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Rei-Tsuki

Die Ankhmädchen
von

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Blitzlicht

Mira wartete schon eine halbe Stunde am Rand des Waldes. Hatte Selina sie vergessen? Key schnupperte interessiert an einem Baumstumpf und trottete dann zu ihr zurück, nachdem der Border Collie den Geruch als Langweilig abgetan hatte. Er rieb den Kopf an ihrer abgetragenen Jeans, die sie immer zu Spaziergängen mit Selina anzog. Missmutig strich sich Mira ihre Haare aus dem blassen Gesicht und blickte zum bewölkten Himmel empor. Welcher Teufel hatte sie geritten, dass sie sich die Haare schulterlang hatte kürzen lassen? Gegen Nachmittag sollte es regnen und ihre Haare würden ihr nur wieder in die Augen hängen.

Key legte ihr einen Stock vor die Füße, legte sich einen Schritt davor auf den Boden und sah auffordernd abwechselnd sie und den Stock an.

„Ach, Key. Ich will jetzt nicht spielen“ sagte sie geistesabwesend und schob den Stock mit ihrem Fuß weg. Doch der Hund lies nicht locker und legte ihn wieder zurück. Mit einem Seufzer hob Mira den Stock und warf ihn weg. Mit einem erfreuten „Wuff“ sprang Key dem Stock hinterher und holte ihn zurück.

„Du willst mich doch nur demütigen, gib es doch zu! Du weist ich kann nicht werfen!“ schimpfte Mira, als er wieder vor ihr stand. Der Hund sah die hechelnd an und es sah aus als würde er grinsen. Das Mädchen grinste zurück und schon rang sie mit ihrem Gefährten auf dem Boden.

„Mira? Wo bist du?“ hörte sie über das freudige Fiepen ihres Gegners Selinas Stimme.

„Hier! Hier bin ich!“ rief sie erfreut, stand auf und klopfte sich Gras und Moos von der Kleidung.

„Hast du dich wieder mit Key geprügelt?“ fragte die Ältere mit vorwurfsvollem Ton. Sie hatte ihr langes braunes Haar zurückgebunden und trug ihre üblichen Wald-Klamotten, wie Mira sie nannte: eine Jeans, die schon mehrere Grasflecken hatte, ein altes dunkelblaues T-Shirt mit dem verblassenden Aufdruck ihrer Schule und bequeme Turnschuhe.

„Du hast mich ja warten lassen und irgendwas muss ich tun, oder?“

„Du hast ja rech, entschuldige“ murmelte Selina. Mira verdrehte die Augen.

„Hör auf dich zu entschuldigen. Was war den los?“

„Anne hat angerufen mir eine halbe Stunde lang vorgejammert, wie sehr sie in Micha verliebt ist und so. Ich kann da doch nicht einfach auflegen“ erklärte sie.

Miras Gesicht verfinsterte sich. Auch sie hatte einige Zeit für Micha geschwärmt, bis der ihr einmal sehr deutlich signalisiert hatte, dass er von ihr nur eine Sache wollte. Aber das konnte sie Selina nicht sagen. Sie würde nur zu übervorsichtig reagieren.

„Komm, lass uns gehen. Ich brauch jetzt einfach ein wenig Bewegung.“ Mit diesen Worten drehte sich die Kurzhaarige um und verschwand im Wald, den Hund und das andere Mädchen auf den Fersen.

Lange Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her. Mit Selina zusammen zu sein war so unkompliziert. Sie beide dachten lieber als das sie sprachen und andere mit ihren Gefühlen belasten. Sie gingen immer im selben Wald spazieren, immer in Richtung des kleinen Sees, der einige Kilometer von ihrer kleinen Stadt entfernt lag. Es war schön einfach die Gedanken fliegen lassen zu können. Miras Gedanken kehrten schnell zu Anne und Micha zurück. Anne war eine kleine Blondine mit Brille und Sommersprossen. Micha war der Klassenschönling. Leicht gebräunt, helle Haare und immer von mehreren Mädchen umschwärmt. Als sie daran dachte, wie er sie erst vor drei Monaten mit ihr auf einer Party geflirtet hatte, nur um sie ins Bett zu bekommen, tat ihr Anne leid.

Wenn ich daheim bin, ruf ich sie an und erzähl ihr alles, beschloss sie und nickte kurz.

„Was ist?“ fragte Selina.

„Ich werde nachher Anne anrufen. Vielleicht kann ich ihr etwas mit Micha helfen.“

„Das ist lieb von dir“ meinte Selina. Mira wusste, dass Selina darauf gehofft hatte, dass sie das tat, was sie immer tat: anderen helfen ihre Probleme zu lösen.

„Key? Key! Wo bist du?“ rief Mira. Sie waren schon eine Stunde unterwegs und wenn sie sich nicht bald auf den Rückweg machten, würden sie nicht vor dem Regen daheim sein.

„Key!“ rief auch Selina. Offenbar hatte auch sie die Wolken bemerkt, als sie in den Wald gegangen waren. Mira spürte plötzlich ein Kribbeln im Nacken, als würde sie jemand beobachten.

„Lass uns schon mal zurück gehen. Er kommt sicherlich, sobald er merkt, dass wir nicht mehr da sind“ schlug die Jüngere vor und sah zweifelnd zum Himmel empor. Sie waren keine drei Schritte gegangen, da hörten sie ein Jaulen und Key kam auf sie zugeschossen und legte sich zwischen Miras Beinen flach auf den Boden.

„Key! Was tust du da! Wir müssen nach Hause!“ rief Mira über den plötzlich aufziehenden Sturm.

„Mira! Vielleicht sollten wir doch liebe hier bleiben. Wenn der Wind im Wald schon so stark ist, wie wird er dann erst außerhalb sein?“ schrie Selina ihrer Freundin zu und Angst klang in ihrer Stimme mit.

Das Mädchen wollte gerade etwas erwidern, als ein eisblauer Blitz durch die Baumkronen auf sie zufuhr. Sie hätte nie gedacht, wie viele Bilder man im Bruchteil einer Sekunde aufnehmen konnte. Sie sah Key, der sich Winselnd an sie drückte, Selina, die sie mit vor Schreck geweiteten Augen ansah und immer wieder das blaue Licht des Blitzes. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis er sie traf. Eine Ewigkeit und am Ende war erst alles blau und dann schwarz.



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