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Premier League

Seto&Joey aka puppyshipping; Kommifunktion deaktiviert
von

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Premier League

-puppyshipping-
 

„Jyonouchi is good, isn’t he?“

„I hope so…“
 

So, da sitze ich hier nun mal wieder seit 20 Minuten in Kaibas Büro und warte darauf, dass er mit der Arbeit fertig wird. Solange habe ich es mir auf seiner Couch bequem gemacht und zappe durch die zahlreichen Fernsehkanäle. Eigentlich war es abgemacht, dass ich nach meiner Schicht im Fitnesscenter zu ihm in die KC komme und wir dann weiter in die Billard/Bowling-Halle fahren.

Kurz bevor ich aber hier aufgetaucht bin - nachdem ich nach wie vor alle nur erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen erfolgreich passieren musste - hat noch ein wichtiger Kunde angerufen, der uuunbedingt noch heute mit Kaiba sprechen musste. Welcher normale Mensch hält sich noch an einem Samstagabend um 20.30 Uhr in seiner Firma auf? Genau, CEOs wie Kaiba. Ich will ihn zwar nicht von der Arbeit abhalten, aber er soll seine Vereinbarungen einhalten. Was würde Kaiba wohl sagen, wenn er auf mich warten müsste, weil ich noch jemandem ein Trainingsgerät erklären müsste.

Okay, ich weiß genau, dass dieser Vergleich hinkt.
 

Nachdem anscheinend das Geschäftliche geregelt wurde, interessiert es Kaiba nicht mehr wirklich, was sein Vertragspartner erzählt, denn er kritzelt bereits auf seinem Schmierblock herum. Später will ich mir das unbedingt ansehen. Wer weiß, vielleicht kann man daraus irgendetwas deuten a la: Viele Zacken bedeuten, dass er recht kratzbürstig ist, Schlangenlinien sagen aus, dass er am Abend zuvor zu viel getrunken hat… Ach, so etwas kommt bei ihm eh nicht vor. Er weiß nur zu gut, wo seine Grenzen liegen. Nicht nur einmal habe ich vergeblich versucht diese Grenze bei ihm zu überschreiten. Außerdem trinkt er auch nicht vieles durcheinander, sondern bleibt meistens bei Jack Cola und/oder Bier. Er kann es sich eigentlich auch nicht erlauben mit solch einer Headline »Seto Kaiba torkelnd in Dominos NightLife unterwegs« auf den Titelblättern zu erscheinen. Für ihn ist es sowieso schon unangenehm, wenn in der Presse auch nur ein kleiner Satz über sein Privatleben steht. Verständlicherweise möchte er lieber durch seine Erfolge bei DuelMonsters oder in der Wirtschaft glänzen.
 

Ein kurzer Blick zu Seto zeigt mir, dass er wohl noch ein paar Daten abgleichen muss.

Schon seltsam mit uns beiden. Wer hätte noch vor zwei Monaten gedacht, dass wir beide aus freien Stücken unsere Freizeit miteinander verbringen – irgendwie ist es immer noch ziemlich bizarr, denn alles fing vor knapp fünf Wochen mit einer Strafarbeit an.
 

Wenn ich es mir aber recht bedenke, dann hatte sich unser Verhältnis schon zuvor auf unserer Kollegstufenfahrt verändert.

Die einen aus unserer Kollegstufe sind nach London geflogen, und die anderen nach Rom. Yugi, Honda, Anzu und meine Wenigkeit haben uns für Rom entschieden. Ein bisschen auf den Spuren Caesars herumzuwandern konnte ja nicht schaden und außerdem liebe ich Pizza & Pasta über alles.

Kaiba konnte sich nicht vor dieser Reise drücken. Er hat es mit einer 'wichtigen' Konferenz versucht, aber ein kurzes Gespräch der Schulleitung mit Roland genügte um Kaibas Plan zunichte zu machen. Die Schulleitung bestand aus irgendeinem Grund darauf, dass Kaiba an dem Ausflug teilnehmen musste – ganz nach dem Motto, dass sich Kaiba in die Klassengemeinschaft einfügen sollte.

Nun zur Zimmerverteilung: Natürlich durften nur Jungs und Jungs, Mädels und Mädels zusammen in ein Doppelbettzimmer gehen. Anzu ist mit einer Freundin zusammengegangen und wie haben wir Jungs dieses Problem gelöst? Wir haben 'Schere, Stein, Papier' gespielt. Der erste, der rausflog, war aus dem Zimmer draußen.

Normalerweise habe ich ein gutes Händchen für derartige Glücksspiele, aber dieses mal nicht. Ich verlor.

Okay, ich ließ meinen Blick schweifen um einen Zimmernachbar ausfindig zu machen. Tja, die meisten hatten schon welche oder die, die übrig blieben, waren nicht so mein Fall – bis auf Kaiba.

Irgendwie auch logisch, dass er nicht darauf losgestürmt ist um einen Zimmernachbarn zu suchen. Vielleicht spekuliert er ja auf ein Einzelzimmer. Nein, wir sind genau 12 Jungs, also sind alle Doppelzimmer belegt.

Nun gut, ich nahm das kleinere Übel ich Kauf und begab mich in der Pause zu Kaiba. Schließlich konnte ich auch nicht leugnen, dass mir Kaiba total egal war. Allein durch diese DuelMonters-Sachen und alltäglichen Streitereien waren wir schon irgendwie 'befreundet' oder so etwas in der Art…

Die Pausenglocke ertönte, woraufhin ich gleich mal zu Kaiba schlenderte und mich auf dem Platz vor ihm niederließ.

"Hey, Kaiba, ich nehme mal an, dass du noch keinen Zimmernachbarn hast. Gehen wir zwei zusammen?"

"Brauchst du viel Platz beim Schlafen?"

"Was?"

"Es sind 'Doppelbettzimmer' und keine 'Zweibettzimmer'. Ich habe keine Lust, dass du dich auf dem ganzen Bett ausbreitest."

"Oh... nein, keine Sorge, ich brauch nicht sonderlich viel Platz."

"Okay, dann wäre diese Sache geklärt," schloss er mit diesem Thema ab und verschwand aus dem Klassenzimmer.
 

Ich denke, er war auch erleichtert, dass er mit mir das Zimmer zu teilen hatte und nicht mit irgendeinem anderen.
 

Der Flug und der erste Tag in Rom verliefen optimal. Wir gingen sogar recht zeitig schlafen, weil wir alle so erschöpft waren. Es gab auch keine peinlichen Momente zwischen mir und Kaiba a la 'sich-vor-dem-anderen-ausziehen-müssen-um-den-Schlafanzug-anzuziehen'. Als er im Bad war hab ich mich umgezogen und er tat es mir gleich. Als ich aus dem Bad wiederkam hatte er schon seine Pyjamahose und ein T-Shirt an.

Ein weiteres Mal fiel mir auf, dass zwei Welten aufeinander prallten: er in einem Hugo Boss Outfit und ich in einem von H&M.

Gegensätzlicher ging es nicht mehr.
 

Wir wechselten nicht viele Sätze, sondern schliefen gleich ein, nachdem ich peinlich darauf bedacht war, nicht laut zu atmen. Dass Kaiba überhaupt am Leben war konnte ich nicht einmal hören. Er hat sich sofort in die richtige Einschlafposition begeben und dann habe ich kein einziges Geräusch mehr gehört. Manchmal ist mir dieser Kerl unheimlich. Ich für meinen Teil, brauche immer etwas bis ich die richtige Position habe.

Wie es zu erwarten war hatten wir Doppelbetten, aber zum Glück zwei Bettdecken. An Kaiba ranzukuscheln oder um die Bettdecke kämpfen musste ich nun wirklich nicht haben.

Ich wachte am nächsten Morgen eher auf, und stellte fest, dass ich ziemlich nah an der Mitte des Doppelbettes lag. Mein Blick glitt zu Kaiba und ich sah, dass er ebenfalls mehr bei der Mitte lag, als am Rand. Mir fiel auf, dass wir wirklich nahe, sehr nahe beieinander lagen, vielleicht trennten unsere Nasenspitzen nur 30 cm – und das bedeutet für Kaibas Maßstäbe schon Körperkontakt pur. Er schlief auf dem Bauch, hatte einen Arm und ein Bein angewinkelt. Er sah so zufrieden, so gar nicht verbissen aus.

Da er ja noch schlief, nutzte ich dies aus und betrachtete ihn mir genauer – aber nicht allzu lange denn:

"Warum starrst du mich an, Bonkotsu?"

Er hatte nicht einmal seine Augen aufgemacht.

"Du bist schon wach?" Ich war nicht darauf vorbereitet, dass er meine Anstarrnummer mitbekommt.

"Du hast nicht auf meine Frage geantwortet", und nun sah er mich mit seinen blauen Augen an.

"Ähm, ich weiß nicht genau."

"Eine sehr zufrieden stellende Antwort, Jyonouchi." So früh am Morgen hatte seine Tonlage noch nicht die Bissigkeit erreicht wie man sie von Kaiba gewohnt ist.

"Woher hast du eigentlich gewusst, dass ich dich angesehen habe? Du hast ja nicht mal die Augen aufgemacht."

"Ich habe deinen Atem auf meinem Oberarm gespürt.“

"Aha, das merk ich mir für das nächste Mal. Also, nicht für das nächste Mal, sondern…“ Ich hab mich um Kopf und Kragen geredet, so dass ich ein anderes Thema anschneiden wollte: „Na ja, wie hast du geschlafen?"

"Gut."

"Bist du fit?"

"Ja."

"Wie viele Stunden Schlaf brauchst du eigentlich so?"

"6-7 Stunden."

"Echt? Doch so lang? Ich hätte immer gedacht, du als Geschäftsmann brauchst sicherlich nur 5 Stunden. Ich bin der typische mindestens-8-Stunden-Schläfer, weißt du."

„Warum erzählst du mir so etwas?“

„Warum nicht? Wir können uns doch zur Abwechslung auch einmal wie zivilisierte Menschen unterhalten.“

"Warum bist du als typischer mindestens-8-Stunden-Schläfer schon so früh wach? Konntest du nicht schlafen, weil ich neben dir lag?" Er brachte dabei sogar ein leicht süffisantes Grinsen zustande.

"Hättest wohl gern. Nein, in der ersten Nacht in einem fremden Bett kann ich nie lange schlafen."

"Mokuba hat das gleiche Problem."
 

Irgendwie war es seltsam, dass er erwähnt hatte, dass ich etwas mit seinem kleinen Bruder gemeinsam hatte. Anscheinend dachte er das gleiche, woraufhin er sofort mit einer provozierenden Bemerkung abzulenken versuchte.
 

Für mich war es aber noch zu früh am Morgen für eine Streiterei, weshalb ich nichts erwiderte.
 

Es lag vielleicht daran, dass wir beide morgens etwas ruhiger sind, aber solch ein langes Gespräch ohne uns zu beleidigen hatten wir noch nie. Und ich habe relativ viel über ihn erfahren – er braucht mehr Schlaf als ich gedacht hatte.
 

Unser Aufenthalt dauerte circa eine Woche, wir sahen ziemlich viel von Rom, waren sogar bei einer Papstaudienz, sind auch mal einen Tag nach Pompeji gefahren, stiegen auf den Vesuv, etc. Vor manchen Ausflügen konnte sich Kaiba drücken – er war sowieso schon einmal mit Mokuba in Rom – und ansonsten hatte sich leider unser erstes Gespräch am Morgen nicht wiederholt.

Ich vermute, dass ihm das schon zu nahe gegangen ist.

Die Zeit nach unserer Kollegstufenfahrt ging Kaiba wieder verstärkt auf Konfrontationskurs mit mir.

Ich frage mich manchmal echt, wo bei ihm eine Schraube locker ist. DASS bei ihm überhaupt eine Schraube locker ist, steht schon lange nicht mehr zur Debatte.
 

Nun gut, zurück zur Strafarbeit. Letzten Endes haben wir uns da zum ersten Mal mehr oder weniger freiwillig geküsst, wobei ich ihm vorher beinah die Nase gebrochen hätte.
 

Damals war es heiß.

Ich geb’s zu, ich hab es auf einen Streit angelegt.

Ich war total genervt, weil ich nicht ausgeschlafen war.

Ich war total genervt, weil ich an dem Tag zu dieser dämlichen Aufräumarbeit mit Kaiba verdonnert wurde.

Ich war total genervt, weil Kaiba an dieser Strafarbeit Schuld hatte, aber das natürlich nicht zugeben wollte.

Ohne ihn wäre das ganze gar nicht so weit gekommen!
 

Da Kaiba mich wie immer mit einer schnippischen Bemerkung provozieren musste und ich das nicht auf mir sitzen lassen konnte, waren wir also beauftragt worden den Geräteraum in unserer Sporthalle aufzuräumen. Hört sich an sich ja gar nicht mal so schwierig an - nur herrschte das reinste Chaos in diesem Raum.
 

„Bonkotsu, wenn d-“

„Kaiba, nerv nicht.“

„Wenn du noch w-“

„Kaiba, kein Wort.“

„Bonkotsu, ich-“

„Kai-“

„ICH rede jetzt, und du hast mich nicht zu unterbrechen!“

Ich wollte schon zu einem weiteren Kommentar ansetzten, da hat er sich bereits elegant wie eh und je an den Mattenwagen gelehnt, die eine Hand auf die Hüfte gestützt und mit seiner kleinen Rede begonnen, welche er mal wieder mit übertriebenen Gestiken unterstrich.

„Also, wenn du noch weiter so phlegmatisch herumstehst, brauchen wir ewig. Ich meinerseits habe aber absolut keine Zeit und habe gute Lust dich hier alleine zu lassen. Schließlich ist deine lächerliche Rachaktion an mir auch die Ursache für das hier!“

„Kaiba, halt heute einfach die Klappe, okay!“

„Ist ja mal wieder typisch, Bonkotsu. Weil du mal wieder unfähig bist, muss ich alles alleine machen. Aber nicht mit mir, so nicht. Etwas anderes erwartet man von dir sowieso nicht.“

„Ist das so? Na, dann werd ich dir mal das Gegenteil beweisen.“

„Und wie? Das ist doch nichts als heiße Luft.“

„Okay, Kaiba, ich habe dich gewarnt, du hast es nicht anders gewollt…“
 

Und schon hab ich ihm einen Kinnhaken verpasst. Einen eher sachten wohlgemerkt. Ich wollte ja nicht, dass er mich glatt auf Schmerzengeld verklagt, wenn ich ihm den Kiefer breche.

Ich weiß, ich weiß, solch ein Schlag ist nicht gerade sehr höflich, aber Kaiba nervte mich schon die ganze Zeit mit seinen Sticheleien und außerdem war ich – wie bereits erwähnt – den Tag über eh schon gereizt. Da hättet ihr mal Honda fragen können.
 

Nun gut, zurück zum Kinnhaken.

Natürlich war Kaiba nicht gefasst darauf und sah auch dementsprechend geschockt aus.

Das erlebt er nicht jeden Tag, dass jemand ihn im wahrsten Sinne des Wortes umhaut.

„Na los, Kaiba, wo bleibt dein Kampfgeist? Versteck dich nicht hinter irgendwelchen Sprüchen oder noch so wichtigen Terminen.“

Ich hab ihn regelrecht aufgefordert mich anzugreifen und bin wie ein Boxer herumgesprungen, habe meine Fäuste schon in die richtigen Positionen gebracht.

Eigentlich habe ich erwartet, dass sich Mister Eisklotz auf zwei Beinen mit einem „Auf dein Niveau begebe ich mich nicht herab“ aus der Affäre zieht, aber er hat mir dann doch eine verpasst, so dass sich eine kleine Schlägerei im Geräteraum ergab.

Auch wenn es etwas seltsam klingen mag, es war irgendwie befreiend sich mal mit Kaiba zu prügeln. Auf der Duellebene bin ich ihm ja leider noch nicht ebenbürtig, auch bei unseren Wortgefechten ziehe ich meist den Kürzeren, aber hier auf diesem Gebiet kann ich meine früheren Kenntnisse über Nahkampftechnik beweisen.
 

Doch während unserer Rangelei ist Kaiba über eine Hantel gestolpert und hat mich gleich mit zu Boden gerissen, wobei er eindeutig unglücklicher fiel, denn ich war über ihm. Ich habe sogleich die Gunst der Stunde ergriffen und seine Hände über seinem Kopf festgehalten, sodass er relativ wehrlos war.

Diesen Moment habe ich ja so sehr genossen. Er hingegen natürlich eher weniger.
 

Kaiba, du kannst es absolut nicht leiden, wenn etwas Unplanmäßiges passiert und du die Kontrolle verlierst, nicht wahr?

Und in genau solch einer Situation befanden wir uns.
 

Etwas schnaufend hat er unter mir so etwas wie „Bonkotsu. Runter. Von. Mir. Sofort.“ befohlen.

Von ihm lass ich mir doch nichts befehlen, besonders nicht, wenn ich mal zur Abwechslung der Gewinner bin. Tja, Pech gehabt sag ich da nur.
 

Ich sah ihn mir in diesem Augenblick an – den ein oder anderen Kratzer im Gesicht und auf den Armen – und fand es – mir fehlt das passende Wort, denn ein Mann wie ich gebraucht nicht das mädchenhafte Wort ‚süß’ – wie Kaiba vergeblich versucht hat sich eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht zu pusten.

Aus irgendeiner Kurzschlusshandlung heraus – wahrscheinlich hatten Kaibas Schläge ein paar meiner Nervensynapsen beschädigt – beugte ich mich runter und habe ihn geküsst – ganz kurz, also, wirklich nur eine Millisekunde lang, eigentlich gar nicht der Rede wert.

Nicht, dass ich zuvor schon mal auf solch eine Schnapsidee gekommen wäre… so richtig geküsst haben wir uns da ja nicht. Ich habe einfach nur kurz meine Lippen auf seine gelegt und weg war ich wieder. Das war’s auch schon. Absolut unspektakulär.

Und er war zu geschockt um irgendetwas zu machen.
 

Eine direkte Reaktion auf meine spontane Aktion musste ausbleiben, denn von weitem haben wir unseren Sportlehrer gehört:

„Seto, Jyonouchi! Was war das eben für ein Geräusch?! Ihr solltet Ordnung in dem Geräteraum schaffen und nicht… wie seht ihr beide denn aus?“

Erst zu diesem Zeitpunkt hatte der Lehrer den Geräteraum erreicht und uns mit den durcheinander gebrachten Haaren gesehen, die ein oder andere Schramme im Gesicht. Nachdem ich unseren Sportlehrer schon kommen gehört hatte, bin ich natürlich ganz von Kaiba runtergegangen. Welchen Eindruck hätte das nur auf den Lehrer gemacht? Kaiba stand ebenfalls auf, klopfte sich sporadisch den Staub von seiner Hose.

„Auch gut, wenn ihr euch unbedingt prügeln müsst – ihr zwei solltet alt genug sein Differenzen anderweitig zu klären. Und noch dazu bist du, Seto, mehr als vernünftig. Wie ich sehe seid ihr nicht so weit gekommen, wie ich erwartet hatte. Für heute reicht es jedoch. Ich will zusperren, damit ich nach Hause kann. Die nächste Strafarbeit für euch beide oder für einen anderen Störenfried kommt erfahrungsgemäß sowieso bald.“
 

Als ich daraufhin den Geräteraum verlassen wollte, hat Kaiba mir noch ein „Das wird ein Nachspiel haben, Bonkotsu“, zugezischt.
 

Nun gut, nach dieser Verabschiedung dachte ich an eine Schmerzensgeldklage wegen eines psychischen Traumas oder daran, dass seine Bodyguards mir auflauern oder so.

Aber nichts dergleichen geschah.

Der Heimweg war regelrecht langweilig.
 

Am nächsten Tag war Kaiba nicht in der Schule, aber…

Nichts ahnend mache ich meine Wohnungstür auf, weil jemand geläutet hat, und ohne ein Wort der Begrüßung marschiert Kaiba mit folgenden Worten rein: „Bonkotsu, was sollte das gestern?“

Der und sein ewiges Bonkotsu. Der kann sich auch mal etwas Neues einfallen lassen…

„Woher weißt du überhaupt, wo ich wohne?“

„Im Gegensatz zu dir weiß ich, dass es ein Telefonbuch gibt.“

„Ich stehe aber nicht im Telefonbuch.“

„Oh…, nun gut. Das ist jetzt nicht das Thema. Also, was sollte das gestern?“

„Was sollte was?“

„Na, dass du gestern im Geräteraum über mich hergefallen bist. Was meinst du denn sonst?!“

„Ach so das. Ich dachte schon du bist wegen der kleinen Schlägerei hier. Wie ich sehe hast du eine Schramme auf der Wange. Soll ich sie mir mal anschauen?“

„Lenk nicht von der eigentlichen Frage ab.“

„Komm schon, das war doch kein richtiger Kuss. Ich bitte dich, Kaiba. Das war nur eine flüchtige Berührung.“

„Was ist denn dann ein ‚richtiger’ Kuss für dich?“

„Soll ich jetzt mit dir hier im Flur rumknutschen?“

„Bonkotsu, ich verliere gleich meine Geduld.“

„Kaiba, was willst du eigentlich jetzt von mir hören? Dass ich in dich verliebt bin? Nein, ich bin doch kein Kaiba-Groupie, der dich jeden Tag von früh bis spät anhimmelt. Dass es mir leid tut? No way. Dass es ne Schnapsidee war? Okay…darüber lässt sich reden. Ich gebe zu, ich hatte schon bei weitem bessere Ideen. So, zufrieden?“

„Nein.“ Ein kühles, nüchternes ‚Nein’.
 

„Wie ‚Nein’? was willst du noch hören?“

„Ich gebe mich nicht mit dieser Antwort zufrieden.“
 

Ich seufzte. Das alles führte doch zu nichts.
 

„Ich hol mir was zu trinken. Willst du auch? Ich hab O-Saft, Wasser, Co-“

Doch bevor ich gehen konnte, hat Kaiba mich am Arm festgehalten und etwas unsanft gegen die Wand gedrückt. Ehe ich etwas erwidern konnte hat er mich schon geküsst – und das war diesmal ein ‚richtiger’ Kuss – nicht nur solch ein schnelles Lippen-aneinanderlegen.
 

„Ich sagte doch, dass es ein Nachspiel haben wird“, sagte er und verschwand sogleich aus meiner Wohnung.

Etwas perplex blieb ich zurück in meinem Flur. So war dieses ‚Nachspiel’ gemeint? Ich weiß ja nicht…

Das ganze war mir nicht so geheuer…

Da wurde ich gerade vom meistbegehrtesten Junggesellen Japans geküsst und was mache ich auf diesen Schock hin?

Ein Bier trinken.

Und währenddessen nachdenken.
 

Zu allererst kam mir der Gedanke, dass Kaiba ein Holo-Double von sich geschickt hat. Als wir von Noah in der virtuellen Welt gefangen gehalten wurden, tauchte auch ein täuschend echtes Kaiba-Holo-Double zu Demonstrationszwecken auf.

Doch wer bitteschön hätte etwas davon, mich so in eine Falle zu locken? Könnten die Big 5 doch entkommen sein?

Aber was würden die damit bezwecken?

Infolgedessen habe ich diese Möglichkeit des Doubles ad acta gelegt und nach reiflicher Überlegung unter Ausschöpfung aller anderen in Betracht kommenden realistischen Alternativen der Wahrheit ins Auge gesehen: Kaiba & ich…

Ach. Du. Meine. Güte.

Meint der das im Ernst? Oder ist das nur eine neue bizarre Taktik mich auf die Palme zu bringen?

Nein, mit so etwas würde Kaiba nicht spielen.
 

Der Anfang ging zwar von mir aus, aber wir hätten da noch stoppen können, es als ‚Unfall’ bezeichnen können, aber…

Ich habe die ganze Sache mit ihm einfach zugelassen – nachdem ich mehr oder weniger sorgfältig die Pros und Contras abgewogen hatte.

Was hatte ich denn schon zu verlieren?

Nichts.
 

An kitschiges Händchenhalten ist gar nicht zu denken bei ihm, bis auf gelegentliches Küssen ist auch nicht sonderlich viel gelaufen. Seltsam, nicht wahr?

Jedoch ist es absolut normal, dass alles, was mit Kaiba zu tun hat eben nicht normal verläuft.

Ich möchte gerne mal wissen, wie sich Honda, Duke oder sogar der Pharao unsere Dates vorstellen. Wahrscheinlich denken sie, dass Kaiba und ich gleich übereinander herfallen, uns die Klamotten vom Leib reißen und auf Sklave-und-Meister-Spielchen stehen oder so in der Art.

Um noch mal auf den Pharao zurückzukommen: Auch wenn er eine lange Zeit mit Yugi verbracht hat, so kommt er mir immer etwas… hm… verdorben vor. Wer weiß, was er damals im alten Ägypten getrieben hat. Und Yugi ist dahingehend wirklich noch etwas naiv. Er bekommt schon einen leichten Rotschimmer, wenn Anzu ein Top trägt und sich kurz nach vorn beugt.

Aber der Pharao… da bin ich mir nicht so sicher… manchmal hat er so einen anzüglichen Gesichtsausdruck parat. Nur zu gerne möchte in solchen Momenten wissen, was er denkt.
 

„Bonkotsu, wenn du weiterhin so in den Fernseher hineinstarrst, brauchen wir wirklich nicht mehr losfahren.“

Da war er wieder: Freundlich wie eh und je. Es hat sich in vielen Bereichen doch nichts zwischen uns geändert. Eigentlich ist es ganz gut so, denn ich könnte nicht mit einem im 7ten Himmel schwebenden Kaiba umgehen. Man stelle sich das mal vor: Seto, wie er auf rosa Wölkchen herumhüpft!

Okay, zurück zur Realität.
 

„Wie oft habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass du dir mal etwas anderes als ‚Bonkotsu’ einfallen lassen kannst? Hin und wieder rutscht dir doch schon mal ein ‚Jyonouchi’ raus. Warum nicht öfter?“
 

„Du hörst aber inzwischen perfekt auf ‚Bonkotsu’. Warum sollte ich in diesem Fall Bewertes ändern? Also, gehen wir.“
 

Roland, der ja Kaibas ‚Mädchen für Alles’ ist, fährt uns noch zur Bowling/Billard-Halle und kann dann endlich seinen wohlverdienten Feierabend genießen. Es muss doch sicherlich ziemlich stressig sein Setos persönlicher Assistent zu sein. Ich glaube sogar, dass Roland nicht nur fast täglich zu Starbucks geschickt wird, sondern, dass er sich um die Spezialreinigung von Kaibas Mäntel kümmert. Allein dieser Job wäre genug für eine Vollzeitkraft!
 

Kaiba sitzt neben mir, die Beine überkreuzt, die Arme verschränkt, den Blick starr nach vorne gerichtet. Seine Körpersprache spricht ja Bände, dass er meine Gesellschaft wünscht.
 

„Was hast du eigentlich auf den Schmierzettel vorhin gekritzelt?“, versuche ich ein Gespräch zu beginnen.

„Warum interessiert dich das?“

„Nur so.“

„Das ist keine Antwort, Bonkotsu“, brummt er.

„Ich wollte sehen, ob du nur so Striche oder doch kleine Figuren gezeichnet hast.“

„Zu welchem Zweck?“

„Hatte vor das dann zu analysieren.“

„Hm.“
 

Aufschlussreiches Gespräch, muss ich wirklich zugeben….
 

Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, dass Kaiba es bereut an jenem bedeutsamen Nachmittag zu mir gekommen zu sein. Denn ab diesem Zeitpunkt gab es für Kaiba kein zurück mehr: Wenn er etwas angefangen hat, dann muss er es auch durchziehen. Wie hätte das nur ausgesehen? Als ob er kalte Füße bekommen hätte. So etwas – ja sogar diese Floskel überhaupt – lässt Kaibas Stolz überhaupt nicht zu.
 

Ob unsere Beziehung... – Haben wir überhaupt so etwas wie eine Beziehung?

Wohl kaum. Zu einer Beziehung gehört mehr als das, was zur Zeit zwischen uns läuft. Wir befinden uns immer noch in der Prä-Beziehungsphase, weil sich keiner über so manch eine Grenze wagt.

Es stimmt schon, dass wir uns ziemlich häufig streiten, aber ich finde es ist gut so. Nur weil wir auf eine verquere Art und Weise zusammen sind, müssen wir uns ja dahingehend nicht zurückhalten. Schließlich hat auch alles mit unseren Zankereien angefangen.

Er provoziert mich, ich gehe darauf ein, er reizt mich weiter, ich schaukle unser Wortgefecht höher… hach, ja, da ist unsere Welt in Ordnung.
 

Irgendetwas muss ich während der Autofahrt tun, also versuche ich mich ihm etwas zu nähern, indem ich meinen Arm auf die hintere Lehne lege, so dass ich etwas unsicher seinen Nacken kraulen kann. Ich denke es gefällt ihm – zumindest meckert er nicht.

Aber es wirkt von uns beiden immer noch ziemlich steif.

Ich habe doch selber keine Ahnung von Beziehungen! Bisher war ich mit noch keinem Mädchen zusammen – was aber nicht heißt, dass ich noch nie geküsst hätte, damit das mal klargestellt ist!
 

Zuerst haben wir uns für Billard entschieden. Lag auch vielmehr daran, dass im Moment keine Bowlingbahn frei ist und Kaiba hatte nicht vor wegen einer Bowlingbahn seine Beziehungen zu nutzen.

Während Seto den Tisch vorbereitet, habe ich uns beiden von der Bar zwei Bier geholt.

Mögen die Spiele also beginnen.
 

„Soll ich dir einen kleinen Vorsprung geben, damit du wenigstens glauben kannst den Hauch einer Chance zu haben, Bonkotsu?“
 

„Das gleiche wollte ich dich eben fragen. Soll ich für dich ein paar einlochen?“
 

Nur für einen kurzen Augenblick zeichnet sich auf seinen Lippen eines seiner seltenen Lächeln ab, welches mir doch zu verstehen gibt, dass er es doch nicht bereut an jenem Nachmittag in meiner Wohnung gewesen zu sein.
 

Er weiß, dass ich es nicht mag anzufangen, weil ich beim ersten Stoß kaum eine Kugel versenke. Deshalb beginnt er.
 

„Die vollen gehören dir, und ich muss mich um die halben Kugeln kümmern.“
 

Wir spielen ein wenig, die Anzahl der Kugeln auf dem Tisch verringert sich stetig, hin und wieder fällt ein Kommentar über den letzten missglückten Stoß, Kaiba muss sich auf den Tisch setzen um besser an die Kugel ranzukommen…

Ich muss zugeben, dieses Bild hat etwas für sich. Blöd, dass ich kein Fotohandy habe.
 

Tja, schade, schade, dass sein Stoß trotz seiner Verrenkungen nicht von Erfolg gekrönt war. Aber vielleicht muss er sich heute noch mal auf den Tisch begeben…
 

Wie befürchtet sieht es beim Billard doch nicht so gut für mich aus, denn er ist kurz davor die Schwarze zu versenken, wohingegen ich noch zwei Kugeln auf dem Tisch habe.
 

Und da hat er es auch schon geschafft…
 

„So, nachdem ich dich hier besiegt habe, erlebst du gleich auch beim Bowlen eine niederschmetternde Niederlage!“

„Seto, es soll Spaß machen – wie auch die Duelle bei DuelMonsters.“ Nicht nur DuelMonsters nimmt er zu ernst, sondern alle Herausforderungen, egal wie klein sie noch sind.
 

Auf dem Weg zur Bowlingbahn habe ich mir einen Cuba Libre und er einen Jack Cola geholt. Wie gut, dass ich im Fitnesscenter noch Pommes gegessen habe. Sonst könnte er mich nach drei Bier, einem Jacky und diesem Cuba Libre nach Hause tragen.

Ich mag dieses leicht angetrunkene Gefühl, aber ich denke, dass das für heute mein letztes alkoholische Getränk sein wird.
 

Diesmal beginne ich mit dem Spiel und räume schon mal 8 Kegel ab. Kein schlechter Start – muss sogar er widerwillig zugeben, während ich siegessicher zu unserem Tisch zurückgehe.
 

Und wieder einmal fällt mir auf, dass sogar Kaibas kleiner Bruder männlicher als er dasitzt: er hat wie so oft die Beine äußerst elegant überschlagen.

Seltsam, dass mir das erst nach unserer Schlägerei im Geräteraum aufgefallen ist. Zuvor habe ich kaum darauf geachtet, wie Setos Körperhaltung ist.
 

Auch, wenn das im Grunde genommen total bescheuert ist, hatte ich anfangs trotzdem das Gefühl, dass ich durch ihn in die HighSociety aufgestiegen bin, dass ich ab dem Zeitpunkt in der Premier League mitspielen würde. Zwar hat Kaiba mich bis jetzt nicht zu irgendwelchen Galas, Premieren, Empfängen oder dergleichen mitgenommen – wo ich mich sowieso nicht unbedingt wohl fühlen würde – aber…

Hey, ich bin mit dem begehrtesten, reichsten Jugendlichen Japans liiert! Was will ich eigentlich mehr? Gut, hin und wieder hat er zwar einen Knall, ist recht kühl, stur, vielleicht etwas zu dünn, arrogant, in manchen Bereichen zu selbstsicher, hat eine größenwahnsinnige Lache, neigt dazu maßlos zu übertreiben – ich erinnere da nur an seinen lächerlichen Auftritt bei der Eröffnung seines KC Grand Prix - , sprengt irgendwelche Gebäude in die Luft, wenn ihm danach ist….. anderseits ist es heutzutage verdammt schwer geworden jemanden zu finden, der keine größeren Macken hat!
 

Wie sich herausstellt, hatte Kaiba entweder nicht so viel zu Abend gegessen oder schon zu viele Drinks, denn seine Bowlingkugel landet öfter nicht dort, wo sie hin sollte.

Tja, Pech aber auch… ich gewinne.
 

„Die Bahn muss schief sein.“

„Musst du denn immer ein schlechter Verlierer sein? Beim Pharao machst du danach auch immer einen Aufstand.“

„Ich habe aber auch allen Grund dazu: Jedes Mal bin ich knapp davor ihn zu besiegen, und dann zückt er im letzten Moment die richtige Karte. Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen. Er betrügt, da bin ich mir sicher. Und komm mir jetzt nur nicht mit dem ‚Herz der Karten’-Gefasel!“

„Dann versuch seinen Betrug doch zu beweisen.“

„Vor kurzem habe ich so viele Kameras installieren lassen, so dass jede Handbewegung einfangen wird.“

„Meinst du nicht, du übertreibst es etwas?“

„Nein.“

„Nein, du übertreibst ja nieeeeeeeemals.“

„Bonkotsu, Sarkasmus steht dir nicht.“
 

Wir geben unsere Bowlingschuhe ab, und begeben uns an die frische Luft.

Manchmal frage ich mich, ob die Leute es nicht ungewöhnlich finden Seto und mich gemeinsam zu sehen. Wenn ich nicht ich wäre, sondern eben ein Außenstehender, würde mich das wundern. Als wir das erste Mal gemeinsam weggegangen sind, hat uns ein Paparazzo auf der Straße erwischt. Also, nicht ‚erwischt’ im Sinne von küssend erwischt. Dafür hat sich aber kein Boulevardmagazin sonderlich interessiert. Da Seto und ich aber in letzter Zeit ja häufiger gemeinsam zu sehen sind, fiel das natürlich auf. Die Presse vermutet aber nur, dass wir unsere Streitigkeiten nun endlich begraben haben. Welcher Journalist würde schon auf die Idee kommen, dass wir zwei miteinander ausgehen?
 

Mittlerweile ist es kurz nach Mitternacht.

Aufgrund des Alkohols und der Arbeit spüre ich bereits eine leichte Müdigkeit.

Setos Angestellte haben alle Feierabend, keiner von uns dürfte fahren, also sind wir auf der Suche nach einem Taxi.

Er geht im Moment wenige Schritte voran…. Da fällt mir doch etwas ein…

Einen kurzen Anlauf nehmen, springen, er hält mich fest, so dass er mich huckepack nimmt.

Ja, das müsste funktionieren.

Kurz Luft holen und los geht’s!
 

3 Schritte benötige ich bevor ich Kaiba quasi anspringe –

bis ich von seinem Rücken rutsche,

bis ich in der nächsten Sekunde auf der Straße sitze und mein schmerzendes Steiß reibe.

Seto dreht sich nach dem Motto ‚War da gerade etwas?’ um und schaut mich leicht irritiert von oben an.
 

„Thehehehe, war wohl zu spontan für dich, ne?“

„In der Tat. Was wolltest du eigentlich?“

„Dass du mich huckepack trägst.“

„Bist du dafür nicht zu alt und auf Dauer zu schwer?“

„Danke.“ Von Anfang wusste ich, dass Kaiba eine wahnsinnig ausgeprägte romantische Ader hat. Er besitzt genauso viel Sensibilität wie ein Holzhammer.

Zumindest reicht er mir doch die Hand zum Aufstehen.
 

Kurze Zeit später sitzen wir auch schon im Taxi und sind auf dem Weg nach Hause. Da ich müde bin, lehne ich mich an seine Schulter und schließe die Augen. Nur nicht einschlafen. Wie peinlich wäre das denn?

Ich spüre wie der Taxifahrer bremst, Kurven zu scharf nimmt, beschleunigt – bis wir letztendlich stehen bleiben und der Fahrer das Licht mit den Worten „11,20 bekomme ich von euch“ anschaltet.

Während Kaiba das Wechselgeld entgegen nimmt, registriere ich etwas verschlafen, dass wir nicht bei mir daheim sind, sondern vor Setos Anwesen stehen.

„Worauf wartest du noch?“

„Schlafe ich heute… bei dir?“

„Soll ich es mir noch anders überlegen?“

„Nein, nein, bin ja schon da.“
 

Gemeinsam bewegen wir uns etwas schwankend auf seine Villa zu.

Hätte ich das gewusst, hätte ich mir doch eine Zahnbürste mitgenommen und eine coolere Boxershorts angezogen.
 

Ich war zwar schon das ein oder andere Mal bei Seto zuhause, aber sein Schlafzimmer hatte ich noch nicht gesehen. Und diese Tatsache ändert sich nun.
 

Während er kurz im Bad verschwindet, begutachte ich seine Einrichtung. Entweder er selbst hat einen hervorragenden Geschmack oder er hatte eine sehr gute Innenausstatterin beauftragt.

Auffallend ist, dass sein Bett nicht so groß ist, wie man es bei ihm vermuten könnte – Kaiba muss ja bekanntlich sonst immer übertreiben…
 

Wie ist er denn eigentlich so im Bett?

Rücksichtslos, hart oder doch zärtlich. Nun gut, das wohl eher kaum... zurückhaltend, ruhig? Vielleicht aber ist er gar nicht so verklemmt, wie man aufgrund seiner hochgeschlossenen Kleidung vermuten könnte.
 

Und da wird es mir deutlich bewusst: Ich schlafe zum ersten Mal bei Seto – werde ich heute dann auch mit ihm schlafen?

Aufgrund des Alkohols sind wir beide dahingehend sicher etwas lockerer, ich übernachte bei ihm… so langsam bekomme ich etwas Panik. Das wäre ein zu großer Schritt… Will ich das?
 

„Du kannst jetzt ins Bad.“

Etwas durcheinander drehe ich mich um und frage ihn: „Meinst du, es ist eine gute Idee, wenn ich heute… bei dir… schlafe?“
 

„Wieso nicht? Morgen ist keine Schule und wir beiden haben vormittags keine anderweitigen Verpflichtungen.“
 

Weiß er denn nicht, woraufhin ich anspiele, oder will er sich nichts anmerken lassen? Er handelt wie eh und je vollkommen souverän. Manchmal könnte ich ihm wegen seiner Perfektion eine reinschlagen.
 

„Okay, ähm, hast du für mich auch etwas zum Anziehen?“

„Habe ich dir schon ins Bad gelegt. Deine Zahnbürste ist die grüne.“
 

Im Bad betrachte ich mich erst einmal lange im Spiegel.

Wir haben nie über dieses Thema gesprochen, jedoch glaube ich, dass er genauso wenig Erfahrung wie ich hat. Andererseits ist Seto in allen Bereichen schon so sehr erwachsen, dass ich ihm auch zutrauen würde, dass er schon mal…
 

Als ich wieder zurück in sein Zimmer gehe, sitzt er schon im Bett, hat die Decke über seine Füße geschlagen und blättert in seinem Organizer. Er sieht ganz gelassen aus – jedoch auch etwas müde.
 

Man kann ja auch so bei jemandem übernachten ohne zu weit zu gehen, nicht wahr.

Außerdem ging bei uns bisher auch nicht sonderlich viel. Aber andererseits denken ja Männer statistisch gesehen alle paar Sekunden daran...
 

„Seto...?“

Er legt den Organizer beiseite, so dass ich im Moment seine volle Aufmerksamkeit besitze. So zurückhaltend und verschüchtert kenne ich mich gar nicht. Das muss ich sofort ändern.

„Na, wann hast du morgen deinen ersten Termin?“, versuche ich ihn auf ein neutrales Thema anzusprechen.

„Erst nachmittags bin ich auf einer Messe.“

„Aha. Auf welcher denn?“
 

„Eine Computermesse. Willst du eigentlich noch länger vor meinem Bett stehen bleiben?“

„Äh, nein, es ist nur irgendwie so seltsam, dass wir heute… na ja…“

„Wir schlafen heute nicht zum ersten Mal nebeneinander. In Rom hatten wir auch nur ein Bett.“

„Die Situation hat sich seitdem geändert.“

Das beschäftigt dich also.“

Ich bin erleichtert, dass Seto gleich darauf kommt, ohne dass ich weiter ausführen muss.
 

„Hast du nicht daran gedacht?“

„Nein.“

Dieses ‚Nein’ kommt einem Schlag ins Gesicht gleich. Will er gar nicht…?
 

„Nein? Ist es denn nicht normal, dass dieser Schritt kommt?“

„Sicher, aber nicht heute Nacht. Wozu die Eile?“

„Ich dachte nur, weil ich heute bei dir schlafe und so.“

„Deshalb hast du auch beim Aussteigen gezögert, nicht wahr.“
 

Etwas betreten sehe ich auf den Boden. Das ist doch nachvollziehbar, dass ich mir solche Gedanken mache, oder?

Man weiß, dass es einmal dazu kommen wird – man weiß nur nicht so genau, wann und wie, aber man spürt, dass es soweit ist. Ähnlich wie bei den gespannten Momenten vor dem ersten Kuss. Beide wollen ihn, aber man traut sich nicht so recht den ersten Schritt zu machen.

Und überhaupt, wenn wir es… na ja… wer wird unten liegen?
 

„Willst du im Stehen weiter grübeln oder doch lieber ins Bett kommen?“

Während ich mich von der Stelle bewege, spreche ich ihn darauf an: „Wenn, also wenn es soweit sein sollte – ich bin oben. Damit das klar ist.“

„Das glaube ich nicht.“

„Lass uns duellieren – wer verliert, liegt unten.“

„Wie gut, dass ich dich immer in DuelMonsters besiege.“

„Bis jetzt! Das wird sich ab diesem Duell ändern!“

„Bonkotsu, ich wusste schon immer, dass du fern der Realität lebst.“

„Versuch nicht mich zu beeinflussen, sondern schnapp dir dein Deck.“
 

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Nach diesem alles entscheidenden, schicksalträchtigen Duell sitzen wir uns um 2 Uhr nachts noch im Schneidersitz gegenüber und sortieren wieder grob unser Deck, wobei ich schneller fertig bin, da ich sowieso keine Ordnung in meinem Deck habe.

Irgendwie kindisch, dass wir solch eine Frage mit einem Duell entschieden haben, aber andere wollten zuvor schon die Weltherrschaft durch Duelle an sich reißen. Also warum sollten wir nicht in solch einer Angelegenheit die Karten zücken?
 

Ich weiß, dass Seto oft keine Nähe mag. Ich beuge mich vor, verringere den Abstand zwischen uns und küsse ihn kurz um seine Reaktion zu testen, in welcher Stimmung er soeben ist.

Auf jene muss ich nicht lange warten, denn er zieht mich wieder zu sich und will mehr.
 

Am nächsten Morgen sehe ich, dass wir nah beieinander liegen – ja fast sogar kuscheln.

Er ist wie zu erwarten ebenfalls schon wach.

„Für deine Verhältnisse bist du schon ziemlich früh wach. Konntest du nicht schlafen, weil ich neben dir liege?“ Das erinnert mich an unser Gespräch am ersten Morgen in Rom.

„Hättest du wohl gern. Nein, ich muss nur mich erst an dein Bett gewöhnen.“ Ich lege meine Hand auf seine und bin erleichtert, dass er seine nicht wegzieht, sondern seine Hand um meine schließt.
 

Für viele ist Seto Kaiba unerreichbar, jahrelang war er es auch für mich - aber nun nicht mehr.
 


 

SK: But, no matter when, and who, as long as someone challenges me, I’ll take it. That’s my creed.

J: It won’t be fun, if it doesn’t be like that.
 

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Und: Keine Ahnung, wer dieses ‚alles entscheidende’ Duell gewonnen hat *mit Schulter zuck* Für mich wäre beiden denkbar. Klar, Kaiba ist DER Champion schlechthin, aber wenn Jou diesen Ansporn hat und Kaiba noch zu angetrunken / zu müde ist / einfach mal Pech hat, dann könnte Jou ihn schlagen ^.~
 

Kommifunktion ist absichtlich deaktiviert – wer sich aber doch dahingehend äußern möchte

--> ENS / GB
 

Hito~



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