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Hauptsache Glücklich

von

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C 103

Meine Mum kam erst spät abends nach Hause. Sie stellte die Einkaufstüten ab und ging in die Stube. Von meinem Zimmer aus konnte ich beobachten, was sie tat. Erst stand sie ganz still da und dann machte sie etwas, das mich an das schnüffeln eines Hundes erinnerte. Dann lief sie in Richtung Balkon und ich sah sie nicht mehr.

„Schatz? Feeda, war heute jemand hier?“, rief sie. Ich ging zu ihr und erzählte ihr alles, was geschehen war. Ihre Reaktion hatte ich nicht wirklich erwartet. Ich dachte, sie sei geschockt oder zumindest verwirrt, doch sie blieb ganz ruhig und gelassen. Fast ein wenig zu gelassen ... Dann erinnerte ich mich daran, dass die Gene eines Metas, wie ich ja jetzt einer bin, vererbt werden. War sie vielleicht auch ...? Nein, das konnte nicht sein, immerhin lebte sie nicht in so einem Dorf. Aber möglicherweise war ja mein Vater ein Meta. Schade, dass er mir nichts mehr darüber erzählen konnte ...

Auf jeden fall sagte meine Mum, ich sei alt genug und sie ließe mich schweren herzen gehen. Es sei ja nicht so, dass ich aus der Welt sei. Ich könne sie ja jederzeit anrufen und sicher könne sie mich auch mal besuchen kommen. Ich packte als kurz nach diesem Gespräch meine Sachen. Ich hatte nie viel zeug, an dem ich hing und so fiel es mir nicht sonderlich schwer, mich von allem zu trennen. Nach ein paar stunden hatte ich das wichtigste zusammen, vor allem Klamotten und ein paar Sachen, von denen ich mich einfach nicht trennen konnte. Dann stellte ich meine Tasche und meinen Rucksack in den Flur und ging in mein Zimmer, um ein letztes Mal in meinem Bett zu schlafen.
 

Gegen zehn Uhr am nächsten Morgen fuhren wir auch schon los. Ich hielt die Wegbeschreibung in der Hand, die wir exakt befolgten. Doch nachdem wir bereits ein paar mal im Kreis gefahren waren, wurde es mir etwas zu bunt und ich wollte beinahe aufgeben, als plötzlich, an einer Kreuzung, die wir schon zweimal befahren hatten, ein kleines rotes Schild am Wegrand stand, mit der simplen Aufschrift “Da lang”. also fuhren wir in die Richtung, in die das Schild zeigte, tief in einen Wald hinein. Ich mochte keine Wälder, sie waren so düster und mir wurde immer ganz mulmig, doch nach kurzer Zeit waren wir auch schon wieder aus dem Wald herausgefahren. Vor uns erstreckte sich jetzt eine ewige Wüste, die kein Ende zu haben schien. Große und kleine Felsen waren in der Landschaft verteilt, ein paar geierähnliche Vögel drehten ihre Runden um einen alten, verdorrten Baum und seltsame Tiere, die mich an Dingos erinnerten, liefen in Rudeln durch das karge Land. Sie waren mir völlig fremd und wirkten ein wenig, als wären sie von einem Kind gezeichnet, das noch nie ein richtiges Tier gesehen hat. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, als ich sie sah. Sie liefen, als würden sie eine unglaublich schwere Last ziehen und waren doch fast so schnell wie unser Auto… unheimlich.

Bald konnte ich einen kleinen Punkt am Horizont ausmachen, der nicht in diese öde Wüste passte. Ich drehte mich noch mal zum Wald um, doch dieser war verschwunden, hinter uns war ebenfalls nur Wüste! Aber wenn jemand mal eben aus Menschen Tiere machen kann, dann kann er auch einfach mal eben einen ganzen Wald verschwinden lassen, und ich gab mich damit zufrieden, dass das eine besondere Art von Magie war. Das glaube ich bis Heute, auch wenn ich mir nicht erklären kann, wie diese Magie funktionierte ...

Der Punkt am Horizont entwickelte sich langsam zu einem kleinen Haufen roter Dächer, bald erkannte ich auch gelbe Fassaden, saftig-grüne Wiesen und noch ein paar andere Kleinigkeiten. Vereinzelt sah ich auch schon ein paar Menschen, aber diese jedoch nur schemenhaft. Um das ganze Dorf herum war ein großer Zaun errichtet, ein schwarzer Eisenzaun. In der Mitte war ein großes Tor eingefasst, auf welches wir geradewegs zufuhren. Nach einer Weile machten wir genau vor diesem Tor auch halt und ich hievte meine Sachen aus dem Auto. Dann verabschiedete ich mich von meiner Mum ohne groß Worte zu verlieren, denn Abschiede sind nicht gerade meine Stärke ... Es fiel mir auch wesentlich leichter, nicht emotional zu werden, wenn der Abschied schnell ging. Sie nahm mich in den Arm und ich versprach, sie sofort morgen Früh anzurufen, um zu berichten, wie es mir ergangen war. Dann fuhr sie fort, in Richtung des Waldes, der plötzlich wieder an seiner alten Stelle stand ...und ich stand nun hier, allein. Mein Herz schlug etwas schneller, denn ich hatte ja keine Ahnung, welche neue Welt mich hinter diesen schweren Toren erwarten würde. Doch mutig setzte ich einen Schritt vor den anderen und betrat “Desert's Ocean”.

Nachdem ich das Tor hinter mir gelassen hatte und mich umschaute, war ich doch schon ein wenig erstaunt; vor mir lang eine Allee von gelben Häusern mit roten Dächern, jedes mit einer Teerasse auf der altmodische weiße Metallstühle und -Tische standen. Der Weg auf dem ich lief war aus hellem Kies und die Wiese lud geradezu zum Hineinlegen ein. Ganz am Ende der Häuserallee stand ein etwas größeres Gebäude. Mein Instinkt sagte mir, dass ich dort zuerst hingehen sollte.

Als ich den Weg entlanglief konnte ich auch schon zu beiden Seiten einige Menschen ausmachen - alle nicht älter als zwanzig - die entweder ausgiebig gähnten, Frühstück aßen, oder sonst einer Beschäftigung nachgingen. Auf der Straße sah ich jedoch keinen, dieses Dorf war da wohl eher gemütlich ... Genau das richtige für mich!

Rechts von mir entdeckte ich ein Mädchen mit herausstehenden Augen, Bademantel und Badeschlappen und einer Zahnbürste im Mund. Verträumt sah sie zu mir, anscheinend bemerkte sie nicht, dass sich vor ihr überhaupt etwas bewegte, als sich plötzlich ihre Augen bewegten, wie die eines Chamäleons! Die Pupillen rollten nach vorn und sie erschrak leicht, als sie mich dann doch sah. Ich ging schnell weiter, denn der Anblick dieser Augen ging doch stark auf dem Magen ... Auf eine Teerasse zu meiner linken sah ich ein blondes Mädchen, dass, im Gegensatz zu den anderen, erstaunlich wach zu sein schien. Sie winkte mir fröhlich zu und ich grüßte zurück, dann drehte sie sich um und ging durch eine große, gläserne Schiebetür wieder in das Haus zurück.

Nach einer kurzen Weile war ich auch schon an dem großen Haus angekommen. Die Türen sprangen automatisch auf, als ich mich ihnen näherte und als ich auch nur einen Schritt ins das Haus hinein getan hatte, kam mir Mr. Goodwing auch schon freudestrahlend entgegen.

“Feeda, Liebes! Ich wusste, du würdest zu uns kommen! Ich hoffe, du hattest eine angenehme Reise! Komm, stell dein Gepäck einfach hier her, jemand wird es dir nachher in dein Haus bringen, sobald du eines zugeteilt bekommen hast.” er sprach so schnell und so viel, dass ich gar nicht reagieren konnte, als er mich auch schon hinter sich herzog und durch den Raum lief... Nein, es war wohl mehr eine Halle, denn alles hier war so riesig, wie es von außen gar nicht gewirkt hatte. Ein großer Tisch mit etwa hundert weißen Stühlen stand genau in der Mitte, davor ein Podest und dahinter eine menge Türen und Gänge. Wir liefen durch einige dieser Gänge, bis wir vor einer hölzernen Tür standen. Dann drückte er mir einige Papiere in die Hand.

“Die füllst du jetzt aus und gibst sie dann der Dame in diesem Zimmer, ja? Das sind nur einige Formalitäten, du verstehst ...” nachdem er mir noch einen Kugelschreiber in die Hand gedrückt hatte, ließ er mich allein vor der Tür stehen. Da weder jemand zu sehen noch zu hören war, setze ich mich einfach auf den beigefarbenen Linoleumboden und füllte die Blätter fein säuberlich nacheinander aus. Der Stift, den Mr. Goodwing mir gegeben hatte, war witzig: in einem kleinen Fensterchen in der Mitte des Kulis stand Desert’s Ocean for Champion. Drückte man auf den Knopf hinten wechselte die Schrift zu 349. Meta – Nationaler Kampfsportausscheid – gab es hier etwa auch Wettkämpfe unter Metas?

Auf den Formularen musste ich Dinge angeben wie meinen Namen, Alter und so weiter, außerdem standen auch die üblichen fragen darauf wie Wo wurden sie geboren? und Haben sie Geschwister?, aber auch solche fragen wie Was essen sie gern? oder Welche ist ihre Lieblingsfarbe?, die mich etwas irritierten. Warum sollte die das interessieren?

Ich machte mir jedoch nicht weiter Gedanken darüber, wenn man sich eine Weile mit diesem Dorf beschäftigte, lernte man so wie so, dass man sich nicht über alles den Kopf zerbrechen sollte ...

Ich betrat das kleine Zimmer, in dem lediglich eine große Zimmerpflanze und ein Schreibtisch, an dem eine in hellblau gekleidete junge Frau saß. Sie erinnerte mich an eine Stewardess, an ihrem Namensschild konnte ich lesen, dass ich es hier mit Diane Wiest zu tun hatte.

“Hallo Feeda”, begrüßte sie mich freundlich, ich nickte nur. “Ich habe dich schon erwartet. Hast du die Formulare ausgefüllt?” Ich reichte ihr die vielen Blätter und sie sah sich eines nach dem anderen an. Dann gab sie etwas in den schicken hellblauen Applecomputer ein, der neben ihr stand und druckte etwas aus. Dieses Blatt gab sie mir dann in die Hand. Darauf war scheinbar der Grundriss des Dorfes abgebildet. Eine dicke rote Linie führte vom großen Haus zu einem kleinen Haus ganz in der Nähe. Ebenfalls mit roter Farbe geschrieben stand darüber C 103.

Ich verabschiedete mich von Diane Wiest und lief einige Gänge entlang, von denen ich hoffte, sie würden nach draußen führen. Letztendlich kam ich auch wieder in der großen Halle an, allerdings am völlig anderen Ende ...

Als ich wieder aus dem großen Gebäude hinaus auf den Weg trat, strahlte mir die grelle Sonne entgegen und ich hielt mir die Hand vor Augen. Dann sah ich, dass jetzt einige Menschen auf dem breiten Kiesweg unterwegs waren. Keiner von ihnen schien großartig unter Stress zu stehen, ich hatte eher das Gefühl, gemütlicher könne es wohl nirgendwo anders auf der Welt sein. Alles hier lud ungemein zum Faulenzen ein: die warme Sonne, das grüne Gras ... vor allem die Gemütlichkeit, die jede Pore der Luft zu füllen schien.

Ich setzte meinen weg fort. Schon nach ein paar Schritten wies ein Schild nach rechts, auf dem nur ein großes C stand. Dann sah ich auch schon Haus C 103. Es war gelb, wie die all die anderen Häuser, und es hatte auch ein rotes Dach. Es gab sogar eine Terrasse, die in Richtung des Kiesweges lag. Ich ging um das Haus herum, als ich plötzlich vor der Tür mein Gepäck stehen sah. Ich hievte mir meine Tasche und meinen Rucksack auf den Rücken und öffnete die Tür.
 

Das Erste, was ich sah, war eine weiße Treppe auf der linken Seite, eine Ankleide auf der rechten und einen Durchgang. Schon stellte ich meine Sachen ab und ging den Gang entlang, hinter dem sich das Wohnzimmer befand. Eine rote Couch mit einem kleinen weißen Couchtisch war das Erste, was mir ins Auge sprang. Sie stand etwas rechts von mir, links stand nur ein Esstisch mit zwei Stühlen. Auch die Küche entdeckte ich, sie war in einer Ecke hinter dem Sofa. Die Schränke waren alle weiß und alles war bereits voll mit Töpfen, Pfannen, Tassen, Tellern, Besteck ... Alles, was halt so nützlich ist. Das Bad war auch im unteren Geschoss, in der Nähe des Esstisches. Als ich unten alles gesehen hatte, machte ich mich auf ins obere Stockwerk. Dort sah ich nur zwei Türen, die aber in denselben Raum führten - das Schlafzimmer. Dort gab es lediglich einen großen Eckschrank und ein Bett - aber was für eines! Es sah aus wie ein großes knallrotes Katzenkörbchen mit Unmengen von Decken und Kissen darin. Es sah so gemütlich aus, dass ich einfach nicht anders konnte als mich hineinfallen zu lassen. Dieses Bett - nein, dieses ganze Haus war einfach atemberaubend toll! Nie im Leben hätte ich daran gedacht, dass mir jemals so etwas Tolles ganz allein gehörte ...



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