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Grausames Spiel

von

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Söhne

Im ersten Kapitel geht es hauptsächlich um Pablo und Miguel und wie es ihnen ergangen ist. Was ihre Väter empfunden haben, werde ich im nächsten Teil behandeln.
 

Mehr war es nicht. Nur ein Hauchen in der Luft, das aus zwei Mündern kam. Sie mussten so leise wie möglich flüstern, weil die Hunde sonst aufwachten. Langsam schlichen sie sich an den Hühnerstall und schmierten die Angeln der Tür kräftig mit Fett ein (das sie ein paar Tage zuvor gestohlen hatten), damit diese nicht quietschten. Erst dann schlichen sie sich hinein, immer darauf bedacht, die Hühner nicht aufzuscheuchen; schon wenige Sekunden später kamen sie mit einer handvoll Eier heraus, mit denen sie zumindest bis übermorgen satt werden konnten. Mehr durften sie aber nicht wegnehmen, weil die Bauern sonst den Diebstahl bemerken und in Zukunft wachsamer sein würden.

Als sie sich versichert hatten, dass ihnen niemand folgte, eilten sie aus dem Dorf in den Wald zu ihrem Versteck. Der alte Dachsbau hatte sie im Winter, als sie in dieses Land gekommen waren, vor dem Erfrieren gerettet. Das Dorf hatten sie damals meiden müssen, wären sie doch sofort wieder verjagt oder vielleicht sogar gelyncht worden. In dieser Zeit vertraute man Fremden nicht, besonders keinen Kindern, die wie Diebe oder anderes Gesindel in dreckigen Lumpen gekleidet daherkamen (welch bittere Ironie, dass eben diese Lumpen noch vor wenigen Monaten edler als alles gewesen waren, was die Leute dort je gesehen hatten). Sich zu verteidigen oder zu erklären, wäre genauso sinnlos gewesen – sie beherrschten die Sprache dieser Menschen nicht. Wie sollten sie auch? Das war nicht ihr Land, nicht ihre Heimat.

Das war alle Schuld dieser verdammten Bluthunde von Inquisitoren und den anderen Leuten, die ihnen ihre Familien, ihr Eigentum, ihr ganzes Leben gestohlen hatten. Noch immer wurde Pablo wütend darüber, wenn er sich an damals erinnerte; manchmal steigerte er sich so in seine Gefühle hinein, dass er sich vor Verzweiflung die Fäuste blutig gegen die Wände der Höhle schlug. Miguel musste ihn dann immer zu Boden werfen und ihn dort festhalten, bis sich sein Freund beruhigt hatte. In den Armen des Jüngeren weinte Pablo sich so oft in den Schlaf; nur bei ihm, seinem besten Freund, konnte er all das herauslassen, was ihn manchmal den Verstand zu rauben drohte.

Nur zu gut verstand Miguel, war er doch selbst traumatisiert von den Geschehnissen in Grenada. Auch ihm hatte man die Eltern geraubt, das Haus angezündet, die Dienerschaft getötet; wie Pablo war er der Einzige seiner Familie, der entkommen konnte. Viel schlimmer für ihn als für Pablo war jedoch ihre jetzige Situation, ihr jetziges „Leben“: Wenn der Hunger wieder einmal zu groß wurde, sich durch ihre Mägen fressen wollte, sie von den Wölfen im Wald attackiert worden waren, ihnen kalt war in den Nächten, oder sie einfach neiderfüllt zusahen, wie die Dorfleute gemeinsam ein Fest feierten – da wünschte sich Miguel tot und dann war es Pablo, der ihn festhielt, ihn tröstete, bis es ihm wieder besser ging.

Es war wirklich eine grausame Idee des Schicksal, dass sie nur hier waren, weil ihre miteinander befreundeten Familien, die Hahndez und die Cruz, wegen ihres großen politischen Einfluss einigen mächtigen Leuten in der Stadt ein Dorn im Auge gewesen waren und diese, weil sie anders ihren Feinden nicht schaden konnten, zum äußersten Mittel gegriffen hatten: Sie beschuldigten die Hahndez und die Cruz gegenüber einem Inquisitoren der Ketzerei und lieferten diesem gefälschte Beweise.

Im Schatten einer dunklen Gasse hatten Miguel und Pablo mit ansehen müssen, wie ihre Familien, in Ketten gelegt, von Soldaten weggezerrt wurden. Kopflos waren sie dann durch die Straßen Grenadas zu Sedas Haus außerhalb der Stadt gerannt, weil sie sonst nicht wussten wohin. In seinem Gesicht sahen sie schon von weitem unsägliche Gram und als er ihnen die Arme öffnete, wussten sie, dass er es wusste. Sie nahmen die Einladung an und warfen sich ihm an die Brust, schluchzten und ließen sich umarmen, hungernd nach dem Trost, der ihnen gegeben wurde.
 

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Bei Seda durften die zwei Jungen nicht bleiben. Die Männer hinter der Verschwörung waren zwar mit der Ergreifung Juan Cruz und Ramon Hahndez äußerst zufrieden – doch das gab keine Gewissheit, ob sie von deren Söhnen ablassen würden. Deshalb hatte Seda die weitere Flucht schon organisiert, aus seiner früheren Arbeit als Seidenhändler besaß er noch gute Kontakte: Sie würden dank einer reichen Bestechung und eines getürkten Hinweises woan-ders gesucht werden. – Aber zu noch mehr, als ihnen Geld für die Reise und ein paar Ratschläge zu geben, sah er sich nicht in der Lage. Über das Einzugsgebiet von Grenada hinaus ging Sedas Einfluss nicht. Sobald sie weit genug weg waren, mussten Miguel und Pablo alleine zurecht kommen. Und das schnell, wer wusste, wann hier Soldaten erscheinen würden?

Außerdem war er alt, und würde eine Auseinandersetzung mit der Inquisition und ihren Handlangern kaum überleben. Den beiden Jungen zuliebe hatte er es nicht gezeigt, aber... zu sehr war noch geschwächt über den Schock von vorhin, als ihn sein Diener über die Verhaftung seiner besten Freunde durch die Inquisitoren benachrichtigt hatte.

In diesem Moment hätte der Mann ebenso gut sagen können, die Särge für Sedas Söhne wären bereit für ihre Körper.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tarnus
2007-07-18T18:22:04+00:00 18.07.2007 20:22
Sooo...
*mal kommentier*
Ich fand das ganze schon recht gut, was mir gefallen hat ist dass recht ausführlich die Gefühle der beiden beschrieben werden. Was mir allerdings auch aufgefallen ist, ist dass der wechsel etwas "holprig" erscheint, also beim letzten Abschnitt. Vielleicht solltest du da überlegen, ob du dass nicht anders lösen möchtest, zumindest wenn das ganze kontinuierlich erzählt werden soll.


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