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Wenn Dämonenblut fließt...

...werden aus Todfeinden Verbündete
von

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Ein Drei-Parteien-Kampf

Es geht endlich weiter. So langsam nähert sich die FF ihrem Ende. Endlich kann ich auch den Cliffhanger auflösen. Tschuldigung nochmal dafür. Und jetzt viel Spaß beim Lesen!
 

Seneca sah sich um. Er spürte, wie ihm eiskalt wurde. Er wollte gar nicht daran denken, was gleich unweigerlich folgen würde. Auf den Gesichtern der Halbdämonen spiegelten sich die unterschiedlichsten Gefühle. Dante, der ihm am nächsten stand, lächelte breit. Nur aus der Nähe konnte man sehen, wie eingefroren es wirkte. Neros Blick schoss unruhig zwischen den beiden Parteien, die sie eingekesselt hatten, hin und her, während Vergil äußerlich stoisch ruhig schien und alles gelassen hinnahm. Doch Seneca sah auch, wie seine Finger sich immer wieder um Yamatos Heft schlossen und sich wieder öffneten, um dann wieder fest zuzupacken. Alle drei Halbdämonen waren nervös. „Was für eine hübsche Versammlung. Sagt bloß, ihr habt euch all die Arbeit nur für uns gemacht?“, ließ Dante einen seiner bekannt lässigen Sprüche hören, doch Seneca sah, wieviel Überwindung ihn das kostete. Er wusste, dass sie, sollte alles gleichzeitig auf sie losstürmen, keine Chance haben würden. Das Gelände eignete sich nicht für einen Kampf gegen Massen. Seneca sah zu den Feinden hinter ihnen.

Es war eine langgezogene, drei Reihen starke Schlachtformation der Ritter des Schwertordens. Grob geschätzt glaubte Seneca, mindestens hundert Menschen zu sehen, die ihnen gegenüberstanden. Sie hatten sich vor dem Eingang aufgepflanzt, zielten jetzt mit Pistolen, Gewehren und diversen Blankwaffen auf sie. Entschlossenheit stand in ihren Mienen, und wenn einer Angst hatte, so verbarg er sie gut. Seneca wandte sich erschauernd um.

Auf der anderen Seite ging es nicht so geordnet zu. Eine johlende, brüllende und geifernde Menge diverser Kreaturen hatte sich am Waldrand versammelt, verbarg sich teilweise in den Hecken, die den Wald vom Grundstück des Schwertordens trennen sollten. Dämonen. Und an ihrer Spitze stand eine hochgewachsene, Seneca auf unangenehme Weise bekannte Gestalt – Ariev. Der rothaarige Vampirdämon lächelte. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell wieder aufeinandertreffen. Hast du dich schon gut erholt, Vergil?“

Wenn Blicke töten könnten, wäre Ariev sicher zu einem Häufchen Asche verschmort, dessen war sich Seneca sicher. Vergils Augen schienen nur noch aus brennendem Hass zu bestehen, Seneca war froh, dass der Halbdämon auf seiner Seite war. Er betete, dass er sich niemals jemandem zum Feind machte, der seinen Hass so auslebte wie der Schwertmeister. Dante indes, der seinen Bruder diesbezüglich ja genau kannte, sah stirnrunzelnd zu ihm hinüber, sagte aber nichts. Stattdessen fragte Nero: „Was wird das hier? Warum bist du uns gefolgt, Ariev?“

Der Rothaarige schwieg beharrlich, was Nero zornig zu machen schien, denn er wandte sich brüsk um und drehte das Gesicht den wartenden Rittern zu. „Und ihr? Was führt euch her?“
 

Einer der Ritter, ein großgewachsener, schwerer Mann, trat vor. Nero erkannte ihn wieder. Es war einer der Männer, die ihnen damals im Wald aufgelauert hatten. Seltsam... er hatte gedacht, alle Menschen wären getötet worden, doch der Kerl mit der langen Narbe im Gesicht hatte ganz offensichtlich überlebt. Er war einerseits froh darum, doch andererseits würde vieles einfacher werden, wenn weniger Menschen an diesem Gefecht teilnehmen würden.

„Was uns herführt, wollt ihr wissen? Seid ihr wirklich so einfältig, oder steckt mehr dahinter? Euch wollen wir, was sonst? Wir brauchen euch, die ihr ewig jung bleibt und ewig eure Kräfte mehren konntet!“ „Niemals!“, zischte Ariev. „Sie gehören mir! Allesamt!“ Nero runzelte die Stirn. Beim letzten Mal hatte sich der Vampirfürst aber ganz anders angehört. Vergils Lippen verzogen sich zu einem boshaften Lächeln, sah Nero. „Futterneid, du dreckiger Blutsauger?“, wisperte er so leise, dass nicht einmal Seneca, der neben ihnen stand, ihn hören konnte. Ariev hingegen hörte ihn ganz genau – und wurde blass vor Zorn, wenn man die winzige Veränderung der Farbnuancen seines Gesichts „erblassen“ nennen konnte. „Du wagst es, mich... mich... Blutsauger zu nennen?“ Er warf arrogant das rote Haar in den Nacken. „Dafür wirst du büßen, das schwöre ich dir!“

Er hielt inne, die Augen schmal und den Blick fest auf Vergil gerichtet. „Oder sollte ich vielleicht erst allen hier erzählen, was ich mit dir veranstalten durfte? Wie wäre das, mein kleiner Halbdämon?“ Allein wie er das Wort betonte brachte Nero bereits in Rage. Wie Vergil es schaffte, dennoch ruhig stehen zu bleiben und sich nicht tobend auf Ariev zu stürzen, war Nero ein Rätsel. Der Dämon im blauen Mantel flüsterte nur: „Er gehört mir. Ich will Ariev!“

Dante ließ die Hand auf die Schulter seines Zwillingsbruders klatschen. „Gerne. Mit diesem halb verwesten Scheusal lege ich mich nur ungern an. Soll ich mich dann um die anderen kümmern?“ Vergil schnaubte nur, während Arievs Hände sich zu Fäusten ballten. „Verwestes Scheusal? Was glaubst du, wer du bist, Verrätersohn? Ich war schon alt, da warst du noch nicht mal in der Lage, deinen eigenen Namen zu nennen!“, zischte er. Doch Dante schenkte ihm nur ein strahlendes Lächeln. „Sage ich ja. Halb verwest, nicht so jugendlich frisch wie ich!“

Seneca warf ihm einen warnenden Blick zu. „Lass es nicht eskalieren! Er explodiert gleich.“ „Wäre mir auch recht. Dann hätten wir es wenigstens nur noch mit einem Gegner zu tun.“, gab Dante schlagfertig zurück.

Nero sah zu Ariev hinüber. Der rothaarige Dämon schäumte vor Wut, befahl seinen Dämonen, sich zum Angriff bereit zu machen. „Vergil, du und Seneca, ihr nehmt die Dämonen. Dante und ich kümmern uns um den Schwertorden. In Ordnung?“ Er konnte die Spannung beinahe greifen, die in der Luft lag. Ein falsches Wort, eine falsche Bewegung genügte, und dieses Pulverfass konnte hochgehen. Nero war bedacht darauf, alles in die richtige Bahn zu lenken, wenn beide Parteien zuerst angriffen, mochte es sein, dass sie dazwischen zermahlen wurden. Irgendwie musste es ihnen gelingen, aus dem Hexenkessel zu entkommen, oder beide Armeen dazu zu bringen, sich gegenseitig niederzumetzeln, anstatt über sie herzufallen. Er wollte gerade Dante um Unterstützung bitten – der Halbdämon im roten Mantel wäre sicherlich eine Hilfe, die Stimmung unter den Anwesenden zu manipulieren – da regte sich etwas am Eingang des Gebäudes.

Eine Gruppe von Soldaten kam heran. An ihrer Spitze stand ein schlanker, ausgezehrt wirkender Mann in einem weißen Mantel. Nero fuhr zusammen, als er rotbraunes Haar erkannte. Das konnte nicht sein! „C-Credo?“

Seneca sah sich zu ihm um, doch Nero hatte nur Augen für den Neuankömmling. Das durfte nicht wahr sein! Nero betrachtete den Mann näher und stellte plötzlich erleichtert fest, dass ihm nicht sein Ziehbruder gegenüberstand, sondern lediglich ein Mann, der diesem sehr ähnlich sah. Der Fremde postierte sich in der Mitte der Schlachtreihe, den Halbdämonen genau gegenüber. Nero erkannte jetzt deutlich die Unterschiede zu seinem Verwandten, auch wenn die Gestik und die Haltung des Mannes ähnlich waren wie die Credos. Das Haar war ein wenig länger und deutlich von grauen Strähnen durchzogen, der Bart war anders geschnitten und die Augen hatten eine deutlich andere Farbe. Der Ritter sah ihn direkt an. „Ich glaube nicht, dass wir Dämonen direkt vor unserer Haustür erlauben können. Vor allem nicht solche, die Spardas Andenken nicht ehren.“ Er hob die linke Augenbraue – noch ein Zug, der Nero fremd vorkam. Dante wandte sich um und bemerkte aalglatt: „Sicherlich. Jedoch wären wir euch dankbar, wenn ihr uns fürs Erste verschonen könntet. Wir brauchen nämlich einen freien Rücken, wenn wir euch helfen sollen.“

Kichernd sah der Mensch zur Seite. „Nicht doch. Ihr müsst euch doch nicht um solches Gesindel kümmern. Das erledigen wir für euch.“ Auf einen Wink hin hoben die Menschen ihre Waffen, richteten sie auf die am Waldrand wartenden Dämonen, die ebenfalls in Kampfstellung gingen. „Jedoch...“ Der Weißgewandete sah zu Vergil und Dante hinüber. „...können wir es uns auch nicht leisten, solch wertvolle Geschöpfe wie euch einfach so ziehen zu lassen. Und zur Not werden wir euch mit Gewalt aufhalten.“ Die Soldaten, die mit ihm gekommen waren, zückten jetzt ebenfalls ihre Waffen. „Ihr habt die Wahl. Entweder kommt ihr freiwillig mit, oder wir holen uns euch!“

„Dann wirst du erst an mir vorbeimüssen!“, fauchte Ariev, jetzt wirklich zornig, weil man ihn einfach so ignoriert hatte. „Wir machen es wie geplant!“, beschloss Nero und wandte sich demonstrativ zu den Menschen um. Dante tat es ihm gleich, während Vergil und Seneca sich zu den Dämonen drehten. „Wir haben noch eine Rechnung offen, Blutsauger! Und diesmal, das garantiere ich dir, werde ich nicht versagen!“, hörte Nero Vergil sagen. „Gerne doch! Du gehörst mir!“, schrie Ariev, dann schoss er ohne Vorwarnung vorwärts, auf die Halbdämonen zu. „So nicht! Schnappt euch unsere Schätze!“, befahl der Weißgewandete auf der anderen Seite und ging ebenfalls zum Angriff über. Soldaten und gewöhnliche Dämonen standen einen Augenblick überrumpelt da, dann setzten sich beide Gruppen mit wildem Geschrei in Bewegung. Nero fühlte sich, als wäre er das Eisen zwischen Hammer und Amboss, das gleich in Form geschlagen werden würde. Er zog blitzschnell das Schwert. Und dann waren der Weiße und seine Leute auch schon heran.
 

Dantes Hand hielt Rebellion so locker, als wöge das riesige Schwert nichts. Die Klingen pflügten behände durch die Luft, zogen ihre blutige Spur durch Leiber, die zuvor noch nach Dantes Blut gelechzt hatten. Es war ihm eine Qual, dass er die Menschen töten musste, aber anders ließen sie sich nicht aufhalten. Dante ließ Rebellion kreisen, blockte den Hieb eines Keulenträgers und stieß diesen zurück. Doch anstatt sich auf den Hosenboden zu setzen, fing sich der Mann wieder und ließ stattdessen einen anderen an seinen Platz treten. Für Menschen mit so kurzer Lebensspanne waren sie erstaunlich gut ausgebildet. Sie kämpften zusammen, als hätten sie nie etwas anderes getan. Dante blutete bereits aus einem kleinen Schnitt im Gesicht, wo ihn eine Schwertklinge getroffen hatte, sowie aus einer Wunde, die ein Streifschuss in seine rechte Wade gerissen hatte. Er ließ den Blick ein wenig schweifen, während er lässig die Attacken der Männer abwehrte. Das Dämonenheer und die Schlachtformation der Menschen hatten sich ineinander verkeilt, das Kampfgeschehen wogte chaotisch hin und her. In der Mitte jedoch, wo sie fochten, war ein kleiner freier Platz geblieben – keiner, weder Soldat, noch gemeiner Dämon, wagte sich an die Meister der Kampfkunst heran aus Angst, zwischen die wirbelnden Klingen zu geraten.

Dante kassierte einen Schlag mit der flachen Seite irgendeines Schwertes gegen die Schulter und konzentrierte sich wieder auf den Kampf. Zwei sich sehr ähnlich sehende Männer, wohl Brüder, nahmen ihn in die Zange. Der eine, ein Schwertträger, hatte ihn getroffen, während der andere ihn die ganze Zeit mit seinen wirbelnden Klingen – ein Stab, an dessen Enden zwei hauchdünne Klingen saßen – traktierte. Dante fand einfach keine Möglichkeit, mit beiden kurzen Prozess zu machen, denn sobald er seine Deckung auf der einen Seite öffnete, schlug sein Gegner auf der anderen Seite zu. Er fluchte. Irgendwie würde er den beiden Herr werden!
 

Nero indes hatte eine ähnlich schwere Aufgabe. Der Weißgekleidete höchstselbst konzentrierte sich auf ihn. Beide führten das schwere Schwert ihres Ordens, Nero unterstützt von seiner Teufelsklaue, der Weiße von einem runden, schön geschmiedeten Schild. Und nicht nur die Schnelligkeit seines Gegenübers machte Nero Probleme. Der Fremde bewegte sich mit einer katzenhaften Anmut, führte das Schwert in einer Technik, die dem Halbdämonen so vertraut vorkam, dass ihm beinahe Tränen in die Augen stiegen. Immer wieder sah er Credo vor sich, anstelle eines vollkommen fremden Menschen, der ihm den Tod wünschte. Er konnte nicht alle Aufmerksamkeit auf den Kampf richten, immer wieder überkam ihn die Erinnerung. Er schniefte.

„War das schon alles, Junge?“, fragte der Fremde sanft. „Wenn ja, dann kannst du auch gleich mit mir kommen, ohne dich weiter mit mir zu prügeln.“ Nero sah auf, mit zornig zusammengezogenen Brauen stürmte er seinem Gegner entgegen, die Red Queen erhoben und bereit zum Zuschlagen. Doch der Weiße tat ihm den Gefallen nicht. Immer wieder tauchte er unter der Waffe hinweg oder parierte Schläge mit dem Schild. Trotz allem war er sehr wendig und Nero begriff, dass man ihm mit Absicht einen solchen Gegner geschickt hatte. Der Mann sollte ihn an Credo erinnern, nicht nur in Aussehen und Ausrüstung, sondern auch in der Art, wie er mit ihm sprach.

Zornig riss Nero die Waffe herab und griff gleichzeitig mit der Teufelsklaue nach dem hochgereckten Schild, um ihn zur Seite zu drücken. Aber sein Gegner lächelte nur und zog ihm sein eigenes Schwert über die Klaue. Fluchend ließ Nero los und ließ flüssiges Feuer über die Red Queen rinnen, um vielleicht doch durch Zufall die Gewänder seines Gegenübers in Brand zu setzen. Fast hätte er auch Erfolg damit gehabt, doch im letzten Moment machte der Mann einen Ausfallschritt zur Seite und brachte den Schild zwischen sich und das flammende Schwert. „Du musst tatsächlich noch viel über den Kampf mit Schwert und Schild lernen. So geht das jedenfalls nicht.“, belehrte ihn der Andere. Nero schüttelte den Kopf. Nein. Credo wäre nie so schulmeisterlich mit ihm umgegangen! Er musste sämtliche freundschaftlichen Gefühle beiseite schieben, wenn er diesen Kampf gewinnen wollte! Mit neuem Elan stürzte er sich auf den Weißen.
 

Wenn Selbstbeherrschung bezahlt würde, dachte Vergil, wäre ich reich. Alles in ihm schrie danach, in pure Raserei zu geraten. Doch er wusste, sobald er seine Deckung aufgab, würde Ariev ihn zerfetzen. Der Dämonenfürst führte ein schlankes, gerades Schwert in den Kampf, mit dem er ebenso geschickt umzugehen vermochte wie Vergil mit Yamato. Der Schwertmeister war sich im Klaren darüber, dass er nur mit dem Schwert seines Vaters eine Chance gegen den Rotschopf hatte, mit Alastor oder selbst mit Beowulf wäre er niemals schnell genug, um den zuckenden Hieben auszuweichen, mit denen ihn Ariev eindeckte.

Wieder raste der andere Dämon heran, das Schwert in der Hand war nur mehr als Lichtstreif zu erkennen. Ariev war verflucht schnell, schneller als Vergil und außerdem ebenso ausdauernd. Und irgendwie gelang es dem Vampir immer wieder, in seinen toten Winkel zu gelangen, wo er Vergil treffen konnte. Auch jetzt spürte er wieder den eisigen Biss der Waffe in seinem linken Oberschenkel. Vergil zischte unartikuliert und schlug nach Ariev, der jedoch wendig wie ein Aal dem Hieb auswich und sich aus der Reichweite des Halbdämons mit dem blauen Mantel zurückzog.

Ein Fluch ließ Spardas Sohn aufmerken. Ariev wischte sich, auf ein Knie herabgesunken, eine dünne Blutspur von der Wange und wandte sich in Senecas Richtung. Der Mensch grinste und Vergil sah seine Chance. Noch ehe Ariev lossprinten konnte, um sich des Menschen zu entledigen, hetzte er vor, trieb dem Vampirfürsten zwei beschworene Schwerter in den Rücken und holte aus, um ihm endgültig den Rest zu geben. Doch er hatte nicht mit Arievs Reaktionsschnelligkeit gerechnet. Yamato prallte funkensprühend gegen das schlanke Schwert des Dämonen und wurde zurückgeschleudert. Vergil spürte sengenden Schmerz, als die Wucht des Schlages seinen Arm hinauffuhr.

Keuchend wich er zurück, doch nicht schnell genug. Ariev war schneller als ein Blitz wieder auf den Beinen und packte Vergil am Kragen. „Schluss jetzt, mein Freund. Auch wenn ich dich erst halb schlachten muss, ehe ich dich mitnehmen kann, ich werde es tun, das schwöre ich dir!“ Er leckte sich genussvoll über die Lippen, verlagerte das Gewicht – und stieß Vergil emotionslos das Schwert in den Bauch. „So. Und jetzt sorge ich dafür, dass du deine Kräfte richtig verpulvern musst!“ Er drehte die Klinge herum und der Schwertmeister hätte um ein Haar Yamato fallen gelassen. Vergil konnte ein Keuchen nicht unterdrücken, als Eiseskälte von dem Stahl in seinem Körper auszugehen schien. Er sah an Arievs Hand, die seine Kehle hielt, vorbei und erschauerte. Die Hand des Dämonenfürsten war von einer dünnen Eisschicht bedeckt, und diese setzte sich das Schwert entlang fort. „Na, Vergil? Siehst du jetzt ein, dass ich dir hoffnungslos überlegen bin?“ Ariev lachte hell auf und bewegte die Waffe ein Stückchen. Diesmal konnte Vergil sich nicht zurückhalten und schrie auf. Die Kälte breitete sich immer weiter in seinem Körper aus! Ariev grinste, weidete sich an den Schmerzen seines Opfers.

Bis er plötzlich erstarrte. Hinter seiner Schulter sah Vergil Senecas Gesicht auftauchen. Blutbespritzt. Mit einem Ausdruck von kalter Berechnung in den Augen. Ariev erschauerte. Mit einem harten Ruck wurde der Halbdämon im blauen Mantel zurückgestoßen, das Schwert des Dämonenfürsten glitt aus der Wunde und der Rothaarige schwankte, stürzte schließlich. Seneca flüsterte: „Na, wie fühlt man sich so mit einem durchtrennten Rückgrat? Kein angenehmes Gefühl, nehme ich an?“ Vergil sah auf den schlanken Menschen hinab. Seneca hielt eine monströse Waffe in der Hand, einen Ring auf dem drei gekrümmte Schwertklingen saßen, die so dünn waren, dass er sich unwillkürlich fragte, welcher Waffenschmied in der Lage war, eine solche Klinge zu schmieden ohne dass sie beim ersten Aufprall zersprang wie Glas. Alle drei Klingen waren blutverschmiert. Vergil begriff. Seneca musste den Ring in Rotation versetzt haben, und wie die Klingen einer Fräse hatten sich die Schwerter tiefer und tiefer in Arievs Rücken gegraben, bis sie dessen Rückgrat zertrennt hatten.

Ariev keuchte und Vergils Blick richtete sich wieder auf den Fürsten. Das Blut, das zuvor in einem dicken Strahl aus seinem Rücken geschossen war, lag wie ein roter Umhang auf dem Boden. Ariev selbst jedoch erholte sich bereits wieder. Die schreckliche Wunde hatte sich schon fast wieder geschlossen! Vergil packte Yamato fester – auch sein Körper regenerierte sich – und holte aus, um dem Vampir den Kopf von den Schultern zu trennen. Doch wieder, wie zuvor, war der Fürst zu schnell. Arievs Hand schoss hoch, packte Yamato und drückte es mühelos zurück. „So nicht, meine Freunde!“ Er griff um, umklammerte Vergils Handgelenk mit der Gewalt eines Schraubstocks, verdrehte und brach es schließlich. Spardas Sohn ächzte, der Vampir lächelte kalt und stieß ihn zurück, sodass Vergil auf dem zertrampelten Gras landete. Dann fuhr er mit der Gewalt eines Orkanes zu Seneca herum. Vergils Augen weiteten sich. Nicht so sehr, weil er um Seneca, der jetzt sicher sterben würde, trauerte, sondern eher deshalb, weil der Dämon noch immer, trotz einer solch schweren Verwundung, so unfassbar schnell war.

Ariev packte Seneca an der Kehle und zerrte ihn zu sich heran – was der Mensch dazu nutzte, ihm als sozusagen letzte Tat noch einmal eine der Klingen in den Leib zu rammen. Der Rotschopf lächelte. „Eigentlich hatte ich vor, dich ganz genüsslich auszutrinken, mein Junge. Aber diese Möglichkeit ist dir jetzt verwehrt.“ Er küsste Seneca auf die Lippen, nein, es war kein Kuss, sondern ein schmerzhafter Biss in Lippen und Zunge des Menschen. Ariev ließ ihn auch sofort wieder los. Er musste kaum einen tiefen Schluck von Senecas Blut getrunken haben.

Vergil spürte, wie sein Handgelenk wieder heilte und sprang auf. Mit einem wilden Schrei auf den Lippen stürzte er vorwärts, um vielleicht doch noch zu verhindern, dass der Vampirfürst seinen Verbündeten umbrachte. Er schoss mit der Gewalt einer Kanonenkugel nach vorn, die Stelle anvisiert, wo der Stoff von Arievs Gewand zerrissen war. Und gerade in dem Sekundenbruchteil, in dem Yamato Arievs Rücken berührte, schleuderte der Dämon den Menschen davon. Seneca segelte mehrere Meter durch die Luft und krachte mit voller Wucht mit dem Rücken quer gegen einen Baumstamm. Vergil hörte, wie Senecas Knochen brachen. Ohne ein Wort, selbst ohne einen Ausdruck des Schmerzes im Gesicht sank der junge Dämonenjäger zu Boden, wo er reglos liegenblieb.

Spardas Sohn indes attackierte. Ihm blieb keine Zeit, um nach Seneca zu sehen, jetzt war die einzige Möglichkeit, um Ariev zu erledigen! Er zog Yamato über Arievs ungeschützten Rücken, zog blutige Furchen in die helle, leichenblasse Haut, nur um dann wieder zurückweichen zu müssen, als sich der Vampirfürst zu ihm umdrehte, Senecas monströse Waffe in der Hand. „Hm, ich hatte mich schon gefragt, ob die letzte Erfindung meines alten Erzfeindes mit dessen Tod in Vergessenheit geraten wäre. Offensichtlich nicht. Oder sollte ich besser sagen, jetzt ist sie es?“ Ariev lächelte. „Nun. Möchtest du ausprobieren, wie es sich anfühlt, von einer Sense wie dieser in seine Einzelteile zerschnitten zu werden?“ Vergil wich eine Winzigkeit zurück und Arievs Grinsen wurde breiter. „Offenbar nicht. Zu schade, dass du keine Wahl hast!“ Er hob die Klingen. „So fühlt es sich also an, ein Irrlicht in der Hand zu haben!“ Er holte aus.

Doch ehe er die schreckliche Waffe in Rotation setzen konnte, schnitt eine Stimme über das langsam leiser werdende Schlachtengeschrei von außerhalb. „Lass das Ding fallen, wenn du leben willst!“ Dante! Vergil fluchte. Dass ihm sein verdammter Zwillingsbruder auch immer in die Quere kommen musste!

Der zweite Zwilling stand breitbeinig vor einem Haufen bewusstloser oder toter Menschen – so genau vermochte Vergil es nicht zu sagen, und es war ihm auch egal, um ehrlich zu sein – und hatte mit seinen Pistolen auf Ariev angelegt. Der Dämonenfürst zögerte und gab Vergil Gelegenheit, sich nach Nero umzusehen.

Der jüngste der drei Halbdämonen rang noch immer mit dem weißgekleideten Menschen. Beide waren in Blut gebadet, wieviel von wem stammte, war nicht feststellbar, aber Nero schien innerlich mit etwas zu ringen, ansonsten hätte er dem Mann schon längst den Garaus gemacht.

„Du willst mich also töten, Dante?“, versetzte der Rotschopf und Vergil richtete den Blick wieder auf das Geschehen. Der Halbdämon im roten Mantel lächelte. „Sicher. Ich lasse keinen Dämonen am Leben, der Menschen bedroht.“ Ariev grinste. „Glaubst du wirklich, du könntest mich erledigen, Welpe? Selbst Sparda fürchtete mich!“ „Ach wirklich? Nun, dann ist es wohl gut, dass ich anders als mein Vater bin!“ Dante schenkte dem rothaarigen Dämonen sein schönstes Lächeln, dann drückte er eiskalt ab. Die zwei Kugeln fuhren Ariev in Stirn und Herz, rissen den Fürsten zurück. Er ließ das Irrlicht fallen.

Aber wenn Dante gedacht hatte, dass dies bereits alles gewesen wäre, so täuschte er sich. Ariev schüttelte sich, wischte sich das Blut aus dem Gesicht und richtete sich wieder auf. „Oh nein, so nicht. Das wäre zu einfach.“ Ariev warf sich das rote Haar auf den Rücken zurück. „Es ist Zeit für euch, dass ihr verzogenen Rotzlöffel eine ernsthafte Lektion lernt!“, schrie er und hetzte vorwärts. Vergil sah mit Genugtuung, wie schwer sich sein Bruder tat, die blitzschnellen Hiebe des Dämonenfürsten zu parieren. Immer wieder fing er sich Schnitte und Kratzer ein, kam seinerseits jedoch kaum zum Gegenangriff. Vergil lächelte kalt. Sein Bruder war Ariev noch weniger gewachsen als er selbst. Doch glücklicherweise waren sie nicht jeder allein.

Als der Schwertmeister mit in den Kampf eingriff, wurde klar, dass Ariev zwar stark war, gegen zwei Halbdämonen dieser Stärke jedoch nur verlieren konnte. Vergil und Dante drängten den Älteren systematisch in die Enge, zwangen ihn, sich wechselweise immer dem einen oder dem anderen zuzuwenden und für den Übrigbleibenden eine Lücke in der Defensive zu öffnen. Der Vampir blutete aus vielen Wunden, den zerfetzten, tiefen, die Dante mit Rebellion geschlagen hatte, ebenso wie den glatten, langen, die von Vergils Yamato stammten. Langsam wurden sie ihm Herr.

Doch dann, als Ariev vollkommen in die Ecke gedrängt war und mit dem Rücken an der Dornenhecke stand, tat der Vampir etwas Unvorhergesehenes. Mit einem spitzen Schrei drängte er vorwärts, verpasste Dante einen von Schulter zu Schulter reichenden tiefen Schnitt in die Brust und hetzte an den Brüdern vorbei, um dann mit einer vollendet flüssigen – und bluttriefenden – Umdrehung und einem darauffolgenden Riesensatz über die Hecke im Wald zu verschwinden.

Vergil hätte ihm nachgesetzt, doch Dante hielt ihn zurück. „Warte. Wir müssen Nero helfen.“ Der Schwertmeister hätte ihm gern entgegnet, dass er sich einen Dreck um den Jungen scherte, doch in diesem Moment gelang es Nero endlich, den vernichtenden Schwertstoß anzubringen und den Anderen am Herzen zu durchbohren. Mit zusammengebissenen Zähnen stand er schließlich vor dem Toten.

Der Halbdämon im blauen Mantel sah sich um. Arievs Dämonen waren bis auf den letzten vernichtet oder geflohen, lediglich Ritter und Soldaten standen noch. Und sie sannen auf Rache für ihre getöteten Kameraden! Seufzend hob Vergil das Schwert ein weiteres Mal. „Also noch mehr Opfer für Yamato. Schön. Kommt!“
 

Doch so weit sollte es nicht kommen. Denn ehe die Männer losrennen konnten, um sich in einen sinnlosen Tod durch die Dämonen zu werfen, erklang eine gebieterische Stimme. „Halt! Sofort aufhören! Das ist ein Befehl!“ Dante erstarrte. „Nicht er!“, wisperte er. Aber es war der Mann. Der grauhaarige Foltermeister, der auf den Namen Ryder hörte! Tatsächlich stand der Forscher in seinen üblichen Kleidern am Eingang und starrte ihnen entgegen. „Gegen diese Geschöpfe kämpfen zu wollen ist purer Wahnsinn. Unsere Forschung hat ergeben, dass wir sie niemals vollständig kontrollieren können – und dass es klug wäre, auf ihre Mithilfe zu vertrauen anstelle sie umbringen zu wollen. Zieht euch zurück, und zwar jetzt sofort!“

Die Soldaten gehorchten! Dante konnte es nicht fassen. Was würde dieses Monster in Menschengestalt noch alles aushecken? Wartete schon die nächste Herausforderung auf sie? Nicht, dass Dante zu erschöpft wäre, um noch weiterzukämpfen, aber er wollte erst sehen, wie es um Seneca stand.

Ryder nickte und winkte der zweiten Gestalt, die noch im Schatten des kleinen Eingangs stand, herauszutreten und die Ritter hindurchzulassen. Dante erkannte erstaunt, dass es Banes war, der mit Ryder gekommen war. Der dunkelhaarige Arzt richtete den Blick auf sein ehemaliges Opfer. „Dante...“ Der Halbdämon sah zur Seite, in Senecas Richtung. „Kümmere dich um ihn. Er ist sicher schwer verletzt.“

Banes runzelte die Stirn, folgte dann aber Dantes Blick und stieß einen überraschten Schrei aus. „Großer Gott! Junge!“ Er rannte zu dem Baum hinüber, an dessen Wurzeln Seneca lag. Dante sah, wie er bei dem Menschen niederkniete und ihn sanft untersuchte. Ryder indes hatte drei Ritter aufgehalten und ging nun langsam zu dem Haufen von Verletzten und Toten hinüber, um die Lebenden auszusondern und zu versorgen.

Langsam trat Dante zu Banes hin, der vorsichtig über Senecas Wirbelsäule strich. „Ich... sein Vater und ich waren Freunde. Ich hatte geglaubt, er sei ebenfalls umgekommen...“ Banes biss sich auf die Lippen und Dante sah, dass Tränen in den Augen des Mannes standen. „Dante...“ „Wie geht es ihm?“

Der Arzt schüttelte den Kopf und Dante spürte, wie ihm kalt wurde. Seneca... „Er lebt. Gerade noch so. Der Aufprall hätte ihn eigentlich umbringen müssen. Er ist mit voller Wucht gegen den Baum geprallt. Seine Wirbelsäule ist gebrochen, mehrfach. Mehrere Rippen sind gebrochen. Was er an inneren Verletzungen hat, möchte ich mir nicht einmal vorstellen.“ Er sah auf. „Geht. Bitte. Ryder und ich haben die Soldaten zwar fortgeschickt, doch wenn die Oberen davon Wind bekommen, werden sie euch wieder jagen. Ich werde dafür sorgen, dass Seneca gut versorgt wird.“

Dante zögerte. Nero, der neben ihn getreten war, fragte: „Wird er überleben?“ Banes seufzte schwer. „Ich kann es noch nicht sagen. Kehrt zu Senecas Haus zurück – von dort kommt ihr doch, oder? So wie das Shiranui aussah, als der Junge es benutzt hat, hat er es sicher von dort geholt. Ich werde euch eine Nachricht zukommen lassen, ob er noch lebt, und wenn ja, in welchem Krankenhaus er liegt.“ Seine Hand lag sanft auf Senecas bleicher Wange. Das lange Haar hatte sich aus dem dünnen Lederband in Senecas Nacken gelöst und lag jetzt verschwitzt auf dem Boden. Der Dämonenjäger wirkte so jung, fand Dante. Er nickte. „In Ordnung. Tu dein Bestes. Ich will ihn nicht verlieren.“ Banes, der einen lockeren Spruch erwartet hatte, zuckte angesichts von Dantes ernsten Worten zusammen, nickte aber. „Ja. Verlasst euch auf mich. Ich werde ihn nicht aufgeben, wenn es auch nur die kleinste Chance gibt. Aber jetzt solltet ihr wirklich gehen.“

Er deutete auf den Eingang. „Sie werden euch nicht mehr viel Zeit lassen.“ Dante neigte den Kopf. „Danke. Und... viel Glück.“ Er wandte sich um. Ohne auf die anderen zu warten – sie folgten ihm sowieso – setzte er über die Hecke und verschwand im Wald. Er betete für Seneca, dass der junge Mensch überleben würde. Es würde ihm leid tun, den Jungen zu verlieren. Doch Banes war erfahren, außerdem schien ihm wirklich etwas an Seneca zu liegen.

Dante straffte die Schultern, während er so durch den Wald rannte. Seneca würde überleben, dessen war er sich sicher!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nezumi
2009-07-13T19:59:41+00:00 13.07.2009 21:59
Ah wieder einmal ein tolles Kapitel *___*
Die Kampfszenen sind super! Ich hab mich gekringelt vor Lachen bei Dantes Sprüchen.. Die passen einfach perfekt XD
Du stellst die Charaktere sehr getreu dar *___*

Armer Seneca ;_; bitte nicht sterben lassen!!
Von:  Rooro
2009-07-13T14:26:34+00:00 13.07.2009 16:26
So, sorry dass ich erst jetzt dazu komm deine neuen Kapitel zu lesen. Dauert bestimmt nicht wieder so lang, ich versprechs ^^“

Also Nero kenn ich ja noch nicht von den Spielen her, aber Dantes und Vergils Charakter, als die Massen sie am Anfang umzingelt haben, ist grandios! Genauso stell ich mir die beiden in so einer Situation vor.
Ja stimmt, der Vampir-Dämon? Den hab ich ja total vergessen! Jetzt bin ich aber gespannt, wie die drei Halbdämonen da wieder rauskommen!
„Sage ich ja. Halb verwest, nicht so jugendlich frisch wie ich!“ HERRLICH! Ich liebe es, wie du Dante seine Sprüche in den Mund legst xDDD
Credo? Sollte ich den kennen? Den hatte ich in den Spielen wohl noch nicht.

OMG, was für eine Kampfszene! Ich bin regelrecht vor dem Bildschirm gepappt, ich konnte nicht mehr wegsehen! Genau deshalb liebe ich deinen Schreibstil so, das Ganze war einfach atemberaubend, so spannend! Herrlich, das Kapitel war einfach nur wunderbar!
Jetzt bin ich gespannt, ob du Seneca leben oder sterben lassen wirst... Hmm, darf man sich hier wünschen, was mit ihm geschehen wird xD“
Von:  KeksFrosch
2009-07-12T18:26:03+00:00 12.07.2009 20:26
Seneca....!!! *schnief*
Sei ein liebes Ryu.... ich mag ihn doch so...


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