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Harry Potter und der Stein der verlorenen Seelen

von

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Den Sinn für mich

hab ich vielleicht gefunden,

doch der Weg dahin

ist weit,

das gestern habe ich

noch lang nicht überwunden

und ich kann versprechen:

zum Vergessen

bin ich nicht bereit.

by a found farewell
 

Chapter 1.

Eine Woche voller Eulen
 

Der Junge saß am Kamin und obwohl ein warmes Feuer darin knisterte, fror er erbärmlich. Der rote Widerschein des Feuers konnte nicht darüber hinweg täuschen wie blass er war. Nicht dass das bei ihm etwas Besonderes gewesen wäre. Doch heute war er außerordentlich blass.

Immer wieder rang Draco mit der aufsteigenden Übelkeit, während er sich zwang, nicht zu dem Sofa zu sehen, das hinter ihm stand. Es war nicht der erste Kampf in dieser Nacht, den er verlor. Er sah über die Schulter. Der Mann auf dem Sofa schien tief zu Schlafen. Seine schneeweiße Haut bildete einen stechenden Kontrast zum schwarzen Leder der Couch. Draco seufzte leise. Er wusste längst, dass der Mann nicht schlief. Und selbst wenn er weggedöst sein sollte, war er alles andere als entspannt. Seine Stirn war in Falten gelegt. Draco wusste, dass jemand der schlief die Stirn nicht runzelte. Aber er hätte sich nicht umdrehen müssen um zu wissen, dass der andere nicht schlief.

Er konnte den leisen, rasselnden Atem hören. Jemand der schlief, atmete tief und gleichmäßig. Die Atmung des Mannes aber war zu flach, zu ungleichmäßig für jemanden der schlief. Draco wusste, dass die Krämpfe das verursachten. Aber er wusste auch, dass das schlimmste überstanden war. Schmerzen hatte der Mann nicht mehr. Und die Krämpfe würden noch die ganze Nacht dauern.

Draco starrte wieder in die Flammen. Er war sich nicht sicher, was er empfinden sollte.

„Sie wollen Death Eater sein? Ich gebe Ihnen eine Chance. Eine Wahl, die ich nie hatte.“

Es klang wie Hohn. Für Draco schien es unmöglich, dass zwischen diesen knappen Worten und jetzt nur wenige Stunden lagen, seinem Gefühl nach musste es Tage her sein. Es kam ihm vor, wie aus einer anderen Welt. Wieder sah er über die Schulter.

Dabei hatte alles wie ein Spiel angefangen. Ein Rabe hatte ihm am Morgen einen Auftrag gebracht und Draco befolgte ihn. Es war eine Übung, im Grunde harmlos. Irgendwie hatte er es geschafft den Mann, der jetzt auf dem Sofa lag zu entwaffnen. Draco hatte die Erlaubnis, sogar die eindeutige Weisung die Unverzeihlichen zur Erfüllung seines Auftrags zu nutzen. Und er zögerte nicht, von dieser Weisung gebrauch zu machen. Es war ein seltsames Gefühl, einen anderen Menschen derart in seiner Gewalt zu haben. Er hatte geglaubt, es würde sich gut anfühlen. Erstaunlicherweise fühlte es sich falsch an. Aber anders zu handeln, den Fluch nicht anzuwenden, wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen. Unsicher kaute er auf seiner Unterlippe. Draco hasste Schwäche. Besonders wenn es seine eigene war.

Nun saß er im Licht des Kaminfeuers und seine Gedanken kreisten um den Mann auf dem Sofa. Draco wusste, dass er ihn nicht ernstlich verletzt hatte, das war kaum möglich. Sicher hatte er ihm Schmerzen zugefügt, aber der Mann war Schmerzen gewohnt. Draco hatte ihn nicht berührt, er hatte seine Seele nicht berührt. Es gab nichts, was er hätte tun können, dass seinem Opfer neu gewesen wäre. Ein kalter Schauer überlief Draco. Er hatte den Folterfluch mehr als einmal am eigenen Leib erfahren. Er kannte das Gefühl. Er hatte andere Leute unter der Wirkung des Fluchs zusammenbrechen sehen. Draco hatte viel gesehen. Aber er hatte niemanden gesehen, der diesen Schmerz beinah ohne Regung ertrug. Die Furcht vor dem Schmerz hatte der Mann wohl schon vor langer Zeit verloren.

Schließlich erhob er sich. Die Grübelei würde ihn heute Nacht zu keinem Ergebnis bringen. Mit einem letzten Seufzen seines Zauberstabs dämmte er die Flammen im Kamin. Leise trat er zum Sofa und griff nach der Decke, die über den Füßen des Mannes lag und deckte ihn zu.

„Gute Nacht, Professor, schlafen Sie gut.“ Für einen Moment musterte er den offenbar schlafenden Snape. Draco sah ihn an und irgendetwas in ihm gab ihm die Gewissheit, dass er es nicht genossen hatte. Und irgendwie war es gut. Erleichtert grinsend lief er zur Tür. „Und Sie hatten Recht! Mit allem! Wie immer, oder?“

Damit verschwand er im Dunkel des Flurs. Snape öffnete die Augen erst, als er sich sicher war, das die Schritte sich entfernten.

„Ja, Mr. Malfoy, wie immer!“ flüsterte er leise.

Harry Potter, im Ligusterweg Nummer 4 in Little Whinning Surrey, saß im Fenster seines Zimmers. E war der einsamste Mensch auf der Welt. Zumindest fühlte er sich so.

Er sah die ordentlichen Vorgärten des Ligusterwegs, die in das rot glühende Licht der untergehenden Sonne getaucht waren, hörte die Vögel singen und das Lachen von Kindern. Es schien als wäre einfach jeder glücklich, außer Harry. Trübsinnig starrte er in den Abendhimmel und sah blass rosa Wölkchen vor einem strahlend blauen Himmel. Nur ein erstes zartes Rot kündigte die Dämmerung an. Harry kam es vor, als wären die Farben früher leuchtender gewesen. Als läge ein Grauschleier über allem.

Harrys Gedanken schweiften ab. Zurück zum Sommer vor einem Jahr. Zurück zu dem Menschen, den er in diesem Moment am liebsten um sich gehabt hätte. Den Menschen, der ihm näher gestanden hatte als selbst seine Freunde.

Harry dachte an seinen Paten Sirius. Einen ganzen, ewigen Nachmittag lang hatte er es geschafft, dass zu vermeiden. Nun konnte er das schöne Gesicht seines Paten vor sich sehen. Fast hatte er das Gefühl, sein raues, bellendes Lachen zu hören. Doch Sirius war Tod.

„Und ich bin schuld! Wäre ich nicht ins Ministerium gegangen, hätte er mir nicht folgen müssen.“ schoss es ihm durch den Kopf. Müde blinzelte er die Tränen weg und strich durch sein unordentliches Haar. Wieder lies er seinen Blick über den Ligusterweg gleiten. Irgendetwas in ihm erwartete immer noch, einen großen, schwarzen Hund um die Ecke kommen zu sehen. In diesen Hund hatte sich Sirius oft verwandelt, um Harry besuchen zu können.

Es dauerte einen Moment, ehe Harry begriff, dass Sirius nicht kommen würde. Und wieder versetze es ihm einen Stich. Ein Menschenrettungsding hatten Hermine und Ron es genannt, als er unbedingt ins Ministerium wollte. Er hatte Sirius retten wollen und dabei nur erreicht, dass der gestorben war und Harry etliche seiner Freunde in Gefahr gebracht hatte. Eine kleine, sehr gemeine Stimme flüsterte ihm noch etwas anderes zu. Etwas auf das Harry nur zu gern hörte, weil es seine eigene, grausame Schuld linderte.

„Wenn er nicht ständig von Snape getriezt wurden wäre, hätte er auf Dumbledore gewartet und wäre mir nicht zu Voldemort gefolgt. Es ist alles Snapes Schuld.“ Heißer, Brechreiz erregender Hass stieg in Harry auf. Seine Finger klammerten sich um den Zauberstab in seiner Tasche. Harry hätte Snape gerne einen Fluch auf den Hals gehetzt. Ohne Snape wäre Sirius noch am Leben. Ohne Snape wäre vieles nie passiert.

Snape, Harrys Lehrer für Zaubertränke, war ein hagerer Mann mit stets fettigen Haaren. Der zynische, bei allen, außer den Schülern seines eigenen Hauses, Slytherin, unbeliebte Snape war seit ihrer ersten Begegnung immer ungerecht und beleidigend zu Harry. Er hatte wirklich alles getan, um der Lehrer zu werden, den Harry am meisten hasste.

Außerdem ließ Snape keine Möglichkeit aus, Harrys Vater und dessen Freunde schlecht zu machen. Er ließ Harry bei jeder Begegnung spüren, wie wenig er von ihm hielt. Harry hatte lange nicht verstanden, wieso Snape das tat. Abgesehen davon, dass er grausam und gemein war. Doch letztes Jahr hatte Harry eine Erinnerung von Snape gesehen. Mehr oder weniger hatte er sie Snape gestohlen. Harry dachte mit einem Anflug grimmiger Zufriedenheit daran. Die Erinnerung selbst machte ihn aber weder stolz noch froh. Es war um Snape und seinen Vater gegangen. Leider musste Harry zugeben, dass James Snape in der Schule ziemlich schlecht behandelt hatte. Harry verzog das Gesicht beim Gedanken daran. Sein Vater und Sirius hatten als Schüler einige Dinge gesagt und getan, die sogar Harry übel fand. (Snape, James und Sirius waren im selben Jahr, aber in verschiedenen Häusern.) Harry hatte sogar Mitleid mit Snape gehabt, trotz der vielen Gemeinheiten, die er von Snape dulden musste. Doch inzwischen war es auch für Harry eher die Tatsache, dass Snape existierte, die genügte um ihn zu hassen. Harry wurde bei diesem Gedanken schlecht. Sein Vater hatte das gesagt. Es war seine Antwort auf die Frage gewesen, was Snape denn eigentlich getan hätte, dass James und seine Freunde so gemein zu ihm waren. Harry dachte inzwischen, wie Recht sein Vater doch hatte. Die Wut und den Ekel, den er für Snape empfand, konnte er nicht in Worte fassen. Nur an ihn zu denken genügte. Es war, als ob sich eine kalte Hand um seine Eingeweide legte und zu drückte. In Harrys Ohren rauschte es vor Zorn.

Nach Sirius Flucht aus dem Zaubergefängnis Askaban hatte Snape auch schon alles verdorben. Er war Schuld, dass Sirius seine Unschuld nicht beweißen konnte. Nur weil er sich einmischen musste, konnte der wahre Mörder seiner Eltern entkommen. Und nur wegen Snape war Sirius bis zu seinem Tod vom Ministerium gesucht wurden und damit im Hauptquartier des Phönixordens gefangen gewesen und zur Untätigkeit verdammt. Deswegen war er auch Harry an jenem Tag ins Ministerium gefolgt und dort gestorben. An allem war nur Snape schuld.

„Aber er wird nicht davonkommen! Eines Tages werd ich es ihm heimzahlen!“ fauchte Harry leise und versetzte dem Fensterbrett einen so harten Schlag, dass seine Hand hinterher schmerzhaft pulsierte.

Verächtlich schnaubend starrte Harry die Blumen im Vorgarten von Nummer 4 an. Jede von ihnen schien Snapes Gesicht zu haben und ihn mit einem kalten Lächeln zu verhöhnen. Das sanfte Dunkelrot der untergehenden Sonne war dem samtenen Blau der Nacht gewichen. So starrte er in die Dunkelheit und wollte nichts mehr, als Snape Schmerzen zu zufügen.

„Schlaflos, Harry?“ fragte ein sanfte Stimme. Sie riss Harry abrupt aus seinen Gedanken. Erschrocken wirbelte Harry herum, um zu sehen, wer da in seinem Zimmer war. Dabei fiel er fast aus dem Fenster. Seine Augen brauchten einen Moment, um sich an die Finsternis im Zimmer zu gewöhnen. Aber das silbern glänzende Haar und die leuchtend blauen Augen hinter halbmondförmigen Brillengläsern erkannte er sofort als die seines Schulleiters.

„Guten Abend, Professor.“ grüßte Harry ihn gedämpft. Obwohl er wütend auf Dumbledore und dessen Vertrauen zu Snape war, erinnerte Dumbledores plötzliche Anwesenheit Harry peinlich an ihr letztes Treffen. Dabei hatte er versucht, Dumbledores Büro in Schutt und Asche zu legen. Und trotz allem Ärger, den Harry empfand, wenn er an den alten Magier dachte, war Dumbledore der Einzige, der es schaffte, Harry das Gefühl zu geben, alles könnte doch noch irgendwie ein gutes Ende nehmen.

Dumbledore trat zu ihm ans Fenster. Mit seinen funkelnden blauen Augen sah Dumbledore ihn von der Seite her an und Harry sah ihn an. Dieser kurze Blick genügte, um Harry zu verwirren. Irgendetwas an Dumbledore war anders. Es dauerte einen Moment bis Harry klar wurde was es war. Dumbledore hatte sich in der kurzen Zeit verändert, in der sie sich nicht gesehen hatten. Sein Gesicht wirkte frischer und glatter. Die Erschöpfung die Harry gesehen hatte, als er in der Nacht nach Sirius Tod in seinem Büro war, schien völlig verschwunden. Harry musste nach einigem Nachdenken zugeben, dass Dumbledore noch nie so jung gewirkt hatte, seit er ihn kannte. Und wie er so neben ihm am Fenster stand, kam es Harry so vor, als wäre er ein paar Zentimeter gewachsen.

„Ah, es ist Sommer. Eine herrliche Jahreszeit, findest du nicht, Harry?“ fragte Dumbledore und klang dabei völlig entspannt. Harry fühlte sich unwillkürlich an ihre erste Begegnung erinnert. An die Rede für die Erstklässler in Harrys erstem Jahr in Hogwarts. Seit dem hatte Harry Dumbledore nicht mehr so gelöst erlebt.

„Na ja…“ Im ersten Moment wollte Harry aus reiner Gewohnheit seine Frage beantworten. Es dauerte einen Moment, ehe er begriff, dass Dumbledore gar keine Antwort erwartete. „Entschuldigen Sie, aber ist irgendetwas passiert? Wieso sind Sie hier, Sir?“

„Oh, ich war gerade in der Gegend da dachte ich, ich schau vorbei, wie’s dir so geht.“

„Ich…“ Harry stockte, wollte sagen, dass er okay war und dass es ihm gut ging. Im selben Augenblick bellte ein Hund draußen und Harry fuhr herum, in der Erwartung, Sirius unten im Vorgarten stehen zu sehen. Als großen schwarzen Hund, Harry dachte gar nicht darüber nach, er folgte mehr einem Reflex. Er spürte einen kurzen, scharfen Stich als er merkte, dass es nur ein alter Irish Setter war. Harry kannte den Hund. Er hatte ihn schon ein paar Mal im Park gesehen. Traurig wand er sich wieder Dumbledore zu. Dieser kurze Moment genügte. Als er Dumbledore wieder ansah, brauchte er nichts mehr zu sagen. Dumbledore hatte den Schmerz in Harrys Augen gesehen, als er festgestellt hatte, dass der Hund nicht Sirius war. Verzweifelt suchte Harry etwas anderes, worüber er reden konnte.

„Wie lange muss ich hier bleiben?“ Die Frage war aus Harrys Mund gesprudelt bevor er wusste was er eigentlich fragte. Er spürte wie seine Wangen rot wurden. Innerlich hoffte er, dass Dumbledore ihn auf der Stelle mitnehmen würde. Obwohl er erst am Abend zuvor in den Ligusterweg zurückgekehrt war und wusste, das es unwahrscheinlich war, das Dumbledore das machen würde. Zwar hatte Dumbledore ihm erklärt, warum er jedes Jahr hier her zurück musste, aber das machte es nicht angenehmer, hier zu sein.

„Montag, in einer Woche.“ Nun sah auch Dumbledore in die Nacht hinaus.

„Und dann? Wohin dann?“ Harry nahm kaum wahr, wie atemlos seine Stimme klang. Seine größte Angst war es, den Rest des Sommers im leeren Haus seines Paten verbringen zu müssen. Auch wenn Sirius Haus in London das Hauptquartier des Orden des Phönix war, wäre es für Harry leer und trist und nichts hätte ihn vom Gegenteil überzeugen können.

„Nun, ich vermute, du verspürst nicht den Wunsch in den Grimmauldplace zurückzukehren und die Ferien dort zu verbringen?“ Wieder musterte Dumbledore Harry über die Ränder seiner Brille hin weg. Harry nickte, so schnell er konnte.

„Dann sollten wir Molly Weasley nicht um das Vergnügen bringen, sich darüber zu beschweren wie dünn du geworden bist! Sie wird sich freuen, dich für den Rest des Sommers im Haus zu haben. Und die Herren Fred und George Weasley werden ganz begeistert sein, wenn du eins ihrer neuen Produkte testest.“ Dumbledore schmunzelte eine Weile, als er Harrys strahlendes Gesicht sah.

„Ferien im Fuchsbau!“ hauchte Harry und fühlte sich unsagbar erleichtert. Er würde mit seinem besten Freund Ron den Sommer verbringen können. Weit weg von den Dursleys. Doch dann kam Harry ein schrecklicher Gedanke. Voldemort würde erfahren, dass er nicht mehr hier war. Er würde erfahren, wo er war. Wenn Harry im Fuchsbau war, waren alle die mit ihm dort waren in tödlicher Gefahr.

„Aber Professor, was wenn Voldemort erfährt …“ Er sah zu Dumbledore, dessen Lächeln plötzlich zu gefrieren schien.

„Ah, siehst du, Harry, ich denke nicht, dass wir uns Gedanken wegen Tom machen müssen. Es sieht so aus, als wäre er zurzeit ein wenig vom Pech verfolgt. Dieses hässliche Debakel im Ministerium und die Festnahme seiner besten Death Eater haben seine Reihen schon sehr gelichtet. Dann gab es einige, sagen wir mal, absichtlich, unabsichtlich misslungene Aktionen.“ Etwas Gemeines lag in Dumbledores Stimme, dass Harry von ihm nicht kannte. Doch er kam nicht dazu, lange darüber nachzudenken. „Wie du sicher von deinem Freund Ron hören wirst, ist der Fuchsbau inzwischen ziemlich belagert. Im Moment ist fast der gesamte Orden dort. Jetzt anzugreifen wäre eine Dummheit, die selbst der gute Tom nicht begehen würde.“

„Was tut der Orden gegen Voldemort?“ fragte Harry neugierig.

„So viel wir können. Wir stören ihre Aktionen, so gut es geht. Und wir unterstützen die Auroren und in der Zwischenzeit versuchen wir, Informationen über Tom zu finden.“ antwortete Dumbledore.

Eine Weile standen sie schweigend am Fenster und sahen in den nachtschwarzen Himmel. Harry hätte zu gern mehr über die Pläne des Ordens erfahren. Doch er wusste, dass er von Dumbledore nicht mehr erfahren würde. Jedenfalls nicht gleich.

„Es wird für mich Zeit, wieder aufzubrechen. Um ein paar Dinge muss ich dich allerdings noch bitten! Verlass das Haus von Onkel und Tante nicht, wenn du nicht Unbedingt musst. Außerdem möchte ich, dass du isst und schläfst! Auch wenn ich mir vorstellen kann, das dir weder nach dem einen, noch dem anderen ist. Außerdem solltest du wirklich Üben, deinen Geist zu leeren. Ich habe mit Professor Snape gesprochen. Er wird dich nach den Ferien wieder in Okklumentik unterrichten.“ Er hob die Hände, als Harry ansetzte, ihm zu widersprechen. „Professor Snape ist ein besserer Okklument als ich. Er hat die notwendige Erfahrung. Er kann dir das Wissen vermitteln, das nötig ist.“

Harry fühlte sich, als hätte Dumbledore ihm seine Hinrichtung angekündigt. Er hatte gehofft, Snape im nächsten Jahr nur noch zu den wenigen Festen länger sehen zu müssen. Mit einem Schlag war die Wut wieder da, die Harry für Snape empfand.

„Ich will keine Hilfe von Snape!“ zischte er Dumbledore wütend an.

„Es ist nicht so einfach, Harry.“ antwortete Dumbledore ruhig. „Du hast eine Aufgabe, mein Junge. Und ich dachte, du hast dich entschieden zu kämpfen?“

Widerwillig nickte Harry. Er wollte kämpfen und er wollte gewinnen, aber er wollte dafür nicht mit Snape zusammenarbeiten müssen. Snape war Schuld an Sirius Tod und Harry würde ihm das nie verzeihen. Dumbledore nickte, als er Harrys entschlossenen Gesichtsausdruck sah.

„Wenn man sich dafür entscheidet zu kämpfen, sollte man sich auch dafür entscheiden zu gewinnen. Und dann brauchst du die Hilfe von Professor Snape, Harry, so gut wie meine oder die von Professor Mc Gonagall oder jedem anderen Professor in Hogwarts. Wenn du kämpfen und gewinnen willst, wirst du begreifen müssen, dass du auf jede Hilfe angewiesen bist. Die Schule ist vorbei, Harry. Das hier ist das Leben. Hier geht es nicht um gerecht oder ungerecht, sondern darum sich zu entscheiden und aus seinen Entscheidungen das Beste zu machen.“

Eine lange Pause trat ein und beide hingen ihren Gedanken nach. Harry hatte Dumbledore noch nie so hart sprechen hören. Langsam begann er zu begreifen, dass er wirklich keine Wahl hatte. Dumbledore würde ihn nicht unterrichten. Aber er brauchte Okklumentik, also würde er mit Snape auskommen müssen, ob er nun wollte oder nicht.

„Ich habe dir noch etwas mitgebracht. Ich dachte, dann ist es nicht so langweilig.“ sagte Dumbledore.

Dumbledore legte etwas auf Harrys Schreibtisch, das aussah wie ein Stapel winziger Bon Bons. Er schwang seinen Stab über die Bon Bons und Harry erkannte, dass es Bücher waren. Gifte und Gegengifte stand in geschwungenen, abblätterten silbernen Lettern auf dem obersten. Giftige Gebräue des Mittelalters auf einem anderen, das mindestens so alt aussah wie das erste. Heilmittel und Schmerzstiller hieß es auf einem dritten.

„Sind die alle über Zaubertränke?“ fragte Harry und sah Dumbledore an.

„Allerdings.“ Bestätigte Dumbledore beiläufig, die Taschen seines Umhangs abklopfend.

„Aber ich hab Zaubertränke nicht mehr, Professor! Man muss ein Ohnegleichen ZAG...“

„Ich kenne die Vorraussetzungen für UTZ Kurse an meiner Schule.“ unterbrach Dumbledore ihn. „Ich bin dort Direktor, falls du dich erinnerst. Ich würde empfehlen, die Bücher aufmerksam zu studieren, Harry, sie könnten dir einen Wunsch erfüllen. Wenn ich mich nicht irre, wirst du dieses Wissen noch brauchen. Also nutze sie klug. Übrigens gehören sie nicht mir. Ich muss dich bitten, sie mir am Ende des Schuljahres zurück zu geben.“

Dumbledore suchte noch immer in seinen Taschen nach irgendetwas. Ungeduldig legte er ein Tüte mit rosa Drops, Pergamentrollen und Eulenkekse, einen riesigen Schlüsselbund, eine Adlerfeder und einen silbernen Spiegel, eine Reihe silberner Instrumente, die Harry nicht kannte auf Harrys Schreibtisch. Plötzlich breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht des alten Magiers aus.

„Ich hatte schon befürchtet, ich hätte es vergessen!“ Dumbledore griff in seinen Umhang. Dann hielt er den Zauberstab auf etwas kleines in seiner Faust. Nach einem leisen Gemurmel hielt er Harrys Feuerblitz, einen Rennbesen der Spitzenklasse, in der Hand.

„Ich dachte, du und Mister Weasley hätten vielleicht Verwendung dafür.“ Er reichte den Besen an Harry weiter, der ihn mit strahlenden Augen an sich nahm.

„Danke,…aber ich hab doch lebenslanges Quidditch…“ Weiter kam er nicht. Dumbledore winkte ab.

„Nein, natürlich nicht!“ Dumbledore steckte seinen Zauberstab weg und sah ihn an. Harry starrte ihn mit offenem Mund an, immer noch ungläubig.

„Ich darf wieder spielen? Ich kann wieder Sucher für Gryffindor spielen?“ fragte Harry. Er konnte sein Glück kaum fassen. Liebevoll strich er über den Stiel seines Besens. Die Vorstellung, in einer Woche gemeinsam mit Ron und seinen Brüdern im Fuchsbau zu sein und die herrlichen, warmen Sommertage damit zu verbringen Quidditch zu spielen, war die erste wirklich tröstliche Vorstellung seit Wochen.

„Nun wird es aber wirklich Zeit, dass ich mich verabschiede.“

Dann reichte er Harry ein kleines, dunkles Fläschchen mit einem dunkelroten Trank.

„Trink es. Es hilft gegen die Alpträume.“ sagte Dumbledore freundlich.

„Woher?“ wollte Harry im ersten Moment fragen. Er verzog trotzig den Mund. „ich brauche nichts, ich schlafe ganz gut.“

„Dann gute Nacht, Harry!“ Dumbledore schmunzelte und steckte die Phiole wieder in seinen Umhang. Dann verschwand er in die Nacht. Genauso leise und unbemerkt wie er gekommen war. Harry stand da und starrte noch eine Weile auf die Stelle, an der Dumbledore gestanden hatte.

Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass er sich das nicht eingebildet hatte. Nachdenklich legte seinen Feuerblitz neben das Bett. Dann legte er sich hin. Er schloss die Augen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Unruhig drehte er sich hin und her. Es schien, als hätte ein Film in seinem Kopf nur darauf gewartet anzulaufen.

Er saß in einem schweren Sessel, dessen Armstützen mit Samt überzogen waren. Von seinem Platz aus sah er in eine große Halle. Hier war er sicher noch nie.

Die Wände der Halle schienen aus strahlend weißen Steinen zu sein. Harry hatte ähnliche Steine schon mal auf Fotos von alten, ägyptischen Tempeln gesehen. Obwohl die Steine herrlich strahlten, wirkte die Halle unheimlich und bedrückend. Das einzige Licht kam von einigen flackernden Fackeln an den Wänden. Angespannt spähte Harry weiter in die Dunkelheit der Halle.

Und dann erkannte er Schemen. In der Halle waren Menschen. Sie bewegten sich fast lautlos, nur das leise Rascheln ihrer Umhänge verriet sie.

„Snape!“ hörte Harry sich mit Voldemorts Stimme sagen. Ein leises Frösteln durchlief ihn. „Tritt vor!“

Eine der Gestalten löste sich aus dem Schatten. Harry hatte Snape noch nie in den schwarzen Roben der Death Eater gesehen. Trotzdem erkannte er ihn sofort. Die Maske mochte die große Hackennase des Lehrers verbergen, aber Harry sah die schweren Strähnen schmierigen, schwarzen Haars, die unter der Kapuze hervorlugten. Snape kam mit der Geschmeidigkeit einer großen Raubkatze auf Voldemort zu. Ein paar Schritte vor Voldemort blieb er stehen, sah dem dunklen Lord kurz in die Augen und sank auf die Knie. Die Death Eater ringsum hielten den Atem an.

„Ich höre, du hast einen Wunsch, mein alter Freund.“ zischte Voldemort sanft. Es klang wie Spott.

„Mein Lord, ich wäre geehrt, wenn Ihr mir die Möglichkeit gebt, etwas zu beenden, das ich schon vor Jahren begonnen habe.“ schnarrte Snape. Seine Stimme war so ölig, wie Harry es noch nie gehört hatte und Snapes Augen funkelten im Licht der Fackeln beinah amüsiert.

„Du darfst sprechen. Aber gib Acht, was du dir wünschst. Vergiss nicht, dass sowohl der alte Narr als auch Potter mir gehören.“ Voldemort verzog seinen Mund zu etwas, dass man bei anderen wohl als Lächeln bezeichnet hätte. Harry konnte es spüren.

„Ich würde nie wagen, solche Anforderungen an meinen Herren zu stellen.“ Snapes Ton war immer noch ölig. Doch Harry kannte Snape gut genug, um den leisen Spott in der dunklen Stimme zu hören. Voldemort hörte ihn nicht oder ignorierte ihn. Einen kurzen Moment spürte Harry, wie Voldemort in Snapes Geist eindrang. Es war, als würde er einen langen Augenblick in eisiges Wasser tauchen und eine Flut von Bildern auf sich wirken lassen. Aber er konnte die Bilder nicht erkennen. Sie waren verschwommen, als wären sie hinter einem Wasserfall. Harry verstand nicht warum. Die Erinnerungen von Snape hätte er gern gesehen. Er war sicher dort entweder den Beweiß dafür zu finden, dass Snape Dumbledore betrog, oder aber den Grund für Dumbledore Vertrauen. Doch es war vorbei, bevor Harry reagieren konnte. Offenbar hatte Voldemort gesehen, was er sehen wollte

„Ich verstehe!“ sagte Voldemort leise, die kalten Augen auf Snape gerichtet. „Das ist ein Wunsch, den ich dir erfüllen werde. Nenn dem dunklen Lord also einen Namen.“

Etwas gefährlich Amüsiertes hatte in Voldemorts Stimme gelegen. Etwas, das Harry gar nicht mochte. Snape schien im ersten Moment überrascht. Einen Augenblick schien er scharf nachzudenken, bevor er wieder aufsah.

„Veris, mein Lord.“ sagte Snape dann. Für Harry war es etwa der Tonfall, in dem Ron um eine Spinne bitten würde. Voldemort aber sah Snape nur an. Schließlich lachte er ein kaltes, grausames Lachen und war scheinbar zutiefst amüsiert.

„Du warst mir tatsächlich immer treu, nicht wahr, Snape?“ zischte Voldemort mit einem leisen Lachen in der Stimme.

Voldemort hob seinen Zauberstab und schwang ihn elegant durch die Luft. Für einen Moment wurde es kalt, als hätte ein eisiger Wind Harry über den Nacken gestreift. Dann wurde es schwarz. So dunkel, dass Harry nichts mehr sehen konnte. Als wäre er plötzlich blind geworden. Aber er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören. Harry konnte nur einen Moment in der absoluten Dunkelheit geschwebt sein, als ein schwacher Lichtschein die Finsternis durchbrach. Das unheimliche Gefühl, wieder im schwarzen See von Hogwarts zu sein beschlich ihn. Während des trimagischen Turniers hatte er da hinein gemusst. Er konnte sich nur nicht erinnern, dass das Wasser so warm war.

Einen Moment später, Harry hätte nicht sagen können wie, sah er wieder in die Halle. Irgendetwas war passiert. Etwas, dass Voldemort nicht beabsichtigt hatte. Tom war auch in diesem See gewesen. Sie beide hatten sich erinnert, an die Schwärze und das Gefühl zu schweben. Ein Gefühl, das Voldemort lange vergessen hatte. Harry hätte nicht sagen können, woher er dass wusste. Aber er wusste es.

Es gab noch etwas, das ihm schlagartig bewusst wurde. Etwas das er nicht vergessen wollte. Etwas das er unbedingt Dumbledore erzählen musste. Tom Riddle und Lord Voldemort waren nicht dieselbe Person. Die Kreatur hatte noch die Erinnerungen von Tom und vor seinem Angriff auf Harry hatte das Wesen sogar dessen Körper. Aber der dunkle Lord war nicht Tom Riddle.

Ein leises Zischen und eine der weißen, klauenartigen Hände schloss sich um etwas, dass Harry nicht richtig sehen konnte. Ein seltsames Gefühl überkam ihn, als Voldemort die Hand wieder öffnete und ein äußerst merkwürdiger Stein zum Vorschein kam.

Der Stein war blutrot, aber durchscheinend, wie schweres Glas oder ein Kristall. In seinem Inneren sah Harry dunkelrote Linien, die den Stein wie Adern durchzogen. Es sah sogar so aus, als ob diese Linien pulsieren würden. Das Glühen des Lichts war unheimlich. Er wandte den Blick von dem Stein ab.

Der Schauer der ihn überkommen hatte, war nichts gegen den, der Snape beim Anblick des geheimnis- vollen Steins zu erfüllen schein. Gebannt starrte er darauf, als ob er davon Hypnotisiert wäre. Minuten vergingen und Snape schien nicht in der Lage, seine offensichtliche Panik in den Griff zu kriegen. Sein Gesicht verriet ihn. Sonst war an Snapes Miene nicht abzulesen, was er fühlte. Jetzt war die spärliche Farbe aus seinem Gesicht gewichen. Ein Schauer schien durch seine Haut zu jagen und Harry konnte hören, wie er trocken schluckte. In seinen Augen war ein nervöses Flackern. Harry konnte sehen, wie Snape versuchte den Blick abzuwenden, aber er schaffte es nicht. Es war sicher, das Snape am liebsten verschwinden wollte.

„Nun Snape, willst du ihn dir nicht nehmen? Du hast ihn dir ehrlich verdient.“ sagte Voldemort sehr sanft. Wieder lag etwas eindeutig Gehässiges in seiner Stimme. Ein Unterton, der es Harry Schaudern lies. Snape erhob sich und griff nach dem Stein. Seine Hände schienen dabei ein wenig zu zittern. Fast berührten seine Fingerspitzen den Stein, als er innehielt. Einen Moment lang sah er forschend in die rot glühenden Augen. Den Blick wieder gesenkt, nahm er den Kristall an sich. Harry konnte spüren, wie er die Luft anhielt. Snape wickelte den Kristall in seinen Umhang so schnell er konnte. Harry konnte ihn leise, erleichtert Seufzen hören.

Vorsichtig den Stein im Umhang umfassend, wich Snape einige Schritte zurück und sank auf die Knie. An genau derselben Stelle, an der er auch vorher schon gekniet hatte, stellte Harry fest. Jetzt konnte er deutlich sehen, dass Snapes Hände zitterten.

„Ich danke Euch, mein Lord.“ flüsterte Snape. Der ölige Ton war verschwunden und Snapes Stimme zitterte wie seine Hände. Das Sprechen schien ihn anzustrengen. Als ob seine Mund trocken wäre oder er etwas sehr Zähes im Mund hätte, gegen das er beim Sprechen ankämpfen musste.

„Du hast mir von einem Angriff auf das Ministerium abgeraten. Du hast Dumbledores Pläne vereitelt, unser Versteck zu Orten. Du warst hilfreich. Der dunkle Lord belohnt seine Helfer, aber vergiss nicht, wie ich mit untreuen Death Eatern verfahre, Snape.“ Voldemort musterte Snapes Miene und Harry spürte sein Misstrauen. Snape jedoch sah seinen Herren nur verständnislos an.

„Mein Lord, ich würde nie…“ beeilte er sich dann zu versichern.

„Natürlich nicht, Severus.. Du kannst gehen.“ Eine Hand mit langen, weißen Fingern deutete auf die Tür am Ende der Halle. Snape erhob sich, verbeugte sich und wand sich zum gehen.

Kaum das Snape die große Tür hinter sich geschlossen hatte, wurde Harry mit Macht aus Voldemorts Gedanken geschleudert. Es war, als ob er in unendliche Schwärze fallen würde. Keuchend erwachte er. Er brauchte einen Moment, um zu erkennen, wo er war.

Er lag immer noch in seinem Bett im Ligusterweg, im Haus der Dursleys. Draußen war es stockdunkel und der Wecker zeigte 3:30 in rot leuchtenden Ziffern. Verzweifelt versuchte Harry, sich zu erinnern, was er gesehen und gehört hatte. Aber es ging nicht. Er wusste, dass er Snape gesehen hatte. Aber der Rest wollte ihm nicht einfallen. Zurück blieb das Gefühl, irgendetwas Wichtiges vergessen zu haben. Erschöpft sank Harry in die Kissen zurück. Er schloss die Augen. Hinter seiner Stirn hämmerte es. Mit kalten Fingern massierte er seine Stirn, bis der Schmerz nachließ. Jetzt wäre er für Dumbledores Trank dankbar gewesen, aber der war nicht mehr da. Dumbledore hatte ihn wieder eingesteckt. Seufzend drehte Harry sich von einer Seite auf die andere. Seine Gedanken schweiften ab, zu Sirius.

Immer wieder stahl sich Sirius in seine Träume. Sirius, der mit seinen Freunden über das Gelände von Hogwarts streifte. Sirius, als großer schwarzer Hund, Schwanz wedelnd in Hagrids Beet und auf Harry wartend, Sirius, der mit ihm am See stand und ihn anlächelte. Wieder und wieder sah er Sirius durch den Vorhang des Bogens in der Mysterienabteilung fallen und verschwinden.

Irgendwann musste Harry in einen tiefen, traumlosen Schlaf gefalle sein, denn der Geruch nach Braten und das Knurren seines Magens weckten ihn am nächsten Tag.

Harry wollte gerade zum Essen nach unten gehen, als ein hübscher, kleiner Kauz mit einer Rolle Papier im Schnabel durchs offene Fenster herein schwirrte. Gemächlich setzte er sich auf Harrys Bett, lies den Tagesprophet in Harrys Schoß fallen und sah ihn ruhig an. Harry brauchte einen Moment, ehe er verstand, was der Kauz wollte. Er wollte seinen Lohn fürs Zeitungsausfliegen.

„Oh! Klar, warte einen Moment.“ Harry kramte in den Tiefen seines Koffers nach einem Beutel, dem er sein Zauberergeld aufbewahrte, ein paar Münzen aus Bronze, Silber und Gold, und gab einige davon dem Kauz in einen Beutel, der am dessen Bein festgebunden war. Der Kauz Schuhute noch, als wollte er sich bedanken und flog wieder davon.

Langsam entrollte Harry den Tagespropheten. Sofort fiel sein Blick auf die Schlagzeile. Er begann zu verstehen, was Dumbledore gemeint hatte, als er gesagt hatte, Harry sollte den Tagespropheten lesen.
 

„Neue Erfolge in der Ergreifung von Death Eatern
 

Wie das Ministerium heute Morgen bestätigt, hat der Orden des Phönix drei weitere Death Eater fassen können Die Identität wollte das Ministerium erst nach einer eingehenden Prüfung bekannt geben.

Gefasst werden konnten die drei Männer wohl bei einem Angriff auf die Familie eines Auroren. Dabei wurden sie von Mitgliedern des Ordens überwältigt, die schon gestern gewarnt werden konnten.

Der Orden des Phönix unter Leitung des weithin bekannten und verehrten Schulleiters von Hogwarts, Albus Dumbledore, war in den letzten Wochen bereits verantwortlich für die Festnahme einiger, offenbar hochrangiger Death Eater. (Der Tagesprophet berichtete)

Weder das Ministerium, noch Albus Dumbledore waren heute zu einer Stellungnahme bereit, doch wir können nur hoffen, das der Orden und die Auroren es immer schaffen, rechtzeitig vor Ort zu sein.

Wahrscheinlich würden diese Gestalten immer noch frei herumlaufen und Angst verbreiten, wenn es nach Minister Fudge ginge, der wegen seiner Lüge, Er, dessen Name nicht genannt werden muss, sei nicht zurück, viel Zeit verschwendet hat. (Der Tagesprophet berichtete)

Unter dessen ist der Aufenthaltsort des Unnennbaren weiterhin unbekannt.

Weiter auf Seite 2 und 6.
 

Harry grinste in sich hinein. Die Ferien begannen besser, als er es sich in seinen kühnsten Träumen erwartet hätte. Zufrieden legte er die Zeitung weg.

Viel besser gelaunt, als noch beim Aufwachen, ging er hinunter in die Küche. Die Dursleys ignorierten ihn seit seiner Ankunft in Kings Cross. Harry griff sich einige Scheiben Brot und etwas Käse und ging wieder in sein Zimmer, wo er in aller Ruhe Frühstückte. Dabei glitt sein Blick über den Stapel Bücher, den Dumbledore dagelassen hatte.

Er stellte den Teller weg und griff nach dem ersten Buch. Es war dick, in grünes Leder gebunden. Der Staub auf dem Umschlag lies vermuten, das der Besitzer es schon lange nicht mehr nutzte. Vorsichtig wischte er den Dreck weg. „Gifte und Gegengift“ stand da in abgewetzten, silbernen Lettern.

Harry schlug es auf. Vom aufgewirbelten Staub musste er niesen. Das Inhaltsverzeichnis war in großen, geschwungenen Lettern gedruckt. Darunter stand in ebenmäßiger Handschrift eine Widmung. „Nur wenn du in dir findest, was du draußen suchst, hast du die Chance, dass jemand in dir findet, was er draußen sucht. Vergiss nicht, wer du bist. Und sei es. Ich werde dich nie vergessen. Schreib mir. Ian Rockwell.“

Die Rezepte des Buches waren mit schwarzer und grüner Tinte kommentiert, stellte Harry fest. Es sah so aus, als hätte jemand den Rand für einen Briefverkehr genutzt. Die grüne Schrift war unverkennbar die von Ian Rockwell. Saubere, gleichmäßige Buchstaben. Die schwarze war fast so winzig wie die von Hermine, nur etwas geschwungener. Harry kam die Schrift irgendwie bekannt vor. Aber er wusste nicht woher oder zu wem sie gehörte. Harry wusste nur, dass es nicht die von Dumbledore war.

Sorgsam blätterte er weiter. Die beiden Schreiber schienen eine Menge von Giften zu verstehen. Doch je mehr Harry las, desto klarer wurde ihm, dass Rockwell Lehrer und der andere Schreiber Schüler war und offenbar eine Art Wunderkind.

Der erste Eintrag war ein Gift. Es gab kein Rezept dazu. Und Harry begriff sehr schnell warum. In den Unterrichtsstunden von Snape hatte er einiges über Gifte erfahren. Aber er hatte noch nie von einem so gefährlichen Gift gehört. Der Trank der Nacht klang wie eine Art tödliches Veritaserum Der Trank lies den Vergifteten in eine Verwirrung abgleiten in der er bereitwillig alles erzählen würde. Ähnlich wie beim Veritaserum. Die Verwirrung konnte Stunden andauern. Der Tod kam schleichend. Erst wenn die Verwirrung sich legte, setzten Lähmungen ein. Harry schauderte, er überflog die Randnotizen.

„Sie glauben also, es gäbe eine Umkehrung des Tranks der Nacht? Und Sie könnten das Brauen? Reichlich Anmaßend, finden Sie nicht“

„Natürlich, Sir. Auch wenn es die Verkettung mehrer Tränke bräuchte. Und natürlich wären Testreihen nötig. Ich müsste Tabellen erstellen. Aber ich weiß, dass es möglich ist.“

„Erstellen Sie ein Rezept. Sie haben 90 Minuten.“

Darunter folgte eine lange, komplizierte Anweißung für ein Gegengift. Die Hälfte davon konnte Harry nicht nachvollziehen.

„Heute Abend, 20 Uhr. Seien Sie pünktlich.“ war der knappe Kommentar darunter. So zogen sich die fachliche, wenig herzliche Kommunikation über jede Seite.

Als Harry im Lesen unterbrochen wurde, war es schon später Nachmittag. Ein seltsames Geräusch lies ihn aufsehen. Er hätte nicht genau sagen können, was es war. Er legte das Buch zur Seite und trat ans Fenster. Er sah auf den stillen, ein wenig staubigen Ligusterweg hinunter. Der lag wie ausgestorben da, in der Hitze der Nachmittagssonne. Das einzige Geräusch war das Lachen von Kindern, die im Park am Ende der Straße spielten. Und irgendwo bellte ein Hund.

Harry seufzte und starrte in den hellblauen Abendhimmel hinaus. Den ganzen Tag hatte er nicht an den Tod seines Paten gedacht. Jetzt, als im Haus der Dursleys Ruhe eingekehrt war, bis auf leises Summen aus dem Fernseher im Wohnzimmer und Harry allein in seinem Zimmer saß, kamen die Erinnerungen mit Macht zurück. All die kleinen Dinge, die er und Sirius erlebt hatten fielen ihm wieder ein.

Er musste an ihr gemeinsames Weihnachtsfest denken. Schön war es gewesen, wenn gleich chaotisch. Wenn er damals nur geahnt hätte, dass Sirius alter Hauself nicht auf dem Dachboden war...

Er starrte lange in den Himmel, ohne zu bemerken, dass es immer dunkler wurde. Erst als ein leises Rascheln und ein schweres Gewicht auf seiner Schulter ihn aus seinen trüben Gedanken rissen, stellte er fest, dass es Nacht war. Eine riesige, weiße Schneeeule hatte sich auf seiner Schulter nieder gelassen und knabberte sanft an seinem Ohr. Sie schuhute leise und sah ihn mit ihren klugen gelben Augen an. Mit einem traurigen Lächeln kraulte Harry ihren Kopf.

„Na, war’s schön draußen, Hedwig?“ fragte Harry. Hedwig schuhute leise.

Nach dem sie einen Moment auf seiner Schulter gesessen hatte, schwebte sie von dort zu Harrys Bett und ließ sich majestätisch darauf nieder. Harry schloss das Fenster und setzte sich zu ihr.

„Na ja wenigstens scheinst du deinen Spaß zu haben.“ Harry kämpfte mit den Tränen. Dieses Zimmer und Hogwarts waren alles, was er hatte. Jedenfalls kam es ihm so vor. Er wollte nicht zu den Dursleys zurück, wenn Hogwarts vorbei war. Aber er hatte auch keine Idee, wo er hin sollte. Er vermisste Sirius und sein Lachen. „Mein Leben ist die Hölle, weißt du? Jedes Mal wenn ich jemanden mag oder glaub, dass es endlich besser wird, passiert irgendetwas Furchtbares. Und außerdem behandelt mich jeder wie ein Kleinkind. Als ob ich nicht auf mich aufpassen könnte. Ron und Hermine haben auch ständig Ärger. Oder ich verwickele sie in Dinge, die sie umbringen könnten.“

Er sah die Eule an, die ihn mit ihren klugen, gelben Augen anstarrte.

„Scheiß Leben!“ fluchte er und vergrub sein Gesicht im Kissen.

„Und Sie glauben, dass Ihr Selbstmitleid Ihnen hilft, Mister Potter?“ fragte eine Frauenstimme aus der Dunkelheit. Harry fuhr herum, intuitiv griff er zu seinem Zauberstab. Doch die Frau war schneller. Ein Licht flammte aus der Spitze des Zauberstabs und Harry erkannte im Halbdunkel seine Hauslehrerin Professor Mc Gonagall. Die ältere Hexe, deren schwarzes Haar wie immer zu einem strengen Knoten im Nacken hoch gesteckt war, musterte ihn streng.

„Guten Abend!“ grüßte sie schließlich.

„Guten Abend, Professor.“ Erstaunt sah er sie an. „Entschuldigen Sie, Professor, aber wie kommen Sie hier rein?“

Mc Gonagall verzog den Mund und deutete mit dem Kopf auf die Katzenklappe, durch die die Dursleys Harry früher das Essen ins Zimmer geschoben hatten. Harry verstand, was sie meinte. Er wusste, dass Professor Mc Gonagall ein Animagus war. Eine Hexe, die sich in ein Tier verwandeln konnte. Im Fall von Professor Mc Gonagall in eine getigerte Katze.

„Und was wollen Sie hier?“ knurrte er nach einem Moment.

„Nach Ihrem Befinden sehen, Potter.“ lautet Mc Gonagalls knappe Antwort.

„Lässt Dumbledore mich jetzt schon überwachen?“ fragte Harry, giftiger als beabsichtigt.

„Professor Dumbledore hat Professor Snape davon überzeugt, dass er wohl kaum geeignet wäre, sich um Ihre Sicherheit hier zu bemühen. Deshalb bin ich hier. Tonks und Alastor Moodey werden im Lauf der Woche dazu stoßen.“ erläuterte die Hexe und fügte mit einem viel sagenden Blick auf Harry hinzu: „Sollte Ihnen Severus Gesellschaft allerdings lieber sein….“

„Bloß nicht!“ wehrt Harry ab. Allein der Gedanke an Snape lies seinen Magen Saltos vollführen. Ganz sicher war die allerletzte Person, die er jetzt um sich haben wollte, Severus Snape.

„Ich wollt Ihnen das nur Mitteilen, damit Sie sich nicht Hintergangen fühlen.“ Harry senkte betreten den Blick und wurde rot.

„Entschuldigen Sie, Professor.“ murmelte er. Mc Gonagall nickte verständnisvoll.

„Potter, keiner erwartet, dass es Ihnen gut geht. Niemand erwartet, dass Sie über Sirius Tod einfach so hinwegkommen. Aber hören Sie auf, nach Schuldigen zu suchen! Das bringt Sie nicht weiter. Und Ihre lose Zunge ist Ihnen auch keine besondere Hilfe, fürchte ich. Ihre Sprüche werden Sie noch mal in die allergrößte Schwierigkeiten bringen. “ Mc Gonagall war unüberhörbar verärgert . Ihre Blicke schienen Harry zu durchbohren.

„Ich denke, Sie werden es auch hilfreich finden, dass Ihnen der Tagesprophet zukommt. Es mag nicht alles wahr sein, was da steht, doch genug, um über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden zu sein. Und jetzt, Potter, sollten Sie schlafen. Es ist immerhin weit nach Mitternacht.“ fügte sie lächelnd hinzu. Mit einem Schlenker löschte sie das Licht und Harry schlüpfte unter die Decke.

„Hier, trinken Sie das.“ Sie hielt ihm eine Phiole mit einer leuchtend roten Flüssigkeit hin.

„Was ist das? Und warum soll ich es trinken?“ fragte Harry, was er schon Dumbledore hatte fragen wollen.

„Das ist Traumlostrank, Potter, damit Sie ein zur wenig Ruhe kommen.“ antwortete Mc Gonagall. Er verzog den Mund. Aber er griff nach der Phiole, öffnete sie und trank sie in einem Zug leer.

„Sie finden uns bei Arabella Fick, Potter, falls Sie irgendetwas brauchen!“ sagte sie.

„Danke, Professor.“ nuschelte er, der Trank begann zu wirken und Harry spürte, wie es ihm die Augen zuzog. Er hörte die Klappe an seiner Tür gehen und wusste, dass Mc Gonagall verschwunden war.

Harry schlief tief und erwachte erst am Mittag des nächsten Tages. Der Tagesprophet lag auf seinem Tisch. Harry las ihn, aber es stand nichts drin, was ihn interessiert hätte. Nach dem Frühstück zog er sich in sein Zimmer zurück und las Dumbledores Buch weiter. Der Rest des Buches war nicht weniger spannend und ein paar der Gifte hätte Harry nachbrauen können. So merkte er gar nicht, wie die Zeit verflog. Er schaffte es sogar, das Buch zu ende zu lesen, bevor Tante Petunia zum Abendessen rief.

Am Ende des Buches gab es eine weitere Widmung. Die Schrift war verblasster, als die auf der ersten Seite und Harry vermutete, dass sie älter war.

„Sie werden mich wissen lassen, wenn Sie die Zweifel besiegt haben?“ stand in ebenmäßiger, gerader Schrift auf dem leicht vergilbten Papier. Nach dem Abendessen saß Harry am Fenster und starrte in die untergehende Sonne. Er fühlte sich leer und seltsam ruhig.

Es war gerade Dunkel geworden, als es an der Tür von Nr. 4 klingelte. Harry konnte Onkel Vernons schwer dröhnende Schritte hören. Es dauerte nur einen Moment, bis er auch die wütende Stimme von Onkel Vernon hörte. Er schrie so laut, das der ganze Ligusterweg ihn hätte hören können. Doch Onkel Vernon schien das nicht zu stören.

„Ich will keinen von Ihnen in meinem Haus haben.“ donnerte Onkel Vernon und Harry wusste sofort, was er meinte. Irgendwer musste an der Tür sein, den Onkel Vernon als Zauberer kannte. Schnell lief er die Treppe hinunter.

In der Tür, vor dem tief Purpur angelaufenen Vernon Dursley, stand Tonks, eine junge Aurorin, die für den Orden des Phönix arbeitete. Von Auroren, deren Aufgabe es war, schwarze Magier zu jagen, nahm man im Allgemeinen an, dass sie unauffällig und leise waren.

Tonks, deren Haare in einem satten giftgrün leuchteten, war alles andere als leise oder unauffällig. Sie war ein Metamorphmagus, eine Hexe die durch ihren Willen ihr äußeres ändern konnte und außerdem fast so tollpatschig wie Harrys Klassenkamerad Neville Longbottom.

Harry musste grinsen, obwohl er sich nicht so fühlte und Tonks grinste zurück. Für einen Moment standen sie schweigend voreinander.

„Wir gehen hoch!“ Er nickte in Richtung seines Zimmers. Und ohne auf Onkel Vernons wutverzerrtes Gesicht zu achten, verschwanden sie in Harrys Zimmer. Eine Weile konnten sie Onkel Vernon fluchen hören, dann war es still.

Tonks setzte sich auf Harrys Bett. Müde und ungewöhnlich ernst sah sie sich im Zimmer um. Ihr Blick blieb an einem Bild von Harrys Eltern hängen. Es war das Hochzeitsphoto, auf dem auch Sirius war. Harry hatte es zu Beginn der Ferien aus dem Fotoalbum genommen und auf den Schreibtisch gestellt, denn obwohl es ihm wehtat, all die Menschen zu sehen, die er so liebte und die so weit weg waren, erinnerten sie ihn doch auch daran, für wen er kämpfte. Er hatte ein Bild von Hermine daneben gestellt und das Foto von Rons Familie aus dem Tagespropheten. Irgendwie machte es das leichter, das Foto seiner Eltern zu sehen.

„Wie geht’s dir, Harry?“ fragte Tonks leise. Harry bemerkte, dass sie es vermied, ihm in die Augen zu sehen. Überhaupt wirkte sie so ernst wie noch nie, seit Harry sie kannte.

„Ganz gut, danke.“ sagte Harry ruhig. Er sah nach draußen, wo die Sonne langsam hinter den Häusern versank. Es war immer noch sehr warm und irgendwo zirpte eine Grille.

Eine Weile schwiegen sie gemeinsam. Harry fand es angenehm, nicht allein zu sein und trotzdem nicht reden zu müssen. Außerdem hatte er das unbestimmte Gefühl, dass Tonks wusste wie es ihm wirklich ging. Also genoss Harry das Schweigen einfach.

„Ich …“ begann Tonks schließlich. „Ich hab Sirius wirklich gemocht. Tut mir so leid.“

„Schon gut.“ murmelte Harry leise. Genau wie schon in den letzten Wochen in Hogwarts war er sich nicht sicher, ob er über Sirius reden wollte. Und mit Tonks war er nicht so gut befreundet wie mit Ron oder Hermine.

„Wie ist es denn bei Misses Figg? Weißt du schon alles über ihre Katzen?“ fragte Harry, um das Gespräch möglichst weit weg von Sirius zu führen. Tonks schmunzelte traurig.

„Arabella ist schon okay. Im Gegensatz zu… anderen!“ Tonks verdrehte die Augen. Ihre Harre wurden gelb und sie zog ein Gesicht, als hätte sie etwas sehr ekliges gerochen. Harry sah sie neugierig an. Alles war besser, als über Sirius zu reden.

„Moodey und Snape haben sich ständig in den Haaren. Alastor hat Snape neulich damit gedroht, ihn nach Askaban zu bringen.“ plapperte Tonks drauf los.

„Verdient hätte er’s ja!“ knurrte Harry zornig.

„Nein, eigentlich nicht. Er tut eine ganze Menge für den Orden.“ entgegnete Tonks nachdenklich. „Der ist fast zurückhaltend, wenn ich mir so überlege, was Alastor ihm alles an den Kopf geworfen hat.“

„Es ist Snape! Moodey kennt ihn.“ zischte Harry. Er war sich sicher, dass Moodey mit allem, was er über Snape sagte, vollkommen Recht hatte. Ganz egal, was er sagte.

„Hör zu, ich behaupte ja nicht, dass Snape nett ist, aber versteig dich da nicht in irgendwas.“ Tonks sah ihn ernst an. Harry verzog ärgerlich den Mund und verschränkte die Arme vor der Brust. Im Moment klang Tonks eher wie Hermine. Und was Snape betraf, wollte er keine guten Ratschläge hören.

„Jedenfalls…“ sagte Tonks, offenbar um von Snape weg zu kommen, kramte in ihrer Hosentasche und stellte ein Fläschchen mit rötlich schimmerndem Inhalt auf den Tisch. „…soll ich dir das hier bringen und dir von allen liebe Grüße ausrichten.“

Harry starrte den Trank an. Eigentlich war er noch nicht müde. Außerdem wollte er nicht, dass Tonks schon wieder verschwand. Achtlos stellte er die Phiole auf den Schreibtisch. Dabei fiel ihm das Gespräch mit Dumbledore wieder ein.

„Danke. Sag mal, Tonks, was ist das mit den Dementoren?“ fragte er. Tonks grinste breit.

„Ach das! Weißt du, Dementoren sind …“ Doch Harry erfuhr nicht, was mit den Dementoren war. Ein silberner Schatten flog durch das offene Fenster auf Tonks zu und schien ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Neugierig sah Harry den silbernen Falken an, der sich wieder in Rauch auflöste, nachdem er Tonks seine Nachricht überbracht hatte.

Harry wusste, dass der Falke ein Patronus war. Er hatte schon einige dieser Schutzgeister gesehen. Sie waren eine Art Schutzschild, mit der man unter anderem Dementoren vertreiben konnte. Sie waren wie die leuchtenden Schatten guter Gefühle.

Harry versuchte angestrengt zu erraten, wem der Patronus gehörte. Es war nicht der von Professor Mc Gonagall. Harry war sich ziemlich sicher, dass Mc Gonagall eine Katze als Patronus hatte. Und Tonks hatte wenig Gründe, sich selbst einen Patronus zu schicken. Lupin, wenn der überhaupt schon da war, hatte sicher einen anderen. Lupin war ein Werwolf und Harry konnte sich nur zu gut vorstellen, welche Gestalt sein Patronus hatte. Dieser Falke musste also der Patronus von Moodey sein.

„Ich muss zurück zu Figgy.“ erklärte Tonks und riss Harry aus seinen Gedanken. „Trink den Trank. Es ist wichtig, dass du fit bist. Also schlaf und iss!“

Damit erhob Tonks sich, mit einem letzten Nicken verschwand sie grinsend. Er seufzte und schluckte den Trank. Er schmeckte süß, fast wie Sirup oder flüssiges Nugat. Harry spürte, wie es in seinem Kopf zu wirbeln begann. Er schaffte es gerade noch, die Phiole auf seinen Nachtschrank zu stellen bevor er einschlief.

Die Sonne schien warm und hell, als Harry am nächsten Morgen erwachte. Der Kauz brachte Harry die Zeitung, die Harry las während er frühstückte. Es stand nichts drin, was ihn interessiert hätte.

Den ganzen Mittwoch hindurch gelang es Harry, sich mit den Büchern abzulenken. Nur für ein paar Minuten war er in der Küche, um sich etwas zu essen zu holen. Er las „Alte und seltene Gifte“, ein in grünes Leder gebundenes Buch dessen Ränder deutliche Abnutzungserscheinungen zeigten. Harry mochte die schöne, geschwungene Schrift des Buches. Auch hier waren die Rezepte kommentiert. Ian Rockwell hatte seinem Schüler offenbar einige Bücher geliehen. Harry konnte sich nicht vorstellen, dass man diese Gifte im Unterricht behandelte. Bis zum Abendessen las er weiter. Auch nach dem Essen zog es Harry wieder zu den Büchern. Erst die Türklingel lies ihn wieder aufhorchen.

Der Besuch an diesem Abend war der traurigste und zugleich tröstlichste für Harry. Als es klingelte, rannte er die Treppe hinunter. Zu seiner größten Überraschung war es Remus Lupin der davor stand. Einen Moment lang schwiegen beide und vermieden es, sich anzusehen. Als Harry ihn endlich ansah, bemerkte er wie abgerissen und schwach Remus wirkte. Nicht das der Werwolf je gesund oder reich gewirkt hatte, aber jetzt sah er krank und müde aus. Harry hatte ihn noch nie in einer so schlechten Verfassung gesehen und es versetzte ihm einen scharfen Stich.

„Guten Abend, Professor.“ grüßte er schließlich. „Kommen Sie doch rein!“

Lupin nickte und trat ein. Ein schwaches, irgendwie trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. Wortlos stiegen sie die Treppe hinauf und verschwanden in Harrys Zimmer.

Mit Lupin in seinem Zimmer zu sitzen und nur zu Schweigen war auf eine eigenartige Weise tröstlich, die Harry nicht kannte. So saßen sie fast zwei Stunden einfach nur da und sprachen kein Wort. Es gab nichts zu sagen. Eine eigenartige Stille lag über dem Raum. Harry sah Lupin an und Lupin sah ihn an. In Lupins Augen schimmerten Tränen. Harry fühlte sich einsamer als jemals während der Zeit in der er allein in seinem Zimmer gesessen hatte. Aber das Lupin da war, der sich genauso einsam fühlte, machte es leichter. So schwiegen sie einfach und hingen ihren Gedanken nach. Schließlich, wortlos stellte Remus Harry eine Phiole Traumlostrank hin, umarmte ihn kurz und verschwand so leise, wie er gekommen war.

Harry blieb noch eine ganze Weile sitzen und dachte über Remus Lupin nach. Harry konnte sich die Trauer und den Schmerz die Lupin empfinden mochte, nicht vorstellen. Harry hatte das Gefühl, dass ihm die Luft abdrückte, auch nur an Sirius zu denken. Wie musste es erst für Remus sein, der Sirius es so viele Jahre kannte und schon so lange mit ihm befreundet gewesen war? Mit diesen trüben Gedanken schluckte er den Trank und nur Minuten später umfing ihn ein tiefer Schlaf.

Der Gedanke an Lupin ließ Harry den ganzen nächsten Tag hindurch nicht los. Er mochte Lupin. Er war gerecht und gutmütig. Sogar wenn die Leute ihn ungerecht behandelten, weil er ein Werwolf war. Ein paar Mal hatte er Harry aus Schwierigkeiten geholfen. Er hatte Lupin nie als einsamen Menschen gesehen. Erst als er ihn jetzt gesehen hatte, begann er zu begreifen, was der Verlust seiner Freunde für Lupin bedeuten musste. Nur wenige Menschen vertrauten einem Werwolf. Nun waren alle Freunde von Lupin weg. Auch wenn er ein Mitglied des Phönixordens war, gab es dort kaum jemanden der Lupin wirklich vertraute.

Ein paar Mal versuchte Harry, sich auf die letzten Seiten des Buchs zu konzentrieren. Aber es wollte und wollte nicht funktionieren. Immer wieder schweiften seine Gedanken zu Lupin ab. So verbrachte er Stunden damit, völlig regungslos auf seinem Bett zu liegen, Löcher in die Luft zu starren und an Remus zu denken.

Moodey, der am Abend kam um ihm den Trank zu bringen, fand ihn in einer sehr seltsamen Stimmung vor, aber er sagte nichts. Moodey kannte ihn gut genug, um ihn in Ruhe zu lassen. Oder er wusste aus eigener Erfahrung, wie es ihm ging. Harry wusste es nicht. Es war ihm auch egal. Dankbar leerte er die Phiole mit einem Zug. Schon spürte er den Wirbel und wenige Augenblicke später schlief er schon. Es war ein tiefer, traumloser Schlaf.

Freitagmorgen erwachte Harry erfrischt und hungrig. Nach dem Frühstück hätte er gern einige Runden mit seinem Feuerblitz gedreht. Aber in der Nähe des Ligusterwegs war es nicht möglich, ohne gesehen zu werden. Also begnügte er sich mit der Vorstellung, bald mit Ron durch die Luft zuzischen.

Einigermassen gut gelaunt las er das Buch zu Ende und begann sogar mit dem nächsten, bevor er zum Mittagessen hinunterging. Auch den Nachmittag verbrachte er lesend. Gegen Abend stellte er fest, das er schon ein gutes Stück des Buches geschafft hatte. Die Kommentare am Rand des Buches waren wie im ersten auch mit schwarzer Tinte und in einer gestochen scharfen Schrift. „Heiltränke für jeden“ las sich einfach, im vergleich zu den Büchern über Gifte. Er war gerade an einem spannenden Rezept, als Hedwig ihn mit wütenden Schuhuen ablenkte. Ein Uhu saß auf dem Fensterbrett. Der große Vogel sah Harry an. Harry stand nahm dem Uhu einen Brief und eine kleine Phiole mit roter Flüssigkeit ab. Der klapperte mit dem Schnabel und flog wieder davon. Neugierig öffnete Harry den Brief.
 

Lieber Harry,

komm doch morgen zum Tee vorbei. So gegen 3.
 

Liebe Grüße

Arabella Figg
 

Harry legte den Brief beiseite und legte sich auf sein Bett. Er freute sich auf das Kaffeetrinken bei Mrs. Figg, die er schon lange kannte. Die Dursleys hatten ihn immer bei ihr gelassen, wenn sie verreisten oder mit Dudley Ausflüge machten. Und sie hatte ihm geholfen als er und Dudley letztes Jahr von Dementoren angegriffen wurden. Mit dem tröstlichen Gedanken, morgen wenigstens ein paar Stunden aus dem Haus von Tante und Onkel zu kommen, beobachtete er Hedwig. Die schöne, weiße Eule saß in ihrem Käfig und putzte sich. Das leise rascheln ihres Gefieders war ihm so vertraut und bald kam es Harry vor, als befände er sich nicht im Ligusterweg, sondern läge in seinem Bett in Hogwarts. Es war ein schönes Gefühl.

„Nur noch ein paar Tage!“ sagte er genüsslich gähnend. Dabei sah er Hedwig an, als erwarte er von ihr irgend eine Antwort. Hedwig schuhute leise und Harry grinste. Zufrieden schloss er die Augen.

Wenn Harry gedacht hatte, es würde eine ruhige Nacht, hatte er sich getäuscht. Wieder war er in dem Saal. Doch vor dem Sessel, in dem Voldemort saß, war dieses Mal ein Kreis aus Fackeln. Harry sah auf die Person vor dem Stuhl und erkannte, dass es abermals Snape war. Doch diesmal war Voldemort verärgert. Harry konnte es spüren. Snape versuchte, ihn zu besänftigen.

„Mein Herr im Moment ist Draco noch nicht bereit. Bitte, mein Lord, Ihr habt Eure besten Männer verloren, Eure loyalsten Death Eater.“ Der Mann senkte seinen Blick noch ein wenig mehr. Trotz der Maske war sich Harry sicher, dass ein zynisches Lächeln auf seinen Lippen lag.

„Wenn Ihr diese Lücken schließen wollt, mein Lord, ist es wichtig, das mit Männern und Frauen, Hexen und Zauberern zu tun, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Mein hoher Lord, dass schmähliche Versagen einiger Eurer treuesten Diener hat dafür gesorgt, dass wir uns für eine sehr lange Zeit keinen weiteren Fehler leisten können. Sollten wir dennoch versagen, wäre es das Ende Eurer Death Eater und ich weiß, mein Lord, wie schwer Euch dieser Verlust treffen würde. Deshalb ersuche ich Euch, dem Jungen Zeit zu lassen, bis er es wert ist. Bis er es wert ist, Euch gegenüber zu treten und Euch zu dienen.“ Eine schroffe Handbewegung des Lords stoppte Snape.

„Wage es nie wieder, meine Entscheidungen in Frage zu stellen. Oder sei dir bewusst, dass du stirbst, solltest du es dennoch wagen, du Narr! Crucio!“ donnerte die kalte Stimme und im nächsten Moment krümmte sich Snape zusammen, ohne auch nur einen Laut von sich zu geben. Nur sein unregelmäßiger Atem verriet, unter welchen Schmerzen er litt. Harry stockte der Atem. Er hatte den Folterfluch, den so grausamen Cruiatus oft genug am eigenen Leib erfahren müssen, um zu wissen, welche Qualen Snape in diesem Moment ertrug.

„Nie wieder, haben wir uns verstanden?“ erklang die kalte Stimme Voldemorts wieder. Der am Boden Kniende Snape nickte leicht.

„Ja, mein Lord!“ antwortete er dann leise.

„Gut, lass es dir eine Lehre sein, Snape!“ zischte Voldemort. Wieder wurde Snape von einem Crutiatus getroffen. Der Fluch riss Snape von den Füßen, aber der schwieg eisern.

„Eine Woche, nicht mehr, nicht weniger! Und es wird Draco sein, der die Weihe erhält. Es war deine Wahl.“ sagte Voldemort mit sanfter Stimme. Snape nickte nur knapp.

„Geh!“ Die langen, bleichen Finger deuteten zur Tür des Saales. „Und Snape: Versuch nie wieder, mir etwas zu verweigern, das mein ist. Das würde dem armen Draco gar nicht bekommen.“

Snape drehte sich um. Er sah Voldemort in die Augen. Noch im selben Moment spürte Harry, dass es ein Fehler war. Für einen Moment lag Angst in Snapes Blick. Harry hatte sie gesehen. Was unendlich schlimmer war, war die grauenvolle Sicherheit, dass Voldemort es gesehen hatte.

„Ich habe verstanden, mein Lord.“

Harry erwachte keuchend und schweißgebadet. Er wusste, er hatte Voldemort gesehen. Aber er konnte sich nicht erinnern, worum es gegangen war. Erschöpft öffnete er das Fenster. Irgendwo bellte schon wieder ein Hund. Und irgendwer rief wütend „Ruhe!“. Tatsächlich verstummte der Hund.

Harry erschien am nächsten Tag pünktlich um 3 bei Figgy. Als er eintrat, stellte er fest, das es nach frischem Kuchen und ein wenig nach Katze roch. Figgy hatte offenbar einiges gemacht, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Die Wände waren frisch gestrichen und überall standen Blumen. Harry konnte sich noch gut an die triste, alte Stube erinnern. Doch jetzt, mit neuer Farbe an den Wänden, ein paar Blumen und einer neuen Couch sah es richtig gemütlich aus. Auf der Couch saßen neben Moodey, Lupin und Tonks auch Mc Gonagall und ein grinsender Charly Weasley. Sie alle begrüßten Harry herzlich. Tatsächlich hatte Figgy einen frischen Kuchen für sie und eine Weile war nichts zu hören, außer zufriedenem Kauen.

Der Kuchen wurde weniger und Harry hatte das Gefühl, das mit jedem Stück Kuchen, das verschwand, das Schweigen ein wenig angespannter wurde. Er sah die besorgten und unsicheren Blicke, die Tonks und Charly sich zuwarfen. Moodey sah nicht weniger besorgt aus.

„Wir müssen über...die Beerdigung sprechen.“ unterbrach Lupin schließlich das Schweigen. In seiner Stimme hat kein Zittern gelegen. Harry sah ihn an. Lupin saß da wie ein Häufchen Elend. Seine immer etwas abgerissene Kleidung schien zu weit zu sein. Seine Haare wirkten strähnig und es schienen noch mehr graue Strähnen dazugekommen zu sein. Er starrte seinen Kaffee an. Schon bei ihrer Begrüßung hatte er Harrys Blick gemieden. Jetzt sah es aus, als suche er etwas das auf dem Boden seiner Kaffeetasse lag. Die anderen starrten ihn an. Langsam löste Lupin seinen Blick vom Kaffee. Er sah auf und Harry direkt an. Etwas widerwilliges und trotziges lag in seinem Blick.

„Okay.“ antwortete Harry. Es grauste ihn bei der Vorstellung einer Beerdigung für Sirius. Aber in ihm machte sich eine seltsame Dankbarkeit breit. Der Orden würde sich um die Beerdigung kümmern und Lupin zählte ihn dazu. Für ihn war Harry kein Kind mehr. „Er sollte ein Grab in Hogwarts haben. Dort hat er sich mehr zu Hause gefühlt, als irgendwo sonst. Unter der Weide.“

Harry hatte sich keine Gedanken dazu gemacht, doch es erschien ihm logisch. Hogwarts war der einzig mögliche Ort für ein Grab. Tonks nickte. Sie kämpfte mit den Tränen. Der alte Mad Eye Moodey sah ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung an.

„Das Haus...Er wollte das du...“ Lupin kam nicht weiter. Ohne einen weiteren Kommentar stand er auf und ging hinaus. Plötzlich hatte Harry Tränen in den Augen und einen Kloß im Hals. Noch einen Moment vorher hatte er sich nicht traurig gefühlt. Jetzt fühlte er sich fast so schlecht wie in der Nacht in der Sirius gestorben war. Harry schluckte. Dumbledore hatte es ihm gesagt. Die Schule ist vorbei, hatte er gesagt. Und das hier gehörte dazu. Aber jetzt konnte er nicht darüber nachdenken.

„Morgen! Ich schreib alles auf, gleich morgen.“ erklärte er ruhig.

„Lass dir Zeit, Potter.“ knurrte Moodey leise. „Is nicht so einfach.“

Harry nickte nur und trank ein wenig von dem dampfenden Tee, den Figgy ihm hingestellt hatte. Seine Gedanken schienen im Kreis zu rennen. Der Schmerz war so heftig, so überwältigend. Harry kämpfte gegen die Tränen und eine plötzlich aufsteigende Übelkeit. Er hatte das Gefühl, zerrissen zu werden. Wie Wellen überlief ihn der Schmerz. Die Tasse fiel aus seinen zitternden Händen. Das Scheppern löste den Knoten im Hals so schlagartig auf, wie er mit Lupins Abgang gekommen war. Der Schmerz lies nach und wurde zu dem leisen, dumpfen Stechen, das Harry immer entfand, wenn er einen Hund bellen hörte. Harry konnte sich absolut nicht erklären, woher dieser Schmerz kam.

„Alles okay?“ fragte Tonks. Harry nickte langsam. Obwohl er sich absolut nicht sicher war.

„Was gibt’s neues? Irgendwas, dass nicht im Tagesprophet stand?“ fragte er, um ein anderes Thema zu finden.

„Fudge will zurücktreten.“ antwortete Charly ruhig. „Vielmehr er muss. Zu viele Fehler, weißt du.“

„Und wer wird sein Nachfolger?“ fragte Harry.

„Keine Ahnung. Die Wahlen sind am 15. September. Der Tagesprophet wird wohl nächste Woche die Kandidaten vorstellen. Dann werden wir sehen.“ antwortete Charly.

"Ja, wir werden sehen.“ antwortete Harry.

Es war spät, als Harry zu Nummer 4 zurückkehrte. Er legte sich auf sein Bett. Remus trauriges, blasses Gesicht wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen. Moodey hatte ihm eine Phiole mit Schlaftrank gegeben, ehe er Figgys Haus verlassen hatte. Er trank ihn und war dankbar für die Ruhe, die sich über ihn legte.

Das Aufschreiben der Beerdigung, dass Harry sich für den Sonntag vorgenommen hatte, verschob er großzügig. Über Sirius nachzudenken tat weh. Statt dessen begann er zu packen. Gemächlich trödelte er herum, während er seine Sachen zusammen suchte. Er hatte Zeit. Und so verging der Sonntag ohne besondere Zwischenfälle.

Wie kannst du dir so sicher sein?

Du bist doch viel zu wütend,

um irgendwas zu sehen.

Du schreibst die selbst mal groß,

mal klein.

Am Ende ist's verwirrend und

sehr schwer zu verstehn.

by Rosenstolz
 

Chapter 2

Ferien im Fuchsbau
 

Der Montag war Harrys schlechtester Morgen seit langem.

Trotz des Traumlostranks erwachte er noch vor dem Morgengrauen und die leuchtenden Zeiger seines Weckers zeigten ihm, dass es erst kurz nach 4 war. Doch an Schlaf war nicht mehr zu denken.

Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her und versuchte, trotzdem noch etwas Schlaf zu bekommen, aber vergeblich.

Seufzend setzte er sich, legte seinen Kopf auf die Knie. Immer wieder sah er zu seinem Koffer hinüber und überlegte, ob er auch alles eingepackt hatte. Schließlich kam er zu dem Schluss, dass er alles, aber auch wirklich alles was ihm gehörte in den Koffer gestopft hatte. Nervös stand er auf und lief im Zimmer auf und ab. Dann öffnete er seinen Koffer und begann noch einmal den Inhalt zu kontrollieren.

Er beschloss, dass mehr Platz im Koffer wäre, wenn er ihn anders packte. Und so räumte Harry seine Umhänge, viele Bücher, stapelweiße Pergament, einige Tüte der Bohnen aller Geschmacksrichtungen, zwei schöne, weißbraune Adlerfederkiele, einige Fässchen Tinte, die beiden letzten Eulenkekse, Rons Taschenspickoskop, einen Stapel mit Briefen von seinen Freunden, einige Fläschchen mit Zutaten für Zaubertränke und zuletzt das Photoalbum, das Hagrid Harry im ersten Jahr geschenkt hatte, erst aus dem Koffer hinaus und dann wieder hinein.

Nachdem er das ganze fünf Mal getan hatte, war es fast halb Sechs.

Harry seufzte genervt und legte sich wieder auf sein Bett. Kritisch musterte er den leeren Käfig von Hedwig, den er am Abend zuvor sauber gemacht hatte. Zu seinem Ärger war er wirklich sauber.

Harry sah nach draußen und beobachtete, wie die Sonne langsam hinter den quadratischen Häusern des Ligusterwegs aufging.

Eine Weile schaffte er es, einfach still auf dem Bett zu liegen. Dann ging er leise in die Küche. Aus Gewohnheit deckte er den Tisch, setzte Kaffe auf und kochte Tee. Als um halb 8 seine Tante in die Küche kam, war er gerade dabei, Schinken und Rührei in einer Pfanne zu braten. Während des Frühstücks sah Harry immer wieder auf die Uhr. Es war wie verhext. Die Zeit schien sich heute gegen ihn verschworen zu haben. Es wurde einfach nicht später.

Endlich, kurz vor zehn klingelte es. Harry, der nach dem Frühstück wieder in sein Zimmer gegangen war und sich mit einem Buch auf Bett gelegt hatte, sprang auf, zog seine Schuhe und seine Jacke an und stürmte nach draußen. Polternd zog er den schweren Koffer hinter sich her. Er wollte gerade die Treppe hinunter rennen, als er eine Person am Fuß der Treppe bemerkte.

Abrupt blieb er stehen und musterte den Mann. Zuerst glaubte er, ihn nicht zu kennen.

Der Fremde hatte rabenschwarzes Haar, dass er offenbar mit einer großen Menge Seidenglatt– Haargel in feine Wellen gelegt hatte. Es kräuselte sich über dem dunkelgrünen Umhang des Fremden

Ein samtener schwerer, warm schimmernder Umhang fiel in Wellen über die Schultern des seltsamen Gastes und wirkte wie perfekt auf den silbergrauen Anzug zugeschnitten, den der Fremde darunter trug. Selbst die Schuhe waren aus teurem Drachenleder und glänzten schwarz.

Sein Haar bildete einen Kontrast zu seiner fast weißen, ebenmäßigen Haut.

Eine seiner Hände, lange, weiße Finger, ruhte auf eleganten Lederhandschuhen, die der Mann über die Brüstung des Geländers gelegt hatte. Harrys Blick fiel auf einen silbernen Ring. Einen Ring mit dem Siegel des Hauses Slytherin.

Die andere Hand ruhte auf einem Gehstock, wie Harry ihn noch nie gesehen hatte. Der Griff war aus Silber, oder sah zumindest so aus und hatte die Form eines Schlangenkopfes, in den grüne, leuchtende Saphire als Augen eingesetzt wurden waren. So elegant wie der Stab, auf dem seine Hand ruhte, war die Haltung des Fremden. Er glich einer Katze, kurz vor dem Sprung. Jede Bewegung war fließend und elegant. Er bewegte sich wie...

“Professor Snape?“ entfuhr es Harry ungläubig und seine Augen weiteten sich erstaunt, als der Mann sich zu ihm umdrehte und er direkt in die kalten, schwarzen Augen seines Tränkelehrers sah.

Snape verzog die schmalen Lippen zu einem bei ihm typischen, zynischen Lächeln. Langsam kam Harry näher und starrte immer noch irritiert auf den Mann.

„Professor Snape?“ wiederholte Harry stotternd, von der ungewohnten Erscheinung seines Lehrers überrascht.

„Ja, Mister Potter.“ In Snapes kalter, öliger Stimme lag ein Hauch Belustigung. „Wie erfreulich, dass Sie mich doch noch mit Ihrer Anwesenheit beglücken!“

„Ich freu mich auch Sie zu sehen, Professor Snape!“ knurrte Harry. „Ich verabschiede mich noch, dann können wir gehen.“

Er wand sich von Snape ab und ging in die Küche, wo die Dursleys beim Frühstück saßen.

Es war ein seltsames Gefühl in Tante Petunias sauberer Küche zu stehen und genau zu wissen, dass es das letzte Mal sein würde. Ein seltsames Gefühl von Dankbarkeit beschlich ihn. Sicher, die Dursleys hatten ihn nicht gut behandelt, aber sie hatten ihm Essen und einen Platz zum Schlafen gegeben. Irgendwie kam es Harry falsch vor, nur schlecht von ihnen zu denken. Er hätte gern irgendetwas getan um sicher zu sein, dass es nie eine Chance gegeben hatte. Onkel Vernon und Tante Petunia waren trotz allem was sie getan und gesagt hatten, die einzige Familie die er hatte. Einen Moment stand er in der Küche und sah sie an. Doch es gab nichts mehr zu sagen. So verabschiedete er sich mit einem kurzen Nicken von den Dursleys. Als die Tür der Küche hinter ihm ins Schloss fiel war er erleichtert, dass die Jahre bei den Dursleys nun endgültig hinter ihm lagen und wortlos kehrte er zu Snape zurück.

Schweigend, ohne zurück zu schauen verließ Harry das Haus im Ligusterweg. Als er die Tür hinter sich ins Schloss zog wusste er, dass es von diesem Moment kein zurück mehr gab. Es war komisch, in diesem Moment ausgerechnet neben Snape den in der heißen Sommersonne liegenden Ligusterweg zu überqueren. Der Krieg hatte begonnen. ,

„Festhalten, Mister Potter!“ schnarrte Snape und hielt ihm ein Ende einer zierlichen, goldenen Kette hin. Harry griff danach und im nächsten Moment spürte er ein bekanntes Reißen unter seinem Nabel. Der Portschlüssel tat seine Arbeit. Harry schloss die Augen. Es würde nur einen Moment dauern. Und im nächsten Moment spürte er schon festen Boden unter seinen Füßen.

Harry hatte heftig zu kämpfen, um nicht auf dem Boden zu landen. Er ruderte wie wild mit den Armen und gerade in dem Moment, als er doch nach vorne kippte, packte Snape ihn am Kragen. Wäre es nicht Snape gewesen, wäre Harry sicher froh und dankbar gewesen, keine Bekanntschaft mit dem Boden zu machen. Aber es war Snape.

„Lassen Sie mich los.“ zischte er, sobald er sich sicher war, dass er auf seinen Beinen stand. Eigentlich hatte er noch etwas sagen wollen, doch im nächsten Moment hörte er eine Tür. Er sah auf. Sie standen im Hof des Fuchsbaus. Harry seufzte erleichtert. Molly Weasley kam mit großen Schritten auf ihn und Snape zu. Sie sah blass aus, lächelte Harry aber an.

„Harry, mein Lieber!“ grüßte sie und umarmte ihn. „Meine Güte, bist du dünn geworden!“

„Guten Morgen, Misses Weasley.“ Harry sah nun auch Rons roten Haarschopf an der Tür. Mit breitem Grinsen kam er zu ihnen.

„Gehen wir rein, die anderen warten schon auf dich. Ich hab Frühstück gemacht. Meine Güte, du musst hungrig sein und Sie sicher auch, Severus?“ wandte sie sich an Snape. Ihr Lächeln hatte sich verändert. Misses Weasley schien auf einen Kampf eingestellt zu sein. In ihrem Lächeln lag jetzt etwas eindeutig Angriffslustiges. Ron war neben ihr stehen geblieben und hatte Harry kurz in den Arm geknufft.

„Ich habe noch einiges zu erledigen, Molly. Sie wohl werden auf mich verzichten müssen!“ antwortete Snape kalt. Er schien von Misses Weasleys Kampfgeist kein bisschen beeindruckt.

„Sie werden mit uns Frühstücken und dann sollten Sie sich ausschlafen. Ich hab Ihnen ein Gästebett zu Recht gemacht.“ verkündete Misses Weasley bestimmt, weiterhin freundlich lächelnd. „Ich hoffe, dass war in Ihrem Sinne. Zumindest war es der ausdrückliche Wunsch von Professor Dumbledore.“

Snapes Mine nach zu urteilen, war diese Einladung ganz und gar nicht in seinem Sinne. Der hätte wohl eine ganze Menge dazu zu sagen gehabt, dachte Harry. Doch anscheinend hielt ihn der Respekt, den er gegenüber dem Direktor von Hogwarts empfand, davon ab.

Der Fuchsbau strahlte in neuem Glanz. Offenbar hatten Fred und George neben neuen Klamotten auch eine ganze Reihe von Renovierungen bezahlt. Als sie jetzt auf das Haus zugingen, stellte Harry auch fest, dass es offenbar ein paar neue Zimmer hatte. Snape schien also nicht der erste Gast der letzten Wochen zu sein.

Dieses Frühstück war mit Sicherheit die seltsamste Mahlzeit, die Harry je im Fuchsbau eingenommen hatte. Er und Ron mussten sich ständig das Grinsen verkneifen, während Misses Weasley ihnen und einem offenkundig verärgerten Snape Toast servierte. Sie saß mit strengen, wachsamen Blicken dane-ben, während sie aßen. George, der erst später in den Laden musste und deshalb ausgeschlafen hatte, verkündete bei Snapes Anblick, er habe keinen Hunger mehr und verlies die Küche wieder.

Erst als Snape in einem der vielen, neu geschaffenen Gästezimmer verschwunden war, konnten Harry und Ron sich endlich ungestört unterhalten. Ron war genauso begeistert, dass Harry wieder Quidditch spielen durfte, wie Harry selbst.

Harry hatte gehofft, die Unruhe und die vielen Menschen, die im sich Fuchsbau aufhielten, würden ihn von seiner Trauer um Sirius ablenken. Während der ersten Woche stellte er fest, dass er Recht hatte. In den ersten Tagen nach seiner Ankunft war es einfach unmöglich, auch nur eine Karte an Hermine zu schreiben. Wenn er nicht Quidditch spielte, spielte er Snape explodiert. Da Dumbledore Snape noch öfter in dieser Woche zum frühstücken in den Fuchsbau einlud, wurde Snape explodiert schnell wieder das Lieblingsspiel der Weasleys, die ihn noch als Lehrer kannten. Wenn es das nicht war, aßen sie oder spielten irgendetwas anderes.

Fred und George hatten so ihre eigene Art, zu Harrys Unterhaltung beizutragen. So kam es, dass Harry bald das Gefühl hatte, das ganze Sortiment von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze zu besitzen.

Harry genoss den Trubel dieser ersten Ferientage. Erst als er Snape Freitagabend die Treppen hinunter hetzen sah, fiel ihm der Traum der letzten Woche wieder ein. Er und Ron sielten gerade eine Partie Zaubererschach. Ron sah Harry an und zuckte mit den Schultern, als Snape mit wehenden Roben in ihr Wohnzimmer stürmte. Doch Harry wusste genau, was so dringend war.

„Grüßen Sie Malfoy, Professor!“ sagte er, ohne vom Schachbrett aufzusehen, auf dem sich sein Bauer und ein Springer gerade einen hässlichen Kampf lieferten.

„POTTER!“ keifte Snape, seine Augen funkelten gefährlich. „Wenn Sie schon nichts lernen, dann sein Sie wenigstens so intelligent, den Mund zu halten.“

„Sie sollten jetzt gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit Punktabzügen für Slytherin getan ist, wenn Sie zu spät kommen.“ Er hatte die Worte ausgesprochen, bevor er wirklich darüber nachgedacht hatte. Doch es verschaffte ihm ein Gefühl grimmiger Zufriedenheit, Snape zu Triezen. Er hatte gerade den Mund geöffnet, um noch etwas nachzusetzen, als er erkannte, dass er zu weit gegangen war. Snape hatte seinen Zauberstab gezückt und ihn direkt auf Harry gerichtet. Harry hatte das ungute Gefühl, im nächsten Moment einen Fluch ab zu bekommen. Er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung welchen. Hastig taste er nach seinem eigenen Stab. Aber Snape kam nicht mehr dazu, seinen Fluch auszusprechen.

„Das reicht!“ donnerte Dumbledore, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war. Neben ihm stand Harrys Hauslehrerin Minerva Mc Gonagoll. Beide waren eindeutig wütend. Und ihre Blicke ruhten auf Harry.

Dumbledore nickte Snape zu.

„Nehmen Sie den Stab runter, Severus. Ich denke, es ist tatsächlich am Besten, Sie machen sich auf den Weg.“ Snape nickte knapp und steckte seinen Zauberstab zurück in eine der Taschen seiner weiten schwarzen Robe und rauschte davon. Dumbledore musterte Harry immer noch über die Ränder seiner Brillengläser.

„Potter!“ schnappte Mc Gonagoll, noch bevor Dumbledore etwas sagen konnte. „Ich erwarte, dass Sie sich bei nächster Gelegenheit bei Professor Snape entschuldigen. Stellen Sie mich nicht auf die Probe, Potter. Ich werde Sie bis zu Ihrem Abschluss nachsitzen lassen, sollten Sie es nicht tun. Ich gebe Ihnen noch einen guten Rat: Legen Sie sich nicht mit Professor Snape an.“

Harry stand der Mund offen und Ron, der die ganze Zeit schweigend daneben gesessen hatte, sah seine Hauslehrerin mit offenem Mund an. Mc Gonagoll war immer streng, aber sie wurde selten so wütend. Harry wollte etwas sagen, doch er wurde von Mc Gonagoll unterbrochen, die entschlossen schien, dem sanft schmunzelnden Dumbledore nicht das Wort zu überlassen.

„Ich schlage vor Sie und Mister Weasley gehen nach oben. Für heute Abend haben Sie genug geredet.“ fauchte sie die beiden Jungen an. Ron schnappte sich das Schachbrett und zog Harry mit sich.

„Was sollte das?“ fragte Ron verblüfft, als sie in seinem orange leuchtenden Zimmer saßen. „Ich mein, Snape zu reizen…“

Harry schnaubte nur. Er schnappte sich seine Ausgabe von „Fliegen mit den Canons“ und verzog sich auf sein Bett. Er spürte nicht, wie ihm die kleinen, ganz in orange gekleideten Spieler vor den Augen verschwammen. Irgendwo draußen sangen Vögel. Ein leichter Luftzug streichelte über sein Gesicht. In der Ferne lachten Kinder. Wahrscheinlich im Dorf. Harry döste ein.

Er fand sich in einem großen, halbdunklen Raum wieder. Er konnte lange, weiße Finger sehen, die auf der samtbezogenen Lehne eines grünen Sessels lagen. Harry schluckte. Das war der letzte Ort, an dem er jetzt sein wollte. Vor Voldemorts Stuhl kniete ein Mann.

Harry wusste nur wegen der kalten, schwarzen Augen, die man hinter den Schlitzen der weißen Maske sah, dass es Snape war. Der wartete still und bewegungslos auf die Erlaubnis Voldemorts, zu sprechen und hielt den Blick gesenkt.

Harry spürte Voldemorts Freude an diesem Spiel. Was auch immer dieser Sadist geplant hatte, das hier war eine Falle. Die kalten Blicke des Lords streiften den Mann in den schwarzen Roben.

„Sprich, mein treuer Death Eater! Was gibt es?“ Harry sträubten sich die Nackenhaare. Seine Stimme war wie ein kalter Hauch. Und selbst Snape, der sie schon oft gehört hatte, schien zu schaudern. Diese Stimme war voller heimtückischer Vorfreude. Harry konnte die Ungeduld Voldemorts fast greifen, so spürbar erfüllte sie den Raum. Seine Gedanken wurden von Snape’s Stimme unterbrochen.

„Mein Lord, gestattet mir, Euch Draco Malfoy, Lucius Malfoy’s Sohn, vorzustellen. Es ist sein Wunsch, Euch zu dienen. Er will sein Leben in Eure Hände geben. Er will Euren Willen und Euren Wunsch zu seinem machen. Er schwört, dass sein Leben und all sein Denken nur darauf gerichtet sein werden, Euch ein guter und treuer Diener zu sein. Ich, als Zweiter im inneren Zirkel der Euren spreche für ihn. Ich bürge für ihn. Ich werde seine Sünden als meine anerkennen und tragen. Und ich werde ihn lehren, Euch zu dienen.“ Snape sprach die Worte voller Andacht, fast wie ein Gebet. Er hielt den Blick gesenkt. Das ganze erinnerte an ein Schauspiel.

„Und er kennt seinen Text! Wie immer.“ dachte Harry sarkastisch. „Ob Dumbledore weiß, dass Snape Schüler zu diesen Treffen mitnimmt?“

„Man bringe ihn zu mir.“ Voldemort hatte wieder gesprochen. Snape erhob sich und glitt zur Seite. Er gab die Sicht auf die Tür frei, die zwei der schwarzen Gestalten geöffnet hatten. In der Tür stand Draco Malfoy.

Draco war noch blasser als sonst, was Harry sofort auffiel. Ein feiner Schauer lief über die weiße Haut des jungen Slytherins. Zufrieden stellte Harry fest, dass Draco Angst hatte. Barfuss und mit nacktem Oberkörper ging Malfoy auf den Thron des Lords zu. An derselben Stelle wie Snape zuvor, kniete er nieder. Wie Snape hielt auch Draco den Blick gesenkt. Er starrte seine Fingernägel an. Sein Haar hing ihm ins Gesicht. Harry fand, dass er krank aussah. Wenn es nicht Malfoy gewesen wäre, hätte er sicher Mitleid gehabt. Aber es war Malfoy. Und Harry fand, es geschah ihm recht.

„Draco Malfoy!“ Voldemort war außerordentlich freundlich, als er sich an den Jungen wand. Es klang aufgesetzt und falsch. „Lucius Sohn! Ich heiße Sie im Kreis der meinen herzlich willkommen.“

„Es ist mir eine Ehre, mein Lord.“ flüsterte Draco. Harry spürte Wut in sich hochsteigen. Draco tat also genau das, was man von einem Malfoy erwarten durfte. Er trat in die Fußstapfen seines Vaters. Harry hoffte, er würde seinem Vater bald in Askaban Gesellschaft leisten.

„Und sicher werden Sie mir so gute Dienste leisten, wie Ihr Vater!“ riss die Stimme des Lords ihn aus den Gedanken.

„Ja!“ dachte Harry bitter. „Starte eine Aktion, versag grandios und lass dich einbuchten.“

„Natürlich!“ beeilte sich Draco zu versichern. „Mehr als das! Ich würde Euch ohne zu zögern mein Leben geben!“

„Gut gesprochen, Draco. Ich wünschte nur, jeder der meinen wäre so überzeugt wie Sie. Sehen Sie, ich fürchte, Ihr lieber Professor war nicht aufrichtig zu mir. Ich kenne unseren guten Professor seit Jahren. Und es tut mir leid, ihn bestrafe zu müssen. Aber er hat versucht, mich zu bestehlen. Ich möchte, dass Sie ihn für mich bestrafen; Draco.“ Draco nickte nur, erhob sich und zog seinen Stab. Er richtete ihn auf Snape. Er hatte schon den Mund geöffnet, als eine Handbewegung Voldemorts ihn inne halten ließ.

Er musterte Snape. Harry wusste, das Snape heute Nacht noch leiden würde. Er hatte es auch verdient. Harry schüttelte es, als ihm klar wurde, was er gerade gedacht hatte. Niemand hatte es verdient, gefoltert zu werden.

„Warten Sie noch. Snape, komm her und nimm die Maske ab.“ schnarrte Voldemort. Er deutete auf eine Stelle vor sich. Snape löste seine Maske, reichte sie dem nächsten Death Eater und trat vor den Lord. Ohne jede Regung kniete er nieder. Er wirkte wie eine ferngesteuerte Puppe. Harry aber beobachtete Malfoy. Er sah, wie ein erneuter Schauer den schmalen Jungenkörper durchlief. Offenbar war es ganz und gar nicht in Malfoys Sinne, Snape dabei ansehen zu müssen. Draco umklammerte den Stab fester. Doch Voldemort war nicht in der Stimmung, Draco lange überlegen zu lassen. Mit einem kurzen Nicken gab er Draco zu verstehen, dass er beginnen durfte. Harry sah, dass Draco einige Tränen wegblinzelte. Er fand immer noch, dass Draco selbst schuld war. Aber in diesem Moment konnte er einfach nicht anders, als wenigstens für Draco so etwas wie Mitleid zu empfinden. Snape bekam, was er verdiente. Aber Draco dazu zu benutzen war irgendwie nicht gerecht.

Noch während Harry darüber nachdachte, gehorchte Malfoy seinem neuen Herren.

„CRUCIO!“ donnerte er. Snape verzog das Gesicht. Er hielt die Luft an und sein Körper verkrampfte sich. Snape ballte die Hände zu Fäusten. Harry hatte den Fluch selbst mehr als einmal erlebt. Er wollte nicht mit Snape tauschen. Eigentlich wollte er auch nicht, dass Snape so litt. Selbst wenn Snape schuld an Sirius Tod war. Malfoys Mitleid hielt sich in Grenzen. Er schien Snapes Schwäche mit Widerwillen zur Kenntnis zu nehmen.

„Oh, bitte, Professor. Sie sind doch sonst nicht so weich!“ Sein zynischer Spruch brachte Draco das Gelächter der umstehenden Death Eater ein. Er wartete, bis Snape wieder bei Atem war. Erst dann hob er den Stab erneut. Harry stutze. Draco zählte! Harry sah, wie seine Lippen stumm Zahlen formten. Er wusste genau, wie viel Zeit er seinem Lehrer lassen musste. Die beiden hatten das alles geplant.

Wieder schleuderte Malfoy den Folterfluch gegen Snape. Der versuchte sich auf den Knien zu halten. Es misslang. Wie in Zeitlupe fiel er auf die Seite. Diesmal zeigte der Fluch stärkere Folgen. Snape wand sich unter Krämpfen, er keuchte. Jedoch ohne einen Laut von sich zu geben. Wie oft musste man diesem Fluch ausgesetzt sein, um ihn zu überstehen, ohne zu schreien? Harry fröstelte. Irgendwo in seinem Hinterkopf formte sich die Antwort „Zu oft!“ Draco hob den Fluch auf und kniete sich mit einem diabolischen Lächeln neben Snape. Als der aufsah, lief ein kleiner Rinnsaal Blut an seinem Mundwinkel hinab. Er hatte sich die Lippen aufgebissen. Nur um nicht zu Schreien. Sein Schüler musterte ihn. Und wieder zählte er. Fast liebevoll strich Draco durch das schwarze Haar. Sein Flüstern war gerade laut genug, damit ihn jeder sicher verstand.

„Schrei ruhig, Severus! Ich weiß, das tut weh!“ Draco beugte sich noch etwas dichter zu ihm. „Du hast mir gesagt, ich wäre zu weich. Ich fürchte, du hast mich unterschätzt.“

Snapes Blick war voller Hass. Irgendetwas von dem, was Draco gesagt oder getan hatte, stand definitiv nicht im Protokoll. Draco ignorierte es. Er erhob sich und richtete den Stab erneut auf Snape.

Zwei weitere Crucios und Snape’s Kräfte ließen nach. Snape schaffte es nicht mehr, sich in den kurzen Pausen wieder auf die Knie zu ziehen. Nach Luft ringend lag er auf der Seite. Und er schrie, als ihn ein neuer Fluch traf. Ein Schrei, bei dem sich Harry alles zusammen zog. Hatte er irgendwann heute Nacht wirklich gedacht, das wäre gerecht? Oder ihm auch nur egal? Was auch immer Snape gesagt oder getan hatte, er hatte das hier nicht verdient. Mit einem lässigen Schlenker hob der Junge den Fluch auf und hob eine Augenbraue.

„Genug, Draco. Genug!“ stoppte Voldemort ihn schließlich, als der den Stab erneut hob. „Ich sehe, Sie können mit den Gaben Ihres Blutes umgehen. Gut! Nun knie nieder vor deinem Herren, Draco!“

Draco gehorchte. Er sank anmutig neben Snape auf die Knie und senkte den Blick.

„Strecke deinen Arm aus.“ Voldemort war zu ihm getreten. Harry wünschte sich, er könnte die Augen schließen, oder auch nur blinzeln. Er hatte eine unangenehme Ahnung, was passieren würde. Er sah, wie Draco den Arm ausstreckte. Voldemorts Stab berührte die weiße Haut an Dracos Unterarm.

„Morse Morde“ zischte Voldemort. Harry sah, wie ein roter Strahl den Arm traf.

Draco schloss die Augen. Instinktiv griff er nach Snapes Robe. Schweiß trat auf seine blasse Stirn. Der Schmerz stand Draco deutlich ins Gesicht geschrieben. Er biss sich auf die Unterlippe, wimmerte leise und krallte sich in Snapes Arm. Verzweifelt versuchte er, Snapes Hand zu finden, ohne die Augen öffnen zu müssen. Der widerliche Geruch von verbanntem Fleisch stieg Harry in die Nase. Übelkeit kroch in Harry hoch. Sein verzweifelter Wunsch aufzuwachen wurde ihm aber nicht erfüllt. Snape, der die ganze Zeit reglos auf der Seite gelegen hatte, schaffte es irgendwie, seinen Arm zu bewegen. Er griff nach Dracos zitternder Hand und hielt sie fest. Widerwillig schüttelte Draco den Kopf. Er schien mit etwas zu kämpfen. Als ob er etwas abschütteln wollte. Seine Gesichtsfarbe wechselte von Hochrot zu Weiß. Als das Weiß einen hässlichen Grünton annahm, öffnete Draco seine Augen schlagartig. Wie ein Ertrinkender schnappte er nach Luft. Das rettete ihn vor einer Ohnmacht. Harry hätte nicht sagen können, was ihn so sicher machte, aber es war so. Malfoys entsetzter Blick huschte über seinen Arm. Harry folgte seinem Blick.

Auf der weißen Haut zeichnete sich ein schwarzer Totenkopf mit einer Schlangenzunge ab. Voldemort senkte den Stab. Harry sah, dass Snape Dracos Hand erst losließ, als der wieder gleichmäßig atmete und nicht mehr ganz so blass war.

„Erhebe dich, Death Eater!“ erklang wieder Voldemorts Stimme. Draco stand auf und schwankte ganz merklich. Ein anderer Death Eater trat heran. Er trug ein Bündel schwarzer Kleidung. Draco griff nach dem Hemd und dem Umhang. Mit zitternden Fingern zog er die Sachen an. Als letztes setzte er eine der weißen Masken auf. Das Snape sich auch auf die Füße zwang, nötigte Harry einen gewissen Respekt ab.

„Willkommen in unserem Kreis, Mister .“ zischte Voldemort.

„He, Kumpel! Harry! Wach auf!“ Ron schüttelte ihn, und Harry sah sich irritiert um. Er brauchte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er wieder im Fuchsbau war. Ron stand vor ihm, ihn immer noch an den Schultern gepackt. Harry wischte sich mit der flachen Hand die schweißnasse Stirn ab.

„Bin ich eingeschlafen?“ fragte er Ron, obwohl er die Antwort ahnte.

„Ja, und dann hast du geschrieen und um dich geschlagen.“ Ron setzte sich neben Harry. Er wirkte wie ein Gespenst, so blass war er. „Du hast wieder von Voldemort geträumt, oder?“

„Ja und da war Snape.“ Er machte eine Pause. Der Geruch von verbranntem Fleisch stach Harry in die Nase, als wäre er immer noch da. Es schüttelte ihn heftig. „Malfoy war auch da! Er hat Snape mit dem Cruiatus gefoltert. Und dann…“

Er machte eine Pause und versuchte, den Ausdruck in Malfoys Gesicht zu verdrängen als er das dunkle Mal auf seinem Arm gesehen hatte. Wieder schüttelte es Harry. Es zog ihm den Magen zusammen. Bis zu dieser Nacht hätte er nicht gedacht, dass er je Mitleid mit Malfoy haben würde. Umständlich setzte er seine Brille auf.

„Voldemort hat ihm das dunkle Mal …“ Harry kam nicht weiter und Rons Miene nach zu urteilen, war es auch nicht nötig. Ron schien eine genaue Vorstellung von dem zu haben, was Harry meinte. Und die Details wollte er offenbar lieber nicht kennen.

„Malfoy ist also Death Eater“ fragte Ron, nach einigen Minuten, in denen ein angespanntes Schweigen herrschte. Harry nickte nur. Wieder trat Stille ein.

Es klopfte. Harry und Ron wurden so plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, dass sie aufsprangen. Die Tür öffnete sich und Misses Weasley streckte den Kopf zur Tür herein. Sie trug einen geblümten Bademantel über ihrem Nachthemd und musterte beide Misstrauisch.

„Alles okay bei euch, Jungs? Braucht ihr irgendetwas?“ fragte sie, Harry nicht aus den Augen lassend. Harry war klar, wie er aussehen musste. Seine Brille war beim Aufspringen verrutscht und seine Haare waren immer noch schweißnass und er war wahrscheinlich blass.

„Nein, alles okay, Mum.“ antwortete Ron etwas zu schnell.

„Dann ist ja gut.“ Damit schloss sie die Tür wieder und Harry konnte hören, wie die Schritte sich entfernten. Sie sahen sich schweigend an. Eine bleierne Müdigkeit machte sich breit. So kehrten beide in ihre Betten zurück und schliefen ein.

Der Geruch von verbranntem Fleisch war noch in Harrys Nase, als er am nächsten Morgen mit Ron am Frühstückstisch saß.

„Harry, Professor Dumbledore würde dich gern sprechen. Er ist im Wohnzimmer.“ verkündete Molly, als Harry den Teller ins Abwaschbecken stellte.

„Erzähl's ihm!“ flüsterte Ron, als seine Mutter in den Garten gegangen war. Harry nickte. Er hoffte, sich keine weitere Standpauke wegen seines Benehmens gegenüber Snape einzufangen.

Doch Dumbledore empfing ihn mit einem freundlichen Lächeln. Er deute auf einen der Stühle vor sich und schüttelte leicht den Kopf. Harry sah, wie sein Schnurrbart zitterte.

„Professor! Ich habe geträumt…“ begann Harry, kaum das er sich gesetzt hatte. Dumbledore nickte.

„Ich weiß, mein Junge. Ich weiß, was heute Nacht mit Draco Malfoy passiert ist. Harry, hast du gehört, ob er einen Auftrag bekommen hat?“ fragte Dumbledore. Er lächelte nicht mehr und wirkte mit einmal sehr alt und müde. Harry schüttelte den Kopf.

„Ich fürchte, ich muss dich schon wieder um einen Gefallen bitten, Harry“ sagte Dumbledore leise und sah ihm in die Augen. „Sprich mit niemandem, im Besonderen nicht Professor Snape über das, was du heute Nacht gesehen hast. Mister Malfoy weiß nicht, dass Professor Snape auf mein Geheiß hin zu den Death Eatern zurückgekehrt ist. Und das muss so bleiben, Harry. Das ist sehr wichtig.“

„Weil Malfoy keine Okklumentik beherrscht?“ riet Harry. Malfoy war ein fieser, reicher, verzogener Bengel, aber nach allem was Harry gesehen hatte, war er sich sicher, dass Malfoy Snape nicht verraten oder gar töten würde. Malfoy vertraute Snape.

„Das ist einer der Gründe, ja.“ antwortete Dumbledore langsam. „aber nicht der Einzige. Ich muss dich um noch etwas bitten. Ich weiß, dass du und Professor Snape keine Freunde seid.“

Harry wollte etwas erwidern, doch Dumbledore hob nur abwehrend die Hände.

„Lass mich ausreden, Harry. Ich weiß auch, dass du nicht verstehst, wieso ich Severus Snape vertraue, aber ich bitte dich, mir zu vertrauen. Weder ist Professor Snape ein Death Eater, noch ist er Schuld am Tod von Sirius. Versprich mir, dass du dich gegenüber Professor Snape zurückhältst.“ Dumbledore sah ihn über die Ränder seiner Brillengläser hinweg an. Und wie so oft, wenn Dumbledore ihn so musterte, hatte Harry das Gefühl, als könne er jeden seiner Gedanken sehen. Harry nickte.

„Und nun wird es Zeit, dass ich gehe.“ Schwerfällig erhob sich Dumbledore „Genieß die Ferien.“

Und Harry tat es. Das schöne Wetter riss nicht einmal für Stunden ab, was ihm und Ron viel Zeit zum trainieren verschaffte. Ron, auf seinem neuen Nimbus, hatte seit ihrem letzten Spiel viel geübt und sein Selbstbewusstsein war ohne die Slytheringesänge deutlich besser geworden. Am allermeisten aber beruhigte Harry, dass es keine Anzeichen für Aktivitäten von Voldemort gab.

Harry las den Tagespropheten und fragte Mister Weasley jeden Tag. Doch weder der Tagesprophet, noch Mister Weasley berichteten irgendetwas, auf Voldemort hinwies. Die Zeit verflog. So kam es, dass Harry eines Abends im Bett lag und erstaunt feststellte, dass es nur noch zwei Wochen bis zu seinem 16.Geburtstag waren und über diesen Gedanken schlief er ein.

„He Kumpel, wollen wir `ne Runde Quidditch spielen?“ schlug Ron zwischen zwei Bissen von seinem Schokobrötchen vor, deutete auf den strahlend blauen Himmel, immer noch sein Brötchen in der Hand und erstarrte plötzlich.

„Sieh mal, Harry!“ flüsterte er dann, mit banger Stimme und deutete auf einen Punkt am Himmel, den Harry erst nach mehrmaligem Hinsehen erkannte. Zwei Eulen kamen angeflogen mit schweren Briefen an den Beinen.

Harry und Ron war der Appetit vergangen. Die Zag Noten hatten sie bisher nicht erwähnt, denn Harry war sich sicher, dass Ron genauso schlecht abgeschnitten hatte, wie er selbst.

Nur Hermine, die wie immer ihre gesamte Freizeit zum Lernen geopfert hatte, würde gute Zensuren in ihren Zag´s bekommen. Harry und Ron waren froh, sie erst im Hogwartsexpress wieder zu sehen, denn jetzt mit ihr zusammen die Umschläge öffnen zu müssen, wäre eine schlimmere Strafe gewesen, als die Noten selbst.

„Ich hab euch ja gesagt, ihr müsst mehr lernen! Ihr seid selber schuld.“ Harry konnte Hermine beinahe hören und Rons Gesicht nach zu Urteilen, ging es ihm nicht besser. Das Misses Weasley genau in dem Moment die Küche betrat, als die Eulen durch das offene Fenster herein schwebten, macht die Sache nur noch schlimmer.

Mit zittrigen Fingern löste Harry den schweren Brief, der seinen Namen trug.

Langsam entfaltete er das Pergament.
 

Harry James Potter
 

Ligusterweg 4

Little Whinning

Surrey
 

Hochverehrter Mister Potter,
 

Die von Ihnen in den Prüfungen zur Erreichung der Zauberergrade erbrachten Leistungen wurden wie folgt beurteilt:
 

Arithmantik N.T.

Astronomie A

Alte Runen N.T.

Geschichte der Zauberei A

Kräuterkunde E

Muggelkunde N.T.

Pflege magischer Geschöpfe E

Verwandlung E

Verteidigung gegen die dunklen Künste O

Wahrsagen A

Zaubertränke E

Zauberkunst E
 

Die Notenverteilung ist wie folgt:
 

Bestanden: Nicht bestanden:
 

O - Ohnegleichen M - Mies

E - Erwartungen übertroffen S - Schrecklich

A - Annehmbar T - Troll
 

Wir gratulieren zu den bestandenen Prüfungen.
 

Mit freundlichen Grüßen
 

Minerva Mc Gonagoll

Stllvrt. Schulleiterin

Hauslehrerin Gryffindor
 

Harry atmete erleichtert auf. Selbst in Wahrsagen hatte er wenigstens bestanden, auch wenn ihm klar war, dass er dieses Fach nie wieder wählen würde.

Er spähte zu Ron hinüber, der sich endlich auch gewagt hatte, seinen Umschlag zu öffnen und dessen Miene sich mit jeder Zeile mehr aufhellte, genau wie die von Misses Weasley, die Ron über die Schulter sah.

"9!" platzte Ron schließlich zufrieden heraus und strahlte übers ganze Gesicht.

"Tauschen" Er hielt Harry seinen Brief hin und Harry reichte Ron seinen. Außer dem A in Astronomie von Ron glichen sich ihre Noten völlig.

"Neun Zag´s, Ronni Spätzchen! Das ist wunderbar! Und du auch, Harry, großartig!" flötete Molly Weasley ergriffen. Sie umarmte und küsste erst Ron, dann Harry.

„Das müssen wir feiern! Aber ihr solltet eure Formulare gleich zurück schicken.“ ermahnte sie, bevor sie aus der Küche wuselte.

"Oh man!" Ron gab Harry seinen Brief zurück.

"Hätte schlimmer sein können, oder, Kumpel?" Harry nickte, griff erleichtert nach seinem Brötchen und aß weiter. Sein Hunger war so plötzlich wieder da, wie er zuvor verschwunden war. Ron tat es ihm gleich.

Als sie ihr Frühstück beendet hatten, zogen sie sich mit den Briefen in Rons Zimmer zurück. Harry sah im Umschlag ein zweites Blatt Pergament, zog es heraus und las. Wie schon die erste Seite Pergament, wirkte es sehr offiziell.
 

Harry James Potter
 

Ligusterweg 4

Little Whinging
 

Surrey
 

Hochverehrter Mister Potter,
 

Bitte senden Sie uns die Liste Ihrer gewählten UTZ Kurse zurück, damit wir Ihnen Ihre Bücherliste senden können.

Alle Fächer, die Sie auf Grund der von Ihnen erbrachten Leistungen wählen können, sind mit einem Kreuz markiert.

Es folgte die Liste, die er schon aus dem ersten Brief kannte. Und hinter jedem der Fächer, die harry bestanden hatte war ein Kreuz.

Erstaunt sah Harry das kleine, etwas krakelige, handgeschriebene Kreuz hinter Zaubertränke.

Ich muss Ihnen allerdings mitteilen, Potter, dass Professor Snape sich entschieden weigert, Schüler mit etwas anderem als Ohnegleichen in seinen UTZ Kursen zuzulassen.“ hatte Mc Gonagoll ihm in der Berufsberatungsstunde erklärte. Aber hier stand es, unmissverständlich, schwarz auf weiß. Er konnte Zaubertränke belegen. Harry war sich nicht sicher, ob er wissen wollte unter Androhung welcher Maßnahmen die strenge Hauslehrerin der Gryffindors Snape dazu gebracht hatte, ihn in den Kurs zu nehmen. Er war glücklich damit, dass es so war. Immerhin gab ihm das die Chance, Auror zu werden. Allerdings dachte er lieber nicht darüber nach, was das für ihn in Snapes erster Stunde nach den Ferien bedeuten würde. Es würde ihn mehr als nur Hauspunkte kosten.

„Eh Mann, halluzinier ich oder können wir Zaubertränke wählen?“ fragte Ron, noch einmal sein Formular musternd.

„Nicht, das ich scharf wäre auf noch zwei Jahre Snape ...“ fügte er hastig hinzu, doch Harry konnte sehen, dass auch Ron ein Kreuz hinter Tränke machte.

Sie kreuzten Verwandlungen, Zauberkunst und Verteidigung an. Harry sah sein ausgefülltes Formular an. Wenn er in all diesen Fächern gute UTZ Noten bekäme, könnte er Auror werden.

Obwohl er lange nachgedacht hatte, war ein Jäger schwarzer Magier zu werden das einzige, was er sich für seine Zeit nach Hogwarts vorstellen konnte. Er schaute zu Ron.

Kurz sahen sie sich in die Augen, bevor sie beide wie auf ein geheimes Zeichen hin, ein weiteres Fach ankreuzten: Pflege magischer Geschöpfe. Harry grinste schief, als er bemerkte, dass Ron und er dieselbe Idee gehabt hatte. Und Ron grinste genauso schief zurück.

Harry nahm die Formulare, rollte sie zusammen und band sie Hedwig ans Bein.

„Für Professor Mc Gonagoll, Hedwig.“ erklärte er der weißen Eule. Hedwig raschelte leise mit den Flügeln und schwebte davon.

„Was Mc Gonagoll wohl zahlen musste, um Snape zu überzeugen?“ sinnierte Ron, als er mit zwei Gläsern kaltem Kürbissaft wieder aus der Küche kam.

„Keine Ahnung!“ Harry zuckte mit den Schultern. Irgendwie wurde er den Verdacht nicht los, dass es nicht Mc Gonagoll war, die mit Snape geredet und ihn schließlich überzeugt hatte.

„Ich schätze mal, das hier hat eher was mit Dumbledore zu tun.“ sagte er dann, wobei er eigentlich laut dachte.

Der Abend kam und mit ihm eine Reihe gut gelaunter Gäste.

Tonks, mit tintenblauen Haaren, brachte den beiden Unmengen Süßigkeiten mit und Remus, der so krank und blass wirkte wie noch nie seit Harry ihn kannte. Selbst bei Misses Figg hatte er besser ausgesehen. Auch Bill und Fleur kamen. Bill schenkte Ron und Harry Bücher über alte Flüche. Die beiden waren begeistert.

Arthur Weasley kam extra früher von der Arbeit, und auch er brachte ein Geschenk für die Jungen mit - Batterien. Harry bedankte sich artig, konnte aber ein Grinsen nur schwer Unterdrücken.

Sogar Percy tauchte auf und wurden von Misses Weasley unter Tränen gedrückt und geküsst, die so glücklich war, alle ihre Kinder gesund, glücklich und gesund um sich zu wissen.

Rons älterer Bruder Charly schenkte ihnen Drachenzähne, als er erschien, die als Anhänger an kurzen schwarzen Lederbändern hingen.

Das wohl interessanteste Geschenk kam von Moodey, der fast pünktlich zum Essen erschien. Er hatte jedem der beiden einen Feldstecher, eine sehr gutes Fernglas, mitgebracht.

Das Essen war, nachdem auch noch die Zwillinge erschienen waren, eine vergnügliche Angelegenheit.

Die Weasleys hatten zwei große Tische im Garten aufgebaut, die sich unter ihrer Last bogen, nachdem Molly Weasley alles aufgetragen hatte, was sie für die Feier vorbereitet hatte. Alle langten zu.

Das war höchstens mit dem Festessen in Hogwarts zu vergleichen, die es an Halloween, Weihnachten und zu Beginn des neuen Jahres gab. Sie feierten bis weit nach Mitternacht.

Am nächsten Morgen wurden Harry und Ron von einem Klopfen am Fenster geweckt. Es war Pig, die Zwergeule, die Ron von Sirius bekommen hatte. Verschlafen öffnete Ron der kleinen Eule, die wütend auf die Scheibe eingehakt hatte.

Ron wurde jedoch schlagartig wach, als er die Handschrift erkannte.

“Der ist von Hermine!“ rief er und wedelte mit dem Brief, den er Pig abgenommen hatte.

„Lies vor!“ Harry setzte sich und gähnte, sah aber gespannt Ron an, der den Brief aufriss.

„Lieber Ron, lieber Harry (ich weiß, dass du da bist!)

Ich hoffe, euch geht es allen gut.

Habt ihr gestern auch eure ZAG Ergebnisse bekommen? Ich hab mich nicht getraut, ihn zu öffnen.“

Ron grinste schief. "arme Hermine!"

„Harry, wenn Ron lachen sollte, bitte Hex ihm einen Fluch an den Hals.

Ich habe in allen Fächern bestanden, bis auf Astronomie und Arithmantik sogar mit O. Und ihr?

Ich hab gehört, ihr dürft Zaubertränke weiter belegen, ich werde es auf jedem Fall tun. Ihr auch?

Harry, du solltest das unbedingt machen, wenn du Auror werden willst. Und Ron, du solltest Harry helfen. Wählt ihr auch Pflege magischer Geschöpfe? Ich werde es tun, schon wegen Hagrid.

Habt ihr schon eure Bücherlisten? Ich hab meine gerade bekommen. 6 Seiten! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es gibt ja soviel zu lernen.

Wann geht ihr die Sachen für das neue Schuljahr einkaufen?

Ich werde wohl am Montag in der letzten Ferienwoche hin gehen.

Ich dachte, wir könnten uns dort treffen. Schickt mir eine Eule und sagt Bescheid.

Und bitte, Harry sei vorsichtig.“

„Typisch Hermine, oder?“ Ron verzog das Gesicht. Er warf den Brief aufs Bett. „War ja klar, dass sie überall Spitzennoten bekommt. Komm, gehen wir Frühstücken.“

Harry zog sich seine Sachen an und folgte Ron.

Als sie die Treppe hinunter kamen, hörten sie Stimmen aus der Küche.

„Ist das denn notwendig, Dumbledore? Ich meine, mir ist es egal, aber Harry braucht diesen Urlaub. Es könnte immerhin sein…“ Das war Arthur Weasley. Er klang angespannt und irgendwie traurig. „…Ich meine, es ist doch möglich, dass ihm noch sehr schwere Zeiten bevorstehen.“

„Ich weiß, Arthur, ich weiß. Warten wir Severus Bericht ab.“ sagte Dumbledore leise. Er klang ebenso besorgt, wie Mister Weasley. „Aber es wäre mir lieber, wenn Harry darauf vorbereitet ist…“

Harry betrat die Küche. Er sah in besorgte Gesichter. Misses Weasley war sehr blass und wischte sich schnell ein paar Tränen weg. Mister Weasley saß am Tisch und sah sehr besorgt aus. Dumbledore saß an der anderen Seite des Tisches. Auch er sah besorgt aus. Alle sahen ihn an.

„Guten Morgen, Harry.“ grüßte Dumbledore und lächelte ihn müde an.

„Was ist passiert?“ fragte Harry. Er sah von einem besorgten Gesicht zum anderen, dann riet er einfach und sah dabei Dumbledore an. „Er weiß, wo ich bin. Hab ich recht, Professor?“

„Ich fürchte, Tom hatte einen guten Grund, sich für Mister Malfoy zu entscheiden und wenn wir Recht haben sollten, seid ihr hier nicht mehr sicher.“ sagte Dumbledore leise.

„Also doch nach London?“ fragte Harry. Er hätte alles was er besaß, dafür gegeben, nicht in dorthin zu müssen. Doch er würde die Weasleys nicht in Gefahr bringen.

„Wir müssen warten, bis wir etwas Genaueres wissen.“

Ron hatte sich inzwischen an den Tisch gesetzt. Misses Weasley tat ihnen Berge von Rührei auf und dazu packte sie Unmengen Toast. Aber irgendwie hatte Harry keinen Hunger mehr.

Nach dem Frühstück setzten sie sich in Rons Zimmer.

„Denkst du sie greifen uns an?“ fragte Ron. Harry zuckte mit den Schultern. Den Rest des Nachmittags verbrachten sie schweigend. Es schien Harry ewig zu dauern. Er wartete, bis er das vertraute Geräusch von Schritten auf der Treppe. Es war Arthur Weasley, der den Kopf zur Tür hineinsteckte.

„Wir haben eine Entscheidung getroffen.“ sagte er, trat ein und setzte auf einen der Stühle, die an Rons Schreibtisch standen. „Wir werden alle in den Grimmauldplace gehen, heute Abend noch. Remus wird alles vorbereiten. Er wartet mit Molly dort auf uns. Ja, ich denk, es ist am Besten, wenn ihr jetzt packt. Ich warte unten auf euch.“

E war schon auf dem Weg zur Tür, als er noch mal innehielt und Harry ansah. Harry fand, dass Mister Weasley noch nie so besorgt und erschöpft gewirkt hatte, seit er ihn kannte.

„Tut mir leid, Harry.“ seufzte Mister Weasley schließlich.

„Ist schon okay, Mister Weasley.“

Schweigend packten er und Ron die Koffer. Harry wollte nicht darüber nachdenken, dass er die letzten Ferienwochen im leeren Haus von Sirius verbringen musste. Er versuchte verzweifelt, sich einzureden, dass es den Weasley und den Mitgliedern des Phönixordens bis jetzt gelungen war, ihn abzulenken. Im Grimmauldplace würde fast noch mehr Leben herrschen als hier, dachte Harry hoffnungsvoll. Im alten, irgendwie tristen Haus der Familie Black war schließlich immer noch das Hauptquartier des Orden des Phönix. Es würde bestimmt lustig werden.

Als er fast zwei Stunden später mit allen Weasleys in der gemütlichen Küche des Fuchsbaus stand und auf das Eintreffen von Misses Weasley wartete, war er sich nicht mehr so sicher, wie lustig es werden würde.

Misses Weasley erschien nur ein paar Minuten später, einen großen, alten Hut mit breiter Krempe in der Hand.

Harry wusste sofort, dass der Hut ein Portschlüssel war und hielt sich daran fest, noch bevor sie darum gebeten hatte.

Die Reise dauerte nur ein paar Sekunden. Harry kannte das unangenehme Gefühl, an einem Hacken zu hängen, der ihn mit einem Ruck nach vorne zog. Er hatte das Gefühl, durch einen kalten, dunklen Mahlstrom gesogen zu werden.

Dann standen sie auf der Straße vor Sirius Haus. Es war zwischen zwei anderen Häusern erschienen, in denen die Bewohner offenbar nichts davon bemerkt hatten. Harry sah das große Haus an, in dem er mit Sirius die letzten Weihnachten verbracht hatte. Sirius.

Wie er es in den letzten Wochen geschafft hatte, nicht ständig an ihn zu denken, war Harry ein Rätsel. Hier würde er es kaum schaffen, auch nur für Minuten an etwas andres zu denken. Fast hatte Harry das Gefühl, er könnte Sirius Stimme hören, sein Lachen.

Harry folgte den Weasleys nur zögerlich. Die Ferien waren doch so gut gelaufen.

Er schaffte die Sachen in eins der Gästezimmer, die Lupin und Misses Weasley hergerichtet hatten. Er hatte keine große Lust, auszupacken. Er hatte zu überhaupt nichts Lust.

Die Mitglieder des Phönixordens schienen beschlossen zu haben, dass Harry und die Weasleys, wenn sie schon in London waren, auch hier ihren Spaß haben konnten. So kam es, dass sie eine Menge vom London der Muggel zu sehen bekam.

„Happy Birthday to you! Happy Birthday to you! Happy Birthday, dear Harry. Happy Birthday to you!” klang es Vielstimmig und Harry blinzelte etwas verwirrt. Die gesamte Familie Weasley stand in seinem Zimmer. Die Zwillinge grinsten und Misses Weasley hatte Tränen in den Augen.

„Danke Leute!“ murmelte Harry. Er war sich noch nicht sicher, ob er das toll oder peinlich fand.

„Komm, steh auf! Du kriegst Geschenke!“ verkündete Ron, mit einem Gesichtsausdruck, als bekäme er selbst welche. Harry stand auf und folgte den Weasleys in die Küche.

Der große Küchentisch lag voll mit Päckchen, die in buntes Papier gehüllt waren. Und in der Mitte des Tisches stand ein riesiger Schokoladenkuchen mit Kerzen.

„Hier. Das ist von mir.“ Sagte Ron und hielt ihm ein großes, gelbes Päckchen hin. Harry öffnete es und begann zu Grinsen. Bein, Knie und Armschützer, wie sie die professionellen Quidditschspieler trugen, aus weichem Leder lagen darin.

„Danke, man. Die sind klasse.“

„Das ist von uns!“ verkündeten Fred und George grinsend, während sie ihm ein knallrosa Päckchen in die Hand drückten. Harry grinste schon, während er das Packet öffnete. Darin waren viele, kleine, in buntes Papier gewickelte Geschenke. Ein paar Langziehohren waren dabei, ein Messer, wie das von Sirius, das ihm im Ministerium kaputt gegangen war, Nasch und Schwänzleckereien und noch einiges andere mehr. Harry dankte den Zwillingen.

„Ich hoffe, es gefällt dir.“ Misses Weasleys Geschenk war in rotes Papier eingewickelt. Ein Buch war darin. „Flüche und Fluchabwehr“ stand darauf. Es war kein neues Buch, aber beim Durchblättern fiel Harry auf, wie Detailliert die Abwehr selbst ungewöhnlicher und alter Flüche erklärt war.

„Danke, Misses Weasley, das kann ich gut gebrauchen.“

Vier Päckchen lagen noch auf dem Tisch. Das erste enthielt einen wunderschönen, goldene Schnatz. Hermine hatte es geschickt, zusammen mit einer Karte.

Lieber Harry.

Alles Liebe und Gute zum Geburtstag. Ich hoffe, es gefällt dir.

Gruß Hermine

Harry lächelte still. Der kleine Ball zappelte in seiner Hand und Harry packte ihn schnell in die Kiste zurück. Das nächste Geschenk war von Hagrid. Eine Feder. Eine wunderschöne, goldrote Feder. Die Karte war in Hagrids üblicher, etwas ungelenker Handschrift.
 

Lieber Harry,

hoffe dir geht es gut. Die Feder ist von Fawkes. Hab sie schon eine Weile. Extra für dich aufgehoben, weißt du?

Pass gut drauf auf. Müsste mich schon sehr irren, wenn du sie nicht irgendwann mal brauchst.

Liebe Grüße Hagrid

PS: Feier schön!

Remus schickte ihm einen Spiegel, den Harry nur zu gut kannte. Doch der Sprung war weg. Remus hatte ihn offenbar wieder ganz gemacht. Die Karte war schön, doch Lupins Hand hatte gezittert, die Schrift war verwischt.
 

Lieber Harry,

ich wünsche dir das Allerbeste und hoffe, dass dieses Jahr das letzte mit dunklen Vorzeichen ist.

Ich würde dir gern sagen, das nie wieder etwas Schlimmes geschieht. Nicht in deinem Leben und nicht in meinem oder dem irgendeines Freundes. Aber wir beide wüssten, dass es gelogen wäre.

Also lass uns die Augenblicke des Glücks genießen und uns den dunklen Stunden mutig entgegen stellen. Er hätte das getan.

Genieße diesen Tag, er gehört dir.

Ich wünsche dir Kraft, Mut und Weisheit. Sieh in den Spiegel, er wird dir helfen, dich selbst zu sehen, wenn du vergessen solltest, wer du bist.
 

Remus Lupin
 

Harry starrte den Spiegel an. Den Spiegel, den Sirius ihm geschenkt hatte und der nun wertlos war. Er sah in die klare Oberfläche und legte ihn zurück. Sirius hätte gewollt, dass er kämpft. Er wusste das. In der Nacht war Sirius in Ministerium gekommen, um mit ihm zu kämpfen.

Lupin hatte recht, der Spiegel würde ihn erinnern. Gedankenversunken griff Harry nach dem nächsten Päckchen und staunte, als eine Kette hervorpurzelte. Ein kleiner goldener Anhänger befand sich daran. Ein winziger, sich bewegender Löwenkopf. Grinsend streift er sich die Kette über den Kopf. Sie war kühl.

„Echt krass!“ kommentierte Ron begeistert. „Wer schenkt dir denn so was?“

Harry sah nach und fand eine kleine Karte, die stammte unverkennbar von Dumbledore.
 

Mein lieber Harry,

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein Junge.

Ich hoffe London ist nicht so schlimm, wie du vielleicht zu Anfang vermutet hast. Es kann dort recht schön sein!

Du bist jetzt 16 und damit fast erwachsen. Ein neuer Abschnitt in deinem Leben, Harry. Der dir, wie ich hoffe, viel Spaß bringen wird. Auch wenn es ein wenig schwieriger sein wird, ihn zu finden.

Vergiss nie, das Liebe, Freundschaft, Loyalität und Vertrauen stärker sind als jede Magie.

Das und Musik.

Nun, was soll ich dir wünschen, Harry?

Ich weiß! Ich wünsche dir ein Leben wie meins. Voller Freunde und Freude. Voller neuer Entdeckungen und Schönheit. Voller Abenteuer. Aber auch mit seinen Fehlern und Traurigkeiten. Ich wünsche dir alles.

Und möge alles, was du dir selbst wünschst, in Erfüllung gehen.
 

Mit freundlichen Grüßen

Albus Dumbledore
 

Dankbar lächelnd legte Harry die Karte zurück. Es war ein schönes Gefühl, zu wissen das alle an ihn gedacht hatten. Ein letztes Geschenk, in grünes Seidenpapier geschlagen, lag noch auf dem Tisch. Eine schmale, silberne Schrift darauf verkündete: für Harry Potter.

Vorsichtig öffnete er es und hielt ein Buch in den Händen. Es war ein schweres, in schwarzes Leder gebundenes Buch mit leeren Seiten. Erstaunt sah Harry es an. In winzigen, silbernen Lettern war Diary in das feine Leder geprägt.

„Wer schenkt mir denn ein Tagebuch?“ fragte Harry. Alle sahen sich an und zuckten ratlos mit den Schultern. Doch bevor Harry dazu kam, länger darüber nachzudenken, unterbrach ihn Misses Weasley.

„OH, die Schokolade. Harry, du musst die Kerzen ausblassen.“ Tatsächlich waren die kleinen Kerzen fast bis auf den Kuchen herunter gebrannt.

„Ich habe Karten für Madame Tussaud für euch Jungs, ich dachte das könnte euch gefallen.“ sagte Misses Weasley nach dem Frühstück.

So spazierten Ron, Fred, George und Harry durch die Straßen von London. Sie schlenderten durch das Wachsfigurenkabinett, wobei Harry Ron erklärte, wer Elvis Presley war.

Als sie gegen vier zurückkamen, wurde sie von einer Flut Bonbons beregnet und viele Leute riefen „Überraschung.“

Der größte Teil des Ordens war gekommen. Und jeder wollte Harry die Hand Schütteln. Bill, Moodey, Charly, sogar Dobby war da und brachte Harry eine selbstgehäkelte, lilagelbgestreifte Krawatte. Harry musste grinsen. Der Abend war laut und lustig und wurde von einem fast einstündigen Feuerwerk von Rons Zwillingsbrüdern gekrönt. Charly spielte Musik. Und Misses Weasley hatte sich beim Kochen wieder einmal selbst übertroffen. Harry konnte nicht anders, als sich gut zu fühlen.



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