es sehr angenehm zu lesen war und ich denke, ich werde auch auf jeden Fall mal in deine neue Geschichte reinlesen^^

Bis dahin wünsche ich dir einen guten Rutsch ins neue Jahr und alles Gute!
Schnickse
Von: abgemeldet
2007-12-30T21:51:26+00:00 30.12.2007 22:51
wunderschön geschrieben, das hast du toll ausgedrückt... hab echt geheult(ich war immer für glenn^^) bttebitte lass alles trzd gut werden! iwie^^
lg
cora
Von: abgemeldet
2007-12-30T21:33:28+00:00 30.12.2007 22:33
*verlegen am kopf kratzt* das mit der Axt tut mir Leid aber du bist nicht die erste der ich damit drohe deswegen hab ich wohl unbewusst darauf zurückgegriffen!

die letzten Kapitel waren klasse auch wenn ich es super scheiße finde das Glenn tot ist. aber damit muss ich mich abfinden!
also klasse gemacht!
bye
Mary-Alice-Brandon-Cullen
Von:  Syanca
2007-12-30T20:59:12+00:00 30.12.2007 21:59
Achja...
T-T
*snif*
Und er wollte sie beschützen...
vor unheil...und allem...
Ihr Vampirleben...
warum hätte Jane sons...v.v

~Bella-Marie~


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