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Confession
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I can feel it go down

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Kapitel 22

~ I can feel it go down ~
 

31. März 2008.

Brüssel.

Bizarrerweise hatte ihre Frankreichtournee in den Niederlanden begonnen. Das war ein Fakt über den sich Alexandra von Anfang an gewundert hatte, aber da sie die einzige zu sein schien, die dies merkwürdig fand, hatte sie sich nicht weiter damit beschäftigt.

Ihr Weg hatte sie von Amsterdam über Clermont Ferrand und Lyon hierher geführt.

Sie beobachtete, über den Tisch hinweg, wie Georg die Bedienungsanleitung eines technischen Gerätes studierte die er zu seinem heutigen 21. Geburtstag von Universal geschenkt bekommen hatte. Gerade blätterte er stirnrunzelnd eine Seite weiter.

“Is nich wahr?” hörte sie Davids Stimme durch den Nightliner hallen und wandte ihren Kopf in seine Richtung.

Er telefonierte schon seit ein paar Minuten, doch erst jetzt schien er eine Nachricht erhalten zu haben die ihn dazu brachte in schallendes Gelächter auszubrechen. Er klopfte sich mit der Handfläche so stark auf den Oberschenkel, dass Alexandra befürchtete er würde ihn taub prügeln. Als er kurze Zeit später auflegte, hatte er sich noch immer nicht ganz beruhigt.

“Gibts was Neues?” wollte Bill wissen und sah dabei gelangweilt und müde aus dem Fenster.

“Oh ja,” bestätigte David und prustete von neuem los, was Pinky, die auf Alexandras Schoß saß, dazu brachte aufzuhorchen “du wurdest auf Platz drei der ‘100 nervigsten Deutschen’ gewählt.”

“Schon wieder?” fragte Georg ohne von seiner Anleitung aufzublicken.

“Ja, aber ratet mal wer auf Platz zwei gelandet ist.”

David sah abwartend in die Runde. Nach und nach wandten sich alle Gesichter in seine Richtung, jedoch begann keiner eine Vermutung zu äußern.

David sah in Alexandras Richtung und langsam weiteten sich ihre Augen verstehend.

“ICH?” sprudelte es aus ihr heraus und als David wie ein beklopptes Schaf zu nicken begann, hatte die Heiterkeit im Tourbus bereits ihren neuen Höhepunkt erreicht und plötzlich war es allen egal wer eigentlich auf Platz eins gewählt wurde.

Es stimmte schon, die Medien hatten in dem letzten Dreiviertel Jahr mehr als genug über sie berichtet, kein Wunder, dass dies den Leuten auf den Zeiger ging.

“Könnt ihr bitte mal leise sein, ich telefoniere?!” kam es von Tom der auf der anderen Seite des Busses saß und eine Sonnenbrille trug.

Alexandra schmunzelte. Im Bus herrschte heute aber auch eine karibische Sonneneinstrahlung.

“Dann geh doch woanders hin!” gab Georg genervt von sich und schmiss die Bedienungsanleitung quer durch den Bus.

“Äh, NEIN!” sagte Tom noch und widmete sich dann wieder seinem Gespräch.

“Kann ich dir helfen?” bot Gustav seine Hilfe an und begann, ohne auf Antwort zu warten, zu erklären, wie Georgs neuer Besitz funktionierte.

Das Geburtstagskind allerdings sah nicht sehr glücklich darüber aus, dass ihm Begriffe um die Ohren gehauen wurden, die er wieder in einem Fachwörterbuch würde nachschlagen müssen.

“Klar soweit?” fragte Gustav, als er mit seiner Erklärung am Ende war.

“Alles klar.” log Georg so offensichtlich, dass es schon wieder niedlich war, was Gustav allerdings nicht zu bemerken schien und seinen Platz auf der anderen Gangseite wieder einnahm.

Georg warf Alexandra einen Blick zu, der sie dazu veranlasste sich auf die Unterlippe zu beißen um nicht laut loszulachen. Schnell wandte sie den Blick ab und sah aus dem Fenster.

“Ich glaub wir sind da.” sagte Bill unvermittelt und Alexandra wandte sich in Fahrtrichtung um sehen zu können was er auch sah.

Vor der Konzerthalle warteten bereits Hunderte Fans auf Einlass und als jetzt auch noch der Tourbus vorfuhr, gab es für diese kein Halten mehr. Sie sprangen auf der Stelle, winkten, schrieen und kreischten um die Aufmerksamkeit der Band auf sich zu lenken.

Der Nightliner bog in den Bereich der Konzerthalle ein und wartete vor einem großen Tor bis dieses sich öffnete.

Alexandra konnte nicht anders und winkte durch die getönten Scheiben zurück, was für allgemeine Erheiterung sorgte.

“Sie können dich nicht sehen.” meinte Bill amüsiert und lehnte sich über die Lehne an der sie Rücken an Rücken saßen.

“Ja, ich weiß.” sagte Alexandra, als sich der Bus wieder in Bewegung setzte und in den abgesperrten Bereich fuhr.

Eigentlich sollten sie sich gleich zum Soundcheck begeben, doch da viele Fans mit Geschenken für Georg an der Absperrung standen und regelrecht um Autogramme bettelten, beschlossen sie, es heute einmal anders zu machen.

Alexandra übergab Pinky in Davids Arme und schloss sich den Jungs an, um ihr Namenszeichen auf das zu setzen was ihr unter die Nase gehalten wurde.

Zahlreiche deutsche Fans waren unter den Wartenden und versuchten ein Gespräch anzufangen, doch da ihre Zeit knapp bemessen war, reichte es meist nicht für mehr als nur ein paar Worte. Das war immer so.

Alexandra sah den Mann schon von Weitem. Er hatte einen seltsamen Blick und war ihr irgendwie unheimlich. Auch fand sie es seltsam, dass er unter all den Teenagern dicht gedrängt seit Stunden an der Absperrung stehen sollte und auf sie wartete. Das passte irgendwie nicht zu dem Erscheinungsbild. Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel während sie sich weiter in seine Richtung vorarbeitete. Seit sie die unangenehme Begegnung mit der Faust eines ‘Fans’ hinter sich gebracht hatte, waren sie alle etwas vorsichtiger geworden. Georg, jetzt schon voll beladen mit Geschenken, und Gustav waren bereits an dem Mann vorbei. Ihre Angst würde sich wieder einmal als unbegründet herausstellen. Manchmal, und zum Leidwesen Alexandras, kam ihre paranoide Ader immer mal wieder zum Vorschein.

Ein Mädchen fragte sie gerade, ob sie eine Widmung auf ihr T-Shirt schreiben konnte, doch Alexandra reagierte nicht auf sie. Neben ihr stolperte Bill und wäre fast zu Boden gefallen. Ihr Blick glitt nach unten wo der Mann gerade wieder sein Bein hinter die Absperrung zog. Hatte er Bill ein Bein gestellt? Dieser zog sich an der Absperrung wieder in eine aufrechte Position und wandte sich sofort an den unheimlichen Kerl.

“Was sollte das denn?” fragte er mit ruhiger Stimme und doch leicht in Rage.

Alexandra sah sich um. Saki war nur ein paar Schritt entfernt, doch konnte er rechtzeitig hier sein? Als sie ihren Blick wieder dem Geschehen zuwandte, sah sie gerade noch wie der Typ Bill ohrfeigte. Viele Fans in der Nähe ließen einen Aufschrei hören oder zeigten ihren Unmut auf andere Art und Weise, doch dies alles bemerkte Alexandra nicht. Es war, als wäre in ihr eine Sicherung durchgebrannt die sie davon abhielt eine Furie zu sein. Ehe auch nur irgendeiner auf die Idee kommen konnte sich zu bewegen, hatte sie Bill beiseite geschoben und ihre rechte geballte Faust mittig in das Gesicht des Mannes platziert. Der Haken kam so schnell und überraschend, dass er keine Chance hatte auszuweichen. Er taumelte zurück und hätte der Pulk Fans ihn nicht gehalten wäre er vermutlich gestürzt. Wie in Trance nahm Alexandra war, wie sie alle halb entsetzt ansahen, sie von irgendwen gepackt und in Richtung Halle davon gezerrt wurde.

Erst als das kalte Eis, gewickelt in ein Handtuch, auf ihre geschwollenen Fingergelenke gelegt wurde kam sie wieder zu sich. Ohne Ausnahme wurde sie von allen angestarrt. Sogar Pinky, die jetzt ihren Platz auf Bills Schoß hatte, starrte. Alexandra fühlte sich genötigt etwas zu sagen. Sie räusperte sich.

“Es war ein Reflex.” rechtfertigte sie ihre intuitive Tat und sah zu Tom der sie mit offenem Mund ungläubig ansah.

Er griff an sein Kinn und schloss symbolisch seinen Mund, bevor sich ein Grinsen darauf ausbreitete und es aus ihm heraus platzte:

“Das war voll die Lara Croft Nummer, absolut krass!”

“Tom.” mahnte dessen Bruder der eine leicht rote Wange hatte.

“Äh ja, ich meine, das war natürlich sehr verantwortungslos.” korrigierte sich Tom, konnte den Schalk allerdings nicht aus seiner Stimme verbannen und warf ihr einen Luftkuss zu.

Bill rollte mit den Augen und setzte gerade zu einer Standpauke an, als David den Ruheraum betrat und zum Soundcheck einlud. Den unheimlichen Kerl erwähnte er nicht einmal. Vielleicht war es auch besser, wenn sie diese Begegnung tot schwiegen.

Alexandra war die erste die auf den Beinen und sehr froh darüber war jetzt nicht erklären zu müssen, was sie dazu bewegt hatte ihre Gelenke blau zu prügeln.
 

~
 

Die Konzerthalle in Paris war riesig.

Sie waren schon einen Tag eher in Paris angekommen und standen nun im Zentrum der Halle um sich alles schon einmal anzuschauen.

“Alter Schwede.” staunte Bill und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen, bevor er seinen Kopf in den Nacken warf um die ganzen Ausmaße der Halle bestaunen zu können.

Alexandra wusste, dass er mit seinen Gedanken eigentlich woanders war, denn das Internat auf welches Anna-Lena ging war von hier nicht weit entfernt.

“Wo ist die Fußhupe?” hörte sie Tom plötzlich fragen.

“Der Teppichporsche?” stimmte Georg mit ein und zeigte auf Alexandra “Na wo wohl?”

Reflexartig drückte Alexandra Pinky fester an sich, als Tom auf sie zu stolziert kam und schon wieder diesen irren Blick aufgesetzt hatte. Ein ungutes Gefühl überkam sie. Das letzte Mal als er so drein guckte, hatte er ihr Puppensachen angezogen und wollte ihr beibringen auf zwei Beinen zu laufen.

“Nein, du darfst Pinky nicht an den Pariser Zirkus verkaufen.” nahm Alexandra dem schon mal die Luft aus den Segeln.

Und trotzdem nahm Tom ihr Pinky aus den Armen.

“Son Quatsch,” meinte er und setzte Pinky auf einen kleinen motorisierten Flieger den er auf den Hallenboden gelegt hatte “sie wird Pilotin!”

Aus seiner Tasche holte er, begleitet von dem Gelächter der anderen, die Fernbedienung des Flugzeuges hervor und versuchte es zu starten. Pinky erschrak, taumelte zurück und wäre fast von dem unter ihren Pfoten hervorschnellenden Flieger umgerissen wurden.

“Tom!” echauffierte sich Alexandra und war schnell an Pinkys Seite um sie zu trösten und wieder auf den Arm zu nehmen.

Vor sich hin kichernd steuerte Tom seinen Flieger durch die Halle. Gustav, der mit einem Fahrrad ein paar Runden drehte, brabbelte unverständliches Zeug vor sich hin, Bill hatte seinen Flieger auch bereits gestartet und Georg unterhielt sich mit einem Tontechniker.

Alexandra schnappte sich Bills Fernbedienung und drückte ihm im Austausch Pinky in die Hände. Zu verdutzt um sich darüber zu beschweren, ließ er es geschehen und beobachtete wie sein Flieger Toms jagte. Doch da Alexandra im Umgang mit dieser Technik noch nicht ganz so vertraut war fand ihr Flug ein jähes Ende in Toms Haaren.

“Oopsi,” ließ sie verlauten und tauschte die Fernbedienung schnell wieder mit Pinky um anschließend petzend auf Bill zeigen zu können “er wars, es war alles seine Idee!”

Sie tollten noch eine Weile herum, was hieß, dass Alexandra auch ein paar Runden auf dem Rad drehte und Bill so lange seine Flugkünste ausprobierte bis sein ‘Jumbie’ auf einem Stützbalken der Halle liegen blieb und nicht wieder herunter kam.

“Oh nein,” beklagte er “mein Flieger ist weg. Ich will meinen Flieger wieder haben.”

“Dor kleene Fliescher is weg.” sagte Gustav in Richtung eines Kamerateams welches sie zufälligerweise heute begleitete.

Wie aus dem Nichts hatte Bill eine Taschenlampe hervorgeholt und versuchte die Decke der Halle auszuleuchten. Dabei war er zu seinem Bruder gegangen und deutete mit dem Finger in verschiedene Richtungen wo er seinen Flieger vermutete.

Alexandra konnte sich ein Lachen und ein Kommentar nicht verkneifen:

“CSI: TOKIO, Episode 483: Rettet Jumbie!”

Georg brach in schallendes Gelächter aus, als er neben sie trat und heftig nickte.

“Genau das gleiche hab ich auch grad gedacht.”

“So, lasst euch was einfallen.” sagte Bill und meinte damit die umher stehenden Techniker aus ihrem Team.

“War klar.” meinte ein Mann den alle nur ‘Brauni‘ nannten und karrte bereits ein Monstrum heran von dem Alexandra nur sagen konnte, dass es einen Menschen sehr weit in die Höhe tragen konnte.

Georg lachte inzwischen ohne Unterlass.

“Was für ein Aufwand.”

Wie gebannt beobachteten alle wie Brauni sich selbst unter die Decke hob und auf Suche nach Jumbie ging.

“Boah, ich wär da nicht schwindelfrei.” gestand Bill und hielt noch immer die Taschenlampe in der Hand.

Kurze Zeit später zeigte sich Jumbie in Braunis Hand und Bill vollführte vor laufender Fernsehkamera einen Freudentanz.

“Ich hab meinen Flieger wieder, Flieger wieder. Ich hab meinen Flieger wieder.”

Die Kamera schwenkte zu Alexandra die wie ein Kalb was zum ersten Mal den Stall verlassen hatte Bill hinterher starrte.

Während alle anderen sich mit einem monotonen “Danke Bauni!” bedankten fand ihr Blick das Kameraobjektiv. Sie grinste und stimmte in den Tanz mit ein.

“Er hat seinen Flieger wieder, Flieger wieder. Er hat seinen Flieger wieder.”

“Ihr seid doch bekloppt!” hörte sie nur Toms lachende Stimme, als sie Arm in Arm mit Bill Ringelreihen tanzte.

Alexandra blieb plötzlich stehen. In der Eingangstür die in ihrem Blickfeld lag, stand plötzlich eine ihr bekannte Person und beobachtete das Treiben.

“Linda!” rief Alexandra und winkte ihr zu.

Die Anderen sahen fragend zu Alexandra um zu sehen in welche Richtung sie sich gewandt hatte.

Erst jetzt drehten sich alle in die von ihr eingeschlagene Richtung und sahen Linda langsam auf sich zu kommen.

Lächelnd beobachtete Alexandra wie Bill auf Linda zustürmte und sie in die Arme schloss.

Ihre Hand griff einen Augenblick später nach der Kamera die Bill gierig gefolgt war und schwenkte sie herum so das sie nur auf Alexandra zeigte.

“Na na na,” mahnte sie mit erhobenem Finger “das ist privat.”

Eine Sekunde später war Tom neben ihr.

“Linda ist in Frankreich?”

Alexandra zuckte mit den Schultern.

“Wahrscheinlich Anna-Lena besuchen.”

“Was für ein Zufall.” meinte Tom voller Sarkasmus und griff nach Alexandras rechtem Arm.

“Wie gehts deiner Hand?”

“Besser.” log Alexandra und biss die Zähne zusammen, als sie zur Verdeutlichung eine Faust ballte.

Linda kam zu ihnen herüber um sie zu begrüßen.

Während sie Tom umarmte blieb sie vor Alexandra wie angewurzelt stehen und rührte sich nicht. Okay, sie waren noch nie die besten Freundinnen gewesen, aber Alexandra hatte eigentlich das Gefühl gehabt, dass es sich in den letzten Monaten gebessert hatte.

Linda sah anklagend in Richtung Kamera. Der Kameramann nahm sich das Aufnahmegerät von den Schultern, schaltete es aus und meinte:

“Ich...bin dann mal... woanders.”

“Ich muss mit dir reden.” sagte Linda kaum dass er außer Hörweite war.

Tom räusperte sich, fing Bill ab der gerade dabei war zu ihnen zu stoßen und schlug ein Wettfliegen vor.

“Aber sei diesmal etwas vorsichtiger, ja?”

Linda griff nach Alexandras Hand und zog sie in die Richtung davon aus der sie gekommen war.

“Wir kommen gleich wieder.” ließ Alexandra alle wissen die es hören wollten, als sie auch schon durch die Eingangstür gezerrt wurde.

“Können wir irgendwo ungestört reden?” fragte Linda nervös und sah sie mit ihren hellbraunen Augen an.

Alexandra blinzelte und schlug den Ruheraum der Band vor.

Linda nickte akzeptierend und ließ sich dahin führen.

Nachdem Alexandra die Tür des kleinen Raumes hinter sich geschlossen und Pinky auf den Boden gelassen hatte, setzte sich Linda auf die bequeme Couch und spielte unruhig mit ihren Haaren.

Alexandra setzte sich abwartend neben sie. Als sie nach einer Weile des Schweigens noch immer nicht den Anschein machte beginnen zu wollen, fragte Alexandra vorsichtig:

“Ja?”

“Es fällt mir nicht leicht,” sagte Linda so plötzlich und unvermittelt, dass Alexandra leicht erschrak “Ich weiß nicht wirklich wo ich anfangen soll.”

Alexandra widerstand dem Drang “Am Anfang.” zu sagen und nickte nur verstehend.

Schließlich atmete Linda tief durch und begann zu erzählen:

“Also, auf dem Internat auf dem Anna-Lena ist, gibt es da so ein Mädchen. Sie ist total hübsch und ich fand sie von Anfang an cool. Anfangs dachte ich es sei normal, dass ich bei neuen Bekanntschaften einen guten Eindruck hinterlassen wollte, aber dann wollte ich ihr immer mehr gefallen und ich tat Sachen die ich nicht von mir kannte. Ich kann kaum noch richtig essen und jede Nacht wach ich auf und seh ihr Gesicht vor mir. Und jedes Mal wenn sie in meiner Nähe ist hab ich dieses Kribbeln im Bauch.”

Linda unterbrach sich selbst und blickte in Alexandras blaue Augen.

“Ich weiß nicht, wem ich es sonst hätte erzählen können. Was sagst du dazu?”

Alexandra hatte geduldig zugehört und an entsprechenden Stellen und immer wenn Linda sie ansah genickt. Doch jetzt rief sie sich innerlich zur Räson, als ihr bewusst wurde, dass sie anfing Linda ungläubig anzustarren.

Sie setzte an etwas zu sagen, doch ihre Stimme war belegt und sie musste sich räuspern.

“Willst du jetzt von mir hören, dass ich nicht glaube, dass du lesbisch bist?”

“Du glaubst also auch, dass ich lesbisch bin?” fragte Linda halb entsetzt.

“Das hab ich nicht gesagt,” stellte Alexandra schnell wieder klar “wahrscheinlich findest du das Mädchen rein freundschaftlich nett. Okay, vielleicht schwärmst du auch ein bisschen für sie und wärst gern wie sie, aber das bedeutet doch nicht gleich, dass du homo bist, oder? Vielleicht bist du ja auch nur ein bisschen bi.”

“Bi?”

Alexandra konnte sich nicht helfen, aber aus Lindas Mund klangen diese zwei Buchstaben irgendwie wie das schlimmste Schimpfwort.

“Ja klar, n bisschen bi schadet nie,” versuchte sie irgendwie wieder die Kurve zu kriegen “ich könnte dir auf Anhieb ein paar Schauspielerinnen nennen die ich nicht von der Bettkante schupsen würde.”

Linda sah sie mit immer größer werdenden Augen an.

“Wirklich? Welche?”

Alexandra setzte an etwas zu sagen, besann sich dann jedoch eines besseren.

“Das würde jetzt zu weit führen, was ich damit sagen will ist... du liebst doch Bill, oder?”

Lindas Blick wurde unfokussiert und sie schien selber nach einer Antwort zu suchen.

“Okay,” fuhr Alexandra fort und redete um den heißen Brei herum “anders gefragt: was läuft so zwischen euch... zwischenmenschlich... sexuell?”

Lindas Augen wurden zu Alexandras Entsetzen immer wässriger.

“In letzter Zeit nicht viel, weil ich irgendwie keine Lust hab.”

“Okay.” sagte Alexandra in ihrem besten ‘Ich-bin-Psychiater-und-analysiere-deine-Seele’-Tonfall, doch langsam war sie mit ihrem Latein am Ende.

Sie sah zu Pinky, welche sich mittig zwischen sie vor die Couch gesetzt hatte und mit ihren großen Augen zwischen Linda und Alexandra hin und her blickte.

“Wie findest du mich?” fragte sie ohne den Blick von Pinky zu nehmen.

Sie konnte aus den Augenwinkeln sehen wie Linda fragend aufhorchte.

“So als Frau, mein ich, nicht als Freundin.”

“Hübsch,” antwortete Linda fast ohne zu zögern “attraktiv, sexy, charmant...”

„Gut,” unterbrach Alexandra und sah Linda nun direkt ins Gesicht “dann machen wir jetzt die Probe aufs Exempel. Küss mich!”

“Was?” fragte Linda überrumpelt und auf der Höhe ihrer Stimme.

Alexandra nickte auffordernd.

“Küss mich, dann wirst du sehen, ob es dich irgendwie... anmacht.”

“Ein Experiment, also?”

“Genau, ein Experiment.”

Linda ließ einen zustimmenden Laut verhören und atmete tief durch, während Alexandra sich gerade hin setzte, die Augen schloss und sich etwas mehr zu ihr lehnte.

Sie schien noch einen Augenblick zu zögern, denn erst nach ein paar Augenblicken spürte sie wie sich Lindas Lippen sanft über ihre eigenen legten. Alexandra hatte damit gerechnet, dass es dabei blieb, doch nach ein paar leichten Küssen wurde Linda fordernder und rückte näher an Alexandra heran, drückte sie schließlich gegen die Sofalehne und packte sie im Nacken.

Das ging jetzt doch zu weit.

Empört riss Alexandra die Augen weit auf und versuchte sich von Linda zu lösen, was sich als schwieriger herausstellte als zuerst angenommen. Stirnrunzelnd packte sie Lindas Oberarme und schob sie mit sanfter Gewalt von sich weg. Kurz darauf sah sie Lindas fassungsloses Gesicht. Diese hielt sich geschockt die Hand vor den Mund und nuschelte ständig “Oh mein Gott, ich bin lesbisch.” vor sich hin.

Alexandra hätte gerne etwas tröstenderes gesagt.

“Na ja, immerhin weißt du es jetzt mit Sicherheit... schätz ich.”

Linda schien den ersten Schock bereits überwunden zu haben, denn ihr Wortschatz bestand nun wieder aus mehr als fünf Worten und einem Laut.

“Ja, danke.”

“Sagst du es Bill?”

“Natürlich, er hat ein Recht darauf es zu erfahren. Obwohl es mir das Herz brechen wird. Ich hab ihn doch trotzdem lieb.”

Alexandra war zum heulen zumute. Sie stellte sich vor wie es wäre an Lindas Stelle zu sein. Schrecklich.

“Bist du wirklich bi?” fragte Linda plötzlich.

Alexandra schüttelte entschuldigend den Kopf und ihre Haare fielen ihr dabei ins Gesicht.

“Nein, das hab ich nur so gesagt.”

Ein paar Minuten saßen sie schweigend nebeneinander.

“Besser so, als eine Lüge zu leben.” sagte Linda schließlich ernst.

Diese Worte sollten Alexandra lange Zeit nicht mehr aus dem Sinn gehen.
 

~ Ende des 22. Kapitels ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Amenirdis
2008-01-01T20:50:11+00:00 01.01.2008 21:50
Hallo, melde mich auchmal wieder zu Wort!
Ich kann mich meinen Vorgängern du anschließen, echt Klasse!
Hätte echt nicht gedacht, dass du es miteinbaust, ich bin sprachlos!!!
Echt schönes Kapitel, weiter so!

LG Alex
Von: abgemeldet
2007-12-29T12:58:28+00:00 29.12.2007 13:58
Oh endlich ist das nächtse Kapitel on! Ich dachte schon du hast uns vergessen :P
Total Geil: Lexa ist auf Platz 2 der nervigsten Deutschen, Linda ist lesbisch und das du Jumbie mit eingebaut hast ist auch total geil! Ein echt Klasse Kapitel, das du da geschrieben hast^^
Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel von dir^^

LG Diensche

Ach ja, ich hoffe du hattest schöne Weihnachtsfeiertage und du bist hoffentlich auch reich beschenkt worden^^
Von: abgemeldet
2007-12-28T16:13:43+00:00 28.12.2007 17:13
Jupieeeee endlich hast du weitergeschrieben.. Wie ewig habe ich darauf gewartet :-) Erstmal: Fröhliche Weihnachten, ich glaube das darf man noch sagen :-) Und nun zu diesem Kapitel:

Wahnsinn, das Linda lesbisch ist... Krasse Sache.. Passt aber zu ihr. Und ich kann mir sehr gut vorstellen was jetzt kommt, vorallem nach dem Schlusssatz. Doch ich werde meine Vermutung nicht preisgeben, da ich nicht möchste das es womöglich deine Idee zur Fortführung der Geschichte beeinflusst ;-) Ich freue mich schon wanhsinnig auf das nächste Kappi



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